Gestern Abend haben wir bereits in einer vollen Kirche und anschließend im Saal die anbrechende Festzeit gefeiert.
Auch heute Morgen, am ersten Advent, möchte ich Sie grüßen und Ihnen wünschen, dass Sie in diesen Tagen eine ganz persönliche und unmittelbare Begegnung mit unserem Herrn Jesus Christus erleben.
Einladung zur Adventszeit und Bußzeit
Mache die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe. Wir wollen miteinander singen: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, Lied Nummer sechs, die Verse eins bis drei.
Wir wollen in diesem Gottesdienst zuerst miteinander das Abendmahl feiern. Das erinnert uns daran, dass diese Adventszeit eine Bußzeit ist, eine Zeit der Umkehr, der Vorbereitung und der Zurüstung – auch auf die großen weihnachtlichen Festtage.
Wir wollen dies tun, indem wir uns erheben und uns vor dem Herrn demütigen. Zuerst bekennen wir in der Stille jeder für sich vor Gott, dass wir gesündigt haben – in Gedanken, Worten und Werken.
Wir wollen in der Stille ihm sagen, was jeden von uns besonders bedrückt an Schuld:
Ich, armer Sünder, bekenne vor Gott, meinem himmlischen Vater, dass ich schwer und auf vielfache Weise gesündigt habe. Nicht allein mit offenkundigen und groben Sünden, sondern auch mit innerer Blindheit, Glaubenszweifel und Kleinmut, mit Ungeduld, Überheblichkeit und bösen Begriffen, mit Geiz, Neid, Missgunst und Hass und mit manch anderer Bosheit meines Wesens.
Dies alles erkennt mein Gott und Herr an mir viel besser, als ich es erkennen kann. Meine Sünden reuen mich und sind mir leid, und ich bitte von Herzen um Gnade von Gott.
Durch seinen geliebten Sohn Jesus Christus ist diese Bekenntnis und eure Bitte so: Antwortet mit einem aufrichtigen „Ja, euch geschehe, wie ihr glaubt!“
Der allmächtige Gott hat sich über euch erbarmt. Durch seinen lieben Sohn Jesus Christus vergibt er euch alle eure Sünden, die ihr Gott bekennt und bereut.
Und weil Jesus es so geordnet hat, dass wir einander die Sünden vergeben in seinem Namen, so verkündige ich euch die Gnade Gottes und die Vergebung aller bereuten und bekannten Schuld.
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes sei es – glaubt der Sprecher: Amen.
Abendmahl als Zeichen der Vergebung
Armin: Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.
Der Jesus, der in der Nacht, da er verraten wurde, mit seinen Jüngern zu Tisch saß, nahm das Brot, sprach Dank, brach es, gab es seinen Jüngern und sagte: „Nehmt hin und esst; das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis.“
Genauso, nach dem Abendmahl, nahm er den Kelch, sprach Dank, gab ihn ihnen und sprach: „Trinkt alle daraus; das ist mein Blut des neuen Bundes, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Tut dies so oft ihr daraus trinkt zu meinem Gedächtnis.“
Herr Jesus Christus, wir sind nicht wert, dass du bei uns einkehrst, aber sprich nur ein Wort, so wird unsere Seele gesund.
Armin: Nun wollen wir erheben und miteinander dem Herrn danken, indem wir gemeinsam den Anfang des 100. Psalms beten:
„Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen!
Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat,
der dir alle deine Sünden vergibt und heilt alle deine Gebrechen,
der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich mit Gnade und Barmherzigkeit krönt!“
Und nun nehmen wir wieder Platz und singen aus dem Lied 403 die Verse eins, drei, vier und fünf.
Musik.
Predigttext: Der Einzug Jesu in Jerusalem
Unser Predigttext steht heute in Matthäus 21,1-11, dem Einzug Jesu in Jerusalem.
Als sie sich der Nähe Jerusalems näherten, bei Betfage am Ölberg, sandte Jesus zwei Jünger voraus. Er sagte zu ihnen: „Geht in das Dorf, das vor euch liegt! Sogleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr. Bindet sie los und führt sie zu mir. Wenn euch jemand etwas sagt, dann sprecht: Der Herr braucht sie. Zugleich wird er sie euch losgeben.“
Das geschah, damit erfüllt würde, was durch den Propheten gesagt worden ist: „Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir, sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.“
Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte. Sie brachten die Eselin und das Füllen, legten ihre Kleider darauf, und Jesus setzte sich darauf.
Eine große Menschenmenge breitete ihre Kleider auf den Weg. Andere hoben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg.
Die Menge, die ihm voranging und folgte, rief laut: „Hosanna dem Sohne Davids! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe!“
Als er in Jerusalem einzog, erregte sich die ganze Stadt und fragte: „Wer ist das?“ Die Menge antwortete: „Das ist Jesus, der Prophet aus Nazareth in Galiläa.“
Herr, gib uns Augen für deine Größe und eine hoheitsvolle Liebe.
Die Bedeutung von Königtum und Ehrfurcht
Gemeinde, Sie kennen doch die Fischerchöre. Neulich haben die Fernsehleute die Regenten tüchtig auf die Schippe genommen. Verstehen Sie Spaß?
Da unten in der Schleyer-Halle hatten sie eine große Probe. Dieser mächtige und eindrucksvolle Chor mit einigen hundert Sängern wurde plötzlich von zwei Herren unterbrochen. Diese sagten, sie seien vom Auswärtigen Amt in Bonn und müssten kurzfristig mitteilen, dass die Königin Elisabeth von England gerade auf der Fahrt zum Flughafen sei und kurz diese Halle besichtigen wolle. Das Architektenteam, das diese Halle gebaut hat, soll nämlich auch in England ein großes Gebäude zu Ehren der Königin errichten. Deshalb wollte sie sich vorher von der Qualität dieses Bauwerks überzeugen.
Das Ganze wurde mit einer versteckten Kamera aufgenommen. Plötzlich wurde der Dirigent feierlich und sagte dem Chor noch einmal, wie man die Königin mit einem kleinen, höflichen Knicks begrüßen sollte. Das war natürlich mächtig inszeniert: Wie dieser Mercedes Pullman einfuhr, mit Motorrädern vorne dran, und dazu die englische Nationalhymne gesungen wurde.
Aus Zeitmangel sagte man, die Königin könne nicht aussteigen. Sie hatte auch das Aussehen der königlichen Hoheit. Doch als sie schließlich doch aus dem Auto stieg, bemerkten viele lange nicht, dass es eine ganz stumpfe und pummelige Waiblingerin war, die sich dort als Königin von England verkleidet hatte.
Dann waren alle der Lächerlichkeit preisgegeben. Das also ist die Ehrfurcht, die man vor der königlichen Hoheit bringt – nur wegen des Gesichts, wegen des blauen Kleides und des schönen Hütchens, das sie aufhatte.
Was ist denn das Besondere an den königlichen Hoheiten? Wir sind ja heute von der Demokratie durch und durch geprägt, dass wir schon fragen: Warum haben die einen mehr blaues Blut in den Adern? Und warum zollen wir ihnen besondere Ehrfurcht? Das sind doch auch nur Menschen wie wir. Als Babys wurden sie ziemlich ähnlich wie wir geboren, bloß in der ersten Klasse vielleicht. Und sterben werden sie wie wir.
Es gibt keinen Unterschied unter den Menschen, ob König oder Bettler. Wir sollten uns heute an diesem Advent wirklich an der Nase packen und uns schämen. Denn wir haben ja den einen, der den Namen König verdient. Nicht einen, der irgendwo herausgerückt wird aus der großen Zahl der Millionen Menschen und dem irgendwie Ehre gegeben wird.
Der, der den Namen König verdient, ist auch Herr aller Herren, der alle Macht hat im Himmel und auf Erden. Wir feiern doch Advent für diesen Jesus Christus, der einmal wiederkommen wird und von dem die Welt gerichtet wird. Jeder Mensch wird einmal vor dem Richterstuhl Jesu Christi stehen.
Jesus als wahrer König und Herrscher
Ich musste Ihnen die kleine Geschichte erzählen, die sich dort in der Schleyer-Halle zugetragen hat, weil manchmal Christen dazunehmen. Na ja, Jesus, der König? Nein, das ist ein anderer König. Ein echter, nicht irdischer König, einer, der gebieten kann mit einer ganz anderen Machtfülle als unsere Kanzlerin, Präsidenten – dem Gott alles in die Hand gegeben hat. Dieser Jesus, der diese Welt geschaffen hat.
Wenn wir in diesen Tagen das Kommen Jesu feiern und uns stille nehmen, um darüber ein wenig nachzudenken, dann soll uns die Größe, die Macht Jesu gewaltig werden und eindrucksvoll. Diesen König wollen wir anbeten, auf ihn wollen wir warten.
Mein erster Punkt: Wir wollen ihn als König erwarten.
Jetzt müssen Sie noch einmal so im Geist das ganze Neue Testament durchblättern. Da stehen ja viele Jesusgeschichten drin, aber überall tritt Jesus in der Schwachheit auf, in einem ganz natürlichen menschlichen Fleisch. Wir erleben ihn dürsten und hungern. Bei der Versuchung erleben wir ihn, wie die Menschen ihn verspotten und wie sie ihn schlagen.
Vielleicht haben wir auch dann immer wieder in unseren Gedanken, das spielt viel zu einseitig. Auch weil er am Kreuz so schwach und so ohnmächtig hängt. Manchmal denke ich, wenn unsere jungen Leute, unsere Konfirmanden, immer wieder von Jesus hören, dann haben sie gar keinen Respekt. Dann können sie sich gar nicht für ihn begeistern, dann können sie ihm gar nicht zujubeln.
Das ist wichtig: dass wir neben der armen Gestalt der Niedrigkeit Jesu, der Krankheit, die er trug, und dem Leiden, das er dadurch litt, auch immer wieder das andere ganz mächtig betonen. Er ist der Herr, der auf dem Thron sitzt. Und wenn er nur ein Wort spricht, dann geschieht es.
Wenn du bei Jesus stehst, dann stehst du dort, wo alle Fäden dieser Welt zusammenlaufen. Nicht im Dunkeln, in der Macht der Finsternis laufen die Fäden zusammen, sondern in der Hand Jesu. Er wird den Heilsplan Gottes zu Ende führen.
Darum ist es so schön, dass diese Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem in der Bibel steht. Ein Ausdruck der Größe und Hoheit Jesu – und doch nicht so, wie das unsere irdischen Könige machen.
Je toller die Wagenklasse von Mercedes, umso größer muss der Präsident sein. Das lernt man schon in der Dritten Welt, und das macht dann jeder nach. Aber das ist ein Zeichen der Ohnmacht unserer weltlichen Republiken.
Jesus hat verzichtet auf jedes der Prunkzeichen. Da war keiner mit der Kalaschnikow dabei, da war kein Pferd nötig, das damalige Kriegstier, sondern das lächerliche Bild, wie ein Mann auf dem kurzen Esel reitet, die Füße über den Boden schleifen.
Und doch liegt eine große Hoheit drin in Jesus. Und das gefällt mir so, dass Jesus nicht liegt an der Verkleidung und der äußeren Kostümierung, sondern an seinem Wort, in seinem Wesen da ist diese Größe und Macht sichtbar.
Die Menschen strömen zusammen.
Jerusalem als Zentrum göttlicher Pläne
Warum zieht Jesus gerade nach Jerusalem? Jerusalem ist der Mittelpunkt Israels. Das wissen die anderen Völker sicher nicht, wenn sie immer wieder in den politischen Versammlungen diskutieren, wie wohl die Zukunft Jerusalems aussehen soll und was Israel und Jerusalem bedeuten.
Sie müssten einmal zuschauen, wenn die gläubigen Juden an der Westmauer beten und ihre Hände an diese Mauer drücken. Oder wenn sie nicht mit ihren Füßen auf den Tempelberg hinaufgehen wollen, damit sie diesen heiligen Platz nicht mit ihren Füßen betreten.
In dieses Heiligtum zieht Jesus ein, weil Gott an diesem Ort alle seine großen Pläne festgemacht hat. Dort hat er bei David geschworen: „Ich will dir ein Haus ewiglich bauen, ich will deine Herrschaft auf ewig befestigen.“
Die großen, herrlichen Zionslieder sprechen davon, dass Gottes Schutz über Israel steht. Jesus zieht als der Messias, der König, ein. Gleichzeitig ist Jerusalem der Mittelpunkt der damaligen Kirche.
Jesus will deutlich machen: Es gibt keine Gottesverehrung ohne ihn, ohne dass man sich um ihn sammelt und ihn anbetet.
Jesus will in der Gemeinde wohnen
Jetzt möchte ich Ihnen ein ganz praktisches Wort zum Advent sagen. Es soll uns heute daran erinnern, dass dieser mächtige Jesus auch in seiner Gemeinde wieder einkehren will. So wie damals im Tempelgottesdienst von Jerusalem, als Jesus selbst auftrat und rief, so will er auch heute neues Leben schenken.
Jesus will Entwicklung und Aufbrüche bewirken. Ich habe diese Hoffnung gerade in diesem Advent, gerade über unsere oft so zerstörte und in einer notvollen Situation befindliche Kirche. In vielen Kirchen, die sich gespalten haben, soll doch wieder etwas von der Herrlichkeit Jesu sichtbar werden. Dort will Jesus hin.
Wenn man dann wegschaut von all dem, was uns wichtig ist, und nach dem fragt: "Was willst du, Jesus?", dann haben wir heute schon die Einheit der wahren Gemeinde Jesu – durch alle Kirchenorganisationen hindurch. Das ist eine wunderbare Botschaft für unseren ersten Advent: Jesus kommt zu seiner Gemeinde und sucht sie auf. Er kehrt dort ein, und das läuft alles nach einer tollen Regie.
Wir sind gar nicht die Macher, sondern er hat das Sagen. Er befiehlt seinen Jüngern: "Kommt, geht dorthin, holt den Esel, bringt ihn her!" Sein Kommando ist so eindeutig und klar. Wenn in unseren Tagen wieder Christen sind, Jünger, die nur auf die Stimme Jesu hören, dann bin ich fest davon überzeugt, dass unser Herr Jesus noch einmal auch in diesen oft zur Not vollen Kirchenorganisationen Einzug halten kann.
Er ist willkommen, er sucht gehorsame Leute, die seine Befehle ausführen. Und das läuft dann so, dass selbst ein wildfremder Mann, dem der Esel gehört, nachgeben muss. Denn der Herr braucht ihn. Wenn das heute wieder geschieht, dann nicht durch irgendwelche Aufmischungsprogramme der Kirche, in die man neues Leben hineinpumpen will, sondern dort, wo Jesus selbst seine Leute, seine Jünger, anweist und sagt: "Kommt!"
Jesus will noch einmal einkehren, zu seinem Volk kommen. Und er verlangt Opfer – das gehört mit dazu. Die Jünger, die ihm gehorsam sind und diese Befehle ausführen, sagen: "Bitte schön, wie du willst." Sie haben alle eigenen Pläne zurückgestellt. Solche Leute braucht Jesus.
Dann werfen die Leute nachher ihre Kleider auf den Weg, um die Bahn zu schmücken. Das ist ein Zeichen, dass das etwas kostet. Ich weiß nicht, wie kostbar ihnen ihr Jacket ist, aber das war schon eine Tat, wie sie es ausgezogen und auf den Weg gelegt haben.
Wenn wir heute in Deutschland unsere Bäume ehren, dann spricht man kaum noch vom Sterben der Menschen oder vom Sterben der Bäume. Das ist wichtig und ernsthaft, aber wie war das damals unten in den heißen Ländern, wie sie die Palmzweige herunterrissen? Für Jesus ist jedes Opfer wertvoll. Lass ihn einziehen!
Wir leiden darunter, wenn wir heute Kirchen und Gemeinden erleben, in denen wir nichts von der Gegenwart Jesu spüren. Ach, komm doch noch einmal! Unser Herr Jesus tritt ein in unserer Mitte, und da sind die Jünger, die öffentlich und laut ausrufen: "Komm, König!"
Ja, ich bin so verschüchtert. Ich habe alles in der Diskussion gehört: Wer ist Jesus wirklich? Der Gottessohn? Kann man das in unserer Zeit noch sagen? Ist er der König und Herr? Auch wenn uns doch der Mund aufgetan würde, dass wir das überall laut erzählen – in der kommenden Woche vor Gläubigen und Ungläubigen.
Wir warten auf Jesus, den König, den Herrn der Welt, der einmal Gericht hält und der in diesen Tagen Einzug halten will. Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Adventsfest, weil diese Ankunft Jesu auf uns wartet. Er will einkehren. Er hat diesen Plan.
Jubel und Freude über Jesus
Das zweite: Wir wollen ihm zujubeln. Nun, in unseren Versammlungen geht es oft sehr still und feierlich zu. Das hat ja auch seinen Sinn. Aber ich freue mich, wenn in diesen Festtagen auch in ihrem Feiern etwas von der großen Freude durchbricht, die uns erfüllt.
Ich muss das Ihnen einmal erklären. Ich habe immer wieder den Eindruck, dass wir heute in einer ganz gehemmten Weise die großen Leitsätze des Glaubens aussprechen. Ich habe Ihnen schon gestern Abend erzählt, dass ich auf meinen Gemeindeblatt-Artikel in der letzten Woche zum Abschnitt zum Totensonntag und dem kommenden Gericht einige Briefe erhalten habe. Darin sagen mir unbekannte Leute, dass man das doch gar nicht so aussprechen darf.
Ich habe das Bild gewählt, dass wir sitzen wie in der Todeszelle – diese Welt, die schon für den Untergang bestimmt ist. Sie sagen, man dürfe doch den Menschen nicht die Hoffnung nehmen. Ich frage mich manchmal: Verschweigen wir nicht die ganz normalen Gefühle, die ja längst uns beherrschen? Darum kommt doch die Angst her. Wer spielt denn nicht mit dem Gedanken, dass diese Welt eine untergehende Welt ist?
Ich lebe doch mit Leib und Seele in ihr. Ich liebe sie doch, sie bedeutet mir so viel, und ich will mit beiden Füßen in dieser Welt stehen. Aber gerade das macht mir dies möglich, weil ich weiß: Es ist eine untergehende Welt, in der die Menschen die Probleme gar nicht mehr in den Griff bekommen werden. Aber sie lebt von der Geduld Gottes. Solange Jesus mit dieser Welt noch etwas vorhat, will ich treu in der Arbeit sein.
„Ja, aber das dürfen Sie doch nicht sagen“, schrieb mir ein Krankenhausseelsorger. „Denken Sie einmal, wie das auf die vielen Kranken wirkt, die nicht mehr gesund werden.“ Gerade denen wollen wir in nüchterner Weise sagen, auch wenn es zum Sterben geht: Das fühlt jeder. Dann reißt Jesus die graue Mauer des Todes auf, und ich darf durchsehen auf ihn, den lebendigen Herrn.
Der Jubel kommt doch gerade aus dieser großen Befreiung: Hosianna, gelobt sei der, der da kommt im Namen des Herrn! Das ist ein Zitat aus Psalm 118. Psalm 118 ist ein Gebet in großer Bedrängnis, in dem steht, dass wir umgeben sind von Feinden, die uns niederdrücken, und man keine Luft mehr zum Atmen hat. Und da stehen diese Verse plötzlich drin: „Gelobt sei der, der da kommt im Namen des Herrn!“
Wir haben einen Erlöser und einen Befreier. Das soll uns Christen typisch und kennzeichnend sein: Wir reden ganz unerschrocken, offen, ehrlich und ungeschminkt von den großen Nöten. Da sind welche, die morgen wieder im Krankenhaus sein müssen, und andere, die sagen: „Ich habe die Lasten und Sorgen mit meinen Kindern“ oder sie haben andere Ängste.
„Siehe, dein König kommt zu dir.“ Er will nicht nur in meinem Herzen wohnen, sondern mein Leben benutzen. Das soll doch jetzt schon ein Stück des kommenden Gottesreiches sein.
Darum darf ich so fröhlich dies heute schon in meinem Lied bekennen: Dass mich der Tod nicht mehr aus der Hand Jesu reißen darf, weil ich ihm gehöre – ein Gerechter und ein Helfer. Das sieht doch Jesus: Wie die Leute sich abmühen und belastet sind. Dann ging Jesus auf solche Menschen mit dem zerstörten Leben zu und sagt ihnen diese große Botschaft: „Mensch, dir sind deine Sünden vergeben.“
Sie können jetzt nicht nur in der Liturgie der Abendmahlsfeier, sondern in einem ganz persönlichen Glaubensschritt noch einmal sagen: Jesus, das, was in meinem Leben zerstört und falsch war, kannst du als der Gerechte richtig machen, neu machen. Ein Helfer bist du, einer, der mir aufhilft aus dem Versagen und aus der Schwäche heraus.
Darum jubelten die Menschen ihm zu. Das war doch keine äußere Begeisterung, wie wenn die Königin von England in die Schleyer-Halle einfährt, sondern Jubelschreie: „Mir hat er geholfen!“ Ob da nicht am Rande der Straße jener Mann stand, der achtunddreißig Jahre lang am Teich Bethesda lag? Und der Blindgeborene, der aus den anderen sagte: „Seit dem Tag ist mein Leben neu.“
Die haben etwas gemerkt, dass diese Welt einen großen, weiten Horizont hat: den kommenden Anbruch des Gottesreiches. Und dass wir nicht bloß für die kurze Zeit unseres irdischen Lebens leben, sondern dass wir nach der Ewigkeit zuwandern.
Mir gefällt das an dieser Geschichte vom Einzug in Jerusalem, dass Jesus die Masse des Volkes bewegt und angerührt hat. Das hat ja kurz vor Ostern getan, so dass das Evangelium in einer wahren Volksbewegung erkannt wurde. Das ist nicht schlecht.
Ich möchte täglich bitten: Herr, gib noch einmal solche Entwicklungen in unserem Stuttgart, dass Menschen auf den Straßen, in den Büros und in den Wohnblocks miteinander dein Evangelium lesen, dass sie dich preisen und ehren als ihren Retter, Erlöser und Heiland.
Das tut Jesus. Er kann ja eine Massenbewegung anrühren. In der Reformation war das so, in der Erweckungsbewegung auch, und unser Adventfeiern heute ist ein Pfand dafür, dass Jesus solche großen Bewegungen auch in unseren Tagen will.
Jubelnde stehen da, die etwas ahnen vom Geheimnis: Er will dein König sein. Ich kann das bei mir erleben – in der Traurigkeit, in meiner Last, in meiner Angst – und dann soll Freude einbrechen.
Sagen Sie bitte nie: „In diesem finsteren Jahr muss ich ganz allein feiern“ oder „Dieses Jahr ist bei mir besonders traurig.“ Dann können Sie die wahre Adventsfreude über das Kommen Jesu erleben wie überhaupt noch nie.
Allem Trost und aller Freude liegt zugrunde: Herr Jesus Christus.
Die Feinde Jesu und sein Anspruch auf Herrschaft
Noch ein letzter Punkt: Feinde müssen verstummen.
Wo sind eigentlich die Feinde geblieben, von denen so oft im Evangelium die Rede ist? Sie mussten sich etwas zurückziehen, in der dritten Reihe liest man. Doch später traten sie wieder hervor und hatten ihre Kritik parat. Es gibt Feinde Jesu – ja, es gibt viele Feinde Jesu. Sogar unter den Frommen in der Gemeinde gibt es Feinde Jesu.
Das war der schwere Weg, den uns Jesus gezeigt hat: Einschüchterung und Widerstand gegen seine wirkliche Herrschaft kommen oft von denen, die Bibelworte zitieren. Dennoch müssen diese Feinde stumm sein, wenn Jesus wiederkommt, der Christus, gepriesen sei er! Nicht jene dummen Worte sollen weitergegeben werden, nach denen Jesus nur ein Mensch wie wir gewesen sein soll. Dieses lächerliche Glaubensbekenntnis ist so nichtssagend und leer angesichts der Hoffnungslosigkeit des Menschen.
Wir warten auf ihn. Noch einmal sollen sie alle still werden müssen vor dem großen Bekenntnis vieler. Dann stehen sie alle da und schweigen.
Woran ist denn eigentlich der große Umschwung nach Jesu Wirken geschehen? Wissen Sie das? Trotz seiner Taten spaltete sich die Volksmasse plötzlich wieder und stellte sich in wenigen Tagen gegen Jesus. Darum darf das nicht verschwiegen werden.
Wenn Jesus einzieht, will er seine Taten tun. Was sind das für Taten? Gut, wenn Sie die Bibel dabei haben. In Vers 12 geht es schon los mit der Tempelreinigung. Jesus nahm einen Strick, um sein Heiligtum zu reinigen.
Liebe Schwestern und Brüder, wir wollen nicht einfach als Fans Lieder singen und gleichzeitig in ungeklärten Verhältnissen stecken bleiben. Wo Sünde und Ungehorsam in unserem Leben sind, können wir nicht bleiben. Das muss uns aufrütteln. Ich verstehe, dass viele dann wieder weggehen aus diesem Gottesdienst – heute angesprochen, angerührt, aber nicht fröhlich.
Er will König sein – Ihr König in Ihrem Leben. Er will der sein, der Sie bestimmt. Der Jubel wäre zu wenig, wenn Sie nicht sagen könnten: „Tritt an die Schaltstellen meines Lebens, sei Chef bei mir und bestimme mich!“
Mittendrin in meinem Leben musst du bestimmen und mich durch und durch reinigen – von schmutzigen Gedanken, von eigensüchtigem Willen, von Überempfindlichkeit und Wehleidigkeit meines Herzens. Er macht mich frei, damit ich dir dienen kann und mein Leben ein Stück deines Gottesreiches wird.
Lassen Sie mich schließen: In diesen Adventstagen feiern wir nicht nur das Kommen Jesu heute. Er will zu Ihnen kommen, er will bei Ihnen eingehen. Er sucht Sie alle. Das ist der Herr, der jetzt schon auf dem Thron sitzt. Wo die vollendete Gemeinde um den Thron Gottes steht – jetzt, die, die vorangegangen sind im Glauben, singen: „Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt.“
Ach, was ist das befreiend, was ist das gut! Sie legen ihre Sorgen, ihre Nöte, ihre Ängste ab und sagen: „Jesus, du machst es gut. Du wirst alles nach deinem Plan machen.“ Jetzt kommt er auch als Herr und König in mein Leben und bringt seine Freude mit, seinen Frieden.
Und er bringt auch den Strick mit, um das herauszutreiben, was mir so lange den Frieden genommen hat.
Armin, sollen wir vom Lied sieben singen? Vom Lied sieben! Und juchzend: „All ihr frommen Perverse!“ Zwei, drei, vier und fünf!
Gebet und Segen zum Abschluss
Was soll ich tun, Herr Jesus Christus?
Wir wollen uns in diese Schar einreihen, die durch die Jahrhunderte hindurch ihr Loblied singt. Wir freuen uns, dass du die Macht hast im Himmel und auf Erden.
Wir wollen dich bitten, dass du dein Gottesreich auch in unseren Tagen mächtig ausbreitest, durch die Länder hindurch – auch dort, wo so viel Widerstand deinem Evangelium entgegengebracht wird, aber auch bei uns. Du weißt, wo Bereiche sind, in denen wir uns nicht deinem Willen unterordnen.
Benutze doch diese Adventszeit, dass wir uns ganz neu heiligen und reinigen zum Dienst für dich. Zeige uns diese Stellen. Mache unser Gewissen sensibel dort, wo wir dir nicht dienen und nicht brauchbar sind. Nicht, dass wir solche Leute sind, die jubelnd am Rande stehen und doch nicht einer Königsherrschaft uns unterordnen.
Wir wollen dir danken, auch für den großen Zuspruch, den du uns heute geschenkt hast. Dass unter deinem Kreuz alle Schuld vergeben werden kann, die ausgesprochen wird und die bereut wird, wenn wir sie loslassen wollen vor dir.
Hilf uns jetzt zum Frieden, dass wir dann zurückgehen können in diese Welt hinein und dich programmieren als den König – mit dem Wort und mit der Tat. Dass wir überall deine Herrschaft bezeugen durch unser Wesen, durch unser Tun, durch die Werte, denen wir nachleben, dass sie alle von dir bestimmt sind.
Wir wollen dich heute auch besonders für unsere Stadt und unser Land bitten. Lass du hier überall dein Evangelium doch noch einmal verstanden werden von den Menschen. Es sind so viele, die sich rüsten auf die Festtage und doch so leer sind im Herzen und so wenig ahnen von dir, deiner Größe und deiner Macht.
Gib uns Geschick, dass wir mit unseren Worten und mit unserem Zeugnis dich groß machen vor der Welt und dass wir andere zum Glauben an dich führen dürfen.
Wir möchten dich auch bitten für alle, die nicht unter uns sein können – die Leidenden, die Alten und die Kranken. Sei ihnen besonders nahe und segne sie auch in diesen Festtagen.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Sie können noch stehen bleiben. Es ist nicht viel mehr.
Wir haben auch heute wieder ein Nachtreffen. Drüben sind Dinge aufgerührt in diesem Gottesdienst.
Gehen Sie doch in Übertrieben sind Seelsorger, absolut verschwiegen, die Ihnen zur Freude des Glaubens helfen wollen. Nehmen Sie Kontakt auf, drüben im Clubzimmer der Gemeinde. Verschieben Sie es nicht. Wenn Sie es jetzt nicht tun, werden Sie es gar nicht tun.
Wir haben am nächsten Sonntag eine Martini-Not mit Missionen, mit Dr. Riesen und dem Tübinger Neutestamentler, der uns einige Orte der Kindheit Jesu und die biblischen Berichte lieb und wert macht. Ich werde am nächsten Sonntag da sein.
Wir freuen uns, dass Studienleiter Pfarrer Rolf viele unserer Gemeindeglieder predigen wird. Dann kann ich nach dem Gottesdienst drüben sein. Das ist mir wichtig.
Ich möchte Sie heute schon einladen, am nächsten Sonntag die Küche kalt zu lassen und dann dabei zu sein.
Wir werden den Erlös vom nächsten Sonntag für die Hungerhilfe in Äthiopien geben und wollen schlechtes Mittagessen haben, aber auch die Gemeinschaft noch miteinander nutzen.
Wir haben den Büchertisch noch einmal aufgebaut diese Adventssonntage.
Das Opfer ist von der Kirchenleitung heute dem Gustav-Adolf-Werk bestimmt. Es liegt auf Ihren Plätzen, allüberall auf diesem Platz.
Und nun wollen wir um den Segen Gottes bitten:
Ja, segne uns und behüte uns.
Heller Schein angesichts, leuchte über uns, unter uns.
Gnädig erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
