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Über den Umgang mit unserer Zeit

Der Prioritätenkonflikt, Teil 2/2
01.01.1998Epheser 5,15-17
SERIE - Teil 2 / 2Der Prioritätenkonflikt

Einführung: Prioritäten im christlichen Leben und der Umgang mit Zeit

Wir machen die Fortsetzung mit Teil 2. Wir sprechen über die Prioritäten eines christlichen Lebens und wollen in diesem Teil vor allem über den Umgang mit unserer Zeit nachdenken.

Einleitend möchte ich sagen, dass ich im Juni dieses Jahres an einer Konferenz am Stadtrand von Chicago teilnehmen konnte. Dort traf ich unter anderem den Direktor von BMW – nicht Herrn Pischitzrieder aus München, den ich mir gewünscht hätte, weil es ihm sicher nicht geschadet hätte. Stattdessen traf ich Paul Seeger, den Direktor von BMW, allerdings steht BMW hier für Biblical Ministries Worldwide und nicht für Bayerische Motoren Werke.

Paul Seeger hielt während der Konferenz der IFCA eine Bibelarbeit zum Thema treue Haushalterschaft im Umgang mit unserer Zeit. Mir ist selten eine Bibelarbeit so unter die Haut gegangen wie jene an diesem Morgen am Stadtrand von Chicago. Es sind jetzt vier Monate her, und ich arbeite immer noch daran, das Gehörte in kleinen, konkreten Schritten in mein Leben umzusetzen.

Ich möchte euch in dieser zweiten Stunde gerne an den Erkenntnissen von Paul Seeger teilhaben lassen. Ich habe diese für mich bearbeitet, umgebaut und an meine Verhältnisse angepasst. Diese Erfahrungen möchte ich gerne weitergeben.

Die Eltern von Paul Seeger gingen als Missionare nach Nigeria, das ist schon 50 Jahre her. Es war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie nahmen Paul mit, als er erst drei Monate alt war. Er wurde also in den 1950er Jahren in einem kleinen Dorf im Nordosten Nigerias geboren. Dort gab es damals keine Uhren. Die Afrikaner lebten damals noch allein nach dem Stand der Sonne – die Glücklichen.

Heute, 50 Jahre später, ist Paul Seeger Direktor dieser großen amerikanischen Mission, die in vielen Ländern der Erde arbeitet, auch hier in Deutschland. Paul erzählte, dass es ihm immer wichtig war, treu mit dem anvertrauten Zeitgut umzugehen. Deshalb las er in den vergangenen Jahrzehnten viele Bücher zu diesem Thema, besuchte Seminare und fragte andere christliche Leiter, wie sie mit der Zeit umgehen. Er lernte manches Gute.

Aber dann sagte er auf der Konferenz, dass die eindrücklichsten Lektionen über den Umgang mit der Zeit jene waren, die er in jenem primitiven Dorf in Afrika erfuhr. Dort, wo die Leute keine Uhren besaßen, lernte er die zwei wesentlichen Grundlagen für einen weisen Umgang mit der Zeit.

Diese lauten:
Erstens: Lege zuerst die Steine in den Korb und danach fülle ihn mit Sand.
Ich werde gleich erklären, was damit gemeint ist.

Zweitens: Pflanze die Erdnüsse gleich nach dem ersten Regen.

Erstens also: Lege zuerst die Steine in den Korb und danach fülle ihn mit Sand.
Zweitens: Pflanze die Erdnüsse gleich nach dem ersten Regen.

Wir kommen in wenigen Minuten darauf zurück.

Biblische Grundlage für den Umgang mit Zeit

Lassen Sie uns zunächst einen kleinen Abschnitt im Epheserbrief lesen, Kapitel 5, Verse 15-17. Diese Verse sind grundlegend für das, was ich weiter ausführen möchte.

 Epheser 5,15-17:
„Seht nun genau zu, wie ihr wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise, kauft die gelegene Zeit aus, denn die Tage sind böse. Darum seid nicht töricht, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist.“

Der Apostel Paulus schreibt hier also: Seht genau zu, wie ihr wandelt. Ihr kennt vielleicht die Auslegung von Watchman Nee über den Epheserbrief. Dort wird der Brief in Abschnitte eingeteilt: „sitze, wandle, stehe“. Die ersten drei Kapitel des Epheserbriefs gehören zum „Sitze“-Abschnitt, dann folgt Kapitel vier mit dem „Wandle“-Abschnitt. Hier befinden wir uns in diesem Abschnitt des Wandels.

Ein wichtiger Teil des Wandels bezieht sich auf den Umgang mit unserer Zeit. Paulus fordert uns auf: Seht genau zu, wie ihr wandelt – nicht als Unweise, sondern als Weise. Kauft die gelegene Zeit aus, denn die Tage sind böse. Darum seid nicht töricht, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist.

Wenn wir gute Haushalter unserer Zeit sein wollen, müssen wir zwei zentrale biblische Begriffe zum Thema Zeit kennen. Vielleicht habt ihr schon selbst darüber gepredigt, dann sage ich jetzt nichts Neues und trage Eulen nach Athen. Diese beiden Begriffe sind „Chronos“ und „Kairos“. Es sind zwei griechische Wörter, die in unseren Kreisen immer wieder fallen: Chronos und Kairos.

Was ist der Unterschied? Chronos meint den Zeitlauf, die Zeit, die vergeht. Hoffentlich läuft sie uns jetzt nicht davon. Diese Zeit kann man messen in Sekunden, Minuten, Stunden oder Jahren. Daraus kommen auch Begriffe wie Chronometer, der Zeitmesser, die Uhr, oder Chronologie. Das Wort „Chronos“ kommt zwar hier in Epheser 5 nicht ausdrücklich vor, aber das Konzept von Chronos, also der Zeitlauf, ist hier gemeint.

Wenn Paulus schreibt: „Seht genau zu, wie ihr wandelt“ – mit dem Ausdruck „sorgfältig wandeln“ – meint er, dass wir sehr vorsichtig wandeln sollen. Achtet genau auf jeden Schritt, den ihr tut in eurem Wandel im Zeitlauf. Achtet darauf, was der Wille des Herrn ist. Was will Gott mit meinem Leben erreichen?

Vielleicht kann man es am besten mit einem Bild illustrieren: Ein Soldat, der sich durch den Dschungel kämpft, muss sehr vorsichtig sein. Er muss auf jede Bewegung achten, sei es auf Schlangen, die von den Bäumen herunterkommen, oder auf Landminen am Boden. Er muss sehr vorsichtig vorwärts gehen. Die Schrift gebraucht diesen Begriff und fordert uns auf, sehr weise und umsichtig zu wandeln, jeden Schritt sorgfältig zu überlegen.

Wir sollen nicht wandeln, als ob wir durch ein Einkaufszentrum bummeln, sondern sehr sorgsam Schritt für Schritt unseres Lebens gehen.

Dann gibt es ein zweites Wort in der Schrift, das auch mit „Zeit“ übersetzt wird, und das heißt „Kairos“. Kairos meint mehr den Zeitpunkt, die günstige Gelegenheit. Hier geht es mehr um eine gute Möglichkeit, die sich plötzlich bietet und die man beim Schopf fassen sollte.

Die Bibel sagt: „Als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn.“ (Galater 4,4) Als die Fülle der Zeit kam, steht hier „Kairos“ – der günstigste Zeitpunkt in der Heilsgeschichte. Da wurde der Herr Jesus Mensch.

Ich habe einmal eine Predigt nur über diese wenigen Worte aus Galater 4,4 gehört. Der Verkündiger zeigte auf, warum es der günstigste Zeitpunkt war – im Jahr sechseinhalb vor Christus, warum dort Bethlehem war und die Krippe usw. Das kann ich hier nicht im Detail einfügen, aber es war wirklich der richtige Zeitpunkt. Sonst wäre Christus ein paar hundert Jahre früher oder später geboren worden.

Hier steht also „Kairos“ – es war der Kairos Gottes, da wurde der Herr Jesus Mensch.

Jetzt haben wir die beiden Begriffe von Zeit kennengelernt. Ihr seht, sie lassen uns in gewisser Spannung zurück. Wenn es uns aber gelingt, diese beiden Konzepte richtig zu verstehen und anzuwenden, wird das unglaubliche Auswirkungen auf die Prioritäten unseres Dienstlebens haben.

Die erste Lektion aus Nigeria: Die Steine zuerst in den Korb legen

Jetzt gehen wir zurück nach Nigeria. Erinnert ihr euch an die erste Lektion, die Paul Sieger lernte? Lege zuerst die Steine in den Korb und danach fülle ihn mit Sand. Was bedeutet das?

Paul Sieger beobachtete eines Tages, wie die Afrikaner Baustoffe für eine Baustelle heranschafften. Die Männer brauchten Sand und Steine. Für den Transport sind in Afrika leider die Frauen zuständig. Sie trugen die Baustoffe in einem Korb auf der Schulter oder auf dem Kopf kilometerweit durch den Busch.

Dabei taten die Frauen etwas sehr Weises. Zuerst legten sie die Steine in den Korb und danach füllten sie den Rest mit Sand auf. Ich glaube, wir können uns alle vorstellen und ermessen, warum sie das so machten. Sie haben sich dadurch Lauferei gespart. Hätten sie zuerst den Sand hineingeschüttet und dann noch obendrauf Steine gepackt, wäre nicht so viel hineingegangen, als wenn sie zuerst die Steine legen und der Sand dann in die Ritzen überall hineinläuft und den Rest bis oben hin auffüllt.

Das war sehr weise. Das hier ist kein afrikanischer Stein, das ist wahrscheinlich so ein Ur-Westerwälderstein, aber wenn wir uns das jetzt mal vorstellen: Wenn wir einen Korb füllen, dann sollten wir zuerst die großen Dinge hineintun und danach die kleinen ergänzen.

Zugegeben, das ist ein sehr einfaches Zeitplansystem, aber das müssen wir erst mal kapieren und verinnerlichen.

Als ich den letzten BAO-Rundbrief bekam, musste ich doch schmunzeln, weil Joe vorne eine ähnliche Lektion auf der ersten Seite hatte. Er hatte eine andere Quelle, war nicht auf der Konferenz dort, und der Professor, von dem er das gehört hatte, hat das auch ein bisschen anders aufgebaut. Trotzdem musste ich schmunzeln, dass das gerade zur gleichen Zeit kam.

Ich sage noch mal: Das ist ein sehr einfaches Zeitplansystem. Aber wir müssen das erst mal kapieren und verinnerlichen.

Ihr lieben Brüder und Schwestern, was sind eigentlich die Hauptaufgaben meines Lebens? Das sind die Steine. Die müssen zuerst in den Korb, und danach erst die vielen Einzelheiten und Details unseres Lebens.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich ertappe mich viel zu oft dabei, dass ich mit dem Sand anfange, mit dem Kleckerkram. Am Abend eines Tages will ich noch etwas Wichtiges tun, und das passt dann nicht mehr in den Korb, versteht ihr?

Für die Leute in Afrika spielten Minuten keine Rolle, wahrscheinlich nicht mal Stunden. Sie wussten gar nicht, was eine Minute oder eine Stunde ist. Sie beurteilten den Zeitablauf nur nach dem Lauf der Sonne: Wenn die Sonne aufging, gingen sie auf ihre Äcker. Wenn die Sonne hochstand, kamen sie zurück, weil es viel zu heiß war, um zu arbeiten. Dann saßen sie unter einem großen, schattigen Baum in der Dorfmitte.

Für diese Leute war einer der großen Steine, ihre Äcker und Gärten zu bestellen. Denn wenn sie das nicht taten, hatten sie Monate später buchstäblich nichts zu essen. Ihr Leben hing davon ab.

Prioritäten im Dienst: Key Performance Areas und persönliche Reflexion

Ich weiß nicht, wer von Ihnen in großen Firmen wie Siemens, BMW oder ABB arbeitet. Ich werde später mal auf dem Parkplatz schauen, welche Autos dort stehen. Aber wir sind ja jetzt nicht in München. Dort habe ich gesehen, dass viele BMWs standen.

Wer für eine große Firma arbeitet, weiß vielleicht, dass viele Unternehmen, vor allem aus dem amerikanischen Raum, sogenannte Key Performance Areas einrichten. Das sind Bereiche, in denen von den Mitarbeitern absolute Höchstleistung erwartet wird.

Eine Key Performance Area ist ein Bereich, in dem der Mitarbeiter alles geben muss. Er kann in anderen Bereichen durchaus schwächer sein, aber in diesem Bereich bekommt er eine genaue Arbeitsbeschreibung und muss absolut akkurat arbeiten.

Wenn zum Beispiel jemand als Statiker in einer Brückenbaufirma arbeitet, muss er absolut genau sein. Er kann langsam sein und vielleicht auch ohne Krawatte am Computer arbeiten, aber er muss präzise sein. Sonst stürzt später die Brücke ein.

Viele Firmen haben solche schriftlich ausgearbeiteten Arbeitsbeschreibungen. Die Mitarbeiter wissen, dass sie in diesen Bereichen unbedingt gute Leistung bringen müssen, sonst werden sie gefeuert.

Als ich darüber nachdachte, wurde ich sehr betroffen. Ich arbeite im Reich Gottes und musste mir eingestehen, dass ich nie wirklich darüber nachgedacht hatte, was eigentlich meine Key Performance Areas sind. Was sind meine Hauptaufgaben? Was sind die großen Steine meines Dienstes? Was sind die Prioritäten, die mir vom Herrn in der jetzigen Phase meines Lebens aufgetragen sind und die niemand sonst tun kann? Darum geht es.

Als ich über die Leute in Afrika nachdachte, musste ich mir eingestehen, dass ich meine Tage zu oft mit Sand fülle. Wenn ich am Ende des Tages die dicken Brocken einfügen will, passen sie nicht mehr.

Wissen Sie, wie das praktisch aussehen kann? Man wacht morgens auf und drückt noch ein paarmal auf den Wecker, weil die Sitzung am Abend zuvor viel zu lange gedauert hat. Irgendwann krabbelt man aus dem Bett, nimmt eine Dusche und sitzt dann am Frühstückstisch. Die Stille ist heute ein bisschen später dran.

Man denkt: "Ich mach's noch im Büro." Bevor man aus dem Haus geht, bittet die Frau: "Schatz, könntest du nicht noch schnell das Bild im Flur aufhängen, bevor du gehst?" Na klar, das mache ich schon. Aber dummerweise fehlt der passende Dübel, und man fährt schnell in den Baumarkt.

Als man zurückkommt, sitzt Bruder X im Wohnzimmer. Er ist schon im Ruhestand und kam gerade in der Nähe vorbei und dachte, er schaut mal rein. Das kostet wieder eine Stunde.

Als er weg ist, kommt gerade die Post. Nachdem man sie gelesen hat, ist bald Zeit zum Mittagessen. Man sagt sich: "Was soll's, ich gehe heute erst nachmittags ins Büro."

Das ist vielleicht etwas übertrieben und mehr auf hauptberufliche Reichgottesarbeiter gemünzt, aber vielleicht sieht die Verzettelung bei Ihnen ähnlich aus. Wenn Sie Hausfrau sind, kann sich das auf einer anderen Ebene ähnlich abspielen. Oder wenn Sie berufstätig sind, dann kann sich das Gleiche abends nach Feierabend zwischen 17 und 22 Uhr abspielen. Verzettelung gibt es überall.

Wir wollen ehrlich sein: Wir leben alle irgendwie unser Leben und füllen es mit mehr oder weniger Sand. Wenn wir die schweren Steine unterbringen wollen, haben wir oft keinen Platz mehr in unserem Korb. Ist das nicht so?

Es gibt eine Regel, die man das Parkinsonsche Gesetz nennt. Das hat nichts mit der Krankheit zu tun, sondern mit einem anderen Parkinson.

Das Parkinsonsche Gesetz besagt: Die Zeit, die für eine Sache eingesetzt wird, ist normalerweise umgekehrt proportional zu deren Wichtigkeit. Noch einmal: Die Zeit, die für eine Sache eingesetzt wird, ist normalerweise umgekehrt proportional zu deren Wichtigkeit. Das heißt, man investiert oft mehr Zeit in unwichtige Dinge als in wichtige.

Dann kennt man auch das sogenannte 80-20-Prinzip. Es besagt, dass 80 Prozent der Resultate unseres Dienstes letztendlich das Ergebnis von nur 20 Prozent Einsatz unserer Zeit sind.

20 Prozent Einsatz unserer Zeit bewirken 80 Prozent Resultate. Wie diese genau aussehen mögen, ist unterschiedlich. Die anderen 20 Prozent der Resultate kommen folglich von 80 Prozent Einsatz unserer Zeit.

Vielleicht ist es bei Ihnen siebzig zu dreißig oder fünfzig zu fünfzig. Aber die Beobachtung bei Reich Gottes Arbeitern und Ehrenamtlichen, wenn wir das so unterscheiden wollen, ist oft die 80-20-Regel.

Sand wird auch beim Hausbau gebraucht. Sand wird benötigt, um ein Gebäude hochzuziehen. Wir können Sand gar nicht vermeiden in unserem Dienst. Es wäre falsch zu sagen, wir müssten Sand völlig eliminieren. Sand wird gebraucht, da bin ich realistisch.

Aber wir vergessen einfach zu oft die afrikanische Regel: Leg zuerst die Steine in den Korb und fülle ihn danach mit Sand. Es geht um Prioritäten, um Reihenfolge und Rangfolge.

Ich möchte nicht wissen, in wie vielen Gemeinden zum Beispiel die Ältesten selbst zuständig sind für den Gemeindebrief und die Einladungszettel für Veranstaltungen. Bei uns in Mannheim war das lange Zeit so, aber zum Glück nicht mehr.

Seit ein paar Wochen haben wir endlich einen Bruder gefunden, der gut mit dem PC umgehen kann, das Grafikprogramm beherrscht und willig ist. Er nimmt unserem lieben Bruder Ralf die Arbeit ab, sodass Ralf als Ältester das nicht mehr machen muss.

Er hat es gerne und lange gemacht, weil kein anderer da war. Aber er ist Ältester und sollte Zeit für andere Dinge haben.

Darf ich das mal so sagen? Wie viele Stunden gehen von Ältesten und hauptberuflichen Mitarbeitern für schöne Einladungszettel drauf? Nichts gegen schöne Einladungszettel, aber ist hier jemand im Saal, der durch einen schönen Einladungszettel zum Glauben gekommen ist?

Er wäre wahrscheinlich auch zu der Veranstaltung gekommen, wenn der Zettel nicht so hochglanzmäßig gewesen wäre und die Grafik nicht so ausgefeilt. Sie verstehen, was ich meine.

Wir wollen die Sache ordentlich machen, sie soll Qualität haben, aber das können andere übernehmen.

Was sind die dicken Steine meines Dienstes? Was muss zuerst in den Korb? Was sollte ich unbedingt tun, auch wenn ich sonst nichts weiter zustande bringe?

In meinem gegenwärtigen Dienst habe ich, wenn Sie so wollen, vier Key Performance Areas, also vier Bereiche, die vom Herrn her jetzt dran sind – vier dicke Steine.

Das ist zuerst der Ältestendienst in unserer Mannheimer Gemeinde, inklusive Wortverkündigung. Seelsorge ist nicht so mein Hauptbereich, aber deswegen bin ich auch hier und höre die Vorträge. Der Hirten-Dienst in unserer Gemeinde ist für mich der erste Stein, den ich nennen will.

Als Zweites sehe ich meine Aufgabe darin, Leiter auszurüsten. Wissen Sie, dass das eine Hauptaufgabe jedes Leiters sein sollte: weitere Leiter hervorzubringen?

Ich muss ehrlich sagen, dass ich das über viele Jahre weitgehend vernachlässigt und versagt habe, Leiter wirklich auszurüsten und zuzubereiten. Aber ich habe das erkannt. Das ist eine meiner Hauptaufgaben, und ich will versuchen, es besser zu machen.

Drittens möchte ich als Hauptverantwortlicher der KfG-Arbeit überregional zur Gründung und zum Aufbau bibeltreuer Gemeinden beitragen.

Und als Schriftleiter der Zeitschrift Gemeindegründung möchte ich dafür sorgen, dass gute und hilfreiche Artikel in die Hände der Leser kommen.

Vielleicht könnte ich jetzt auch noch einen fünften Stein nennen. Wir sprechen jetzt von den dicken Brocken des Dienstes.

Gut, ich bin hauptberuflich im Dienst. Sie sind vielleicht hauptberuflich Informatiker oder in einem anderen Bereich tätig in einer Firma. Dann sieht es vielleicht etwas anders aus.

Aber trotzdem sollte es auch für die verbleibende Zeit Ihres Dienstes für den Herrn in der Gemeinde dicke Steine geben, die Sie benennen können.

Weil ich das erkannt habe, möchte ich diese vier Steine, die ich eben genannt habe, unbedingt in meine Lebensplanung aufnehmen. Diese Dinge müssen in meinem Jahresplan vorkommen, in meinem Monatsplan und in meinem Wochenplan.

Wenn ich nicht eintrage: Zeit mit dem jungen Bruder, um mit ihm Leiterschaftsschulung zu machen, ihn in den Hauskreis, in die Leitung oder in die Verkündigung oder andere Bereiche einzuführen, dann werde ich meine Zeit mit viel Sand füllen und eine meiner Hauptaufgaben meines Dienstes vernachlässigen.

Was meinen Sie, womit ich mich mit Sand verzetteln könnte? Ja, mehr als mir lieb ist.

Nur wenn ich die großen Steine meines Dienstes benennen kann, kann ich auch nach Prioritäten planen. Und wenn ich meine Zeit sorgfältig nach Prioritäten plane, kann ich auch Nein sagen zu Dingen, die jetzt für mich nicht dran sind.

Verstehen Sie, was ich sagen will? Das ist keine Frage der Wertigkeit.

Wenn Ralf jetzt sagt: Einladungszettel gestalten und Gemeindebrief ist für mich als Ältester nicht mehr dran, das ist für mich kein dicker Stein. Das wäre für mich Sand im Ältestendienst.

Aber der andere Bruder, der auch Ralf heißt, nur mit "ph" geschrieben, für den ist Gemeindebriefgestalten ein dicker Stein seines Dienstes in der Gemeinde.

Verstehen Sie? Das hat nichts mit Wertigkeit zu tun, das ist für ihn ein dicker Stein, und er wird es gut machen, da sind wir sicher.

Das Vorbild Jesu: Auftragsorientierung und Prioritäten

Vielleicht darf ich an dieser Stelle noch einen Gedanken einfügen, bevor wir uns gleich etwas Zeit nehmen, um das in unser Leben zu übertragen.

Bitte schlagen Sie mit mir eine Stelle auf, an der wir sehen, dass unser Herr Jesus auftragsorientiert war. Das lässt sich wohl am besten in Markus Kapitel 1 erkennen. Auch er hatte, wenn ich das so sagen darf, dicke Steine in seinem Leben.

 Markus Kapitel 1 zeigt uns den Herrn Jesus vor allem als den Knecht. Deshalb sehen wir ihn hier besonders oft in Eile. Ein Stichwort bei Markus lautet „und alsbald“ oder „und sogleich“ – diese Ausdrücke kommen immer wieder vor. Ein Knecht muss arbeiten, hat nicht viele Pausen. Das zeigt uns Markus 1 ganz besonders, wie der Dienst unseres Herrn aussah.

Lesen wir ab Vers 32:
„Als es aber Abend geworden war und die Sonne unterging, brachten sie alle Leidenden und Besessenen zu ihm, und die ganze Stadt war an der Tür versammelt. Er heilte viele, die an mancherlei Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus. Dabei ließ er die Dämonen nicht reden, weil sie ihn kannten.“

Und weiter:
„Frühmorgens, als es noch sehr dunkel war, stand er auf und hütete seinen eigenen Weinberg. Er stand auf, ging hinaus an einen einsamen Ort und betete dort.“

Seht ihr die Priorität Nummer eins? Früh morgens, vor Sonnenaufgang – das heißt vor sechs Uhr – ging er hinaus. Simon und die mit ihm waren, eilten ihm nach. Sie fanden ihn und sagten: „Alle suchen dich.“ Doch er antwortete: „Lasst uns anderswohin in die benachbarten Marktflächen gehen, damit ich auch dort predige. Denn dazu bin ich ausgegangen.“

Beinahe wäre es hier den Leuten gelungen, ihn bedürfnisorientiert zu vereinnahmen. Sie wollten ihn fast zu Hütern anderer Weinberge machen, sage ich jetzt mal großzügig. Sie wollten, dass er hier bleibt und die vielen Kranken heilt.

Doch Jesus ging in die Stille vor den Vater und bekam hier eine neue Priorität gezeigt. Er erkannte: „Das ist jetzt nicht dran.“ Sein „dicker Stein“ war das Predigen, das Verkündigen des Reiches Gottes. Dazu gehörten selbstverständlich auch Heilungen und das Austreiben von Dämonen. Aber jetzt war das Predigen dran.

Er ging fort, predigte und hatte Wortdienst.

Ein ähnliches Prinzip, das gleiche Prinzip, finden wir wieder in Apostelgeschichte 6,4. Das kennen wir alle, viele Brüder haben darüber schon gepredigt.

Die Gemeinde in Jerusalem wuchs und wuchs. Plötzlich gab es Engpässe bei den Mitarbeitern. Die griechisch sprechenden hellenistischen Witwen wurden bei der Versorgung übersehen.

Da handelten die Zwölf sehr weise. In Apostelgeschichte 6,2 lesen wir:
„Die Zwölf aber beriefen die Menge der Jünger und sprachen: Es ist nicht gut, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und die Tische bedienen.“

Das war ihr „dicker Stein“: das Wort Gottes verkündigen.

Tische bedienen ist für uns heute vielleicht Nebensache, aber für andere kann das ein dicker Stein sein. Versteht ihr? Es geht nicht um Wertigkeit, sondern um die jeweilige Aufgabe.

Bei den Aposteln war es jetzt nicht dran, Tische zu bedienen. Sie hatten eine andere Aufgabe.

Dann suchten sie sieben Männer aus, die eingesetzt wurden als Helfer. Die Apostel sagten: „Wir aber werden im Gebet und im Dienst des Wortes verharren.“ Das waren ihre dicken Steine.

Und nicht Tische bedienen, keine Einladungszettel schreiben und keine Gemeindebriefe für die Ältesten!

Einladung zur persönlichen Reflexion der Prioritäten

Darf ich an dieser Stelle einmal ganz persönlich werden? Hier liegt ein Stein, und ich habe noch ein paar weitere dabei. Ich könnte sie euch alle hier hinlegen, wenn ihr wollt. Könntest du jetzt nach vorne kommen, im Augenblick? Und die drei, vier oder fünf dicken Steine deines Dienstes für den Herrn benennen und hier mit einem Etikett bekleben, beschriften? Könntest du sagen: Ja, ich weiß, das ist ein dicker Stein, und das und das? Vielleicht sind es fünf oder sechs, ich weiß es nicht. Könntest du die dicken Steine deines Lebens benennen? Wenn nicht, dann kannst du auf keinen Fall die Zeit so verwalten, wie du es eigentlich solltest.

Wenn du die dicken Steine deines Lebens jetzt nicht beschriften könntest, kannst du niemals der optimale Verwalter deiner Zeit sein. Denn zuerst müssen die dicken Steine in den Korb, und danach der Sand, der den Rest ausfüllen kann.

Ich würde jetzt gerne darum bitten, dass wir die Aufnahme unterbrechen. Das Risiko bin ich bewusst eingegangen, dass jetzt doch so lebhafte Gespräche entstehen, dass es schwer ist, wieder aufzuhören. Aber ihr dürft gerne in einer halben Stunde eine Fortsetzung machen, wenn ihr wollt. Wir sind dann sicher offiziell fertig.

Wir hatten die Frage gestellt: Was sind die zwei, drei, vier, fünf, sechs dicken, brocken, wichtigen Steine meines augenblicklichen Dienstlebens? Wir haben jetzt nicht von den persönlichen Prioritäten gesprochen, sondern vom Dienstleben.

Du bist vielleicht berufstätig und zusätzlich Mitarbeiter in der Sonntagsschule deiner Gemeinde. Was sind jetzt deine drei oder vier dicken Steine? Du bist vielleicht unverheiratet und hast eine besondere Last für Leute vom Rand der Gesellschaft. Was sind jetzt die drei oder vier dicken Steine? Vielleicht solltest du sagen: Meine Hauptverantwortung ist persönliche Evangelisation. Und wenn ich diese Woche gar nichts anderes zustande bringe, dann will ich doch auf jeden Fall einige evangelistische Gespräche führen.

Du bist vielleicht einer der leitenden Brüder deiner Gemeinde, du hast eine Familie mit drei oder vier Kindern und du stehst voll im Beruf. Wenn du jetzt nicht ganz besonders weise und umsichtig handelst mit der wenigen verbleibenden Zeit, wird dir bald alles zu viel werden und du wirst dich vielleicht frustriert zurückziehen.

Als ich neulich in einer Gemeindediensttat irgendwo sonntags wurde, war ich Zeuge eines sehr traurigen Schauspiels. Da trat einer, der bis dahin als Leiter im Gemeindedienst tätig war, an das Rednerpult und sagte vor der Gemeinde, in Gegenwart seiner Frau, die da saß, dass er über seine Kosten gelebt hat, über Jahre hinweg, und dass er alle Dienste niederlegen muss.

Das war wirklich ein Schock für alle Anwesenden. Für mich nicht so, ich hatte es schon am Vortag gehört, dass das passieren würde. Aber trotzdem war es für alle anderen ein Schock.

Überlege mal: Was sind deine drei oder vier dicken Steine? Geh sie mit deiner Frau durch, sie ist vielleicht jetzt nicht hier in diesem Seminar, sie ist vielleicht in einem anderen. Oder dein Mann. Beklebt im Geist mit einem Etikett eure dicken Steine und dann schaut, dass so wenig wie möglich Sand übrig bleibt.

Ich meine jetzt bei denen, die im Beruf stehen und noch zusätzlich tragende Verantwortung haben in einer Gemeinde. Vielleicht solltest du auch unbedingt auf einen Stein das Label kleben: Zurüstung eines weiteren Leiters, unbedingt, der mich unterstützen kann, an den ich Aufgaben abgeben kann. Das ist, um deine eigene Haut zu retten.

Wir wollen nicht nur Leiter ausbilden, wenn uns das Wasser bis zum Hals steht. Wir wollen das aus Prinzip tun. Aber in dem Fall ist es, denke ich, unbedingt notwendig.

Liebe Brüder und Schwestern, ich glaube, es gibt heute zwei Extreme: Zum einen der totale Beruf und fast kein Dienst mehr für den Herrn. Zum anderen der totale Dienst und fast keine Familie mehr. Und beides ist nicht gut.

Aber gerade wenn letzteres der Fall ist, ist man irgendwann so frustriert, dass es ins Gegenteil umschlagen kann und man in der Gemeinde dann fast gar nichts mehr machen kann.

Was gebe ich darum, wenn euch das helfen könnte, auch das, was ihr eben ausgetauscht habt in euren kleinen Gruppen, und wenn ihr noch daran weiterarbeitet mit euren Notizen! Was gebe ich darum, wenn wir uns nächstes Jahr auf der Konferenz treffen würden, im Oktober, und ich würde hören von einigen: Das hat mir wirklich geholfen, da hat sich konkret in meinem Leben positiv einiges verändert. Der Herr hat es getan.

Die zweite Lektion aus Nigeria: Den günstigen Zeitpunkt nutzen

Seht nun zu, wie ihr sorgfältig wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise, die die gelegene Zeit auskaufen, denn die Tage sind böse.

Wir sagten am Anfang, dass Paulus, der Sieger von den Afrikanern, zwei Grundsätze gelernt hat. Den ersten haben wir jetzt lange besprochen: Lege zuerst die Steine in den Korb und danach fülle den Rest mit Sand.

Nun zum zweiten: Pflanze die Erdnüsse gleich nach dem ersten Regen. Dort in Nigeria – ich weiß nicht, ob die Erdnüsse dort herkommen oder wo sie gewachsen sind, oder ob sie von Jimmy Carter eingeführt wurden – gibt es eine monatelange Trockenzeit, in der buchstäblich kein einziger Tropfen Regen fällt. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir in den letzten Monaten hatten.

Der Boden wird mit der Zeit hart wie Zement. Wer in dieser Zeit pflanzen will, braucht buchstäblich einen Presslufthammer. Doch am ersten Tag nach dem Regen sieht man alles, was noch die Beine bewegen kann, auf dem Feld beim Erdnusspflanzen. Das ist die gelegene Zeit, das ist der Kairos.

Die Zeit zum Pflanzen von Erdnüssen ist gleich nach dem ersten Regen. Am ersten Tag danach ist der Boden schon so aufgeweicht, dass man pflanzen kann, aber noch nicht so schlammig, dass man versinkt. Am ersten Tag nach dem Regen werden Erdnüsse gepflanzt in Nigeria.

Paulus schreibt: Kauft die gelegene Zeit aus. Er hat das nicht nur gesagt, er hat es selbst gelebt. Kennt ihr die Geschichte, als Paulus in Jerusalem beinahe gelyncht worden wäre? Da sagte er zu den Soldaten, die ihn aus der johlenden Menge raustrugen: „Moment mal, ich habe den Leuten noch was zu sagen.“

Wir hätten wahrscheinlich um unser Leben gefürchtet und wären dankbar gewesen, dass wir da raus sind aus dem Hexenkessel. Paulus erkannte jedoch: Hier ist ein Kairos, hier ist eine günstige Gelegenheit, das Evangelium zu verkündigen. Er gibt Zeugnis.

Jeder höhere Offizier in irgendeiner Armee dieser Welt wird euch bestätigen, dass es in einer Schlacht oft eine entscheidende Phase von zehn bis fünfzehn Minuten gibt. Auch in der modernen Kriegsführung gilt: Die Seite, die wachsam ist und diese Gelegenheit nutzt, gewinnt manchmal die Schlacht. Das ist Kairos.

Geschäftsleute unter euch wissen das auch: Es gibt eine günstige Zeit zu investieren und eine ungünstige Zeit. Es gibt einen Kairos. Und auch im Leben mit dem Herrn gibt es solche goldenen Gelegenheiten.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich ertrappe mich immer wieder dabei, wie ich Gelegenheiten einfach verpasse. Der Herr führt Möglichkeiten in meinen Weg, und ich gehe blind daran vorbei.

Da liegt jemand, für den ich schon lange um Errettung bete, zwei Wochen lang im Krankenhaus. Ich will ihn besuchen, weil ich weiß, dass Leute im Krankenhaus viel offener und ansprechbarer sind als im Getriebe des Alltags. Doch die Entlassung kommt, und ich habe es nicht geschafft, ihn zu besuchen. Der Kairos ist vorbei. Gott kann ihn auch dann noch erreichen, das ist klar, aber das ist ein besonderer Kairos.

Da macht ein Arbeitskollege eine Bemerkung, an der ich wunderbar anknüpfen könnte. Doch ich zögere zu lange, und der Kairos ist vorbei.

Da kommt ein Nachbar am Samstagnachmittag rüber und lädt mich zu einem gemütlichen Grillabend ein. Aber die Predigt ist noch nicht fertig. Ich hatte die ganze Woche Zeit, ich wusste, ich bin am Sonntag dran. Doch da war zu viel Sand die ganze Woche über, und der dicke Stein. Den habe ich aufgehoben für den Samstagabend.

Der Nachbar kommt, und ich muss sagen: Es tut mir leid, die Predigt. Nein, das sage ich ihm nicht, aber ich sage, ich bin noch verhindert. So viel Sand.

Unser Herr Jesus hatte immer Zeit für solche göttlichen Unterbrechungen. Er hatte Zeit für die blutflüssige Frau, die sein Kleid berührt hatte. Er hatte Zeit für die Kinder, die die Jünger wegschicken wollten.

Jesus wandelte weise und auftragsorientiert, hatte aber gleichzeitig immer das Gespür für den geschenkten Kairos, wenn ein Mensch ihn brauchte.

Das werden wir nie in der Vollkommenheit so leben können, aber da ist unser Modell, da ist unser Vorbild. Dahin wollen wir uns ausstrecken, von ihm wollen wir lernen. Ihn wollen wir bitten, mit offenen Augen für den geschenkten Kairos durch unser Leben zu gehen.

Beispiele für den Kairos im Leben

Ich durfte es auch hier und da schon anders erleben. Wenn ich daran denke, wie ich einmal in einem Babygeschäft in Mannheim stand – einem Geschäft für Babyartikel –, wollte ich etwas für unsere Kleine holen. Plötzlich dachte ich, ich sehe nicht richtig, ich traute meinen Augen nicht: Der Oberbürgermeister von Mannheim, Herr Wider, war ebenfalls im Babygeschäft.

Ich habe kurz gebetet und gesagt: Herr, ich will ihm Zeugnis geben. Zum Glück hatte ich Traktate dabei, gestempelt mit unserem Stempel von der Gemeinde. Also bin ich hingegangen und sagte: „So, der Oberbürgermeister auch beim Babywals, ja, ich muss etwas für meine Enkelin suchen.“ Dann sprach ich ihn an: „Vielleicht haben Sie es schon gehört, Sie wohnen doch in Vogelstein. Nebendran im Käfertal gibt es seit einigen Jahren eine freie christliche Gemeinde. Ich möchte Sie herzlich einladen. Ich weiß um Ihren vollen Terminkalender, aber vielleicht können Sie es doch mal möglich machen, sonntagmorgens zu kommen.“

Er war leider bisher noch nie bei uns, aber ich konnte es ihm sagen und ihm das Traktat geben. Vielleicht wird der Herr ihm in der Ewigkeit einmal daran erinnern. Für mich war es in dem Moment ein Kairos, und ich bin dankbar, dass ich diese Gelegenheit nutzen durfte.

Ein ganz aktuelles Beispiel aus unserem Gemeindeleben: Da kommt eine Frau schon über ein Jahr zu uns. Ihr Mann ist junggläubig, ihre Tochter ist letztes Jahr gläubig geworden. Neulich war sie im Auto, ich fuhr sie nach Hause von irgendeiner Veranstaltung, und ich fragte sie: „Du kommst doch jetzt schon ein Jahr zu uns. Wie würdest du sagen, was hat sich in dem Jahr bei dir verändert?“ Sie antwortete: „Ich muss sagen, ich war früher gottgläubig, aber jetzt habe ich immer mehr erkannt, dass die Beziehung zu Jesus Christus wichtig ist.“

Da ging bei mir die Alarmanlage an. Ja, das war Kairos. Ich habe versucht, so bald wie möglich einen Termin zu machen. Ihr Mann hatte Urlaub, und letzten Mittwoch war ich bei den beiden. Da gab es noch ein Hindernis aus dem Weg zu räumen. Danach konnten wir miteinander auf die Knie gehen, und die Frau hat sich bekehrt – am Mittwochmorgen.

Am Freitagabend war sie zum ersten Mal beim Brotbrechen. Das hat ihr niemand gesagt, sie ging sonst nie zum Brotbrechen. Kaum war sie bekehrt, war sie dabei. Wir haben viel Zeugnis gegeben, und alle waren sehr bewegt an dem Abend. Der Mann ging mit uns auf die Knie und dankte von ganzem Herzen, dass seine Frau errettet ist. Die ganze Familie, glaube ich, ist jetzt errettet. Kairos Gottes war da.

Sie hätte sich auch eine Woche später bekehrt, das lag nicht am Besuch, aber es war noch ein Stein aus dem Weg zu räumen, und das war jetzt einfach dran.

War es nicht auch ein göttlicher Kairos, als 1989 die Mauer fiel? Wir haben von den Mauern vorhin in der Andacht gehört, die mich sehr bewegt hat. Viele Menschen drüben waren offen für das Wort des Herrn. Ich bin dankbar, dass manche wachsam für diesen Kairos waren und rübergegangen sind – die Salzburger und andere –, die in der Zeit Gemeinden in den neuen Bundesländern gegründet haben.

Heute, fast zehn Jahre später, hat der Materialismus schon weitgehend sein verheerendes Werk getan. Die unter uns, die aus den neuen Bundesländern kommen, werden das bestätigen. Es ist immer noch Zeit, Gemeinden zu gründen.

Aber es gibt auch Kairos für bestimmte Länder. Polen zum Beispiel ist jetzt vielleicht ein Kairos Gottes. Polen ist noch nicht verloren, aber es gibt in ganz Polen vielleicht zurzeit nur zwei Hände voll Missionare, die dort arbeiten. Es gibt Städte mit 100, 200, 300 Einwohnern, und außer der katholischen Kirche gibt es dort überhaupt nichts, gar nichts. 40 Millionen Einwohner – vielleicht ein Kairos. Wer weiß, wie das in zehn Jahren aussehen mag, oder in anderen Ländern des Ostens.

Paulus schreibt: „Kauft die gelegene Zeit aus.“ Das heißt, pflanzt die Erdnüsse gleich nach dem ersten Regen.

(Epheser 5,16)

Zusammenfassung und Ermutigung zum Durchhalten

Ich muss zum Schluss kommen und möchte noch einmal zusammenfassen. Paulus schreibt: "Seht nun zu, wie ihr sorgfältig wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise, die die gelegene Zeit, den Kairos, auskaufen, denn die Tage sind böse. Darum seid nicht töricht, sondern verständig, was der Wille des Herrn sei."

Vergesst bitte nie jene schlichten Leute im Dorf Nigeria in Afrika, die uns heute Nachmittag vielleicht etwas sehr Wichtiges gelehrt haben: Zuerst die Steine in den Korb, dann der Rest mit Sand, und pflanzt die Erdnüsse gleich nach dem ersten Regen.

Wenn ihr den Eindruck habt, dass manches unglücklich gelaufen ist und ihr Bilanz ziehen müsst, dann sagt ehrlich: "Ich habe in den letzten Jahren so viel falsch gemacht." Es kann anders werden. Heute ist ja noch nicht die Schlussbilanz, sondern nur die Zwischenbilanz. Es kann anders werden.

Es wäre wirklich gut, wenn wir jetzt nicht den Mut verlieren und die Parole hätten – vielleicht kennt ihr das – niemals aufgeben, niemals aufgeben, auch in diesem Bereich.

Das ist eure Hausaufgabe, mit der ich euch jetzt entlassen möchte: Ihr müsst überlegen, ob ihr nun der Vogel oder der Frosch seid. Niemals aufgeben, bitte!