Lieber Herr, wir kommen heute Abend zusammen und freuen uns an diesem Frühlingsabend. Doch wir wollen vor allem deine Rede hören, dein Wort, das bei uns Dinge zurechtrückt, die Unruhe nimmt und uns deinen Frieden schenkt.
Wir möchten wieder sehen, was in Zeit und Ewigkeit wichtig ist. Wir wissen nicht, wie lange du uns Zeit lässt in dieser Welt. Dennoch soll dieser Tag zu deiner Ehre gelebt sein.
Wir legen in deine Hand zurück, was wir heute getan haben. Du weißt auch, was nicht recht war und wo wir uns versündigt haben. Vergib uns.
An diesem Abend wollen wir außerdem mehr von deiner Kraft entdecken, deine Weisung empfangen und in deinem Frieden ruhen. Amen.
Begegnungen und Herausforderungen im Glaubensalltag
Ich war ja das letzte Mal bei der Sitzung der Evangelischen Allianz in Bensheim. Diese findet nur zweimal im Jahr für eineinhalb Tage statt, deshalb ist sie so wichtig. Früher hatten wir es immer so gelegt, dass ich am Dienstagabend wieder zurück war. Jetzt war es für die anderen so ungeschickt, dass man zweimal im Jahr die Bibelstunde dafür opfern müsste.
Aber es war schön. Am Donnerstag waren wir beim Ratsvorsitzenden Bischof Kruse in Hannover eingeladen. Ich hatte gar nicht gewusst, was für einen riesigen Bau die EKD dort errichtet hat. Er ist ja viermal so groß wie der Vatikan in Rom. Das ist unheimlich, wenn man das sieht.
Es war gut, dass man all das besprechen konnte, was uns bewegt hat. Wir haben zwar nicht über Parallelstrukturen reden können und manches andere blieb außen vor, aber es war interessant. Die anderen waren hörbereit und haben zumindest einmal zur Kenntnis genommen, wenn man sagte: Warum schweigt die evangelische Kirche zur Abtreibung?
Daraufhin wurde gesagt, dass man doch vor drei Jahren auf einer Synode zwei wichtige Sätze dazu gesagt habe. Aber wir entgegneten: Liebe Leute, die Menschen draußen merken das nicht mehr. Sie verzweifeln an der EKD, auch eure treuesten Mitglieder, und da entsteht ein Riss.
Solche Dinge konnte man einmal ansprechen, auch an vielen Punkten zur Ausbildung der Pfarrer. Viele Pfarrer sind nicht in der Lage, Menschen zu gewinnen und zu Jesus zu führen. Sie sind zwar in der Lage, tolle wissenschaftliche Abhandlungen zu halten und Forschungsaufträge zu erledigen – für die Universität bestens geeignet –, aber nicht, um Menschen von dunklen Wegen herauszureißen.
Das war einfach eine große Hilfe, und wir sind dankbar, dass uns auch zwei Stunden Zeit gegeben wurden, gerade bevor eine neue Ratssitzung begann. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie immer wieder Verständnis haben, wenn ich an solchen Dingen teilnehme. Ihnen ist das ja auch wichtig für die Gemeinde, damit wir sehen, was Gott uns aufgetragen hat.
Aber jetzt wenden wir uns hier Philipper 3,12-21 zu. Wir freuen uns an diesem Philipperbrief, der so direkt und unmittelbar auch unsere Lebensfragen anspricht.
Das Ringen um das Glaubensziel
Nicht, dass ich schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei. Ich jage ihm aber nach, ob ich es wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin. Wenn Paulus das so ausdrückt, möchte er damit etwas ganz Besonderes sagen. Man muss nur das jüdische Wort für Christus nehmen, das heißt Messias, denn ich bin vom Messias Jesus ergriffen.
Damit betont er den Messias Jesus. Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich es ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten liegt, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist. Ich jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.
Wie viele nun von uns vollkommen sind, lasst uns so gesinnt sein. Und solltet ihr in einem Punkt anders denken, so wird euch Gott auch das offenbaren. Nur was wir schon erreicht haben, darin lasst uns auch leben.
Folgt mir, liebe Brüder, und seht auf die, die so leben, wie ihr uns zum Vorbild habt. Denn viele leben so, dass ich euch oft von ihnen gesagt habe – nun aber sage ich es auch unter Tränen: Sie sind die Feinde des Kreuzes Christi. Ihr Ende ist die Verdammnis.
Sagt das sicher von Mitchristen: Ihr Gott ist der Bauch, und ihre Ehre ist in ihrer Schande. Sie sind irdisch gesinnt. Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel, woher wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus Christus. Er wird unseren nichtigen Leib verwandeln, dass er gleich werde seinem verherrlichten Leib, nach der Kraft, mit der er auch alle Dinge sich untertan machen kann.
Die Spannung zwischen Gewissheit und Kampf
Paulus sagt, er hat es noch nicht ergriffen. Wie und warum hat er es denn noch nicht ergriffen? Was fehlt ihm noch? Er sagt ausdrücklich: „Nicht, dass ich es schon ergriffen habe.“ Man muss immer den Zusammenhang betrachten.
Er beginnt im dritten Kapitel sehr scharf und kommt immer wieder auf einen entscheidenden Punkt zurück: Wir sollen uns vor Leuten in Acht nehmen, die das Evangelium verdrehen. Was haben diese Leute gemacht? Erinnern Sie sich noch? Sie haben äußere Formen wichtig gemacht und gesagt: Ihr müsst euch beschneiden lassen nach dem jüdischen Gesetz, ihr müsst nach diesem oder jenem Gebot leben. Das kann auch ein Haarschnitt sein, eine bestimmte Kleidung oder irgendetwas anderes, das man unbedingt beachten müsse.
Es können auch Kirchenformen sein oder bestimmte Auffassungen vom Taufverständnis oder der Abendmahlsordnung, bei denen gesagt wird: „Das musst du haben, dann hast du es.“ Es ist immer die Verführung, zu sagen: „Dann hast du es.“ Wenn es zum Beispiel nur mit Wasser zu tun hätte, dann müssten Sie sich täglich siebenmal unter Wasser stellen, um es zu haben. Aber Paulus sagt: „Ich habe es noch nicht.“
Sein ganzes Glaubensleben ist ein Ringen. Er möchte Jesus einmal gefallen, wenn er vor ihm im Gericht steht. Ich kann es auch nicht billigen, wenn Gläubige sagen: „Wir brauchen das Gericht gar nicht mehr zu fürchten.“ Es gibt eine große Bequemlichkeit, auch unter Gläubigen, die sagen: „Ich bin im Gericht schon gerettet, alles ist gut.“ Und dann wird unter der Hand die Sünde im Leben geduldet, man lässt fünf gerade sein und nimmt das nicht mehr ernst.
Bei Paulus sehe ich ein Ringen, ein Kämpfen, eine Unruhe. Er zittert und sagt, er möchte nicht verworfen werden. Für ihn war es nie ein Ruhekissen, dass Jesus ihm vergeben hat. Er will seinem Herrn keine Schande bereiten. Er litt darunter, wenn die Sünde in seinem Leben noch Raum hatte.
Ich weiß, was ich hier sage, passt in kein System. Ich habe Ihnen am Sonntag vom guten Hirten erzählt, der so schön sagt: Niemand kann euch aus der Hand Jesu reißen. Aber es wird falsch, wenn dies zum Ruhekissen wird. Danach kamen auch einige und fragten: „Kann ich mich denn nicht doch wieder herausreißen?“ Sehen Sie, das geht in kein System.
Ich glaube, wir müssen beides hören: Das angefochtene Gewissen darf sich im Glauben freuen, denn niemand kann mich aus der Hand Jesu reißen. Und auf der anderen Seite gibt es in unserem Leben durchaus Augenblicke, in denen wir hören müssen: „Ich habe es noch nicht.“ Wir müssen aufpassen, dass wir nicht bequem werden.
Wir haben Phasen in unserem Leben, in denen wir das Bibellesen nicht mehr ernst nehmen, in denen wir Jesus auf die Seite schieben und sein Wort nicht mehr achten. Und dann überrascht uns Paulus, dass er das auch wieder sagen kann. Er, der sagt: „Ich bin gewiss...“
Was ich Ihnen heute sage, kann ich nur in Gegensätzen ausdrücken. Man nennt das in der Fachsprache Dialektik. Sie bekommen das nicht in eine logische Reihenfolge. Und bei Paulus stehen diese beiden Gedanken ganz nah beieinander.
Sie wissen, dass Sie beides brauchen: den Zuspruch des Friedens „Jesus hält mich“ und auf der anderen Seite die Warnung: „Pass nur auf, dass du das Heil nicht verlierst.“ Wie viele Menschen um uns herum haben in den lauen Zeiten ihres Lebens das leicht genommen und sind im Nu weit von Jesus weggekommen.
Das Streben nach Christus als Lebensziel
Paulus überrascht uns, wenn er sagt: „Ich möchte immer mehr von der Kraft Jesu entdecken.“ Das war ja in den letzten vierzehn Tagen Thema, nicht? In Vers 8 und 9 heißt es: „Ich will immer mehr Christus erkennen. Ich bin im Lauf, ich suche, mehr von ihm zu bekommen. Ich kann gar nicht genug haben.“
Mit der Bekehrung fängt das erst richtig an – mit dem bewussten Glaubensschritt, bei dem ich sage: „Jetzt erst recht und immer mehr.“ Ich habe noch gar nicht viel, ich will mehr von ihm erkennen. Paulus vergleicht sich mit einem Sportler. Das ist für uns natürlich leicht, wenn man gemütlich mit Pantoffeln vor dem Fernseher sitzt und sagt: „So etwas, dass Steffi Graf nach einunddreißig Mal verliert, das ist eine Flasche. Sie hat doch immer gewonnen, warum verliert sie jetzt auch?“
Aber wenn man einmal sieht, wie jemand in der Nähe trainiert hat und dann schließlich Dritter wurde in der württembergischen Meisterschaft – da steckt viel Fleiß dahinter. Zum Beispiel beim lieben Brüderlein, beim Helmfried Rieker, der neulich im Gottesdienst war. Wenn man ihm ein Wort sagen soll, dann fährt er mit seinem Motorrad in der Küche über Tisch und Schränke – er ist Motocrossfahrer.
Aber was für ein Üben dahintersteckt und wie oft der Arm schon gebrochen war beim Training! Auch bei ihm war das schon manchmal so. Wir haben das mit dem Gips gesehen – den Helm haben wir noch nie gesehen, oder doch, einmal. Komisch, was alles dazugehört zum Training, bis man das alles kann.
Ich erinnere mich an unseren Jugendkreis. Da war einer dabei, der Abend für Abend stundenlang seine Trainingsrunden um den Feuersee zog. Dann haben wir gesagt: „Reicht es noch für Melbourne? Oder bist du bei der Olympiade dabei?“ Es hat nicht einmal zum Stuttgarter Stadtlauf gereicht. Und es drückt mich heute noch, dass wir diesen guten Mann verspottet haben, der vielleicht auch seinen jugendlichen Minderwertigkeitsgefühlen etwas entgegensetzen wollte.
Es ist ein harter Kampf unter den Sportlern. Manchmal könnte man weinen, wie viel Enttäuschung es dort gibt. Wie viel sie trainieren wie Verrückte, und dann kommt eine Sportverletzung dazwischen – und alles ist aus. Bei den Radfahrern hat mich immer schockiert, wenn einer durch einen blöden Sturz, verursacht von einem anderen, unschuldig zu Boden gerissen wird. Und dann ist alles vorbei. Du kannst nach Hause gehen – verloren.
Es ist nur wichtig, dass man bei den Siegern dabei ist. Paulus sagt jetzt: Es ist in deinem ganzen Glaubensleben gar nicht so wichtig, wie die anderen dich einschätzen. Du musst an jenem Tag dabei sein. Ich weiß gar nicht, wie lange die Wegstrecke noch ist. Ich möchte Ihnen heute ganz wichtig machen: Sie werden doch nicht wegen einer Sünde in Ihrem Leben einen faulen Kompromiss schließen können.
Jetzt passen Sie doch auf! Lassen Sie doch von Dingen einmal los, die Sie aufhalten in Ihrer Liebe zu Jesus. Reißen Sie sich frei von Dingen und sagen: „Ich möchte nicht dauernd geknechtet sein in meinem Leben.“ So ein Sportler muss abends ins Bett gehen, trinkt dann nur Milch und sagt: „Bringe ich keine Leistung, wenn ich es anders mache?“
Dass ein Christ auf viele Dinge verzichtet, um des Zieles willen, ist natürlich klar. Das sind keine Gesetzesverordnungen, sondern er tut es, weil er eine Leidenschaft hat. Er möchte das Ziel gewinnen. Er möchte sein Leben führen zur Ehre Jesu. Ob ich es wohl ergreifen könnte? Ich will den Siegespreis haben. Ich will dabei sein in der Schar vor dem Thron Gottes, die ihn anbetet. Ich möchte in den Himmel kommen. Ich will nicht verstoßen werden. Ich will nicht verloren gehen.
Bitte sagen Sie das auch, wenn Sie fragen: Wie macht man Seelsorge? Macht man Seelsorge, indem sich ein Mensch das klar sagt? So wie du lebst, so nicht. Du musst dir überlegen, was du willst. Ob du hier deinen Genüssen lebst oder ob du sagst: „Ich breche und tue für Jesus mein Leben retten.“ Die Entscheidung geht ja ganz hart heute durch Menschen hindurch.
Der Teufel weiß genau, warum er ihnen solche Versuchungen in den Weg legt. Und die Christen sind gelähmt durch viele Versuchungen. Dann sehen wir den Sportler Paulus, der sagt: „Ich habe es noch nicht ergriffen.“ Christus hat mich ergriffen, Christus hat mich geholt, aber ich habe das Ziel nicht erreicht.
Wie sagt er dann später: „Hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit“, kurz bevor er vor dem Ziel steht und weiß, dass es wahrscheinlich zum Märtyrertod kommt. „Ich bin so froh, wenn ich meinen Lauf vollenden kann zur Ehre Gottes.“ Es ist etwas Großes, wenn gläubige Menschen heimgehen und sagen: „Der Herr hat sie bewahrt.“ Es ist seine Wunderkraft, wenn er uns durchhält.
Das Leben als Laufbahn mit Ziel
Noch einmal: So, wie Paulus sich einst bekehrte, als er vor Damaskus gerufen wurde, stellen wir uns das vor. Jetzt hat er es doch. Nein, er sagt, das war erst der Anfang. Jetzt war ich auf die Startbahn gesetzt, und jetzt will ich laufen, damit ich nicht das Ziel versäume.
Das Entscheidende ist, dass ich dabei bin. Ich will mich nicht an den Menschen messen, ich will mich nicht an den anderen prüfen und darauf achten, was sie meinen. Ich schätze mich selbst noch nicht so ein, wie es in Vers 13 heißt, dass ich es ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was da hinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist.
Er sagt dies, weil er es nicht mehr hören kann, wenn man sich in der Selbstbewunderung gefällt und sagt: „Ich habe doch schon ein ganz frommes Leben, ich mache das doch so schön.“ Das ist überhaupt eine Tücke an den vielen Vorschriften.
Warum ist das so schlecht, dass wir das noch einmal sehen? Viele Leute, die die ersten Schritte im Glauben machen, kommen immer wieder auf diesen Irrweg. Sie meinen, jetzt müsste man sich an ein paar Gottesverordnungen ausrichten und sagen: „Das ist doch prima, ich lebe das doch jetzt, und ich tue das doch jetzt, was da gefordert ist. Ich rauche nicht. Ich lese keine unanständigen Zeitschriften, und ich bin auch sonst wohltätig. Ich opfere doch ganz gut.“
Das ist eine ganz gefährliche Haltung, wenn wir uns an ein paar kleine äußere Normen halten, die sicher wichtig sind für unser Leben, und sagen: „Ich habe es jetzt schon ganz weit gebracht.“ Es ist ja auch ein Sieg, wenn man sagt: „Ich brauche das nicht mehr, ich erliege dieser Versuchung nicht mehr.“
Aber passen Sie auf, dass Sie sich nicht an diesem Bild messen, sondern dass Sie sich an dem messen, was Jesus in der Ewigkeit von Ihnen will. Ich will mich austrecken, ihn zu gewinnen, und jagen nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.
Die Balance zwischen Zweifel und Zuversicht
Jetzt müssen Sie aufpassen: Wenn wir das so auslegen, dann könnte heute Abend Folgendes passieren. Wir werden plötzlich unruhig und sagen: „Ja, liebe Leute, jetzt bin ich ganz durcheinander, jetzt habe ich den Frieden nicht mehr. Bin ich denn wirklich ein Gotteskind? Bin ich denn wirklich ein Gotteskind? Dann habe ich es noch nicht ergriffen.“ Doch er sagt: „Ich bin von Christus Jesus ergriffen.“
Genau das haben wir am Sonntag vom guten Hirten ausgelegt: Ich bin von Christus Jesus ergriffen, seine Hand hält mich. Paulus sagt, es ist nicht so, dass ich jetzt dauernd gucken muss: Bin ich am Abgrund und falle ich hinunter? Sondern er weiß, Christus hält mich.
Er sagt dies in einer Dialektik, einem Gegensatz: Auf der einen Seite sehe ich, dass ich das in meinem Leben noch durchkämpfen muss. Ich gehe noch viele Versuche. Und doch auf der anderen Seite freue ich mich, dass mich Jesus an seiner starken Hand hält.
Und da sagt er ja wieder in so eindrücklichen Worten im Römerbrief: Sein Geist gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Er sagt, ich muss nicht jeden Tag neu anfangen, mich wieder zu bekehren. Ich muss nicht jeden Morgen wieder fragen: Lieber Gott, darf ich wieder dein Kind sein? Sondern ich bin sein Kind.
Obwohl ich in meinem Leben darum ringe, mehr Jesus zu gefallen. Ich möchte in meinem Leben immer weiterkommen, auch in der Heiligung, damit viel mehr sichtbar wird von dem Sieg Jesu.
Entschuldigung, ich kann es Ihnen nicht besser erklären als im Gegensatz, wo Sie es festhalten können. Paulus sagt das ja auch so schön, gerade in Römer 8: Ich bin gewiss, nichts kann mich scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus, unserem Herrn, ist. Also bin ich fest und gewiss geborgen in Jesus.
Beide Dinge gehören zusammen. Sie brauchen nicht zappeln und sagen: Wie ist das, bin ich verloren? Nein, Sie dürfen sich freuen: Er hat mich ergriffen. Und auf der anderen Seite dürfen Sie wohl erschrecken, wenn in unserem Leben immer wieder so viele dunkle Dinge sich ereignen. Wenn so viel Lieblosigkeit über unsere Lippen kommt, wenn unser Herz manchmal so hart sein kann.
Dann sagen wir: Herr, ich will doch mehr von deiner Kraft haben, mehr mein Leben heiligen und in deinen Dienst stellen. Und ich jage ihm nach, ich kämpfe wie ein wilder Besieger. Ich will immer mehr von Jesus entdecken. Ich will in meinem Leben diese Ungeduld haben, mehr von Christus und seiner Kraft, von seiner Auferstehungskraft jetzt schon haben.
Jetzt wäre es einfach wichtig: Wenn Leute Bibelchristen sind, dann sind sie nicht Leute, die man in dieses oder jenes Schema einbringt. Sondern dann sind wir wirklich dynamische Menschen, vorwärts eilende Menschen auf das Ziel hin, zu dem uns Christus berufen hat.
Ich will nahe bei Jesus sein, ganz nah bei ihm, wenn es morgen wieder in Ihre Arbeitsplätze geht, wenn Sie in Ihren Familien stehen.
Wir sind heute in die Gebetsstunde gegangen und haben gesagt: Habt ihr auch Ärger? Ich habe gerade so blöden Ärger gehabt. Und dann sagten sie ironisch: Das wissen wir gar nicht, was Ärger ist, dass ich da Christus erkenne, mittendrin, und ihn habe.
Wer weiß, jetzt möchte ich das vor dich legen, Jesus. Ich will ruhig werden in dir und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist.
Ewigkeitsperspektive und irdische Vergänglichkeit
Wir werden eines Tages aus der Ewigkeit heraus vielleicht noch einmal ein Stück weit rückwärtsblicken können auf unser Leben. Dann denken wir darüber nach, was uns damals bewegt hat, wie ungeduldig wir waren und wie voller Sorge wir waren. Wir fragen uns, wie alles hätte verlaufen können, wenn wir doch mehr in die Hände des mächtigen Jesus gelegt hätten.
Es ist wirklich unverständlich, dass Christen heute so sehr auf diesseitige Dinge fixiert sind. Denn unsere Lebenszeit ist ja gar nicht so lang. Besonders auffällig ist, wie ewigkeitsbezogen Paulus in seinem Brief spricht.
Es ist zwar wichtig, wie hoch die Freibeträge bei der Quellensteuer sind und wie lang die Wehrdienstzeit dauert. Diese Fragen beschäftigen unsere jungen Leute sehr und es gibt viele weitere Themen, die sie bewegen. Doch die wichtigste Frage ist, ob ich in der Ewigkeit dabei bin. Das ist das Entscheidende.
Viele irdische Fragen des Lebens werden dadurch unwichtig. Wie hat Gott uns auch aus seinen Händen geschlagen? Unter uns sitzen Menschen, die zwei Inflationen und zwei Währungsreformen miterlebt haben. Es gibt Menschen, die zweimal ihre Heimat verloren haben oder deren Haus abgebrannt ist.
Wie sehr geben wir uns da wichtig! Wie leicht kann alles unter unseren Händen verloren gehen. Doch all das ist nicht wichtig, wenn ich nur dieses eine Ziel erreiche.
Das ist auch im Blick auf meine Kinder wichtig. Ich möchte ihnen gern mitgeben: Wenn Gott euch einmal Kinder schenkt, dann macht ihnen nur eines wichtig. Es ist nicht entscheidend, welchen Beruf sie ergreifen oder was sie im Leben erreichen. Wichtig ist nur, dass sie die Ewigkeit nicht verspielen.
Alles andere ist zwar auch wichtig, aber das Wichtigste ist doch, dass ich die himmlische Berufung empfange. Dazu hat mich Jesus berufen. Er hat mir ein Bürgerrecht im Himmel gegeben.
Himmlisches Bürgerrecht und weltliche Vergleiche
Das mit dem Bürgerrecht sehen Sie jetzt bei den Asylanten. In Deutschland gibt es hier die freizügigste Einreisepraxis im Vergleich zu vielen anderen Ländern. Das merke ich immer wieder, wenn ich mein Visum beantragen muss. Die Botschaft von Angola zum Beispiel sagt dann: Selbst wenn ich komme und sage, wir wollen helfen, wir wollen euch, nein, nein, du darfst nicht rein. Du hast kein Bürgerrecht in diesem Land, du darfst nicht rein.
Da war ja ein Missionar, ein Amerikaner, der erste Missionar, der in diesem Jahr nach Äthiopien kam: Doktor Lemby, ein Arzt. Er hat sein amerikanisches Bürgerrecht aufgegeben, nur damit er Äthiopier werden und dort missionieren kann. Wenig später haben ihn die Äthiopier wieder rausgeschmissen. Er war dann staatenlos, durfte nicht mehr in die USA zurück und auch nicht mehr nach Äthiopien.
Da hat einer dieser Äthiopier mal gesagt, es sei für ihn das Größte, wenn er sein irdisches Bürgerrecht dafür gibt, nur um Missionen zu treiben.
Was ein Bürgerrecht ist: Du hast ein Bürgerrecht im Himmel. In diese Welt wirst du nie mehr ganz hineinpassen. Die Welt ist verschroben, und das ist ein verdrehtes Geschlecht mit allen Ansichten und Meinungen.
Es ist heute der Kirche so wichtig, dass man in diese Zeit hineinpasst und möglichst gar nicht mehr merkt, dass wir Christen sind. So ganz angepasst wollen wir sein, wir können es auch wie die anderen alle.
Wir müssen aufpassen: Unser Bürgerrecht ist im Himmel, und das sollen wir nicht verspielen. Das heißt, ich habe meinen Himmelspass. Nur wie Sie ihn vorzeigen können, das ist jetzt bei den Grenzkontrollen ganz schön. Wenn es da heißt, schon in Brüssel oder wo Sie ankommen, für die Leute, die aus der EG kommen, dann können die da durch, das geht ganz schnell.
Und da drüben müssen alle anderen Nationen durch, und da werden die Visa so gründlich geprüft. Da wird geguckt, gehörst du eigentlich hierher oder gehörst du nicht hierher.
Ich möchte jetzt nicht über die Frage reden, ob das richtig oder falsch ist. Nicht, dass einer meint und jetzt mit seinen Gedanken da hängen bleibt. Ich will nicht über Asylpolitik reden, ganz gleich wie Sie denken.
Ich möchte Ihnen vom Bürgerrecht etwas sagen: Sie haben ein himmlisches Bürgerrecht, einen Pass im Himmel. Sie dürfen kommen, und Sie dürfen. Der Zugang ist frei, und das dürfen Sie nicht verspielen, den dürfen Sie nicht verlieren.
Eindrücke von Reisen und der Wert des Siegespreises
Jetzt kommt Vers 15. Vielleicht noch einmal vorher: Als ich nach Angola keine Einreise bekam, habe ich die Gelegenheit gern genutzt, um in Griechenland einige Projekte anzusehen, die bereits seit sieben Jahren liefen. Dort waren noch einige Abrechnungsangelegenheiten offen. Meine Frau war dabei, und wir haben in einem Gewaltsmarsch alles besichtigt.
Wir waren auch in Olympia, was sehr beeindruckend war. Ich habe das im Eiltempo gemacht, in etwa zehn Minuten durchmarschiert, weil wir weiter mussten. In Korinth hatten wir noch 15 Minuten, bevor es schloss. Es war toll, wie wir durch Korinth gerast sind.
Wenn man sich den Siegespreis vorstellt, diese Spiele, bei denen die Athleten gelaufen sind, dann war das im Altertum sehr hart. Derjenige, der verloren hat, wurde oft verspottet. Heute ist das viel humaner. Man sagt, man sollte auch den loben, der weiterläuft, obwohl er keine Chance hat zu gewinnen. Das heißt, er ist ausdauernd.
Früher war das nicht so. Da wurde nur der Sieger geehrt, und der Verlierer wurde verlacht. Man sagte: „Du bist einer, der sich was einbildet, hast aber nicht gewonnen.“ So erlebt man das vielleicht manchmal noch beim Zweikampf, wenn jemand sagt: „Du bist der Verlierer, und der andere ist der Gewinner.“
Es geht also nicht nur darum, dabei gewesen zu sein, sondern vor allem darum, zu gewinnen.
Warnung vor Selbstzufriedenheit und Perfektionismus
Und jetzt kommt Vers 15, das mit dem Vollkommen-Sein. Ich meine, dass Paulus das ein bisschen ironisch aufnimmt, vielleicht sogar mit Anführungszeichen bei „vollkommen“. Darüber kann man natürlich streiten. Es ist immer wieder schön, dass uns der Geist Gottes in einem Bibelwort etwas Verschiedenes zeigen kann.
Vielleicht hat Paulus damals mit Leuten gesprochen, die sagten: „Wir sind schon vollkommen.“ Es gibt ja immer wieder Perfektionisten. Haben Sie auch schon solche Menschen getroffen, die behaupten, seit einem halben Jahr nicht mehr gesündigt zu haben? Wenn man böse sein will, sagt man immer: Frag mal deine Mitmenschen. Das kann man sich ja selbst sehr schlecht einschätzen.
Solche Leute lassen sich oft nichts mehr sagen. Deshalb kann man vielleicht nur still sein und Fürbitte tun. Es ist etwas Furchtbares, wenn Menschen meinen, sie seien vollkommen. Paulus sagt: Wer meint, er habe es schon erreicht... Wissen Sie, das sind Leute, die sagen: „Ich rauche nicht, ich stehle nicht, ich habe meine Oma nicht umgebracht und ich habe nie Geld geklaut.“ So etwas.
Es gibt also eine christliche Ehrbarkeit. „Ich habe nie einen Gottesdienst ausgelassen, mache jeden Morgen dreiviertelstündliche stille Zeit, bete auf den Knien, faste dreimal die Woche und so weiter.“ Heute zählt das vielleicht als moderne Gerechtigkeit. So gibt es alles, was man so sagen kann: „Ich habe alles, alles, alles.“ Es ist wichtig, dass nichts unwichtig ist, aber sich als vollkommen zu fühlen, ist so schlimm, weil man meint, schon genug zu haben und die Gnade nicht mehr zu brauchen.
Dabei können wir keinen Schritt gehen ohne die Gnade.
Damals war das Vollkommen-Sein, griechisch „Telaios“, ein Fachwort aus den Mysterienreligionen. Das war auch im Heidentum weit verbreitet. Wenn du all diese Weihen gemacht hast, dann bist du ein Wissender. Auch in der Anthroposophie taucht das wieder auf: Wenn du all das hast, dann bist du fertig.
Paulus sagt: Wenn er wirklich vollkommen sei, dann so vollkommen. Nämlich er gebraucht das Wort „vollkommen“ immer anders. Es hat im biblischen Sinn eine andere Bedeutung. Das ist jetzt ein doppeldeutiges Wort. Wer es mal übersetzt hat, weiß, wie schwierig das ist, in der deutschen Sprache wiederzugeben.
Jesus redet ja auch in der Bergpredigt: „Ihr sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Da meint Jesus, ihr sollt ganze Leute sein, dass euer Reden und Tun übereinstimmt. Ganz – dieses Wort „vollkommen“ meint auch im Griechischen „ganz“.
Ich meine, Paulus nimmt hier das Wort in seiner Doppelbedeutung und sagt: Ja, ihr sollt vollkommen sein – aber dann ganze Leute. Nämlich solche, die auf die Ewigkeit zuleben, die auf der Rennbahn kämpfen und nie genug haben, sondern immer weiter vorwärts stürmen, um mehr von der Gnade Christi zu erreichen und zu erlangen. Und das auch in ihrem Leben durchsetzen und darstellen.
Gott wird es euch auch noch zeigen. Er sagt da sehr geduldig: Gott wird es euch zeigen, Gott wird es euch zeigen, was noch fehlt.
Es ist komisch, wenn man so zurückdenkt an sein Glaubensleben. Da hat man ja oft schon gemeint, jetzt hätte man eine wichtige Stufe erreicht. Und dann führt einen der Herr in Tiefen.
Es ist auch manchmal schwer bei den Alten, wenn sie durch sehr viel Depression gehen und sagen: „Ich habe doch alles im Leben falsch gemacht.“ Dann müssen wir den richtigen Trost geben. Nicht sagen: „Nein, du, du bist doch so toll.“ Sondern sagen: „Das Erbarmen Jesu hält dich, er hat dich ergriffen, und du darfst dich bergen in seine Güte.“
Über unseren Gräbern soll wirklich nichts anderes stehen als die Gnade Jesu.
Wir sollten auch aufhören mit diesen verlogenen Lobhudeleien. Das ist doch nicht unser Sinn. Wir sind dankbar, dass Jesus auch mit unserer komplizierten Natur fertig wird und dass er uns einhüllt in seine Gnade.
Das war Paulus wichtig.
Und gerade dort, wo Perfektionismus eine Gefahr wird oder die Gesetzlichkeit, die mündet ja dann im Perfektionismus, macht das Christenleben so traurig, so bitterernst.
Da ist es so wichtig, dass man immer wieder das Evangelium vom Kreuz Jesu verkündigt, der mich als verlorenen und verdammten Menschen erlöst hat, erworben und gewonnen von allen Sünden.
Das war beim Hofprediger in seinen Predigten so toll, dass er das immer wieder gepredigt hat. Von den Galgenschwänzeln will ich auch gehören – denen, die man hinauswirft vor die Stadt, die Unwürdigen, deren sich aber Jesus nicht schämt, ihr Bruder zu heißen.
Vielleicht sind wir auch schon lange so anständige, wohlbürgerliche Christen geworden und wissen gar nicht mehr, was das Evangelium wirklich ist.
Vorbilder im Glauben und die Warnung vor falschen Wegen
Deshalb Vers 17: Lebt doch, wie ihr uns zum Vorbild habt! Paulus spricht hier vom Vorbild. Er meint jedoch nicht, dass wir einander einfach nachahmen sollen. Vielmehr sagt er, dass ihr von so vielen Zeugen lernen könnt, die wirklich von der Gnade Jesu gelebt haben.
Wie ich Ihnen sage: Schauen Sie sich den Hofhacker an! Er hat doch nie behauptet, er sei ein toller Kerl. Vor seiner Bekehrung wollte er ein „flotter Kerl“ sein, jemand, der in die Welt passt. Doch er hatte einen Körper, an dem man Finger amputieren musste, weil sie schon der Verwesung übergingen, bevor er dreißig Jahre alt war. Er war ein sehr kranker Mensch mit Wassersucht.
Wenn Sie das sehen können, dann lesen Sie doch darüber! Das hat uns Luther groß gemacht – nicht der große Luther, den man auf dem Denkmal sieht, der mit der Bibel jemanden erschlagen wollte, sondern den zitternden, zagenden Luther, der sich in der Gnade Jesu geborgen fühlte. Nur dort fühlte er sich sicher. Er redete von Christi Blut und Gerechtigkeit.
Es war Zinzendorf, dieser große Mann, der Stiefsohn eines Generalfeldmarschalls. Und seine Großmutter war eine geistliche Persönlichkeit. Er selbst war einer der größten Gelehrten. Das hat mir immer gefallen: Der kommunistische Rowohlt-Verlag hat sogar ausgerechnet über Zinzendorf eine Monographie über sein Leben herausgegeben. Das zeigt, dass man ihn als eine prägende Persönlichkeit seiner Zeit anerkannt hat.
Zinzendorf dichtete Verse wie „Jesu, geh voran auf der Lebensbahn“ und „Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid“. Wer es so klar und einfach auf den Punkt bringt, dass es auch Kinder verstehen können, der trifft das Herzstück des Evangeliums. Es ist nicht kompliziert, sondern klar und einfach.
Dann sagt Paulus: Viele leben so, wie ich es euch gesagt habe. Ich sage es unter Tränen: Sie sind Feinde des Kreuzes Christi. Hier haben sich die Ausleger lange gestritten, was genau gemeint ist. Einige sagen, es seien Leute, die sich besaufen und schwelgen – also Gottlose. Andere meinen, es seien Gesetzeslehrer, die großen Wert auf die Beschneidung legen. Vielleicht ist das eine versteckte Anspielung auf das Wort „Schande“.
Ich glaube jedoch, Paulus meint, dass es viele gibt, die ihr Christenleben immer fühlen wollen. Sie wollen es an ihrem Leib darstellen und sagen: „Schaut, so weit bin ich gekommen, so gut bin ich.“ Sie wollen ihr Leben schön darstellen, an ihrem Bauch, an ihrem Tun. Aber Paulus sagt: Ich habe nur das Kreuz Christi. Deshalb sind sie Feinde des Kreuzes Christi.
Ich selbst habe nie die Gewissheit, dass ich es fühle oder greifen kann. Ich kann mich nur unter das Kreuz Jesu stellen und dankbar annehmen. Ich will jetzt nicht zu viel darüber reden. Vielleicht ist eine andere Zeit dafür. Ich habe nämlich gemerkt, dass ich in 18 Jahren hier in der Gemeinde noch nie über dieses Kapitel 3 gepredigt habe. Vielleicht machen wir mal eine Predigtreihe mit sieben oder acht Predigten, in der wir uns Zeit nehmen, um zu verstehen, was es heißt, Feind des Kreuzes Christi zu sein. Und warum bewegt es so viele Christen nicht mehr, dass Jesus für sie gestorben ist.
Das ist der wichtigste Satz über meinem Leben: Für mich ist Jesus gestorben. Ohne dieses Kreuz Jesu falle ich in die Tiefen, versinke ich. Dann schlägt die Angst über meinem Kopf zusammen. Nur an diesem Kreuz kann ich mich halten. Für mich starb Jesus und trug meine Sünden.
„Ihre Ehre ist in ihrer Schande.“ Das sind Menschen, die immer sagen: „Aber wir sind doch Christen, wir haben doch viel erreicht, wir haben viel gemacht.“ Sie prahlen und geben an – sei es mit ihrer Frömmigkeit oder mit ihrem schönen Leben. „Schaut mal, was für eine schöne Familie ich habe, es ist doch alles wunderbar, was ich tue.“ Paulus sagt jedoch: Das ist Schande.
Auch ich habe einmal gedacht, ich könnte mein Leben so führen. Doch Paulus sagt: Es ist mir Kot geworden, bis ich Christus gewinne. Ich kann mich nur noch daran freuen, dass er mich getragen hat.
Wenn ich Ihnen das heute Abend so darlege, möchte ich, dass Sie fröhlich heimgehen und sagen: Ich will mich am Kreuz Jesu halten. Mir ist Erbarmen widerfahren, und mir gilt, dass er mich trägt. Ich darf mich an ihm freuen.
Himmlische Hoffnung und Verheißung
Unser Bürgerrecht ist im Himmel (Vers 20), von wo aus wir auch unseren Heiland, den Herrn Jesus Christus, erwarten. Wir warten auf ihn und sagen: „Komm bald, Herr Jesus.“
Theologen haben oft gespottet und gesagt, die Naherwartung habe sich doch gar nicht erfüllt. Paulus meinte auch, sie käme bald, und sagte: „Von manchen unter uns wird das Jahr nicht vorübergehen, bis sie den Herrn schauen in seiner Schönheit.“ Wissen Sie das? Weiß ich das? Ob ich noch einmal Weihnachten erlebe, ist doch gar nicht wichtig. Es wäre doch schön, wenn der Herr bald kommen würde. Ich freue mich darauf. Ich habe eine Naherwartung. Das Ende unserer Welt ist nahe, das denke ich manchmal auch – in der Zeit der großen Verwirrungen, wenn die Liebe erkaltet, in den großen Einheitsbestrebungen und in der Geschichte Israels, die drei Minuten vor zwölf steht.
Aber wir wollen jetzt gar nicht viel darüber reden oder viele Worte machen. Ich freue mich, dass Jesus bald kommt, und warte auf ihn.
Den letzten Vers sprechen wir immer wieder an den Gräbern: „Der unseren nichtigen Leib verwandeln wird.“ Das ist unheimlich – nichtig! Wissen Sie, ich bekomme das mit, wenn die Bestattungsordner sagen: „Heute können wir den Sarg gar nicht fahren, da ist schon so eine Verwesung eingetreten.“ Manchmal ist es furchtbar, wie schnell das geht, wenn Leute so plötzlich sterben. Schon nach zwei Tagen sieht man oft, wie nichtig mein Leib ist.
Das, was mir heute noch so wichtig ist – wie ich aussehe, wie ich mich vor dem Spiegel betrachte, wie ich meine letzten Haare noch schön kämme –, das ist ein nichtiger Leib, der vergeht. Doch ich werde gleich werden seinem verherrlichten Leib. Eigentlich müsste doch die ganze Menschheit hellwach werden.
In Sheffield würde ich eigentlich nur meinen, wie da plötzlich 95 Menschen zu Tode getrampelt werden. Die Fotografen halten das fest, und jeder sitzt da – ich ja auch – und sagt: „Mensch, guck mal, wie der Mann gerade an dem Gitter abgedrückt wird, das ist hochinteressant.“ Wenn man denkt: Es ist dein Leben, das ist alles so vergänglich in dieser Welt, wo der eine den anderen auf die Seite drückt, dann gibt es eigentlich nur ein tolles Evangelium: Christus wird meinen Leib neu rufen, neu schaffen. Ich werde gleich sein wie der Auferstehungsleib Jesu.
Der ist kein Leib mehr, an dem man Schmerzen hat, schwitzt oder Mühsal erleidet, oder die Gicht in den Fingern spürt. Es ist ein neuer Leib, so wie Jesus ihn hat, der durch Wände geht, aber doch ein Leib, den man wieder anfassen kann, mit dem er Jünger ist. Ich werde wirklich einen Leib wiederbekommen – aber einen vollkommen neuen. Ich verstehe das nicht, aber ich darf es wissen, dass darin das Evangelium liegt.
Mit der Kraft, mit der er alle Dinge sich untertan machen kann – das ist die sogenannte Bestattungsformel, die wir sprechen: Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub. Ihn selbst übergeben wir der Gnade und Barmherzigkeit unseres Herrn, der dem Tod die Macht genommen hat. Mit seinem nichtigen Leib verklären wir das, ähnlich wie sein verklärter Leib, mit der Wirkung, dass er sich alle Dinge untertan machen kann – alle Dinge.
Dann darf ich fröhlich sein im Blick darauf, dass mich heute auch noch ein paar Dinge bewegen und ich noch einige irdische Sorgen habe. Wie läuft dies und jenes? Sie gehen nach Hause und sagen: „Was ist jetzt mit meinem Leib? Ich habe doch hier ganz normale Fragen: Der Zahn tut weh, und die Schmerzen sind da.“ Ja, ich freue mich, dass ich jetzt meinen Kampf durchfechten darf an meinem Stückchen der großen Freude, dass ich von Jesus ergriffen bin.
