Einführung in das Thema des Weiterkommens im Glauben
Wir haben als Gesamtthema „Weiterkommen“ gewählt und begonnen, uns in einem ersten Durchgang mit 2. Petrus 1 zu beschäftigen. Dort macht uns der Apostel Petrus, der selbst von seinem Herrn immer weiter vorangetrieben wurde, deutlich, wie wichtig es ist, dass wir, wenn wir schon Glauben haben, prüfen, ob in unserem Leben auch Tugend vorhanden ist. Es geht darum, ob wir unser Leben wirklich im Griff haben.
Wenn Tugend vorhanden ist, stellt sich die Frage, ob auch Erkenntnis da ist – also biblische Durchblicke und das Erkennen großer Zusammenhänge. Wenn Erkenntnis vorhanden ist, sollten wir prüfen, ob wir auch Mäßigkeit üben oder ob wir sehr eingebildet sind. Danach folgen Geduld, Gottesfurcht, brüderliche Liebe und allgemeine Liebe – eine Aufzählung von Bereichen, in denen kranke Menschen bei Jesus weiterkommen können.
Heute kommen wir zu einem Text des Apostels Paulus, der uns durch seine Begegnung mit Malta wichtig geworden ist. Dies geschah an dem Ort, an dem er als Gefangener in Rom gestrandet war. Das Thema lautet: Weiterkommen im Bezeugen der Wahrheit.
Persönliche Erfahrungen mit Evangelisation und Zeugnis
Als ich vor 20 Jahren als junger Theologiestudent und angehender Fika zu einem Studienjahr in Amerika war, hatte ich auch die Gelegenheit, die große Evangelisationskampagne der lutherischen Kirche in Amerika kennenzulernen. Sie evangelisierten von den Oststaaten bis hinüber nach Los Angeles einfach jeden Ort mit einem interessanten Programm.
Dazu gehörte auch, dass Gemeindemitglieder geschult wurden, Hausbesuche zu machen. Man begann damit, Tipps zu geben, wie man sich anmeldet. Am besten schickt man etwa 14 Tage vorher eine Postkarte mit der Nachricht, dass man die Familie gerne einmal besuchen würde. Ein möglicher Termin wäre zum Beispiel der zwölfte Juni, abends um halb acht Uhr. Es wurde darauf hingewiesen, dass man nur kurz vorbeikommen und nicht lange bleiben würde. Die Karte endet mit „Herzlich Ihre“.
Zwei Tage vor dem Besuch sollte man sich telefonisch erkundigen, ob der Termin passt, und wie man sich an der Glastür vorstellt. Zum Beispiel: „Mein Name ist Rolf Scheffbuch, und das ist meine Frau, Frau Scheffbuch.“ So sollen die Leute beim ersten Mal den Namen mitbekommen. Falls man nicht gerade Schmidt oder Meier heißt, ist es wichtig, dass spätestens beim zweiten Mal der Name verstanden wird.
Außerdem heißt es, der ganze Körper müsse einen „forward look“ haben. Man soll also deutlich machen, dass man zur Glastür hineingehen möchte.
Wenn man dann in der Wohnung ist und die Leute einen im Wohnzimmer Platz genommen haben, stellt sich die Frage: Wie beginnt man ein Gespräch? Am besten über Nippfiguren, zum Beispiel: „Ach, woher haben Sie denn die interessanten Eisbären?“ Oder über Gemälde: „Ach, das ist ein echtes Aquarell, kein Ölgemälde.“ Oder über Kinder: „Wie alt ist denn der nette kleine Bub?“ – „Ach so, das ist ein Mädchen.“ Das kann man heute ja oft nicht wissen, bei den Frisuren und so.
Nach fünf Minuten soll man aber zum Wesentlichen kommen. Wenn man dann erwartet, dass beim Umblättern der Broschüre steht, was das Wesentliche ist, fand man dort nur eine leere Seite. Oben in der Ecke war ganz klein eingedruckt: „Hier soll jeder selbst hinschreiben, was für ihn das Wesentliche am christlichen Glauben ist.“
Denn bei Hausbesuchen soll man nicht etwas Auswendiges Gelerntes sagen, sondern das, was aus einem selbst kommt und was man selbst bestätigen kann.
Die Herausforderung, das Wesentliche des Glaubens zu bezeugen
Und wenn jemand nur sagen kann: „Ich gehe gern in die Kirche, weil es mir dort wohl ist“, soll er das sagen. Und wenn jemand sagen kann: „Weil Jesus mein Herr ist und weil von ihm das Wort verkündigt wird, gehe ich gern zur Gemeinschaft der Gläubigen“, soll er das sagen. Und wenn jemand große biblische Erkenntnisse hat, soll er das ebenfalls sagen.
Jeder soll das vertreten, was er persönlich vertreten kann.
Als ich das erste Mal diese leere Seite sah – immerhin als fertiger Theologiestudent und angehender Pfarrer – war ich erschrocken. Was hätte ich denn eingetragen? Auf einer Seite die Frage: Was ist für mich das Wesentliche am christlichen Glauben?
Für mich, der ich jahrelang Jugendkreis geleitet habe, jahrelang Kindergottesdienstmitarbeiter war, jahrelang im Posaunenchor mitgespielt habe und vier Jahre Theologie studiert habe, wurde klar: Das muss offenbar etwas besonders Schwieriges sein.
Es geht nicht nur darum, die Wahrheit Gottes weiterzusagen, sondern sie zu bezeugen. So, dass man selbst mit der eigenen Existenz dahintersteht und nicht nur etwas Auswendiges gelerntes sagt, sondern Wahrheit, die man empfangen hat und die durch einen selbst hindurchgegangen ist.
Wahrheit, die man von Gott empfangen hat und die durch einen hindurchgegangen ist, gehört zu den allerschwersten Dingen.
Und genau da ist für viele Christen ein Punkt, an dem wir weiterkommen sollen.
Die Bedeutung des Zeugnisses für Paulus und Jesus
Das war dem großen Völkerapostel Paulus genauso wichtig wie Jesus. Jesus hat einmal gesagt: „Was ich euch ins Ohr sage, das predigt von den Dächern.“ Denken Sie an Häuser mit flachen Dächern, wie in Tunis. Das, was ihr hört, müsst ihr von den Dächern hinunterschreien in die Straßen, so wie mit Lautsprechern.
Es muss durch euch hindurchgehen, was ich euch sage. Das, was ihr ins Ohr bekommt, soll nicht zum anderen Ohr wieder hinausgehen, sondern durch euch hindurchgehen und von euch bezeugt werden.
Genauso wichtig ist es dem Apostel Paulus, dass wir auf diesem Gebiet weiterkommen. Dass es schwierig ist, ist ganz klar. Nach dem Gemeindetag in Stuttgart, mit all seinen Glaubensermutigungen, haben wir eigentlich gar keine Kritik bekommen – weder zur Organisation noch zu sonst etwas. Es kam nur immer wieder die Frage: „Jetzt gebt uns doch noch einmal Hilfe, wie man heute ein Zeuge Jesu sein soll. Wie soll ich es bei meinen Nachbarn, bei meinen Kollegen oder bei meinen Mitschülern tun?“
Persönliche Erfahrungen mit der Frage des Zeugnisgebens
In den Tagen nach dem Gemeindetag fand eine Beerdigung statt. Es war die Beerdigung einer Tante, die mir persönlich sehr nahe stand. Bei der Nachfeier nach der Beerdigung las der Gemeindepastor noch einige Passagen vor.
Diese stammten aus einem kleinen Büchlein, das die Tante immer auf ihrem Nachttisch liegen hatte. Darin hatte sie wichtige geistliche Gedanken festgehalten, die ihr nach Predigten oder beim Lesen eines Gesangbuchs besonders wichtig geworden waren.
Als letzter Eintrag stand dort: „Wie kann ich denn bloß den Menschen in meiner Straße etwas von Jesus glaubhaft weitersagen? Als jemand, der Jesus lieb hat, wie kann ich glaubhaft fernstehenden Menschen etwas weitergeben?“
Da wahrscheinlich auch viele hier bei uns mit solchen Fragen beschäftigt sind, meinte ich, wir sollten unter den vielen Möglichkeiten und Feldern, auf denen wir weiterkommen sollen, einmal genau dieses Feld näher betrachten.
Nun möchte ich zum ersten Korintherbrief, Kapitel 2, lesen, was der Apostel Paulus dazu schreibt.
Die Offenbarung Gottes durch den Geist
Das beginnt ab Vers 9 im ersten Korintherbrief, Kapitel 2, Vers 9. Es geht um die Gemeinde, an der Paulus auf besondere Weise hing, mit jeder Faser seines Herzens. Er sagt: „Ich habe euch gezeugt, ich habe um euch gerungen, wie eine Mutter, die ein Kind geboren hat.“
In Vers 9 heißt es voller Jubel: „Was kein Auge gesehen hat und was kein Ohr gehört hat, was in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott bereitet denen, die ihn lieben.“
Uns hat Gott das durch seinen Geist offenbart. Hier kommt das Stichwort „Geist“ ins Spiel – der Heilige Geist. Denn der Geist erforscht alle Dinge, selbst die Tiefen der Gottheit.
Welcher Mensch weiß schon, was im Menschen ist? Nur der Geist des Menschen, der im Menschen selbst ist. Ebenso weiß auch niemand, was in Gott ist, außer allein der Geist Gottes.
Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist.
Das ist sozusagen die erste Feststellung des Paulus: Wir wissen Verlässliches über Gott, wir wissen etwas.
Die Art des Redens über geistliche Dinge
Und jetzt geht es weiter. Davon sprechen wir auch.
Merken Sie unser Problem: Wie können wir denn glaubhaft reden?
Davon sprechen wir nicht mit Worten, die menschliche Weisheit lehren kann. Neulich haben wir im Vortrag von Doktor Hennig gehört, dass Cyprian und Origenes Professoren der Rhetorik waren. Sie lehrten Redekunst, wie man richtig redet, eine Rede aufbaut und überzeugend wirkt.
Davon sprechen wir nicht, sagt Paulus, mit Worten, die menschliche Weisheit lehren können, sondern mit Worten, die der Geist Gottes lehrt. Diese Worte deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen.
Und wie kommt das an? Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes, nichts! Es ist ihm eine Torheit – man müsste es in unserer Übersetzung noch viel härter sagen: Es ist ihm Dummheit, Blödsinn. Er kann es nicht erkennen, denn es muss geistlich verstanden werden.
Es sind also drei große Feststellungen des Paulus: Was kein Auge gesehen hat, kein Ohr gehört und was kein Mensch je ersinnen konnte – das hat uns Gottes Geist erschlossen.
Die Grenzen menschlicher Erkenntnis und die Notwendigkeit des Heiligen Geistes
Es ist merkwürdig, dass der menschliche Geist, der in unserer Welt so viel erforscht hat, nur noch tastend vorgeht, wenn es um göttliche Dinge geht. Ob es einen Gott gibt oder, wie in den letzten Jahren oft gesagt wird, ob Gott tot ist – ob hinter allem ein Wesen steht oder ob Gott bloß eine Idee, ein Gefühl oder etwas Unbestimmtes ist – hier hört die Philosophie auf.
Es gibt keine menschlichen Erfahrungswerte, die man zählen, messen oder wägen könnte. Die Naturwissenschaft kann nur messen, zählen oder wägen, aber ihre Instrumente versagen, wenn es um Gott geht.
Das ist ähnlich wie bei einem Stabhochspringer. Er kann mit seinem Glasfieberstab sehr hoch springen und in den letzten Jahren immer wieder neue Rekorde aufstellen. Doch dann hört sein Können auf. Ein Stabhochspringer kann sich mit seinem Stab nicht bis zum Mond katapultieren.
So ist es auch mit der herrlichen menschlichen Wissenschaft: Man kommt nicht zu Gott. Ja, sagt Paulus, das ist doch ganz klar. Der menschliche Geist erforscht alles, was im Menschen ist. Denken Sie an Medizin oder Psychologie. Diese Wissenschaften können den menschlichen Geist erforschen.
Die Psychologie kann sogar untersuchen, welche Sprünge und Risse es in unserem Leben gibt. Ob sie heilen kann, ist eine ganz andere Frage. Aber der menschliche Geist allein kann sich nur in den Menschen hineindenken.
Wenn es jedoch um Gott geht, ist der menschliche Geist überfordert. Die Welt Gottes, der Bereich Gottes, kann nur vom Geist Gottes erforscht werden. Der menschliche Geist hat hier nichts zu melden.
Deshalb kann allein der Geist Gottes uns sagen, wie es um Gott bestellt ist.
Die Rolle Jesu und der Heilige Geist in der Erkenntnis Gottes
Ich habe lange darüber nachgedacht, warum der Apostel Paulus, der viel von Jesus hält, nicht sagt: Nur Jesus kann uns Bescheid geben über Gott. Jesus hat uns ja sehr viele Informationen über Gott gegeben. Ist Ihnen das schon einmal bewusst geworden? Wir wissen doch viel mehr, als dass Gott einfach der Schöpfer des Himmels und der Erde ist.
Denken Sie nur an die Gleichnisse Jesu. Das Himmelreich ist wie ein Sämann, der weitermacht, auch wenn drei Viertel der ausgesäten Körner scheinbar umsonst sind. So ist unser Gott in ihren Heimatgemeinden. Wie hat Gott da in Treue guten Samen in ihrem Leben ausgesät? Und wie viel davon ist verschüttet gegangen? Bis heute macht Gott weiter und sät bis in unsere Tage hinein, auch auf dem Schiff.
Oder das Himmelreich ist wie der Hirte, der lieber neunundneunzig Schafe stehen lässt und dem einen nachgeht und es sucht, bis er es findet. Er lockt, ruft und pfeift und überlegt sich, wo das Schaf hängen geblieben sein könnte – an der Pfütze oder am Felsabhang mit dem grünen Gras. Wir haben einen Gott, der lockt und einlädt.
Für einzelne ist das doch die Geschichte von jedem von uns: dass Gott immer wieder da war mit seinem Locken und Einladen. Und jetzt lesen Sie einfach auch einmal in diesen Tagen noch einmal die Evangelien mit dem Blick darauf, was Jesus uns über seinen Vater offenbart.
Und trotzdem sagt Jesus, selbst bei diesen Gleichnissen, in denen er so anschaulich redet, dass sie mit sehenden Augen nicht sehen und mit hörenden Ohren nicht hören. Das war eine interessante Geschichte. Oder darüber müssen wir mal diskutieren. Aber es geht nicht bis in ihre Existenz durch, es packt nicht. Da braucht es mehr.
Da braucht es den Heiligen Geist Gottes, damit ich plötzlich ein geistliches Aha-Erlebnis habe. So ist das: Mein Gott ruft mich, lädt mich an seinen reichen Tisch ein.
Die geistliche Erfahrung jenseits des Verstandes
Das sind eigentümliche Vollzüge. Wenn uns klar wird, dass der lebendige Gott mein Gott ist, mein Erretter, meine Burg, mein Hirte, dann braucht man offenbar keinen hohen Intelligenzquotienten.
Von Hefata, einer Anstalt bei Traisa, hat der frühere Direktor berichtet, dass dort eine ganz schlichte Frau lebte. Sie war eigentlich auf dem Säuglingsstadium geblieben, all die Jahre ihres Lebens. Zwei Stunden vor ihrem Sterben – es muss in den Fünfzigerjahren gewesen sein – begann diese Frau, die nie gesprochen hatte, die nicht ansprechbar war und alles unter sich ließ wie ein Säugling, plötzlich mit heller, klarer Stimme zu singen. Wo findet die Seele die Heimat, die Ruh?
Es muss eine Antenne in uns geben, die nicht über die 1200 Gramm Gehirn läuft, wenn Gottes Geist zu unserem Geist spricht.
Oder der große Journalist und Komiker Malcolm Muggeridge, der jahrelang die führende karikaturistische Zeitung in England, den „Punch“, herausgebracht hat. Er hielt im letzten Jahr auf dem Evangelistenkongress in Lausanne einen Vortrag, in dem er berichtete, dass er früher ein zynischer Kritiker des Christentums gewesen sei und das Heil im Kommunismus gesucht habe. Für ihn war alles, was Kirche, Gott und Bibel betraf, lächerlich.
Dann sei er plötzlich in eine große Gewissheit hineingeführt worden. Er könne es nur so ausdrücken, als würde man aus der Dunkelheit an ein helles Fenster geführt und plötzlich die Helligkeit sieht. Er sei sich gewiss, dass es Licht gibt. Was für eine ungewöhnliche Ausdrucksweise für einen denkenden Menschen! Er kann nur sagen: „Ja, plötzlich ist mir gewiss geworden, wie wenn man an ein helles Lichtfenster geführt wird.“
August Hermann Francke, vor zweihundert Jahren, wurde aus tiefsten Zweifeln an Gott herausgeführt. Er sagte, es sei gewesen, als würde sich eine Hand drehen – plötzlich war da nicht mehr die Abwehr Gottes, sondern die Einladung.
Jesus sagt: „Wenn ihr nicht das Reich Gottes annehmt wie Kinder, werdet ihr nicht hineinkommen.“ Ein Kind, das lächelt, wenn sich die Mutter übers Bettchen beugt und hineinlächelt. Dann ist das Strahlen des Kindes da.
Das ist auch Antwort: annehmen. Wenn der Vater seine Hand in das Bettchen hineinstreckt, den Finger ausstreckt, und der kleine Säugling sich darum krallt. Das ist Antwort, ja. Aber es ist eine Antwort auf eine Zuwendung hin, die nicht übers Gehirn läuft, die fast reflexartig ist.
Die persönliche Erfahrung des Apostels Paulus und weiterer Glaubender
Der Apostel Paulus sagt, dass uns der Geist Gottes allein erschlossen hat, wie wir aus Ungewissheit, Zweifel und Rebellion gegenüber Gott herauskommen können. So war es auch bei ihm in Damaskus. Er war der fanatischste Verfolger und sagte: Wenn jemand noch einmal behauptet, Jesus sei von den Toten auferstanden, dann werde ich ihn ins Gefängnis sperren oder sogar töten lassen.
Plötzlich aber wurde er überzeugt: Jesus lebt.
Martin Luther hat Ähnliches erfahren. Aus tiefster Anfechtung heraus erkannte er: Gott ist, Jesus lebt und wirkt. Der kluge Martin Luther, der 52 dicke Bände schrieb, konnte später nicht genau erklären, wie das geschehen ist. Er konnte nicht sagen, dass es in einer Diskussion plötzlich klar wurde oder dass es an einem Buch lag. Vielmehr sagte er, dass der Herr Jesus ihn selbst durch seinen Geist umgekehrt hat.
Was kein Auge gesehen hat – wie Gott ist, wer er ist, was er von uns will, wie er zu uns steht – das hat uns Gott erschlossen. Kein Auge hat es gesehen, keine Wissenschaft hat es erforscht und keine Fantasie hat es erdacht. Das alles hat uns Gott offenbart.
Das Wunder der Offenbarung im Alltag
In meinen ersten Jahren als Gemeindepfarrer hatte ich eine schwierige Religionsklasse. Mitten in den Kämpfen stand ein Vierzehnjähriger auf – damals waren sie schon rebellisch – und fragte: „Herr Schäffboch, möchten Sie mir sagen, ob Sie schon einmal ein Wunder erlebt haben?“
Ich dachte nach und antwortete: „Ja, eigentlich erlebe ich es jeden Samstagnachmittag und -abend.“ Neben vielen anderen Wundern, die in meinem Leben geschehen, ist mir das immer noch das Größte: Man sitzt über einem Text, holt Kommentare heran, und das ist ganz interessant und gut. Man kann ja auch 25 Minuten füllen, das ist kein Problem. Aber man merkt immer noch, dass das nicht das Wort Gottes für mich und für die Gemeinde ist. Es ist irgendwo tot; es ist keine Botschaft für heute.
Wenn man dann im Ringen ist und sagt: „Jetzt, lieber Vater im Himmel, du kannst doch dein eigenes Wort aufschließen“, erlebe ich immer wieder das Wunder, dass sich ein Text öffnet. Ein Wort kommt, von dem man selbst begnadet und erfüllt ist, sodass man es mit Freude weitergibt.
„Was kein Auge gesehen hat, kein Ohr gehört, was in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott erschlossen durch seinen Geist.“ Darum darf man auch immer wieder bitten: „Herr, mit meinem Geist werde ich das nie hinkriegen, so wenig, wie ein Stabhochspringer auf den Mond springen kann. Jetzt komm du mit deinem Geist zu mir und erschließe deine Geheimnisse.“
Wir sollen nichts weitergeben, was uns nicht persönlich gegeben ist.
Die Verantwortung im Zeugnis und Beispiele aus der Missionsgeschichte
Jesus hat einmal gesagt: „Wem viel gegeben ist, von dem wird viel gefordert werden, und wem wenig gegeben ist, von dem wird wenig gefordert werden.“
Nicht alle Christen müssen dasselbe weitergeben können, sondern nur das, was sie durch den guten Geist Gottes empfangen haben. Dieses sollen sie dann auch weitergeben.
Ein weiteres Beispiel: Die unbegabte Frau Gladys Alward wurde von keiner Missionsgesellschaft aufgenommen, weil sie zu schlicht in ihrem Denken war. Sie hatte jedoch den starken Drang, nach China zu gehen, zu den Millionen Menschen, die nichts von Jesus wussten. So wurde sie eine besonders gesegnete, eigentümliche und ungewöhnliche Missionarin. Manche stießen sich an ihr, doch auf ihren einfachen Dienst legte Gott besonderen Segen.
Als sie mit ihrem Flüchtlingstreck, der viele Kinder am Gelben Fluss umfasste, unterwegs war, hatte sich die Armee bereits zurückgezogen. Es gab keine Brücke mehr, kein Boot war vorhanden. Am Ende ihres Glaubens standen ihr die Tränen in den Augen. Wie sollte sie sich vor den kommunistischen Truppen retten?
Da sagte ein kleiner Junge: „Du hast uns doch immer erzählt, wie das Volk Israel selbst durchs Wasser gekommen ist, als keine Brücke da war.“ Sie antwortete: „Herr, wenn du mir diesen Trost durch den kleinen Jungen gibst, dann will ich auch daran glauben.“
Zehn Minuten später kam ein Regierungsboot den Fluss heruntergeschossen, nahm sie auf und brachte sie an sichere Ufer.
Gott verlangt nicht mehr Glauben von uns, als er uns an Glaubensgewissheit zugeteilt hat – auch durch den Mund eines kleinen Jungen. Gott hat es uns durch seinen Geist erschlossen.
Die Art des Redens über die Wahrheit Gottes
Und jetzt macht der Apostel Paulus weiter und sagt: Davon reden wir auch nicht mit Worten, die menschliche Weisheit lehren können, sondern mit Worten, die der Geist Gottes lehrt und geistliche Dinge für geistliche Menschen deuten.
Man muss vielleicht den Beginn des zweiten Kapitels im 1. Korintherbrief lesen, um zu verstehen, was das für Paulus bedeutete. Er schreibt: Als ich zu euch nach Korinth kam, sprach ich nicht mit hohen Worten menschlicher Weisheit, um euch Gottes Geheimnis zu verkünden. Denn ich hielt mich nicht dafür, dass ich irgendetwas wüsste, außer Jesus.
Ich war bei euch in Schwachheit, in Furcht und mit großem Zittern. Mein Wort und meine Predigt erfolgten nicht mit überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in der Erweisung des Geistes und der Kraft.
Viele Christen sagen, sie hätten Angst, wenn sie etwas von Gott weitersagen sollen. Paulus hätte menschlich keine Angst haben müssen, denn er konnte predigen. Aber seine einzige Angst war, dass zu viel Imponiergehabe, zu viel Routine, zu viel Auswendiglernen und zu viel Erfahrung in seiner Predigt enthalten sein könnten.
Er wollte nicht auf seine Redekunst bauen. Er wollte nicht darauf bauen, die Menschen zu faszinieren. Vielmehr sollte der Heilige Geist wirken können.
Die Haltung beim Zeugnisgeben und praktische Hinweise
Weiterkommen im Bezeugen der Wahrheit
Wir sind oft geprägt durch das Denkschema von Diskussionen, etwa bei politischen oder internationalen Frühschoppen. Dort versucht man, die eigene Meinung als die richtige darzustellen und bringt Argumente dafür vor. Paulus sagt jedoch: Passt doch auf, so nicht! Sagt stattdessen schlicht: „Ich habe das mit Gott erfahren, und ich glaube, dass das für Sie die Wahrheit ist.“
Vertraut dem Heiligen Geist, denn er bewirkt mehr als jedes Pathos und jede Redegewalt. Es ist viel wichtiger, bei einem Gespräch mit einem Menschen still zu beten: „Heiliger Geist, ich bringe nichts zustande, du musst da sein.“ Du musst meine Worte gebrauchen und etwas daraus machen – in schöpferischer Kraft, nicht durch große Rednerschulung oder Diskussionstraining.
Demnächst findet in Schondorf eine große Evangelisation mit Horst Marquardt und Kurt Heimbucher statt. Auch dafür gibt es Vorbereitungen und Schulungen für die Mitarbeiter. Dabei kam die Frage auf: Was sollen wir sagen, wenn jemand fragt, wie Gott das Böse zulassen kann? Was antworten wir, wenn gesagt wird, in der Bibel stimme so vieles nicht? Was sagen wir, wenn jemand die Geschichten im Alten Testament kritisiert? Oder wenn jemand meint, Gebete seien nicht erhört worden?
Der Gedanke war oft, dass die Theologen uns Antworten geben, die wir dann wie ein Gegentor abschießen können, wenn solche Fragen kommen. Ich konnte dazu nur sagen: Überlegen Sie einmal ganz praktisch. Sie kommen vom Urlaub zurück, überzeugt von der Herrlichkeit einer Mittelmeerreise, und sagen zu Ihrer Nachbarin: „Wir haben eine herrliche Seereise gemacht, die müssen Sie nächstes Jahr auch mal machen. Es ist großartig, die Weite des Mittelmeers.“
Die Nachbarin war jedoch in Jugoslawien, wo es Schnitzel für 1,80 Mark gab. Sie sagt: „Jugoslawien war noch viel schöner, und die Schnitzel kosteten 1,80.“ Da werden wir doch nicht als nächsten Satz sagen: „Aber im Mittelmeer konnte man selbst baden, und in Tunis gab es billige Teppiche, die alle halb echt waren.“ Stattdessen gehen wir auf den anderen Menschen ein und fragen: „So, Sie waren in Jugoslawien, ja, wie lange denn?“
Wir müssen auf den anderen Menschen eingehen. Bei Christen, die die Wahrheit bezeugen, herrscht oft die verdorbene Vorstellung, wir müssten mit dem nächsten Hammer auf einen Floh losgehen und unsere Meinung wie einen Zelthering in den Boden schlagen. Nein! Davon reden wir nicht. Wir sprechen auch nicht mit menschlicher, überredender Weisheit, sondern so, dass wir hinter jedem Satz beten: „Heiliger Geist, sei du dahinter!“
Die Herausforderung des Glaubens in der modernen Welt
Ich habe manchmal Sorge, dass unser Reden zu schlicht sein könnte. Es gibt viele Menschen, die heute ernsthaft zweifeln, weil sie in unserer modernen naturwissenschaftlichen Welt nicht mit Gott rechnen. Schauen Sie sich einmal die Schulbücher Ihrer Kinder und Enkel an. Dort ist nur davon die Rede, was der Mensch macht, was der Mensch tut und was der Mensch machen kann.
Dass heute ein Zwölf- oder Vierzehnjähriger mit Gott rechnen kann, ist ein reines Wunder – gegen alle Vernunft. Wenn wir dann sagen: „Du musst eben glauben, sie wollen bloß nicht glauben“, sind wir manchmal unbarmherzig.
Geistliches Reden kann auch bedeuten, dass wir einmal fragen: „Was macht Ihnen denn so zu schaffen? Wo kommen Sie mit Gott nicht zurecht?“ Wenn jemand zu uns kommt und sagt: „Oh, ich habe solche Leibsschmerzen, meinen Magen“, dann sagen wir auch nicht einfach: „Ab morgen musst du bloß noch Suppe essen.“ Stattdessen fragen wir: „Seit wann hast du das? Schmerzt es sehr?“
Geistliches Reden kann also auch sein, dass wir den anderen fragen: „Wie geht es dir? Wo kommst du mit Gott nicht zurecht? Wo fällt es dir besonders schwer, damit die Liebe Christi einen Eingang finden kann?“
Davon reden wir nicht mit Worten, die menschliche Weisheit lehrt, sondern mit dem Geist Gottes. Wir können auch bei anderen Mitchristen in die Schule gehen und überlegen, warum mich die Worte des einen Predigers mehr treffen. Ist da mehr Liebe drin? Mehr Geduld? Höre ich mehr Verständnis heraus?
Und was bedeutet das für mich, für mein Reden von der Wahrheit?
Die Realität von Ablehnung und Scheitern im Zeugnis
Dritter Abschnitt des Paulus
Selbst wenn der Heilige Geist mir die Wahrheit zugeteilt hat, dass ich die Wahrheit Gottes begriffen habe und weiß, so bin ich mir dennoch bewusst, Verlässliches über Gott zu wissen. Wenn ich dann selbst mit aller Vorsicht und begleitet vom Gebet weitersage, mit geistlichen Worten – nicht mit Imponiergehabe, nicht mit Diskussionsstreitlust, sondern mit der Liebe des Heiligen Geistes – kann es trotzdem passieren, dass Paulus in Philippi hinausfliegt, in Berea hinausfliegt, in Thessaloniki hinausfliegt und aus Athen weichen muss.
Es kann sein, dass er keinen Erfolg hat und dass eine Station des Scheiterns die andere ablöst. Denn der natürliche Mensch vernimmt nichts; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht verstehen. Nun sagen wir vielleicht: „Oh, wir bräuchten bei uns einmal den Klaus Vollmer, dann gäbe es einen Durchbruch“, oder „Billy Graham müsste zu uns kommen“. Das mag sein, denn das sind besonders begnadete Zeugen Jesu. Aber die Hauptsache ist, dass der Geist Gottes da ist.
Wenn der armseligste Redner da ist – denn selbst ein Billy Graham mit all seiner geistlichen Erfahrung kann reden, und 80 Menschen marschieren wieder hinaus, ohne etwas begriffen zu haben. Sie können nicht verstehen, wenn nicht der Geist Gottes ihnen das Brett vor dem Kopf wegnimmt.
Was für ein Urteil ist das über uns! Ein nüchtern machendes Urteil des Paulus: Der normal gebaute Mensch ist so fern von Gott, dass ihm alles Göttliche wie Regentropfen an einer Plastikhaut abläuft. Es geht nicht hinein, wenn nicht der Geist Gottes das Wunder vollbringt, dass plötzlich auch dort ein menschliches Auge sieht, ein menschliches Ohr hört und ein menschlicher Verstand geöffnet wird.
Die Bedeutung des Gebets und der geistlichen Vorbereitung
Als ich ein junger Mitarbeiter im Stuttgarter Jungmännerwerk war, vor langen, langen Jahren, hatten wir mit dem damaligen Jugendpfarrer Kurt Hennig, dem Vater von Dr. Gerhard Hennig, die erste große Jugendevangelisation. Es war ein Aufbruch in der Stadt und zugleich eine Gegenbewegung, bei der geballt junge Menschen auftraten. Damals sprach man noch nicht von Halbstarken, Revolutionären, Studenten oder Jusos.
Aber es war eine Rebellion. Wo das Wort Gottes ist, da ist zugleich Rebellion dagegen. „Nein, es kann doch nicht wahr sein!“ Und so hat man alle Mitarbeiter aus Stuttgart an diesem einen Punkt zusammengezogen, wo besonders die Rebellion war. „Ihr müsst für die Diskussion bereitstehen!“
Doch dann sagte uns der Jugendpfarrer: Wichtig ist gar nicht, dass ihr so viel sprecht, sondern dass ihr vom ersten Augenblick der Ansprache an, vom Singen an, da sitzt und betet. So wie eine schwere Artillerie von hinten her eine Stellung sturmreif schießt. Ihr müsst beten, dass der Geist Gottes da ist.
Das meint der Apostel Paulus, wenn er vom Bezeugen der Wahrheit spricht. Selbst wenn wir es nur unserer Nachbarin im gleichen Stockwerk von unserer Jesuserfahrung weitersagen oder nur ein Traktat weitergeben wollen, eine gute Schrift, oder unserem Patenkind eine gute Biografie eines Christen schicken, sollten wir das immer vom Gebet begleiten.
Wir bitten: „Jetzt, Herr Jesus, gib deinen guten Geist, dass eine Bereitschaft da ist, das Buch zu lesen, und dass bei dem jungen Menschen eine Offenheit da ist, das zu hören, was du ihm sagen willst.“
Die Aufgabe der Gemeinde und die Hoffnung auf Gottes Wirken
Der natürliche Mensch vernimmt nichts; es ist ihm eine Torheit. Es ist, als ob der Apostel Paulus sagen will: Ihr braucht doch nicht auf Erfolge zu warten. Die Aufgabe der Gemeinde Jesu ist nicht, zu sagen: „Wir müssen doch endlich wieder die Räume füllen.“
Die Aufgabe ist vielmehr, das weiterzugeben, was Jesus euch gesagt hat, das, was ihr gehört habt. Das sagt weiter. Was daraus wird, dafür lasst Gott sorgen.
Wir hätten vor vier Jahren noch nicht im Traum zu hoffen gewagt, dass es unter jungen Menschen wieder einen Aufbruch gibt, ein Fragen nach Gott. Letzte Woche, vor den Ferien, waren vier junge Leute in Stuttgart beim Heaven Inn mit Ulrich Parzany. Danach gab es Gespräche über Gespräche beim Gemeindetag. Über 200 Seelsorger sind dem nicht gefolgt.
Zuvor waren durch lange Kirchentage und Gemeindetage die Erfahrungen, dass es keinen besonderen Gefallen gab. Und jetzt, plötzlich, ein Fragen, das nicht von Menschen gemacht ist. Es gibt besondere Stunden Gottes, in denen er auch beim natürlichen Menschen dafür sorgt, dass etwas erschlossen wird.
Und da müsst ihr bereit sein und nicht resignieren und sagen, es lohnt sich nicht. Ihr habt den Auftrag, das, was euch gegeben ist, geistlich weiterzusagen. Wenn die Stunde Gottes gekommen ist, kann auch ein natürlich gebauter Mensch plötzlich aufnehmen, wie verdorrte Erde den Regen aufsaugt und Frucht bringt.
Schlussgebet und Bitte um geistliche Kraft
Weiterkommen im Bezeugen der Wahrheit.
Wir wollen beten: Herr, wir bitten dich für uns und für eine Welt, die dich braucht. Wir bitten dich dreifach: Erschließe du uns dich selbst. Öffne unser Auge, unser Ohr und unser Verstehen, damit wir erkennen, was wir an dir haben.
Gib uns die Kraft, geistlich und geisterfüllt davon zu reden – demütig, zurückhaltend und liebevoll. Lass uns dir überlassen, was daraus wird.
Hilf uns, auch kleine Zahlen und wenig Erfolg zu ertragen, im Wissen darum, dass du die Stunde schenkst, in der es auch Ernten gibt. Amen!