Die Frage, wie Gott alles zulassen kann, beschäftigt viele Menschen seit Jahrhunderten. Sie berührt das Problem des Leidens und des Bösen in der Welt, das oft als Widerspruch zu einem allmächtigen und gütigen Gott empfunden wird.
Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass Gott nach christlichem Glauben allmächtig, allwissend und vollkommen gut ist. Dennoch gibt es in der Welt Leid, Ungerechtigkeit und Böse. Dieses Spannungsfeld wird oft als das Theodizee-Problem bezeichnet.
Ein wesentlicher Aspekt ist die Freiheit des Menschen. Gott hat den Menschen mit einem freien Willen geschaffen, damit er aus eigener Entscheidung heraus Liebe und Gutes wählen kann. Freiheit bedeutet aber auch die Möglichkeit, sich gegen Gott zu entscheiden und Böses zu tun. Würde Gott ständig eingreifen, um alles Böse zu verhindern, wäre die Freiheit des Menschen eingeschränkt.
Zudem kann Gott laut der Bibel auch durch das Böse Gutes wirken. So zeigt sich Gottes Heilsplan darin, dass er selbst Leiden und Tod überwunden hat, etwa durch das Leiden und die Auferstehung Jesu Christi. In Römer 8,28 heißt es: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“ Das bedeutet, dass Gott auch aus schwierigen und schmerzlichen Situationen etwas Gutes hervorbringen kann.
Darüber hinaus bleibt ein Teil des göttlichen Handelns für den Menschen verborgen. Nicht alles, was geschieht, lässt sich sofort verstehen. Der Glaube fordert daher auch Vertrauen in Gottes Weisheit und Güte, auch wenn die Umstände unklar oder schmerzhaft sind.
Abschließend kann gesagt werden, dass Gott das Böse nicht selbst verursacht, aber zulässt, um den Menschen Freiheit zu geben und letztlich Gutes aus allem hervorzubringen. Diese Sichtweise fordert den Menschen heraus, trotz Leid und Unverständnis an Gottes Liebe festzuhalten und auf seine endgültige Gerechtigkeit und Erlösung zu vertrauen.
Die Herausforderung des Leids und die Frage nach Gottes Zulassen
Wissen Sie, in der Welt geschehen schreckliche Dinge. Ich habe schlaflose Nächte wegen Vietnam. Es ist ein Krieg, und wir werden bald beteiligt sein. Zuerst auf Lazarettschiffen, jetzt sollen schon Pioniere hin, und bald werden unsere Jungs dort draußen stehen, wenn es im Tempo so weitergeht. Das ist erschütternd! Es ist erschütternd, dass wir es nicht lassen können, dazwischen zu sein.
Aber, meine Freunde, ich stelle mir im Geist immer die Zivilbevölkerung vor, die nun seit zwanzig Jahren in dieser Mühle steckt: Männer, die verhaftet werden, weil sie verdächtigt werden, wie die Vietcong zu sein, Frauen, deren Hütten über dem Kopf angesteckt werden. Wenn man sich das einmal klar macht oder solche Bilder sieht, dann drängt sich die Frage auf: Wo ist Gott?
Diese Frage drängt sich einem noch mehr auf, wenn es einen selbst betrifft. Da darf ich einmal persönlich sagen: Ich hatte mir, als ich heiratete, sechs Söhne gewünscht. Gott schenkte mir zwei, und sie sind beide eigentlich schrecklich umgekommen. Das ist eine Sache, über die ich nicht hinwegkomme. Wenn ich immer willig komme, Gott, warum tust du mir das an? Wo war denn deine Hand?
Oder ich denke an eine Frau, die am Krebs stirbt, langsam dahin siecht, und die schreckliche Qual erlebt, wenn sie das miterlebt. Da muss man fragen: Ja, und Gott? Es gibt viele Menschen, die ihre Geschichte erzählen könnten und am Schluss fragen: Wo war denn Gott? Wo war denn Gott?
Unser lieber deutscher Dichter Friedrich Schiller hat einmal ein Lied an die Freude gedichtet: „Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium.“ Dort kommen die Zeilen vor: „Brüder, überm Sternenzelt muss ein lieber Vater wohnen!“ Der Mensch von heute ist versucht zu sagen: „Brüder, überm Sternenzelt kann kein lieber Vater wohnen!“
Wem diese Frage so begegnet, wer sich diese Frage so aufdrängt: Wo ist Gott? Warum lässt er das zu? Warum schweigt er zu all den schrecklichen Dingen? Der kommt vielleicht an den Punkt, an dem der schreckliche Gedanke auftaucht: Vielleicht gibt es gar keinen Gott. Vielleicht ist der Himmel leer. Vielleicht ist der Atheismus doch das Wahre.
Wenn es wahr wäre, dass kein Gott lebt, das wäre fürchterlich. Dann sind wir Menschen Bestien, alleingelassen. Dann sind wir verlorene Kinder. Da findet heute doch kein Mensch mehr den Weg, oder? Alle Völker rüsten mit Atombomben auf, und keiner weiß, wie sie wieder herauskommen sollen. Die Hälfte der Welt hungert, und wir wissen nicht, wie wir sie satt bekommen sollen. Wir sind verlorene Kinder, und kein Gott ist da. Das wäre schauerlich.
Wenn mir oft Leute sagen: „Ich bin Atheist“, dann sage ich: Ihr ahnt ja nicht, was ihr da ausspricht, dass über uns nichts ist und wir allein gelassen sind, untereinander. Und nichts ist schrecklicher für den Menschen als der Mensch, oder? Die Römer hatten ein Sprichwort: Homo homini lupus est – der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Ist doch in Cannstein auch so, nicht?
Die Gewissheit des lebendigen Gottes trotz Zweifel
Jetzt zerreißen? Nein, Gott sei Dank, meine Freunde, ihr braucht keinen Zweifel zu haben. Auch wenn Gott oft wunderlich schweigt, ist ganz gewiss: Gott lebt.
Und wenn ihr mich fragt, warum ich das so bestimmt weiß, dann muss ich eben erzählen. Ich hatte mal nachts um zwölf eine Versammlung in Augsburg, von Samstag auf Sonntag in der Nacht. Da wurden alle besoffen, und was man so auf der Straße zusammenladen konnte, wurde zusammengetrieben. Es war eine Versammlung, und meine Freunde fuhren in Autos herum und luden ein: „Kommen Sie mit!“
Als ich anfing, von Gott zu sprechen, stand einer auf. Er hatte so einen Böller auf und eine Zigarre im Mund und brüllte: „Gott gibt’s gar nicht!“ Da sagte ich: „Wissen Sie das ganz bestimmt?“ Er kratzte sich hinter dem Ohr, schob die Zigarre in den anderen Mundwinkel und sagte: „Bestimmt weiß kein Mensch was.“
Da habe ich gesagt: „Ich weiß ganz bestimmt, dass Gott lebt.“ Dann stand er auf und fragte: „Woher wollen Sie das so bestimmt wissen?“ Ich antwortete: „Weil er sich in Jesus geoffenbart hat.“
Wenn einer sagt, es gibt keinen Wilhelm Busch, und ich rücke ihm auf die Bude und sage: „Hier bin ich und hier mein Ausweis“, dann muss er sagen: „Den gibt es.“ Verstehen Sie? Gott ist uns – verzeihen Sie diese Sage – auf die Bude gerückt. Er hat den Himmel zerrissen, die Wand zerschlagen und ist in seinem Sohn Jesus zu uns gekommen.
Darum können wir wissen, dass Gott ganz bestimmt lebt. Da kann kein Zweifel sein. Ich sage meinen Satz noch einmal: Seit Jesus gekommen ist, ist Gottes Leugnung Unwissenheit oder böser Wille. Aber nicht mehr. Da bleibt die Frage: Wenn dieser Gott lebt, warum schweigt er denn zu all den schrecklichen Dingen?
Warum lässt er Menschen an Krebs sterben? Warum macht ein Vietnamesischer Mensch Schluss? Warum, warum, warum? Ich habe keine Frage so oft gehört wie diese: Wie kann Gott das alles zulassen?
Ich möchte versuchen, auf diese Frage zu antworten. Und da möchte ich gleich die Generalantwort geben: Wie kann Gott alles zulassen? Warum schweigt er zu so vielem?
Da will ich Ihnen von vornherein sagen: Ich weiß es auch nicht. Wenn ich jetzt nämlich auftreten wollte und sagen, ich wäre Gottes Geheimsekretär und wüsste alles ganz genau, dann würden die klugen Leute unter Ihnen sagen: „Pastor Busch, das glauben wir dir nicht.“
Verstehen Sie, einen Pastor, einen Dekan, einen Pfarrer kann ich verstehen, aber Gott kann ich nicht verstehen. Und Gott, den ich verstehen könnte, der wäre nicht mehr als ein Pfarrer.
Ich möchte dazu sagen, dass mich das eigentlich immer wieder freut: Dass ich Gott nicht verstehen kann. Das müsste ein komischer Gott sein, den so ein kleiner Geist wie ich kapieren kann.
Missverständnisse bei der Frage nach Gottes Zulassen
Aber ich möchte noch einiges dazu sagen, verstehen Sie. Warum lässt Gott alles zu? Zunächst muss ich ein paar Missverständnisse aus dem Weg räumen.
Ich bin zuerst einmal Schutträumer. Die Frage, wie Gott alles zulassen kann, kann furchtbar dumm sein, wirklich furchtbar dumm. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Als das Dritte Reich unter Hitler begann und wir die halbe Welt erobert hatten, standen alle Zeitungen voller Berichte über deutsche Tüchtigkeit, deutsche Kraft und unsere Soldaten. Wenn alles schiefging, die deutschen Städte in Trümmer sanken und Hunderttausende unserer Jungen starben, dann kamen die Leute zu mir und fragten: „Wie kann Gott das zulassen?“ Ich sagte: Deutsche Kraft, deutsche Stärke! Das heißt, wenn es gut lief, waren wir es. Wenn es schiefging, dann war es der liebe Gott.
Man erzählt, wisst ihr, wer die Gorger sind? Die Gorger sind die Weingärtner in Tübingen. Da muss ich Schwäbisch werden: In Tübingen gibt es Weingärtner, die nennt man die Gorger, und sie sind berühmt für ihre komischen Aussprüche. Von ihnen erzählt man, dass sie Wein aus ihrem Weinberg ausschenken, einen Sauerer, nein, Verzeihung, einen Gesüster. Wenn so ein Gurker, also ein Gorger, merkt, dass der Wein schlecht geworden ist, dann sagt er: „So hat's der Herrgott wachsen lassen.“ Wenn der Wein gut geworden ist, dann sagt er: „Der ist eiges gewechselt.“
Da sehen Sie: Der gute Wein ist unser Gewächs, der schlechte ist unser Herrgott Maxalassa. Und wenn wir also die Frage aufwerfen, wie Gott alles zulassen kann, dann muss gesagt werden: Sehr vieles von dem, was schiefgeht, ist unser eigenes Gewächs.
Als 1945 die Städte in Trümmer sanken und ich keinen Schritt gehen konnte, nur Leute vor mir standen und fragten: „Wie kann Gott das zulassen?“, da sagte ich: Das haben wir uns eingebrockt. Hat Gott uns laufen lassen?
Vor kurzem erzählte mir eine junge Frau, dass ihre Ehe verkracht ist. Schließlich kam sie mit zwei Kindern zu mir und sagte: „Er lässt mich sitzen, der brutale Mensch, wie kann Gott das zulassen?“ Ich sagte: „Moment mal, hat Gott den Mann geheiratet oder Sie?“ Das wusste ich doch nicht, dass der so ist. Dann fragte ich sie: „Haben Sie vorher mal darüber gebetet? ‚Herr, zeige mir deinen Weg, Herr, gib mir auch den richtigen Ehepartner‘ – haben Sie darüber gebetet?“ Sie verneinte. Da sagte ich: „Dann laufen Sie ohne Gott in Ihr Unglück und am Schluss sagen Sie, wie kann Gott das zulassen?“
Die Frage wird sehr oft gestellt, meine Freunde, obwohl es sich nur darum handelt, dass wir unsere selbst gekochten Suppen auslöffeln müssen. Ich habe der Frau ganz hart gesagt: Es gibt ein Bibelwort, an dem keiner von Ihnen vorbeikommt. Es heißt Jeremia 2,19: „Du musst erfahren und inne werden, was es für Jammer und Herzeleid bringt, den Herrn, deinen Gott zu verlassen und ihn nicht zu fürchten.“
Wenn Sie mich fragen, welche Chancen Deutschland hat, dann antworte ich Ihnen mit diesem Satz: „Du musst erfahren“, sprich doch, Herr, „du musst erfahren, so sicher wie zweimal zwei vier ist, und inne werden, welchen Jammer und Herzeleid es bringt, den Herrn, deinen Gott, zu verlassen und ihn nicht zu fürchten.“
Und wenn über uns, gottloses Volk, die nächsten Gerichte kommen, dann werde ich jedem ins Gesicht lachen, der mich noch fragt, warum Gott das zulassen könnte.
Ich möchte Ihnen den Satz einhämmern: Jeremia 2,19 – „Du musst erfahren und inne werden, was es für Jammer und Herzeleid bringt, den Herrn, deinen Gott zu verlassen und ihn nicht zu fürchten.“
Die falsche Perspektive auf Gottes Handeln
B, ich möchte ein wenig aufräumen, verstehen Sie? Die Frage, wie Gott alles zulassen kann, ist eigentlich eine falsche Frage. Das gehört zu meiner Aufräumungsarbeit. Es ist eine ganz falsche Frage.
Wie kann Gott etwas zulassen? Da steckt ja die Vorstellung dahinter, dass es einen Gerichtssaal gibt, in dem ich auf dem Richterstuhl sitze und der lebendige Gott auf der Anklagebank. Angeklagter Gott, du bist Weltenherrscher und hast alles in den Abgrund gehen lassen – wie kommst du dazu?
Glauben Sie wirklich, dass das so funktioniert? Dass Sie auf dem Richterstuhl sitzen und Gott auf der Anklagebank? Glauben Sie das?
Da muss ich Ihnen eine nette Geschichte erzählen. Als ich ganz jung war, ein junger Pfarrer mit 27 Jahren, hatte ich noch alle Haare und war so frisch im Dienst. Ich kam nach Essen, und kaum war ich da, brach ein Bergarbeiterstreik aus. Mit gewisser Berechtigung: Die Bergarbeiter waren miserabel bezahlt, es herrschte schreckliches Elend. An jeder zweiten Ecke gab es eine Kneipe, in die sie ihr hart verdientes Geld trugen. Es waren wirklich schlimme Verhältnisse.
Mein ganzer Bezirk war ein Bergarbeiterbezirk, und dort brodelte alles. Eines Tages ging ich über einen Platz mitten in meinem Bezirk. Am Rand stand ein Seifenkistenredner auf einer Kiste. Um ihn herum versammelten sich etwa hundert Männer. Er redete und redete. Ich weiß nicht mehr genau, was er sagte. Plötzlich unterbrach er sich, erkannte mich und rief: „Ah, da drüben geht ja so eine schwarze Drossel“, so nannten sie Pfarrer damals, „komm mal her!“
Wenn ich freundlich eingeladen werde, komme ich, wenn es irgendwie möglich ist. Also ging ich zu ihm. Das war ein unvergessliches Bild: Da stand dieser Kerl, schwarz gekleidet, auf der Seifenkiste, und um mich herum die hundert Männer. Er machte mir Platz, und ich stand vor ihm.
Dann kam die ganze Bitterkeit seines Herzens zum Ausdruck. „Du, Pappe, sagst du doch, dass es einen Gott gibt.“ „Ja“, sagte ich, „Gott lebt.“ „Kannst du nicht glauben“, entgegnete er.
„Also“, sagte er, „wenn dieser Gott wirklich lebt – was ich nicht glaube – dann will ich einmal, wenn ich gestorben bin, vor seinen Thron treten. Dann will ich zu Gott sagen: Du hast zugelassen, dass Kinder verhungert sind und andere prassen und nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Du hast zugelassen, dass Tausende Menschen auf Schlachtfeldern zerfetzt wurden. Du hast zugelassen die Ungerechtigkeiten der Welt. Du hast zugelassen, dass Männer sich betrinken und ihre Frauen verprügeln. Du hast zugelassen...“ Und dann zählte er alles auf, was es an Übeln gibt. Er schloss mit den Worten: „Und dann will ich sagen: Weg mit dir, Gott!“
Als er so weit gekommen war, brüllte ich wacker mit: „Weg mit diesem Gott!“ „Na nun“, sagte er, „Sie sind doch Pfarrer.“ „Ja“, sagte ich. „Da können Sie doch nicht sagen: Weg mit diesem Gott!“ „Doch, doch“, sagte ich, „weg mit diesem Gott, das kann ich verstehen.“
Da sagte ich: „Hör mal, Herr Mensch, geh mal runter von der Kiste, lass mich mal rauf.“ Er ging runter, und ich stieg auf die Seifenkiste. Dann sagte ich: „Stell dir doch mal einen Gott vor, vor den du hintrittst und dem du die Schnauze so weit aufreißt und am Schluss sagst: Hau ab! Den Gott gibt es nicht. Den gibt es bloß in deinem Kopf. Den hast du dir eingebildet. Das sind Götzen. Alle selbstgemachten Götter sind Götzen. Einen Gott, den du anklagst und Richter gibst, den gibt es gar nicht.“
„Aber“, sagte ich von der Seifenkiste aus, „es gibt einen wirklichen, lebendigen Gott. Und du wirst einmal vor ihm stehen. Dann wird er dich fragen: ‚Wie konntest du?‘ Ich kenne dein Leben nicht“, sagte ich, „aber Gott hat zu fragen. Und dann wirst du auf tausend Fragen keine einzige Antwort geben können. Dann könnte es sein, dass Gott sagt: ‚Weg mit dir!‘“
„Und den Gott gibt es, der uns fragt, der uns anklagt und der uns wegjagen kann. Den Gott gibt es!“
Es ist eine Albernheit, wenn wir anfangen zu fragen: Wie kann Gott alles zulassen? Da zeigt sich die ganze Verrücktheit unserer Zeit, dass man Gott so harmlos gemacht hat. Vielleicht ist die Kirche daran schuld, ich weiß es nicht. Man redet immer nur vom lieben Gott. Wir sollten uns wieder vor Gott fürchten. Wir stehen alle einmal vor ihm.
Dann wird das Heimliche unseres Lebens offenbar werden. Dann kann man in die Hölle kommen. Vor diesem Gott sollten wir uns fürchten. Und dann bleibt uns die Anklage im Hals stecken.
Gottes Handeln in der Welt – eine bedrückende Wirklichkeit
Ich muss noch etwas aufräumen bei den Aufräumungsarbeiten. Aber Sie müssen jetzt Ihren Geist bei dem C auf den vierten Gang schalten. Es wird die Sache beinahe ein bisschen schwierig.
Ich habe mir lange überlegt, ob ich Ihnen das sagen soll, in so einer großen Versammlung. Sind Sie alle wach? Schläft irgendwo einer? Dann lasse ich diesen Teil fallen, sagen Sie mir das.
Sehen Sie, zu den Aufräumungsarbeiten für die ganze Geschichte, diesem ganzen Fragekomplex, gehört Folgendes: Wenn einer sagt: „Wie kann Gott das zulassen?“, dann ist das noch viel zu harmlos gefragt. Es ist nämlich so, dass Gott die Dinge nicht bloß zulässt, sondern tut. Gott tut schreckliche Dinge, wissen Sie das? Ich möchte geradezu sagen: Gott ist an allem schuld.
Passen Sie jetzt gut auf! Es war am 5. März, als es um Essen ging, der erste große schreckliche Fliegenangriff. Wir kommen aus dem Keller, ganz erschütternd, und dann brennt alles. Ich sage zu meiner Frau: „Wo kann ich mir Atem holen? Nimm die Kinder und flüchte auf einen freien Platz!“ Ich versuche zu löschen.
Ich stürze ins Haus, alles brennt. Ringsum brennen alle Häuser, alle Leute sind geflohen. Ich bin in dem Flammenmeer allein. Ich möchte meine Bücher retten, ein paar Andenken von den Kindern. Ich stürze ins Haus, drehe die Wasserleitung auf – kaputt, es kommt kein Wasser mehr.
Da stehe ich da, in meinem lieben Haus. Ich habe Wut, ich weiß nicht recht auf wen – auf die Amerikaner, auf Hitler oder auf Gott. Und dann fällt mir etwas ein. Sie kennen vielleicht das Losungsbüchlein der Brüdergemeinde, wo es für jeden Tag einen Spruch aus dem Neuen und Alten Testament gibt.
An diesem Morgen hatten wir bei der Morgenandacht die Losung gelesen. Wissen Sie, wie sie hieß? Ein Wort aus dem Propheten Amos: „Ist auch ein Unglück in der Stadt, dass doch der Herr es nicht tue.“ Herr, sage ich, du hast mein Haus angesteckt. Das ist schrecklich, aber auch beruhigend: Du darfst es.
Meine Freunde, das habe ich mal einem jungen Mann erzählt: Gott ist gar nicht so harmlos, Gott tut schreckliche Dinge. Und da sagt der Mensch: „Wenn Gott an allem schuld ist, das ist ja fein, dann ist ja Gott auch schuld, wenn ich sündige. Das ist ja herrlich, dann kann ich darauf lossündigen.“
Wenn Gott an allem schuld ist, dann habe ich gesagt: Passen Sie gut auf! Ja, mein Lieber, wenn du so schrecklich sündigst, da ist auch Gott schuld. Denn in der Bibel steht: „Weil die Menschen Gott nicht die Ehre gaben“ (Römer 1), hat Gott sie dahingegeben, zu tun, was nicht taugt – in Lüge und Streit, in den Familien, in Unzucht und in Krieg.
Dass wir sündigen müssen, ist schon Gottes Gericht. Wenn hier sündengebundene Leute sitzen, die im Streit leben mit der Nachbarin, dann bist du unter Gottes Gericht. Du musst hassen, weil du Gott nicht die Ehre gabst. Dass wir sündigen, ist schon Gottes Gericht. Man sollte erstarren darüber, nicht wahr? Gott hat sie dahingegeben.
Und wenn wir uns das klar machen, ist das Problem noch viel, viel schrecklicher. Oh Gott, du gibst uns dahin in unserer Gottlosigkeit und schweigst. Du lässt die Welt in Katastrophen versinken und schweigst. Und der Mensch lästert dich: „Du lebst ohne dich“, und du schweigst. Oh Herr, welche Finsternis!
Es ist schon eine bedrückende Frage, nicht wahr? Wie kann Gott alles zulassen? Wenn man der nachgeht, dann geht einem auf, dass Gott zu fürchten ist. Ich fürchte nicht so sehr den lebendigen Gott.
Ich sprach mit einem Journalisten mal, und dann hat er mit mir diskutiert. Da habe ich schließlich gesagt: „Ich diskutiere nicht gern, Mensch, das ist so langweilig, da kommt ja nichts raus. Sagen Sie mal ja oder nein: Haben Sie mal Angst gehabt vor Gott?“ Er sagte: „Nein, Angst vor dem lieben Gott? Wie käme ich dazu?“ Seither reden wir gar nicht weiter.
Dann kennen Sie die Wirklichkeit nicht. Es ist die Katastrophe unseres Jahrhunderts, dass wir Gott nicht mehr fürchten. Und da ruft seine Kirche von allen Kanzeln: „Vorsicht, Gott ist zu fürchten!“ Helfen Sie mit, dass alles harmlos wird.
Wir sterben alle eines Tages, wir haben nur ein Leben, und dann stehen wir vor diesem Gott ganz alleine. Da geht uns auf, was es heißt: Er hat uns da hingegeben.
Die Liebe Gottes im Kreuz – ein Licht in der Dunkelheit
Nun muss ich weiter auf unsere Frage eingehen: Wie kann Gott alles zulassen?
Um eine wirkliche Antwort zu geben, möchte ich erneut ein persönliches Erlebnis erzählen. Zunächst muss ich vorausschicken: Wenn ich die Welt überblicke, sehe ich nirgendwo Zeichen von der Liebe Gottes. Da ist eine glückliche Familie – und plötzlich wird ein Kind überfahren. Warum? Verstehen Sie, alles, was die Welt Glück nennt, steht auf so tönernen Füßen. Hat uns Gott denn überhaupt noch lieb?
Jetzt erzähle ich meine Geschichte. Es war ganz am Ende des Krieges. Noch einmal gab es einen fürchterlichen Fliegerangriff über Essen. Drei Tage später gehe ich gegen Abend über die Straße. Ich wollte eine Bibelstunde irgendwo in einem Keller halten. Dann stolpere ich über ein Mauerstück. Als ich näher hinschaue, sehe ich, dass es kein Mauerstück ist, sondern eine tote Leiche, die dort schon drei Tage liegt.
Mir fiel das Wort der Bibel ein: „Eure Leichen werden auf den Straßen liegen wie Kot.“ Ich entsetzte mich noch nicht, sondern dachte: Was hat Gott uns da hingegeben? Da kam ein Kellermann und sagte: „Finden Sie das schrecklich? Ich will Ihnen mal etwas anderes zeigen, kommen Sie mit.“ Er führte mich in den Hof eines Verwaltungsgebäudes. Dort war ein Bunker gewesen, der durch eine Luftmine verschüttet war. Alle waren tot. Man hatte an dem Tag die Leichen herausgeholt. Im Hof lagen sie – siebzig Leichen: Frauen, so verhärmte Frauen, die gar kein Interesse an Großdeutschland hatten, verstehen Sie? Frauen, die fröhlich leben wollten. Und Kinder, Kinder!
Es gibt ein Bild von Thoma, das ich immer vor Augen hatte, wo Kinder auf einer Blütenwiese um einen Baum tanzen. Doch da lagen diese verhungerten Ärmchen, erstickt, mit blauen Gesichtern. Der Mann war weggegangen, die Dunkelheit brach herein. Ich hörte nur eine Dachrinne klappern. Da überkam mich eine Verzweiflung. Können Sie das verstehen? Siebzig Leichen sah ich.
Ich sagte zu Gott: Wie kannst du das zulassen? Mein Gott, du tust das sogar – warum? Warum schweigst du? Ich kann nur sagen, wie es war. In diesem Augenblick leuchtete vor meinem Geist ein Wort der Bibel auf: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn gab, Jesus, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das Leben haben.“ (Johannes 3,16)
Auf einmal wurde mir klar: Gott schweigt. Gott ist so dunkel über der Welt, da sind Geheimnisse, die wir nicht verstehen können. Aber es gibt ein Fanal, einen Leuchtturm der Liebe Gottes, einen hellen Punkt, an dem ich Licht bekomme – das Kreuz Jesu Christi. So sehr hat Gott die Welt geliebt, diese schreckliche Welt, die nach ihm Dreck fragt, dass er seinen Sohn gab.
Da sagt jemand: „Ich will vom Christentum nichts wissen.“ Ich kann ihm nur sagen: Und für dich starb der Sohn Gottes! Da lebt jemand bis über die Ohren im Schmutz! Am Samstag ist hier Karnevalsbetrieb. Vielleicht sind Leute von Ihnen beteiligt an diesem Zirkus, an dieser Lästerung der Passionszeit und des Leidens Jesu.
Sie sollen wissen: Gott hat Sie so geliebt, dass er seinen Sohn für Sie in den Tod gab. Wenn Sie gar nichts wissen und nichts verstehen, dann können Sie das wenigstens begreifen. Mann, was muss ich von Gott geliebt sein, dass er seinen Sohn, den heiligen Sohn Gottes, Herrn Jesus, für mich in den Tod gibt!
Sehen Sie, ich kann nirgendwo die Liebe Gottes ablesen. Er tut mir auch viel Freundliches und alles, nicht wahr? Aber das geht auch vorüber. Die Liebe Gottes finde ich im Kreuz Jesu. Dort stirbt der Sohn Gottes für mich. Dort eröffnet er die Quelle, die mich reinmacht von aller Schuld. Dort ist er ein Opfer, das mich mit dem heiligen Gott versöhnt. Dort ist eine Tür in den Himmel hinein, dort ist blauer Himmel über uns und das Jesuskreuz.
Unter Jesu Kreuz kann der Zweifler, der Sündige und der Selbstgerechte stehen. Dort ist es hell, dort findest du die Liebe Gottes. Und sehen Sie, es hat keinen Sinn, dass wir kritisieren, warum Gott das und das tut. Darauf bekommen wir keine Antwort. Wir sind nicht Gottes Geheimräte.
Ich möchte Sie mitnehmen zum gekreuzigten Heiland. Wer ihn gefunden hat, fragt nicht mehr: Warum tust du das? Der ist geborgen als Kind Gottes in der Liebe Gottes. Wer durch Jesus Frieden mit Gott hat, fragt nicht mehr, sondern ist geborgen in der Liebe Gottes.
Ich diskutiere nicht mehr mit Leuten darüber, warum Gott das und das tut. Ich sage: Bekehr dich zum Herrn Jesus, such ihn, bis du ihn findest, und gib ihm dein Leben. Dann findest du Frieden, Vergebung, Gnade, Glück und Hoffnung. Dann bist du ein Kind Gottes. Und dann brauchst du nicht mehr zu fragen, warum Gott alles zulässt.
Kinder wissen nicht alles, was ihr Vater tut. Haben wir das bis hierhin verstanden, meine Freunde? Hoffentlich habe ich deutlich gesprochen. Es ist ein schweres Problem. Man müsste sieben Abende darüber reden.
Persönliche Erfahrungen mit Leid und Gottes Nähe
Aber ich möchte Ihnen doch noch zwei Dinge sagen. Sie spüren sicher, dass diese Rede heute Abend sehr persönlich gefärbt ist. Ich bin von Gott so geführt worden, dass ich manchmal in schreckliche Dunkelheiten kam. Ich habe nirgendwo Licht gefunden, außer wenn ich ins Angesicht Jesu sah und hörte von seinem Kreuz: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ So ruft es vom Kreuz Jesu.
Wenn Sie mir erlauben, muss ich noch einen Schritt weitergehen. Es gibt Menschen hier, die ganz persönlich und augenblicklich im Leid sind. Heute sagte mir ein junges Mädchen ganz verzweifelt: „Ich kann nicht weiterleben, ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr.“ Das kam so aus den Tiefen, dass ich richtig erschüttert war. Ich war ganz krank. „Ich kann nicht weiterleben.“ Vielleicht gibt es Menschen hier, die so stehen, so in Dunkelheit, und sagen: „Ich kann nicht weiterleben.“ Das war nicht nur eine alte Frau.
Wissen Sie, dass es in Westdeutschland mehr Selbstmorde als Verkehrstote gibt? Und dass über 50 dieser Selbstmorde Jugendliche unter 20 Jahren sind? Welch eine Verzweiflung lebt unter uns! Ich möchte Ihnen zeigen, welch ein Licht im Kreuz Jesu ist. Wenn Sie jetzt in der Dunkelheit sind, möchte ich Ihnen sagen: Es kommt nicht darauf an, dass Sie begreifen, warum, warum, warum. Sondern es kommt darauf an, wozu, wozu.
Das kann ich nur an einer Geschichte deutlich machen. Diese habe ich schon tausendmal erzählen dürfen, sie wurde auf sämtlichen Tonbändern aufgenommen. Aber ich muss sie einfach hier erzählen, sie gehört hierher.
Die Erfahrung von Glauben und Hoffnung trotz Leid
Eine meiner schönsten Erfahrungen als Pfarrer machte ich, als ich noch ein ganz junger Mann war. Damals hatte ich noch alle Haare auf dem Kopf. Ich wurde in einen Bergarbeiterbezirk versetzt, der schrecklich war – wirklich schrecklich! Dort war alles atheistisch. Nach und nach sammelte sich ein Kreis von Männern, die gläubig wurden. Es waren alles junge Kerle zwischen zwanzig und dreißig Jahren. Gott holte sie heraus, nicht durch das Hissen einer Fahne, nicht durch die Kreuzesfahne – trotzdem kamen die Menschen zum Glauben.
Eines Tages sagten meine Männer zu mir – wir sagten uns alle „du“ –: „Da ist in der Frillendorfer Straße einer verunglückt, auf dem Pütt, also im Bergwerk. Ihm ist ein Stein auf die Wirbelsäule gefallen. Seitdem ist er querschnittgelähmt. Oft reicht ein kleiner Schlag auf die Wirbelsäule, und dann ist man von da an gelähmt. Er heißt Amsel und ist total verzweifelt. Er wurde aus dem Krankenhaus entlassen, ist gelähmt. Geh mal zu ihm!“
Also ging ich zu Amsel. So ein lustiger Name, nicht wahr? Aber er heißt nicht mehr Amsel, er ist jetzt im Himmel, und ich darf ruhig von ihm erzählen. Ich gehe zu ihm und komme in die Bude rein – und da ist die Hölle. Er sitzt in so einem Fahrstuhl, um ihn herum seine Kumpels, Karten, Fluchen, Lärm, Schnaps. Als ich reinkomme, ist er ganz still. Dann geht es los: „Die schwarze Drossel!“ Dabei hatte ich einen hellen Regenmantel an und blonde Haare, aber das war egal – ich war die schwarze Drossel. Wenn das Herz schwarz ist, ist das die Hauptsache nicht. Da ist die schwarze Drossel.
Dann lächelt der Verunglückte los. Ich sehe noch so einen großen, starken Mann sagen: „Ach du verdammter Pfaffe, wo war denn dein Gott, als mir der Stein auf den Rücken fiel? Hm, wenn es einen Gott gäbe, wie kann er so etwas zulassen? Dir geht’s gut! Wenn es einen Gott gäbe, warum haut er so einen armen Mann noch so hart?“
Es war so schrecklich, ich bekam kein Wort heraus. Manchmal sieht man plötzlich, wie die Hölle hier schon beginnt – eine Welt ohne Gott, die Verzweiflung, die pure Verzweiflung. Mir liefen nur die Tränen übers Gesicht. Ich ging wieder raus und sagte am nächsten Tag meinen Kumpels: „Kinder, da kann man nichts machen.“ Da schlug mir so eine Feindschaft entgegen, ich war ohnmächtig.
Aber die Kumpels hatten so eine raue und herzliche Methode. Sie wurden so ein kleines Sählchen. Dort hatte ich meine Bibelstunde. Als ich am Montag darauf in die Bibelstunde kam, war es rammelvoll, so ein Lüftchen war da drin. Ich sah sie an, und da stand der Fahrstuhl mit Amsel direkt vor meiner Nase. Die hatten ihn einfach geholt, ich weiß nicht, ob sie ihn gefragt hatten, einfach ran: „Mensch, hier die Bibelstunde.“ Und da saß er vor mir, mit einem Gesicht, als wenn er mich fressen wollte.
An diesem Abend hatte ich diesen Text: „So sehr hat Gott die Welt geliebt.“ Nicht, dass er uns Schwere erspart, nicht, dass er uns nicht die Früchte unserer Sünde essen lässt, sondern so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn gab. Wenn ihr in der Dunkelheit Licht sucht: Jesus, der Sohn Gottes, der am Kreuz für uns starb und unsere Sünden zu Gottes Kindern macht, uns mit Gott versöhnt, uns loskauft von Welt, Teufel und Hölle. Und ob unsere Sünden blutrot sind – hier ist Vergebung. Bei Jesus gibt es Vergebung für Berge von Sünde. Er ist auferstanden von den Toten und ist jetzt in unserem dreckigen Sälchen hier.
Montag für Montag saß Amsel in seinem Fahrstuhl vor mir. Es war erstaunlich, wie sich von Mal zu Mal sein Gesicht änderte. Aus dem gesichtsvollen Hass wurde allmählich ein horchendes und eines Tages ein friedvolles Gesicht. Das ist eine lange Geschichte, wie er mit einem Freund zusammen unter Jesu Kreuz ging, betete, seine Sünden bekannte und glaubte: „Ich bin angenommen von Jesus.“ Jesus nimmt die Sünde an. Mich hat er auch angenommen, mir den Himmel aufgetan, damit ich selig zu ihm komme. Ein Friede lag darüber.
Kurz nachdem er vom Bestatten weg war, bekam er noch so ein Siedlungshäuschen. Bald ging er in die Ewigkeit. Ich besuchte ihn noch einmal. Das ist mir so unvergesslich: Er stand auf der Straße im Sonnenschein, da war so ein Stüfchen, ein Treppchen. Ich setzte mich daneben. Er sagte: „Amsel, wie geht’s?“ „Oh“, sagt er, „wunderbar, wunderbar. Mensch, seit Jesus in meiner Familie ist, ist jeder Tag wie ein Tag vor Weihnachten.“ Schön ausgedrückt: Jeder Tag ist wie ein Tag vor Weihnachten. Seit ich Frieden mit Gott habe, Busch, da lacht mich die ganze Welt an.“
Dann kam der schöne Satz: „Da lachen mich sogar die Pflastersteine an.“ Und dann sagt er: „Weißt du, ich fühle, ich lebe nicht mehr lang. Der Tod sitzt in mir. Und wenn ich dann in die Ewigkeit komme, dann will ich vor Gottes Thron niederfallen und anbeten und sagen: ‚Ich danke dir, dass du mir die Wirbelsäule kaputtgeschlagen hast.‘“
„Amsel“, sage ich, „bist du wahnsinnig? Wie kannst du so etwas sagen?“ Da sagt er: „Ich bin nicht verrückt, ich bin ganz nüchtern. Mein lieber Mann, Gott hat mich oft gerufen, ich habe nicht gehört. Ich wäre weitergelaufen bis in die Hölle ohne Gott. Da hat er eingegriffen und mich gelähmt. So fand ich Jesus, die Liebe Gottes, die Vergebung meiner Schuld und Frieden mit Gott. Mann, sonst wäre ich in die Hölle gelaufen.“
Dann kam ein Satz, den ich nie vergesse: „Busch“, sagte er – wir sagten uns „du“ –, „besser gelähmt in den Himmel gehen, als mit zwei gesunden Beinen in die Hölle springen.“ Das war nicht theoretisch, da saß der gelähmte Mann. „Besser gelähmt in den Himmel gehen, als mit zwei gesunden Beinen in die Hölle springen.“
Ich war so erschüttert. Ich saß auf der Straße, auf der laut lärmenden Straße neben ihm. Ich sagte: „Amsel, Amsel, Gott hat dich in die Schule genommen. Und du hast gelernt: Solange einer bloß fragt, wie kann Gott das zulassen, hat er gar nichts gelernt, hat in Gottes Schule nichts gelernt. Amsel, du hast in Gottes Schule gelernt, wozu das Leid kam: dass er dich zum Sohn zieht.“
Der Vater zog ihn zum Sohn, zu Jesus, und so wurde er ein gerettetes Kind Gottes. Bald mit Lieben, bald mit Leiden kamst du her, mein Gott, zu mir, dir mein Herz zu bereiten, ganz mich zu ergeben dir. Wir sind alle irgendwie in der Schule Gottes. Lernen wir, uns zum Sohn ziehen zu lassen, zu Jesus, zu unserem Heiland, damit der Sinn alles Dunkle wird.
Die Hoffnung des ewigen Lebens und der Trost des Glaubens
Und nun schließe ich damit, dass ich sage: Wenn Sie ein Kind Gottes geworden sind, drücken Sie all die Schwierigkeiten nicht mehr so sehr, weil Sie eine lebendige Hoffnung auf das ewige Leben haben.
Also wenn es richtig schlimm kommt, denke ich mir: Mensch, ich bleibe ja hier nicht. Ich gehe in den Himmel. Und wenn ich das sage, steht jedes Mal jemand auf und sagt: „Ach, da kommt es raus, die Pfarrer wollen die Leute auf den Himmel vertrösten.“
Ich kam einmal in so eine Kneipe in meinem Bezirk, da waren sie auch am Trinken. Und da sagt einer zum Pastor: „Den Himmel überlassen wir Ihnen, den Schwarzen.“ Dieser Satz stammt von Heinrich Heine, aus dem Wintermärchen. Da sage ich: „Das ist nett von Ihnen, aber warum können Sie mir das überlassen, was Ihnen gar nicht gehört? Meines Wissens haben Sie gar keinen Platz im Himmel, den Sie mir überlassen könnten. Wenn ich recht sehe, sind Sie auf dem Weg in die Hölle. Warum können Sie mir den Himmel überlassen?“
Da sagt er: „Ja, die Pfarrer vertrösten doch die Leute auf den Himmel, tun die das? Also ich nicht.“
Ich will Ihnen sagen: Solange Sie so fern von Gott leben, geht Ihr Weg dahin, wo Gott nicht mehr hinsieht – das ist die Verlorenheit. Und ich bitte Sie, kehren Sie um! Gott hat Sie lieb, er hat seinen Sohn gesandt und erklärt Ihnen das. Nein, ich möchte nicht unbekehrte Leute auf den Himmel vertrösten, daran denke ich nicht. Aber die, die Jesus angehören, die haben eine gewisse Hoffnung auf das ewige Leben.
Und dann fragen sie nicht mehr lange: „Herr, warum, warum, wieso kannst du alles zulassen? Warum hast du immer meine Söhne genommen?“ Ich wache darauf, er wird mir in ein paar Jahren sagen, wenn ich vor ihm stehe, warum er es getan hat.
Darum schließe ich meinen Vortrag mit den Worten von Paul Gerhardt, und ich möchte, dass Sie sie nachsprechen:
„So will ich zwar nun treiben mein Wesen durch die Welt, doch denke ich nicht zu bleiben in diesem Armenzelt. Ich wandere meine Straße, die zu der Heimat führt, wo mich ohne alles Maß mein Vater trösten wird.“