Ich habe in diesen drei Bibelarbeiten jeweils nur einen Vers herausgenommen. Bei den Sprüchen könnte man auch ganze Themen entfalten, aber es lohnt sich, einmal über diese einzelne Sache nachzudenken.
Sie haben an dieser Stelle gegenüber mir sicher viele Vorzüge, denn ich bin ein Mensch, der kaum Geduld hat. Deshalb freue ich mich, dass Sie so geduldig sind und diese Geduld so schön praktizieren können. Das ist eine ganz praktische Sache, wie wir diese Geduld lernen.
Gerade haben wir ein schönes Lied für das Geburtstagskind gesungen, ein Lied vom Herrn, der mich festhält. Eine starke Frau, Helga Winkel, eine Diakonisse aus Eidlingen, hat uns dieses Lied geschenkt. Unsere Freude war riesengroß, dass dieses Lied sogar im evangelischen Kirchengesangbuch aufgenommen wurde.
Die Bedeutung von Geduld und das Lied der Helga Winkel
Das ist in der Landeskirche eine Sensation, wenn ein Lied deutlich die Liebe zu Jesus zum Ausdruck bringt. Doch Helga Winkel empfindet dabei einen großen Schmerz. Das Lied wurde nämlich geändert, ohne die Autorin vorher zu fragen.
Wir haben diese Tatsache in dem Büchlein über die Liederdichterin festgehalten, denn die Feministinnen haben natürlich dafür gesorgt, dass es so nicht bleiben konnte. Dabei sind es nicht nur die Feministinnen, sondern auch männliche Feministen, die es ja ebenfalls gibt.
Im zweiten Vers des Liedes heißt es jetzt im Gesangbuch anders als das, was wir ursprünglich gesungen haben: "Weil du für mich das Lamm geworden bist, vertraue ich still, weil ich durch dich dem Tod entrissen ward bin." Dort steht nun: "Präaktiv in mich, Herr, deines Leidens Sinn."
Es ist gut, dass wir ans Kreuz denken und den Leidensweg von Jesus bedenken. Doch die Lammesart wurde aus dem Lied entfernt, und das war Helga Winkel sehr wichtig.
Ihr habt es neulich auch so praktiziert, als im Gottesdienst gesungen wurde, in dem ich gepredigt habe. Ich singe laut den Originaltext von Helga Winkel, denn die Lammesart hängt mit unserer Geduld zusammen. Jesus hat gesagt, dass wir die Art des Lammes haben sollen.
Heute sagen die Feministen hingegen: "Ich will stark sein und die Männer auf den Rücken werfen." Das ist ja gut, denn wir Männer sind ja ganz schwach – das wissen Sie nur nicht. Aber nein, Herr, Deine Lammesart ist ganz wichtig. Wir wollen wie Schafe mitten unter die Wölfe sein.
Es ist sehr interessant, dass wir auch auf solche Details achten. Das gehört zu unserem Thema heute Abend.
Nun schlagen wir noch einmal Sprüche 16, Vers 32 auf, denn das geht ja noch weiter:
"Sprüche 16,32: Ein Geduldiger ist besser als ein Starker, und wer sich selbst beherrscht, besser als einer, der Städte gewinnt."
Weisheit und Stärke im Vergleich zur Geduld
Da steht in der Vergleichsstelle unten noch Kapitel 14, Vers 29: „Wer geduldig ist, der ist weise; wer aber ungeduldig ist, offenbart seine Torheit.“ Torheit ist in der Bibel etwas ganz Furchtbar Blödes und Dummes. Das ist das Allerschlimmste, eine Torheit in Israel – das war verrückt, wie man so dumm und blöde sein kann. Und wer nicht geduldig ist, der offenbart seine Torheit.
Nun habe ich von Jugend an in der Bibel immer besonders die Starken bewundert. Das sind ja so richtig große Leute. Auf Ihrer IDEa-Ausgabe, die Sie in Ihrem Postfach hatten, ist hinterher auch ein toller Bericht über Selbstverteidigung erschienen. Es ist ja gut, dass Schwache stark werden. Und so toll, bequellen wir immer wieder, wenn unsere Sportler da sind, die also blühend aussehen und die Klavier von einem Raum zum anderen tragen, wie der Simson – herrlich!
Und wie haben wir den David bewundert als Kinder! Mensch, der hat mit der Schleuder den Riesen Goliath besiegt. Aber was ist denn das mit der Geduld? Bei uns wirkt Geduld immer, als wenn jemand phlegmatisch ist. Sie wissen, was ein Phlegma ist: so eine Kaugummifigur, die ganz weich ist und überall hingeschoben wird, aber da ist gar nichts drin von einer Entschlossenheit, etwas anzupacken und etwas zu tun.
Das Schwachsein spielt in der Bibel eine große Rolle – das Schwachsein. Wir haben ja heute wieder so viele Athleten für Christus. Ich meine jetzt nicht die Bodybuilder, sondern Leute, die für Christus ganz große Taten tun wollen. Fast ist es eine Kinderkrankheit des Glaubens, wenn man zum Glauben kommt: Man will für Jesus so richtig ganz groß herauskommen.
Ich habe immer große Sorge, ob die das wissen, dass das ein ganz großes Problem ist – mit dem Starkseinwollen, mit dem Großseinwollen, weil man, ehe man sich versieht, auf dem Boden liegt.
Die Herausforderung der Geduld im Glaubensleben
Was ist hier mit der Geduld gemeint? Was ist mit der Geduld gemeint, die wir lernen müssen? Ich werde das heute Abend an einigen Stellen noch einmal ausführlich erklären. Der Herr schenkt uns an vielen Stellen im Glauben die Siege nicht so schnell.
Es ist etwas Wunderbares, wenn jemand sagt: „Ich erlebe ständig Siege. Wo ich hinkomme, sind die Hallen überfüllt. Bei mir bekehren sich viele Menschen, und ich habe große Erfolge. Wenn ich bete, werden alle gesund, sie stehen auf und werfen ihre Krücken weg.“
Andere wiederum sagen: „Ich bete schon 25 Jahre für meine Enkelkinder und Kinder, aber sie bekehren sich nicht. Was stimmt bei mir nicht? Dringt mein Gebet nicht durch?“
Ein weiterer berichtet: „Gerade in der Krankheitsnot hat mir der Herr eine Last auferlegt. Ich muss durch die Welt humpeln, weil Gott mir diese Krankheit gegeben hat.“
Einer, der am meisten über Schwachheit nachgedacht hat, war der Apostel Paulus. Er sagt: „Wenn ich schwach bin, bin ich stark.“ Ich denke immer wieder darüber nach, wie schwer das für Paulus gewesen sein muss, als er seinen treuen Mitarbeiter Trophimus krank in Milet zurückließ. Warum hat Paulus nicht gebetet? Warum hat er ihm nicht die Hände aufgelegt? Er hat alles versucht, aber nichts ist passiert. Hat er nicht richtig geglaubt? Doch, das hat er.
Paulus selbst hatte einen „Pfahl im Fleisch“ – nicht nur eine kleine Schwäche, sondern einen richtigen, schmerzhaften Pfahl. So, als ob er sich an einem Gartenzaun festhält und dabei richtig Schmerzen hat.
Harren als Ausdruck der Geduld im Glauben
Der Herr hat zu mir gesagt: Lasst euch in meiner Gnade genügen. Was ist denn das Wort, das zu dem Schwachen gehört, wenn sie auf Hilfe warten? Dieses Wort kommt in der Bibel ganz oft vor – es ist das Wort „Harren“.
Die gottlosen Leute sagen ja, auf „Harren“ reimt sich natürlich nur „Narren“. Das ist klar, eine gottlose Welt versteht es nicht. Aber im Glauben ist das ein ganz wichtiges Wort. Wir singen nachher: „Keiner wird zu Schanden, welcher Gottes harrt.“ Das bedeutet, derjenige, der in Geduld auf die Antwort Gottes wartet, wird nicht enttäuscht.
Wir hätten auch genauso gut ein anderes schönes Lied singen können, das jetzt in diese Tage hineinpasst – zwischen Totensonntag und dem ersten Advent. Es ist ein Lied unseres schwäbischen Landsmanns Philipp Friedrich Hiller. Wir Schwaben können da nicht viel weiter denken als er.
Besonders haben wir es in unser Herz geschlossen: „Wir warten dein, o Gottes Sohn, und lieben dein Erscheinen. Wir wissen dich auf deinem Thron.“ Und da heißt es: „Wir warten deiner in unseren Leidenstagen.“ Das heißt in unseren 363 Tagen. Wenn man da schnell einen Blick hineinwirft, findet man tolle Lieder von der Geduld darin. Das hat mich sehr fasziniert.
„Wir warten deiner mit Geduld in unseren Leidenstagen“ – wir trösten uns damit, dass du die Schuld am Kreuz getragen hast. So wollen wir nun gern mit dir auch zum Kreuz gehen, bis du es wegnehmen wirst. Wir tragen unsere Lasten und freuen uns.
Das ist ganz interessant: Die Geduld lebt von der großen Hoffnung auf den wiederkommenden Herrn Jesus. Wir haben eine große Zukunft. Wir wissen auch, dass die Dinge, die uns der Herr jetzt in dieser Welt nicht abnimmt, er einmal lösen wird.
Wir wissen, dass Jesus’ Sieg ewig ausgemacht ist, auch wenn der Teufel noch so sehr triumphiert in unserer Welt. Und wenn wir meinen, als ob alles verloren sei, hat Jesus das Heft in der Hand. Das ist so groß und wunderbar.
Paulus hat diesen Gedanken immer wieder aufgenommen und uns groß gemacht durch die Geduld. Das kommt zum Beispiel vor, wenn wir heute noch ein bisschen durch die Bibel wandern, etwa in Römer 15. Dort ist das wunderbar beschrieben.
Geduld und Hoffnung in der Schrift
Römer 15,4 und 15,5 nehmen das noch einmal auf: „Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben.“
Die Geduld lebt davon, dass wir wissen, dass der Herr das in seinem großen Plan zum Sieg führen wird. An diesem Tag werden wir ihn nicht tadeln, warum er uns so lange warten lassen hat.
Es geht dann weiter: „Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander in Christus.“ Die Geduld ist ein Erkennungszeichen eines gläubigen Christen. Sie zeigt, dass er warten kann, auch in den Leidenstagen, wie es hier Hiller in seinem Lied beschrieben hat. Das ist ganz wichtig und gehört dazu.
Das Harren kommt in der Bibel an verschiedenen Stellen vor. Da heißt es zum Beispiel: „Ich habe mich müde geschrien, weil ich so lange harren muss auf meinen Gott.“ Das ist auch ganz toll. Die Psalmen, das hat mein Bruder Wörz mir einmal erklärt, werden heute in der Gemeinde oft auf eine bestimmte Art von Liedern verengt, wenn es um Lobpreis geht.
In den Psalmen sind aber alle Arten von Liedern enthalten – auch die Klagelieder. Sie sind dennoch als „Lobpreis Gottes“ überschrieben. So heißt es zum Beispiel: „Aus der Tiefe rufe ich herzlich den Lobpreis Gottes.“ Das wollen wir nicht so verengen. In der Bibel sind die großen Weisen alle Teil des Liedguts. Ein Lobpreis Gottes ist auch ein Klagelied.
Es heißt: „Aber keiner wird zu Schanden, der deiner harrt.“ Was ist denn dieses Harren? Es ist das lang andauernde Warten, bis ich Gott habe.
Ich gebe ein wunderbares Bild, das mir einmal jemand geprägt hat: der Jäger auf der Pirsch. Er sitzt da oben auf seinem Hochsitz eine Stunde, zwei Stunden, drei Stunden. Aber er sagt sich: Die Beute kriege ich noch.
Schade, dass er die armen Rehe totschießt – dafür bin ich nicht. Ich möchte später keinen Ärger mit ihnen haben. Aber das Bild möchte ich behalten: das Warten, das zielgerichtete Warten. Der Jäger sitzt da und sagt: Das möchte ich kriegen.
Das Warten im Glauben ist wichtig.
Geduld in Anfechtungen und im Glaubensalltag
Im Jakobusbrief kommt zweimal das Schöne von der Geduld vor. Wenn man den Jakobusbrief aufschlägt, nach dem Hebräerbrief, beginnt er gleich mit den Worten: „Meine lieben Brüder, erachtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallt“ (Jakobus 1,2).
Hoppla, Freude! Anfechtung ist für viele eine große Trübung des Glaubens. Anfechtung ist immer so, als ob jemand mit dem Fahrrad einen Berg hinunterrast und jemand wirft einen Stock zwischen die Speichen – man stürzt. Anfechtung wirft uns zu Boden.
Aber Jakob spricht uns an und sagt: Nein, die Anfechtungen unseres Glaubens sind ganz toll. Wisst, dass euer Glaube, wenn er bewährt ist, Geduld hervorbringt. Und das kommt nur durch diese Anfechtungen, die wir durchleiden. Wichtig ist, dass wir die Anfechtungen so erleben, dass wir wirklich ein geduldiges Wesen bekommen. Die Geduld aber soll ihr Werk tun bis ans Ende, damit ihr vollkommen und unversehrt seid und kein Mangel an euch ist.
Das ist ganz wichtig. Wir müssen geduldige Menschen werden, Menschen des Glaubens und der Geduld.
Jetzt schlagen wir gleich nochmal Jakobus auf, Kapitel 5, da kommt es noch einmal vor. Dort heißt es: „Seid nun geduldig, liebe Brüder, bis zum Kommen des Herrn“ (Jakobus 5,7-8). Wenn man den Zusammenhang ansieht, merkt man, dass Jakob vor Selbstsicherheit geradezu schwärmt – vor der Selbstsicherheit, wo man plant, was man in der Zukunft alles machen will.
Das ist schön beschrieben in Kapitel 4: „Heute oder morgen wollen wir in die Stadt gehen und Handel treiben, Gewinn machen. Wisst ihr, was ihr morgen seid? Ein Rauch seid ihr, eine kleine Zeit bleibt. Was ist euer Leben? Ein Dampf, der vergeht, ganz kurz“ (Jakobus 4,13-14).
Dann kommt es in Vers 7: „So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis zum Kommen des Herrn. Habt die große Blickrichtung, dass Christus sein Reich vollendet. Wisst, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig.“
Das ist ein tolles Bild. Jesus hat ja auch oft vom Wachstum und vom Langsamen gesprochen. Wenn man jeden Tag in die Pflanze, die man gesät hat, schaut, wie weit sie ist, geht sie kaputt. Man muss warten und sagen: Jetzt warten wir mal bis zum Frühling und Sommer, bis sie reift, bis sie den Frühregen und Spätregen empfängt.
Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen, denn das Kommen des Herrn ist nahe. Seid nicht ungeduldig untereinander, liebe Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet. Nehmt als Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die geredet haben, obwohl sie gar keine Frucht in ihrem Leben gesehen haben. Das ist ganz wichtig.
Geduld gegen den Machbarkeitswahn und in der Erziehung
Wissen Sie, gegen was er sich besonders richtet? Wir leben heute in einer Zeit des Machbarkeitswahns. Dieser Machbarkeitswahn hat inzwischen auch Einzug gehalten in die Gemeinde Jesu. Dort glaubt man, man könne alles machen und organisieren. Man verfügt über Methoden. Gemeindewachstum – das klappt sowieso.
Ich möchte gar nicht mehr sagen: Warten wir mal ab, was in 30 Jahren daraus geworden ist. In der Bibel steht es anders. Das merken Sie auch. Es wäre so schön, wenn Sie es könnten: Ihre Kinder und Enkel so erziehen, dass sie alle wunderbare Engel würden und dem Herrn Jesus dienen. Doch wir merken, wer einmal Kinder zur Verantwortung hat, der ist völlig machtlos. Man staunt, wenn der Herr überhaupt etwas gelingen lässt. Aber machen kann man es nicht.
Vor ein paar Tagen habe ich auf einer Pädagogenversammlung auf dem Bernhäuser Forst gesprochen. Es ging um Erziehung, und die Teilnehmer wollten wissen, wie das in der Geschichte der pietistischen Väter war. Das ist ja so wunderbar, wenn man es sieht. Die haben immer gesagt: Wenn es auf uns ankäme, dann wollten wir gar nie Lehrer werden, denn wir können es gar nicht. Man kann nur für seine Kinder beten und den Kindern und dem Herrn groß machen. Dann musste Herr Jesus das selber machen.
Das ist so wichtig. Deshalb ist auch Geduld so wichtig, weil sie dem Machbarkeitswahn entgegenkommt. Es gibt auch kein Rezept für die Krisen unseres Lebens, mit dem man alles wegkriegen kann. Es ist ja gut, dass es ein Kochbuch gibt. Aber in den anderen wichtigen Lebensfragen gibt es eben keine Rezepte, die immer wirksam sind und mit denen alles funktioniert.
Das gilt ganz besonders auch für unser neues Christenleben. Wenn wir anfangen, uns für Jesus zu entscheiden und Jesus in unser Herz aufnehmen, dann sind wir begeistert. Junge Christen brennen vor lauter Freude und Hingabe. Manchmal nehmen sie den Mund ganz schön voll, wie toll das jetzt alles ist, wie groß sie sind und dass sie gar kein Verlangen mehr zur Sünde haben.
Warte mal ab! Das Allerschwerste ist, wenn man so alt wird wie ich zum Beispiel und dann merkt, wie tief man noch in der Sünde steckt und wie wenig man von der Heiligung durch Jesus ergriffen hat. Da kann man ganz schrecklich ungeduldig werden, wenn man immer wieder merkt, dass alte böse Dinge im Herzen noch drin sitzen. Das ist ganz schlimm.
Es wäre gut, wenn man sich noch über sich selbst ärgern kann – nicht nur über die anderen –, sondern sagt: Ich bin eigentlich traurig, dass ich das so wenig umgesetzt habe. Schlimm ist es, wenn wir heucheln, vor anderen so tun und den Schein erwecken, als ob wir das alles schon ergriffen hätten.
Da freue ich mich immer wieder, dass Paulus in seinen Briefen das so klar gesagt hat: Nicht dass ich es schon ergriffen habe oder vollkommen sei, ich jage ihm nach (Philipper 3,12). Wir wollen diese Geduld auch haben, aber auch den Eifer, dass wir immer näher an die Kraft von Jesus Christus herankommen.
Paulus hat es ja im Römerbrief so klar gesagt, wie mächtig die Sünde in unserem Leben ist (Römer 7,14-25). Ich bedauere auch sehr, dass in vielen evangelikalen Gemeinden nicht mehr über die Not der Sünde gesprochen wird. Diese Not bleibt bis zu unserer Sterbestunde und im Alter zeigt sie sich oft noch viel schlimmer. Sie tritt hervor als Wesensart: unser Trotz, unser Eigensinn, unsere Überempfindlichkeit, Wehleidigkeit, was wir alles haben – unsere Ichsucht und so weiter –, die wir nie unter die Füße bekommen haben.
Hoffnung und Geduld im Kampf gegen die Sünde
Paulus schreibt im Römerbrief Kapitel 8 sehr eindrücklich. In Vers 25 heißt es: „Ihr aber, die ihr auf das wartet, was ihr nicht seht, seid geduldig.“ Sie kennen sicherlich das schöne Kapitel, in dem es heißt, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. Wir sind auf Hoffnung gerettet. Diese Hoffnung ist eine feste Sache.
Jesus ist für uns am Kreuz gestorben, aber eines Tages werden wir ihn in der Ewigkeit mit einem neuen Leib haben, einem Leib, in dem es kein Leid und kein Geschrei mehr gibt. Wir leben heute auf Hoffnung, aber deshalb seufzen wir noch in diesem alten Leib, in dem wir leben müssen. Dieses Seufzen begleitet uns, und dazu braucht es viel, viel Geduld.
Warum betone ich das so ausdrücklich? Weil es sehr wichtig ist, dass wir Menschen großer Geduld sind, auch im Umgang mit schwachen Christen in der Gemeinde. Man kann natürlich klare Prinzipien haben und sagen: „Bei uns herrschen klare Missstände.“ Aber eigentlich herrschen da Zustände. Wir bekämpfen alle Missstände mit Nachdruck und Stil; wir sind ganz klar dagegen. Dennoch müssen wir geduldig sein.
Diese Geduld betrifft unsere jungen Leute und die, die die ersten Schritte im Glauben gehen. Wenn jemand einmal fällt, was hat der Apostel Paulus dazu empfohlen? Wenn jemand wieder in die Sünde fällt, dann ist Gemeindeausschluss nicht die erste Lösung. Paulus sagt vielmehr: „Wenn jemand von einem Fehler übereilt wird, helft ihm wieder zurecht, ihr, die ihr geistlich seid.“ Ihr habt den Geist Jesu.
Und woher kommt dieser Geist Jesu? Weil unser Herr Jesus mit uns so ungeheuer geduldig ist. Das zeigt sich schon im zweiten Buch Mose, Kapitel 34, nach dem Vorfall mit dem goldenen Kalb. Dort heißt es: „Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Geduld.“ Bei keinem Menschen findet man solche Geduld wie bei Gott. Er ist das große Vorbild in Geduld.
Gott will nicht, dass Menschen verloren gehen. In Römer 2 wird betont, dass Gott in Geduld auf die Umkehr wartet – auf die Umkehr einer sündigen Welt und seiner sündigen Gemeinde. Auch in Römer 15 wird Gott als „Gott aller Geduld“ bezeichnet.
Man muss es selbst erleben, wie Gott mit unendlicher Geduld im eigenen Leben nachgeht. Wie er so viel in Barmherzigkeit übersehen hat, in der großen Hoffnung auf eine grundlegende Buße, Umkehr und Erneuerung. Deshalb soll uns diese Art von Jesus, die Lammesart, prägen. Wir sollen auch die Geduld Jesu nachahmen – warten können und ausharren.
Was ich sehr schön finde, ist, wenn ich immer wieder Christen treffe, die sagen: „Wenn ihr wüsstet, wie ich für meine Kinder bete! Ich bin alt geworden und sehe kein Ergebnis.“ Doch ich kann ihnen sagen: Das Gebet wird nicht vergeblich sein. Wie viele Menschen habe ich erlebt, die sich erst nach der Beerdigung ihrer Mutter bekehrt haben.
Vielleicht liegt das oft an der Ablösung oder am Vorbild, oder an anderen Gründen. Doch das Warten können, das Schweigen und das Vertrauen darauf, dass Gott alles weiß, ist so wichtig. Man kann einfach nur noch beten und geduldig sein.
Das ist auch schön im Jakobusbrief beschrieben, mit dem Beispiel vom Bauern, der wartet, bis die Frucht aufgeht. Wir säen eine Saat und wissen, dass sie irgendwo aufgehen wird. Das gilt auch für unsere Liebeswerke, die wir tun. Oft sehen wir nicht, wie es weitergeht, aber wir vertrauen dem Herrn. Aus unserer Saat wird Frucht wachsen.
Auch in unseren Diensten der Liebe, in der Erziehung und allem, was wir in der Gemeinde tun – sei es in der Kindergruppe oder in der Jungschararbeit – säen wir auf Hoffnung. Denn wir wissen: Jesus kann aus diesen kleinen Samenkörnern ganz große Frucht bringen.
Das Gleichnis der selbst wachsenden Saat als Bild für Geduld
Da ist mir ein Gleichnis in der Bibel immer eine große Hilfe für diese Geduld, und das ist das Gleichnis, das man in der Lutherbibel als das Gleichnis von der selbst wachsenden Saat bezeichnet. Das ist ein etwas unglücklicher Begriff, selbst wachsende Saat, aber Sie kennen ja das Gleichnis. Es steht in Markus 4, schauen wir uns das einmal genau an.
Markus 4 enthält ein ganz wunderbares Gleichnis, das nur im Markus-Evangelium vorkommt. Es gibt ja nur wenige Stellen, die ausschließlich dort zu finden sind. Die selbst wachsende Saat gehört dazu. Bei mir heißt es „Vom Wachsen der Saat“. Dort sagt Jesus, dass das Reich Gottes, das Kommen seines Reiches in dieser Welt, ist wie ein Bauer, der Samen aufs Land wirft. Was macht er jetzt? Er steht nicht Tag und Nacht mit der Taschenlampe da und schaut, ob es wächst. Stattdessen legt er sich schlafen, die Zeit vergeht, und nach ein paar Monaten fällt er aufs Feld und sieht, dass die Saat gewachsen ist.
So ist es auch mit der Saat des Reiches Gottes. Man kann nicht ständig hinterher sein. Am schlimmsten ist es, wenn wir alles statistisch messen wollen. Das überlässt man besser dem Herrn, wie er wachsen lässt. Im Gleichnis steht nämlich: „Er schläft und steht auf, Tag und Nacht, und der Same geht auf und wächst, er weiß nicht wie.“ Im griechischen Urtext der Bibel steht das Wort „automate“, was so viel bedeutet wie fast automatisch, ganz von selbst. Es ist ein technisches Wort, und das macht es zu einem gefährlichen Begriff, aber es kann Ihnen ein Trost sein für die Geduld Gottes.
Der Bruder Wörzel hat das schön in Bezug auf die Mission gesagt. Die Missionsgeschichte ist ein wunderbares Beispiel dafür. Dort ist nichts von Machbarkeit zu spüren. Es gibt immer wieder ein paar Spinner, die das meinen, aber mit denen wollen wir nichts zu tun haben. Die richtige Missionsarbeit geschieht in großer Demut und Bescheidenheit. Schwache Menschen, die ihre Grenzen kennen, gehen hinaus und tun das Gleiche, was wir hier tun: Kranke besuchen, in der Gemeinde mitwirken und Zeugnis für den Herrn sein.
Viele sind frustriert, weil sie keine Erfolgsberichte für ihre Heimat schreiben können. Zum Glück können sie das nicht, denn das wäre furchtbar. Wenn wir uns noch mit Erfolgen brüsten würden, könnte uns der Herr nicht mehr segnen. Doch dann sieht man oft gar nichts. Stellen Sie sich vor, Hudson Taylor hätte erlebt, was in China geschehen ist: 70 Millionen Jesusjünger mit der Bibel in der Hand, mehr gläubige Jesusleute als in Nordamerika. Das alles in China, im kommunistischen China, wo keine Religionsfreiheit herrscht, und das, nachdem die Kulturrevolution alles zu zerstören suchte.
Wie ist das möglich? Das Wort ist aufgegangen. So ein starkes Wachstum hat es in der Kirchengeschichte noch nie gegeben. Ähnliches erleben wir heute in islamischen Ländern. Es ist ein Geheimnis. Auf der Insel Java in Indonesien bekehren sich jedes Jahr etwa 30 Muslime und werden Jesusjünger, obwohl sie ein Martyrium durchleiden, aus der Familie ausgestoßen werden und ihren Job verlieren – alles wegen ihres Glaubens.
Aber das Wort wächst. Und ich sage immer: Wenn wir lernen wollen, wie das geht, wie das in unseren Gemeinden geschieht – denn wir leiden ja alle unter der Schwindsucht unserer Versammlungen, aus denen wir oft kommen –, dann ist unser Gebet: Herr, lass uns wieder so treu sein im Hören und Aussprechen deines Wortes.
Geduld im Missionsdienst und im langen Atem
Bali ist eine herrliche Insel, das wissen Sie ja aus dem Tourismus. Andererseits ist es eine seltsame Insel, denn in jedem Haus befindet sich ein Hindu-Tempel. Es ist überhaupt rätselhaft, dass mitten in Ostasien Hinduismus existiert. Das ist hochinteressant, denn man hat das eigentlich nie richtig geklärt. Die Umgebung ist größtenteils muslimisch. Indonesien ist die größte muslimische Nation, und die balinesische Insel liegt in muslimischem Indonesien, das zu 83 Prozent muslimisch ist. Dennoch gibt es auf Bali viele Hindu-Tempel mit allen Göttern.
Dort traf ich im Bali Beach Hotel einen evangelischen Gottesdienst. Ich habe nicht in diesem teuren Hotel gewohnt, aber dort fanden evangelische Gottesdienste mit fünf Personen statt. Ein amerikanischer Missionar namens Roger Lewis, ein alter Mann, predigte. Es war herrlich zu sehen, dass ein Deutscher zum Glauben kam, dessen Großvater der schlimmste Mörder von Auschwitz war. Dieser Deutsche war dann Hotelmanager.
Ich fragte Roger Lewis, wie viel Frucht seine Arbeit gebracht habe. Er antwortete, dass er seit 40 Jahren auf Bali arbeite und keine Frucht sehe. Kurz vor seinem Tod erlebte er jedoch die große Erweckung von Bali. Heute gibt es sogar eine Bibelschule auf Bali. Vierzig Jahre – das ist Geduld, Arbeiten mit Geduld. Und das Geheimnis ist das Wachsen des Reiches Gottes.
Roger Lewis war einer aus dem Jahrgang der Bibelschule Moody Bible Institute in Chicago, wo auch der Oka-Missionar herkam, der totgeschlagen wurde. Das war ein großer Jahrgang, in dem auch der Mann von Elisabeth Elliot war. Wer ein bisschen Missionsgeschichte kennt, weiß, dass ein großer Teil der Missionen von diesem Jahrgang ausging. Roger Lewis war ein treuer Arbeiter, der vierzig Jahre tätig war und keine Frucht sah. Das meint Jesus, wenn er sagt, dass Geduld besser ist als Stärke. Denn es gibt keine Starken, wir kennen nur einen Starken: den Sieger Jesus. Ihm wollen wir Raum in unserem Leben geben und ihn wirken lassen.
Ich erzähle immer gern die Geschichte vom ersten Missionspionier in Afrika, Ludwig Krapf. Er war ein Bauernjunge aus Derendingen in Tübingen. Wie die Schwaben so sind, gelten sie als intelligent – man sagt „Käpsele“, das heißt also, wir haben es da oben drin. Im Sprechen sind wir manchmal etwas gehoben, aber sonst sind wir ganz gut drauf. Ludwig Krapf erhielt den Ehrendoktor der Tübinger Fakultät, weil er den Felsendom von Jerusalem vermessen hat. Er erreichte erstmals, dass auch Nicht-Moslems den Felsendom betreten durften.
Wo hat Ludwig Krapf hingehört? Entschuldigung, ich habe ihn mit Konrad verwechselt. Ludwig Krapf war Sprachforscher und der erste Missionar in Kenia. In dem ganzen Gebiet, auch in Äthiopien und Umgebung, arbeitete er 18 Jahre. Er war der erste Weiße, der den Kilimandscharo gesehen hat. Er schrieb heim, dass dort Schnee auf dem Gipfel liegt. Man sagte ihm daraufhin, er spinne, er habe den Verstand verloren.
18 Jahre arbeitete er und führte keinen einzigen Menschen zu Jesus. Lesen Sie mal die Memoiren von Ludwig Krapf, die im Faksimile-Druck neu aufgelegt wurden. Ludwig Krapf arbeitete ohne sichtbare Frucht. Heute sind die zwei größten Säle des Museums in Nairobi Ludwig Krapf und Johannes Rebmann gewidmet. Jedes Volksschulkind in Kenia kennt den Namen Ludwig Krapf – Sie kennen ihn vielleicht nicht, aber jedes Schulkind dort weiß, wer er war. Er hat sich so sehr um den Fortschritt des Reiches Gottes verdient gemacht.
Er war immer am Ende der Aussichtslosigkeit. Einmal sagte die Missionsleiterin der englischen Kirchenmission, die ihn unterstützte: „Jetzt schicken wir ihm drei Helfer, die ihn unterstützen.“ Er war bis dahin immer allein in seinem Kampf. Die Afrikaner waren damals im Alkohol und in Träumen gefangen, und es kam nichts heraus.
Der erste Helfer, den sie schicken wollten, zweifelte schon in London an seiner Berufung und blieb zu Hause. Der zweite Helfer verzweifelte in Aden bei der anglikanischen Kirche, die ihn ausgesandt hatte, und kehrte ebenfalls heim. Der dritte Helfer war wieder ein Schwabe, Pfefferle. Nach vier Wochen Arbeit bekam er Fieber und starb.
Ludwig Krapf grub sein Grab und schrieb heim: „Das sieht sauber aus.“ Er fügte hinzu: „Lerne, Gottes Siege werden im Sterben errungen.“ Ich kann Ihnen sagen, dass eines Tages das Evangelium über Ostafrika hinwegfließen wird wie der große Pangani-Fluss, ein breiter und mächtiger Fluss. Wie Recht er doch hatte! Er hat die große Frucht nie gesehen.
Es ist so wichtig, dass wir in Geduld und Hoffnung arbeiten, weil wir wissen, dass der Herr zu seiner Zeit geben wird. Ich darf fest wissen, dass er es mit mir so machen wird und es zum Ende führen wird. Er wird es tun, wie auch immer. Und ich darf ihm fest vertrauen, dass er es so machen wird.
Gottes Geduld und das Warten auf Umkehr
Zweiter Petrus 3, Vers 9: Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten, sondern hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann zur Buße findet.
Es ist eine Zeit, in der Gott in Geduld wartet. Gott möchte eine Umkehr. Es ist nicht so, als ob die Sache Gottes am Kaputtgehen wäre, sondern das Reich Gottes läuft, wo sein Evangelium gepredigt wird. Das macht uns sehr gelassen und ruhig, auch im Dienst. Die Saat wächst, und sie wird aufgehen, auch dort, wo wir meinen, es sei alles verloren.
Aber die wichtige Frage ist: Wie bekommen wir diese Geduld? Ich selbst habe sie nicht; sie ist meinem Fleisch absolut nicht eigen. Man kann auch nicht einfach beten: „Herr, gib mir Geduld!“ und erwarten, dass sie ganz schnell kommt. Sondern wie erlange ich Geduld?
Hier ist es schön, im Kolosserbrief einige Hinweise zur Geduld zu finden. Natürlich gibt es noch viel mehr Stellen, auf die Sie immer wieder stoßen werden.
Kolosser 1, Vers 11: Paulus sagt, dass er fortwährend für die Christen in Kolosse betet. Ich habe einmal eine Reisegruppe durch die Türkei geleitet. Dabei haben wir dem Guide gesagt, wir wollen Kolosse sehen. Kolosse ist bis heute nicht ausgegraben. Man geht auf einen Hügel, steht oben, doch nur der Guide weiß kaum, wo es genau ist. Man muss vorher darauf achten, dass er den Weg über die Tafel kennt, dass es Kolosse war. Darunter liegt alles zugedeckt.
Das bereitet mir Angst, wenn das mit unserer deutschen Christenheit passiert. Wird doch schon die Zeit darüber liegen.
Und Paulus hat so gebetet: „Herr, lass doch etwas sein! Wir hören nicht auf, für euch zu beten und zu bitten, dass ihr erfüllt werdet mit der Erkenntnis seines Willens, dass ihr den Christuswillen kennt, dass ihr würdig lebt.“ In Vers 11 heißt es weiter: „Und gestärkt werdet ihr mit aller Kraft durch seine herrliche Macht zu Geduld und Langmut.“
Wenn Christus in unserem Herzen Raum gewinnt und sein Wort in uns wirkt, dann verstehen wir den Willen Gottes. Wir brauchen es gar nicht zu sehen. Wir dürfen an unserem Platz bleiben, wirken und Fürbitte tun. Und es ist nicht vergeblich, was wir im Herrn tun.
Ebenso in Kolosser 3, Vers 12: Paulus sagt: „So zieht nun an“ – so schön, wie man ein Jackett oder eine Bluse anzieht, musst du es anziehen – „die Gaben, die Christus dir gibt.“
Weiter heißt es: „So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld. Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn jemand Klage gegen den anderen hat.“
Das sage ich bei jeder Trauung eines Paares: Hab Geduld, auch mit den Mängeln des anderen. Dafür braucht man wahnsinnige Geduld. Wissen Sie, dass es bis heute noch keinem Ehepaar gelungen ist, sich in der Ehe zu erziehen? Wären Sie der Erste, der es schafft.
Wer das probiert, kann gleich zum Scheidungsrichter gehen. Man kann sich nur ertragen, wie Paulus sagt: Einer den anderen ertragen in Geduld. Es ist wunderbar, wenn der andere sagt: „Erzieh mich!“ Aber das kommt selten vor. In der Ehe panzert man sich meist.
Das ist wunderbar für die Ehe, gilt aber nicht nur für die Ehe. Wie sähe es in unseren Gemeinden aus, wenn wir einander in Geduld ertragen, auch die Mängel?
Die Starken sollen die Gebrechen der Schwachen tragen und geduldig sein. Ich habe schon große Christen getroffen, die mit mir und meinen bösen Dingen Geduld gehabt haben.
Einmal hat mich jemand mitgenommen und gesagt, er müsse später noch etwas sagen. Er wollte es in der großen Runde nicht ansprechen. Mir war ein Fehler unterlaufen und ich hatte etwas Unrechtes gesagt. Er wollte nur noch einmal klarstellen, dass das nicht stimmte. Er hatte Geduld und zeigte es uns höflich.
Es ist etwas Wunderbares, solche Christen zu erleben, die wissen, dass das Wachstum von Christus noch Raum und Zeit braucht – in unserem Leben, wie wir darin wachsen und wie wir Christus bei uns aufnehmen können.
Neue Kraft durch Geduld und das Harren auf den Herrn
Mit dem Herrn ist es ja ganz wunderbar. Das Wort, das wir immer wieder gleich im Kopf haben, wenn wir es hören, stammt aus Jesaja 40. Dort heißt es: „Warum sprichst du denn, mein Weg sei dem Herrn verborgen? Gott hat mich verlassen.“ Schau hinauf in den Sternenhimmel. Die, die auf den Herrn schauen, bekommen neue Kraft.
Geduld ist nichts Schwaches. Durch den Herrn erhält man neue Kraft, neue Ermutigung, neue Zuversicht und neue Freude. Ganz wunderbar! Schreibe das deinem Missionar und sage ihm, er darf ruhig auch von seinem Frust und seiner Mutlosigkeit heimschreiben. Aber ich darf dir sagen: Was in dem Herrn gewagt ist, kann man mit großer Geduld weitertreiben. Man kann dranbleiben.
Heute hört man oft von Burnout und davon, dass man leergebrannt ist – das ist kein Wunder. Doch wer sich im Herrn stärkt, der bekommt neue Kraft. Man steigt auf mit Flügeln wie Adler. Im Jakobusbrief wird von den Prophetenmenschen gesprochen. Was hat Elija alles aushalten müssen? Er hat nichts gesehen, ist müde geworden, und selbst das Gottesurteil auf dem Karmel hat bei Isebel, der gottlosen Königin von Israel, nichts bewirkt. Er wollte sogar sterben. Doch dann hat Gott ihn wieder gerufen und gesagt: „Du machst gerade weiter.“ Und so geht es weiter: Du salbst jetzt den König in Syrien und berufst Elisa. Die Reichsgeschichte Gottes geht weiter.
Nicht abhängen, nicht aufgeben – dranbleiben! Wichtig ist auch, dass wir mit den Schwächen geduldig sind. Das ist das schöne Wort „Langmut“. Langmut bedeutet, geduldig in der Liebe warten zu können. Wie Hiob, dessen Geduld im Jakobusbrief erwähnt wird. Hiobs Geduld war außergewöhnlich. Zum Glück ist keiner von uns so geprüft worden wie Hiob, den Satan selbst auf die Probe stellte. Aber wir sollen lernen, dass Geduld Frucht bringt und nicht vergeblich ist.
Dieses Wort finden wir auch im ersten Timotheusbrief. Paulus sagt dort, Gott habe ein Modell an ihm, wie seine Geduld ist. Er bezeichnet sich als den schlimmsten aller Sünder. Paulus hatte keine moralischen Sünden, aber das Schlimmste ist, Christus mit Füßen zu treten. Er war ein Verfolger des Christusnamens – das Schlimmste, was man tun kann. Doch Gott hat an ihm, dem schlimmsten aller Sünder, ein Modell seiner großen Geduld und Barmherzigkeit geschaffen.
Was kann Jesus in seiner Geduld noch retten? Das soll unser Modell sein, damit seine Gemeinde nie die Hoffnung aufgibt. Wenn wir richtig über die Geduld Gottes sprechen, dann könnten wir nur dafür beten, dass beispielsweise Bin Laden sich bekehrt und vielleicht sogar an der Konferenzstätte Lahröge teilnimmt. Ist das ein Witz oder ernst gemeint? Die Christen in Uganda haben immer für die Bekehrung von Idi Amin gebetet.
Ganz wichtig ist uns, dass Israel den Messias Jesus erkennt. Kein Gebet ohne die Bitte: „Herr, nimm du die Binde von den Augen weg, damit Israel dich erkennt.“ Dann wären viele Probleme gelöst, wenn Israel seinen Messias erkennen würde. Wir wollen der Geduld Gottes, die zur Buße ruft, viel Zutrauen und große Hoffnung schenken.
Geduld als Teil des Glaubensweges bis zum Ende
Im Hebräerbrief, insbesondere in Hebräer 10, wird gesagt: Werft euer Vertrauen nicht weg. Seht auf die Geduld eurer Vorbilder im Glauben. Dann haben wir es wunderbar. Dieses Thema findet sich noch einmal in der Offenbarung.
Gleich am Anfang sagt Johannes: „Ich bin einer, der Mitgenosse ist am Leiden, an der Bedrängnis und an der Geduld von Christus.“ Jesus hat uns hineingenommen, damit wir das lernen. Das steht in Offenbarung 1,9. Johannes nennt sich dort auch Teilhaber am Reich Gottes und damit an der Geduld.
Wir können das Reich Gottes in dieser Welt nicht bauen, obwohl wir daran arbeiten wollen – das verborgene, unsichtbare Reich Gottes. „Dein Reich komme“ heißt es. Aber wir müssen mit Geduld warten, denn man kann es nicht sehen. Es wird einmal offenbar sein.
Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich den Fall des Eisernen Vorhangs erleben würde. Auch nicht, dass es wieder eine Jesusgemeinde in China geben würde – und das in großer Zahl. Was hat unser Herr in seiner Güte schon getan! Aber das Harren ist so wichtig: das Dranbleiben und Warten darauf, was er tun kann.
Ein großer Missionsmann hat gesagt, er denke immer wieder daran, dass Gott vielleicht einmal beim Islam diese ganze Festigkeit zusammenbrechen lässt, die so hohl ist – nichts an Gottesbegegnung, nichts an Wahrheit, nur verdrehtes Gotteswort. Wir wissen nicht, was der Herr in seinem Heilsplan vorhat.
Ist das die größte antichristliche Figur der Endzeit? Wir wissen es nicht. Aber wir wollen nicht aufhören zu harren in Geduld, auf Umkehr und auf Erneuerung. Wir wollen auch hoffen, dass es wunderbar wird.
Es sind Leute aus dem Raum Bremen. Dort war man immer ganz grandios – Bremen galt als das liberalste Kirchentum in Deutschland. Doch Gott hat es geschenkt, dass eine ganze Reihe auch liberaler Landeskirchenpfarrer sich bekehrt haben. Daraus sind ganz wunderbare, lebendige Gemeinden entstanden.
Es ist großartig, dass in Bremen sogar dort große Aktionen möglich waren. Es ist wunderbar, was der Herr noch tun kann. Die Geduld – wir wollen dranbleiben in Treue und Hingabe.
Wo kommt das noch vor? In Offenbarung 2 im Sendschreiben heißt es: „Du hast die Bösen ertragen in der Geduld.“ Das ist auch wichtig. Und in Offenbarung 3,10: „Du hast das Wort von der Geduld bewahrt.“ Das ist für die Gemeinde ganz entscheidend.
Wir brauchen gar keine großen Erfolgsberichte. Was wir brauchen, ist Treue. Wir wollen das Jesuswort predigen und beim Wort Gottes bleiben. Wir wissen: Es kann nicht vergeblich sein, was wir hier wirken. Für den Herrn in großer Geduld – das ist mehr als stark sein oder Städte gewinnen. Es ist, auf die großen Verheißungen Gottes zu warten und sich daran zu freuen.
Das möchte ich einfach in der Adventszeit sagen. Das war mir immer so schön in der Gemeinde. Ihr macht es jetzt mit den Psalmen so schön hier auf der Lahö in euren Sonntagsgottesdiensten. Wenn man die Adventsverheißungen im Alten Bund anschaut, sieht man, mit welcher Gewissheit sie gewahrt wurden.
Auf dem Sterbebett Jakobs – man muss sich das vorstellen: Die letzten Atemzüge Jakobs. Er richtet sich noch einmal auf und ruft: „Herr, ich warte auf dein Heil.“ Jakob hatte schon das Kommen von Jesus gesehen, das Kommen des Gottesreiches in Christus, die Erfüllung der Verheißungen. Alle Gottesverheißungen sind Ja und Amen in Christus.
Und dann sind wir bei Jesaja in der schwierigsten Katastrophe. Da oben war das galiläische Land, Babel angegliedert, aus dem Volk Gottes herausgelöst. Die Leute sagten: „Jetzt gehören wir nicht mehr zum Gottesvolk.“ Doch es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind.
Das Volk, das im finsteren Wandel zieht, wird ein großes Licht sehen. Im 21. Jahrhundert sieht man nichts, aber dann kommt Micha und sagt: „Und du, Bethlehem, die du klein bist, aus dir soll mir kommen …“
Wunderbar ist das Warten der Propheten, der Menschen, die gewartet haben: Simeon, der im Tempel wartet, zusammen mit Hanna. Simeon hat alle Babys angesehen, die zum Tempel gebracht wurden, und gefragt: „Wo ist er?“ Dann hat er Jesus gefunden.
Der Geist Gottes hat ihm offenbart, in großer Sehnsucht: „Herr, wir warten auf dein Heil.“ Wir wollen solche Leute sein, die den Anbruch des Reiches Gottes erwarten und sagen: „Herr, komm doch bald, komm bald, Herr Jesus, und lass uns heute in all den schwierigen Dingen deine Herrlichkeit sehen.“
Schlussgebet um Geduld und Erneuerung
Ich möchte noch beten. Herr, wir bekennen vor dir unsere Ungeduld und auch unsere oft geheuchelte Stärke. Vor dir sind wir ganz offenbar mit allem Leersein und Schwachsein. Dennoch wollen wir teilhaben an deiner großen Rettungsaktion für die Welt.
Du willst dein Reich bauen und Menschen retten. Herr, wir wollen zu dir umkehren, zur Lebensquelle. Gib, dass diese Adventszeit, die jetzt vor uns liegt, und die Weihnachtszeit eine reiche Zeit wird. Eine Zeit, in der wir deinem herrlichen Evangelium ganz neu begegnen.
Wir wollen auch beten – für so viele, für so vieles, was uns Not macht. Für Menschen, denen wir gern deine Herrlichkeit zeigen würden. Für unsere Gemeinden, die uns oft so viel Not bereiten. Für Menschen in unserer Nähe, unter denen wir leiden.
Herr, wir wollen geduldig sein, so wie du mit uns geduldig bist. Wir wünschen uns, dass du in ihnen dein Werk treiben kannst. Aber tu es auch in uns. Erneuere uns durch und durch. Amen.