Der zweite Timotheusbrief – Vers für Vers: Gottes Wort für dich.
Ich brauche eine Auszeit. Deshalb bekommt ihr in den nächsten Wochen eine ganz neue Reihe von mir zum zweiten Timotheusbrief.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Ich wünsche euch beim Zuhören Gottes Segen und viele hilfreiche geistliche Impulse für euer Leben.
Du brauchst eine Methode, die funktioniert, damit das, was du hörst, in deinem Leben ankommt. Das ist wichtig, weil das Leben einfach mit unglaublichen Herausforderungen verbunden ist.
Paulus’ Einsamkeit und die Abwendung der Freunde
Wir machen hier weiter mit 2. Timotheus 1,15. Dort heißt es: „Du weißt, dass alle, die in Asien sind, sich von mir abgewandt haben.“
Jetzt folgt also eine Liste von Menschen. Paulus sagt hier, dass er im Gefängnis sitzt und Timotheus weiß, dass alle, die in der Provinz Asien leben – die Hauptstadt ist Ephesus – sich von ihm abgewandt haben.
Timotheus, du weißt, dass alle, die in Asien sind, sich von mir abgewandt haben. Dabei ist „alle“ nicht mathematisch zu verstehen. Paulus sitzt im Gefängnis und ist einfach nur frustriert. „Alle“ meint hier alle, auf die es ihm ankommt, von denen er es nicht erwartet hätte. Er dachte, das seien seine Freunde, doch sie sind weg. Unter ihnen sind Phygelus und Hermogenes.
Ja, es gibt auch andere. Zum Beispiel Onisiphorus. „Der Herr gebe dem Haus des Onisiphorus Barmherzigkeit, denn er hat mich oft erquickt und sich meiner Ketten nicht geschämt.“
Die einen sind weg, die anderen sind da. Und Onisiphorus ist besonders klasse.
Onisiphorus als Vorbild treuen Dienstes
Vers 17: Als Paulus in Rom war, suchte Onisiphorus ihn eifrig und fand ihn.
Dies ist der einzige Vers, aus dem wir wissen, dass Paulus sich gerade in Rom befindet, dort in Gefangenschaft. Onisiphorus scheint extra nach Rom gereist zu sein, um sich um Paulus zu kümmern.
Bei den ersten Christen war das ein sehr wichtiger Punkt: Gefangene mussten besucht und versorgt werden. Ein Gefängnis in der Antike bot keine Rundumbetreuung. Man konnte dort einfach sterben, wenn sich niemand um einen kümmerte. Paulus brauchte also Menschen, die den Mut hatten, ihn aufzusuchen.
Hier heißt es: „Suchte er mich eifrig und fand mich.“ Das zeigt einen ganz anderen Zustand als am Ende der Apostelgeschichte, wo Paulus sich im Hausarrest befindet. Hier ist er wirklich eingekerkert. Er schämt sich nicht für seine Ketten und seine Gefangenschaft.
Schon wieder taucht das Thema Scham auf. Paulus schämt sich nicht, Timotheus soll sich nicht schämen, Onisiphorus schämt sich ebenfalls nicht. Diejenigen, die sich abgewandt haben, schämen sich wahrscheinlich schon.
Dann sagt Paulus: „Der Herr gebe ihm, dass er vonseiten des Herrn Barmherzigkeit findet an jenem Tag.“ Vermutlich ist damit der Tag des Gerichts gemeint.
Barmherzigkeit als lebenslange Notwendigkeit
Und bitte erinnert euch an das, was wir am Anfang gesagt haben: Barmherzigkeit ist ein dynamisches Konzept. Es ist etwas, das ich heute brauche, morgen, übermorgen und natürlich auch am Tag des Gerichts.
Wenn das Ganze hier vorbei ist, möchte Gott mich mit seiner Barmherzigkeit beschenken. Warum? Nun, es heißt: Glückselig sind die Barmherzigen, denn ihnen wird Barmherzigkeit widerfahren. So einfach ist das.
Gott wendet sich in Barmherzigkeit denen zu, die selbst barmherzig leben. Onisiphorus ist dafür ein hervorragendes Beispiel. Er hört von der Inhaftierung, während sich alle anderen zurückziehen.
Klar, wenn du plötzlich erfährst, dass dein Apostel – vielleicht dein Mentor – Staatsfeind ist, nicht Nummer eins, aber doch ziemlich weit oben auf der Liste, dann denkst du dir auch: „Wow, das ist jetzt nicht unbedingt gut fürs Geschäft, wenn das alle wissen.“ Also hältst du lieber Abstand.
Während alle auf Abstand gehen, sucht Onisiphorus die Nähe. Er reist nach Rom, um nachzusehen, in welchem Kerker Paulus steckt. Dann geht er hinein und bringt wahrscheinlich etwas zu essen, Kleidung und vielleicht auch Bücher oder andere Dinge, die Paulus im Gefängnis braucht.
Die Bedeutung treuer Gemeindediener
Und wisst ihr was? Paulus sagt hier zu Timotheus, wie viel Onisiphorus in Ephesus gedient hat. Das weißt du sicher noch besser oder sogar am besten. Paulus ist eigentlich nicht überrascht von Onisiphorus. Für ihn tut Onisiphorus einfach das, was er immer getan hat.
Ich möchte jetzt ein Wort an diejenigen richten, die diesen Onisiphorus-Charakter haben. Ihr Lieben, ihr Treuen, ihr, die ihr immer dabei seid, wenn eine Aufgabe ansteht. Es ist großartig, dass es euch gibt. In einer Gemeinde gibt es die Treuen. Es gibt die, bei denen man als Ältester einfach sagen kann: „Die sind eine Bank.“ Mit ihnen kann man Gemeinde bauen. Denn sie machen nicht nur mit, wenn sie Lust haben oder wenn es gerade passt. Sie machen nicht nur mit, wenn ihr eigener Zeitplan es zulässt. Sondern es steckt in ihrem Charakter, zu sagen: „Ich bin pro Gemeinde.“
Es gibt die Treuen, die Onisiphorus-Typen, bei denen man nicht überrascht ist, dass Onisiphorus nach Rom geht. Na klar, wer denn sonst? Wir kennen ihn doch, das ist doch logisch. Versteht ihr? Es gibt solche Typen. Und als Ältester und Gemeindebauer kann ich nur eines sagen: Ohne diese Typen kannst du keine Gemeinde bauen.
Wenn ihr solche seid, herzlichen Dank! Ich weiß, dass ihr zu wenig Lob bekommt. Ich weiß, dass ihr oft treu im Hintergrund dient und euch fragt, wo die anderen bleiben, die eigentlich auch hätten mitmachen können. Vielleicht fragt ihr euch manchmal auch, ob das, was ihr tut, noch gesund ist. Ich möchte euch Mut machen, auch mal Nein zu sagen. Aber ich möchte euch gleichzeitig sagen: Diese Onisiphorus-Typen sind es, die am Ende vom Herrn Herzlichkeit empfangen, weil sie selbst gedient haben.
Wenn du für dich feststellst: „So einer bin ich nicht“, vielleicht bist du eher ein Schönwetter-Christ, der in der Gemeinde auftaucht, wenn es nicht wehtut, dann überlege dir doch, ob du dich nicht ändern möchtest. Ob du nicht sagen möchtest: „Ja, eigentlich hat Onisiphorus Recht.“ Ein bisschen mehr Einsatz zeigen, sich mehr reinhängen als der Durchschnitt. Und dann am Ende von Gott dafür belohnt werden – das ist doch eigentlich eine coole Sache.
Trau dich! Trau dich in der Gemeinde, traue dich im Umgang mit Geschwistern, die sich mühen. Trau dich, an der Stelle mal Verantwortung zu übernehmen und dein Leben wirklich zu investieren. Lebe dein Leben nicht nur für dich, deine Hobbys, deinen Job und deine Familie, sondern wirklich für das Reich Gottes.
Ich mag die Onisiphorus-Typen. Wenn es sie nicht gäbe, wäre ich nicht mehr im Gemeindebau. Das kann ich nicht anders sagen. Diese Typen sind meine Hoffnung – und es sind auch Frauen, das muss man dazu sagen.
Zusammenfassung der Menschen im Brief und Übergang zur Treue
Das war das Thema Menschen, 2. Timotheus, Kapitel 1, Verse 15-18.
Jetzt haben wir das erste Kapitel abgeschlossen, und ihr merkt schon: Wow, du bist als Apostel im Gefängnis und möchtest Timotheus ermutigen, dass er sich nicht schämen soll. Du bist selbst eigentlich gut dabei.
Aber hast du auch schon dein Päckchen zu tragen? Denn du merkst, dass du eine Einsamkeit erleidest, in einem Maß, wie du es dir vielleicht niemals vorher ausgemalt hättest?
Aufforderung zur Treue und zur festen Verankerung im Glauben
Machen wir weiter mit der Aufforderung zur Treue, 2. Timotheus 2,1-13.
Du nun, mein Kind, sei stark durch die Gnade, die in Christus Jesus ist. Wieder hören wir die Aufforderung, stark zu sein. Gleichzeitig wird deutlich, dass Stärke nichts ist, was wir in uns selbst finden. Stärke ist etwas, das uns durch die Gnade gegeben wird – eine Gnade, die in Christus Jesus ist. Weil ich mit Jesus lebe und eine Beziehung zu ihm habe, finde ich Gnade und in dieser Gnade auch die Kraft.
Was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, vertraue treuen Menschen an, die tüchtig sein werden, auch andere zu lehren. Hier haben wir es zunächst mit einem Bedürfnis der Gemeinde in Ephesus zu tun: Dort sollen Lehrer eingesetzt werden. Diese Lehrer werden gebraucht, weil Irrlehrer am Werk sind. Gute Lehrer führen das weiter, was die Apostel gelehrt haben. Schlechte Lehrer hingegen verbreiten eigene Ideen.
Wenn Paulus diesen Auftrag übernimmt – einen Auftrag, den er auch schon im ersten Timotheusbrief erhalten hat –, solche Leute einzusetzen und Älteste zu benennen, dann ist dieser Prozess mit Leid verbunden. Deshalb muss Paulus jetzt ganz klar sagen: Nimm teil an den Leiden als ein guter Streiter Christi Jesu. Du kommst um diesen Dienst nicht herum.
Eine Gemeinde braucht gute Lehre. Fehlt diese, wird sie auf lange Sicht kaputtgehen oder vielleicht nur als religiöser Kulturverein bestehen bleiben. Doch sie wird niemanden mehr retten können. Zur Rettung aus Glauben gehört immer auch ein Inhalt. Ich muss an etwas glauben. Wenn dieser Inhalt verwässert wird oder nicht mehr stimmt, wenn es ein falsches Evangelium gibt, dann wird mit diesem falschen Evangelium auch niemand mehr gerettet.
Die Bedeutung von tiefer Auseinandersetzung mit Gottes Wort
Deswegen brauchen wir gute Lehre. Wir brauchen es immer wieder, dass wir uns Vers für Vers durch biblische Bücher durcharbeiten und genau schauen, was wirklich dort steht – und nicht, was jemand anderes darüber geschrieben hat.
Ich möchte euch auch sagen: Wir leben in einer Zeit, in der zu viel Sekundärliteratur gelesen wird und viel zu viele YouTube-Predigten gehört werden. Du brauchst wahrscheinlich nicht so viel, wie du dir vornimmst. Weniger wäre viel mehr. Es ist viel wichtiger, die Fähigkeit zu entwickeln, sich mit einzelnen Versen intensiv auseinanderzusetzen. So kann ein Vers in dir eine Überzeugung werden, die dann deinen Charakter und dein Leben prägt.
Bitte habt das im Blick. Gerade die Jüngeren betrifft das besonders. Wir leben in einer Zeit, in der wir durch ein Übermaß an Informationen viel zu wenig Überzeugungen entwickeln. Das ist Teil der destruktiven Art der Postmoderne: Sie flutet uns mit Informationen, und wir denken, wir wären reife Christen, nur weil wir uns schon das fünfte Video angesehen haben. Bist du aber nicht!
Wenn du zusätzlich wöchentlich eine Internet-Predigt hörst, wirst du nicht mehr verarbeiten können – davon bin ich überzeugt. Du müsstest wirklich brillant sein, um das zu schaffen. Verarbeiten heißt: Ich denke die Predigt durch, ich schlage die Stellen nach, ich prüfe, ob das, was gesagt wurde, stimmt. Außerdem nehme ich mir den einen Vers, den ich für mein Leben haben will, lerne ihn auswendig und übertrage ihn in mein Leben.
Das ist viel mehr, als einfach nur schnell eine dreiviertel Stunde Predigt anzuhören und dann das Gefühl zu haben, etwas geschafft zu haben. Ich hatte das vorhin schon gesagt: Das hast du nicht. Das ist Selbstbetrug.
Das ist so, als würdest du dir ein Video anschauen, in dem Arnold Schwarzenegger in den frühen Siebzigern trainiert hat, und danach denken, du hättest gerade selbst trainiert. Hast du aber nicht. Du hast dir nur den inneren Kick gegeben, wie cool es wäre, trainiert zu haben. Das ist alles, was du hast – mehr nicht.
Du hast nichts in deinem Leben erreicht, wenn du eine Predigt hörst – nichts, absolut nichts. Das ist nur der erste Schritt auf einem Weg.
Deshalb noch einmal: Was machst du aus dem, was du hörst? Das ist eine ganz wichtige Frage: Wie nimmst du etwas mit?
Abschluss und Ausblick
Das war es für heute. In der nächsten Episode wird diese Reihe fortgesetzt.
Mit dem regulären Podcast geht es am 14. November 2022 weiter. Viele alte Episoden sind ebenfalls in der App und in den meisten Podcast-Playern verfügbar.
Der Herr segne dich, lass dich von seiner Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.
