
Die Bedeutung des Nachahmens und der geistlichen Umgestaltung
Eine Person wirklich zu erkennen, hängt stark damit zusammen, dass ich dieser Person nacheifere. Es bedeutet, dass das, wer Jesus ist, in meinem Leben sichtbar wird. Ich gebe dem Geist Gottes Raum, mich in sein Bild umzugestalten.
Ursache und Wirkung dürfen dabei niemals miteinander verwechselt werden. Das kann leicht passieren und wird mir oft zum Vorwurf gemacht, ist aber nie so gemeint.
Deshalb starten wir noch einmal mit unserem Text aus 2. Petrus 1,5-7, unserem Leittext für die kommenden Vorträge. Ich lese ihn noch einmal vor:
„Wendet aber auch allen Fleiß auf und reicht in eurem Glauben die Tugend, in der Tugend aber die Erkenntnis, in der Erkenntnis aber die Enthaltsamkeit, in der Enthaltsamkeit aber das Ausharren, in dem Ausharren aber die Gottesfurcht, in der Gottesfurcht aber die Gottseligkeit, in der Gottseligkeit aber die Bruderliebe, in der Bruderliebe aber die Liebe.“
Ich beginne vorne mit diesem Text: Da heißt es „Wendet aber auch allen Fleiß auf.“ Danach folgen zwei sehr schöne Verheißungen, die wir schon gemeinsam betrachtet haben.
Im weiteren Text heißt es nämlich: „Denn wenn diese Dinge bei euch vorhanden sind und wachsen, dann werden wir erstens den Herrn Jesus immer besser kennenlernen.“ Wir werden also immer tiefer in diese Beziehung hineinwachsen, wenn das, was hier steht, in unserem Leben vorhanden ist und weiter wächst.
Die zweite Verheißung, die wir ebenfalls schon betrachtet haben, lautet: Wir werden niemals straucheln, wenn diese Dinge da sind.
Wenn du also Sicherheit für dein Leben suchst, wenn du am Ziel ankommen möchtest, dann kümmere dich um diese Dinge. Das ist eigentlich recht einfach. Geistliches Leben ist meistens simpel: Bleib am Herrn Jesus dran, werde ihm immer ähnlicher, und den Rest übernimmt er.
Wir dürfen einfach den Kontakt zum Herrn nicht verlieren. Dann ist alles gut. Die Dinge, die in unserem Leben passieren sollen und gut für uns sind, werden geschehen. So kommen wir am Ende am Ziel an.
Diese zwei Verheißungen, die in 2. Petrus 1 stehen, haben jedoch eine Bedingung: „Wendet aber auch allen Fleiß auf!“ Häng dich wirklich an dieser Stelle rein!
Die Dynamik der Rettung und Zugehörigkeit zum Königreich Gottes
Rettung bedeutet hier nicht nur, dass man gerettet wird, sondern es fordert auch, dass man in seinem Glauben die Tugend zeigt. Rettung geschieht immer aus Glauben, und der rettende Glaube führt mich stets hinein in eine Beziehung. Das möchte ich euch kurz verdeutlichen. Wenn wir gerettet werden, dann immer hinein in etwas. Wir werden nicht nur von etwas gerettet – das stimmt auch –, sondern immer auch zu etwas.
Wir müssen die gesamte Dynamik verstehen: Wir werden aus dem einen heraus in das andere hinein gerettet. Es gibt keinen neutralen Zustand, nach dem Motto: „Ich werde gerettet und stehe dann da, ohne zu wissen, wohin ich gehöre.“ Stattdessen gilt: Raus aus dem einen, hinein in das andere.
Denn er hat uns aus der Gewalt der dunklen Mächte gerettet und unter die Herrschaft seines geliebten Sohnes gestellt. Merkt ihr? Aus dem einen heraus, in das andere hinein. Die Elberfelder Bibel formuliert das etwas komplizierter: „Er hat uns gerettet aus der Macht der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe.“ Es ist jedoch genau dasselbe: Wir werden aus der Macht der Finsternis heraus und hinein in ein anderes Königreich gerettet.
Als Menschen gehören wir immer zu einem Königreich. Es gibt immer jemanden, der über uns herrscht. Entweder ist es der Teufel, das Böse in dieser Welt, das uns unter die Sünde versklavt, oder es ist der Herr Jesus. Wir gehören entweder zum Reich der Finsternis oder zum Reich des Sohnes.
Wir folgen entweder den dämonischen Einflüssen, die uns zum Bösen verleiten, die uns manipulieren, beschäftigen und am Ende zugrunde richten, oder wir folgen dem neuen König. Paulus sagt im Galaterbrief 1,4: „Er hat sich selbst für unsere Sünden hingegeben, damit er uns herausreißt aus der gegenwärtigen bösen Welt nach dem Willen unseres Gottes und Vaters.“
Der Herr Jesus ist ein König, der uns aus der gegenwärtigen bösen Welt herausgerissen hat. Und „herausreißen“ – stellt euch das vor wie einen Strauch im Garten, den man ausgräbt. Wenn man daran zieht, kostet das Kraft. So hat der Herr Jesus Kraft aufgewandt, um jeden Einzelnen aus dem Machtbereich des Bösen herauszureißen. Für ihn war das der Tod. Er hat all seine Kraft investiert, damit wir frei werden können.
Jesus löst das Problem der Sünde. Er ist der große Herausreißer, und wir sind diejenigen, die im Sumpf verwurzelt waren. Er kommt und holt uns daraus. Er befreit uns aus dieser Welt mit ihren Ansprüchen, Versuchungen und Lügen und bringt uns dorthin, wo wir eigentlich hingehören: in sein Reich.
Anders gesagt: Aus Sklaven der Sünde werden Nachfolger Jesu Christi.
Die Berufung der Gemeinde und das Zeugnis in der Welt
Und jetzt zu denen, die sich als Teil der Bewegung verstehen, die man Leib Christi nennt, und die für sich sagen: „Hey, ich möchte in dieser kaputten Welt mit dem Evangelium erreichen, denn genau dazu sind wir da.“
Wir sind nicht hier, um ein Häuschen zu bauen, einen schönen Job zu haben oder tollen Urlaub zu machen. Es gibt einen Grund, warum wir hier sind. Wir leben in einer Welt, die verloren geht. Und wir sind dazu berufen, mit unserem Leben anderen zu zeigen: So geht es, das ist Rettung, so sieht Rettung aus. Wir können anderen erklären, wie man gerettet wird. Das ist der Punkt, warum wir hier sind.
Wir haben sonst in dieser Welt nichts verloren. Ich weiß, das klingt ein bisschen brutal, besonders an einem Ort, an dem man sagen muss: Uns geht es ja blendend. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns immer wieder fokussieren und uns fragen: Warum bin ich eigentlich noch hier? Die Antwort ist: Du bist hier, weil draußen Menschen herumlaufen, die dich brauchen.
Du bist Teil von Leib Christi. Unser Haupt sitzt im Himmel auf dem Thron, und wir sind hier auf der Erde. Du bist eine Zelle am Leib Christi. Und wir zusammengenommen haben den Auftrag, diese Welt mit dem Evangelium zu erreichen.
Das Königreich Gottes ist immer in Form von Personen zu denken, von heiligen Personen, die dort, wo sie sind, zeigen, was es heißt, einem König zu folgen. Wenn sie das tun, laden sie andere ein, genau dasselbe zu tun. Sie tun in ihrem Umfeld Gutes durch ihr Leben, sodass selbst wenn Leute sich nicht gleich bekehren, sie wenigstens merken: Wow, das heißt es. Zum Beispiel, wie man in einer Corona-Pandemie ganz entspannt mit Sorgen umgeht. So macht man das, das ist toll, das hätte ich vielleicht auch gerne.
Und dann kann man sagen: Weißt du, woher ich das habe? Wir sind Licht in der Welt. Das, was Jesus war, sind wir. So wie der Vater ihn gesandt hat, sind wir hinausgesandt, das Werk zu vollenden, das er angefangen hat.
Und das Verrückte ist: Jesus sagt sogar, dass wir größere Werke tun werden. Er versammelt keine zweihundert Leute am Ende in Jerusalem, und schon bei Petrus’ erster Predigt kommen fast fünfzehnmal so viele zum Glauben. Das ist es, wo Gott sagt: Ich habe einen Staatsschutz gesetzt, aber ich möchte eine ganze Welt durchdringen mit meinem Evangelium. Dafür sind wir hier.
Wenn du das verstanden hast und sagst: Das möchte ich. Ich möchte hier auf dieser Erde ein Nachfolger Jesu sein. Ich möchte mein Leben auf den Herrn und König ausrichten, dann gilt für dich genau dieser Text.
Dann gilt eben deshalb: Wende allen Fleiß auf! Wenn du verstanden hast, dass du beschenkt bist und es darf, dann häng dich rein! Eben deshalb: Wende allen Fleiß auf!
Die Bedeutung von Fleiß im Glauben
Jetzt kommen wir zu diesem Thema: Wendet aber auch allen Fleiß auf! Wenn das jemand so formuliert, klingt das nach mehr als nur: „Ich hätte da eine Idee. Wenn heute Abend vor dem Schlafengehen noch fünf Minuten Zeit sind, könntest du das vielleicht noch machen.“
„Wendet aber auch allen Fleiß auf“ – man könnte es auch mit „allen Eifer“ übersetzen. Damit ist gemeint, dass diese Sache in deinem Leben eine echte Priorität bekommt.
Ich möchte euch zeigen, was Fleiß in der Bibel bedeutet. Fleiß ist dort nämlich etwas, das einerseits mit Anstrengung zu tun hat, andererseits aber auch mit Nachdenken – und das wird oft vergessen.
Das Gegenteil von Fleiß ist für manche ganz einfach Faulheit. Das stimmt auch. Aber in den Sprüchen gibt es ein zweites Gegenteil von Fleiß, und das ist Hast. Ich kann also auf zwei Arten nicht fleißig sein: entweder faul oder hastig.
Warum? Weil biblischer Fleiß immer bedeutet, dass ich etwas tue, aber zugleich gut über das, was ich tue, nachdenke.
Ich zeige euch das mal anhand der Bibel, damit ihr es besser versteht: Sprüche 12,27 sagt: „Nicht erjagt die Lässigkeit ihr Wild, aber kostbarer Besitz eines Menschen ist es, wenn er fleißig ist.“ Hier steht Lässigkeit oder Faulheit im Gegensatz zu Fleiß. Es ist ein kostbarer Besitz eines Menschen, wenn er fleißig ist.
Ihr ahnt es schon: Faulheit kommt in den Sprüchen überhaupt nicht gut weg. Da gibt es viele Verse, die das deutlich machen. Der Faule ist einfach nicht glücklich, glaubt mir.
Das kennen wir, aber es gibt auch diesen Vers in Sprüche 21,5. Dort wird der Fleißige mit dem Hastigen verglichen: „Die Pläne des Fleißigen führen nur zum Gewinn, aber jeder, der hastig ist, erreicht nur Mangel.“
Jetzt merkt ihr: Der Hastige macht doch auch etwas. Stimmt, aber er macht es auf den letzten Drücker. Er arbeitet hastig, sozusagen hingeschludert und gepusht. Wie oft ist es so, dass auch wir einfach Dinge tun, ohne groß darüber nachzudenken?
Hier sind es die Pläne, die den Unterschied machen. Der Fleißige denkt nach. Es geht nicht nur darum, viel zu tun oder viel zu arbeiten. Ein Workaholic kann das auch sein. Aber Nachdenken ist das Wesentliche beim Fleiß.
Der Hastige macht vielleicht viel, aber er ist nicht fleißig, nur weil er viel tut. Gesundes Fleißigsein ist immer von Einsatz und Nachdenken geprägt.
Nehmt das mit: Wir müssen zwei Fallen vermeiden. Wenn in 2. Petrus 1 steht: „Wendet auch allen Fleiß auf“, dann kann man zwei Fehler machen. Entweder ist man faul und eben nicht fleißig, oder man arbeitet einfach drauflos, ohne vorher darüber nachzudenken, was man eigentlich tut.
Wenn Paulus sagt: „Wendet allen Fleiß auf“, steckt dahinter dieser doppelte Wunsch: Mach etwas, aber lass es bitte auch ein Stück geplant sein. Bevor du anfängst, schau, dass das Ganze gut durchdacht ist.
Das trifft im 2. Petrusbrief auch auf die Zeitform zu, die dort verwendet wird. Sie bedeutet so viel wie: Triff jetzt eine Entscheidung, dich auf eine kluge und fleißige Weise zu investieren.
Frage dich: Wo genau in dem Ordnungsrahmen, den ich euch vorgestellt habe, sollte ich bestimmte Aspekte meines geistlichen Lebens betrachten und prüfen, wo ich stehe?
Ich hatte euch beim letzten Mal gebeten, so eine Netzspinne zu zeichnen. Ich weiß nicht, wer das gemacht hat, aber ihr könnt mir gerne ein andermal zeigen, was ihr da für euch skizziert habt.
Das ist nur eine Idee, um einfach zu sagen: An dieser Stelle habe ich ein Defizit, und da läuft es gut.
Der Glaube als Ausgangspunkt und seine Entwicklung
Bevor wir uns heute die einzelnen Punkte anschauen, fängt alles mit dem Glauben an. Es heißt hier: „Wendet aber auch allen Fleiß auf und reicht in eurem Glauben die Tugend dar.“ Im geistlichen Leben beginnt immer alles mit Glauben. Das ist irgendwie logisch. Ohne Glauben kann ich nicht gerettet werden.
Wenn der Kerkermeister in Philippi fragt: „Ihr Herren, was muss ich tun, dass ich errettet werde?“, dann antworten an dieser Stelle Paulus und Silas: „Ja, klar, glaube an den Herrn Jesus.“ Da beginnt es also: Glaube an den Herrn Jesus – das fängt immer mit Glauben an.
Ich glaube, die Frage ist: Was heißt das denn? Was ist damit gemeint, „reicht in eurem Glauben die Tugend dar“? Was ist Glaube? Glauben hat viel damit zu tun, dass ich Gott vertraue. Wenn ich an den Herrn Jesus glaube, vertraue ich einer anderen Person. In diesem Fall vertraue ich einer Person, dem Herrn Jesus Christus. Das heißt, einer Person, von der ich ausgehe, dass sie gelebt hat – nämlich Jesus. Er ist Herr, eine andere Bezeichnung für Gott, und er ist der Christus, der von Gott gesandte Messias. Oder mit unseren Worten, weil wir das heute schon ein paarmal gesagt haben: der König.
Also habe ich jemanden, von dem ich sage: Er ist Gott, er ist König, und er hat wirklich gelebt. Und dieser Person, von der ich weiß, dass sie jetzt auf dem Thron Gottes sitzt, vertraue ich mich an. Das, was sie getan hat, wird für mich zum Wichtigsten, was es überhaupt in dieser Welt zu bekommen gibt. Ich richte mein ganzes Leben auf diese Person aus.
Jetzt könnte man sagen: Wenn Glaube mein Vertrauen in Gott ist, dann habe ich das einmal, ich bekehre mich einmal, und dann habe ich geglaubt. Aber das Spannende ist, dass zum Beispiel hier in 2. Timotheus 2,22 steht: „Die Jugendlichen begierden viel, strebt aber nach Gerechtigkeit, und dann kommt der Glaube.“
Glaube ist also etwas, das ich am Anfang habe, weil ich mein Vertrauen auf Gott setze. Ich merke aber, dass Glaube auch etwas ist, das wachsen muss. Es gibt so etwas wie den Anfangsglauben – dieses erste Vertrauen in Gott, bei dem ich mein Leben Gott zu Füßen lege und sage: „Ich gebe auf, du hast Recht, du hast alles getan, ich kann mich nicht retten, ich vertraue darauf, dass das, was du am Kreuz getan hast, alles ist, was ich brauche. Ich will dir folgen.“
Das ist der Anfangsglaube. Dieser Anfangsglaube will erstens bewahrt werden. Erinnert euch an den Zweiten Petrusbrief, da heißt es: Wenn diese Dinge bei euch vorhanden sind, bewahrt sie – also vorhanden sein und wachsen. Glaube ist etwas, das da ist und bewahrt werden will. Gleichzeitig muss ich darauf achten, dass der Glaube, den ich habe, mein Vertrauen in Gott, nicht verkümmert. Er soll stärker werden.
Ich möchte nicht zu negativ klingen, aber ich habe bei zu vielen Christen erlebt, dass genau das passiert ist. Da waren mal leidenschaftliche Nachfolger Jesu Christi, und irgendwann im Lauf ihres Lebens wurde ihr persönliches Vertrauen in Gott erschüttert. Wenn dem Teufel das gelingt, dass er diesen Aspekt unseres geistlichen Lebens erschüttert, wenn er so einen Samen des Zweifels sät – seid vorsichtig, damit ist nicht zu spaßen.
Wenn Zweifel und Misstrauen wachsen, kann das dazu führen, dass ein geistliches Leben, das einmal für Gott brannte, bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wird. Man fragt sich irgendwann: Ist der oder ist die überhaupt noch gläubig? Die waren doch mal so gut dabei. Wenn man dann mit den Leuten redet: „Vertraust du noch Gott?“, kommen manchmal ganz merkwürdige Antworten.
Weil wir das kennen und wissen, dass es das gibt und dass es mehr Leute betrifft, als einem manchmal lieb ist, ist es so wichtig, dass wir unseren Glauben, unser Vertrauen in Gott – dieses feste Wissen, dass er es wirklich gut mit mir meint – bewahren. Dass ich mich bedingungslos auf ihn verlassen kann, egal was kommt und auch egal, ob ich alles verstehe.
Es ist total wichtig, dass wir dieses Vertrauen in Gott nicht schrumpfen lassen. Es soll tatsächlich jedes Jahr ein Stück größer, reifer, tiefer oder nenn es selbstverständlicher werden.
Versteht ihr das? Was überrascht dich bei Hiob? Bei Hiob überrascht uns doch die Selbstverständlichkeit, mit der er so etwas sagt: „Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen, der Name des Herrn sei gepriesen.“ Das ist an sich schon beeindruckend – als wäre das völlig klar. Was willst du sonst sagen? „Ja, ich habe gerade meine Kinder, meinen Besitz, meine Gesundheit verloren, aber hey, mein Glauben – warum sollte der da weggehen? Der hat gegeben, der hat genommen, der Name des Herrn sei gepriesen, Ende.“
Da merkt man, dass jemand eine Glaubensbeziehung hat, die von den Umständen kaum berührt wird. Fast hat man den Eindruck, das kratzt ihn nicht groß.
Klar, er geht dann ein paar Kapitel später auch durch eine depressive Episode und möchte am liebsten den Tag seiner Geburt verfluchen. Wenn du dann im Detail reinschaust, hat er auch schon mal böse Tage. Das macht man nicht einfach so.
Aber so am Anfang, wenn die Frau kommt und sagt: „Jetzt schwör ab, lass das mit Gott, auf keinen Fall!“ – wie kommst du da drauf? Nur weil das gerade passiert ist, ist das doch kein Grund.
Da hat einer einen richtig tiefen, starken Glauben, der einfach nicht erschüttert werden kann. Und darum geht es: so einen Glauben zu entwickeln.
Die Herausforderung des Vertrauens und der Umgang mit Leid
Frage: Was ist das Gegenteil von Glaube? Wenn ich Gott nicht vertraue, dann vertraue ich mir selbst. Es gibt immer nur diese beiden Alternativen: Ich vertraue mir beziehungsweise dem, was ich fühle und glaube, oder ich vertraue Gott.
Leid ist ein ganz brillantes Mittel, um mich persönlich dahin zu bringen, dass ich aufhöre, auf mich selbst zu vertrauen. Leid wird mich entweder in Gottes Arme treiben oder mein Vertrauen in Gott stärken. Es kann mich aber auch von ihm entfremden und in Richtung Selbstvertrauen treiben. Leid wendet mich also entweder zu Gott hin oder von ihm weg.
Wenn es mich von Gott wegwendet, dann deshalb, weil ich vielleicht nie wirklich ihm vertraut habe. Ich mag folgende Stelle, die ist ein bisschen schräg: 2. Korinther 1,8-9. Paulus schreibt: „Denn wir wollen euch nicht in Unkenntnis lassen, Brüder, über unsere Bedrängnis, die uns in Asien, das ist in der heutigen Türkei, widerfahren ist. Wir wurden übermäßig beschwert, über Vermögen, so dass wir schon am Leben verzweifelten. Wir selbst aber hatten in uns schon das Urteil des Todes erhalten.“
Merkt ihr das? Das, was wir aus uns heraus für möglich hielten, wo wir merkten, das sind so unsere menschlichen Möglichkeiten, da war Schluss. Darf Gott uns in so eine Situation hineinführen, in der er uns einfach mal überfordert? Wo du quasi auf dem Boden liegst, heulst und sagst: „Ich kann nicht mehr“? Paulus sagt, es passiert. Warum? Damit wir nicht auf uns selbst vertrauen, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt.
Deshalb sage ich: Gottvertrauen wächst im Leid. Gottvertrauen wächst dadurch, dass ich in jeder noch so brenzligen Situation anfange, mir keine Sorgen zu machen. Oder wenn sie da sind – manchmal kann man sie nicht einfach wegschicken – dann muss ich sie mit Danksagung abgeben und erleben, wie Gott mein Herz zur Ruhe bringt.
Ich muss lernen, vertrauensvoll mein Leben in seine Hände zu legen, immer und immer wieder. Und wozu ich euch ermutigen möchte, ist, dass ihr im Kleinen anfangt. Wir brauchen nicht gleich eine Situation, in der wir am Leben verzweifeln, um glauben zu lernen.
Ein Beispiel: Dienstagabend habe ich einen Hauskreis in Oberkrämer geleitet und prompt ist mir etwas passiert, was mir noch nie passiert ist – ich habe meine Tasche dort vergessen. Also meine Tasche, die ich immer dabei habe mit Laptop, Lesebrille, naja, was man halt so braucht. Du kommst zuhause an, steigst aus, willst die Tasche schnappen und stellst fest, sie steht noch in Oberkrämer.
Das heißt, mein kompletter Zeitplan für den Mittwoch war einfach mal über den Haufen geworfen, weil zusätzlicher Aufwand entstand. Ich muss die Tasche holen, und das, was ich so hintereinander eingetaktet hatte, ging gar nicht mehr.
Frage: Wie gehst du damit um, wenn so ein äußeres Ereignis deinen kompletten Zeitplan durcheinanderbringt? Das ist noch nicht lebensbedrohlich, das ist einfach nur ärgerlich. Aber wenn du glauben lernen willst, dann starte mit den ärgerlichen Momenten.
Mein Tipp ist: Lerne in einem solchen Moment Vertrauen, lerne Glauben. Das fängt damit an, dass du Gott für diese unvorhergesehenen Einschränkungen dankst. Und das waren wirklich Einschränkungen: Wenn du mir meinen Rechner und meine Lesebrille wegnimmst, bleibt nicht mehr viel übrig. Ich habe noch einen zweiten Rechner, aber ja – das Erste ist, du lernst Glauben dadurch, dass du für diese unvorhergesehenen Einschränkungen dankst.
Das ist das Erste: Vielen Dank, Herr, ich weiß noch nicht warum, aber erst mal danke. Und das Zweite: Schau, was Gott damit macht.
Wisst ihr, meine Wochenplanung ist ambitioniert und eng, aber sie ist nicht mein Gott. Ich mit meinem Anspruch an Leistung bin nicht mein Gott. Und wenn Gott mein Leben anders führt, okay, er wird einfach wissen warum.
Wenn du das glaubst und wenn du dann vielleicht noch ein paar Bibelverse intus hast, die dir in schwierigen Zeiten, wenn dein Fleisch anfängt, sich Sorgen zu machen, den Weg weisen, dann hast du einen Schatz. Das sind Stellen wie Philipper 4,6-7, wo wir aufgefordert werden, unsere Sorgen mit Danksagung abzugeben und auf den übernatürlichen Frieden zu hoffen. Oder Prediger 3,14, dass Gott keinen Fehler macht, oder Texte aus Hiob.
Wenn du solche Stellen hast, einen Vorrat an Wahrheit für dunkle Stunden, in denen der Teufel kommt und in dein Leben wie ein Löwe hineinbrüllt – so ein Stückchen Sündenfall reloaded –, dann wirst du Gott vertrauen. Ja oder nein? Wenn du sagst, ich habe für solche Fälle vorgesorgt und weiß, was ich dann tue, habe ich mein Leben auf Vertrauen hin angelegt.
Wenn du das tust, wird dein Glaube wachsen. Also nochmal: Man fördert Glauben dadurch, dass man glaubt. Ich weiß, das klingt total banal. Aber probier es einfach mal aus.
Wenn du in Situationen kommst, die dich überfordern – und das muss nicht gleich eine todbringende Krankheit sein, sondern vielleicht einfach eine Tasche, die du vergisst, und du weißt, morgen kriege ich nichts von dem gebacken, was auf meinem Terminkalender steht –, dann bleib cool, danke Gott und schau, was Gott dir beibringen möchte und wie sich der Tag entwickelt.
Verstehst du? Was macht Gott jetzt mit dieser Zeit, die plötzlich da ist?
Frage: Kann ich auch zu viel glauben? Die Antwort lautet: Ja. Es gibt eine Überbetonung von Glauben im geistlichen Leben, nämlich wenn man das geistliche Leben nur auf Glauben beziehungsweise auf Glaubenseindrücke reduziert.
Eine Überbetonung von Glauben führt in Schwärmerei oder Mystik. Da geht es plötzlich nur noch darum, Gott zu vertrauen und in sich hinein zu horchen. Alle anderen Aspekte des geistlichen Lebens – und wir haben ja acht – spielen dann keine große Rolle mehr, solange ich Gottes Stimme in mir höre.
An dieser Stelle möchte ich ganz deutlich sagen: Vorsicht! Wer diesen Weg geht, ebnet falschen Geistern den Weg. Diese wirken über seelische Eindrücke, die sich als Glaubenseindrücke maskieren, und üben Einfluss auf mich aus.
Glaube ist wichtig, aber er ist der Einstieg in eine Beziehung, die auch viel mit Nachdenken, Anwenden, Prüfen, Reden und guten Werken zu tun hat. Dieses Sich-in-sich-hineinversenken, dieses „Ich und mein Herr Jesus, und ich höre dann schon diese Glaubensstimme Gottes“, das ist ein esoterisches, kein christliches Konzept. Und vor diesem Weg warnt die Bibel.
Das ist die Überbetonung.
Gibt es auch eine Unterbetonung? Gibt es einen Mangel an Glauben? Logisch. Ein Mangel an Glauben ist der Wankelmütige, der nie genau weiß, wo er hingehört. Heute vertraut er Gott, morgen wieder nicht. Oder die Zweiflerin, deren Herz hin und her gerissen wird.
Vielleicht erinnert ihr euch noch an die Jakobus-Reihe, die wir hatten. Dort gab es diesen Vers: „Naht euch Gott, und er wird sich euch nahen; säubert die Hände, ihr Sünder, und reinigt die Herzen, ihr Wankelmütigen.“ (Jakobus 4,8)
Der Wankelmütige hat zu wenig Glauben und ist in Glaubensdingen nicht stark. Wörtlich steht da „doppelherzig“, also schlagen zwei Herzen in seiner Brust. Mal ist alles klar für Gott, mal eher nicht. Er weiß nicht, wohin.
Hier ist die Aufforderung, dass wir darüber Buße tun sollen: „Reinigt die Herzen, ihr Wankelmütigen!“ Wenn du das merkst, dann tu darüber Buße.
Wenn Zweifelgedanken aufkommen, dann mach das, was man im geistlichen Kampf mit jeder Lüge tut: Bitte merkt euch das – wir zitieren den richtigen Bibelvers, in dem die Wahrheit steht, und sagen diesem bösen Gedanken tschüss.
Wenn du Zweifelgedanken hast, brauchst du einen Gedanken, der dich aus dem Wort Gottes daran erinnert, dass du nicht zweifeln musst, keine Angst haben musst und Gott völlig vertrauen kannst.
Und wenn du sagst: „Jürgen, ich bräuchte mal drei Verse, die mir auf die Schnelle weiterhelfen“, weil du das kennst, dass du manchmal in solchen Situationen, in denen etwas nicht läuft, wie es laufen soll, ganz üblich wirst, statt zu sagen: „Danke Gott, schauen wir mal“, sondern Zweifel hast oder keine Ahnung, was dich abhält – dann lern diese drei Verse einfach auswendig. Wann immer das kommt, kannst du einen dieser Verse zitieren.
Hier ein paar Beispiele:
Jesaja 30,15: „Denn so spricht der Herr, der Heilige Israels: Durch Umkehr und durch Ruhe werdet ihr gerettet, in Stillsein und in Vertrauen liegt eure Stärke.“
Wenn du merkst, dir fehlt es an Kraft und Vertrauen, und eine Situation dich überfordert, ist das der Vers, den du dir sagen kannst: „Liebes Innenleben, keine Ahnung, warum du jetzt hier amokläufst, aber das ist die Wahrheit. Und wer auch immer mich dazu bringt, diese komischen Gefühle zu denken, ich will das nicht.“
2. Samuel 22,31: David sagt: „Gott, sein Weg ist vollkommen, das Wort des Herrn ist lauter, ein Schild ist er allen, die sich bei ihm bergen.“
Du hast Angst? Gott ist dein Schild. Kein Verkehrsschild, sondern ein Schild wie ein Ritter, hinter dem du dich verbergen kannst.
Jeremia 17,7: „Gesegnet ist der Mensch, der auf den Herrn vertraut, und dessen Vertrauen der Herr ist.“
Wenn du nur einen Vers zum Thema Vertrauen auswendig lernen willst, nimm Jeremia 17,7. Da steht es zweimal drin: Du bist gesegnet. Und wir brauchen das.
Die Frucht des Glaubens: Gehorsam und Tugend
Kommen wir zum Schluss zur letzten Frage: Was erwächst aus dem Aspekt Glauben, wenn man ihn fördert?
Wir haben ja diesen Zyklus, den ich euch aus 2. Petrus 1 gezeigt habe. Die Frage ist: Wenn ich jetzt sage, okay, ich wende allen Fleiß auf und hänge mich in diesen Zyklus ein, starte mit Glauben und habe verstanden, dass Glaube etwas ist, das vorhanden sein soll und wachsen soll – was passiert dann?
Es gehört dazu, dass Glaube wächst. Nun weiß ich, wie Glaube wächst: in den täglichen Situationen des Lebens. Wenn ich unruhig werde, wenn ich merke, hier fehlt mir Vertrauen, wenn ich anfange, mich plötzlich auf mich selbst und meine Möglichkeiten zu besinnen, dann habe ich in dem Moment meist nur noch Angst. Denn ich merke, dass ich schon von ganz kleinen Situationen völlig überfordert sein kann.
Jetzt komme ich und sage: In diesen Situationen bitte einfach danken, Gott vertrauen, schauen, was er tut, und erleben, dass er es gut meint.
Die Frage ist: Was passiert, wenn du das regelmäßig tust? Was erwächst daraus? Die Antwort lautet: Gehorsam.
Wenn du Glauben lebst, dann zeigt sich Glaube darin, dass du tust, was Gott sagt. Wenn du mich also fragst, Jürgen, wie man am schnellsten nach Berlin-Spandau kommt, und ich dir erkläre, dass es sich lohnt, über die Autobahn zu fahren, du aber trotzdem anders fährst, dann weiß ich eines: Du hast mir nicht vertraut.
So ist es auch bei Gott. Wenn wir sagen, wir vertrauen Gott, dann folgt logisch daraus, dass in dem Maße, wie unser Vertrauen in Gott wächst, auch unser Gehorsam wächst. Denn Gehorsam ist Ausdruck von Glauben.
Und wenn wir gehorsam leben, landen wir sofort beim nächsten Punkt: der Tugend, den guten Werken. Das machen wir, wenn ich das nächste Mal da bin.
Mir ging es nur darum, dass ihr merkt, wie logisch diese verschiedenen Aspekte des geistlichen Lebens zusammenhängen.
Ein persönliches Beispiel für gelebten Glauben
Zum Schluss noch einmal mein Beispiel vom Mittwoch.
Am Dienstagabend steige ich aus und merke, dass ich meine Tasche, meinen Laptop, meinen PC und meine Brille allesamt in Oberkrema vergessen habe. Zuerst habe ich so einen Moment: Hm, was soll das? Zuerst denke ich, ich hätte sie verloren. Aber ich stelle meine Tasche nie neben das Auto. Also weiß ich: Nein, sie steht nicht am Parkplatz. Das ist schon mal gut.
Dann kommt dieser Gedanke: Hm, ja, Mann, ist das aber doof. Und jetzt? Was setzt an dieser Stelle ein? Mein Tipp oder das, was ich dann tue, ist: Ich denke sofort daran, dass Gott keinen Fehler macht. Ich danke abends noch dafür, dass Gott aus meiner Schusseligkeit etwas Gutes machen kann.
Wie gesagt, ohne meinen Laptop kann ich nur begrenzt arbeiten. Aber ein bisschen arbeiten geht halt schon. Also überlege ich am Mittwoch früh: Vater im Himmel, was mache ich jetzt? Ich muss irgendwann die Sachen holen gehen. Womit kann ich die ersten zwei Stunden Arbeitszeit, die ich habe, gut füllen?
Gott hat mir in gewisser Weise gezeigt: Schau mal, das, was du noch tun kannst, ist das, was für diese Woche vorgesehen ist. Da ist diese Predigt für Sonntag, für euch, die hier. Also setze ich mich hin und schreibe diese Predigt. Dabei erlebe ich auf wundersame Weise, wie sie einfach fließt.
Ich bin schnell im Predigt schreiben, aber das war etwas Besonderes. Ich frage mich: Boah, was ist hier passiert? Das heißt, ich habe Gott vertraut, dass er etwas macht. Und Gott beschenkt mich damit, dass er sagt: Hey, wenn du mir vertraust, dann schenke ich dir etwas.
So bin ich dann am Mittwoch um neun Uhr mit der Predigt für Sonntag schon fertig. Das hätte ich nicht gedacht und denke mir: Wow! Deswegen lief das wunderbar für mich. Ich habe einmal mehr gemerkt, dass es sich lohnt, nicht sorgenvoll zu sein, nicht ärgerlich zu sein und nicht ängstlich zu werden, sondern Gott zu vertrauen.
Ich bin davon überzeugt, wenn wir diese Lektion immer und immer wieder verinnerlichen – und wie gesagt, mit diesen kleinen Momenten anfangen, in denen es uns nicht viel kostet, einfach mal zu vertrauen –, dann sorgen wir nicht nur dafür, dass der Glaube bleibt, sondern er wird Stück für Stück wachsen.
Und das ist das, was ich euch wünsche. Amen!
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