Einführung in die Predigtserie und heutiger Predigttext
Eine großartige Zusage
Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit euch allen. In unserer Predigtserie durch die ersten elf Kapitel der Bibel, in der wir betrachten, wie alles anfing, kommen wir heute zu den ersten Versen in Kapitel sechs. In diesen Versen sehen wir, wie dringend wir einen gnädigen Gott brauchen. Gleichzeitig dürfen wir erleben, wie großartig Gottes Gnade ist.
Ich lese uns den heutigen Predigttext, 1. Mose 6,1-8. Sie können die Bibel zulassen und einfach mal zuhören. Manchmal ist das ganz hilfreich und fast noch besser zum Zuhören. Nachher habe ich auch Folien mit dem Text, dann können Sie ihn noch mitlesen. Aber vielleicht ist es gut, einfach mal zu hören, was Gott uns zu sagen hat.
Ich lese diese Verse vor:
Als aber die Menschen sich zu mehren begannen auf Erden und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Gottessöhne, wie schön die Töchter der Menschen waren, und nahmen sich zu Frauen, welche sie wollten.
Da sprach der Herr: Mein Geist soll nicht immerdar im Menschen walten, denn auch der Mensch ist Fleisch. Ich will ihm als Lebenszeit geben hundertzwanzig Jahre zu der Zeit und auch später noch.
Als die Gottessöhne zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren, wurden daraus – oder waren – die Riesen auf Erden. Das sind die Helden der Vorzeit, die Hochberühmten.
Als aber der Herr sah, dass die Bosheit der Menschen groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war, reute es ihn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen.
Und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, von Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel, denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.
Aber Noah fand Gnade vor dem Herrn.
Überblick über die Gliederung des Textes und Herangehensweise
So ist sein kürzester Predigttext in dieser Serie durch die ersten elf Kapitel der Bibel. Wir sehen, dass sich dieser Text relativ klar in zwei Teile gliedert: die ersten vier Verse und dann die letzten vier Verse, also Verse eins bis vier und fünf bis acht.
Die ersten vier Verse sind, zugegeben, unheimlich kompliziert. Letztendlich zeigen sie uns jedoch anhand von konkreten Fallbeispielen, dass der gute und gerechte Gott das Böse in dieser Welt richten wird. Die deutlich leichter zu verstehenden Verse fünf bis acht wiederholen uns diese gleiche Wahrheit noch einmal in ganz allgemeiner Form: Der gute und gerechte Gott wird das Böse in dieser Welt richten.
Wir wollen uns genau diese beiden Teile anschauen. Die ersten vier Verse betrachten wir dabei etwas kürzer, weil sie kompliziert sind. Sie werfen viele Fragen auf. Ich hoffe, dass uns die Fragen, die ich kurz ansprechen will, letztendlich nicht ablenken, nicht irritieren und nicht dazu führen, dass wir das, was völlig klar ist und was Wesentliches in diesem Abschnitt, übersehen. Es soll uns nicht passieren, dass wir uns in den Details irgendwo verheddern.
Ich werde einige schwierige Fragen in diesen vier Versen ansprechen. Im Endeffekt hoffe ich jedoch, dass sie uns einfach nur helfen, das Große und Wesentliche ganz klar zu sehen.
Die Gottessöhne und die Töchter der Menschen: Wer sind sie?
Gucken wir zuerst zu den ersten beiden Versen:
„Als aber die Menschen sich zu mehren begannen auf Erden und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Gottessöhne, wie schön die Töchter der Menschen waren, und nahmen sich zur Frau, welche sie wollten.“
Die erste schwierige Frage, die sich hier stellt, ist: Wer genau sind die Gottessöhne? Was sind die Töchter der Menschen? Wie passt das zusammen? Und um welche Form der Ehe handelt es sich hier?
Die Lutherbibel, die hier vorliegt, hat dazu eine kleine Fußnote. Sie behauptet, dass es sich bei den Gottessöhnen nicht um normale Menschen handelt. Das ist eine These, die manche Ausleger tatsächlich vertreten. Sie sagen, Gottessöhne wird im Alten Testament an einigen wenigen Stellen für Engel verwendet. Deshalb meinen sie, es gehe hier um eine illegitime Verbindung von Engeln und Menschen.
Sprachlich ist das ganz sicher die naheliegendste Variante. Andererseits hat diese Auslegung auch gewisse Probleme. Sie ist nicht ganz leicht vom Kontext her zu verstehen, denn im Fortgang sehen wir – dazu kommen wir gleich noch –, dass in Vers 3 Gott die Menschen richtet. Wenn aber hier die Gottessöhne Engel sind und sie die Akteure sind, ist es erstaunlich, dass dann die Menschen für das, was die Gottessöhne tun, gerichtet werden.
Zum anderen wissen wir, dass Jesus an einigen Stellen im Neuen Testament, zum Beispiel in Markus 12, erklärt, dass Engel nicht heiraten. Diese Verbindung, die hier angesprochen wird, bezieht sich aber ganz konkret auf eine Vereinigung, auf eine Heirat. Von daher stellt sich die Frage, ob es hier wirklich um Engel geht.
Andere Ausleger – und nicht wenige, darunter alle bedeutenden Reformatoren – haben das etwas anders verstanden, als es die Lutherbibel mit ihrer kleinen Bemerkung in der Fußnote andeutet. Sie verstanden die Gottessöhne als die männlichen Nachkommen der gottesfürchtigen Linie von Seth. Die Frauen der Menschen oder die Töchter der Menschen waren demnach Frauen aus der Nachkommenschaft der gottlosen Linie Kains.
Das passt auf jeden Fall gut zum Kontext. Wenn wir in Kapitel 4 und 5 zurückblicken, bekommen wir quasi zwei unterschiedliche Linien bzw. Nachkommenschaften aufgezeigt: einmal die Nachkommenschaft durch Kain, bei der sich Bosheit und Sünde immer weiter ausbreiten, und die Menschen sich von Gott abwenden. Dann sehen wir ab dem Ende von Kapitel 4, dass es noch eine andere Nachkommenschaft gibt, nämlich die Linie durch Seth.
Diese Linie ist die, in der die Menschen anfingen, Gott als den Herrn anzurufen. Dort lesen wir auch von Männern wie Henoch und Noah, die mit Gott wandelten. Zu Beginn von Kapitel 5 wird diese Linie ganz konkret beschrieben: Adam wurde im Abbild Gottes geschaffen, und seine Nachkommen wurden ebenfalls in seinem Abbild geschaffen. Hier ist also etwas von der Gottebenbildlichkeit der Menschen beschrieben.
Im Neuen Testament werden die Gläubigen immer wieder als Kinder Gottes bezeichnet, also als Gottesfürchtige. Daher wird in dieser anderen Auslegungsvariante argumentiert, dass es hier wohl darum geht, dass diese gottesfürchtigen Männer, die Linie von Seth, diese Kinder Gottes, diese Gottessöhne, sich mit denen vereinigten, die nichts mit Gott zu tun haben wollen und sich weit von ihm abgewandt haben – also mit den Nachkommen Kains.
Diese Frage ist umstritten, und ich lege hier keinen großen Wert darauf, dass wir in der Auslegung dieser Frage Einheit erlangen. Aber ich glaube tatsächlich, dass diese letzte Auslegungsvariante Sinn macht. Vor allem deshalb, weil es sonst keinen Sinn ergeben würde, dass die Menschen gerichtet werden für ein Werk der Engel. Außerdem passt sie besser in den Gesamtkontext der Bibel.
Wir sehen nämlich immer wieder im Fortgang des Alten Testaments und auch im Neuen Testament, dass dort, wo sich gottesfürchtige Kinder Gottes – also Menschen aus dem Volk Gottes, Israel, das ebenfalls als Sohn Gottes bezeichnet wird – mit Heiden oder Ungläubigen vereinigen, immer eine Ausbreitung von Sünde stattfindet. Das wird von Gott nicht gutgeheißen.
Das ist im Gesetz des Mose ganz klar geregelt. Auch im Neuen Testament wird deutlich gesagt, dass Christen nur im Glauben heiraten sollen. Das heißt: Wenn Christen nicht Christen heiraten, wenn gottesfürchtige Menschen Menschen heiraten, die sich weit von Gott entfernt haben und von Gott nichts wissen wollen, führt das fast immer dazu, dass die Gottesfürchtigen in ihrer Gottesfurcht nachlassen. Sie entfernen sich weiter von Gott. Letztendlich führt es oft dazu, dass die Nachkommenschaft nicht mehr so klar im Glauben aufwächst.
Das ist zwar Spekulation, aber unzweifelhaft ist, dass Gott ein Problem mit diesen Ehen zwischen den Gottessöhnen und den Töchtern der Menschen hat.
Die Lebenszeit von 120 Jahren: Bedeutung und Deutungen
Im Vers 3 sehen wir das Urteil darüber. Dort heißt es nämlich: „Da sprach der Herr: Mein Geist soll nicht immer im Menschen walten, denn auch der Mensch ist Fleisch. Ich will ihm als Lebenszeit geben hundertzwanzig Jahre.“
Das wirft gleich die nächste schwierige Frage auf: Was hat es mit diesen 120 Jahren auf sich? Wiederum gibt es dazu ganz unterschiedliche Auslegungsvarianten. Manche Ausleger sagen, dass es hier einfach um eine Verkürzung des menschlichen Lebens geht. Von nun an werden die Menschen nur noch 120 Jahre alt.
Das ist in gewisser Weise gut nachvollziehbar, denn wir haben gerade letzte Woche in Kapitel 5 gesehen, wie alt die Menschen vorher wurden, mit Tüschelach als dem Ältesten, der 969 Jahre alt wurde. Im weiteren Verlauf sehen wir, dass die Lebensspanne der Menschen sich verringert. Nach der Flut werden die nächsten Generationen erst etwa 400 Jahre alt, dann ungefähr 200 Jahre, und dann sinkt das Alter immer weiter. Die 120 Jahre scheinen dann mehr oder weniger eine Grenze zu sein.
Allerdings lesen wir auch weiterhin von Menschen, die älter werden. Abraham und Sarah werden beide älter, Aaron später ebenfalls, und selbst heute ist es noch so. Es ist gut dokumentiert, dass am 4. August 1997 die Französin Jeanne Calment im Alter von 122 Jahren und 164 Tagen starb.
Manche Leute haben große Probleme damit. Ich gebe zu, ich gehörte auch länger zu diesen Leuten, die gesagt haben: „Das kann doch nicht sein, sie muss mit 120 gestorben sein. Da ist irgendwas falsch gelaufen, sie haben das falsch aufgeschrieben, sie hat über ihren Geburtstag gelogen, die Dokumente waren falsch.“ Nun, wer weiß?
Andere Ausleger sagen, dass das ganz anders zu verstehen ist. Es geht hier nicht um eine Lebensspanne, wenngleich es zugegebenermaßen so ist, dass nach der Flut das Lebensalter abnimmt, das durchschnittliche Lebensalter sinkt. Nein, es geht hier darum, dass Gott sagt: Die Menschen sollen nicht ewig auf dieser Erde leben. Er will dem Leben auf Erden ein Ende setzen.
Das passt natürlich auch besser, denn wenn wir lesen, dass der Geist nicht immer im Menschen walten soll, klingt das nicht so, als ob sie nur deutlich älter als 120 Jahre werden dürften, sondern eher so, als ob ein Leben ohne Ende verhindert werden soll. Jetzt scheint hier ein Ende des Lebens genannt zu werden.
Von daher liegt die Vermutung nahe, dass es hier um etwas ganz anderes geht, nämlich um die Ankündigung der Flut. Und das macht natürlich auch Sinn, denn genau darum geht es im weiteren Verlauf. Es geht darum, dass eine Flut kommen wird, die das Leben auf Erden auslöschen wird.
Es ist tatsächlich so, dass die Flut lange bevor sie eintraf, angekündigt wurde. Und warum nicht 120 Jahre? Es könnte gut sein, dass Gott hier einfach ankündigt: „Ich sehe, was mit dem Menschen los ist, und deswegen werde ich dem Leben auf Erden ein Ende bereiten. In 120 Jahren wird die Lebenszeit hier zu Ende gehen, die Lebenszeit aller Menschen wird zu einem Ende kommen.“
Wir werden sehen, dass es auch da eine Ausnahme gibt. Wenn das die richtige Auslegung ist – und ich tendiere zuletzt zu dieser – dann zeigt uns das zumindest zwei Dinge: Zum einen, dass Gott planvoll handelt. Es ist nicht so, dass er plötzlich zornig wird und einfach etwas tut, wie es bei uns vielleicht der Fall wäre. Stattdessen geht er planvoll vor, kündigt etwas an und gibt damit Noah noch Zeit.
Wie wir in den nächsten Wochen sehen werden, schafft er so einen Weg, wie Noah, seine Familie und auch die Tiere auf Erden letztlich überleben und gerettet werden können – trotz des Todes, der über die Welt kommt.
Zum anderen zeigt es uns, dass Gott ein Gott großer Geduld ist. Noch ist Zeit.
Die Riesen auf Erden: Herkunft und Bedeutung
Nun gut, zweite schwierige Frage. Ich hoffe, ich habe genug Verwirrung gestiftet. Wir kommen zur dritten schwierigen Frage, und das ist dann auch die letzte für heute. Danach wird alles klar.
Zu der Zeit und auch noch später, als die Gottesdünne zu den Töchtern der Menschen einging und sie ihnen Kinder gebaren, entstanden daraus – oder besser gesagt, sie waren – die Riesen auf Erden. Das sind die Helden der Vorzeit, die Hochberühmten.
Die Lutherübersetzung interpretiert hier „sie“ und unterstellt, dass diese Riesen die Kinder aus der Verbindung zwischen Gottes Söhnen und den Töchtern der Menschen sind. Das ist aber nicht zwingend so im Text gesagt. Deshalb ist nicht ganz klar, wo die Riesen herkommen.
Wenn sie aus dieser Verbindung hervorgegangen sind, dann ist auf jeden Fall klar, dass es diese Verbindung nicht nur vor der Flut gegeben haben muss, sondern auch danach. Denn die Riesen gab es vorher und auch nachher. Diese Nephelim, so heißen sie, werden nicht nur hier erwähnt, sondern später auch noch einmal im vierten Buch Mose, Kapitel 13.
Das ist wahrscheinlich den ein bisschen Bibellesenden unter uns bekannt: Dort gibt es die Situation, dass zwölf Kundschafter ausgesandt werden in das gelobte Land Kanaan, um zu sehen, ob man dieses Land jetzt einnehmen kann, wie von Gott befohlen. Sie kommen zurück und sagen, da liegen Riesen, und sie haben fürchterliche Angst. Zwei sind treu, aber zehn sagen, das ist ganz gefährlich, da können wir nicht hingehen.
Klar ist: Diese Riesen waren also keine ganz niedlichen Riesen, sondern sie waren irgendwie gefährlich, wahrscheinlich böse. Ich denke, das ist der Punkt hier. Das ist letztendlich überhaupt der Punkt dieses ganzen Abschnitts.
Hier werden uns einfach Beispiele gezeigt dafür, dass Dinge auf dieser Welt nicht gut laufen. Es gibt Menschen, die Ruhm für sich selbst anhäufen, Riesen, die wahrscheinlich dachten, uns kann keiner etwas anhaben. Und zum anderen gibt es Menschen, die Verbindungen eingehen, die von Gott nicht gutgeheißen werden.
Wir sehen, Gott greift ein und setzt dem Leben der Menschen eine Grenze. Das ist eigentlich alles, was wir zu den ersten vier Versen jetzt erst einmal bedenken wollen. Denn ich glaube, das, was hier angedeutet wird in diesen zugegebenermaßen verwirrenden Aussagen, findet eine allgemeine Wiederholung in den Versen 5 bis 8. Damit wir nicht verpassen, um was es hier geht.
Die Bosheit der Menschen und Gottes Reue
So wenden wir uns den deutlich leichter verständlichen Versen fünf bis acht zu. Dort heißt es:
Ich lese uns mal den ganzen Abschnitt vor:
„Als aber der Herr sah, dass die Bosheit des Menschen groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war, immerdar, da reute es ihn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen. Und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, von Menschen an bis zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.“
Was für ein Drama! Das letzte Mal, dass wir etwas über die Schöpfung gehört haben, war noch, als Gott die Erde sich anschaute, die ganze Schöpfung betrachtete. Dort heißt es am Ende von Kapitel 1, Vers 31: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“
Der Zustand dieser Welt nach seinem Schöpfungshandeln war also sehr gut. Dann hat Gott gesagt: „So, und jetzt, Menschen, übergebe ich euch die Verantwortung für diese Schöpfung. Ihr sollt sie bewahren und bebauen, ihr sollt sie bevölkern.“ Danach ruhte er.
Jetzt sehen wir in Kapitel 6, dass Gott sich noch einmal der Welt zuwendet und sie ansieht. Und das, was eben noch sehr gut war, hat sich verändert. Was passiert? Alles ist nur noch böse, immerdar.
Das ist die Situation: Gott schaut die Erde an, alles war sehr gut, er gibt dem Menschen einen Auftrag und schaut die Erde später wieder an – und alles ist böse, immerdar. Schuld sind die Menschen, sie haben alles kaputt gemacht.
Welche Wirkung haben diese Worte auf dich? „Als aber der Herr sah, dass die Bosheit des Menschen groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war, immerdar.“
Distanzierst du dich davon? Denkst du dir, das waren die Menschen damals vor der Flut? Dann blättere in deiner Bibel einfach mal eine Seite weiter. In den ausliegenden Bibeln ist es nur eine Seite, fast an der gleichen Stelle, dann kommt man zu Kapitel 8, Vers 21. Dort lesen wir, dass das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens böse ist von Jugend auf. Und das ist eine Beschreibung nach der Flut.
Wir haben vorhin den Text aus Römer 3 gehört, und auch dort ist die Beschreibung des Zustands des Menschen nicht positiver. Das heißt, das Urteil der Bibel ist klar: Was hier für die Menschen vor der Flut gilt, das gilt für alle Menschen zu allen Zeiten.
Kannst du diesem Urteil zustimmen? Oder denkst du, Gott sieht das sicher falsch und hat einfach ein sehr negatives Menschenbild?
Unser lieber, allwissender Schöpfergott kennt das menschliche Herz ganz sicher besser als wir selbst. Wenn wir uns schwer tun – und ich gebe zu, ich tue mich schwer mit solchen Aussagen – dann liegt das wahrscheinlich eher an unserer mangelnden Menschenerkenntnis. Vielleicht an unserem zu positiven Menschenbild.
Ich glaube, wenn wir ehrlich noch einmal einen Schritt zurückgehen und gedanklich überlegen: Das letzte Mal, dass ich Nachrichten gelesen habe, all das Brutale und Böse auf dieser Welt – passt das nicht doch letztendlich zu dem, was wir hier lesen? Sind alle Gewaltverbrechen, alle bösen Taten wirklich immer nur bedingt durch äußere Umstände? Kommen sie nicht tatsächlich aus dem Herzen der Menschen?
Viele hundert Jahre später, viele tausend Jahre später, hat Jesus dazu etwas gesagt. Er hat erklärt, wo alle Sünde herkommt. So lesen wir in Markus 7, wo Jesus spricht: „Was aus den Menschen herauskommt, das macht den Menschen unrein; denn von innen, aus dem Herzen des Menschen, kommen heraus böse Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Missgunst, Lästerung, Hochmut, Unvernunft.“
Wenn ich mir diese Liste durchlese und mir Zeit nehme, ehrlich vor mir selbst werde, dann muss ich sagen: Viele dieser Worte treffen mich. Von daher kann ich verstehen, wie Gott darauf reagiert und wie er sich da stellt.
Gottes Reue und menschliche Sünde
Vers sechs beschreibt Gott hier in sehr menschlicher Sprache. Es heißt, dass es ihn reute, die Menschen auf Erden gemacht zu haben, und dass ihn das in seinem Herzen bekümmerte. Gott, der Herr, sieht die Bosheit der Menschen, und es reut ihn. Es bekümmert ihn.
Wie ist das mit uns? Gibt es Dinge in deinem Leben, die Gott bekümmern? Und wie siehst du selbst darauf? Bekümmern dich diese Dinge? Kannst du dich auf Gottes Seite stellen und sagen: „Ich verstehe, dass es ihn bekümmert, und ja, meine Sünden, die Dinge in meinem Leben, die bekümmern mich auch“? Wohin treibt dich das Schauen in dein Herz? Wohin treibt dich das Schauen in dein Herz auf die Menschheit ganz allgemein?
Ich weiß, dass ich manchmal solche Sachen nicht gerne an mich heranlasse und dann schnell andere Dinge finde, über die ich nachdenken kann, damit ich nicht über mich selbst nachdenken muss. Vielleicht kennst du das. Dann komme ich ganz schnell zu theologischen Fragen: Freute Gott sich wirklich? Wie kann das sein? Wusste Gott denn nicht, was passieren würde? Und überhaupt, ist das nicht sehr menschlich? Steht Gott nicht über diesen Dingen? Heißt es nicht über Gott im ersten Buch Samuel, dass es ihn nicht reut, weil er kein Mensch ist, dem etwas reuen könnte?
Was ist hier los? Das sind natürlich Ablenkungsmanöver, die in uns selbst hochkommen. Es geht hier nicht um eine theologische Feststellung, aber ich möchte es kurz sagen für die, die sich gerne ablenken oder flüchten wollen – so wie ich zum Beispiel: Gott ist nicht egal, wie wir leben. Er ändert seine Einstellung uns gegenüber, je nachdem, wie wir leben. Er kann Freude an uns haben und er kann betrübt sein über das, was wir tun.
Wir sehen das in Reinkultur, als Gott Mensch wurde. Jesus Christus war doch nicht emotionslos. Jesus weinte über Jerusalem, weil es ihn betrübte, die Gottlosigkeit in dieser Stadt zu sehen. Es heißt über ihn, dass er Wohlgefallen an Dingen hatte, dass er sich freute über Gehorsam, wenn er ihn sah, über echten Glauben.
Das heißt, wenn wir hier davon lesen, dass es Gott reute, dann bedeutet das, dass Gott Emotionen hat und nicht gefühlskalt ist. Und was wäre das auch für ein Gott, den es nicht betrüben würde, die Sünde in dieser Welt zu sehen? Was wäre das für ein Gott, der das einfach ignorieren würde und sagen würde: „Na ja, ist jetzt so gekommen“?
Gerade weil Gott nicht so ist wie wir Menschen – weil er vollkommen treu ist, weil er vollkommen zuverlässig ist und tut, was er verheißt – kann Gott nicht einfach über Dinge hinwegsehen, sondern spricht sie direkt an und greift direkt ein. So führt seine Emotion zu einer Reaktion. Das sehen wir dann in Kapitel sieben. Das ist letztendlich die Ankündigung des Gerichts der Flut. Der Herr wird die Welt reinwaschen.
Das Gericht der Flut und Gottes Gnade
Das sind sehr dramatische und traurige Worte, die wir in Vers sieben lesen: „Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, von der Erde vertilgen, vom Menschen bis zum Vieh, bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.“
Gott sieht seine Schöpfung und erkennt eine gefallene Welt. Die Menschen haben alles zerstört, und nun ist alles kaputt. Deshalb kündigt er an, das Gericht der Flut zu bringen, um die Erde zunächst zu reinigen.
Was er hier ankündigt, ist natürlich längst geschehen. Die Flut liegt weit zurück. Dennoch dürfen wir wissen und müssen zur Kenntnis nehmen, dass unser immer gleicher Gott uns mit dem, was er hier ankündigt und was dann geschah, als die Flut kam, nur ein schattenhaftes Abbild eines viel größeren Gerichts gibt, das eines Tages über diese Welt kommen wird.
So lesen wir im 2. Petrusbrief Kapitel 3 folgende Worte: „Ihr sollt vor allem wissen, dass in den letzten Tagen Spötter kommen werden, die ihren Spott treiben, ihren eigenen Begierden nachgehen und sagen: ›Wo bleibt die Verheißung seines Kommens?‹ Denn nachdem die Väter entschlafen sind, bleibt alles, wie es von Anfang der Schöpfung gewesen ist. Sie wollen nichts davon wissen, dass der Himmel vor Zeiten auch war, dazu die Erde, die aus Wasser bestand und durch Wasser erhalten wurde, durch Gottes Wort. Dennoch wurde damals die Welt dadurch in der Sintflut vernichtet. So werden auch der Himmel, der jetzt ist, und die Erde durch dasselbe Wort aufgespart für das Feuer, bewahrt für den Tag des Gerichts und der Verdammnis der gottlosen Menschen. Eins aber sei euch nicht verborgen, ihr Lieben: Ein Tag vor dem Herrn ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag. Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten, sondern er hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann zur Buße finde. Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb. Dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen, die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden ihr Urteil finden.“
So wie Gott der Herr hier im Text die Flut ankündigt, warnt er auch uns heute vor einem kommenden Gericht. Wo willst du deinen Schutz finden? Wie kannst du im Gericht bestehen? Welche Hoffnung gibt es, wenn unsere Herzen das Problem sind?
Nur wäre das vollkommen hoffnungslos, wenn Gott nicht auch ein Gott der Gnade wäre. Deshalb ist Vers 8 herrlich und großartig. Angesichts all dessen, was wir in den sieben Versen zuvor gesehen haben, kommt dieser achte Vers wie eine Erlösung: „Aber Noah fand Gnade vor dem Herrn.“
Noah findet Gnade, und deshalb wird er vom Gericht verschont. Nicht durch ihn und seine Familie schenkt Gott uns eine zweite Chance. Doch das ist natürlich nicht genug. Wenn die Erde jetzt von aller Schuld gereinigt wird und nur Noah und seine Familie in der Arche überleben, dann kommt die Flut, doch danach kehrt Gott natürlich wieder auf die Erde zurück – und bringt sein Herz mit.
Daraus wird klar: Was die Menschen brauchen, ist mehr als eine zweite Chance. Wir brauchen neue Herzen.
Die Verheissung neuer Herzen und die Rolle Jesu Christi
Und genau das verheißt uns Gott in seiner großen Gnade: nicht nur eine zweite Chance, sondern auch neue Herzen. Diese Verheißung kommt später durch den Propheten Hesekiel. Er kündigt einen neuen Bund zwischen Gott und den Menschen an und sagt: „Ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben. Ich will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.“
Um dies zu vollbringen, sendet Gott seinen Sohn Jesus Christus in diese Welt. Jesus kommt mit einem vollkommen reinen Herzen voller Liebe, so wie Gott sich den Menschen vorgestellt hat. Er ist der perfekte Mensch. Ja, er ist auch vollkommen Gott, aber zugleich der vollkommene Mensch.
Doch aufgrund ihrer bösen Herzen lehnen die Menschen ihn ab. Sie schmieden teuflische Pläne, töten ihn auf brutale Weise und nageln ihn an ein Kreuz. Doch Gott hat all das genau so geplant. Er verliert nicht die Kontrolle, sondern es ist Teil seines guten Plans.
Am Kreuz gibt Jesus sein Leben für die Schuld vieler Menschen. Jeder, der sich ihm zuwendet und zu ihm flieht, muss das Gericht Gottes nicht mehr fürchten. Jeder, der zu ihm kommt, darf wissen, dass seine Sünden durch Jesu Blut abgewaschen wurden.
Jeder, der zu ihm kommt, darf auch wissen, dass das, was Gott dann in den Menschen tut, genau das ist, was Hesekiel verheißt hat: Er nimmt uns unser steinernes Herz, das von Jugend an böse ist, und gibt uns ein neues Herz. Das heißt, jeder, der zu ihm flieht, erlebt gewissermaßen eine geistliche Herztransplantation.
Dieses neue Herz muss erst anfangen, richtig zu schlagen. Anfangs hat es noch Rhythmusstörungen – wir alle wissen das. Aber jeder, der Jesus als seinen Herrn annimmt, jeder, der zu ihm flieht in der Anerkennung, dass das damalige Urteil über die Menschen auch das gerechte Urteil über uns wäre, jeder, der so kommt im Wissen, dass er allein auf Gottes Gnade angewiesen ist, darf wissen: Gott gibt uns ein neues Herz. Das alte Herz voller Sünde wird immer mehr weggenommen, und ein neues Herz voller Liebe wächst in uns.
Einladung zur Selbstreflexion und Gnadenzeit
Und das erkennen wir, liebe Geschwister, und ich hoffe, du kannst einen kurzen Gesundheitscheck ertragen. Schau mal dein Herz an: Ist dein Herz ein Herz, das die Sünde immer mehr hasst, das immer mehr auf der Seite Gottes steht und betrübt ist über das, was im Menschen geschieht, über die eigene Sünde bekümmert?
Bist du ein Mensch, der immer mehr Sehnsucht danach hat, dass die Sünde immer weniger Raum in dir hat? Und bist du jemand, der begeistert ist von der Gnade Gottes, jemand, der Gott liebt, weil Gott so gnädig und so gut ist?
Wenn du das in dir noch nicht sehen kannst, wenn du dir nicht sagen kannst, ob sich da etwas in dir verändert hat, dann zögere nicht länger. Es ist noch Gnadenzeit, noch ist Zeit. So wie damals wahrscheinlich 120 Jahre gegeben wurden oder auf jeden Fall eine lange Zeit, so gibt Gott uns auch heute noch Zeit.
Du hast gerade gehört, was Gott will: Seine Emotion, sein Wunsch für uns ist, dass jeder Mensch zur Buße kommt. Das heißt, dass das alte Leben hinter sich gelassen wird und man sich Jesus zuwendet und ihm nachfolgt.
Das ist der Aufruf, den ich an diese Predigt anknüpfen möchte – diese Predigt über ein hartes Urteil über uns Menschen. Der Aufruf lautet: Flieh zu Jesus! Und du darfst wissen, dass das, was Noah einst fand, auch du finden wirst. Noah fand Gnade vor dem Herrn.
Gott sagt uns, dass jeder, der zum Thron der Gnade flieht, jeder, der zu Jesus kommt, dem seine Schuld bekennt und ihn darum bittet, ihm ein neues Herz zu geben, ihn zu verändern, reingewaschen wird. So lesen wir in 1. Johannes 1,9: Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns von aller Ungerechtigkeit reinigt.
Wir brauchen keine Flut zur Reinigung, wir brauchen das Blut Jesu. Lasst uns ihn preisen, lasst uns seine Gnade preisen. Und ich hoffe, dass wir am Ende eines Gottesdienstes mit harten Worten voller Freude sein können, weil die Sünde nicht das letzte Wort hat.
Nach ganz viel Sünde folgen sieben Verse Gnade. Möge das wahr sein in deinem Leben.
Schlussgebet und Lobpreis
Himmlischer Vater, danke für deine große Gnade. Danke, dass deine Gnade größer ist als alle Schuld.
Herr, danke, dass es keine Sünde gibt, die du nicht vergibst, solange wir unsere Herzen nicht von dir abwenden. Danke, dass jeder, der zu dir kommt, bei dir Annahme findet.
Danke, dass deine Liebe so unendlich groß und bedingungslos ist. Danke, dass du uns geliebt hast, als wir noch deine Feinde waren.
Herr, wir hätten alle verdient, gerichtet zu werden. Aber du bist ein Gott der Gnade. Bewege jeden, der das vielleicht noch nicht getan hat, zu dir zu fliehen. Bewege auch uns immer wieder, zu dir zu fliehen.
Hilf uns, unsere Sünde nicht auszublenden, nur damit wir uns okay fühlen. Hilf uns stattdessen, klar zu erkennen, wie sehr wir dich brauchen. Hilf uns, dich jeden Tag mit unserem ganzen Leben zu loben. Amen.
Lass uns nun aufstehen und Gott mit zwei Liedern loben: "O Gnade Gottes wunderbar" und gemeinsam "Christus ist mein Herr".