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Vom Umgang mit hohen und mit tiefen Erlebnissen

18.07.19932. Korinther 12,1-10

Einleitung

Im 2. Korintherbrief werfen wir einen tiefen Blick in das Seelenleben des Apostels Paulus. Wir erkennen starke Spannungen. 11, 16-33: Passionsgeschichte des Paulus: tiefste Tiefen. 12, 1-4: Höchste Höhen, Entrückung in den 3. Himmel. 12, 5-10: Pfahl im Fleisch = tiefste Tiefen. Adolf Schlatter: „Paulus war bekannt mit den himmlischen Orten und mit den satanischen Mächten.“ Wir wollen heute lernen, wie man mit solchen Spannungen umgehen kann.

1. Vom Umgang mit hohen Erlebnissen

Dem Apostel Paulus wurde von korinthischen Charismatikern vorgeworfen, er hätte keine Geisteserlebnisse. In Korinth rühmte man sich solcher Dinge. Man rühmte sich:

  • der Gaben (z.B. Zungenrede und Heilung),
  • der Erkenntnisse, aber auch
  • der Erlebnisse (Visionen oder Offenbarungen). Nun antwortet Paulus und schreibt: Ich habe auch besondere Erlebnisse gehabt. Warum tut er das? Wollte er hier etwa seine Ehre verteidigen? Nein keineswegs, es ging um seine Autorität als Apostel. In Korinth waren Stimmen laut geworden, er - Paulus - sei kein richtiger Apostel. Darum... Paulus wurde von seinen eigenen geistlichen Kindern runtergekanzelt und in Frage gestellt. Das war eine schwere Erfahrung. Manchmal gehen Weltmenschen barmherziger mit einem um, als wie Gläubige. Lasst uns doch unsere geistlichen Leiter achten! Selbst junge..... Paulus erzählt nun von seinen hohen geistlichen Erfahrungen, wie sie kein Mensch vor ihm und keiner nach ihm gemacht hat. Es fällt auf: knapp, keusch, nüchtern, in keiner Weise ausgewalzt. 3.Himmel und Paradies = unaussprechliche Worte (Schwytzer Dütsch – Offenbarung 21, 7)

Vor 14 Jahren! Keine Geisteserlebnisse! Sondern 1. Korinther 2, 1-5(Apostelgeschichte 18, 9-10) gepredigt! Geisteserlebnisse waren nie Gegenstand seiner Verkündigung, sondern Jesus Christus. Wie hätte er das ausschlachten können! Überall wären die Schaulustigen nur so gesprungen. Aber: „Glauben heißt nicht leben von Außerordentlichem, sondern trauen aufs Wort und hängen an Jesus." Kurt Heimbucher.

Wie ist Paulus mit diesem hohen Erlebnis umgegangen? Ein Wort: geschwiegen, Mund gehalten. Warum? „Wenn ich mich selber rühme, verdunkele ich meinen Herrn.“ Alter Bruder / Gabe der Heilung

Wie machen wir’s? Wie gerne rühmen wir uns unsere Fähigkeiten. Wie gerne reden wir von unseren Tugenden. Wie gerne sagen wir, dass wir den und den persönlich kennen oder mit ihm "per Du" sind, usw. Wie gerne lesen wir unseren Namen oder sehen unser Bild abgedruckt! Was sind wir doch allesamt für hochmütige Leute! Wir können’s nicht verbergen; das Sein-Wollen blitzt aus allen Knopflöchern. Manche sind ganz geschickt: die rühmen sich dann ihrer Demut und Bescheidenheit. Kriegen wir das alles hin.

Paulus redet hier von seiner Entrückung. Aber er tut es nicht von Herzen. Er beschämt damit die ruhmsüchtigen Korinther. Aber es geht noch einen Schritt weiter. Er schreibt von seiner Schwäche.

2. Vom Umgang mit tiefen, schweren Erlebnissen

Er sagt in V.6: ich könnte angeben, aber ich tue es nicht. Ich würde nicht lügen, aber nicht alles, was wahr ist, muss gesagt werden. Stattdessen spricht er von einem göttlichen Gegengewicht: "Pfahl im Fleisch"

Was war der Pfahl?
  • Römisch-katholische Kirche: Fleischliche Versuchungen
  • Luther: Widerstände und Verfolgungen
  • Calvin: Versuchungen geistlicher Art, Zweifel
  • Karl Bonhoeffer: endogene Depressionen
  • weitere Vermutungen reichen von Augenleiden, rasende Kopfschmerzen, chronisches Malariafieber und epileptische Anfälle bis hin zu einer ungläubigen Frau.

Eigenartig: Was steht denn da? Satans Engel, der ihn mit Fäusten schlug. Wozu? auf dass er sich nicht überhebe. Durch die Schläge wurde Paulus bewahrt vor der religiösen Arroganz der Korinther. Geistlicher Hochmut ist in Gottes Augen eine schlimme Sünde, vielleicht schlimmer als Ehebruch und Hurerei. „Das Wasser der Ehre Gottes auf meine Mühle leiten ...“ Bei Paulus bestand der Pfahl aus Faustschlägen eines Dämons. Er kann heute bei dir und mir ganz anders aussehen:

  • Beethoven wurde taub
  • Frau, die Kinder liebt... kann keine Kinder bekommen
  • Krankheit / Erschöpfungsdepression / Einsamkeit / unter Menschen leiden, evtl. aus der eigenen Familie.

Bevor ich einen weiteren Versuch unternehme, sei ebenfalls der Vermerk gestattet, dass m. E. aus dem Wort Gottes überhaupt nicht abgeleitet - bestenfalls spekuliert - werden kann, dass Paulus etwa für sein Augenleiden dreimal betete bzw. dass er mit dem Dorn im Fleisch dieses beschriebene Leiden gemeint hat: Ich kenne kein Indiz für einen solchen Rückschluss. Deswegen der Ausdruck 'spekuliert' - pardon! ...und ich finde es gut, dass es dafür kein Indiz gibt; denn durch die von einem konkreten Leiden abstrahiert beschriebene Schilderung - 'Dorn im Fleisch' - erhält die Darlegung in 2 KOR 121-10 eigentlich erst ihre Vollgültigkeit auch für uns heute noch. Könnte sonst nicht jemand sagen: "Das ist ja gar nicht mein Fall; ich habe kein Augen-, sondern z. B. ein Nierenleiden", und zwar in der Version: 'Ich bin viel schlimmer dran...' Jetzt aber ist der Grundsatz, den der Heilige Geist vorstellen will, auf  j e d e n  Fall anwendbar, und der lautet: EIN DORN FÜR DAS FLEISCH DEMÜTIGT - ABER DIE GNADE GOTTES RICHTET AUF! Paulus spricht offen von seiner Schwachheit. Aber damit noch nicht genug. In V.8 offenbart er noch eine Schwäche, ein nicht erhörtes apostolisches Gebet. Das ist unerhört! Paulus schämt sich nicht, den charismatisch begabten Korinthern von einem nicht erhörten Gebet zu schreiben.

Und wir? Erzählen wir auch mal von nicht erhörten Gebeten oder nur von Erhörungen? Wenn in Biographien über berühmte Gläubige nur das Positive Erwähnung findet, nicht aber die Kämpfe, die Niederlagen und die Demütigungen, dann sind es keine guten Biographien. Paulus war ehrlich. Er spricht offen darüber, dass er nicht erhört wurde.

Noch etwas fällt mir hier auf. Was war seine erste Reaktion? Wegbeten! Wie bei uns … Aber wichtig! Paulus hat den Pfahl im Fleisch nicht einfach so hingenommen. Zuerst hat er dagegen gekämpft. Er hat dreimal gefleht! Hinnehmen ist ein Zeichen der Resignation. Bewusst annehmen ist ein Zeichen der Kraft. Großer Unterschied: resigniert hinnehmen: Schicksal, kann man nichts machen … oder bewusst annehmen.

Hier ist eine gewisse Spannung. Manche Kinder Gottes nehmen zu schnell etwas hin, ohne zuerst einmal mit Gott zu ringen im Gebet. Luther hat das nicht so gemacht. Als sein engster Mitarbeiter Melanchton einmal sterbenskrank wurde, da lag Luther auf den Knien und betete: „Herre Gott, wenn du mir meinen Melanchton sterben lässest, dann schmeiß ich dir den ganzen Kram vor die Füße; dann kannst du selbst dein Luther sein!“

Wir sollten mutiger beten! Glaubensvoller! Kühner! Es ist zuviel Routine in unseren Gebeten! Manche Gläubige fallen allerdings auf der anderen Seite vom Pferd. Die zwingen Gott förmlich, indem sie ihn im Gebet bestürmen. Neresheim

Wir dürfen Gott nicht die Ehre rauben! Gott ist kein Oberkellner, der mir auf mein Fingerschnippen hin die Erhörung meiner Gebete auf dem Tablett servieren muss. Gott ist Gott! Er hat das Recht, mir die Erfüllung mancher Bitten zu versagen! Das tun wir als Eltern gegenüber unseren Kindern doch auch. Wo hätte ich mich schon hingebetet, wenn Gott alle meine Gebete erhört hätte…! Monica – Augustin

„Wenn Gott unsere Gebete nicht so erhört, wie wir wollen, dann erhört ER sie so, wies besser ist!“ Noch einmal zurück zu Paulus. Wie kam es bei Paulus dahin, dass er den Pfahl annehmen konnte?
Der Herr Jesus antwortete ihm mit einem Wort. Paulus empfing ein göttliches Wort. Was sagt der HERR? 12, 9: „Meine Gnade ist genug für dich.“ Wurzel: 5. Mose 3, 26 raw la - genug für dich!

Watchman Nee: „Heilung bedeutet nicht, dass Schwachheit genommen wird, sondern dass Kraft vorhanden ist.“ Und Kraft ist nichts anderes als die Gegenwart Christi in meiner Schwachheit.

Der Herr Jesus sagt: Meine Gnade genügt für dich. Ich habe dich lieb. Gesund und krank. Mit Partner und ohne. Mit Arbeitsstelle und ohne. Ich hab dich lieb. Ich bin am Kreuz für dich gestorben. Auferstanden. Du darfst aus meiner Fülle leben. Ich will dich tragen und führen und eines Tages vollenden. Die Gnade reicht aus! Uwe: „Ma grace te suffit.“ EIN DORN FÜR DAS FLEISCH DEMÜTIGT - ABER DIE GNADE GOTTES RICHTET AUF!

Paulus gewinnt das Ja und eine positive Sicht. Er rühmt sich der Schwachheit.  V. 9b-10 Ich muss bekennen: noch nicht gelernt. „Wir wollen oft alles sein, Zeuge und Märtyrer für Jesus, nur nicht seine Schwächlinge.“ Im Fernsehen wird keine Schwachheit gerühmt! Aber bei Christus und in seiner Gemeinde. Und eine besondere Gefahr besteht bei uns Hauptberuflichen: wir müssen ja immer stark sein … Ach, ja. Müssen wir das wirklich?

Und wer sind wir als Gemeinde? Was ist eine christliche Gemeinde? Nach der Definition von 2. Korinther 12 sind wir eine Zusammenkunft von Menschen, die an die Grenzen ihrer Kraft gekommen sind. An den Wunden unseres Lebens haben wir zu Christus gefunden. Und die Wunden unseres Lebens halten uns bei IHM. Nicht nur die Wunden. Das wäre zu wenig. Seine Treue und Macht halten uns bei IHM.

Schluss

Die Gnade Jesu Christi genügt. Die Gnade Jesu Christi reicht aus in jeder Situation unseres Lebens: wenn wir versagt haben wenn Menschen über unser Haupt gefahren sind wenn wir vor einer Operation stehen oder gar an einem offenen Grab wenn wir loslassen müssen / Verlust erleben Die Gnade Jesu Christi genügt: auch in den Gebrechen und Demütigungen des Alters. evtl. „Ja, Vater!“ (Karl-Heinz Geppert)