Wir möchten jetzt auch die Grüße an diejenigen senden, die im Gemeindehaus nur über den Lautsprecher teilnehmen können. Es tut uns leid, dass dies keine ideale Lösung ist.
Dennoch ist es besser, als wenn man umkehren müsste. So sind wir wenigstens auf diese Weise verbunden, indem wir dem Wort Gottes lauschen. Das Hören ist im Glauben wichtiger als das Sehen.
Kundschafter im verheissenen Land: Hoffnung und Zweifel
Wir haben als Predigttext den Joshua-Bekenner unter Lebensgefahr. Es gibt ja ein ganzes biblisches Buch über Joshua und den Einzug des Volkes Israel ins verheißene Land.
Heute haben wir jedoch unseren Predigttext aus 4. Mose 13 und 14. Dort werden Kundschafter ausgesandt, nachdem das Volk Israel vom Sinai weitergezogen war in Richtung des verheißene Landes. Sie hatten etwa ein Jahr am Sinai gelagert. Nun kommen sie ins Bergland, in die bergige Wüste, und wollen das Land erkunden.
Aus jedem Stamm wird ein Kundschafter ausgesandt. Sie kommen in ein Land, in dem Milch und Honig fließen, ein fruchtbares, grünes Land. Damals war es noch viel grüner und bewaldeter als heute, da es einen starken Kontrast zur Wüste bildet.
Dann schneiden die Kundschafter am Bach Eschkoll eine große Rebe ab und hängen sie an einen Stock. Diesen müssen sie zu zweit tragen. Außerdem hängen sie noch Granatäpfel und Feigen daran und ziehen so zurück zum Volk.
Als sie zurückkommen, berichten sie nicht nur von den Herrlichkeiten des Landes, sondern auch von den Schwierigkeiten. Sie fragen sich, wie man in dieses Land kommen soll. Dort wohnen Menschen, die Städte sind befestigt. Diese Menschen sind viel größer als sie selbst, ganz andere Gestalten.
Das Land ist von anderen Völkern bewohnt, gegen die sie wehrlos sind. Die Kundschafter machen das ganze Volk, wie wir sagen, „schlau“ und behaupten, das Land könne man nicht erobern.
Kaleb beschwichtigt das Volk und sagt: „Lasst uns hinaufziehen, wir können es doch.“ Doch die Leute wollen nicht mehr.
Die Reaktion des Volkes: Angst und Zweifel
Ich lese jetzt aus Kapitel 14:
Da fuhr die ganze Gemeinde auf und schrie. Das ganze Volk weinte die ganze Nacht. Alle Kinder Israel murrten gegen Mose und Aaron. Die ganze Gemeinde sprach zu ihnen: „Ach, dass wir in Ägypten gestorben wären!“
Ein typisch frommer Spruch. Sagen Sie es nie in Ihrem Leben: „Ich möchte sterben.“ Das ist immer dumm. Auch in dieser Wüste zu sterben, ist keine Lösung.
„Warum führt uns der Herr in dies Land?“, fragten sie. „Damit wir durch das Schwert fallen und unsere Frauen und Kinder Raub werden? Ist es nicht besser, wir ziehen wieder nach Ägypten?“
Und einer sprach zum anderen: „Lasst uns einen Hauptmann über uns setzen und wieder nach Ägypten ziehen.“
Mose und Aaron fielen auf ihr Angesicht vor der ganzen Versammlung der Gemeinde der Kinder Israel. Joshua, der Sohn Nuns, und Kaleb, der Sohn Jefunes – sie waren zwei Kundschafter, die das Land erkundet hatten – zerrissen ihre Kleider. Sie sprachen zu der ganzen Gemeinde der Kinder Israel:
„Das Land, das wir durchzogen haben, um es zu erkunden, ist sehr gut. Wenn der Herr uns gnädig ist, wird er uns in dieses Land bringen und es uns geben, ein Land, darin Milch und Honig fließt. Fallt nur nicht ab vom Herrn und fürchtet euch nicht vor dem Volk dieses Landes! Denn wir wollen sie wie Brot auffressen. Ihr Schutz ist von ihnen gewichen, aber der Herr ist mit uns. Fürchtet euch nicht vor ihnen!“
Aber das ganze Volk sprach: „Man sollte sie steinigen!“
Da erschien die Herrlichkeit des Herrn über der Stiftshütte allen Kindern Israel.
„Herr, jetzt rede du zu uns.“ Amen.
Undankbarkeit und Gottes Gaben erkennen
Liebe Brüder und Schwestern,
wenn man ein Dankfest feiert, hat man oft mit dem Problem der Undankbarkeit zu kämpfen. Sind wir alle wirklich so undankbar? Martin Luther hat meiner Meinung nach auch hier den Nagel auf den Kopf getroffen. Er sagt, die Menschen seien deshalb so undankbar, weil Gott ungeschickterweise und unglücklicherweise alle Gaben auf einen Haufen zusammenschütte. Deshalb merkt man gar nicht, wie viele Gaben Gottes ein Mensch hat.
Luther fährt dann fort: Man stelle sich einmal vor, der Mensch würde nur mit einem Fuß geboren werden. Und im siebten Lebensjahr, oh Wunder, wächst der zweite Fuß nach – welche Freude, welche Dankbarkeit! Im vierzehnten Lebensjahr wächst ein Arm und eine Hand nach – wie würde man das begrüßen! Und im zwanzigsten Lebensjahr wächst der zweite Arm nach. Jede Gabe würde einzeln begrüßt und gefeiert werden. So könnte man sie richtig erkennen, einschätzen und werten.
Aber, sagt Luther, nun gefällt es Gott einfach, alles auf einen Haufen zu schütten.
Ich möchte heute helfen, dass wir die Gaben Gottes erkennen und dankbar werden – anhand dieser biblischen Erzählung und diesem Bericht vom Volk Israel. Das ist ja eigentlich keine Geschichte vom Erntedankfest, sondern die Geschichte von heulenden und klagenden Menschen. Doch ich möchte, dass sie uns hilft, die Gaben Gottes richtig zu erkennen.
Gottes unerwartetes Geschenk
Ich möchte Ihnen drei Sätze einprägen. Der erste lautet: Gott schenkt immer unerwartet.
Darf ich die Geschichte noch einmal nacherzählen, wie das war? Aus jedem der zwölf Stämme wurde jeweils einer ausgesucht, der das Vorrecht hatte, Spion zu sein. Diese Männer waren keine Kämpfer wie Guillaume, sondern verkleidet als friedliche Touristen gingen sie in das Land hinein, um zu sehen, wie es dort eigentlich war.
Sie waren bisher in der Wüste gewesen, nur ein Nomadenvolk. Für einen Beduinen aus der Wüste musste diese grüne Welt eine große Begeisterung auslösen: die Früchte, die dort wuchsen, das Wasser, das floss – etwas, das man sonst nur aus dem Brunnen kennt. Dann sahen sie die großen Städte und das pulsierende Leben.
Als sie an den Bach Eschkol kamen und eine große Rebe abschnitten, konnten sie sich gut vorstellen, wie begeistert die Männer waren, als sie diese über einen Stock hängten und hinwegtrugen. Diese Rebe war so groß wie die heutigen großen Jaffa-Granatäpfel, die in Israel wachsen. Außerdem hatten sie Feigen eingesammelt und kamen mit dieser Beute ganz glücklich zurück.
Das war das Land, ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Man musste sich nur hinsetzen und konnte nehmen, was auf den Feldern wuchs – ein für den Wüstenbeduinen völlig unbegreifliches Wunder und ein Geschenk. Man hätte erwartet, dass das ganze Volk jauchzt, die Kinder herbeiströmen, die Frauen und Männer sagen: „Wunderbar, wunderbar, das Land schenkt uns Gott!“
Doch es kam ganz anders. Plötzlich brach Heulen und Schreien aus, ein Klagen und Jammern, das die ganze Nacht hindurch aus den Zelten zu hören war. Die Männer standen draußen in Grüppchen zusammen und diskutierten miteinander. Es herrschte einhellige Verzweiflung, denn sie alle sagten: „Wir schaffen das nicht.“
Als der Morgen graute, rissen sie die Zeltheringe aus dem Boden, ließen ihre Zelte zusammenstürzen und sagten: „Packt zusammen! Lieber Sklave sein in Ägypten, als hierher ziehen. Lieber die unsinnigste Frohnarbeit bei den ägyptischen Pharaonen tun, als in so ein Land gehen.“
Wie ist das überhaupt möglich gewesen, dass sie nicht mehr wollten?
Zweifel und menschliche Begrenztheit
Wir wollen das doch rational nachvollziehen, wir wollen es begreifen und ergründen können. Warum wollen Sie denn plötzlich nicht in das Land gehen? Immer wieder taucht in anderen Worten dasselbe auf: Wir schaffen das nicht, wir schaffen das nicht, wir schaffen das nicht.
Sie rechnen alles durch, ob nicht doch irgendwie etwas Unerwartetes passieren kann, ob sich vielleicht eine Möglichkeit ergibt, dass sich für sie doch ein Weg in dieses Land auftut. Doch immer wieder heißt es Nein. Die Männer schütteln den Kopf: Wir schaffen das nicht, wir bringen das nicht fertig.
Keiner merkt in diesem Augenblick, dass nie zur Debatte stand, ob sie das schaffen, sondern dass Gott es schafft.
Ich möchte Ihnen heute am Erntedankfest sagen: Ich meine, dass wir alle die Wunder Gottes noch gar nicht wirklich begriffen haben. Gott will in Ihrem Leben noch viel mehr schenken, als Sie je geahnt haben – mehr als Ihre Hoffnungen und Wünsche sind, sogar mehr als Ihre Gebete.
Gott geht in ganz anderen Weiten vor, wenn er seine Angebote macht. Das konnte das Volk überhaupt nicht fassen: dass Gott ihnen den Weg auftun wird, dass er ihnen ein Land gibt, das größer ist als ihre ganze Vorstellungskraft.
Gott hält in der Natur, in der Schöpfung, in dieser irdischen Welt Gaben bereit für sein Volk, die mehr sind, als man denken kann. Nein, das übersteigt jedes Verstehen.
Gottes Wirken im Alltag und in der Not
Das schaffen wir nicht, sagen wir, das schaffen wir nicht. Darf ich kurz daran erinnern, wenn unsere Kranken diese Predigt über Tonband hören? Wir wollen sie jetzt einfach einmal mit einbeziehen.
Sie wälzen sich von der einen Seite des Bettes auf die andere und fragen: Was soll aus mir noch werden, wo doch der Arzt nur noch kommt, um den Stand meiner Krankheit zu sehen? Ist es wirklich so, dass ich im Natürlichen von Gott Großes erwarten kann?
Wenn Berufstätige angesichts der kommenden Woche schon wieder Angst haben und sagen: Wie soll ich das alles meistern? Es geht doch schon lange an die Überforderung meiner Kraft, das Amt, das ich ausfüllen muss. Ist es wirklich so, dass Gott im Natürlichen, im Äußeren, in meinen Verstandeskräften und in meiner Körperkraft mir in meinem Leben wirklich eine solche unerwartete Zukunft eröffnet?
Wenn ich an die Schüler und Studenten denke, die Angst vor dem Numerus Clausus haben und nicht wissen, ob sie die Anforderungen überhaupt schaffen können: Gibt es da einen Gott, der sagt: Ich will schaffen, auch im Natürlichen, auch in den äußeren Dingen dieser Welt? Ich mache das, ich führe euch in ein Land, da Milch und Honig fließt.
Gott schenkt immer unerwartet. Und ich meine das im äußeren, natürlichen Sinn.
Dankbarkeit für Gottes vielfältige Gaben
Es gab verschiedene Gründe dafür, dass wir heute einen so schlichten Altar haben. Mir war es jedoch auch wichtig, dass wir ein wenig Abstand gewinnen von dem Bild eines aufgebauten Supermarktregals. Nichts gegen rote Beete und Kondensmilch, aber so soll das Schenken Gottes doch nicht verstanden werden.
Ich habe jedes Essen im vergangenen Jahr nur mit Danksagung vor Gott annehmen können. Und ich denke, und ich hoffe, Sie sehen das genauso: Wir wissen, dass auch diese Gaben von Gott kommen. Wir danken ihm dafür.
Doch Gott hat für Ihr Leben noch viel mehr vor, wenn er es gestalten will. Wenn junge Menschen anfangen, sich zu verloben und zu lieben, und sagen: „Wir wollen miteinander das Leben gehen“, dann kommt der Gott, der ein Leben weit, groß und schön macht.
Wenn Eltern ein Kind geschenkt wird und Gott sagt: „Ich will, ich will euch schenken und geben“, dann kommt Unerwartetes auf sie zu.
Ich möchte Ihnen sagen: Sie werden es nie ausmessen können, wie Gott in Ihrem Leben noch Großes und Schönes schenken will.
Jesu Wunder als Zeichen für Gottes Herrlichkeit
Ich bin so froh, dass am Anfang der Wirksamkeit Jesu erzählt wird, wie er in Kana an einer Hochzeitsfeier teilnahm. Damals hatte man die Scheunen ausgeräumt, damit Platz für die ganze Verwandtschaft war. Nun wurde sieben Tage lang gefeiert.
Nach ein paar Tagen – das kann natürlich bei so einem langen Fest passieren – kam es in der Küche zu einem Engpass. Dann heißt es: „Und Jesus offenbarte seine Herrlichkeit in der Küchenpanne einer Hausfrau.“ Jesus offenbarte seine Herrlichkeit.
Ich wünsche mir, dass Christen erzählen können, wie sie die Herrlichkeit Jesu schon in ihrem Leben erfahren haben – in ganz einfachen, natürlichen Dingen, überraschend, unerwartet und groß. Dieser Jesus hat den Menschen zugerufen: „Ich bin gekommen, damit Menschen leben und überfließende Fülle haben sollen.“
Wenn Menschen mit Jesus gehen wollen, dürfen sie in großer Erwartung, großer Freude und großer Hoffnung leben – darauf, was er ihnen alles noch schenken will. Gott schenkt immer unerwartet. Und nun hängt alles an einem kleinen Haken.
Die Herausforderung des Erntedankfests in einer leidenden Welt
In einem kleinen Haken hängt alles. Man muss sich schon Rechenschaft darüber geben, wenn man die Erntedankfest-Predigt so beginnt.
Es liegt heute viel näher, zu sagen: Ja, aber zwei Drittel der Menschen hungern. In dieser Stunde sterben, glaube ich, über zweitausend Menschen qualvoll am Hunger.
Siehst du nicht, was du vorher von Bangladesch verlesen hast, wie die Menschen dort im Wasser warten, noch im Hospital in diesem Notlazarett? Siehst du nicht, was in Honduras geschieht? Siehst du nicht das Kriegselend und die Flüchtlinge? Kannst du an diesem Erntedankfest nicht anders predigen?
Doch, das bildet den Hintergrund unserer Predigt. Aber ich darf ein fröhliches Wort sagen, weil ich weiß: Auch in dieser Welt, in der der Mensch durch seine Habgier die große Versorgung Gottes unterbricht, ist unser Gott da in seinem überreichen Schenken.
Auf dieses überreiche Schenken Gottes hin haben es immer wieder Boten gewagt, hinauszugehen in die Welt, alles herzuschenken, zu begleiten, zu sättigen und Obdach zu bieten. Nicht, weil sie es selbst hatten, sondern weil sie mit diesen Wundern Gottes rechneten und sich gegen diese irrsinnige Not anstemmten – einfach im Vertrauen darauf: Nicht wir schaffen das, sondern Gott schafft das.
Vertrauen statt menschliches Rechnen
Ich möchte Sie bitten, von diesem verrückten Rechnen Abstand zu nehmen, das uns krank macht. Dieses Rechnen, als ob man alles berechnen könnte – als ob Sie genau ausrechnen könnten, wie viele Kinder Sie erziehen können und wie vielen Kindern Sie gerecht werden. Als ob Sie berechnen könnten, wie viel Sie für Ihre Versorgung im Alter brauchen. Das können Sie gar nicht berechnen in einer Zeit, in der fortwährend jeder Wert seinen Wert verliert und jedes Geld sich entwertet.
Die Dinge, die vor unseren Augen so bezaubernd erscheinen und uns immer wieder anziehen, geben wir oft nicht auf. Wir sagen: „Das muss ich haben, das brauche ich zur Sicherheit, das muss ich besitzen.“ Und dann stellt sich ein Joshua vor die Leute und sagt: „Ihr braucht nur eines.“ Wenn ihr in dieses Land gehen wollt, wenn ihr erfahren wollt, wie Gott euch beschenkt, müsst ihr eines haben. An diesem einen Punkt hängt alles.
Wenn der Herr uns gnädig ist, dann musst du wissen, ob in deinem Beruf Gott da ist, der dich segnen kann. Ob deine Körperkraft und deine Zeiteinteilung von Gott gesegnet sind. Ob deine Familie, dein Haus und dein Essen unter dem Segen Gottes stehen oder unter dem Fluch. An dieser Frage hängt alles.
Plötzlich wird die ganze Frage, was wir für die Welt brauchen und wie wir die Weltprobleme heilen können, ganz einfach. Wenn Menschen mit diesem großen Geben Gottes rechnen, dann können sie sich dagegen stellen. Dann können wir etwas tun. Dann geht von unserem Leben sogar für andere etwas ab.
Jesu Vorbild im Vertrauen auf Gottes Segen
Jesus hat uns ein Beispiel gegeben, das in seiner Schärfe zeigt, wie keiner von uns leben kann. Er hat 40 Tage lang weder gegessen noch getrunken. Wer von uns würde das überhaupt durchhalten?
Dann kam der Versucher und sagte: „Jetzt Brot.“ Man kann sich vorstellen, wie in der Phantasie der Gedanke durchgeht: Jetzt Brot haben, jetzt essen, jetzt trinken. Er sagt zu Jesus: „Du kannst es doch, schaff doch Brot.“ Jesus antwortet: „Nein, ich denke nicht von den Gaben aus, sondern vom Segen Gottes. Ich möchte nur dort sein, wo Gott mich brauchen kann, und dann wirkt mein Leben weiter.“
Noch einmal kommt die ganze Suggestivkraft des Versuchers auf Jesus zu. Jesus hat doch wenig Anhängerschaft, wenig Anerkennung, und das braucht man doch. „Mach doch eine Schau“, sagt der Versucher. Jesus antwortet: „Nein.“ Er hat nur das eine gelebt und sich auf diesen einen Punkt konzentriert: Wenn nur das Ja des Vaters über meinem Leben steht.
Dann hat Jesus die fünf Brote und zwei Fische genommen, gedankt, gebrochen, gegeben – und es wurden fünftausend Menschen satt. Weil er aus wenigen mehr geben kann.
Das ist das Geheimnis: Wenn Menschen sich in dieses Opfer hineingeben, ihr Leben Gott hingeben und in ihrem ganz irdischen Beruf leben, dann geschieht dasselbe Wunder. Jesus kann wunderbar mehren und segnen.
An diesem einen Punkt hängt es: Wenn er uns gnädig ist. Wenn er uns gnädig ist, dann sagen uns die furchtbaren Katastrophen der Welt heute nur eines: Alle menschlichen Rechenkünste versagen. Die ganze Volkswirtschaft – ich bewundere Volkswirtschaftler – kann letztlich nichts ausrichten, um die Verteilung der Güter zu regeln und eine stabile Weltordnung herzustellen.
Gottes Wirken durch Menschen in der Welt
Wenn ich sagen kann, dass wir Christen die großen Gaben des Schöpfers dieser Welt weitergeben dürfen, dann rechne ich damit, dass diese Gaben, die wir weitergeben – sei es nach Bangladesch, nach Lima oder wohin auch immer – wirken. Die Zeichen, die wir geben, die Gastfreundschaft, die Menschen mit ihrem Haus anbieten, das, was sie an einem Krankenbett tun, die Liebe und Pflege für Kranke – all das wirkt weiter.
Das liegt nicht nur daran, dass ihre Hände oder Gaben im Einsatz sind, sondern weil der Schöpfer des Himmels und der Erde durch uns hindurch wirkt.
Es ist doch nicht wahr, dass man all diese Gaben braucht, so wie das Volk Israel sagt, was sie alles brauchen, um in das Land zu kommen. Wenn der Herr uns gnädig ist, dann können wir hingehen und das Ziel erreichen. Gott hat für uns mehr bereitgestellt – ein Land, in dem Milch und Honig fließen.
In dieser kranken und zerbrochenen Welt will er hier und da kleine Gärten Eden schaffen. Christen ist es geschenkt worden, in dieser Welt voller Tränen, Ungerechtigkeit und Leid kleine Welten zu erschaffen.
Beispiele für Gottes Wirken in der Geschichte
Was war denn Bodelschwings Bedel anderes als eine kleine Welt der Heilung, des Wunders eines Gottes, der geben kann?
Als damals der jüngere Bodelschwing dem Leitarzt Hitlers gegenübersaß, ging es um die Euthanasie. Der Arzt sagte: „Wir können Bedel nicht mit Lebensmittelkarten ausstatten. Bedel wird keine Lebensmittelkarten bekommen. Sie können die Leuchte nicht durchfüttern.“
Daraufhin sagte Bodelschwing nur: „Das ist das Wenigste.“ Er war überzeugt, dass Gott genug Menschen hat, die für das Essen sorgen werden – auch in einer Hungerzeit – für die Kranken. Denn er rechnete einfach mit dem Geber der Gaben.
Wenn Gott uns gnädig ist, dann ist das eine kleine Frage.
Abschluss: Feiern trotz Herausforderungen
Jetzt können wir mit dem Feiern beginnen. Wir haben drei Punkte gehabt: Gott schenkt immer unerwartet. An einem kleinen Haken hängt alles. Nun kann man wirklich mit dem Feiern anfangen.
Ich sage das, weil nicht das Erschrecken über die Nöte der Welt im Vordergrund stehen soll. Wir Christen wissen ganz gewiss, dass diese Welt zerbrochen ist und leidet. Aber jetzt können wir mit dem Feiern beginnen.
Josua tritt unter diese Menschen. Sie hatten einen irrsinnigen Zorn gegen ihn, weil sie sagten: „Das ist unerhört! Wie kann er uns so etwas Utopisches erzählen, von einem Land, an dem Milch und Honig fließen, und wo wir hinkommen sollen?“ Das ist doch die Botschaft des Evangeliums. Sie entspricht auch dem, was Gott uns für diese Welt verheißt: eine Botschaft, die Menschen nie fassen können.
Viel lieber begnügt man sich mit der Sklavenarbeit in Ägypten und mit seinem kümmerlichen Leben. Viel lieber redet man täglich über seine Sorgen, seine Schmerzen und seine Krankheiten, darüber, wie es einem schlecht geht. Anstatt sich einfach auf dieses Wagnis einzulassen und mit Gott auf diese große Wanderschaft zu gehen und zu staunen, wohin uns Gott führt.
Ich meine das ganz konkret: Wenn Sie vor fünf Jahren gewusst hätten, wie gefüllt diese letzten fünf Jahre werden, hätten Sie es nicht fassen können. Und wenn Sie jetzt vorausdenken: Wenn Gott uns noch einmal fünf oder zehn Jahre schenkt, was er hineinpacken will, wenn Sie sich wirklich auf das Abenteuer einlassen, sich von Gott führen zu lassen, was für Wunder und Siege Sie erleben werden!
Josua sagt diesem Volk deutlich: Der Herr ist mit uns. Ihr könnt euch darauf verlassen. Der Herr ist mit uns, das steht fest. Er hat sie an die Verheißungen gehalten, die einst dem Volk schon in Ägypten gegeben waren, an die Verheißungen Abrahams, die noch viel weiter zurückreichen. Gott ist mit uns, und dann wird es eine Reise werden, die gesegnet ist.
Trost und Hoffnung trotz Verlust
Aber jetzt möchte ich noch einmal ganz deutlich sagen, damit kein Missverständnis entsteht: Letzten Mittwoch erhielt ich eine kleine Karte von einer Familie, die mit uns auf Freizeit war in Saint-Lichier am Genfersee. Sie schrieb, dass ihre kleine Tochter von Gott wieder zu sich genommen wurde. Nach nur wenigen Erntagen – die Mutter erwartete das Kindlein auf der Freizeit, man war also in Gedanken ein wenig verbunden.
Dann soll man eine Dankfest-Predigt halten und sagen: Gott schenkt immer mehr, als wir erwarten, und immer unerwartet. Und jetzt ist Grund zum Feiern. Ja, trotzdem und dennoch – das habe ich den Eltern in dem Brief geschrieben, den ich am gleichen Tag verfasste: Euer Gott lässt euch nicht im Trauern stehen, sondern macht euch wieder zu Menschen, die sich nur wundern können, wie herrlich und wunderbar er weiterführt. Das ist ein Geheimnis, das er gibt.
Woher weiß ich das? Woher kann ich mich darauf verlassen, dass ich so sagen kann: Der Herr ist mit uns? Ich habe den Eltern dann in einfachen Worten geschrieben, die Jesus gebraucht hat: Seht die Spatzen auf den Dächern! Man kauft nicht zwei Spatzen um einen Pfennig, und keiner fällt vom Dach ohne den Willen ihres Vaters. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?
Und jetzt erschrecken Sie nicht, wenn ich ein noch drastischeres Beispiel nehme: Heute Morgen habe ich meine Haare gewaschen und gekämmt. Ich sagte zu meiner Frau: „Du, ich kriege bald eine Glatze, das ist furchtbar.“ Aber ich sagte auch: „Nimm es als Trost. Ich lasse das Warteziel meines Arztes gelten, das ist ein männliches Attribut, tröste dich damit.“
Dann fiel mir das Wort Jesu ein, und ich dachte: Er hat es doch auch gesagt, eure Haare – das hat Männer eben bewegt, mit den Haaren, nicht? Das galt zu allen Seiten so: Eure Haare auf dem Haupt sind alle gezählt. Bis in diese ja doch wirklich kindlichen Fragen hinein geht die Fürsorge eures Gottes!
Warum bleibt ihr denn stehen, wenn Gott euch hinausgehen lässt? Er lässt manche Pläne eures Lebens zerbrechen und hält euch Dinge im Leben vor, die uns so wesentlich erscheinen. Aber er hat eines festgemacht: Nichts kann mich aus seiner Hand reißen.
Fürchte dich nicht! Ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein! Er hat sich für mich, einen schuldigen Menschen, so fest erklärt, indem er für mich gestorben ist. Daran will ich mich halten, auch wenn in meinem Leben so viel ist, was gegen mich spricht, gegen mein Verhältnis zu Gott und gegen den Glauben.
Dann hat er sich für mich erklärt und sagt: Niemand kann dich aus meiner Hand reißen, wisse das! Ich will dein Leben führen, ich will auch deine irdischen Dinge in die Hand nehmen. Bleib doch nicht stehen an Dingen, die ich dir nicht gebe. Ich habe Großes mit dir vor.
Leben als gesegnete Wanderschaft
Auf einmal fällt auf, dass unser Leben eine Reise wird, vergleichbar mit dem wüsten Zug des Volkes Israel. Gott sagt: „Vorwärts, vorwärts, vorwärts! Denk erst übermorgen nach.“ Sein Ziel sind nicht die Wüstenplätze, wo er heute sitzt, sondern das Land, in das er uns führen will.
Auf solchen Touren ist es typisch, dass man gern und gut isst. Man bekommt Appetit, wenn man ein Stück gewandert ist. Ein Erntedankfest ist heute auch ein Freudentag, an dem wir Gott für diese äußeren Gaben danken. Wir sagen: Danke, Gott, auch für Kondensmilch, auch für rote Beete. Wir haben es anders erlebt.
Doch Gott richtet den Blick nach vorn. Er hat noch viel mehr vor. Hier sitzen junge Menschen. Was könnte Gott aus einem Leben machen, in dem jemand sagt: „Herr, heute möchte ich mich ganz neu in deinen Dienst stellen. Ich bin gespannt, wo und wie du mich in dieser Welt brauchst, an deiner Schöpfung.“
„Ich will in deinen großen Maßstäben rechnen. Ich will auf deine Hände sehen und deine Wunder erwarten.“ Er will müde Wanderer weiterführen in ein Land, in dem Milch und Honig fließen.
Die Schöpfung Gottes ist auch heute noch Gottes Schöpfung. Wo Menschen auf Gott blicken, werden sie seine Wunder erfahren. Amen.
Schlussgebet
Wollen beten. Lieber Vater im Himmel, wir danken dir für all das, was du uns geschenkt hast. Am allermeisten danken wir dir für deine große Gabe, dass du dich selbst an uns hingebunden hast. Du lässt uns das in vielen Worten zusprechen, in deinen großen Verheißungsworten. Du sagst, dass Berge weichen können und Hügel hinfallen, aber deine Gnade nicht von uns weichen kann.
Du hast das bis zum Tod deines Sohnes so unumstößlich festgelegt, dass keine Schuld, keine Sünde und keine Gottlosigkeit uns mehr von dir trennen kann. Denn du willst vergeben, heilen und zurückbringen. Ja, Herr, hol uns ganz zu dir, in deine Nähe, in deine Gemeinschaft. So kannst du aus unserem Leben etwas Großes wirken für dich.
Lass uns den Zerstörungsmächten durch uns hindurch wehren. Möge unser Leben und Wirken in dieser Welt ein mutmachendes Zeichen für viele Menschen sein, damit sie deine Gaben entdecken, sich an dir freuen und deine Wunderhand spüren.
Herr, wir leiden mit dieser ganzen Welt. Wir leiden mit all den Tränen, die geweint werden, wo Menschen an der zerbrechenden Schöpfung sich Wunden stoßen, wo Menschen hungern, Unrecht leiden, verfolgt werden, obdachlos sind oder inhaftiert.
Wir denken an die Menschen, die nicht mehr ins Leben hineinfinden, sondern gebunden sind unter all den teuflischen Bindungen dieser Welt. Lass du uns Zeichen setzen deines Wirkens, dass du freimachen kannst, dass du heilen willst und dass du zurechtbringen willst.
Bei dir ist kein Ding unmöglich. Herr, wir wollen Großes von dir erwarten und bitten dich darum.
Lasst uns miteinander das Gebet des Herrn beten:
„Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden,
unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern,
und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“
Herr segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
