Ankommen mit Lasten und die Einladung zur Veränderung
Was für ein Trost, dass wir nicht so bleiben müssen, wie wir sind. Wir kommen alle aus einer vollen Woche. Und wenn es Ihnen so geht wie mir, dann bringen wir heute Abend auch alle Dinge mit, die uns in den vergangenen Tagen nicht gelungen sind, bei denen wir schuldig geworden sind oder hinter unseren eigenen Ansprüchen zurückgeblieben sind. Wahrscheinlich haben wir heute Abend auch alle ganz schön viel mitgebracht – an Sorgen, an Traurigkeit.
Es ist schön, dass wir so gewiss singen dürfen: Wir müssen vor Gott nicht so bleiben, wie wir sind. Ich freue mich, diesen Gottesdienst mit Ihnen zusammen feiern zu dürfen. Wir haben hier die Gemeinschaft unter Gottes Wort, und es ist für mich ein Vorrecht, hier in Höben sein zu dürfen.
Sie kennen mich nicht, aber es ist schon interessant, wie Gott segnet und wie sich die Spuren seines Segens entwickeln. Dabei muss ich sagen, dass ich einige dieser Segensspuren hierher zurückverfolgen kann. Ich erinnere mich mindestens an eine Predigt und die drei Punkte von Bruder Eisler. Es gäbe noch weitere Beispiele zu nennen.
So wirkt Gott, und das wollen wir heute Abend auch ein wenig entdecken.
Einladung zu einer biblischen Begegnung am See Tiberias
Ich möchte Sie heute Abend mitnehmen auf einen Ausflug. Ich möchte Sie mitnehmen auf eine Reise an einen See in Israel, den See Tiberias. Stellen wir uns vor, es ist früher Morgen, Nebel liegt über dem See. Dort am Ufer steht Jesus.
Das lese ich uns aus dem Johannesevangelium, Kapitel 21, vor:
Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See Tiberias. Er offenbarte sich aber so: Beieinander waren Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, sowie Nathanael aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger.
Simon Petrus spricht zu ihnen: „Ich will fischen gehen.“ Sie antworten ihm: „So wollen wir mit dir gehen.“ Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. In dieser Nacht fingen sie jedoch nichts.
Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer. Die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Jesus spricht zu ihnen: „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“ Sie antworteten ihm: „Nein.“ Er aber sagte zu ihnen: „Werft das Netz aus zu Rechten des Bootes, so werdet ihr finden.“
Da warfen sie es aus und konnten es nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. Der Jünger, den Jesus lieb hatte, spricht zu Petrus: „Es ist der Herr!“ Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr war, gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich ins Wasser.
Die anderen Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen.
Als sie nun an das Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer, darauf Fische und Brot. Jesus spricht zu ihnen: „Bringt von den Fischen, die ihr gefangen habt!“ Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land – voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.
Jesus spricht zu ihnen: „Kommt und haltet das Mahl!“ Niemand aber unter den Jüngern wagte ihn zu fragen: „Wer bist du?“ Denn sie wussten, dass es der Herr war. Jesus kommt, nimmt das Brot und gibt ihnen desgleichen auch die Fische.
Das ist nun das dritte Mal, dass Jesus den Jüngern offenbart wurde, nachdem er von den Toten auferstanden war.
Herr, wir wollen dich bitten, dass du dich jetzt auch uns so offenbarst. Amen!
Die Bedeutung des Morgens am See für unser Leben
Ich möchte Sie mitnehmen an diesen Morgen an den See, ich möchte Sie mitnehmen in diese Begegnung mit Jesus hinein. Was für ein Morgen! Vielleicht ist es vier Uhr früh. Der Nebel liegt über dem Wasser, und da auf dem See, in dem Boot, sind die sieben Jünger, und sie fischen.
Warum sind Petrus und seine Freunde am Fischen? Warum? Die Bibel sagt es uns nicht. Ich vermute, Petrus ist am Fischen, weil er im Bild gesprochen am Ende ist mit seinem Latein. Jesus hatte diesen Petrus einmal gerufen und gesagt: „Du sollst Menschenfischer werden.“ Und Petrus hatte versagt. Petrus hatte so viel vor, er wollte alles für Jesus tun, und nun hatte er versagt.
Ich kann mir vorstellen, dass Petrus und seine Freunde zusammensaßen und nicht wussten, was sie tun sollten. Dann hat Petrus gesagt: „Leute, das eine können wir noch, das wollen wir tun, das, was wir gelernt haben. Wir wollen fischen gehen, das ist doch unser Beruf.“ So versuchen sie, in das alte Leben wieder einzusteigen.
Dann schreibt Johannes hier in seinem Text im Evangelium, Kapitel 21: „Und in der Nacht fingen sie nichts.“ Die Bibel ist ein fantastisches Buch. In der Bibel kommen deine und meine Lebensgeschichte so ganz real vor. Manch einer von uns hier sitzt vielleicht heute Abend auch hier und denkt: „Mensch, ich habe doch Gott mal erlebt, ich war doch mal so nah dran.“
Dann haben sich vielleicht Dinge in ihrem Leben ereignet, und so ist man Stück für Stück weggekommen. Da bleibt jetzt nur noch der Beruf und der Alltag. Und dann erleben wir das selbst in diesen Bereichen so oft, dass es gar nichts wird mit dem, was wir vorhaben. Da möchte man sich vielleicht manchmal die Haare raufen.
Ich habe nicht mehr so viele. Es kommt vom Raufen und Fragen: „Gott, wo bist du eigentlich? Was ist denn jetzt los? Ich habe doch meine Hoffnung in dich gesetzt.“ Und dann sagt Johannes uns hier in diesem wunderbaren Bericht – und darum liebe ich die Bibel, weil sie unsere Lebenserfahrung in das Licht Gottes stellt – dann sagt Johannes uns hier in seinem Bericht: „Wo ist Gott? Wo ist er denn?“
„Als es aber Morgen ward, stand Jesus am Ufer.“ Und das möchte ich Ihnen heute Abend zusprechen, auch für Ihre eigene Lebenssituation, wie es auch um Sie steht mit den Schwierigkeiten, mit dem Versagen des Alltags: Dass Jesus da ist, dass er das sieht und dass er die Jünger sieht an dem Morgen, wie sie rudern, wie sie gearbeitet haben, wie alles vergebens war. Er steht da und wartet auf seine Jünger, die versagt haben und die es nicht geschafft haben.
Die Frage nach dem Wesen Gottes in der Begegnung mit Versagen
Was ist das für ein Gott, der so etwas tut? Ich möchte uns heute Abend diese Frage stellen: Was ist das für ein Gott?
Und ich möchte heute Abend versuchen, vier Antworten auf diese Frage zu geben: Was ist das für ein Gott, der am Ufer auf uns wartet? Was ist das für ein Gott, der für seine Jünger da ist, die versagt haben? Was ist das für ein Gott, der – lesen Sie es nachher noch einmal in Johannes Kapitel 21 – für seine Freunde das Frühstück macht? Um vier Uhr früh das Kohlfeuer, die Fische, das Brot. Was ist das für ein Gott, der die treffen möchte, die es nicht geschafft haben?
Ich möchte heute Abend versuchen, vier Antworten auf diese Frage zu geben: Was ist das für ein Gott?
Petrus war so zuversichtlich. Und man könnte ja beim ersten Lesen von Johannes Kapitel 21 denken, da geht es um Petrus. Geht es ja auch. Aber eigentlich geht es um Gott und was er tut.
Petrus hat so groß gesagt: „Ach, wenn dich alle verleugnen, ich nicht.“ Und da hatte Jesus ihn schon gewarnt: „Du wirst mich dreimal verleugnen.“ Und Petrus hat gesagt: „Nein, Herr!“ Und dann verleugnet er Jesus dreimal.
Dann wird Jesus vorbeigeführt, und er kann noch einen Blick auf Petrus werfen. Und dann weint Petrus bitterlich.
Wahrscheinlich haben wir schon solche Situationen erlebt, in denen wir auch bitterlich weinen und uns fragen: Herr, was ist denn jetzt? Wo wir enttäuscht sind und wo wir zusammenbrechen unter der Not unseres Lebens.
Ihr Lieben, was ist das für ein Gott, der uns in dieser Situation sucht und findet? Er findet den Petrus hier an diesem Morgen und die anderen Jünger. Er findet dich und er findet mich. Er findet die, die versagt haben.
Gott als Gott der zweiten Chance
Was ist das für ein Gott? Meine erste Antwort: Unser Gott ist ein Gott der zweiten Chance.
Wenn wir es falsch gemacht haben, wenn wir versagt haben, wenn wir vielleicht auch wie Petrus großspurige Zusagen gemacht haben und dann doch alles nicht klappt – unser Gott ist ein Gott der zweiten Chance.
Und bitte verzeihen Sie mir, wenn es Ihnen so geht wie mir: Ich glaube, wir dürfen auch sagen, er ist der Gott der zwanzigsten Chance und der zweihundertsten Chance. Zu ihm dürfen wir so kommen, wie wir sind, und unsere Schuld bekennen.
Dann heißt es: „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Schuld vergibt und heilt uns, reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ (1. Johannes 1,9)
Noch ist die Zeit der Gnade. Gott ist der Gott der zweiten Chance. Und er war an diesem Morgen da für Simon.
Unser Gott liebt Versager. Die Liste, die wir gehört haben, habe ich mir hier auch aufgeschrieben: ein paar andere Namen, Abraham, Elia, David, Jona, Thomas, Petrus – und da können wir unsere Namen einsetzen.
Diese Menschen haben versagt, und Gott hat sie trotzdem gebraucht. Das ist ja das Evangelium: Gott baut mit dir und mit mir trotz unserer Brüche und Schwierigkeiten seine Gemeinde, sein Reich.
Man könnte fast ein theologisches Argument versuchen und behaupten – ich habe es nicht geprüft – aber damit Gott uns gebrauchen kann, ist es, ich sage es mal so ungeschützt, fast eine Voraussetzung, dass wir Versager sind.
Jesus hat es mal so gesagt: „Die Gesunden brauchen keinen Arzt. Ich bin gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ (Lukas 5,31-32)
Das Kohlenfeuer als Symbol der Vergebung und Berufung
Und dann hat Jesus am Ufer das Frühstück vorbereitet, und es brennt ein Kohlenfeuer dort. Wissen Sie, dass im Neuen Testament nur zweimal von einem Kohlenfeuer die Rede ist? Einmal ist es hier. Kennen Sie die andere Stelle?
Die andere Stelle ist, als Petrus im Innenhof war und sich am Kohlenfeuer wärmen wollte. Das war der Moment, in dem er Jesus verleugnete. Ich kann mir vorstellen, dass es bei Petrus „klick“ gemacht hat, als er das sah. Er hat sich vielleicht erinnert: „Moment, das kommt mir bekannt vor.“ Und dann die Situation hier: Petrus fischt, aber er hat nichts gefangen. Jesus kommt zu ihm, und sie machen einen großen Fischzug. Da könnte es Petrus gedämmert sein: „Da war ich ja auch schon mal!“
So war die Berufung gewesen im Lukasevangelium Kapitel 5. Jesus sucht ein Boot, damit er zu dem Volk reden kann, und sagt zu den Jüngern: „Werft die Netze aus!“ Petrus antwortet: „Wir haben die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen. Aber auf dein Wort wollen wir es versuchen.“ Das ist die Berufung von Petrus.
Und jetzt ist er wieder da. Vielleicht fragt er sich bedrückt: „Wo bin ich nur gelandet? Wie ist das alles nur geworden?“ Vielleicht sitzt heute Abend jemand hier und denkt: „Mensch, das habe ich doch schon mal erlebt. Ich habe mein Leben Jesus gegeben, ich habe alles klar gemacht. Wie konnte das denn so weit kommen?“
Es ist gut, dass wir wissen dürfen: Jesus vergibt uns nicht nur einmal, sondern immer wieder. Wir dürfen jeden Tag neu zu ihm kommen und am Abend unseren Tag vor ihm bereinigen.
Wenn wir den Text in Johannes 21 weiterlesen, entdecken wir noch mehr. Jesus vergibt nicht nur – und das ist für mich so tröstlich –, sondern er sagt nicht nur: „Manfred, deine Schuld ist dir vergeben.“ Er sagt auch zu mir und zu dir, selbst wenn wir so falsch waren wie Petrus, selbst wenn wir Dinge getan haben, die nicht richtig waren: Jesus sagt, er will uns gebrauchen, er will uns segnen, und wir dürfen ein Segen sein.
Jesus führt dieses Gespräch mit Petrus weiter und sagt: „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe.“ Jesus will Petrus gebrauchen. Er vergibt uns nicht nur, sondern gibt uns eine zweite Chance und eine Aufgabe.
Die vergeudete Zeit, die verpassten Gelegenheiten, all die Chancen, die vorbeigezogen sind – Jesus sagt: „Ich will dir eine neue Gelegenheit geben.“ Er ist der Gott der zweiten Chance.
Gott offenbart sich trotz aller Dunkelheit
Ein zweiter Gedanke: Was ist das für ein Gott?
Es ist der Gott, der sich uns offenbart. Das ist beeindruckend. Man kann sich vorstellen, wie die Jünger im Boot sitzen und plötzlich Johannes durch den Nebel zum Ufer schaut. Er erkennt auf einmal: Der, der dort am Ufer steht, ist doch der, mit dem wir durch das Land gezogen sind. Das ist der, der die Blinden geheilt hat, der Wind und Wellen geboten hat und sie zum Stillstand brachte. Das ist der, der den Tauben das Gehör zurückgegeben hat. Das ist der, der vor dem Grab von Lazarus stand und sagte: „Lazarus, komm heraus!“ Und Lazarus ist auferstanden.
Johannes ruft: „Es ist der Herr!“
Geht es Ihnen manchmal auch so, dass Sie Gott nur ganz unklar am Rande Ihres Lebens erkennen? Vielleicht in Schwierigkeiten oder in der Dunkelheit mancher Depression, in der Sie stecken? Dann scheint Gott oft weit weg zu sein, doch manchmal hat man eine Ahnung.
Johannes tut in diesem Moment einen wunderbaren Dienst. Er wendet sich an Petrus und sagt ihm, was er gerade entdeckt hat: „Petrus, Petrus, dort am Ufer steht Jesus.“ Es ist schön, wenn wir einander das sagen können, wenn wir uns gegenseitig helfen und zurückführen zu diesem Jesus: „Es ist der Herr!“
Petrus ist so begeistert, dass er zu Jesus möchte. Das ist erstaunlich. Ich wohne am Bodensee, und wenn wir mit den Kindern baden gehen, haben wir normalerweise unsere Badesachen an, wenn wir im Sommer in den See gehen. Petrus macht es hier genau umgekehrt: Er zieht sein Gewand an, springt ins Wasser und schwimmt ans Ufer.
Warum macht er das? Weil Petrus nicht in Badehose vor Jesus stehen möchte. Er möchte sein Gewand tragen, weil er weiß: Der, der da am Ufer steht, ist nicht nur mein Freund Jesus. Der da ist der Herr, der Herrscher, der König der Könige.
Unser Gott ist ein Gott, der sich uns in seiner ganzen Größe offenbart. Er ist nicht einfach unser Kumpel, mit dem wir Fußball spielen. Er ist der Herr, der diese Welt geschaffen hat, der dein und mein Geschick in seiner Hand hält und alles zu einem guten Ende führen wird.
Petrus weiß das. Warum? Weil er es gerade wieder erlebt hat, wie dieser Gott in einem Moment die ganze Situation gewendet hat. Auf einmal war das Netz voller Fische, obwohl sie die ganze Nacht gearbeitet hatten – 153 Fische. So viele, dass Petrus versteht: Der, der da steht, ist der Herr.
Unser Gott ist ein Gott, der sich uns offenbart. Gott ist da. Gott ist auch da am Ufer deines Lebens. Er möchte sich auch dir ganz neu zeigen, sich dir ganz neu offenbaren. Gott kann das.
Gottes Offenbarung auch in schwersten Momenten
In einer meiner letzten Gemeinden wurde ich in ein Hospiz gerufen zu einer alten Frau, die im Sterben lag. Ich kannte sie nicht. Liebe Geschwister aus der Gemeinde hatten mir Grüße mitgegeben, und so habe ich diese Grüße überbracht und versucht, mich vorzustellen. Die Dame reagierte jedoch überhaupt nicht.
Dann habe ich sie gefragt, ob ich ihr ein Bibelwort vorlesen darf. Wieder gab es keine Reaktion. Daraufhin habe ich ihr den Psalm 23 vorgelesen, aber sie blieb weiterhin regungslos.
Als ich zu der Stelle kam: „Ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich, du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde“, hatte ich das Gefühl, dass ihre Seele aufhorchte. Etwas in ihrem Gesicht zeigte mir, dass sie es verstanden hatte.
Wie kann das sein, wenn jemand im Sterben liegt, von Krankheit gezeichnet ist und gar nicht reagieren kann? Weil unser Gott ein Gott ist, der sich uns offenbart – allen Widerständen zum Trotz, allen Schwierigkeiten und Nöten zum Trotz.
Das möchte ich auch für deine Situation und dein Leben zusprechen: Es ist an Gott nicht vorbeigegangen. Er möchte sich auch dir ganz neu zeigen als der, der er ist – der Herr.
Gott liebt und erwartet unsere Liebe
Was ist das für ein Gott, der Gott der zweiten Chance? Der Gott, der sich uns offenbart, und ein dritter Gedanke: Der Gott, der uns liebt und der unsere Liebe erwartet.
Das müssen Sie sich später einmal anschauen: das Gespräch im zweiten Teil von Johannes Kapitel 21. Dort kommt Jesus noch dreimal auf Petrus zu und fragt ihn dreimal: „Simon Petrus, hast du mich lieb?“ Dreimal hatte Petrus Jesus verleugnet.
Das ist ein ganz interessantes Gespräch. Man müsste es mal auf Griechisch lesen. Das mache ich meistens auch nicht, aber man kann dabei einiges entdecken. Im Griechischen gibt es vier verschiedene Worte für Liebe, und das spielt hier eine Rolle.
Ich möchte versuchen, das zu übertragen: Jesus fragt Petrus, ob er ihn liebt – nicht einfach so, sondern mehr als alles andere auf der Welt, mit allem, was er ist. Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich Ostfriese bin. Petrus antwortet hier ganz trocken, fast wie ein echter Ostfriese. Er sagt zu Jesus: „Ja, Herr, ich mag dich. Du bist ein netter Kerl, ich finde dich klasse.“
Doch Jesus sagt: „Nein, Petrus, das meinte ich nicht.“ Jesus fragt: „Petrus, was ich meinte, ist: Hast du mich lieb mit allem, was du bist?“ Petrus benutzt wieder ein anderes Wort für Liebe, „Phileo“, während Jesus „Agape“ gebraucht. Petrus sagt also: „Du, Herr, ich mag dich, du bist klasse, ich schätze dich.“
Dann dreht Jesus die Frage um und fragt mit dem Wort „Phileo“: „Magst du mich? Bin ich nett? Findest du mich klasse?“
Da ist Petrus erschüttert und merkt, dass das nicht reicht. Und dann kommt es aus ihm heraus: „Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich verleugnet habe, du weißt, dass ich dich lieben möchte.“ Wie gut, wenn wir da hinkommen dürfen.
Das dürfen wir genauso wissen: Herr, du weißt alle Dinge über mein Leben, du weißt, dass ich dich lieben möchte.
Ich kann mir vorstellen, dass Jesus gelächelt hat, den Petrus in den Arm genommen und gesagt hat: „So ist es gut, so kommen wir weiter.“
Unser Gott ist ein Gott der zweiten Chance. Er liebt es, wenn wir zu ihm zurückkommen. Er liebt es, wenn Verlorene zu ihm zurückkehren, um Buße zu tun und Vergebung zu empfangen.
Unser Gott ist ein Gott, der sich offenbart. Er will nicht verborgen bleiben, sondern möchte, dass wir ihn kennenlernen.
Unser Gott ist ein Gott, der unsere Liebe erwartet und der uns liebt.
Was für ein Gott!
Gott verändert Leben und gibt neue Zielrichtung
Ein letzter Gedanke
Unser Gott ist ein Gott, der Leben verändert. Simon wird zu Petrus, der Verleugner wird zum Bekenner. Das sind schwierige Aufgaben. Als Missionsleiter der Hilfsaktion Märtyrerkirche treffe ich oft auf Christen in diesen Gebieten, die unter großem Druck ihren Glauben leben. Das sind keine Helden im herkömmlichen Sinne. Wie kann das überhaupt sein?
Oft denke ich an Simon. Vor einem Markt ist er auf die Knie gegangen und hat gesagt: „Ich kenne Jesus nicht. Ich möchte verflucht sein, wenn ich Jesus kenne. Ich weiß gar nicht, wovon du redest.“ Doch in der Apostelgeschichte finden wir einen Petrus, den wir kaum wiedererkennen. Er steht vor den Autoritäten seiner Zeit und sagt: „Gott selbst müssen wir mehr gehorchen als den Menschen.“ So wird aus Simon Petrus, aus dem Verleugner wird der Bekenner.
Wie kann das sein? Weil unser Gott ein Gott ist, der Leben verändert – auch dein Leben und mein Leben kann er verändern. Unser Herr ändert nicht nur unser Leben, sondern auch die ganze Zielrichtung unseres Lebens.
Pfarrer Wurmbrand, der Begründer der Hilfsaktion Märtyrerkirche, war 14 Jahre als Christ im Gefängnis in Rumänien. Eines Tages kamen die Obrigkeiten zu ihm ins Gefängnis und boten ihm an: „Wir lassen dich frei, du kannst deine Familie wiedersehen, du darfst Bischof werden, du bekommst alle Ehren und alles, was du brauchst.“
In seinen Büchern beschreibt er den Kampf, den er in jener Nacht führte: die Freiheit, keine Schmerzen und keine Folter mehr; die Ehre, predigen zu dürfen, Bischof sein zu können. Doch plötzlich spürte er eine Leere in seinem Herzen. Er wusste, wenn er dieses Angebot annimmt, verliert er Jesus. Und um nichts in der Welt wollte er Jesus verlieren.
Das ist es, was ich Ihnen zuvor gesagt habe, aus meiner eigenen kleinen Erfahrung des Versagens und der Dunkelheit: Um nichts in der Welt möchte ich Jesus verlieren. Jesus gibt unserem Leben eine ganz neue Ausrichtung.
Das war auch das Zeugnis einer jungen Frau, eines gebildeten Mädchens, das sich darauf vorbereitet, in das dunkle Land Nordkorea zu gehen, wo ihr Vater hingerichtet wurde. Sie möchte den Menschen dort das Evangelium bringen. Wie kann das sein? Weil Gott Leben verändert und das Ziel unseres Lebens verändert.
Ihr Lieben, das Ziel unseres Lebens ist nicht, in den wenigen Jahren, die wir auf dieser Welt haben, das meiste an Angenehmem herauszuholen. Das Ziel unseres Lebens ist, dass wir in dieser Welt durch Gottes Gnade Frucht bringen dürfen und dass wir eines Tages bei Christus in seiner Welt sein dürfen. Das Beste für uns kommt erst noch.
Einladung zum Mitwirken an Gottes Mission
Es gibt eine Geschichte von einem Missionar, der 40 Jahre in Ostafrika gearbeitet hat. Nach diesen 40 Jahren kehrte er zurück. Er war auf einem Schiff, das nach Amerika fuhr. Als das Schiff langsam den Hafen erreichte, war der Missionar ganz aufgeregt. Er fragte sich: Herr, was wird wohl meine Missionsgesellschaft für einen Empfang für mich vorbereitet haben? Wie wird meine Gemeinde reagieren?
Als das Schiff dem Hafen näherkam, sah er Menschen am Kai stehen. Er sah eine Blaskapelle, Banner und Luftballons. Er war ganz außer sich vor Freude. Doch dann wurde ihm klar, dass er nicht der einzige Passagier an Bord war. Präsident Theodor Roosevelt war ebenfalls aus Afrika zurückgekehrt, nach einer vierwöchigen Großwildjägersafari. Die ganzen Leute waren für Theodor Roosevelt da, aber niemand erwartete unseren Missionar.
Der Missionar ging in ein kleines Hotel, das er sich leisten konnte. Abends kniete er nieder und sagte: Herr, was ist das jetzt? Vierzig Jahre habe ich dir in Afrika gedient, vierzig Jahre. Und jetzt komme ich nach Hause, und was ist das für ein Empfang, den du mir bereitest?
In diesem Moment fühlte er, wie Jesus zu ihm sprach: Mein Sohn, du bist noch nicht zu Hause. Das Beste kommt noch.
Unser Gott ist ein Gott, der unser Leben verändert und das Ziel unseres Lebens neu ausrichtet. Was für ein Gott! Er ist der Gott der zweiten Chance. Vielleicht brauchst du heute Abend genau diesen Neuanfang, das Zurückkommen zu Jesus, die Vergebung.
Unser Gott ist ein Gott, der sich uns offenbart und zeigt. Vielleicht brauchst du heute Abend, dass Gott sich dir ganz neu zeigt, damit du wieder sicher und gewiss deines Heils sein darfst.
Unser Gott ist ein Gott, der uns liebt und unsere Liebe verlangt. Vielleicht fällt dir heute Abend auf, dass dein Herz schon einmal brennender war. In der Offenbarung lesen wir davon, dass die Liebe erkalten kann. Brauchst du eine Erneuerung der Liebe?
Unser Gott ist ein Gott, der Leben verändert. Vielleicht ist das das, was du heute Abend brauchst: dass Gott dein Leben verändert.
Wir wollen gleich nach ein bisschen Instrumentalmusik und einem Lied Zeit nehmen, um diese Dinge vor Gott im Gebet zu klären.
Bevor ich schließe, möchte ich noch sagen, was jetzt beginnt. Was jetzt beginnt, ist das größte Projekt und Abenteuer der Weltgeschichte. Sieben Personen bilden den Grundstock einer Missionsbewegung, die bis heute die ganze Welt durchzieht.
Fünf Jünger werden genannt, und dann zwei weitere Jünger. Da ist noch Platz für dich und für mich. Gott möchte uns einladen, uns in die Reihen derjenigen einzureihen, die seinen Namen in diese Welt hinaustragen – zu unseren Nachbarn, zu unseren Freunden.
Trotz all unserer Fehler, trotz unserer Schwäche und unseres Versagens sagt uns die Bibel, dass Gott uns vergeben und segnen möchte. Er möchte uns zum Segen setzen. Amen.
