Einführung in die Verfolgung Davids durch Saul
Ihr Lieben, Sonntag für Sonntag predigen wir in unserem eigentlichen Gemeindehaus in der Mozartstraße durch Bibelbücher. Seit Anfang des Jahres sind wir im alttestamentlichen Buch Erster Samuel. Besonders in der zweiten Hälfte dieses Buches sehen wir den Stoff, aus dem Filme gemacht sind: eine ständige Jagd. König Saul jagt David, der als Nachfolger eingesetzt ist. Noch hat Davids Amtszeit nicht begonnen, aber Saul fürchtet ihn und verfolgt ihn.
Wir haben das vor ein oder zwei Wochen in 1. Samuel 23 gesehen, wie Gott immer wieder auf besondere Weise eingegriffen hat und David vor den Angriffen Sauls gerettet hat. Mal hat Gott David ein besonderes Geschick gegeben, den Angriffen auszuweichen. Mal hat er Menschen gesandt, die David geholfen und ermutigt haben. Immer wieder gab es scheinbar zufällige Umstände, die dafür sorgten, dass David den Angriffen Sauls entkommen konnte.
Ein letzter solcher Umstand war ein Angriff der Philister. Gerade im letzten Moment, bevor Saul David ergriffen und getötet hätte, griffen die Philister das Volk Israel an. Saul musste sich daraufhin um diese Bedrohung kümmern.
Genau hier setzt unser Predigttext an. Saul setzt seine Verfolgungsjagd fort. Ich lese uns die ersten drei Verse aus 1. Samuel 24: „Und David zog von dort hinauf und blieb in den Bergfesten bei Engedi, da wollte er sich verstecken. Als nun Saul zurückkam von der Verfolgung der Philister, wurde ihm gesagt: Siehe, David ist in der Wüste Engedi. Und Saul nahm dreitausend auserlesene Männer aus ganz Israel und zog hin, David samt seinen Männern zu suchen in Richtung auf die Steinbockfelsen.“
So sind wir also vorbereitet auf eine weiter fortschreitende Verfolgung Davids. Doch wir werden in unserem heutigen Predigttext sehen, dass sich das Blatt plötzlich wendet. Jetzt ist es nicht mehr Saul, der David verfolgt, sondern Gott gibt Saul in Davids Hände. David aber nutzt diese Gelegenheit nicht, um seinen ewigen Widersacher und Verfolger loszuwerden. Stattdessen greift er so ein, dass er Saul vor dem sicheren Tod rettet.
Dann werden wir sehen, wie David Saul aufruft, von seinen bösen Wegen umzukehren. Schließlich, am Ende des Kapitels, sehen wir, dass Saul tatsächlich eine gewisse Reue zeigt.
Meine Hoffnung für uns heute ist, dass dieser Text aus einer längst vergangenen Zeit, der zugleich Gottes lebendiges Wort für uns alle ist, uns unseren Retter vor Augen stellt, der uns zur Umkehr ruft. Mein Gebet für jeden hier heute ist, dass daraus nicht nur eine gewisse Reue entsteht, sondern eine wirkliche Umkehr hin zu diesem großen Rettergott.
Dafür möchte ich beten, bevor wir uns dem Text weiter zuwenden:
Himmlischer Vater, wir danken dir, dass dein Wort tatsächlich, wie du selbst sagst, lebendig und kräftig ist und dass es zu tun vermag, wozu du es sendest. Wir bitten dich, dass wir das heute erleben dürfen: dass dieser Bericht aus dem Alten Testament uns ganz persönlich ins Leben spricht, uns wachrüttelt, uns aufruft und zurückruft zu dir. Das ist unser Gebet, das wir beten durch Jesus Christus, der gekommen ist, um zu retten. Amen.
Die Begegnung in der Höhle und die Versuchung zur Gewalt
Wir haben gesehen, dass Saul auf der Suche nach David ist. Er will ihn töten. Auf dieser Suche muss er einen kurzen Stopp machen. Das lesen wir in Vers 4.
Ich werde immer wieder Abschnitte aus dem Predigttext vorlesen, erklären, was dort geschieht, und dann mit uns überlegen, wie uns das ins Leben spricht.
Vers 4: „Und als Saul zu den Schafhürden am Wege kam, war dort eine Höhle. Saul ging hinein, um seine Füße zu decken. David aber und seine Männer saßen hinten in der Höhle.“
„Füße decken“ ist eine schöne Umschreibung dafür, dass man mal muss. Wenn du also später mal musst und kein WC in der Nähe ist, gehst du vielleicht irgendwo hinter die Büsche. Dabei lässt du deine Hose runter, und sie bedeckt dann deine Füße. Ich mache euch das jetzt nicht vor, ich vertraue darauf, dass ihr euch das gut vorstellen könnt. Genau das ist hier gemeint.
Während Saul also sein Geschäft verrichtet, sitzt David mit seinen Männern hinten in der Höhle. Was für eine Gelegenheit! Davids Männer erkennen sofort, dass dies die Chance ist, den ewigen Widersacher aus dem Weg zu räumen.
Ich lese weiter ab Vers 5: „Da sprachen die Männer zu David: Siehe, das ist der Tag, von dem der Herr zu dir gesagt hat: 'Siehe, ich will deinen Feind in deine Hände geben, dass du mit ihm tust, was dir gefällt.'“
David stand auf und schnitt leise einen Zipfel vom Rock Sauls ab. Doch danach schlug sein Herz, dass er den Zipfel vom Rock Sauls abgeschnitten hatte. Er sprach zu seinen Männern: „Das lasse der Herr ferne von mir sein, dass ich das tun sollte und meine Hand legen an meinen Herrn, den Gesalbten des Herrn; denn er ist der Gesalbte des Herrn.“
David wies seine Männer mit harten Worten von sich und ließ sie sich nicht an Saul vergreifen. Interessant ist, dass David erkennt, dass seine Männer – diese kleine Truppe, die er um sich versammelt hatte – die Situation falsch einschätzen. Sie behaupten fälschlicherweise, Gott habe gesagt, David dürfe mit Saul tun, was er wolle.
David weiß, dass das nicht stimmt. Gott hat deutlich gesagt: Du sollst nicht töten. Gott hat Saul zum König berufen und klargemacht, dass, auch wenn David als Nachfolger gesalbt ist, der Tag der Nachfolge kommen wird, wann Gott es will. Gott hat Saul berufen, und Gott wird ihn eines Tages abrufen. Es steht David nicht zu, dem Plan Gottes nachzuhelfen.
Doch ich glaube, wir können uns alle vorstellen, wie groß die Versuchung gewesen sein muss. Versetzt euch mal in die Lage Davids: Ein Mann verfolgt dich ständig, versucht immer wieder, dich zu töten. Und nun hast du die einfache Gelegenheit. Er kommt dir quasi ans Messer geliefert. Wer kann einer solchen Versuchung widerstehen?
Ich glaube, wir alle kennen Situationen, in denen es leicht ist, etwas zu tun, von dem wir eigentlich wissen, dass es falsch ist, das uns aber in der Situation sehr gelegen käme. Solche Situationen gibt es massenhaft.
Eine Lüge, die das Leben etwas leichter macht, und keiner wird es merken. Vielleicht die gute Gelegenheit, bei einer Schulaufgabe abzuschreiben – merkt ja keiner, und die bessere Note ist quasi garantiert.
Vielleicht das Missachten von Altersangaben, wenn es darum geht, irgendwo Zutritt zu bekommen. Eltern machen ihre Kinder gerne ein bisschen jünger, weil es dann günstiger wird, und die Kinder machen sich gerne etwas älter, um Zugang zu bekommen. Die Versuchung ist groß, prüft ja keiner.
Oder eine nicht ganz korrekte Angabe in der Steuererklärung – und so weiter. Ich bin mir sicher, du kennst solche Versuchungen. Widerstehst du ihnen immer?
Das ist, was David hier tut. Ich hoffe sehr, dass wir seinem Beispiel folgen, auch wenn andere uns einreden wollen, dass es nicht so schlimm ist, dass es vielleicht sogar ganz okay ist, etwas zu tun.
Solche Menschen werden wir immer finden, die uns sagen, dass das schon passt, dass es okay ist, dass es sowieso jeder macht, dass es doch sowieso keiner merkt. Damit wollen sie uns darin unterstützen, das zu tun, von dem wir eigentlich wissen, dass es falsch ist.
Gott sagt uns in seinem Wort sehr deutlich, dass wir Versuchungen nicht nachgeben sollen, sondern uns an das halten sollen, was er uns in seinem Wort sagt. Als Christen vertrauen wir darauf, dass das, was Gott in seinem Wort sagt, vollkommen gut und weise ist.
Gott ist kein Spielverderber, der uns Regeln gibt, die uns das Leben schwer machen. Gott ist der Schöpfer, der genau weiß, was gut und richtig für uns ist. So gibt er uns in seinem Wort gute Wegweisung.
Das Problem ist, dass wir Menschen Gott misstrauen, ihm nicht glauben. So fing damals das ganze Chaos in der Welt an, als unsere allerersten Vorfahren den guten Geboten Gottes nicht vertrauten, sondern gegen sie rebellierten.
Seit diesem Tag sehen wir, dass die einst heile Welt gefallen ist, kaputtgegangen ist. Dinge sind nicht so, wie sie sein sollten, weil wir nicht so sind, wie wir sein sollten.
Wir alle geben Versuchungen nach. Wir vertrauen nicht Gott, sondern oft unserer eigenen Weisheit und unseren Gedanken. Deshalb geben wir Versuchungen nach.
Gott hätte jedes Recht gehabt, dem ein Ende zu machen und sich von uns zurückzuziehen. Aber er tut es nicht.
David widerstand einst der Versuchung, Saul zu töten. Er wurde zum Retter Sauls, als dessen eigene Männer ihn aus dem Weg räumen wollten.
Damit weist uns David, wie schon oft zuvor, auf einen viel größeren Retter hin: Jesus Christus.
In ihm kam Gott zu uns Menschen. Gott wandte sich nicht von uns ab, als wir der Versuchung nachgaben und gegen seinen guten Willen handelten. Stattdessen sah Gott mit Liebe und Barmherzigkeit unsere Verlorenheit, unser selbst angerichtetes Leid und Chaos.
Er kam, um uns aus diesem Chaos und Leid herauszuretten.
So kam er in Jesus Christus, wurde Mensch, kam mitten in diese kaputte Welt und widerstand allen Versuchungen.
Das begann gleich am Anfang: Nachdem Jesus getauft war, wurde er in die Wüste geführt und dort vom Teufel verführt.
Der Teufel versprach ihm, wenn er nicht den Weg Gottes ginge, sondern sich vor dem Teufel niederkniehe und ihn anbetete, würde er eine Abkürzung bekommen. Er würde sofort Herrscher über alle Königreiche dieser Welt werden – ohne Leid, ohne Kreuz.
Doch Gott sei Dank widerstand Jesus der Versuchung.
So wie David in der Höhle einst war, war Jesus in der Wüste nicht bereit, den einfachen Weg zu nehmen, die Abkürzung zu gehen. Er wusste um den Willen seines himmlischen Vaters.
So ging er den Weg, den Gott für ihn bestimmt hatte. Er widerstand allen Versuchungen.
Als der Eine, der keiner Versuchung nachgab, der in allem vollkommen gerecht, gut und voller Liebe war, ging er den Weg bis ans Kreuz. Den Weg, den Gott der Vater für ihn bestimmt hatte.
Er gab sein Leben dort, um die gerechte Strafe für jeden zu zahlen, der sich hat versuchen lassen und gegen Gottes guten Willen gehandelt hat.
Alle, die Gottes gutes Gesetz gebrochen haben, können bei ihm Rettung finden.
Seht ihr, wenn wir ehrlich sind, müssen wir alle zugeben: Wir sind nicht wie David. Wir widerstehen nicht allen Versuchungen. Wir geben Versuchungen immer wieder nach.
Deshalb hätten wir alle Gottes Gericht verdient. Aber in Jesus Christus haben wir einen Retter, der uns von dem verdienten Gericht rettet.
Das ist das, was Jesus am Kreuz getan hat.
Davids gnädiges Handeln gegenüber Saul weist uns auf wunderbare Weise auf diese viel größere Rettung hin.
Davids Aufruf zur Umkehr und sein mutiges Zeugnis
Als Nächstes sehen wir, wie David Saul zur Umkehr ruft. Das führt uns zum zweiten Punkt dieser Predigt. Ich lese aus unserem Kapitel 1. Samuel 24, Verse 8b-16:
„Als aber Saul sich aufmachte aus der Höhle und seines Weges ging, machte sich auch David auf, ihm nachzugehen. Er ging aus der Höhle und rief Saul nach und sprach: ‚Mein Herr und König!‘ Saul sah sich um. David neigte sein Antlitz zur Erde und fiel nieder. Er sprach zu Saul: ‚Warum hörst du auf das Geschwätz der Menschen, die da sagen, David sucht dein Unglück? Siehe, heute haben deine Augen gesehen, dass dich der Herr in meiner Hand gegeben hat in der Höhle. Man hat mir gesagt, dass ich dich töten sollte. Aber ich habe dich verschont, denn ich dachte: Ich will meine Hand nicht an meinen Herrn legen, denn er ist der Gesalbte des Herrn. Mein Vater, sieh doch hier den Zipfel deines Rocks in meiner Hand! Ich schnitt den Zipfel von deinem Rock und tötete dich nicht. Daran erkenne und sieh, dass meine Hände rein sind von Bosheit und Empörung. Ich habe mich nicht an dir versündigt, aber du jagst mir nach, um mir das Leben zu nehmen. Der Herr wird Richter sein zwischen mir und dir und mich an dir rächen. Aber meine Hand soll dich nicht anrühren. Wie man sagt nach dem alten Sprichwort: Vom Bösen kommt Böses, aber meine Hand soll dich nicht anrühren. Wem zieht der König von Israel nach, wem jagst du nach? Einem toten Hund, einem einzelnen Floh? Der Herr sei Richter und richte zwischen mir und dir und sehe darin. Führe meine Sache, dass er mir Recht schaffe wider dich.‘“
Das ist der Ruf Davids.
Wir sehen hier, dass David etwas tut, das extrem mutig ist. Er macht genau das, was ich wahrscheinlich nicht tun würde. Wenn Saul mit dreitausend schwer bewaffneten Männern kommt und ich mit einer kleinen, schlecht bewaffneten Gruppe in der Höhle sitze, mich vor ihm verstecke und er dann kommt, wäre ich froh, wenn er seines Weges zieht und mich nicht findet.
Aber was tut David? Er geht ihm hinterher und ruft ihm nach. Er macht sich sozusagen zur Zielscheibe. Was für ein mutiger Schritt! Er begibt sich in große Gefahr.
Warum tut er das? Sicher nicht, weil er denkt: „Saul wird mir schon nichts tun.“ Saul hat immer wieder klar gezeigt, dass ihn nichts davon abhalten wird, David zu töten.
Nein, David vertraut auf Gott. Er vertraut auf den Gott, der dafür sorgt, dass der Böse gerichtet und der Gerechte gerettet wird.
Als Beleg dafür, dass Saul wirklich nichts Böses tun will und keine Gefahr von ihm ausgeht, zeigt David den Zipfel des Rocks, den er abgeschnitten hatte. Während er mit dem Messer den Zipfel abschnitt, hätte er Saul töten können. Doch genau das hat er nicht getan.
Wir sehen hier einen Mann, der mutig seinen Widersacher zur Umkehr aufruft.
Liebe Christen, diesem Beispiel sollten wir folgen. Dabei sollten wir auch das Zeichen der Rettung hochhalten – nicht wortwörtlich den Zipfel eines Rocks, sondern sinnbildlich das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus. Das Kreuz ist der Ort, an dem Rettung für uns vollbracht wurde.
Deshalb singen wir vom Kreuz, reden wir vom Kreuz und freuen uns über das Kreuz, an dem unser Retter für uns starb. So können wir dem gerechten Gericht Gottes entgehen.
Auch wir wollen Menschen zurückrufen zu diesem Gott. Menschen, die heute vielleicht noch nichts von ihm wissen wollen oder Christen eher kritisch und feindlich gegenüberstehen.
Wir wollen ihnen genauso wie damals David Saul in Demut und Nächstenliebe begegnen. Wir wollen sie zurückrufen zu Gott, der sie retten und ihnen helfen will, wirklich Erfüllung im Leben zu finden.
Deshalb freuen wir uns über jeden Gast, der heute hier ist. Wir freuen uns über die Gelegenheit, Gottesdienst feiern zu können, weil wir so noch mehr Menschen einladen können, unseren wunderbaren Rettergott kennenzulernen.
Das ist meine Einladung an dich, wenn du heute als Gast hier bist und vielleicht hören möchtest, was wir Christen hier so reden und denken.
Ich hoffe, du hast nicht den Eindruck, dass wir von oben herab auf dich herabreden. Unser Anliegen ist es, so zu sprechen, wie David zu Saul sprach – in Demut und im Wissen darum, dass wir nicht besser sind.
Wir freuen uns über das Kreuz nicht, weil wir bessere Menschen sind, sondern weil wir wissen, dass wir Sünder sind. Wir wissen, dass wir immer wieder versagen und Versuchungen nachgeben.
Gerade deshalb sind wir so unglaublich dankbar für unseren Retter, der gekommen ist, um unsere Schuld von uns zu nehmen.
Das wollen wir auch dir verkündigen und dich dazu einladen, das zu erkennen. Dass du zu diesem Retter kommst, umkehrst von deinem Leben, in dem du deinen eigenen Gedanken folgst, und anfängst, dem zu vertrauen, der dich geschaffen hat und vor dem du eines Tages stehen wirst.
Das wollen wir dir nicht verheimlichen: So wie David in aller Demut zu Saul spricht und ihn zugleich vor dem kommenden Gericht warnt, wollen auch wir das deutlich sagen.
Wir sind überzeugt, dass eines Tages jeder von uns vor dem Richterstuhl Gottes erscheinen wird – nach unserem Tod oder wenn der Herr wiederkommt.
Wirst du dort stehen? Unser Ruf an dich ist: Kehre um, bevor es zu spät ist, damit du bei Gott Rettung findest.
Diese Rettung wirst du nur finden, wenn du einen Retter hast, der sich für dich verwendet: Jesus Christus.
Das ist der Ruf.
Sauls Reue und die Bedeutung echter Umkehr
Und dann, ab Vers 17, sehen wir schließlich, wie Saul auf Davids Ruf reagiert. Ich lese uns die abschließenden Verse unseres Textes für heute vor:
„Als nun David diese Worte zu Saul geredet hatte, sprach Saul: Ist das nicht deine Stimme, mein Sohn David? Und Saul erhob seine Stimme und weinte und sprach zu David: Du bist gerechter als ich. Du hast mir Gutes erwiesen, ich aber habe dir Böses erwiesen. Du hast mir heute gezeigt, wie du Gutes an mir getan hast, als mich der Herr in deine Hände gegeben hatte und du mich doch nicht getötet hast. Wo ist jemand, der seinen Feind findet und ihn mit Frieden seinen Weg gehen lässt? Der Herr vergelte dir Gutes für das, was du heute an mir getan hast. Nun siehe, ich weiß, dass du König werden wirst und das Königtum über Israel durch deine Hand Bestand haben wird. So schwöre mir nun bei dem Herrn, dass du mein Geschlecht nach mir nicht ausrotten und meinen Namen nicht austilgen wirst aus meines Vaters Hause.“
Und David schwor es Saul. Da zog Saul heim. David aber mit seinen Männern zog hinauf auf die Bergfestung.
Was für eine interessante Wendung! Der große Verfolger Saul, der Erbarmungslose, vom Hass Getriebene, zeigt Reue. Er beendet zumindest vorerst die Verfolgung Davids. Er erkennt David als seinen Retter an und nimmt Abstand von seinen eigenen Mordplänen.
Doch wir werden bald sehen, in den nächsten Wochen, dass diese Reue nur von kurzer Dauer ist. Schon kurze Zeit später macht sich Saul wieder auf den Weg und jagt David nach, um ihn zu töten. Das heißt, letztendlich verhallt Davids Ruf zur Umkehr wirkungslos. Saul wird später gerichtet werden als der ewige Feind Davids. Seine kurzfristige Reue ist letztendlich bedeutungslos.
Und ihr Lieben, so ist das auch heute noch. Eine kurzzeitige Reue ist bedeutungslos vor Gott. Viele Menschen bereuen Dinge. Wir bereuen bestimmte Dinge, vielleicht konkrete Sünden, weil wir merken, dass sie Konsequenzen haben, die uns nicht gefallen. Wir bereuen Dinge, die wir getan haben, weil wir erkennen, dass wir aufgrund einer Fehleinschätzung gehandelt haben und das Ganze nicht so ausgegangen ist, wie wir es uns gedacht hatten.
Aber seht ihr, Gott will nicht einfach nur eine Reue über eine einmalige falsche Entscheidung. Gott will, dass wir komplett umdenken, dass wir anfangen zu verstehen, dass wir viel mehr brauchen, als nur ab und zu mal eine etwas andere Entscheidung zu treffen. Gott will, dass wir lernen, ihm zu vertrauen, sodass wir das tun, was er uns sagt. Er weist uns durch sein Wort den Weg hin zu einem Leben, das uns durch die Irrungen und Wirrungen dieser Welt führt, hin zu einem herrlichen Ort – dem Ort, für den wir geschaffen wurden.
Deswegen ruft uns Gottes Wort zur Umkehr. Saul war nicht bereit umzukehren. Er blieb orientierungslos und verloren, weil er ein blindes Streben nach etwas hatte, das er als das Ziel seines Lebens definiert hatte: Macht. Er wollte der König sein. Er fürchtete David, weil dieser seinen Machtanspruch bedrohte.
Und ich glaube, wir geben Versuchungen aus genau dem gleichen Grund ständig nach. Wir haben ein Verlangen, ein Streben nach Dingen, die für uns so wichtig werden, dass wir bereit sind, alles dafür zu tun – sei es Macht, Reichtum, Glück, Liebe, Sicherheit oder Frieden. All diese Dinge sind an sich nicht verkehrt. Zum Problem werden sie immer dann, wenn sie anfangen, unser Leben so zu bestimmen, dass wir bereit sind, zu tun, was auch immer uns gerade gut und richtig erscheint, um zu bekommen, was wir wollen.
Vor allem wird es zum Problem, wenn wir nicht auf den hören, der uns diese Dinge letztendlich alle geben will, sondern auf die vielen Stimmen, die uns versuchen, auf falsche Wege zu führen und uns Abkürzungen versprechen.
Und ich weiß nicht, wie es dir geht mit den Versuchungen, denen du in deinem Leben nachgegangen bist, mit Situationen, in denen du dich entschieden hast, wieder besserem Wissen folgend das zu tun, was dir in dem Moment einfach besser, einfacher oder schneller erschien, um zu dem zu gelangen, was du dir erhofft hast.
Hast du nicht oft genug erlebt, dass scheinbare Abkürzungen Sackgassen waren? Dass das, was die Versuchung versprochen hat, eine leere Versprechung oder sogar eine Lüge war?
Ich habe in meinem Leben mit vielen Menschen gesprochen. Und in meinem Alltag als Pastor in der Gemeinde führe ich solche Gespräche bis heute sehr oft. Menschen kommen zu mir, die genau das erlebt haben. Ich weiß nicht, mit wie vielen Menschen ich gesprochen habe, die der Versuchung nach wirklicher Erfüllung in Beziehung, in Liebe, in Partnerschaft nachgegangen sind und dabei eben nicht getan haben, was Gott gesagt hat. Die die Ehe gebrochen haben, einfach weil sie endlich mal wirklich Liebe haben wollten. Und dann saßen sie mit Tränen in den Augen bei mir und mussten erklären, dass sie ihr Leben gegen die Wand gefahren haben, alles verloren haben.
Ich erinnere mich noch aus meinem Berufsleben bei Siemens, wie ich einst bei einem Projekt dafür sorgen sollte, dass entsprechende Gelder fließen, damit man das Projekt wirklich gewinnt. Ich habe mich damals geweigert und hatte am nächsten Morgen einen neuen Job innerhalb meines Jobs. Ich habe meinen Job nicht verloren, keine Sorge, ihr müsst jetzt nicht alle Mitleid haben.
Aber die Kollegen, die das gemacht haben, von denen waren einige einige Zeit später im Gefängnis. Sie hatten ihren Job verloren. Sie haben das gemacht, weil sie dachten, es fördert die Karriere. Zum Moment sah es vielversprechend aus, aber sie haben ihre Karriere und ihr Leben gegen die Wand gefahren.
Ähnliches kennen wir von den VW-Managern, die im Abgasskandal gedacht haben: „Ach, merkt ja keiner, wenn wir das ein bisschen anders sagen.“ Seht ihr, das Problem ist: Die Wahrheit setzt sich durch.
Und deswegen ist es so wichtig, dass wir umkehren und solchen Lügen nicht mehr glauben.
Seht ihr, Gott sieht uns in all dem. Er sieht uns in dem ganzen Chaos, das wir angerichtet haben. All das Leiden, das Chaos, all die Schmerzen in dieser Welt sind doch letztendlich die Konsequenz davon, dass Menschen eben nicht Gott vertraut haben. Denn als die Menschen noch Gott vertrauten, da war es paradiesisch. Stattdessen sind sie in ihre eigenen Wege gegangen.
Und Gott ruft uns in seiner großen Gnade und Barmherzigkeit zurück und sagt: Kommt wieder zu mir, vertraut euch mir wieder an, folgt meinem guten Wort.
Dazu hat er uns den gesandt, der größer und besser ist selbst als David: Jesus Christus. Und dazu sendet er heute Menschen, so wie mich hier heute, um andere Menschen zur Umkehr zu rufen, so wie einst David es mit Saul tat.
Saul hörte diesen Ruf zur Umkehr und staunte darüber. Wie konnte David das tun? Er stellt in Vers 20 diese rhetorische Frage: „Wo ist jemand, der seinen Feind findet und ihn mit Frieden seinen Weg gehen lässt?“ Ja, wo ist so jemand?
Wir haben in der Textlesung gehört, wo er zu finden ist. In Römer 5 lesen wir davon, wie Gott uns einen Weg bereitet hat, wie Gott uns jemanden gesandt hat. Dass Christus zu der Zeit, als wir schwach waren, für uns Gottlose gestorben ist. Dass Gott seine Liebe für uns erwiesen hat darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren, ja, als wir noch seine Feinde waren.
Wo ist jemand, der seine Feinde liebt? Nun, Gott ist der, der seine Feinde liebt. So sehr hat Gott die Welt geliebt, wie Matthias uns zu Beginn des Gottesdienstes sagte, dass er seinen eingeborenen Sohn, Jesus Christus, für uns ans Kreuz gegeben hat, dahingegeben hat, damit jeder, der sich ihm zuwendet, der sich ihm anvertraut, bei ihm Leben findet – wahres Leben, ewiges Leben – und ihm nicht verloren geht.
Siehst du ein Leben unter der guten Herrschaft Gottes? Ein Leben, in dem wir uns nicht den Versuchungen hingeben, sondern dem Vertrauen, der uns geschaffen hat und vor dem wir eines Tages stehen werden. Ein solches Leben ist wahrhaft erfüllend. Ein solches Leben bringt uns wirklich durch alle Irrungen und Wirrungen hin zu dem Ort, wo wir all das finden werden, wonach sich unser Herz sehnt: Frieden, Liebe, Annahme, Geborgenheit, Ruhe.
Wenn du in deinem Leben noch nicht diese Wendung erfahren hast, diese Umkehr zu Gott, da möchte ich dich fragen: Hast du nicht auch Sehnsucht nach einem wirklich sinnerfüllten Leben? Sehnsucht nach einem Leben mit einem wirklichen Ziel? Fühlst du dich nicht nach wirklicher Erfüllung, wirklichem tiefen Frieden?
All die Versuchungen dieser Welt haben uns nichts zu bieten. Sie sind leere Versprechungen, sie sind Sackgassen. Aber wer auf Gott vertraut und seinem Willen folgt, der wird erleben, dass Gott für uns das hat, wonach sich unser Herz sehnt.
Ich möchte das ganz bewusst uns Christen zusprechen, weil ihr jetzt vielleicht denkt, das ist nur die Predigt für die Gäste.
Lieber Christ, liebe Christin, wo gehst du gerade Versuchungen nach, von denen du weißt, dass sie im Widerspruch zu dem stehen, was Gott dir sagt? In welchem Lebensbereich hast du faule Kompromisse gemacht, versucht, Abkürzungen zu nehmen, obwohl du überführt bist, dass diese Wege nicht zum Ziel führen?
Auch wir Christen haben es nötig, immer wieder den Ruf zur Umkehr zu hören. Was dir nicht helfen wird, ist ein Moment der Reue: „Ja, das hätte ich nicht machen sollen“, und morgen geht es einfach weiter. Was du brauchst, ist wahre Umkehr.
Mach konkrete Pläne, wie du umkehren willst. Offenbare dich einem Glaubensbruder oder einer Glaubensschwester und finde bei ihm oder ihr Unterstützung im Kampf gegen die Versuchung.
Aber natürlich will ich auch unsere Gäste ansprechen, die diese Umkehr noch nie in ihrem Leben erlebt haben. Wir sind heute hier im Westpark auch für dich. Wir wollen dir helfen, diesen Weg zu finden.
Und ich möchte dich herzlich einladen, das, was vielleicht gerade noch ein bisschen weit weg war, weil es so ein alttestamentlicher Predigttext war – David und Saul und Umkehr – für dich ganz konkret werden zu lassen, indem du das Gespräch suchst mit einem von uns. Vielleicht mit einem, den du hier vorne gesehen hast, oder mit denen, die dich hier begrüßt haben oder dich hierher eingeladen haben.
Wir haben die gleiche Sehnsucht, die David damals für Saul hatte: Wir wollen, dass Menschen Gott erkennen und bei ihm wirkliche Umkehr, wirklichen Frieden und wirkliche Erfüllung finden.
Und dafür möchte ich beten:
Himmlischer Vater, wir wollen dir danken, dass du uns in deinem Wort deutlich zeigst, dass bei dir Umkehr möglich ist. Du bist ein Gott, der sich nicht von uns abgewandt hat, sondern der uns nachgegangen ist, auch in unserer Verlorenheit.
Danke, dass es bei dir hier auf Erden, solange du uns Atem gibst, kein Zu-spät gibt. Dass Umkehr möglich ist, dass das, was Jesus am Kreuz getan hat, für jeden genügt.
Und ich bitte dich, dass du uns diese große Wahrheit tief in unsere Herzen schreibst, damit wir erkennen: Du bist unsere Rettung. Zu dir können wir so kommen, wie wir sind. Wir können dir offen bekennen, wer wir sind und was wir getan haben.
Und bei dir können wir erleben, dass wir nicht so bleiben müssen, wie wir sind. Weil du ein Gott bist, der uns nicht nur zur Umkehr ruft, sondern der uns auch verändern will.
Und so rufen wir zu dir, Herr, erbarme dich. Amen.
