
Dann beginnen wir heute mit dem Buch Ruth. Der Name des Buches Ruth stammt ganz einfach von der Heldin des Buches, einer Moabiterin. Die Moabiter lebten, wenn ihr auf euren Karten nachschauen wollt, östlich des Toten Meeres. Meistens ist auf solchen Karten das Tote Meer eingezeichnet. Dort unten im Osten, entlang bis zur Wüste, lebten die Moabiter. Bei mir steht das hier zur Orientierung, damit man ungefähr weiß, wo das liegt.
Welches andere Buch der Bibel ist ebenfalls nach einer Frau benannt? Das sind die einzigen beiden Bücher, auf die das zutrifft: Esther und Ruth. Worin unterscheiden sich diese beiden? Esther ist eine Jüdin, die einen Heiden heiratet, und Ruth ist eine Heidin, die einen Juden heiratet.
Der Name oder das Wort Ruth kommt in der Bibel außer im Buch Ruth nur noch an einer einzigen Stelle vor, die ihr alle kennen solltet. Wo genau? Genau, in der Ahnenreihe von Jesus. In welchem Evangelium? Ich habe ja 50 Schrauben. Genau, im Matthäusevangelium. In Matthäus 1, Vers 5 taucht der Name noch einmal auf, und das war es dann auch.
Wir haben also den Namen Ruth beziehungsweise die Person der Ruth hier im Buch Ruth und dann noch einmal kurz im Geschlechtsregister Jesu. Die Juden gruppieren das Buch Ruth zusammen mit vier weiteren kleinen Büchern, nämlich dem Hohelied, Esther, Prediger und Klagelieder, zu einer Gruppe von Büchern, die zu verschiedenen Anlässen gelesen werden. Es sind fünf verschiedene Anlässe, und immer bei einem bestimmten Anlass wird eines dieser Bücher vorgelesen.
Ruth wird besonders interessant am Pfingstfest, das die Juden als Fest der Wochen bezeichnen. Dort wird das Buch Ruth vorgelesen. Verschiedene Themen werden dabei angesprochen, und einen Teil dieser Themen wollen wir heute Abend aus dem Buch Ruth ableiten.
Ein Thema in Ruth 2,12 lautet: "Der Herr vergelte dir dein Tun, und dein Lohn möge ein voller sein von dem Herrn, dem Gott Israels, zu dem du gekommen bist, um unter seinen Flügeln Zuflucht zu suchen."
Das Buch Ruth erzählt die Geschichte einer Frau, die einen ungewöhnlichen Lebensweg geht. Sie beginnt bei einer jüdischen Familie: Elimelech und seine Frau Noomi, die in Bethlehem wohnen. Während einer Hungersnot verlassen sie Bethlehem und ziehen in das Gebiet von Moab. Ihre beiden Söhne, Machlon und Kilion, nehmen jeweils eine Frau. Die Geschichte geht weiter, dass alle Männer sterben und Noomi mit ihren beiden Schwiegertöchtern allein zurückbleibt.
Man kann sich die Frage stellen, warum Elimelech und Noomi aus Bethlehem ausgezogen sind. Weiß jemand, was Bethlehem eigentlich bedeutet? Es heißt übersetzt "Haus des Brotes". Das ist eigentlich ein Begriff, der für Essen steht und nicht gegen Essen.
Eigentlich hätte ich persönlich gedacht, dass Elimelech und Noomi genügend Anweisungen im Alten Testament, besonders in den Mosebüchern, gehabt hätten, um zu erkennen, dass Hungersnöte zumindest im verheißenen Land ein Hinweis auf etwas sind. Die Juden leben im verheißenen Land, und wir befinden uns zur Zeit der Richter. Wir werden später noch überlegen, wann genau.
Jetzt gibt es eine Hungersnot. Ist das logisch? Gott führt dich ins verheißenen Land, und du bekommst nichts zu essen? Will er dich verhungern lassen? Nein, das ist nicht ganz frisch im Volk. Irgendetwas ist nicht in Ordnung im Volk, so kann man das gut ausdrücken.
Wir schlagen dazu Dritte Mose 26,20 auf. Dort steht: "Und eure Kraft wird sich umsonst verbrauchen, euer Land wird seinen Ertrag nicht geben, und die Bäume des Landes werden ihre Frucht nicht geben." Das geht voraus mit Ungehorsam.
Das heißt, ein Israelit hätte wissen können: "Aha, ich mühe mich hier die ganze Zeit, und es kommt nichts raus. Woran liegt das? Ah, in 3. Mose 26 steht, es liegt am Ungehorsam." Wie wäre die richtige Reaktion auf Ungehorsam gewesen? Eine Umkehr.
Das ist eine generelle Linie in der Bibel: Ungehorsam muss immer zur Umkehr führen, oder mit einem anderen Wort gesagt, zur Buße. Nicht dazu, dass man dem Problem ausweicht. Hier ist die Idee: Wir ziehen einfach woanders hin. Ja, bei den Moabitern ist das Wetter besser.
Dass das Wetter in Israel abhängig vom geistlichen Zustand der Menschen ist, war ihnen nicht klar. Aber sie ziehen weg, und damit nimmt ein Stück weit das Unheil seinen Lauf. Am Anfang sind sie noch eine Familie in Bethlehem, am Ende ist es nur noch eine Witwe mit ihren zwei Schwiegertöchtern.
Selbst wenn die beiden umgekehrt wären, wäre nicht gleich alles wieder in Ordnung gewesen. Das ganze Volk hätte umkehren müssen, zumindest im Wesentlichen. Das würde bedeuten, man muss mit den anderen ausharren und es mittragen. Es würde bedeuten, dass man an der Stelle bleibt und zur Buße aufruft. Also nicht davonläuft.
Man hat eine Verantwortung in einem Volk. Man sollte an der Stelle sagen: Halt, hier ist etwas ganz anderes faul. Wenn du die geistliche Einsicht hast und sagst: "Unsere Gemeinde geht vor die Hunde, weil wir zu wenig an Gebet haben", dann ist es nicht der Punkt, sich eine andere Gemeinde zu suchen, wo das besser ist.
Sondern der Punkt ist: Die Gemeinde ist zwar kleiner und überschaubar. Aber wenn du etwas vergleichen willst, musst du geistliche Einheiten miteinander vergleichen. Dann würde ich sagen: Bitte bleib an dem Ort und rufe erst mal zur Buße auf. Fang in deinem eigenen Leben an, womöglich – das wird hier nicht beschrieben – und sorge dafür, dass deine geistliche Einsicht auch anderen zuteilwird. Dann schaue, ob du dort nicht etwas verändern kannst.
Das wäre mein Ansatz. Ob man das bis zum Extrem treibt, würde ich nicht sagen. Aber wenn eine Gemeinde total heruntergekommen ist und niemand hören will, dann gibt es einen Punkt, an dem man gehen darf. Ob man dann gleich zu den Moabitern gehen muss, also aus dem Volk Gottes heraus, oder ob man sagt: Ich bleibe im Volk Gottes, da wo Gott uns hingeführt hat, aber vielleicht gibt es eine Ecke, wo ich mit meinen Glaubensüberzeugungen und geistlichen Vorstellungen eher zurechtkomme – das wäre meiner Meinung nach die erste Wahl.
Am Ende haben wir Ruth mit ihrer Schwiegermutter, und es beginnt eine ganz besondere Geschichte. Wenn man gerade das Buch Richter gelesen hat, ist das Buch Ruth ein völliges Kontrastprogramm. Irgendwie setzt es genau da an, was in der Zeit der Richter geschah. Ich weiß nicht, ob ihr gerade Richter gelesen habt, vielleicht seid ihr schon an der Stelle, an der eine Frau zerstückelt und durch die Gegend geschickt wird – der Bericht ist sehr brutal.
Das Buch Ruth ist etwas ganz anderes. Hier beginnt eine schöne Geschichte, über die man sich richtig freuen kann. Was ich an dieser Stelle zeigen möchte, ist Folgendes: Ihr habt das Buch Richter mit dem allgemeinen Niedergang vor Augen, wo alles kaputtzugehen scheint. Doch mitten in diesem Chaos gibt es eine Geschichte von jemandem, der wie ein Diamant vor einem schwarzen Hintergrund leuchtet.
Da zeigt sich eine tiefe, herzliche Liebe zu Gott und ein tiefes geistliches Verständnis. Und das nicht nur in der Geschichte von Ruth, sondern auch bei Boas. Man denkt sich: Wahnsinn! Ein großer Niedergang, aber doch einzelne Menschen, die ihr Leben sauber und angemessen mit Gott leben. Sie setzen Zeichen und bleiben brauchbar, obwohl das Volk als Ganzes unbrauchbar wird.
Jetzt wird Ruth zu einer echten Liebesgeschichte. Ihr denkt wahrscheinlich sofort an die Geschichte zwischen Ruth und Boas, und das stimmt auch. Aber ich meine etwas anderes. Es ist eine Liebesgeschichte ganz besonderer Art – die Liebesgeschichte zwischen einer Schwiegertochter und ihrer Schwiegermutter.
Könnt ihr euch das vorstellen? Das sind ja die Hochzeitsworte, die oft zitiert werden. Ja, es sind Hochzeitsworte, aber was das eigentlich bedeutet und was Ruth in dieser Situation alles aufgegeben hat, ist vielleicht noch nicht ganz klar. Wie tief das geht, wollen wir uns anschauen.
In Kapitel 1, Vers 8 steht: Nomi steht vor ihren beiden Schwiegertöchtern und weiß, dass es für sie absurd ist, mit ihr zurück nach Bethlehem zu gehen. Ich lese das vor:
„Sagte Nomi zu ihren beiden Schwiegertöchtern: Geht, kehrt um, jede in das Haus ihrer Mutter. Der Herr erweise euch Gnade, so wie ihr sie den Verstorbenen, also den Ehemännern, und mir erwiesen habt. Der Herr gebe es euch, dass ihr Ruhe findet, jede in dem Haus ihres Mannes.“
Der Begriff „Ruhe“, der hier steht – ihr findet ihn auch in der Anmerkung 5 – kann auch mit „Rastplatz“ oder „Heimstätte“ übersetzt werden. Das ist der Ort der Sicherheit, den eine unverheiratete Frau in der damaligen Zeit einfach brauchte. Entweder hatte sie einen Ehemann oder sie lebte relativ gefährlich.
Ein solcher Ort der Sicherheit wird für eine Moabiterin in Israel kaum erreichbar sein. Sie ist eine Ausländerin in einem Land voller Ausländerfeindlichkeit und Vorurteile. Ihr Ehemann ist gerade gestorben. Ist das nicht eine eindeutige Strafe Gottes? Wer würde sie noch heiraten? Selbst wenn sich jemand überwinden würde, ist das nicht eine gefährliche Sache? Eine Moabiterin zu heiraten, hat eine hundertprozentige Ausfallquote.
Und dann kommt sie daher, ohne etwas anzubieten, bettelarm. Nomi und Elimelech haben alles aufgegeben, weil sie wegzogen, und sie kommen mit nichts zurück. Das ist es, was Nomi ihrer Schwiegertochter klarmachen will: Wenn du jetzt mit mir ziehst, sind deine Chancen absolut schlecht.
Ich selbst kann keine Kinder mehr bekommen, und selbst wenn noch etwas möglich gewesen wäre – müssen wir wirklich zwanzig Jahre warten? Es wird dich keiner heiraten. Du wirst permanent gegen Vorurteile ankämpfen müssen. Du hast nichts, auf das du dich zurückziehen kannst. Es gibt kein eigenes Haus, wir wissen nicht, wo wir unterkommen werden. Vielleicht finde ich bei einer Freundin Unterschlupf, aber dich wird niemand aufnehmen wollen.
In dieser Situation sagt die eine Schwiegertochter, Orpa: „Ja, du hast recht. Wahrscheinlich stehen meine Chancen in Moab besser. Ich bin noch jung und finde vielleicht noch einen Mann, und dort finde ich diesen Ort der Ruhe.“
Dann gibt es die andere Schwiegertochter, Ruth, die sich aus Liebe verschenkt. Entschuldigung, die sich aus Liebe verschenkt. Deshalb möchte ich Kapitel 1 mit dem Titel „Liebe, die sich verschenkt“ überschreiben.
Kapitel zwei möchte ich „Liebe, die dem anderen dient“ nennen, Kapitel drei „Liebe, die vertraut“ und Kapitel vier „Liebe, die von Gott belohnt wird“.
Ich wiederhole das gerne noch einmal: Kapitel eins soll „Liebe, die sich verschenkt“ heißen, Kapitel zwei „Liebe, die dem anderen dient“, Kapitel drei „Liebe, die vertraut“ und Kapitel vier „Liebe, die von Gott belohnt wird“.
Vier Kapitel – ein kurzes Buch. Kaum habt ihr die nächste Woche begonnen, seid ihr schon durch, und ihr werdet merken, worum es geht: um Liebe.
Die erste Liebe, die wir kennenlernen, ist die Liebe von Ruth zu ihrer Schwiegermutter.
Was uns außerdem auffällt und worauf ich hinweisen möchte, ist, dass dieses Buch voller Bewunderung ist. Ruth steht nicht nur irgendwo im Mittelpunkt, sondern sie wird durchweg tadellos dargestellt. Es ist ein einziges Buch, das rund um Bewunderung für eine Frau geschrieben ist.
Ruth 4,15 – wer hat es geschrieben? Das weiß man nicht genau. Aber in Vers 11 heißt es: „Alles, was du sagst, werde ich für dich tun. Erkennt doch das ganze Volk im Tor, dass du eine tüchtige Frau bist.“ Eine tüchtige Frau – das haben alle Leute mitbekommen.
Und du denkst vielleicht: Na ja, was ist daran besonders? Das Besondere ist, Ruth ist eine Ausländerin.
Du hast also ein ganzes Buch in der Bibel, in dem eine einzelne Frau total hochgehoben wird und alle sagen: „Wahnsinn, was für eine tolle Frau!“ Und du musst sagen: Ja, aber ist dir aufgefallen, dass sie keine Israelitin ist? Ja, irgendwie schon. Ein komischer Zug an ihr, aber trotzdem ist sie toll.
Das müssen wir irgendwie mitnehmen. Und es wird umso merkwürdiger, wenn wir verstehen, dass die Israeliten eigentlich sehr stolz auf ihre Auserwählung waren: „Wir sind das auserwählte Volk, wir sind die Besten, unsere Frauen sind natürlich auch die Besten.“
Und dann kommt Ruth dazu, und man denkt sich: Hm, irgendwie ist Ruth so ein komischer Fleck an dieser Stelle, sie ist keine Israelitin. Wenn Nomi diejenige gewesen wäre, die alle bewundert hätten, dann hätte es ins Bild gepasst, aber so passt es nicht. Es ist eine Ausnahme.
Was lernen wir durch diese Ausnahme? Das ist eine ganz wichtige Lektion: Gott ist souverän.
Gott ist souverän – richtig. Was heißt das oder was möchte ich damit ausdrücken? Vielleicht bleiben wir einfach dabei.
Was meinst du mit „Gott ist souverän“? Nun, solange er sich keine absolut festgeschriebenen Regeln selbst auferlegt hat, kann er eben handeln, wie er will. Im Grunde genommen.
Man könnte auch sagen „willkürlich“, aber das klingt negativ. Willkürlich hat man ja oft jemanden vor Augen, der sagt: „Hau mal ab!“ Aber so würde man Gott nicht unbedingt einschätzen.
Es ist auch etwas Positives, dass eben Ruth dazukommt. Da wird jemand, der eigentlich von allen negativ abgestempelt wird, positiv angenommen.
Okay, lasst uns von der Souveränität noch etwas weiterdenken.
Was ist der eigentliche geistliche Knackpunkt an der Tatsache, dass Ruth die Uroma vom zukünftigen König David ist?
Was ist das, wo du wirklich sagen musst: Hups!
Wenn es um Liebe geht, dann ist es die Herzenshaltung.
Wenn es um Liebe geht, ist es die Herzenshaltung? Ja, dann sind wir analog zum Hauptmann in der Apostelgeschichte, der auch von außerhalb war und dessen Gebete und Spenden gehört wurden. Er war auch als Mann erfüllt.
Der Hauptmann in Apostelgeschichte 10 ist mit Sicherheit ein Fall, der in diesen geistlichen Komplex um Ruth hineingehört.
Das geistliche Prinzip lautet: Worauf schaut Gott? Gott schaut das Herz an.
Und wenn in einem Herzen wirkliche Liebe ist, wenn dort eine echte Hingabe an Gott besteht –
Ich lese euch den Vers noch einmal vor, den ich vorhin genannt hatte:
„Der Herr vergelte dir dein Tun und möge dein Lohn voll sein von dem Herrn, dem Gott Israels, zu dem du gekommen bist, um unter seinen Flügeln Zuflucht zu suchen.“ (Ruth 2,12)
Wenn dieses Zufluchtsuchen echt ist, dann spielt es unterm Strich keine Rolle, ob es sich um eine Moabiterin handelt oder um wen auch immer. Denn Gott schaut das Herz an.
Für die Israeliten der damaligen Zeit muss das ein ziemlicher Schlag gewesen sein. Sie beriefen sich ja noch Jahrhunderte später darauf: „Wir sind einfach die richtigen Eltern, Papa und Mama sind Israeliten, bei mir ist alles gut.“
Aber Ruth zeigt, dass es darum nicht geht. Gott hat einen viel höheren Maßstab.
Später wird Paulus im Römerbrief noch radikaler formulieren und sagen, dass der echte Jude nicht der ist, der sich Jude nennt (Römer 2,28), „denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, noch ist die äußerliche Beschneidung im Fleisch Beschneidung, sondern der ist ein Jude, der innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens im Geist, nicht im Buchstaben.“
Eine innerliche Beschneidung des Herzens – ist dein Herz wirklich auf Gott ausgerichtet, ja oder nein?
Und an Ruth wird das besonders klar: Ihr Herz steht fest.
Woran merke ich das? Ich merke es daran, dass sie bereit ist, ihre Liebe zu verschenken – in Kapitel eins – an eine Frau, von der sie weiß: Wenn ich nicht mitgehe, hat Nomi keine Chance.
Denn Nomi kann nicht mehr, wie es dann in Kapitel zwei der Fall sein wird, auf die Felder gehen und einfach mal 14 Stunden Ähren auflesen. Nomi kann vieles nicht mehr.
Da tritt Ruth ein und sagt: Ich bin bereit. Ich sehe das Risiko, dass es da drüben jenseits des Toten Meeres für mich eigentlich keine Zukunft gibt. Aber das ist mir egal, weil ich sie lieb habe.
Wenn ich jemanden liebe, so wie Gott es sich vorstellt – oder anders ausgedrückt: Wenn mich göttliche Liebe treibt – dann darf ich euch aus 1. Korinther 13 vorlesen, was für ein Verhalten in unserem Leben daraus folgen darf.
In 1. Korinther 13,5 heißt es: „Sie benimmt sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre.“
Also in dem Moment, in dem wir von göttlicher Liebe getrieben werden, sind wir auch bereit, uns zu verschenken – unsere Liebe, unser Leben.
Ist doch logisch.
Und dann wird Liebe plötzlich existenziell.
Das Interessante ist: Wenn ein Mensch diesen Weg geht – scheinbar in die Ausweglosigkeit, scheinbar in die Irrationalität –, denkst du: „Ruth, hast du dir überhaupt überlegt, was du da machst?“
Da kommt ein anderes geistliches Prinzip ins Spiel, das man vielleicht so bezeichnen könnte:
Ruth beschreibt die souveräne Fürsorge Gottes für scheinbar ganz unwichtige Leute in scheinbar ganz unwichtigen Zeiten.
Und aus diesen scheinbar so unwichtigen Leuten in den scheinbar so unwichtigen Zeiten, die ihm vertrauen, macht Gott Menschen, die in der Geschichte einen Eindruck hinterlassen, weil sie ihm vertraut haben.
Dann merkt man: Echte göttliche Liebe – also Vertrauen in Gott, die Suche nach Zuflucht bei ihm – führt letztlich nicht in die Unsicherheit, sondern in die Sicherheit.
Nicht in eine Sicherheit, die ich selbst im Griff habe und sagen könnte: Ich weiß, was nächstes Jahr passiert. Das weiß ich nicht.
Aber in die Sicherheit, wie sie Ruth erlebt: Sie weiß, sie sucht Zuflucht bei Gott, und Gott wird ihr diese Zuflucht nicht verweigern.
Sie weiß noch nicht wie, aber sie weiß es.
Und das ist die Sicherheit, die die Welt nicht kennt, aber die Gott anbietet – die wir im Leben von Ruth sehen können.
Aber bevor es dazu kommt, Kapitel zwei. Kapitel zwei trägt die Überschrift „Liebe dient dem Anderen“.
Natürlich ist das, was Ruth hier tut, erniedrigend. Ihr wisst, dass man auf einem israelitischen Feld, das abgeerntet wurde, als Besitzer keine Nachlese selbst treiben durfte. Das heißt, man durfte das Feld abernten, die Schnitter gingen durch, und es blieb natürlich etwas liegen. Die Leute arbeiten unter Druck, heben nicht alles auf, und so liegt noch ein bisschen etwas herum.
Es wäre jetzt das Leichteste zu sagen: „Na ja, wenn wir fertig sind, gehen halt alle noch einmal rüber, bilden eine Kette und heben den Rest auf.“ Doch das war verboten. Die Nachlese war für wen? Für die Armen, richtig. Und für wen noch? Für die Ausländer, die Verachteten, die Witwen – also immer für die Armen. Sie durften nachlesen, die, die nichts hatten. Ruth will erst einmal ihre Schwiegermutter durchbringen.
In Kapitel zwei, Vers drei lesen wir: „Da ging sie hin, kam und las auf dem Feld hinter den Schnittern her auf.“ Das Wörtchen „gefällt mir“ trifft es hier gut. Sie wird in dem Moment noch nichts gemerkt haben. Sie wird noch nicht verstanden haben: „Na ja, ich lese jetzt hier auf, es ist heiß und staubig, und irgendwann wird mir der Rücken weh tun.“ Sie wird froh sein, dass sie sich da ausruhen darf.
Sie hat überhaupt nicht mitbekommen, dass die ganze Zeit die Hand Gottes auf ihrem Leben lag, dass Gott sie geführt hat und dass jetzt schon in diesem Moment die Lösung vor ihren Füßen liegt. Dass ihr die Erlösung auch gleich in Gestalt des Boas begegnen wird. Aber noch ist nichts klar. Es ist einfach nur so: Gott hat die Lösung schon bereit, aber sie kann sie noch nicht sehen.
Deshalb steht hier „zufällig“. Natürlich gibt es keine Zufälle bei Gott. Man könnte „zufällig“ auch in Anführungszeichen setzen. Gott führt uns, und er führt uns an den Punkt, wo er uns gebrauchen kann. Manchmal heißt das: „Tu bitte das, was dran ist.“ Ja, aber das ist erniedrigend, das zu tun, das kann doch nicht ernst gemeint sein! Doch, Ruth hat erst einmal das getan, was dran war – und das war total erniedrigend.
Du bist eine Ausländerin, du bist eine Bettlerin, du gehst mit den anderen, die da noch unterwegs sind. Ja, es ist ja nicht so, dass du da alleine bist, sondern es sind noch mehr, die sich hinter den Schnittern herbewegen. Und da sind ein paar dabei, mit denen du dich sonst vielleicht nicht unterhalten würdest, und denkst: „Na, das ist ein Pack hier.“ Ja, und du gehörst zu diesem Pack.
Und du sagst letztlich: „Stimmt, ich bin erlösungsbedürftig und gehe hier mit denen, die nichts haben. Ich gehöre zu denen, die arm sind.“ Wir sehen den Schutz Gottes in verschiedener Weise. Sie sucht Zuflucht bei Gott, und Gott sorgt dafür, dass sie nicht verhungert, indem sie tatsächlich irgendwo auflesen darf.
Aber es geht noch weiter. Wir lesen in der Geschichte, dass sie auf Boas trifft, einen weiteren Verwandten aus der Familie von Elimelich. Der Mann scheint sie gesehen und nett gefunden zu haben. Zumindest sorgt er in Kapitel zwei dafür, dass sie genügend sammeln kann und nicht belästigt wird.
Wir merken die Sorge, die Naomi hatte: Du bist eine alleinstehende Frau. Wie willst du dich vor Belästigung schützen? Es wird niemand da sein, der dich verteidigt. Du stehst ganz alleine da und weißt nicht, was die machen, wenn du abends noch einmal auf die Straße gehst. Ihr habt hoffentlich Richter im Kopf, was da passiert, wenn man abends auf der Straße ist.
Die Zeiten waren nicht so, dass an jeder Ecke ein John Wayne stand, der für die alleinstehende Frau mit seinem Colt eintrat. Es hat niemanden interessiert. Und sofort setzt Gottes Schutz an dieser Stelle ein. Jeder wusste: Boas ist für sie. Der Chef will nicht, dass wir hier einen Witz über sie reißen.
Es hat den Leuten mit Sicherheit nicht gepasst, aber es war klar: Der Chef sagt es, so machen wir es. Sie bekommt den Schutz, den sie braucht. Gott sorgt dafür.
Und wir kommen zu Kapitel drei: „Liebe, die vertraut“. Die beiden lernen sich anscheinend während der ganzen Erntezeit kennen, aber Boas nähert sich Ruth überhaupt nicht an. Man könnte sich die Frage stellen, warum das so ist. Ich gebe euch gleich die Antwort, aber zunächst bleibt es erst einmal dabei.
Wir merken, dass er sie nett findet. In der Zwischenzeit, wie ich euch vorgelesen habe, spricht sich herum, dass sie eine tüchtige Frau ist. Die Leute sind von ihrer Art angetan. Doch jetzt ist die Ernte vorbei, und die Frage stellt sich: Wie soll es weitergehen?
Jetzt kommt Nomi und sagt zu Ruth: „Wir müssen ihm jetzt klarmachen, dass er eine Entscheidung fällen muss. So kann es nicht weitergehen.“ Dann gibt es eine Geschichte, die ihr euch durchlesen könnt. Sie offenbart Boas jedenfalls, dass er sich wünscht, Ruth zu heiraten beziehungsweise sie erst einmal zu lösen. Boas ist begeistert.
Wir lesen mal Ruth 3, Vers 9: „Ich bin Ruth, deine Magd. Verbreite den Saum deines Gewandes über deine Magd, denn du bist ein Löser.“ Dazu komme ich gleich noch einmal, was das bedeutet, Löser. Hier sei einfach nur so viel gesagt: Der Löser ist derjenige, der das Recht und die Pflicht hat, Ruth aus dieser Situation und auch Nomi aus diesem finanziellen Desaster zu befreien.
Die erste Frage lautet: Warum hat Boas, wenn er die ganze Zeit Ruth toll fand, sie nicht einfach gefragt, ob sie ihn heiraten will? Es gibt anscheinend ein paar Gründe. Fast zehn, sagte er: „Gesegnet seist du von dem Herrn, meine Tochter! Du hast deine letzte Treue schöner erwiesen als die erste, indem du nicht den jungen Männern nachgelaufen bist, sei es geringen oder reichen.“
Zum einen scheint ein ziemlicher Altersunterschied vorhanden gewesen zu sein. Ich stelle mir vor, Boas sei etwa fünfundfünfzig und Ruth ungefähr dreißig. Dann überlegt man sich: Macht das bei einem Vierteljahrhundert Unterschied Sinn? Sollte sie nicht vielleicht einen anderen Mann heiraten? Vielleicht denkt man auch an Kinder, und man sagt: „Na ja, dann lachen die in der Schule und fragen, was ist denn das für ein Opa da?“
Das war also ein Thema, weswegen Boas sie nicht gefragt hat. Aber es gab ein zweites Thema. Das zweite war folgendes, Vers 12: „Und nun, es ist wirklich so, dass ich Löser bin, doch gibt es da noch einen Löser, der näher mit dir verwandt ist als ich.“ Er wusste schon, dass jemand Nomi beziehungsweise Elimelech auslösen musste. Aber er wusste auch, dass er eigentlich erst auf Platz zwei gesetzt ist. Auf der Pole Position steht jemand anderes, und der hat sich noch nicht gerührt.
Solange der sich nicht rührt, ist auch unklar, wie Boas sich verhalten soll. Er hat sich reichlich Gedanken über die Geschichte gemacht. Ja, er geht vorbereitet hinein. Du tippst das Thema an, und er sagt zack, zack, zack – schon meine Themen. Er erkennt seine Punkte sofort, er muss nicht erst überlegen. Er wusste genau, wer für diese Frau verantwortlich ist.
Was mich dabei ein bisschen wundert, war schon immer, warum eigentlich nur Nomi das nicht wusste – dass da sowieso Löser sind, die gefälligst ihre Töchter, also ihre Schwiegertöchter, lösen müssten. Es wären sogar mindestens zwei da gewesen, und dann wäre eigentlich alles klar gewesen für die beiden Töchter. Die hätten ja dann gesichert einen Schwiegertochter-Partner gehabt.
Okay, du fragst, warum geht sie nicht einfach mit ihren Schwiegertöchtern zurück? Ja, und bingo, die müssen ja eh gelöst werden. Klappt, wenn du geistliche Löser hast. Wenn du die nicht hast, bist du schneller tot, als du irgendwas schauen kannst.
Wir kommen noch mal darauf zurück, wenn wir... lassen oder machen wir das? Reden wir gerade über den Löser, um noch ein bisschen zu sehen, was das für eine Person war, der Löser.
Der Löser hat drei Funktionen. Er ist der nahe Verwandte, der dafür zu sorgen hat, dass eine Familie – die Familie eines Bruders oder eines nächsten Verwandten – nicht irgendwann aufhört zu existieren. Das kann dadurch passieren, dass derjenige verarmt und sich in die Sklaverei verkauft. Es kann passieren, dass es keine Nachkommen gibt. Oder es kann auch durch Mord passieren.
Man kann jemanden umbringen, und dann hört auch eine Familie auf. In allen drei Fällen kommt dem Löser eine besondere Aufgabe und Verantwortung zu.
Das Erste finden wir in 3. Mose 25. Dort heißt es: „Wenn dein Bruder verarmt und etwas von seinem Eigentum verkauft, dann soll sein Löser, sein nächster Verwandter, kommen und das Verkaufte seines Bruders einlösen.“ Die Idee ist, es soll keine Armen geben. Das heißt nicht, dass man immer nur einen Lolli zu wenig hat und der andere einem den Lolli ausleiht. Darum geht es nicht.
Aber wenn du merkst, da kommt jemand existenziell echt in Schwierigkeiten, dann soll der Nächste für ihn eintreten. Oder in Vers 47: „Wenn aber die Hand eines Fremden oder eines Beisassen neben dir etwas erreicht und wenn dein Bruder neben dir verarmt und sich dem Fremden verkauft, dem Beisassen neben dir oder einem Abkömmling aus der Sippe des Fremden, dann soll, nachdem er sich verkauft hat, das Lösungsrecht für ihn bestehen. Einer von seinen Brüdern soll ihn einlösen.“ Entweder sein Onkel oder der Sohn seines Onkels soll ihn einlösen.
Die Idee ist, jemand verkauft sich als Sklave. Das war damals gar nichts Schlimmes. Manchmal denke ich, das passiert heute noch viel öfter. Aber er verkauft sich halt als Sklave, und jemand anders kriegt das mit und sagt: „Nee, das ist nicht in Ordnung, das soll so nicht sein, ich kaufe dich frei.“ Der Bruder verarmt, und ich trete für ihn ein.
Das Zweite, wo dieses Wort auftaucht, ist in 4. Mose 35. Dort kann er zwar nicht mehr rückgängig machen, dass die Familie ausgelöscht wird, aber er kann dafür sorgen, dass durch seinen Einsatz das nicht allzu oft in Israel passiert. 4. Mose 35, Vers 19: „Der Bluträcher soll den Mörder töten; wenn er ihn trifft, soll er ihn töten.“ Und das Wort Bluträcher ist dasselbe Wort wie Löser. Also der Löser ist der Bluträcher.
Die Aufgabe: Ein naher Verwandter von dir kommt um, und du weißt, es ist Mord, nicht Totschlag. Dann liegt es an dir, dafür zu sorgen, dass der Mörder auch wirklich gefasst, verurteilt und hingerichtet wird. V. Mose 35, Vers 19.
Und dann gibt es noch etwas, was ganz eng mit diesem Löser verbunden ist, auch wenn dort das Wort selbst nicht steht: V. Mose 25, Vers 5. Dort taucht das Wort Löser nicht auf, aber es ist die gleiche Idee, die dahintersteckt. Wir müssen lernen, alttestamentliche Gesetze von ihrer Idee her zu verstehen und dann auf einzelne Situationen anzuwenden.
Dort heißt es: „Wenn Brüder zusammen wohnen und einer von ihnen stirbt und keinen Sohn hat, dann soll die Frau des Verstorbenen nicht auswärts einem fremden Mann angehören. Ihr Schwager soll zu ihr eingehen und sie sich zur Frau nehmen und mit ihr die Schwagerehe vollziehen.“ Und es soll geschehen, dass der Erstgeborene, den sie dann gebiert, den Namen seines verstorbenen Bruders weiterführt, damit dessen Name in Israel nicht ausgelöscht wird.
Das ist jetzt nicht der Stamm-Löser, aber das gehört zu dem großen Thema Fürsorge des engsten Verwandten für den anderen mit dazu. Ja, das ist eine besondere Art von Fürsorge.
Für die Frau war das sehr beruhigend. Normalerweise wäre für sie der Punkt offen gewesen – das heißt, sie sei einfach mit Versorgung bis an ihr Lebensende versorgt. Aber ich meine, der Mann ist ja ohne Verheiratung da. Der Punkt ist: Wenn sie ohne Sohn dasteht, hat sie keine Sozialversicherung.
Was heißt „bis ans Lebensende“? Von wem bis ans Lebensende? Ihre Sozialversicherung, ja. Der stirbt vielleicht vor ihr, und die Familie von ihm sagt dann: „Was ist denn das für eine Frau?“ Deine Sozialversicherung und dein Erbe hängen an deinem Sohn. An der Stelle ist das derjenige, der für dich die Verantwortung übernimmt. Das ist der, der dein Haus oder deine Familie weiterführt, wenngleich sicherlich für uns zumindest eins, das nicht zusammenbricht, wenn es ordentlich gepflegt wird.
Also kommen wir zurück zu Ruth. Diese drei Pflichten – den Verarmten freizukaufen, den Mörder zu fangen und zu verurteilen oder zu richten beziehungsweise dafür zu sorgen, dass bei jemandem, der ohne Nachkommen dasteht, ein Nachkomme entsteht – fallen jetzt zusammen in der Löserpflicht.
Ziehen wir den Gedanken noch ein bisschen weiter, denn das Buch Ruth ruht auf diesem Prinzip des Lösers. Das Wort taucht das allererste Mal auf in 1. Mose 48, Vers 16. Dort wird es nicht auf einen Menschen bezogen, und ich glaube, ich hatte das schon mal gesagt: Es ist gut, wenn man sich ein Wort anschaut, wo es das erste oder die ersten paar Male auftaucht. Das ist fast immer eine Art Definition, eine Art Einführung – so wie das Wort „Liebe“ das erste Mal in der Bibel auftaucht, nicht in der Liebe von Mann und Frau, sondern die Liebe eines Vaters zu seinem Sohn hat einen Offenbarungscharakter.
Auch hier taucht der Begriff des Lösers beziehungsweise des Erlösens das erste Mal in 1. Mose 48,16 auf. Dort bezieht sich Jakob auf „den Engel, der mich von allem Übel erlöst hat“. Ah ja, der Engel, der mich von allem Übel erlöst hat. Interessant.
2. Mose 6, Vers 6 ist noch eine weitere Stelle, oder die nächste Stelle, an der das Wort auftaucht. Auch hier ist es noch nicht bezogen auf Menschen. Die Idee, dass ein Mensch einen anderen erlöst, kommt erst viel später. Dort heißt es: „Darum sage zu den Söhnen Israel: Ich bin der Herr, ich werde euch herausführen unter den Lastarbeiten der Ägypter hinweg, euch aus ihrer Arbeit erretten und euch erlösen mit ausgestrecktem Arm.“
Das Erste ist die Errettung durch den Engel, das Zweite die Errettung vor Ägypten. Für uns Neutestamentler ist das relativ einfach, denn wir assoziieren ganz schnell den Engel des Herrn mit Jesus und sagen: Es gibt ein Bild für diese Welt, und wir sind durch den Herrn Jesus aus der Welt heraus errettet worden.
Man kann es so machen. Hier will ich einfach nur zeigen, wo der Begriff „Lösung“ das erste Mal vorkommt. Das ist etwas, was eng mit Gott verknüpft ist und nicht primär mit dem Menschen. Dass der Mensch einen anderen erlösen kann, findet sein Vorbild in Gott.
So auch in dem vielleicht bekanntesten Wort zum Thema Erlösung in Hiob 19, Vers 25: „Doch ich weiß, mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub stehen.“ Das ist das, woran vielleicht auch Ruth gedacht hat. Hier wird viel früher geschrieben als im Buch Ruth.
Und das ist das, was wir wissen müssen: Das ist ein Stück weit die Gewissheit, die hinter jedem Erlösungsgedanken stehen muss. Ich muss wissen: Mein Erlöser lebt. Mag sein, dass meine Situation jetzt merkwürdig ist, mag sein, dass ich hier Tag für Tag die Ähren auflese, und es ist heiß, es ist staubig, und na ja, irgendwie ist es schon nicht ganz schlecht. Ich verhungere nicht, aber so das Gelbe vom Ei ist es natürlich auch nicht. Hier ging es noch schlechter.
Und die Gewissheit muss dahinterstehen: Mein Erlöser lebt, ich bin ganz fest davon überzeugt.
Um den Bogen wieder weiter zu spannen: Unser Erlöser lebt auch, oder? Er ist nämlich auferstanden. Und weil er auferstanden ist, lebt er jetzt und ist vor dem Thron Gottes, um für uns einzutreten und jederzeit der zu sein, zu dem wir uns wenden können mit unserer Not.
Es war wichtig, dass der Erlöser lebt. Wenn unser Erlöser nicht mehr lebte, wenn da irgendwo ein Grab in Jerusalem wäre, wo du sagst: „Hier liegt Jesus Christus, der Gründer des Christentums“, dann wäre die Frage: Wer ist das gewesen? Woran willst du glauben, wenn er es auch nicht geschafft hat? Siehe dazu 1. Korinther 15 für mehr Informationen, falls es dich interessiert.
Was muss ein Löser haben, damit er überhaupt einen anderen lösen kann? Dem fehlt entweder das Geld oder die Möglichkeit, einen Nachkommen zu schaffen, oder... Er muss in irgendeiner Weise die Macht haben, es zu tun.
Gut, was noch? Gehorsam, damit er es auch umsetzt. Ja, ich würde sagen, er muss den Willen haben. Wobei der Wille aus Gehorsam motiviert sein kann. Schöner ist es, wenn der Wille aus Liebe motiviert ist, wie wir es bei Boas sehen. Aber es muss die Willigkeit da sein.
Noch etwas? Jemand, der genug Geld und Willigkeit hat – ist er damit schon Löser? Stimmt, das ist Drittel. Er muss das Recht haben, es zu tun, sonst kann irgendeiner in die Suppe spucken. Irgendjemandem gehört das Feld ja.
Und wenn der sagt: „Ich gebe das gar nicht her, das ist meins. Das habe ich damals von Elimelech gekauft. Lass mich in Ruhe. Das ist ein super Feld, warum soll ich das verkaufen? Zu dem Preis kommt das gar nicht infrage.“ Aber wenn der Löser kommt, kannst du nicht mehr sagen: „Das ist mein Feld, das behalte ich.“ Dann sagt der Löser: „Ah, Freund, da steht Nomi, ihr habt es früher gehört. Ja, ihr habt es früher gehört. Gut, ich kaufe es jetzt zurück, ob du willst oder nicht, du musst.“
Aber das kann er nur machen, wenn das Verwandtschaftsverhältnis stimmt. Er muss das Recht haben, die Macht oder Fähigkeit dazu haben und die Willigkeit. Dann wird aus einem Menschen ein Löser.
Und diese drei Dinge finden wir nicht nur bei Jesus, aber natürlich auch bei Boas. Nur an einer Stelle hakt es, nicht wahr? Er hat das Recht nur halb. Geld ist kein Problem, die Willigkeit, ach, die Willigkeit ist erst recht kein Thema. Willigkeit, die aus Liebe motiviert ist, etwas Schöneres gibt es nicht.
Aber da gibt es noch einen anderen, und der hat eigentlich das allererste Recht. Was machen wir da? Na ja, schauen wir es uns an. Wir gehen zu Kapitel vier, Vers 1, da steht: „Du so und so, du bist doch Löser.“ Und da ist Nomi, die zurückgekehrt ist. Wie wäre es denn, wenn du jetzt hier, Vers 4, im Beisein von den ganzen Leuten, sie aus ihrer Not befreist?“
Der andere ist anscheinend von alleine nicht auf den Gedanken gekommen oder hat einfach noch keine Notwendigkeit gesehen. Es kann ja durchaus sein, dass er sagt: „So schlecht geht es Nomi doch gar nicht. Schau mal, was ihre Schwiegertochter da so macht. Zu essen hat sie, mehr will sie nicht.“ Und er sagt: „Ja, kein Problem, so gut du das sagst, stimmt, jetzt wird es wirklich ein bisschen schwierig. Weißt du was, ich nehm das Feld.“
Hm, bis an den Punkt treffen wir den Löser. Er soll ja erst mal den Verarmten wieder befreien. Damit hat Nomi ihr Feld zurück. Vielleicht kann sie damit auch irgendetwas anstellen, um nicht zu verhungern.
Nur wir haben jetzt immer noch diesen anderen Gedanken: Mit Nomi stirbt der Name Elimelech aus. Es ist vorbei. Es gibt danach die Sippe Elimelech nicht mehr. Und das ist etwas, was Gott überhaupt nicht mag. Er möchte nicht, dass so eine Linie ausstirbt. Es ist ein Gräuel für ihn.
Deshalb gibt es hier einen kleinen zweiten Punkt: Das Feld allein ist es nämlich noch nicht. Der, der das Feld einlöst, muss auch dafür sorgen, dass die Linie Elimelech weitergeführt wird.
Nomi hat ganz deutlich gemacht, dass sie dieses Recht, die Linie weiterzuführen, an Ruth übertragen hat. Denn es war Ruth, die gesagt hat: „Löse du.“ Nicht Nomi kam auf die Tenne und sagte: „Ich bin die alte Nomi, ich würde hier gerne geheiratet werden.“ Dieses Recht ist tatsächlich an Ruth übergegangen und hat Ruth geschickt.
Deshalb kann Boas hier ganz sauber formulieren, dass der andere schon Ruth heiraten muss.
Durfte ein Israelit eine Moabiterin heiraten? Tobi sagt: „Nö.“ Irgendwelche anderen Vorschläge? Wie habt ihr das zu Hause gemacht? Er durfte, aber er sollte nicht.
Er durfte, aber er sollte nicht – das ist ein interessanter Ansatz.
Ich habe die Frage: Wie stand die Moabiterin zum Judentum? Zumindest durften auch Ausländer rückwirkend aufgenommen werden. Aha.
Jetzt bewegen wir uns auf eine interessante Frage, bei der es in der Auslegung tatsächlich unterschiedliche Antworten gibt: Gibt es im Gesetz ein Heiratsverbot für Moabiter? Wen durfte man nicht heiraten? Götzenanbeter. Kanaaniter, Götzenanbeter.
Schlagen wir mal auf 5. Mose 7. Dort heißt es, Vers 1: „Wenn der Herr, dein Gott, dich in das Land bringt, um es in Besitz zu nehmen, und wenn er dann viele Nationen vor dir hinaustreibt.“ Jetzt werden die aufgezählt: Die Hethiter, die Girgasiter, die Amoriter, die Kanaaniter, die Perisiter, die Hewiter und die Jebusiter – sieben Nationen, größer und stärker als du.
Dann sollen sie keinen Bund mit ihnen schließen. In Vers 3 heißt es: „Und du sollst dich nicht mit ihnen verschwägern. Deine Tochter darfst du nicht seinem Sohn geben, und seine Tochter darfst du nicht für deinen Sohn nehmen.“
Also an der Stelle hat Steffi ganz recht: Im Hinblick auf Kanaaniter ist erst mal ein totales Heiratsverbot erlassen.
Sind Moabiter Kanaaniter? Wo wohnen Kanaaniter? Dort, wo jetzt die Israeliten wohnen. Genau. Wenn wir das Tote Meer nach Norden nehmen und den Jordan, dann ist es westlich davon. Dort wohnten die Kanaaniter. Dort gab es tatsächlich ein Heiratsverbot.
Jesus, tue das nicht!
Es gibt auch eine Begründung, und diese Begründung trifft natürlich nicht nur für Kanaaniter zu, sondern auch für andere Völker. Dort heißt es in Vers 4: „Denn er würde deinen Sohn von mir abwenden, dass er anderen Göttern dient, und der Zorn des Herrn würde gegen euch entbrennen, und er würde dich schnell vernichten.“
Die Gefahr besteht darin, dass durch eine Ehe auch das religiöse Gedankengut in die Familie mit hineinkommt. Und das ist klar: Du heiratest einen Kanaaniter. Na ja, das ist ein ganz lieber Kerl, der ist fleißig und hat seinen Beruf. Du denkst dir nichts dabei.
Aber irgendwann hast du Kinder, und es taucht die Frage auf: Lassen wir den Kleinen taufen? „Nö, warum? Wüsste ich gar nicht, warum wir das machen sollten.“ Andererseits: Natürlich machen wir das.
Oder jetzt machen wir es mal israelitisch: Lassen wir ihn am achten Tag beschneiden. Und der Mann soll einfach sagen: „Das ist verrückt, der Kerl blutet, das ist eine OP ohne Vollnarkose. Wie soll das hier ablaufen? Wir sind doch nicht bei den Wilden. Wir sind hier in Kanaan, da wo du herkommst, aus dem Süden, aus der Wüste. Da mag das normal gewesen sein, aber hier bei uns? Ja, wir sind zivilisiert, wir machen nicht so etwas Rohes und Brutales.“
Jetzt steht da das israelitische Freundesziel. Oh, wir haben noch nie darüber nachgedacht. Es gibt doch Unterschiede zwischen uns beiden. Und nun ziehst du das weiter durch.
Du hast immer wieder dieses Prinzip, das nie klarer formuliert wurde als in 2. Korinther 6, Vers 14: „Geht nicht unter fremdartigem Joch mit Ungläubigen.“ Du kannst einfach nicht einen Ochsen und einen Esel unter ein Joch spannen. Es funktioniert nicht. Da geht einer davon drauf. Und man kann schon gar nicht eine gerade Furche ziehen.
Das, was man am Ende herauskriegt, ist irgendwie irgendwas. Du brauchst zwei gleich starke Tiere, die vorne ziehen.
„Geht nicht unter fremdartigem Joch mit Ungläubigen, denn welche Verbindungen haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit?“ Na logisch, gar keine. Es passt einfach nicht.
Wenn der eine sagt: „Ich möchte nach der Gerechtigkeit Gottes leben“, und der andere sagt: „Mir ist es völlig egal, ob unsere Steuerbescheinigung stimmt, Hauptsache, wir kriegen möglichst viel raus.“ Es funktioniert nicht.
Oder: „Welche Übereinstimmung hat Christus mit Belial? Oder welche Gemeinschaft hat Licht mit Finsternis?“
Lass uns einen Hauskreis machen. Leute sollen zu uns eingeladen werden. Weißt du, was hier los ist? Weißt du, was es kostet? Du kommst aus der grünen Zeit.
Ich bewundere die Geschwister, die in ihrer Ehe gläubig sind, und der Ehepartner ist es nicht, wenn sie den Weg sauber gehen können. Und es ist manches Mal gerade für Frauen, die sich dann in einer Beziehung bekehren, eine echte Herausforderung, den Weg des Mannes mitzugehen, den sie mitgehen müssen.
Da kann man nur beten, dass sie es schaffen oder dass sie an der Stelle davor bewahrt werden, in Dinge hineingezogen zu werden, die sie aufgrund ihres Gewissens überhaupt nicht mehr tun können. Also dass sich das alles so in diesem Graubereich der Dinge befindet, die von der Bibel her noch erlaubt sind, wenn vielleicht auch nicht ausdrücklich befürwortet.
Ich erinnere mich an eine Frau. Der Mann war kommunistischer Bürgermeister in seinem Ort, und sie bekehrte sich. Na ja, das ist natürlich ein bisschen heikel an dieser Stelle. Sie hat es geschafft, an dem Punkt ihrem Mann so sehr Liebe zu zeigen, dass er am Schluss sagte: „Sie hat mich so sehr geliebt, ich konnte gar nichts anderes tun, als mich zu bekehren.“
Aber das ist nicht die Regel. Und es ist auch nicht die Regel, dass Leute sich bekehren. Man kann jetzt nichts daraus ableiten, aber es ist einfach nur dieser Punkt: Wenn so etwas da ist, betet für solche Frauen. Kümmert euch um die Ehemänner. Wenn es irgendwie geht, baut eine Beziehung zu ihnen auf, redet mit ihnen über das Evangelium oder geht mit ihnen Kanufahren oder macht sonst irgendwas. Aber kümmert euch drum!
Das ist eine Sache, wo man aufpassen muss. Da ist immer eine ziemliche Spannung drin, ganz natürlich.
Ja, und jetzt hört also der Löser, dass die Moabiterin geheiratet werden soll, und denkt zurück. Ich weiß nicht, woran er genau denkt, aber seine Antwort ist interessant.
Also erst mal hören wir Boas: „An dem Tag, da du das Feld aus der Hand Nomis erwirbst, hast du auch die Moabiterin Ruth, die Frau des Verstorbenen, erworben, um den Namen des Verstorbenen aus seinem Erbteil neu erstehen zu lassen.“
Haha, und jetzt denkt der andere sich: „Hm, komisches Geschäft. Das Feld würde ich ja noch auslösen, das ist eine Sache, aber die Frau?“ Da sagte der Löser: „Dann kann ich es für mich nicht lösen, sonst richte ich mein eigenes Erbteil zugrunde.“
Ich weiß nicht, was er genau damit meint. Vielleicht denkt er an Kilion und Machlon, die einige Kilometer entfernt jenseits des Toten Meeres irgendwo verscharrt sind, und denkt sich: „Na, wenn das das Schicksal der Leute ist, die diese Frau heiraten, dann spare ich mir das vielleicht besser.“
Vielleicht denkt er an etwas anderes, was ich jetzt nicht genau weiß. Es könnte sein, dass er schon verheiratet ist oder aus erster Ehe einen Sohn hat, von dem er denkt, er soll all das übernehmen. Jetzt heiratet er eine junge Frau, er kriegt mit ihr zehn Söhne, diese Halbmoabiter erben dann fast alles. Das findet er vielleicht gar nicht so gut.
Ich weiß nicht, was seine Gedanken sind, aber er merkt: „Nee, die Frau will ich nicht. Also ich würde noch das Feld einlösen, das ist okay, aber heiraten will ich die nicht.“ Und anscheinend hat ihn auch keiner gezwungen, das zu tun.
Vielleicht waren die Vorbehalte so hoch, weil man hier sagen kann: „Du musst das doch, das steht doch in der Bibel, du sollst doch hier den Namen irgendwie aufrichten. Er soll doch nicht kinderlos sterben.“ Das war anscheinend allen egal.
Da wird ihm dann plötzlich die Zeche zu teuer. Er sagt dann: „Auch übernimm du für mich meine Lösungspflicht, denn ich kann wirklich nicht lösen.“ Und da wollte ihm Boas natürlich hinführen.
Liebe ist auch erfinderisch, wie ihr merkt.
Und was wir hier in Kapitel vier dann sehen, ist: Boas heiratet Ruth natürlich, und es gibt das Baby. Alle sind glücklich und zufrieden. Am Ende sind alle begeistert von Ruth, dass sie so treu war, und sie sind auch begeistert davon, dass Gott diese Liebe zu ihrer Schwiegermutter belohnt hat.
Ruth, du hattest vorhin gefragt oder irgendjemand hat gefragt, wann das Buch geschrieben worden ist. Sagt mal, wann es frühestens geschrieben worden sein kann. Ich gebe euch mal einen Tipp: Lest mal den Schluss. David muss schon gelebt haben, denn das ist das Geschlechtsregister von David. Es ist ein bisschen schwierig, so etwas zu finden und in ein Buch einzubauen, wenn er noch nicht gelebt hat.
Also, es muss nach den Tagen der Richter gewesen sein. Das können wir aus Ruth 1,1 entnehmen: „Es geschah in den Tagen der Richter, als die Richter richteten.“ Das ist ein Rückblick, also die Vergangenheit. Früher gab es nur Richter, dann ist etwas passiert. Es muss also nach den Tagen der Richter geschrieben worden sein.
Aber es kann auch nicht sehr viel nach David gewesen sein, denn es macht keinen großen Sinn, anzunehmen, dass da ein Geschlechtsregister angegeben ist und wir uns in der Regierungszeit Salomos befinden, ohne das Geschlechtsregister bei David abzubrechen. Das Wahrscheinlichste ist, dass es zur Zeit der Regierungszeit Davids geschrieben wurde. Da kann man schon zurückblicken auf die Zeit der Richter, die endgültig vorbei war. Es gab dann auch schon Saul.
Ich will euch noch etwas anderes zeigen, und damit machen wir dann Schluss. Ich möchte euch etwas gegenüberstellen, was ich ganz toll finde. Habt ihr aber alle noch nicht gelesen, zumindest jetzt noch nicht im Rahmen des AT-Kurses. Schlagt mal auf Sprüche 31,10 auf. Sprüche 31,10. Und lasst eure Finger auch bei Ruth drin, denn wir wollen einen kleinen Vergleich anstellen zwischen Sprüche 31 und Ruth.
In Sprüche 31,10 taucht das auf: „Eine tüchtige Frau, wer findet sie? Sie ist weit mehr wert als Korallen.“ Heute würde man vielleicht Diamanten nehmen, Euro bietet sich nicht so an, da ist der Kursverfall zu schnell, aber irgendwas Stabiles halt, weit über Korallen geht ihr Wert. Das ist das gleiche Wort, „tüchtig“, wie wir in Ruth 3,11 gelesen haben: „Alles, was du sagst, werde ich für dich tun. Erkannt doch das ganze Volk im Tor, dass du eine tüchtige Frau bist.“
Ich dachte, wir machen einfach Folgendes: Wir schauen uns acht Punkte an, was eine tüchtige Frau auszeichnet und wo sich das auch im Leben von Ruth wiederfindet. Die Übereinstimmungen zwischen beiden sind so signifikant, dass man sich überlegen muss, wann Sprüche 31 geschrieben wurde und von wem.
Wer hat Sprüche 31 geschrieben? Salomo? Ah nein, lest genauer. Es ist nicht Salomo. Noch ein bisschen genauer: Es ist nicht Lemuel, die Mutter Lemuels. Es sind die Weisungen einer Mutter an ihren Sohn. Also nicht, dass ihr denkt, hier hat ein Mann herumgesponnen, was er denn gerne hätte für jemanden, sondern das sind die Ratschläge einer Mutter an ihren Sohn, wenn du eine Frau suchst.
Lemuel hat sie doch wiederholt? Nein, was meinst du mit wiederholt? Na ja, es steht ja: „Worte, die Lemuel ist für den Sommer, mit denen seine Mutter ihn unterwies.“ Das heißt, seine Mutter wurde unterwiesen? Genau, von ihm wiederholt. Aber es sind letztlich die Gedanken seiner Mutter.
Es ist das, wo eine Mutter ihren Sohn darauf vorbereitet und sagt: „Wenn du eine Frau suchst, ich gebe dir ein paar Tipps mit. Das sind die Dinge, auf die du achten musst.“ Okay, die schauen wir uns kurz an.
Punkt eins: Sprüche 31,10-12
Eine tüchtige Frau – wer findet sie? Ihr Wert ist weit höher als der von Korallen. Ihr vertraut das Herz ihres Mannes, und an Ausbeute wird es ihm nicht fehlen. Sie erweist ihm Gutes und nichts Böses alle Tage seines Lebens.
Er hat das einfach mal ganz grob beschrieben: Es ist Hingabe an die Familie oder an den Mann. Wir werden das gleich noch etwas genauer betrachten. Sie ist da, wenn der Ehepartner sie braucht.
Das finden wir ganz stark bei Ruth, wo diese Hingabe zunächst nicht an einen Ehepartner, sondern an Nomi gerichtet ist. In Ruth 1,15 heißt es: „Da sagte sie: ‚Deine Schwägerin ist zu ihrem Volk und zu ihrem Gott umgekehrt; kehre auch du um deiner Schwägerin nach.‘ Aber Ruth sagte: ‚Wohin du gehst, da will auch ich gehen, und wo du bleibst, da bleibe auch ich.‘“ Sie hängt an Nomi und erweist ihr Gutes.
Der zweite Punkt: Sie hat Lust auf Arbeit. Ich weiß, das ist ein neuer Punkt, aber in Sprüche 31,13 steht als Beispiel: „Sie kümmert sich um Wolle und Flachs und arbeitet mit ihren Händen.“ Tut mir leid, es steht hier so, ich weiß. Und bei Ruth ist es nicht anders. Von ihr kommt der Vorschlag: „Ich möchte gern auf dem Feld etwas von den Ähren mit auflesen, hinter dem her, in dessen Augen ich Gunst finden werde.“ Sie ist jemand, der sich nicht vor Arbeit drückt.
Und nicht nur das: In dem, was sie tut, ist sie auch treu, zuverlässig beziehungsweise vertrauenswürdig. Sprüche 31,14 habe ich mir manchmal so vorgestellt, fast nebenbei, weil man manchmal hört: „Ja, die Frau ist so das Heimchen hinterm Herd.“ Vergleicht diese Frau mit dem Heimchen hinterm Herd und gebt ihr ein großes Budget, eine eigene Visa Gold. Das ist das Minimum, was diese Frau verdient.
Lesen wir weiter: „Sie gleicht Handelsschiffen, von weit her holt sie ihr Brot herbei. Sie steht auf, wenn es noch Nacht ist, und gibt Speise ihrem Haus und auch den Mägden.“ Sie hält Ausschau nach einem Feld und erwirbt es. Von der Frucht ihrer Hände pflanzt sie einen Weinberg. Sie gürtet ihre Lenden mit Kraft und macht ihre Arme stark. Sie merkt, dass ihr Erwerb gut ist, und auch nachts verlischt ihre Lampe nicht.
Das ist eine Frau, die aktiv arbeitet, mitmacht und sich selbst Gedanken macht. Sie wartet nicht passiv darauf, dass ihr Mann ihr mal einen Zehner über den Tisch schiebt und sie dann dankbar auf die Knie fällt. Quatsch! Ich habe jetzt zwar keine Zeit für Tennis-Klubgegner, aber so ist das nicht.
Nachts schaut sie nicht nur fern, und morgens schläft sie lange – nein, hier ist es anders. Sie ist treu in der Arbeit. Bei Ruth finden wir das ebenfalls, zum Beispiel in Kapitel 2, Vers 7: „Von morgens an bis jetzt hat sie sich im Haus nur wenig ausgeruht.“ Das ist die Beurteilung der Schnitter, die mit ihr gearbeitet haben. Von morgens bis jetzt hat sie sich im Haus kaum ausgeruht – das ist ihnen aufgefallen.
Oder Vers 17: „So las sie auf dem Feld auf bis zum Abend.“ Das war bestimmt anstrengend. Und in Vers 23 heißt es: „So hielt sie sich denn bei den Mägden des Boas, um Ähren aufzusammeln, bis die Gerstenernte und die Weizenernte beendet waren.“ Also macht sie ihre Sache zu Ende. Sie hat sich kein Feld erworben, wie die Frau aus Sprüche 31, aber sie war auch nicht faul, sondern treu in der Arbeit.
Sprüche 31,26: „Ihren Mund öffnet sie mit Weisheit, und freundliche Weisung ist auf ihrer Zunge.“ Ich habe diesen Punkt „Gottgewollte Sprache“ genannt. Das ist etwas, das man selten findet. Wir hatten im NT-Kurs schon darüber gesprochen, beim Thema „Zunge“. Wer seine Zunge beherrschen kann, hat wirklich etwas gewonnen. Der eine mag mehr damit zu kämpfen haben, der andere weniger, aber das ist ein wichtiges Thema.
Gottgewollte Sprache zeichnet eine Frau aus. Wenn es heißt: „Ihren Mund öffnet sie mit Weisheit, und freundliche Weisung ist auf ihrer Zunge“, dann ist das nicht die zänkische Frau, von der Sprüche warnen. Dort heißt es, besser ein tropfendes Dach als eine zänkische Frau. Solche Verse gibt es einige. Man soll sich nicht mit so einer Frau einlassen.
Das hier ist das Gegenteil. Man hält sich gerne mit ihr auf, und wie schön ist es, wenn man mit jemandem spricht, dessen Worte Hand und Fuß haben, die Weisheit und Freundlichkeit ausstrahlen. Man geht aus dem Gespräch und denkt: „Das hat mir gut getan.“ Niemand hat einen runtergezogen oder seinen Müll aufgeladen. Es war einfach gut.
Stellen wir uns einen Mann vor, der jeden Abend nach Hause kommt und so einen Drachen vorfindet – furchtbar, total furchtbar. Bei Ruth ist es ähnlich: Sie zeigt genau diese gottgewollte Sprache. Wenn sie den Mund aufmacht, was er nicht oft tut, heißt es in Ruth 2,10: „Da fiel sie auf ihr Gesicht, warf sich zur Erde nieder und sagte zu ihm: ‚Warum habe ich Gunst gefunden in deinen Augen, dass du mich beachtest, wo ich doch eine Fremde bin?‘“ Das ist schön ausgedrückt.
Oder Vers 13: „Möge ich weiterhin Gunst finden in deinen Augen, mein Herr, denn du hast mich getröstet und hast zum Herzen deiner Magd geredet, und ich bin nicht einmal wie eine deiner Mägde.“ Da steckt auch geistliche Einsicht dahinter, und es ist schön formuliert. Sie bringt es auf eine gute Weise rüber. Sie hätte sich ja auch anders verkaufen können.
Der fünfte Punkt findet sich in Sprüche 31,30 und in Vers 25b. Dort heißt es: „Trügerisch ist Anmut und nichtig die Schönheit. Eine Frau aber, die den Herrn fürchtet, die soll man rühmen.“ Und in Vers 25b: „Unbekümmert lacht sie dem nächsten Tag zu.“
Trügerisch ist Anmut, und nichtig die Schönheit. Die Mutter Lemuels warnt ihn davor, sich vom Äußeren verleiten zu lassen, eine Frau zu heiraten. Die wesentlichen Dinge stecken im Innern. Eine Frau aber, die den Herrn fürchtet – das ist die Grundlage dafür, dass sie weisen Rat geben kann.
Das hängt alles zusammen, denn Gottesfurcht ist die Grundlage für echte Weisheit, wie wir noch im Buch der Sprüche sehen werden. Nur der, der den Herrn fürchtet, kommt an den Punkt, an dem er wirklich weise werden kann. Und nur wenn du weise bist und das Wort Gottes kennst, kannst du auch weisen Rat geben.
Hier will ich nur auf den Punkt Gottesfurcht hinaus: Sie vertraut auf Gott, sie fürchtet Gott. Das ist genau der Punkt, der Ruth so stark macht, wenn man noch einmal Ruth 2,12 betrachtet: „Die unter den Flügeln des Gottes Israels Zuflucht gesucht hat.“ Mein Gott ist dein Gott – da kann nichts schiefgehen bei diesem Gott. Sie fürchtet und vertraut auf Gott.
Der sechste Punkt: Untadelig im Umgang mit dem anderen Geschlecht oder auch mit Finanzen oder was auch immer du hast. Einfach untadelig im Umgang mit solchen Problembereichen.
Sprüche 31,11 sagt positiv: „Ihr vertraut das Herz ihres Mannes.“ Der Mann hat keine Angst. Er kommt abends nach Hause und weiß, dass tagsüber keiner seinen Platz eingenommen hat – weder im Bett noch sonstwo.
In Vers 12 heißt es: „Sie erweist ihm Gutes und nichts Böses alle Tage ihres Lebens.“ Bei Ruth finden wir das auch, wenn wir Kapitel 3 lesen und sehen, mit wie viel Takt und Feingefühl sie vorgeht. Natürlich auf eine Art, wie wir das heute nicht mehr machen würden. Wir würden uns wahrscheinlich nicht zu unserem zukünftigen Ehemann legen, wenn der auf einer Tenne im Freien schläft. Das würde für uns heute nichts bedeuten.
Aber für die damalige Zeit war das eine ganz akzeptable Art. Sie hätte sich ihm nicht aufdrängen dürfen, es war nicht ungeziemend, sondern einfach gut. Boas kann das sehen und sagen: „Wahnsinn, was für eine Frau!“ Sie lässt sich nicht mit jungen Männern ein, sondern geht taktvoll vor, genau so, wie es nötig ist. Auch nicht falsch zurückhaltend, wie er merkt.
Dann: Sie ist eine Quelle von Segen und Segnungen für andere. Sprüche 31,20 sagt: „Ihre Hand öffnet sie dem Elenden und streckt ihre Hände dem Armen entgegen.“ Der Elende und der Arme hätten ohne sie nichts, aber sie gibt ihnen etwas ab.
Vers 21: „Sie fürchtet sich nicht vor dem Schnee für ihr Haus, denn ihr ganzes Haus ist in Kamsinstoffe gekleidet.“ Sie sorgt dafür, dass die Leute bei ihr etwas anzuziehen haben. Wenn es kalt wird, kann sie nicht sagen: „Liebes Gesinde, ich habe einen warmen Mantel, aber ihr nicht.“ Nein, sie ist ein Segen für andere.
Und wenn ich hier von Segnungen spreche, dann meine ich auch Vers 23: „Ihr Mann ist bekannt in den Toren, wenn er Sitzungen mit den Ältesten der Stadt hält.“ Ich drücke es anders aus: Ihr Mann kann zu einem Gemeindeleiter-Wochenende fahren und hat Zeit für geistliche Dinge, kann Entscheidungen treffen, die Zeit in Anspruch nehmen, weil sie bereit ist, zuhause nach dem Rechten zu sehen. Das ist ein Segen, den sie für ihren Mann darstellt.
Ruth wird zum Segen für ihre Schwiegermutter. In Kapitel 4, Vers 15 heißt es in Ruth: „Von dem Kind, das sie geboren hat, wird ein Erquicker der Seele sein und ein Versorger deines Alters. Denn deine Schwiegertochter, die dich liebt, hat ihn geboren; sie ist dir mehr wert als sieben Söhne.“ Das ist Segen. Aus ihrem Leben fließt etwas Gutes heraus und trifft den anderen.
Der letzte Punkt, den wir schon bei Ruth gesehen haben: Sie bekommt Bewunderung. Vielleicht ist das ein Punkt, mit dem man sehr schnell den richtigen Ehepartner identifizieren kann.
Sprüche 31,28-30: „Es treten ihre Söhne auf und preisen sie glücklich, ihr Mann tritt auf und rühmt sie. Viele Töchter haben sich als tüchtig erwiesen, aber sie übertrifft sie alle. Trügerisch ist Anmut und nichtig die Schönheit, eine Frau aber, die den Herrn fürchtet, die soll man rühmen. Gebt ihr von der Frucht ihrer Hände, und in den Toren sollen ihre Werke sie rühmen.“
Es geht hier um eine verheiratete Frau. Ruth wird im ganzen Buch Ruth gerühmt; sie ist einfach der Mittelpunkt. Da brauchen wir nicht noch weitere Stellen aufzuschlagen.
Aber ich meine, dass man auch vorher bei seinem Ehepartner darauf achten kann, ob jemand sich schon durch sein Leben auszeichnet. Natürlich kann er noch nicht in der Blüte stehen, aber man kann schon schauen: Ist das jemand, bei dem andere sagen, „da ist was dran“? Oder ist es jemand, bei dem andere sagen, „lass die Finger weg“? Haben wir noch nie in der Gemeinde gesehen, taucht nur ab und zu mal im Gottesdienst auf und ist sonst untergetaucht?
Wenn andere nichts Positives über deinen Zukünftigen oder deine Zukünftige sagen, hat das einen Grund. Die Norm ist, dass andere Leute sehr wohl beurteilen können, wo jemand steht.
Ruth führt ein Leben, bei dem alle sagen: tüchtige Frau, klasse Frau. Ich werde sie nicht heiraten, weil sie eine Moabiterin ist, aber ihr Leben ist super. Und dann kommt Boas und sagt: „Ich heirate sie doch.“ Und er hat sogar eine gute Begründung dafür. Aber vorher haben die Leute gesagt: top! Und dass man da so ein bisschen drauf achtet – ruhig!
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