Ja oder Nein?, liebe Freunde. Zwei Worte! Zwei Möglichkeiten! Zwei Welten!
Petrus sagt Nein. Zuerst auf dem Weg von Jerusalem hinaus an den Ölberg. Eine tief eindrückliche und bewegende Abendmahlsfeier liegt hinter ihnen. Jetzt ziehen sie durch die Nacht, so wie sie immer durchs Land gezogen sind: der Herr voraus, dann die Jünger. Plötzlich bleibt Jesus stehen, winkt seine Getreuen heran und sagt ihnen: In dieser Nacht werdet ihr Ärger mit mir bekommen! Während sich alle verständnislos anschauen, stampft Petrus mit dem Fuß auf den Boden und hält seine Hand zum Schwur: Nein, ich nicht!
Petrus sagt Nein. Auch im Garten Gethsemane. Jesus weist acht Jüngern einen Lagerplatz zu: Setzt euch hier! Dann geht er mit dreien ein Stück weiter: Bleibet hier und wachet mit mir! Er selbst fällt wenige Meter weiter auf die Knie und ringt mit seinem Vater. Als er aber wieder nach seinen Mitarbeitern schaut, schlafen sie wie die Kinder. "Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?" Petrus kann vor Müdigkeit das Wort nicht aussprechen, aber seine ganze Haltung drückt es aus: Nein, ich nicht!
Petrus sagt Nein. Selbst im Fackellicht der anrückenden Kohorte verschlägt es ihm die Sprache nicht. Judas tritt aus der Finsternis und gibt Jesus einen Kuss. Daraufhin greifen die Söldner zu und binden die Knoten fest. Jesus ergibt sich kampflos. Nur Petrus zieht sein Schwert aus der Scheide und fuchtelt gefährlich durch die Luft. Aufstecken? Ablassen? Ergeben? Nein, ich nicht!
Petrus sagt dies dreifache Nein. Sicher, es ist kein grundsätzliches Nein gegen Gott, sondern ein erschrockenes Nein. Dieses Nein kommt aus dem eigenen Fleisch und Blut. Dieses Nein wächst aus der Fehleinschätzung der eigenen Möglichkeiten. Dieses Nein wurzelt im Ja zu den eigenen Kräften.
Ja oder Nein? Zwei Worte! Zwei Möglichkeiten! Zwei Welten!
Jesus sagt Ja. In der vielleicht ergreifendsten Szene der ganzen Passion, die uns wie keine andere das ganze und volle Menschsein Jesu zeigt, beginnt er jene einzigartige Unterredung mit den Worten: Mein Vater! Das ist kein Bekenntnis zu einem fernen Schöpfergott, der vielleicht vor Billionen Lichtjahren diesen Planeten ins Werk gesetzt, aber dann eben seinem eigenen Schicksal überlassen hat. Das ist doch der Ruf zu einem nahen Vatergott, der sich nichts aus den Händen reißen lässt. In allem Dunkel ist ihm das Angesicht dieses Vaters nicht entschwunden. In aller Finsternis kann er dieses Angesicht noch ausmachen. Durch die Nacht hindurch sieht er den, der ihn auf diese Erde geschickt, ihn auf diesen Passionsweg gewiesen und ihn wieder nach Hause zurückbringen wird. In diesem vertrauensvollen, ohne eine Spur von Misstrauen gesprochenen "mein Vater" liegt dieses überzeugende: "Ja, ich will."
Jesus sagt Ja. Auch dort, wo er leise anfügt: "Wenn es möglich ist, dann gehe dieser Kelch an mir vorüber!" Eine Flucht wäre ja durchaus im Bereich der Möglichkeit gelegen. Es hätte nur einige Schritte in die Nacht hinaus bedurft und das klug gesponnene Netz eines Judas wäre zerrissen, so wie ein Spinnennetz bei der kleinsten Berührung zerreißt. Aber Jesus verzichtet auf eigene Schritte. Er tut nichts auf eigene Faust. Nichts soll ihn von seinem Vater trennen. Zu dessen Möglichkeiten, und nur zu dessen Möglichkeiten, sagt er: "Ja, ich will."
Jesus sagt Ja. "Herr nicht mein, sondern dein Wille geschehe." Keine Bitte um Aufklärung, keine Frage nach dem Geheimnis Gottes, keine Klage kommt über seine Lippen. Das "warum?” ist erstickt durch die Bitte: Dein Wille geschehe! Mag kommen, was will. Ja, ich will!
Jesus sagt dies dreifache Ja. Es ist ein entschlossenes Ja. Dieses Ja kommt nicht aus dem eigenen Fleisch und Blut. Dieses Ja wächst aus der nüchternen Einschätzung der eigenen Möglichkeiten. Dieses Ja wurzelt im Nein zu den eigenen Kräften. Ja oder Nein? Zwei Worte! Zwei Möglichkeiten! Zwei Welten?
Was sagen wir? Setzen wir auf unsere Kraft? Bauen wir auf unser Vermögen? Verlassen wir uns letztlich auf unsere Möglichkeiten? Dann sagen wir mit Petrus das Nein und gehören zu denen, die im Ernstfall ihn auch verlassen. Oder sagen wir wieder das Ja, fangen wir wenigstens damit wieder an, in aller Dunkelheit das Angesicht des Gottes auszumachen, der nicht aufgehört hat, unser Vater zu sein? Fangen wir wieder an, in allen Schwierigkeiten mit seinen Möglichkeiten zu rechnen? Fangen wir wieder an, seinem Willen zuzutrauen, dass er auf alle Fälle und in allen Fällen der beste ist?
Vielleicht so: "Herr, meine Kinder sind nicht auf dem Weg, den ich mir für sie vorstellte. Sie bereiten mir Kummer und Sorgen. Bringe du sie zurück, aber dein Wille geschehe." - "Herr, mein Beruf ist viel schwieriger, als ich je dachte. Oft meine ich, dass meine Kräfte nicht ausreichen. Rüste mich aus, aber dein Wille geschehe." - "Herr, mein ganzen Leben bringt das nicht, was ich mir erträumte. Schenke du mir ein bisschen Glück, aber dein Wille geschehe." - "Herr, meine Krankheit sieht böse aus. Ob ich noch einmal gesund werden darf, aber dein Wille geschehe." - "Herr, die ganze Welt ist zerstritten. Krieg und Hass grassieren wie die Pest. Schenke du Frieden, aber dein Wille geschehe."
Jesus sagt Ja. Ja oder Nein? Lernen wir es ihm nachsagen. Jedes Ja gibt ihm, dem König der Passion, die Ehre.