Viele Brüder und Schwestern, vor ein paar Wochen wurde ich zu einem Jugendkreis in unserem Schornbaufer Bezirk eingeladen. Dort gab es einige Schwierigkeiten mit diesem Kreis. Die Jugendlichen wollten überhaupt nichts Christliches.
Ich habe ihnen einen Fragebogen vorgelegt. Die erste Frage lautete: „Ist euch schon einmal ein richtiger Christ begegnet?“ Die Jugendlichen arbeiteten in ihren Gruppen daran. Als wir die Ergebnisse zusammengetragen haben, standen an erster Stelle die Namen von zwei jungen Pfarrern.
Ich fragte: „Warum haben diese euch überzeugt?“ Einer antwortete: „Ha, die brennen. Gut gesagt, die schwätzen nicht bloß, sondern sie brennen für ihre Sache.“
Die Ausstrahlung echten Glaubens im Jugendkreis
Bei diesen Menschen hat man den Eindruck, dass jeder Mensch ihnen genau gleich wichtig ist.
Und sie sprechen nicht nur von der Kanzel über Jesus, sondern auch ganz selbstverständlich im normalen Gespräch.
Das ist eine großartige Antwort. Sie brennen für Jesus, und offenbar sind wir ihnen auch wichtig. Der Glaube, der echt ist und Ausstrahlung hat, der gehorsam ist und etwas bewirkt, ist etwas Packendes, etwas Erregendes, etwas Elementares.
In unserem Schörndorf gibt es seit einigen Jahren, was ein Wunder Gottes ist, einen ganz blühenden Jugendkreis. Meine Kinder haben dort eine Heimat gefunden. Am Mittwochmorgen um sechs Uhr ist Gebetsfrühstück. Wenn ein Achtzehnjähriger morgens um sechs Uhr aufsteht, dann muss ihm schon sehr ernst sein – nicht nur wegen des Frühstücks, sondern auch wegen des Gebets.
Um dieses Gebetsfrühstück herum hat sich ein Kreis gebildet, und ich freue mich als alter Mann sehr, zu sehen, was dort getan wird.
Wenn zum Beispiel zwei junge DDR-Flüchtlinge aus Brandenburg, die aus dem Zuchthaus abgeschoben wurden, ins Übergangswohnheim kommen, entdeckt der Kreis sie nach zwei Tagen. Er kümmert sich besorgt um Möbel, Wohnung und Arbeitsstelle.
Bei der zurückliegenden Oberbürgermeisterwahl war der Kreis gespalten. Die einen unterstützten den Kandidaten Doktor Teufel, die anderen den Doktor Hanke, der jetzt gewählt wurde. Aber daraus entstand kein Streit. Sie können sich ja noch in die Haare bekommen, denn sie haben noch Haare, aber sie haben keinen Streit bekommen. Stattdessen sagten sie: "Noch gewinnt wenigstens die Hälfte von uns. Einer von beiden wird ja gewählt werden."
Auch in Fragen wie Wehrdienst oder Ersatzdienst diskutieren sie. Keiner geht in den Ersatzdienst oder in den Wehrdienst, ohne dass seine Entscheidung aus dem Glauben heraus getroffen wurde.
Es ist etwas ungeheuer Schönes, das miterleben zu können – Glaube, der Ausstrahlung hat ins ganz normale tägliche Leben.
Eindrücke aus Israel und die Bedeutung von Gehorsam
Im letzten Jahr waren wir mit einer Reisegruppe in Israel. Frau Nunberger war ebenfalls dabei. Ich habe es als wohltuend empfunden, in diesem Volk Israel zu sein, auch wenn dort vieles nicht stimmt.
Aber was bedeutet es, wenn der Sabbat gehalten wird? Wenn am Freitagmittag ab fünf Uhr der Omnibusverkehr aufhört und es in den Straßen ruhig wird – Sabbatstille. Das ist wohltuend für ein ganzes Volk, das wirklich einen Feiertag begeht.
Wir verbrachten noch eine Woche am Strand von Herzlia, einem dicht bevölkerten Badestrand. Meine Frau sagte am dritten Tag: „Du, das ist so anders als an der Nordsee.“ Dort fehlt all das Prickelnde der Sexualität, das man in unseren Freibädern und Badestränden oft erlebt. Hier ist bis ins Badeleben hinein eine Verantwortung vor dem heiligen Gott spürbar. Man lebt keusch und zurückhaltend, selbst am Badestrand.
In drei Wochen haben wir nicht erlebt, dass Eltern ihre Kinder angeschimpft oder angefaucht haben. Auch gab es keine Rebellion der Kinder gegen ihre Eltern. Es ist etwas Besonderes, wenn Eltern ihre Kinder in Zucht und Vermahnung zu Gott erziehen, sie nicht zum Zorn reizen und wenn Kinder ihre Eltern ehren.
Es entsteht eine Atmosphäre, in der sich Menschen wohlfühlen. Gehorsam gegenüber Gott ist etwas Packendes, Schönes und Faszinierendes. Genau so haben wir auch das Gegenteil erlebt: Wie schlimm es sein kann, wenn ein ganzes Volk immer mehr in den Ungehorsam gegen Gottes gute Ordnungen hineingezogen wird.
Warnung vor Ungehorsam und Verwirrung
Im fünften Buch Mose hat Gott dem Volk Israel durch Mose gesagt: Wenn du diese Grundordnungen Gottes nicht hältst, wird es geschehen, dass Wahnsinn, Blindheit und Verwirrung des Geistes über dich kommen. Der Herr wird dich schlagen mit Wahnsinn, mit Blindheit und mit Verwirrung des Geistes. Du wirst am Mittag tappen wie ein Blinder, der im Dunkeln tastet, wenn du meine Ordnungen nicht hältst.
Wir erleben es heute in unserer Volksgemeinschaft, wie viele Menschen in verschiedenen Fragen gerne etwas ändern möchten. Doch niemand weiß, wie es anders werden soll oder wie es anders werden kann. Keine Partei, kein Professor und auch niemand mit Lebenserfahrung kennt eine Lösung.
Wenn du Gottes Ordnungen nicht hältst, wird Verwirrung des Geistes über dich kommen. Du wirst am hellen Tag tappen wie ein Blinder im Dunkeln.
Es ist wichtig, dass wir Gottes Ordnungen halten und gehorsam sind.
Echtheit des Glaubens und Gehorsam im Neuen Testament
Das ist mit Jesus nicht überholt. Heute wird oft schnell gesagt: Das ist das Alte Testament.
Die viel zitierte Bergpredigt endet damit, dass Jesus sagt: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen meines Vaters im Himmel tun.“
Jesus sagt hier nicht, dass niemand, der Herr zu ihm sagt, in den Himmel kommt. Wie könnte er das auch sagen, wo doch der erste entscheidende Schritt des Glaubens darin besteht, Jesus Herr zu nennen und seinen Namen anzurufen?
Der Apostel Paulus macht uns das in Römer 10 so wichtig: „Wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden.“
Aber dann sagt Jesus, ob das wirklich echt ist, dass ich dein Herr sein darf, wird sich daran zeigen, ob du auch das tust, was mir wichtig ist, oder ob es bloß ein Geschwätz ist.
Es geht dann weiter: Jesus sagt, es werden viele an jenem Tag kommen und sagen: „Herr, wir haben in deinem Namen große Taten getan, wir haben böse Geister ausgetrieben.“
Er wird sagen: „Ich kenne euch nicht.“
Es kommt nicht in erster Linie darauf an, dass wir irgendetwas tun, sondern dass wir Jesus bekannt sind. Aus dieser Verbundenheit heraus soll auch etwas geschehen.
Unser Glaube besteht nicht bloß im Hören oder im frommen Reden, sondern darin, dass der Herr Jesus uns bewegt und die Kraft seines Wortes an uns armen Wesen erweist.
So hat es Christian Heinrich Zeller in seinem großen Lied gesagt: „Zeige deines Wortes Kraft an uns armen Wesen, zeige, wie es neu uns schafft, Kranke macht genesen.“
Das ist etwas Packendes.
Der Gehorsam gegenüber Gott ist es, den Jesus uns wichtig gemacht hat – dass wir den Willen des Vaters tun.
Die richtige Reihenfolge von Glauben und Gehorsam
Aber nun ein zweites: Man kann diesen Satz nicht umdrehen.
Wer glaubt, der ist auch gehorsam. Wer wirklich glaubt, ist von Jesus bewegt. Wer wirklich zu Jesus gehört, tut aus Liebe und Verbundenheit zu Jesus auch etwas.
Diesen Satz kann man nicht umdrehen: Wer gehorsam ist, der glaubt auch. Halt, das geht nicht!
Oft habe ich den Eindruck, dass jenes, was Gott angedeutet hat – dass Verwirrung des Geistes über uns kommt – sich schon in der Logik und im Denken auswirkt. Dadurch können wir gar nicht mehr klar denken.
Jede Kirche hat ein Dach, nicht wahr? Normalerweise, wenn eine Kirche fertig ist, hat sie ein Dach. Manchmal ein Flachdach, manchmal ein Satteldach. Jede Kirche in Württemberg hat ein Dach.
Aber nicht alles, was ein Dach hat, ist eine Kirche. Man kann den Satz nicht herumdrehen. Sonst könnte ein Wohnhaus eine Kirche sein. Ein Auto hat auch ein Dach, es kann eine Hundehütte sein, und die hat ebenfalls ein Dach.
Nicht jeder, der irgendetwas tut, ist damit auch einer, der an den lebendigen Gott, den Vater Jesu Christi, glaubt.
Buddhisten tun auch viel, Hindus tun auch viel, Zeugen Jehovas tun auch viel, aber sie sind damit noch nicht Christen.
Man kann den Satz „Wer an Jesus glaubt, der ist auch gehorsam“ nicht umdrehen. Sonst wird er ganz falsch verstanden.
Es geht darum, dass wir unseren Glauben bewähren.
Persönliche Erfahrungen mit dem Glauben
In der letzten Woche ist der Vater meiner Frau gestorben, Karl Gutbrot, der ein Lehrer unserer Kirche war. Am nächsten Tag schrieb uns eine ehemalige Schülerin aus dem Diakonieseminar einen tröstlichen Brief. Sie erzählte, wie der Vater den Schülerinnen im Diakonieseminar Honegg und später in Denkendorf immer erklärt habe, was es bedeutet, in Christus zu sein.
Er habe an die Tafel die Konturen eines Kreuzes gemalt und die Umrissformen des Gekreuzigten. Über dem Haupt des Gekreuzigten zeichnete er andeutungsweise den Strahlenkranz des Auferstandenen. In diese Umrisslinien des Gekreuzigten schrieb er dann den Namen Karl Gutbrot hinein. Anschließend sagte er zu den Diakonieschülerinnen: „Und jetzt schreibt ihr euren Namen hinein!“
Als mir diese jetzt älter gewordene Frau dies geschrieben hat, habe ich mir das in meine Bibel auf die Rückseite des Umschlags geschrieben – das Zeichen des Kreuzes und meinen Namen. Ich gehöre zum gekreuzigten und auferstandenen Jesus. Diesem Jesus ist von Gott die Welt anvertraut. Bei ihm laufen die Fäden der Weltgeschichte zusammen. Wir müssen uns nicht mehr sorgen, was aus dieser Welt wird.
Wenn ich aber mit meiner Schuld und mit der Halbheit meines Wesens diesem Heiland gehöre, dann möchte ich auch nicht mehr mir selbst leben. So hat es der Apostel Paulus im Römerbrief 14 gesagt: „Keiner lebt sich selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn, denn dazu ist Christus gestorben und auferstanden, dass er über Tote und Lebende Herr sei“ (Römer 14).
Wenn wir gehörsam sein wollen, wenn ich sage: „Ich möchte nicht mehr das tun, was mir wichtig scheint, wonach ich giere, was mir Freude machen würde“, sondern wenn ich frage: „Herr, was willst du, dass geschieht?“, dann geht es um meinen Glauben, dass er echt ist.
Die Rolle der Christen in der Welt
Hier herrscht heute große Verwirrung der Geister. Gestern Morgen hat Jörg Zink, der ehemalige Fernsehbeauftragte unserer Kirche, vor vielen Tausenden jungen Menschen in Hannover Folgendes gesagt: Wenn wir Christen nicht bald etwas zur Rettung der Welt beitragen, können wir uns aus der Geschichte abmelden.
Genau das ist falsch. Es geht nicht darum, ob wir uns aus der Geschichte abmelden müssen oder nicht. Es geht überhaupt nie darum, ob wir etwas Entscheidendes zur Rettung der Welt beitragen – das hat sich Jesus vorbehalten.
Vielmehr geht es schlicht darum, ob mein Glaube echt ist, ob ich zu Jesus gehöre, dem Lebendigen, der mich bewegt und mir die Würde gibt, sein Mithelfer und Handlanger zu sein. Ob mir Jesus so wichtig ist, dass ich frage: Herr, sag mir, was vor dir wichtig ist, sag mir, was ich lassen soll, sag mir, was ich anpacken soll.
Es geht um die Echtheit unseres Glaubens. Wir vermessen uns, schwäbisch gesagt: Wir verheben uns, verlupfen uns, wenn wir meinen, wir müssten die Welt retten. Das hat sich unser Herr Jesus vorbehalten, der die neue Welt Gottes bringen wird.
Aber meinst du, wenn der Menschensohn kommen wird, dass er Glauben auf Erden finden wird? Das hat Jesus besorgt gefragt – echten, echten Glauben, Verbundenheit mit mir, dem lebendigen Herrn.
Das ist die Stelle, wo es bei uns wichtig wird: Wer glaubt, ist auch gehorsam.
Aber jetzt die dritte Frage: Was sollen wir denn tun? Zuerst war das aus unserer Erinnerung etwas Packendes, Erregendes, Schönes – tätiger Glaube, gehorsam gegenüber Gott.
Praktische Anweisungen aus der Bergpredigt
Das Zweite: Jesus will, dass unser Glaube echt ist. Leben wir so, leben wir für den Herrn. Darum geht es. Es geht nicht darum, die Welt entscheidend zu gestalten.
Jesus hat in seiner großen Wiederkunftsrede gesagt: „Wenn ihr hören werdet von Kriegsgeschrei und von teurer Zeit und von Schrecken, fürchtet euch nicht. Das ist erst der Notanfang.“ Man könnte auch sagen: Keine Sorge, es kommt noch viel schlimmer. So hat Jesus es gemeint.
Nicht, wenn ihr hören werdet von teurer Zeit, von Umweltverschmutzung oder von Kriegen, dann in die Hände gespuckt und angepackt, weil ihr die Welt retten könnt. Nein, es ist wichtig, dass ihr durchkommt.
Drittens, wie gesagt, was sollen wir denn tun? Wir wissen aus der Reformationszeit, als Martin Luther auf der Wartburg war – als Junker Jörg –, dass seine Freunde das Wort Gottes ganz ernst nehmen wollten. Es war eine heilige Entschlossenheit bei Karlstadt. Wenn dort gesagt wird, du sollst dir kein Bildnis noch Gleichnis machen, dann wollten sie es ernst nehmen.
Sie rissen die Apostelfiguren von den Altären und kratzten die Bilder in den Kirchen ab. „Du sollst dir kein Bildnis machen“ – diese Welle des Bildersturms setzte sich durch ganz Deutschland fort. Im Ulmer Münster wurden sechzig Altäre und zwei Orgeln zu Kleinholz verarbeitet.
Martin Luther ließ alle Sorge um sein Leben hinter sich, kehrte nach Wittenberg zurück und sagte: „Darum geht es doch nicht!“ Es geht darum, dass wir nicht den Menschen zu Gott machen. Im Römerbrief 1 wird gesagt, dass wir die Herrlichkeit des unsichtbaren Gottes mit dem Menschen gleichsetzen sollen. Das wird heute gemacht, wenn wir sagen, wir retten die Welt.
Es geht doch nicht um die Bildländerkirche, um Orgeln oder Altäre. Sicher gibt es manchen fehlgeleiteten Gehorsam. Martin Luther sagte, es sei nicht das Wichtigste, ob man sich nicht verheiratet wie die Mönche, ob man einem Prior oder Abt im Kloster Gehorsam leistet oder ob man arm ist. Das sind selbsterdichtete Gesetze.
Und wir fragen uns heute, wenn wir Menschen sehen, die sagen, der Glaube erweist sich darin, dass wir Jute statt Plastik verwenden, dass wir keine Orangen – zumindest nicht aus Südafrika – essen und lieber bitteren Kaffee aus Nicaragua trinken als aus Brasilien oder Chile: Ist das die Stelle, an der Gott von uns Gehorsam fordert?
Die Versuchung der Askese und die Frage nach dem Willen Jesu
Was sollen wir denn tun? In Nigeria bin ich einem englischen Missionar begegnet, der sagt, wir tun uns so schwer, weil wir hier einige christliche Sekten haben.
Diese Sekten haben großen Erfolg im Bereich des Islam, indem sie aus dem Christentum ein paar Grundregeln machen: Ein richtiger Christ raucht nicht, ein richtiger Christ trinkt nicht, ein richtiger Christ hat nur eine Frau. Wenn er unter viel Weiberei lebt, schickt er die anderen Frauen weg. Das ganze Christentum besteht eigentlich aus ein paar Regeln, was man nicht tun darf – in sogenannten "Do nots".
Das Packende ist, dass Tausende dazu hinströmen. Liebe Brüder und Schwestern, es ist faszinierend: die Enge, die Askese. Sonst würden nicht so viele junge Leute diesen merkwürdigen religiösen Gruppen aus dem Osten nachlaufen. Askese hat immer etwas Packendes. "Au, sind die fromm, denen ist es aber ernst."
Die Frage ist bloß, ob es Jesus geboten hat: "Herr, was willst du?" Oder haben die Recht, die sagen: Wir haben jetzt einen Kirchentag so von ferne miterlebt, wo das beinahe zum Hauptthema wurde. Wir müssen die Welt verändern, wir müssen den Hunger beseitigen, die Ungerechtigkeit beseitigen. Wir müssen die Atombombe, die SS-20, die Pershing-Rakete beseitigen. Das ist heute der Wille Gottes.
Da werden uns dann im Fernsehen so liebe junge Leute gezeigt, die brennen und ganz glücklich sind, dass sie 3.000 Unterschriften gesammelt haben, damit das Gelände, das Messegelände, auf dem der Kirchentag stattfindet, zur atomwaffenfreien Zone erklärt wird. Glauben Sie, dass die Amerikaner das überhaupt zur Kenntnis nehmen? Oder die Russen?
Sitzen wir an den Schalthebeln der Macht? Werden uns heute nicht Gebote auf unseren Hals gelegt, bei denen wir überhaupt nichts tun können als Schwarze? Wir sind doch keine Generalstäbler!
Die Bergpredigt als Maßstab christlichen Handelns
Was will Jesus eigentlich von uns? Was sollen wir tun?
Lassen Sie mich noch einmal die Bergpredigt aufschlagen – jene Predigt, die heute so oft zitiert wird und leider auch oft falsch verstanden wird. Hier sagt Jesus, was wir tun sollen, welche Bereiche er heiligen und mit neuem Leben erfüllen möchte.
Es beginnt mit dem Thema Töten. Heute wird oft sofort ein großer Sprung gemacht, etwa von Pershing-Raketen zu SS-20-Raketen. Doch was sagt Jesus wirklich? Er spricht vom Bruder, der etwas gegen dich hat. Das ist der zentrale Satz.
Lasst uns nicht über Politik reden, sondern über den Nächsten – den Nachbarn, den Freund, vielleicht sogar den Kollegen im Kirchengemeinderat. Wenn dein Bruder etwas gegen dich hat, dann sagt Jesus: „Halt!“
Vielleicht denkst du: „Ich verstehe gar nicht, was er gegen mich hat, ich habe mich immer anständig benommen.“ Aber Jesus sagt: „Dein Bruder hat etwas gegen dich.“ Träumst du etwa, ich möchte dich im Gottesdienst sehen, bevor du nicht hingegangen bist und dich mit deinem Bruder versöhnt hast?
Vielleicht denkst du: „Aber das sind doch ganz innere Dinge, Kinkerlitzchen. Wir müssen doch die Welt verändern!“ Jesus sagt: „Fang doch hier an. Fang doch einmal hier an!“ Das ist schwerer als jede Demonstration gegen Raketen.
Zacharias Kallega, unser Bruder aus Uganda, der heute dort ein Krankenhaus leitet, erzählt uns: Er sei Christ gewesen, getaufter Christ. Er kann die Stelle genau benennen, an der es passiert sei. Er war auf dem Fahrrad unterwegs, und plötzlich zeigte Jesus ihm den Finger auf eine wunde Stelle – nämlich, dass er einen Freund beleidigt hatte.
Jesus sagte zu ihm: „Bring das in Ordnung!“ Zacharias sträubte sich innerlich dagegen, bis er schließlich hinging und den Bruder um Vergebung bat. Der Bruder machte zuerst ein saures Gesicht, dann sagte er: „Es ist in Ordnung, du bist vergeben.“
Da kam eine solche Freude in sein Leben, dass er sagen musste: So eine Freude habe er in seinem ganzen jungen Leben nicht erlebt. Und er wollte sich daran halten, dass Jesus ihm die wunden Stellen seines Lebens zeigt.
„Versöhne dich mit deinem Bruder!“ Es gibt das gesegnete Geschenk der Bundespost: Man kann einen Brief schreiben und sagen: „Es tut mir furchtbar leid, wie es zwischen uns aussieht.“ Ich sage bewusst „Prost“, denn oft kommt beim persönlichen Treffen der alte Zorn wieder hoch.
Wenn Sie so einen Brief schreiben, garantiere ich Ihnen: Sie müssen vielleicht zehn Entwürfe in den Papierkorb werfen. Vielleicht geht die elfte Version richtig im Geist Gottes, und Sie schreiben wirklich: „Vergib mir, es war nicht schön, wie wir in den letzten zwei Jahren miteinander umgegangen sind. Vergib mir!“
Der erste Schritt ist: Versöhne dich mit deinem Bruder.
Weitere Bereiche der Bergpredigt: Ehebruch, Blick und Reden
Das zweite Feld, das Jesus uns nennt, ist überschrieben mit Ehebruch.
Ach, wenn wir sagen: Das kommt für mich nicht in Frage. Meine Ehe – ja, da kriselt es manchmal, der Haussegen hängt schief –, aber an Ehebruch habe ich noch nie gedacht. Jesus sagt jedoch: Halt! Wohin marschiert denn dein Auge, wenn du ein Weib ansiehst, um sie zu begehren?
Was passiert denn mit deinem Auge, mit den Bildern, die du hast? Schaffst du es, den Ausknopf zu drücken im Fernsehen, wenn Bilder kommen, die dir nicht guttun? Jesus hat gesagt: „Wenn dich dein Auge ärgert, reiß es aus!“ Wir haben es heute einfacher. Wir können sagen: An dieser Reklame gehe ich nicht vorbei. Diese Zeitung, die immer am Schluss solche Anzeigen bringt, bestelle ich ab und nehme eine andere, bei der es nicht so schlimm ist.
Ich lasse mich nicht vergiften – weder mit meinem Auge noch mit meiner Seele. Neulich habe ich einem älteren Bruder gesagt: Ihr seid wahrscheinlich darüber hinaus, über dieses Problem. Da hat er mir geantwortet: „Oh, alter Scheurer, brennt lichterloh.“ Jesus weiß, warum er davon spricht: Dein Auge, du darfst nicht alles in dich hineinnehmen. Sei da gehorsam!
Das Dritte vom Schweren: Wir sagen, es kommt höchstens nur vor Gericht vor und bei der Bundeswehr. Aber normalerweise schwören wir nicht mehr – nicht mehr wie das Volk Israel, das dauernd bei Gott und beim Tempel schwor. Wir sind doch Leute, die das nicht nötig haben.
Jesus sagt: Halt mal! Ist deine Rede, wenn du ja sagst, auch wirklich ein Ja? Wenn du nein sagst, ist das dann ein Nein, auf das man sich verlassen kann? Kann man sich auf das verlassen, was ihr sagt? Oder dient euer Reden der Verstellung, der Tarnung?
So war es neulich nach dem Sterben eines Christen, der ein ganz schlichter Mensch war und wenig nach menschlicher Meinung geleistet hat. Nach seinem Tod sagten immer wieder Leute: Was er sagte, war klar, echt, wahr – bis ins Schwätzen hinein gereinigt.
Ich habe ein schönes Geschichtchen gehört von einem Vierjährigen, das in diesen Tagen in unserem Land passiert ist. Er sagte plötzlich in einer Unterhaltung: „Wenn ich mal heirate, möchte ich eine klare Frau heiraten.“ Da dachte man: Also der ist früh dran! Und was meinst du mit einer klaren Frau? Da sagte er: „Nicht so ordnmalt.“
Nun, ich liebe es, wenn meine Frau ein bisschen Farbe aufträgt. Das gehört heute wie ein schönes Kleid dazu. Aber das Kind hat wahrscheinlich mehr gemeint: ein klarer Mensch. Jesus will, dass unser Reden klar ist.
„Ja soll ja sein und nein, nein.“
Die Bergpredigt als Leitfaden für das Leben
Der nächste Abschnitt aus der Bergpredigt ist äußerst aktuell. Es reicht nicht aus, nur zu lesen: „Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit“ oder „Selig sind die Sanftmütigen“.
Jesus möchte uns helfen, dass diese Worte Wirklichkeit werden. Er zeigt die Kraft seines Wortes an uns armen Wesen.
Umgang mit Feinden und das Gebot der Liebe
Nächster Bereich
Wie ist das mit der Vergeltung, wenn jemand uns Böses antut? Wenn jemand unser Leben so beeinflusst hat, dass es einen Knick bekommen hat, wenn jemand uns zurückgesetzt hat oder böses Gerede über uns verbreitet hat? Soll man dann selbst Rache üben? Soll man nicht vergelten?
Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, segnet die, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen. Wenn man das tut, denkt man nicht nur an die Menschen, die gerade krank sind und deren Fürbitte nötig ist. Man denkt auch an jene Menschen, gegen die man normalerweise richtigen Hass empfindet. Und für diese betet man!
Das gilt auch für unsere Auseinandersetzungen, die uns in der Synode aufgetragen sind. Wir können sie nur richtig führen, wenn wir die Menschen, die eine andere Meinung haben und gegen die wir auftreten müssen, vorher ernstlich dem Herrn Jesus anvertrauen. Wir sagen: Herr, segne sie, segne sie reichlich! Nicht nur, dass du sie auf den richtigen Weg führst, sondern segne sie, gib ihnen Freude ins Herz, gib ihnen Kraft, lass sie froh werden in ihrer Familie, gib ihnen Erfolg in ihrem Beruf.
Jesus will, dass wir so mit dem Hass in uns selbst fertigwerden. Segnet eure Feinde!
Was ist das für ein merkwürdiges Rechnen mit dem Herrn, dem alle Gewalt anvertraut ist, wenn wir ihm nicht zutrauen, dass er mit all dem, was gegen Recht und Wahrheit und gegen uns vorgebracht wird, fertig wird? Und wenn er es nicht tun will, dann will er uns in der Gemeinschaft seiner Leiden halten.
Wir brauchen uns nicht selbst zu rechtfertigen. Unter den neunzig Sätzen, die Pastor Engels vor hundert Jahren im rheinischen Erweckungsgebiet niedergeschrieben hat, war der erste Satz: „Ich will mich nicht mehr rechtfertigen, nicht sagen: Ich habe doch Recht gehabt, und jetzt ist eigentlich das Richtige gemeint. Ich will mich nicht mehr rechtfertigen, sondern ich rechne damit, dass ich einen lebendigen Jesus habe, der richten kann.“
Dann steht dort viel über Almosen und Beten. Ich kam vor 25 Jahren aus Amerika zurück und hatte dort gelernt, dass es eine schöne Ordnung ist, den Zehnten zu geben. Viele hier praktizieren diese Ordnung, doch nach Möglichkeit soll die linke Hand nicht wissen, was die rechte tut.
Einmal habe ich einen Bruder im Siegerland gefragt, den Fabrikanten Wilhelm Jung: „Wie hast du denn Erfahrungen mit dem Zehnten gemacht?“ Er antwortete: „Es darf ruhig ein bisschen mehr sein, wir dürfen uns nicht begnügen.“ Jesus hält das Almosen geben für wichtig. Das hängt zusammen mit dem, was er gleich danach sagt: „Sorgt euch nicht um euer Leben, hängt nicht am Geld!“
Bei der Beerdigung von Richter Albrecht Eisler, dem Vater von Konrad und Hans Eisler, sagte der Pfarrer, er habe eine strahlende Verachtung fürs Geld gehabt. Verstehen Sie das: frei werden davon durch Jesus, eine strahlende Verachtung fürs Geld.
Wenn wir damit Segen für das Reich Gottes erreichen können, lasst uns Gutes tun. Bei uns geht höchstens etwas kaputt. Weggeben, wenn Jesus es gebrauchen will. Und trachtet am meisten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit.
Richtet nicht! Dabei ist nicht gemeint, dass wir kein Urteil mehr haben sollen oder kein Unterscheidungsvermögen besitzen sollen. Wir sollen uns von Gott die Sinne schärfen lassen, um zu erkennen, was richtig und was falsch ist. Aber wir sollen keinen Menschen verdammen.
Wir sollen auch nicht nur barmherzig sein. Denken Sie daran, wie Jesus, der Auferstandene, gehandelt hat. Wenn Jesus nur barmherzig gewesen wäre, hätte er über Petrus gesagt: „Na ja, der Petrus schwätzt eben schnell etwas, und wenn es ernst wird, hat er Angst vor einer Magd. Aber ich will es ihm nicht so arg anrechnen, er ist eben ein kleiner Versager, den muss man auch noch mitschleppen.“
Nein, Jesus hatte vor: Ich will ihn zum Felsen machen, zum Fundament der Gemeinde, zu einem Menschenfischer. Ich will erst recht etwas aus ihm machen.
Bei Paulus hat selbst Ananias von Damaskus gesagt: „Oh Herr, der hat doch die Christen verfolgt, und jetzt soll ich zu dem hingehen und für ihn beten? Der hat doch gar keinen Wert.“ Vielleicht hätte Ananias noch Einsicht gezeigt und gesagt: „Ja, ich möchte für ihn beten, er ist ein armer, verwirrter Mensch, und vielleicht erfährt er noch einmal die Gnade Gottes, dass er auf den richtigen Weg kommt.“
Und Jesus sagt: „Ich habe ihn bestimmt als auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen vor Königen und Heiden tragen soll.“
Wie haben wir schon die Barmherzigkeit Gottes erlebt? Was habe ich Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre dem verehrten Bruder Emil Schäff für Briefe geschrieben: So kann man es doch nicht machen, wie ihr es macht, mit eurer Arbeitsgemeinschaft für Bibel und Bekenntnis.
Heute darf ich das Amt des Vorsitzenden in dieser Vereinigung innehaben, weil Gott noch ungeheuer viel vorhat. Und Bruder Schäff hat mich nicht verbannt und gesagt: „Das ist auch ein ungläubiger Theologe, mit dem kann ich nichts machen.“ Sondern er hat mich im Namen Jesu hineingeliebt.
Christet nicht! Gott hat ungeheuer viel vor mit jedem Menschen, und das abschließende Urteil wird erst an seinem Tag gesprochen.
Praktische Konsequenzen für das tägliche Leben
Bloß ein paar Beispiele, die unser Leben ungemein praktisch bereichern. Wir müssen nicht erst komplizierte Pläne studieren, um zu erfahren, was unser Leben wirklich ausmacht.
Jesus sagt: Fang einfach an, damit dein Glaube nicht bloß ein leeres Gerede bleibt, sondern du erlebst, was er tun kann. Diese Linie zieht sich durch die ganze Bibel.
Ich habe zuvor das Wort aus Römer 14 zitiert: „Leben wir so, leben wir dem Herrn.“ Mein Name soll nicht nur symbolisch, sondern in Kraft und Wahrheit zu Jesus gehören – zu dem Jesus, der heute in unsere Welt hineinwirkt. Er soll mich auch dazu gebrauchen.
Seine Hand ist nicht zu kurz geworden. Wir müssen nicht selbst die Hände Gottes sein – das ist eine unchristliche Lehre. Aber wir dürfen Handlanger sein des Gottes, der in unserer Welt wirkt.
Wenn Sie einmal Römer 14 zu Hause lesen, in dem Paulus sagt: „Leben wir, so leben wir dem Herrn“, dann merken Sie, dass im engsten Zusammenhang ein anderes Wort steht. Paulus nimmt hier eigentlich die Bergpredigt noch einmal auf: „Die Liebe sei nicht falsch, hasset das Arge, hanget dem Guten an. Die brüderliche Liebe sei ohne Falsch. Einer komme dem anderen mit Ehrerbietung zuvor. Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt, seid brennend im Geist!“
Überzeugte Christen, die in der Kraft Jesu Christi brennen. Noch einmal: Nicht, weil wir bald in der Welt abgeschrieben sind, wenn wir nichts zur Veränderung der Welt beitragen. Darum geht es nicht.
Im gleichen Kapitel, Römer 14, steht: Was nicht aus dem Glauben geht, ist Sünde. Das hängt zusammen mit der Angst um die Welt, mit der Angst um die Erhaltung der Christenheit. Wenn sie sich nicht bald meldet, dann ist sie abgeschrieben – das ist Sünde!
Wenn wir etwas tun, muss es aus dem Glauben kommen, aus dieser Wurzel: Jesus Christus, aus seiner Kraft.
Ich wünsche Ihnen, dass Jesus Ihnen, wie dem Zaharias Kallega in Uganda, den Finger auf die wunde Stelle legt und sagt: „Jetzt, da ist was, pack’s an!“ Man kann nicht alles auf einmal tun. Aber was Jesus uns zeigt, ist wichtig.
Herr, wo stimmt es in meinem Leben nicht? Herr, wo willst du, dass ich in meinem Leben, in meiner Nachbarschaft, etwas tue?
Schlussgebet und Bitte um Führung
Wir wollen beten. Herr Jesus, wir danken dir, dass du deine Verbundenheit mit uns so ernst nimmst, dass du uns am großen Werk der Rettung beteiligen willst. Auch an der Heilung unseres eigenen Lebens und des Umfelds, in dem wir leben.
Wir bitten dich: Wirke jetzt als der Lebendige, damit wir dich spüren. Lass uns die vielen Bereiche erkennen, die von dir noch nicht bereinigt sind. Hilf uns, nicht nur erschrocken zu sein, sondern die Sünde vor dich zu bringen. Lehre uns, das Gute zu tun, das Heilsame, das Zusammenfügende und die Versöhnung.
Bewahre uns davor, davon abgehalten zu werden, weil heute oft gesagt wird, du seist zu innerlich oder zu kleinlich. Du willst das große Heilandswerk tun, das Königswerk, das Werk für alle, die wirklich zu dir gehören.
Lass uns solche Menschen sein, die dir leben, die einst für dich sterben und in Ewigkeit erfahren, wie herrlich es ist, dass du uns errettet hast. Amen.