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Wie Sünde unsere Ideale zerstört

Was wir über Sünde wissen müssen, Teil 2/7
24.01.2015Römer 5,12

Wie Sünde unsere Ideale zerstört

Reihe: Was wir über Sünde wissen müssen (2/7)

Einleitende Gedanken

In der Schweiz soll gemäss dem Migros Magazin jede zweite Ehe von Untreue betroffen sein. Julia Onken befragte für ihr Buch „Die Kirschen in Nachbars Garten“ tausend Testpersonen zum Thema Untreue. Zwei Drittel der Männer und über die Hälfte der Frauen gestanden ein, oft bis sehr häufig davon zu träumen, ausserhalb ihrer Beziehung sexuell zu verkehren. Dieser Traum würde erstaunlich oft in die Tat umgesetzt. Es sind also nicht nur die Schönen, Reichen und Mächtigen, die es in diesem Bereich nicht so genau nehmen. Würden wir diese Menschen fragen, wie sie sich eine ideale Beziehung vorstellen, dann würden die meisten betonen, wie wichtig ihnen die Treue sei. Wer heiratet plant ja keine Affäre. Die meisten Paare können sich, wenn sie heiraten, nicht vorstellen, dass sie je auf eine solche Idee kommen könnten. Diese Diskrepanz zwischen dem, was man für richtig hält und dem, was man tatsächlich tut, ist nicht nur im sexuellen Bereich gross. Auch der Umgang mit Geld ist mit hohen Idealen befrachtet. Uli Hoeness, der sich oft zu seinen hohen Idealen bezüglich Steuermoral öffentlich äusserte, hinterzog selber Steuern in der Höhe von ungefähr 28 Millionen Euro. Oder Franz Weber, der Initiant der Zweitwohnungsinitiative. Zwei Jahre nach der für ihn erfolgreichen Abstimmung stellte sich heraus, dass er selber mehrere Zweitwohnungen besitzt, die meist leer stehen. Wie heuchlerisch erscheint da der Kampf dieses Umweltschützers. Geld, Macht und Sexualität sind die Bereiche, die wir mit hohen Idealen in Verbindung bringen und immer wieder erleben, dass Menschen auf diesen Gebieten scheitern. Wir könnten endlos mit Beispielen weiterfahren. Mit grösster Wahrscheinlichkeit fände jeder von uns Beispiele aus dem eigenen Leben. Wir haben Ideale, sind aber selten fähig unseren Idealen entsprechend zu leben. Obwohl uns das bewusst ist, gehen die Wogen in unserer Gesellschaft hoch, wenn z.B. bei Politikern oder Mächtigen eine peinliche Sache bekannt wird. Es erstaunt mich immer wieder, mit welchem hohen moralischen Anspruch diese Menschen verurteilt werden. Plötzlich haben wir ein Heer von Experten, die mit dem Finger auf diese Leute zeigen, als ob sie selber den hohen moralischen Massstäben immer genügen würden, mit denen sie die Gestrauchelten messen. Eigentlich sollten uns Fehlverhalten nicht überraschen, denn die Bibel sagt uns, wo das Problem liegt. Es liegt in uns. Es ist die Sünde, von der jeder Mensch betroffen ist. Niemand kann sich dem Einfluss der Sünde entziehen – nicht aus eigener Kraft. So werden wir uns jetzt Gedanken darüber machen, wie die Sünde unser Leben beeinflusst und wie wir die Sünde loswerden.

Die unheimliche Kraft

Die Sünde ist eine unheimliche Kraft, die in unserem Leben und in der Welt einen zerstörenden Einfluss ausübt. Niemand kann sich ihrem Einfluss entziehen. Paulus schreibt: „Durch einen einzigen Menschen – Adam – hielt die Sünde in der Welt Einzug und durch die Sünde der Tod, und auf diese Weise ist der Tod zu allen Menschen gekommen, denn alle haben gesündigt.“ Röm.5,12. Wir haben in der ersten Predigt dieser Reihe festgestellt, dass Sünde unser Schicksal ist. Die Sünde ist nicht primär eine Tat sondern ein Zustand. Sünde ist die Trennung von Gott. In diesem Zusammenhang spricht man auch von der Erbsünde. Mit der Zeugung erbt sozusagen jeder Mensch diese Sünde, so eine Art geistliche DNA. Doch die Erbsünde ist nicht einfach ein Makel, mit dem wir uns arrangieren müssen. Die Erbsünde entwickelt in uns eine unheimliche Kraft. Zwangsläufig werden wir uns aktiv versündigen. Wir können nicht behaupten, wir hätten die Sünde von Adam und Eva nicht geerbt. Hätten wir diese Sünde nicht geerbt, würden wir gut und richtig leben. Deshalb betont Paulus: „Alle haben gesündigt.“ Röm.5,12. Im Brief an die Christen in Rom beschreibt Paulus, wie zerstörend sich diese Erbsünde auf das Leben eines Menschen auswirkt. Er beschreibt das Dilemma, das jeder, wenn er ehrlich ist, nachvollziehen kann: „Ich tue nicht das, was ich tun will; im Gegenteil, ich tue das, was ich verabscheue.“ Röm.7,15. Natürlich würden das nur wenige Menschen von sich selber sagen, ausser sie haben sich in eine offensichtlich auswegelose und peinliche Situation hineinmanövriert. Aber Paulus macht uns auf die wichtige Tatsache aufmerksam, dass wir mit unserem Willen nicht alles erreichen können. Selbst wenn wir das Richtige tun wollten, schaffen wir es nicht. „Obwohl es mir nicht am Wollen fehlt, bringe ich es nicht zustande, das Richtige zu tun.“ Röm.7,18. Was für ein Frust! „Ich tue nicht das Gute, das ich tun will, sondern das Böse, das ich nicht tun will.“ Röm.7,19. Was für eine Katastrophe! Der Mensch ist nicht Herr über sich selbst. Er weiss zwar was gut und richtig wäre. Er würde das Gute auch gerne tun, aber er schafft es einfach nicht – nicht immer! Warum? Klar – es ist die Sünde. Die Gottlosigkeit des Menschen führt dazu, dass er die Kontrolle über sich nicht hat. Sie zwingt ihn zu einem Doppelleben. So lehnt er z.B. Ehebruch vehement ab, obwohl er selber eine Geliebte hat. Paulus meint: „Wenn ich das, was ich tue, gar nicht tun will, dann handle nicht mehr ich selbst, sondern die Sünde, die in mir wohnt.“ Röm.7,20. Die Sünde ist die treibende Kraft im Menschen. Sie ist wie ein Motor, den ich vielleicht leicht beeinflussen kann, aber den ich nicht einfach abstellen kann. Die Sünde wohnt in mir. Sie ist ein prägender Bestandteil meines Lebens. Von dieser Sünde, die sich nur schwer bändigen lässt, wird der Mensch getrieben. Das ist die die Dramatik des Menschen und das ist die Dramatik der Welt. Nun wirst du vielleicht denken, so schlimm, wie er das jetzt ausmahlt, ist es nun auch wieder nicht. In unserer Gesellschaft kommen wir doch ganz gut zurecht. Wir haben viele soziale Einrichtungen und es gibt viele Menschen, die sich ehrenamtlich und selbstlos für andere Menschen einsetzen usw. Das stimmt natürlich – zum Glück! Die Sünde zerstört ja nicht einfach alles. Doch die Argumente, mit denen man dem Paulus widersprechen möchte, können der Wirklichkeit der zerstörenden Kraft der Sünde nicht standhalten. Philip Zimbardo, Professor für Psychologie, untersuchte das Phänomen, warum normale und scheinbar gute Menschen schlechte oder böse Dinge tun können. Oder anders gesagt: „Was macht Menschen böse?“ Er veröffentlichte seine Untersuchung in einem Buch mit dem Titel: Der Luzifer-Effekt. Er kommt zum Schluss, dass letztlich jeder Mensch unter bestimmten Umständen zu jeder grässlichen Tat fähig ist. Er meint, dass wir diese Tatsache nicht wahrhaben möchten. Er schreibt: „Die meisten Menschen verstecken sich hinter egozentrischen Voreingenommenheit, die die Illusion erzeugen, man sei aussergewöhnlich.“ Anders gesagt: Wir bilden uns ein, ganz anders als z.B. ein Verbrecher zu sein. Diese Einbildung aussergewöhnlich zu sein, bezeichnet er als eine Art Schutzschild. Dadurch erzeugen wir die Illusion, wir könnten unseren persönlichen Idealen entsprechend leben und wir wären zu abscheulichen Taten nie fähig. Den Ursprung dieser Einbildung sieht er in der Tatsache, dass wir uns und unser Verhalten nur in einem bestimmten Rahmen kennen. Er sagt: „Die meisten Menschen kennen sich selbst nur im Rahmen ihrer begrenzten Erfahrungen in vertrauten Lebenslagen, die Regeln, Gesetzen, Richtlinien und einschränkenden Zwängen unterliegen.“ Das Böse wird durch unser Lebensumfeld sozusagen in Zaum gehalten. Zimbardo macht in seiner Untersuchung keine religiösen Bezüge. Doch aus Sicht der Bibel kann man sagen, dass unser Lebensumfeld dazu beiträgt, dass der Motor Sünde etwas gedrosselt wird. Machen wir mal einige Beispiel. Unsere Gesetze halten uns davon ab, dass wir unseren Nachbarn oder Kollegen ermorden, wenn er uns im Weg steht. Die Aussicht deswegen einige Jahre im Gefängnis zu verbringen sind nicht sehr attraktiv. Doch wenn ich das machen könnte, ohne einen persönlichen Nachteil daraus zu ziehen, würde ich das vielleicht tun. Wir sind alle gesellschaftlich vernetzt und in diesen Gesellschaften gibt es Verhaltensnormen, die anerkannt sind und Verhaltensweisen, die abgelehnt werden. Wenn ich von meinem Beziehungsnetz nicht ausgeschlossen werden will, so halte ich mich an diese Normen usw. Selbst wenn sich ein Mensch äusserlich an all diese Normen hält, weiss jeder von sich, dass es da trotzdem Dinge in seinem Leben gibt, die nicht in Ordnung sind. Er tut es trotzdem, einfach im Verborgenen. Die Kraft der Sünde zeigt sich dann mit ihrer vollen Wucht, wenn sich das bekannte Lebensumfeld komplett ändert. Wenn diese hemmenden Faktoren wegbrechen, kann der Motor Sünde auf Hochtouren laufen. So z.B. geschehen in den Konzentrationslagern, in Abu Ghraib, in Ruanda usw. Um das zu beobachten müssen wir nur die Geschichtsbücher und Zeitungen öffnen. Friedrich Dürrenmatt zeigt uns die menschlichen Abgründe im Stück „Der Besuch der alten Dame“. Eine reiche alte Dame besucht einen verarmten Ort namens Güllen. Bei einem Bankett eröffnet sie den Dorfbewohnern, sie würde den Leuten von Güllen eine horrende Summe auszahlen, die unter den Dorfbewohnern verteilt werde. Damit wären alle finanziellen Probleme der Bewohner auf einen Schlag gelöst. Eine Bedingung stellte sie jedoch. Sie wollte, dass das Unrecht, das ihr durch einen Mann von Güllen angetan wurde, gerächt wird. Wenn dieser Alfred stirbt, würden die Bewohner das Geld bekommen. Empört lehnten die Güllener das Angebot ab. Doch mit der Zeit änderte sich die Gesinnung der Bevölkerung. An einer Gemeindeversammlung wurde dieser Albert zum Tode verurteilt und noch an der Versammlung selbst getötet. Damit beschrieb Dürrenmatt, wie die Sünde in und unter den Menschen zerstörerisch wirkt. Zimbardos These passt gut zu dieser Geschichte: „Nicht die Veranlagung bringt gute Menschen dazu, Böses zu tun, sondern die Situation, in der sie sich befinden oder in die man sie versetzt.“ Aber, so müsste ich Zimbardo ergänzen, dass Menschen in gewissen Situationen Böses tun, damit zu tun hat, dass sie von der Sünde getriebene sind. Wäre das nämlich nicht so, dann würden sie sich auch in veränderten Situationen nicht zu bösen Taten hinreissen lassen. Paulus fasst das Dilemma nochmals zusammen: „Mein Handeln steht im Kampf mit dem Gesetz, dem ich innerlich zustimme, und macht mich zu seinem Gefangenen. Darum stehe ich nun unter dem Gesetz der Sünde, und mein Handeln wird von diesem Gesetz bestimmt.“ Röm.7,23. Was für eine Tragik, diese zerstörende Sünde, diese unheimliche Kraft im Leben eines Menschen. Paulus ruft aus: „Ich unglückseliger Mensch! Mein ganzes Dasein ist dem Tod verfallen. Wird mich denn niemand aus diesem elenden Zustand befreien?“ Römer 7,24

Der radikale Befreiungsschlag

Gut gibt es aus dieser scheinbar ausweglosen Situation des Menschen, der dem Gesetzt der Sünde ausgeliefert ist, einen Ausweg. Es gibt zwar einige Ausleger, die den Zustand, den Paulus beschreibt, als die Situation eines jeden wiedergeborenen Christen verstehen. Übrigens ist diese Meinung weit verbreitet. Ich sehe das anders. Durch einen radikalen Befreiungsschlag kann sich jeder Mensch von diesen Zwängen befreien, die uns schlussendlich in die Verdammnis führen würden. Paulus gibt die Antwort gleich selber: „Für die, die mit Jesus Christus verbunden sind, gibt es keine Verurteilung mehr.“ Röm.8,1. Gut, man könnte jetzt auch verstehen, dass wer mit Christus verbunden ist, der wird für sein Verhalten nicht mehr verurteilt, aber das Problem könnte er trotzdem noch haben. Doch die Veränderung durch Jesus ist viel radikaler, wie Paulus erklärt: „Wenn du mit Jesus Christus verbunden bist, bist du nicht mehr unter dem Gesetz der Sünde und des Todes; das Gesetz des Geistes, der lebendig macht, hat dich davon befreit.“ Röm.8,2. Das Gesetz der Sünde wird durch den Glauben an Jesus ausser Kraft gesetzt. Der Motor wird abgestellt oder noch besser: Er wird hinausgeworfen. Warum das möglich ist erklärt er so: „Gott sandte als Antwort auf die Sünde seinen eigenen Sohn. Dieser war der sündigen Menschheit insofern gleich, als er ein Mensch von Fleisch und Blut war, und indem Gott an ihm das Urteil über die Sünde vollzog, vollzog er es an der menschlichen Natur.“ Röm 8,3 Durch den Tod von Jesus wurde das Grundproblem des Menschen gelöst. Die Schuld, die den Menschen von Gott trennte, wurde bezahlt. Wer nun sein Leben Jesus anvertraut, der wird von der Erbsünde befreit. Die Verbindung zu Gott ist somit wieder hergestellt. Deshalb sind wir durch den Glauben an Jesus frei geworden. Paulus freut sich darüber und sagt: „Gott sei Dank, dass die Zeit vorbei ist, in der ihr Sklaven der Sünde wart, und dass ihr jetzt aus innerster Überzeugung der Lehre gehorcht, die uns als Massstab für unser Leben gegeben ist und auf die ihr verpflichtet worden seid.“ Röm.6,17. Dieser radikale Befreiungsschlag beinhaltet noch einen weiteren wichtigen Aspekt. Denn nicht nur die Sünde, die in uns wohnte, ist aus unserem Leben verbannt, sondern jetzt wohnt neu Gott durch seinen Heiligen Geist in uns. Paulus meint dazu: „Der Geist, den ihr empfangen habt, macht euch nicht zu Sklaven, sodass ihr von neuem in Angst und Furcht leben müsstet; er hat euch zu Söhnen und Töchtern gemacht, und durch ihn rufen wir, wenn wir beten: ‚Abba, Vater!‘“ Röm.8,15. Das ist die Botschaft des Evangeliums: Wir werden von der Erbsünde befreit und sind in der Lage ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott zu führen. Das ist, was Jesus meint, wenn er sagt: „Wenn der Sohn euch frei macht, seid ihr wirklich frei.“ Joh.8,36. Wenn du diese Freiheit noch nicht kennst, dann lass dich doch einladen, dein Leben Jesus anzuvertrauen. Wie das geht sagt Paulus so: „Ob jemand Jude oder Nichtjude ist, macht keinen Unterschied: Alle haben denselben Herrn, und er lässt alle an seinem Reichtum teilhaben, die ihn im Gebet anrufen. Denn ‚jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden‘.“ Römer 10,12-13

Schlussgedanke

Die Sünde ist eine unheimliche Kraft, die nicht nur unser Leben zerstört, sondern auch die ganze Welt in Mitleidenschaft zieht. Aus eigener Kraft wird sich kein Mensch diesem zerstörenden Einfluss entziehen können. Es gibt nur einen radikalen Befreiungsschlag, der uns von der Sünde befreit. Es ist Jesus, der für unsere Schuld am Kreuz starb. Jeder Mensch, der sich nun Jesus zuwendet, der wird von dieser Sünde befreit. Petrus sagte seinen Zuhörern an Pfingsten, als sie ihn fragten, was sie nun tun sollten, folgendes: „Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen von Jesus Christus taufen! Dann wird Gott euch eure Sünden vergeben, und ihr werdet seine Gabe, den Heiligen Geist, bekommen.“ Apg.2,38. Das bedeutet nicht, dass wir ab diesem Zeitpunkt nie mehr sündigen werden. Aber es bedeutet, dass der Zwang zu sündigen nicht mehr in dieser Kraft in uns wirksam ist. Wir werden noch sehen, wie wir als Christen im Spannungsfeld von Versuchungen leben können. Bis dahin gebe ich euch eine Empfehlung von Paulus mit auf den Weg: „Lasst den Geist Gottes euer Verhalten bestimmen, dann werdet ihr nicht mehr den Begierden eurer eigenen Natur nachgeben.“ Galater 5,16