Begrüßung und Einführung in den Gottesdienst
Ich habe eben den schönen, wunderbaren Frühlingsstrauch hier bewundert. So etwas Herrliches, wenn er so blüht! Wenn wir nachher noch unsere Kinder vom Kinderchor sehen und sie diesen Gottesdienst mit uns feiern, freuen wir uns sehr, dass Sie heute mit uns dabei sind.
Ich möchte besonders die Eltern mit den Kleinkindern grüßen. Wir haben jetzt zwei Räume, die Löwengrube und den Pool, in denen der Gottesdienst ebenfalls übertragen wird. So können die Eltern mit ihren Kindern immer mit in unsere Gemeinschaft einbezogen sein.
Dennoch wollen wir in diesem Gottesdienst nicht übersehen, was das Zentrum ist: In der Mitte unserer Kirche steht das Kreuz aufgerichtet. Heute, am Anfang der Passionswoche, ist das Wort vom Kreuz eine Torheit für diejenigen, die verloren gehen. Für uns aber, die wir gerettet werden, ist es eine Gotteskraft.
Wir wollen miteinander singen: Lied 420, alle vier Verse – „Ach mein Herr Jesu, wenn ich dich nicht hätte“ – Lied 420!
Dann wollen wir beten:
Herr Jesus Christus, wir kommen an diesem Morgen zu dir und wollen dich anbeten. Du trägst deine Dornenkrone, hängst am Kreuz und opferst dein Leben für uns. Wir danken dir für deine große, unendliche Liebe, mit der du uns bis heute getragen hast.
Es ist wahr, dass unsere Welt, aus der wir kommen und in der wir leben, voller Schrecken, Angst und Leiden ist. Wir sind so froh, dass du das kennst. Du willst uns heute los- und frei machen – auch von der Schuld, von den unrechten Dingen und von dem Bösen, das unser Leben belastet. Von dem, wo wir dein Wort gebrochen und dir untreu gewesen sind.
Vergib uns, lieber Herr, und wir danken dir, dass uns deine Gnade offensteht und dass wir heute von deiner Güte nehmen dürfen. Wir brauchen das. Gib uns alles, was wir brauchen.
Wir wollen in der Stille füreinander weiterbeten.
O Lamm Gottes, das du trägst die Sünde der Welt, erbarme dich unser! Amen.
Die Fusswaschung als Zeichen des Dienens
Ist das richtig?
Wir lesen am Anfang der Leidensgeschichte Jesu im Johannesevangelium Kapitel 13 von der Fußwaschung. Daraus kann man eine festliche Zeremonie machen und einen Vergleich ziehen, was die Fußwaschung bedeutet. Das ist schwierig, wenn ich sagen würde, das ist ein Dienst wie der eines Müllmanns. Müllmann ist ein Beruf, vor dem ich großen Respekt habe, das haben die Gewerkschaften erreicht.
Wissen Sie, worum es geht? Ich will nicht der Schuhabstreifer der Leute sein, und Jesus will der Schuhabstreifer sein, ganz unten, wo die Leute drauf herumtrampeln.
Vor dem Passafest aber erkannte Jesus, dass eine Stunde gekommen war, in der er aus dieser Welt zum Vater gehen würde. Und wie er die Seinen liebte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende. Beim Abendessen, als schon der Teufel Judas, Simons Sohn, dem Ischariot, ins Herz gegeben hatte, ihn zu verraten, wusste Jesus, dass der Vater ihm alles in seine Hände gegeben hatte, dass er von Gott gekommen war und zu Gott ging.
Da stand Jesus vom Mahl auf, legte sein Obergewand ab, nahm einen Schurz und gürtete sich damit um. Danach goss er Wasser in ein Becken, begann den Jüngern die Füße zu waschen und trocknete sie mit dem Schurz, mit dem er umgürtet war.
Da kam er zu Simon Petrus, der sprach zu ihm: „Herr, solltest du mir die Füße waschen?“ Jesus antwortete ihm: „Was ich tue, das verstehst du jetzt nicht, du wirst es aber hernacher erfahren.“
Da sprach Petrus zu ihm: „Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen!“ Jesus antwortete ihm: „Wenn ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil an mir.“
Simon Petrus sprach zu ihm: „Herr, nicht die Füße allein, sondern auch die Hände und das Haupt.“
Jesus antwortete ihm: „Wer gewaschen ist, bedarf nichts, als dass ihm die Füße gewaschen werden; denn er ist ganz rein.“
Lob und Ermutigung an die Gemeinde
Und es sei dreien, aber nicht allen, die dich verletzen. Dafür danken wir euch. Wir freuen uns, dass ihr das Lied immer auswendig singt.
Wir wünschen euch, dass euch dieses ganze Leben begleitet. Der Herr, der über alles wacht, sei Licht in der Dunkelheit. Auch für uns senden wir einen lieben Gruß.
Nun singen wir gemeinsam vom Lied 64 die Verse eins bis fünf: „O Welt, sieh hier dein Leben.“ Wir singen es nach der bekannten, ausgeglichenen Melodie.
Die Weissagung vom Leidensweg des Gottesknechtes
Die Weissagung vom Leidensweg des Messias, des Gottesknechtes, finden wir in Jesaja 53. Wir lesen ab Vers 1. Interessant ist, dass wir durch die Rollen von Qumran sogar Schriftstücke von diesem Abschnitt besitzen. Diese können mithilfe der Radiokarbonmethode, einer wissenschaftlichen Untersuchung, eindeutig auf eine Zeit vor Jesus zurückdatiert werden. Es handelt sich also um eine echte Prophetie, die sich später im Kommen Jesu erfüllt hat.
Die Frage lautet: Wer glaubt dem, was uns verkündigt wurde, und wem ist der Arm des Herrn offenbart? Er schoss auf vor ihm wie ein Reis und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und Hoheit; wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte.
Nun komme ich zu dem Teil, über den ich später predigen möchte: Er war der allerverachtetste und unwerteste. So kurz fasst sich heute unser Predigttext zusammen: Er war der allerverachtetste und unwerteste. Ich lese jedoch den Vers vollständig vor: "Voller Schmerzen und Krankheit war er, so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet."
Er war der allerverachtetste und unwerteste.
Die Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung und biblischer Realität
Also, das stimmt doch nicht, muss man sagen. Wenn man das auf Jesus beziehen will: Jesus genießt eine hohe Wertschätzung, ganz gleich, ob es Atheisten, Kirchenfremde oder Christen sind. Alle haben eine hohe Meinung von Jesus. Man reiht ihn ein unter die großen Friedenstifter wie Gandhi, unter die großen Humanisten wie Albert Schweitzer, unter die großen Führer wie Napoleon und Cäsar oder unter Künstler wie Michelangelo und Dostojewski.
Sie können fragen, wen Sie wollen, jeder wird zugeben, dass Jesus weit über dem Mittelmaß aller Menschen steht. Dass er der allerverachtetste und unwerteste sei, stimmt doch nicht!
Wie war es denn übrigens zu Lebzeiten Jesu? Schon mit zwölf Jahren, als Jesus bei seiner Bachmitzwa war – das ist die Konfirmation der Juden – im Tempel, da wunderten sich die Schriftgelehrten über seinen Verstand, als er Antwort gab. Sie blieben andächtig sitzen und freuten sich an dem jungen Mann. Er war doch nicht der allerverachtetste!
Lesen Sie mal im Neuen Testament, wie Tausende Jesus nachgelaufen sind! Er hatte doch Zulauf und Achtung, er war in aller Munde. Heute ist Palmsonntag: Da standen sie doch an den Straßenrändern und rissen die schönen Palmen am Rand der Straße zusammen. So viel war ihnen Jesus wert, und sie jubelten ihm begeistert zu: Hosianna, dem Sohn Davids.
Jesus hat doch viel Ehre und Zustimmung erhalten.
Warum Jesus dennoch der Allerverachtetste war
Wie kommen wir dann dazu zu sagen, dass es dennoch stimmt: Er war der Allerverachtetste und Unwerteste?
Mein erster Punkt: Jesus verschätzt sich in Bezug auf alle seine Sympathien.
Jesus verschätzt sich in Bezug auf alle seine Sympathien. Ich gehe etwas ungern in ein Haushaltswarengeschäft. Ich weiß auch nicht genau warum, ich habe dort noch nie etwas angestellt. Vielleicht liegt es an lustigen Filmen. Ich habe in solchen Geschäften immer etwas Angst, ich kündige euch eine ungeschickte Bewegung an, und das passiert mir auch manchmal.
Durch eine ungeschickte Bewegung mit der Tasche oder vielleicht mit meinem Arm könnte ich eine der herrlichen Kristallvasen herunterwerfen oder ein ganzes Set von herrlichen Porzellanschüsseln oder Tellern beschädigen. Das ist ärgerlich, wenn man sich im Porzellanladen wie ein Elefant bewegt. Und genau so verhält sich Jesus.
Gerade dort, wo man eigentlich sensibel und vorsichtig sein müsste, kennen Sie das Wort "enfant terrible"? Das Kind, das sich immer so benimmt, dass es daneben geht? Achten Sie mal darauf: Jesus verschätzt sich in Bezug auf alle seine Sympathien.
Als die Menschen in großer Zahl zu ihm strömten und ihn bewunderten, was hat Jesus gemacht? Als ob er nicht sensibel wäre, hat er alle vor den Kopf gestoßen, und sie reagierten ärgerlich.
Am Ende waren die Leute zornig auf Jesus. Stimmt, am Anfang, als er zwölf Jahre alt war, bewunderten ihn die Pharisäer. Doch später ärgerten sie sich maßlos über ihn. Warum?
Sie wussten, dass das Volk Israel in einer Hingabe ohnegleichen den Willen Gottes lebt. Die Ethik der Juden, die Gesetzestreue, ist sehr groß. Was hat Jesus zu ihnen gesagt? Dass alles nur äußerlich sei, alles nur äußerlich! Da bäumte sich bei ihnen alles auf. „Wir sind gerecht!“
Wie ein Elefant im Porzellanladen kann man Menschen so vor den Kopf stoßen.
Jesus hatte immer nur ein Thema: Er sprach davon, wie unser Herz, unser Inneres, unser Wille und unsere Gedanken böse sind. Das will heute doch keiner hören.
Die Herausforderung der Botschaft Jesu heute
Wie ist das heute? Meinen Sie, die Menschen unserer Zeit wollten das hören? Die meisten sind doch überzeugt, dass die Menschen in unserer Zeit das hören wollen. Wenn der Mensch nach dem Guten strebt, dann kann er sich erlösen. Wer sich immer strebend bemüht, den können wir erlösen. „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.“
Doch dann legt Jesus den Finger in die Wunde. Er verschärft alle seine Sympathien. Sie können einmal den Versuch machen: Sprechen Sie selbst unter Christen oder Theologen, wenn Sie irgendwo zusammensitzen, nicht über den Trevermann Jesus, sondern über den biblischen Christus, über den Jesus der Bibel. Nicht den, den man modisch für die Leute so gemacht hat, dass alle sagen: „Der gefällt uns, der Jesus, der ist einer von uns.“ Sondern den Jesus, so wie er in der Schrift in den Evangelien erzählt wird.
Wenn Jesus vom Gericht redet, von der ewigen Verdammnis, dann bäumt sich doch alles auf. So kann man doch heute nicht mehr kommen! Wer will denn so etwas sagen? Und wenn Jesus gar noch sagt, er allein sei der Weg zum Heil: „Niemand kommt zum Vater denn durch mich, ich bin der Weg, die Wahrheit,“ dann regt man sich doch auf.
Es ist ein guter Rat, wenn manche uns sagen: Sei auch vorsichtig, wenn du mit Nichtchristen sprichst. Du musst aufpassen, dass du sie nicht gleich vor den Kopf stößt. Rede lieber über unverfängliche Themen. Nein, ich bitte Sie: Wenn Sie mit Nichtchristen reden, mit ungläubigen Menschen, dann können Sie nur ganz unmittelbar und direkt von Jesus reden. Und den Anstoß und das Ärgernis von Jesus offenbar machen.
Über ihn regt man sich auf. Was ist das, wenn er immer wieder davon spricht, von der Schuld und Sünde? „Da sind wir heute Morgen nicht dazu zusammen,“ sagt einer, „ich will das doch gar nicht hören! Von was redest du denn wieder, von meiner Schuld? Ich will doch aufgebaut werden, ich brauche Trost, ich brauche Ermutigung, Hoffnung und Zuversicht!“
Und Jesus spricht vom großen Schaden meines Lebens: „Auch wenn ich will, ich kann gar nicht lieben, weil mein Herz so fern ist von Gott. Ich kann keine reinen Gedanken in meinem Kopf haben, weil das Unreine mich so besetzt hält. Wie sollen wir Gutes tun, da wir Sklaven der Sünde sind?“ Wie hat Jesus das immer wieder dargestellt? Zum Ärgernis, zum Aufregen, zum Empören!
Nicht, dass Sie meinen, das sei nur in unserer Zeit so. Schon zur Zeit damals, als Jesus über diese Erde ging, war er der Aller-Verachtetste und Unwerteste – wegen seines Predigtthemas. Weil er gesagt hat, dass Menschen verloren sind, wenn sie nicht jemanden haben, der sie aus dem Gericht Gottes errettet, wenn sie nicht Versöhnung für ihre Schuld haben. Das hat noch nie jemand hören wollen.
Pilatus hat es gar nicht verstanden. Herodes hätte gelächelt und wäre in seinem Ehebruch weiter fortgefahren: „Was geht es ihn denn an?“ Und Jesus legt den Finger genau da drauf. Das ist nicht bloß eine ungeschickte Art der Verkündigung, wenn es in unserer Welt Ärgernis gibt.
Ich kann Ihnen sagen: Mitten in christlichen Gemeinden geht die Empörung los: „Hör doch auf mit deinem Jesus, ich kann es nicht mehr hören, was du immer und immer wieder redest von Schuld und Vergebung!“ Und da bäumt sich unsere Natur, unsere Art auf. Sie will das nicht hören. Das ist wie eine Allergie, bei der der ganze Körper dagegen spricht und sagt: „Ich kann das nicht hören!“
Und Jesus wird der Aller-Verachtetste. Es ist nicht wahr, dass die Christen wissen, was sie predigen in diesen Passionstagen: Jesus, den Gekreuzigten. Eine Torheit vor der Welt, wenn Sie immer wieder auf dieses eine Thema kommen: Jesus, der für meine Schuld am Kreuz gestorben ist.
Dabei ist das doch der wichtigste Punkt meines Lebens. Ohne ihn kann ich gar nichts in meinem Leben in Ordnung bringen. Ohne Jesus bin ich fern von Gott und ewig geschieden, so sehr ich mich auch bemühe, ihm nahezukommen. Ich kann tun, was ich will. Ohne Jesus komme ich nicht weiter und nicht vorwärts.
Darum ist das für uns eine wunderbare Kennzeichnung in dieser Prophetie Jesajas: Er ist der Aller-Verachtetste. Menschen gehen an ihm vorüber. Seien Sie nicht schockiert, wenn Menschen spotten, sogar vielleicht Christen, sie auslachen und sagen: „Ach, immer ihr Jesus! Ja, nur immer dieser Jesus, der soll mein Herr sein?“
Dem möchte ich gehören, dem Aller-Verachtetsten der Welt, der mich lieb hat.
Jesus als der Unwerteste und sein Verzicht auf Anerkennung
Jesus hat uns oft so lange getrotzt. Wir wollten es häufig nicht hören. Viele von uns haben sich lange gewehrt. Besonders diejenigen, die aus christlichen Familien stammen und von ihren Eltern schon von Jesus gehört haben, dachten lange: „Ach, das ist doch nichts für mich, dieses Blut Jesu. Das ist doch irgendwie eine alte Vorstellung.“
Wir meinten, wir könnten Jesus wegschieben. Doch das Ärgernis bleibt: Der Allerverachtetste lässt sich verachten, bis wir erkennen, wer er wirklich ist – mein Herr und mein Gott.
Jetzt möchte ich über etwas anderes sprechen: den Allerunwertesten. Er verzichtet auf alle Anerkennung.
Ein Bekannter, der in diesen Tagen durch große Not in seinem Betrieb ging, hat mir einen Brief geschrieben. Er erlebte, wie durch falsche, böse Gerüchte das Vertrauen seiner Kollegen erschüttert wurde. Man hat ihn seines Amtes enthoben und auf eine geringe, unwichtige Stelle versetzt. In seinem Brief schrieb er:
„Ich kann kaum darüber sprechen. Du ahnst nicht, wie sehr die Wunde schmerzt. Ich wollte immer nur jedem das Beste geben, und jetzt muss ich erleben, dass mich niemand mehr achtet. Mir ist, als wäre mir der Mund verschlossen. Ich kann nicht mehr.“
Wenn Menschen erleben müssen, dass ihnen keine Ehre mehr gegeben wird, ist das schwer zu ertragen. Das passiert heute, wenn jemand in den Zeitungen schlecht gemacht wird.
Ich habe in diesen Tagen auch viel Mitleid mit bewährten Politikern, die nicht mehr gewählt werden, während sich plötzlich Schadenfreude breitmacht.
Wir haben es erlebt, wie schwer es ist, von Mitmenschen verachtet zu werden, bis man das verkraftet hat.
Warum brauchen wir eigentlich Ehre? Ehre ist etwas Schönes, wenn wir einander Ehre geben dürfen, wenn wir andere loben und ihnen Mut machen. Zum Beispiel, wenn jemand seiner Frau sagt: „Du hast es aber schön hier hergerichtet.“ Das tut uns gut.
Warum brauchen wir das? Weil Ehre nur eine kleine Decke über unserem Leben ist. Wenn wir ehrlich in uns hineinschauen, spüren wir, dass in unserem Leben gar nicht viel ist, worauf wir stolz sein können.
Selbstvertrauen ist gut, besonders wenn wir Zeugnisse oder Noten haben, die schriftlich belegen, was wir geleistet haben. Aber was haben wir wirklich als Selbstvertrauen?
Je mehr wir uns im Licht Gottes erkennen, desto mehr spüren wir, dass unser Leben ein Nichts ist. Eine Null. So wie es der Tod am Ende sichtbar macht, wenn unser Leben verwest und vergeht.
Darum ist es so wichtig, dass wir in diesem Leben wenigstens später sagen können: „Meine Berufskollegen können mich loben. Sie reden gut von mir. Ich bin in Erinnerung geblieben. Ich habe etwas geleistet, ich habe etwas geschafft.“ Das bleibt bestehen, auch wenn ich sterbe.
Wir brauchen solche Ehre, weil unser Leben sonst null und nichtig ist.
Es gibt so viel Dunkles in unserem Leben, über das wir nicht einmal mit unseren Freunden reden können. Wir sind dankbar, wenn Gott den Schleier darüber legt, sodass andere nichts davon wissen. Wir schämen uns, es ist uns peinlich.
Kann denn jeder so offen ins Licht treten? So schonungslos ehrlich sein, wie es heute von Politikern verlangt wird? Wer von uns macht das wirklich?
Ich lasse nicht schonungslos ehrlich in mein Leben blicken. Das ist gar nicht nötig. Gott sei Dank darf Gott hineinschauen. Vor Gott darf ich offen sagen, wer ich bin. Ich brauche nicht die Ehre von Menschen.
Jesus sagte einmal: „Ihr nehmt Ehre von den Menschen, ich nehme keine Ehre von den Menschen. Ich ehre Gott.“ Er war in Gott geborgen. Das ist der einzige wirkliche Halt, wo ich wieder Selbstvertrauen bekomme.
Wenn Gott mich annimmt, ist das die wichtigste Sache. Wenn ich weiß: „Sprich mich gerecht.“ Er ist bei mir mit seiner Liebe und hält mich. Er lässt mich einfach nicht los.
Warum war Jesus der Unwerteste? Er hat sich ganz tief hinuntergegeben. Er wollte nicht das sein, was die Gottlosen ihm noch zugestehen – dass er einer in der Walhalla sein darf, unter den Großen, denen man Ehre erweist, den großen Geistern der Weltgeschichte.
Er wollte der Diener sein. Nicht nur, als er die Füße seiner Jünger wusch, sondern er ging hinunter zu den Aussätzigen, zu den zerbrochenen, schuldigen Menschen, über die jeder den Stab bricht. Und er liebte sie.
Er wurde der Unwerteste, weil er das Leben in seinem Unwert erlebte, erkannte und trug.
Da ist er hinabgestiegen. Das Allerunwerteste hat er an seinem Leben erlitten.
Bei Judas waren es immerhin noch dreißig Silberlinge. Judas war ein Geschäftsmann, der sagte: Jesus bedeutet mir eine Erinnerung an die vergangene Zeit, so wie jemand an seine Jugendarbeit oder Kindheit denkt, wo er vielleicht einen Weg mit Jesus ging. Dreißig Silberlinge – immerhin ein Preis.
Aber Jesus wurde noch unwerter. Als sie Barabas neben ihn stellten – wissen Sie, warum sich die Leute an Barabas begeistern? Ich rätsel immer. Sie sagen: „Das ist ein echter Macho. Da kann man sich begeistern. Das ist jemand, der wenigstens einen politischen Entwurf hat.“
Das zählt heute wieder: Revolution, Weltveränderung, Umgestaltung. Dafür kann man sich begeistern. Vielleicht nicht in unserer friedlichen Welt, aber in Jugoslawien wäre er schon wieder hoch im Kurs, ebenso in vielen Ländern Afrikas und Lateinamerikas.
So ein Mann. Aber was fängst du eigentlich mit Jesus an? Was bringt Jesus für die Politik?
Der biblische Christ – nicht der umgedeutete Theologe – was bringt er für die Politik, die Kunst, die Wirtschaft oder die Wissenschaft? Gar nichts.
Er hat nur eine Sendung: Sterben für die Sünde der Menschen. Wer will das? Wen interessiert das?
Er wurde der Unwerteste und ist ganz, ganz tief hinabgestiegen.
Mein unwertes Leben will er tragen und erfüllen, damit ich bei Gott in Ehren stehe und ein Kind und Eigentum Gottes werde.
Die Bedeutung des Leidens und der Wundmale Jesu
Nun, Herr, was du erduldet hast, ist meine ganze Last gewesen. Ich habe selbst verschuldet, was du getragen hast. Du wurdest zum Unwertesten gemacht. Barabbas war noch hoch im Kurs – so wenig halten die Menschen von Jesus.
Seien Sie nicht überrascht, wenn auch Sie in diesen Tagen der Passionswoche entdecken, dass Menschen über Jesus nur frech grinsen. Oft haben wir Jesus in unserem eigenen Leben als den Unwerten behandelt. Wir haben ihn nicht geachtet und sind über ihn hinweggegangen.
Wenn wir unseren eigenen Weg gehen wollten und sein Gebot gebrochen wurde, wenn es uns nur um irgendein Abenteuer ging, haben wir nicht nach Jesus gefragt. Er war uns lästig. „Ach, was soll ich denn, gehen wir doch weg mit einem Jesus.“ So wurde er unwert.
Doch er hat das auf sich genommen, damit er den Wert meines Lebens wiederherstellen kann. Damit ich bei Gott in Gnaden bin. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste. Er verzichtete auf Anerkennung, verzichtete auf Anerkennung.
Ach, jetzt müsste uns doch auch unwichtig sein, was die Menschen über uns reden und welche Ehre sie uns geben. Hauptsache ist, dass ich das annehme, was Jesus mir heute schenkt – was er mir beim Vater schenkt. Ich bin angenommen und gerecht geworden beim Vater.
Die Schönheit des leidenden Hauptes Jesu
Noch ein letztes: Kein Anblick ist schöner.
Ich habe am Anfang des Gottesdienstes Ihnen gezeigt, wie schön diese Blütenzweige hier sind. Sie sind doch schön anzusehen. Aber das Haupt Jesu anzuschauen – ich kann kein Blut sehen, ich möchte kein Blut sehen, ich finde es eklig. Warum spricht er immer vom Blut? Das ist doch nicht schön. Und das mit der Dornenkrone ist widerlich, und das mit dem Leiden – also bitte, es hat ja mal Zeit, aber jetzt mach Schluss.
Ich sage Ihnen: Nichts ist schöner, als das Haupt voll Blut und Wunden anzusehen. Nichts ist schöner, als das Haupt voll Blut und Wunden anzusehen.
Wir Menschen von unserer Art her lieben lieber die schönen Gesichter, die man im Kino sieht oder im Fernsehen. Wenn jemand Fernsehansager werden will, dann muss er besondere Anforderungen an seine körperliche Schönheit mitbringen. Denn warum wollen die Leute immer schöne Leute im Fernsehen sehen? Ja, wir wollen uns gern im Glanz der schönen Leute sonnen.
Der griechische Götterhimmel bestand aus lauter schönen Gestalten: Apollo und Venus und wie sie alle hießen – lauter schöne Figuren. Und wenn Jesus das Leiden trägt, dann hat er doch Teil an unserer Welt. Jetzt wissen Sie doch, wie die Welt draußen ist, wie hart es dort zugeht, was dort gelitten und gesoffen wird, was dort für ein Unrecht geschieht. Wie man dort oft nicht mehr weiterkann, wie man in Tiefen versinkt und wie man keine Kraft mehr hat.
Da hat Jesus diese ganze Not dieser Welt getragen, damit ich auch in der tiefsten Verlassenheit dieser Welt, in der schlimmsten Verzweiflung weiß: Gottes Liebe lässt mich nicht los, Gott hält mich auch dort. Und wenn ich ganz tief gefallen bin, wenn ich selbst an Gott mich versündigt habe, holt er mich wieder heraus. Seine Hand will mich dort noch halten. Darum ist dieser Blick so wunderbar für uns.
Ach, mein Herr Jesu, wenn ich dich nicht hätte! Ich will keinen Apollo sehen, ich will keinen vollkommenen Körper sehen, keinen bodygebildeten Körper. Nein, ich will den zerschlagenen Leib Jesu und das Haupt voll Blut und Wunden ansehen.
Das heißt in der Offenbarung des Johannes, dass wir, wenn wir durch das Todestor hinübergehen in die Ewigkeit, dann Jesus, den Herrn aller Herren, in der Gestalt des zerschlagenen Lammes sehen. Kein schönerer Anblick als das Haupt voll Blutenwunden, weil es dort festgemacht ist.
Ich kann doch mein Leben nicht selbst lösen durch meine guten Taten, sondern ich bin durch das Blut Jesu gerecht geworden. Ich bin bei Gott in Ehren, ich bin angenommen, ich gehöre zu Gott, weil Jesus mich erlöst hat, weil er mich zu seinem Kind gemacht hat, weil ich sein Eigentum bin.
Das gilt fest und ist hier festgeschrieben: „Ich will schauen dein Angesicht in Gerechtigkeit, ich will satt werden, wenn ich erwache an deinem Bild.“ Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht sattsehen. Doch nicht das Lockenköpflein in der Babykrippe von Bethlehem.
„Dein Haupt voll Blut und Wunden, das soll mir immer größer und immer wunderbarer werden.“ Dort steht es drin: in den Stunden der Anfechtung, wenn ich keinen Mut mehr habe, wenn ich nicht mehr weiterweiß, kann ich mich nicht sattsehen.
Und weil ich nun nicht weiterkann, bleibe ich anbetend stehen. Oh, dass mein Sinn ein Abgrund wäre, ich will es immer tiefer in mich hineinnehmen. So groß ist deine Liebe.
Dort kann ich deine Liebe fassen, nirgendwo sonst. Dort weiß ich, dass ich bei dir angenommen bin.
Das einzige gültige Zahlungsmittel vor Gott
Lassen Sie mich mit einem ganz einfachen Bild schließen.
Wenn Sie eine Reise machen und einen Geldschein aus Ägypten oder Griechenland mitbringen, können Sie damit bei Aldi nicht bezahlen. Die Verkäuferin sagt, es sei interessantes Papier, aber hier kein gültiges Zahlungsmittel.
Noch mehr gilt das, wenn Sie von Ihren Eltern vielleicht einen dieser schönen Scheine geerbt haben, auf denen eine Million deutsche Reichsmark oder sogar hundert Millionen deutsche Reichsmark steht. Manche besitzen sogar einen Schein mit tausend Millionen Reichsmark. Das ist Inflationsgeld. Es hat keinen Wert, man kann damit nichts kaufen, denn diese Währung gilt nicht mehr.
Welche Währung gilt aber vor Gott? Sie können Ihr Leben mit nichts vor Gott angenehm machen. Sie können Ihr Leben mit nichts vor Gott bessern. Es zählt nur eine Währung: Christi Blut und Gerechtigkeit. Durch diese Währung öffnet sich die Tür zum Vaterherzen Gottes. Das ist der einzige Weg, durch den Menschen gerettet werden.
Ich freue mich über die Passionswoche, weil wir immer mehr über dieses wunderbare Geheimnis nachdenken dürfen. Er wurde der Allerverachtetste und Unwerteste – für mich, damit ich heute heimkehre zum Vaterherz Gottes.
Ich möchte Sie bitten, dass Sie Eigentum Jesu werden und sagen: Jesus, der Mann der Schmerzen, ist mein Herr. Ihm gehöre ich mit allem, was ich tue, hier in dieser Welt und in der kommenden Welt. Niemand anderer soll mehr mein Herr sein. Amen.
Abschluss und Ausblick auf die Passionswoche
Nun singen wir Lied 64 von dem angefangenen Weg, und zwar die Verse sieben, acht und neun.
Wir wollen beten: Du, unser Heiland Jesus Christus, wir wollen vor deinem Kreuz stillstehen und dir danken, dass du in die Tiefe dieser Welt hinabgestiegen bist. Du kennst die Leere dieses Lebens, die Vergänglichkeit, die Enttäuschung, die Menschenverachtung und das Einsamsein. Uns bedrückt es, dass wir dich oft so auf die Seite gestoßen und verachtet haben, dass wir dich für nichts geachtet und aus unserem Leben hinausgedrängt haben. Herr, vergib uns diese Schuld!
Wir danken dir, dass du uns jetzt heute alles vergeben willst, was wir in deinem Licht aussprechen, bekennen, bereuen und hassen. Dein Blut macht uns rein von aller Sünde. Ach Herr, du möchtest uns auf einen ganz neuen Weg bringen. Du willst in unserem Leben der wirkende Herr sein. Du möchtest uns deine Güte und Liebe einprägen. Lass doch dein Leiden und Sterben an uns nicht vergeben sein.
Wir möchten auch ganz besonders für die bitten, die in ihrem Leben diesen Unwert spüren, die von Menschen gehasst werden, Enttäuschung erleben, Misserfolg haben oder Prüfungen nicht bestehen. Mach ihnen doch deutlich, dass du den Wert des Lebens bestimmst, dass du uns in die Aufgaben sendest und dass wir mit dir eine große Zukunft vor uns haben. Wir sind nicht von Menschen abhängig.
Wir denken auch an die Kranken und bitten dich, dass du heute sie besonders segnest, ebenso alle, die über die Kassetten jetzt mit uns verbunden sind. Dass sie auch in den Schmerzen wissen: Du bist der Mann der Schmerzen, du kannst mitfühlen und kannst auch eine schwere Leidenszeit erfüllen mit der ganzen Nähe deiner Gegenwart. Du kannst trösten, Mut und Hoffnung schenken. Dir sei Dank dafür.
Lasst uns gemeinsam beten: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Wir singen jetzt noch vom Lied 63 die Verse 6, 9 und 10.
Wir haben jetzt den neuen Notizensettel, der bis zum Juni gilt. Dort sind alle unsere Gottesdienste aufgeführt. Darf ich vielleicht die lieben Helfer vom Begrüßungsdienst bitten, dass sie mit dem Notizensettel am Ausgang nochmals stehen und auch die Einladung zur Bibelwoche auslegen?
Wir haben in den nächsten Tagen die vier Tage der Passionswoche, von Montag bis Donnerstag, jeweils von vier Uhr bis sieben Uhr. Dort werden ganz wichtige Themen unseres Glaubens behandelt, die uns helfen, die ganze Weite und den Reichtum unseres Glaubens neu zu verstehen. Wir sind sehr dankbar, dass Doktor David Jaffin, ein Judenchrist und Theologe, uns gleich am Anfang den Psalm 22 auslegen wird.
Morgen um sechzehn Uhr darf ich Sie herzlich einladen. Nehmen Sie dann bitte die grünen Zettel mit und auch den Notizensettel, denn dort steht das noch nicht drauf. Man muss beide haben, wenn Sie sie noch nicht besitzen.
Danke an die lieben Eltern, die treuen Mütter und Väter unserer Familien. Sie bieten sogar jetzt eine Kinderbetreuung in der Löwengrube bei den beiden ersten Einheiten von vier bis sechs Uhr an – an allen vier Tagen von vier bis sechs Uhr. Bitte machen Sie das noch bekannt für die Mütter und Väter mit Kindern.
Unser Opfer heute ist für einen wichtigen Dienst. Das müssen wir weitergeben: Warum uns allein Jesus, der Gekreuzigte, freimachen und retten kann. Oft ist uns nicht bewusst, dass gerade auch die Religionen der Welt an dieser Stelle keine Antwort geben können.
Der Buddhismus glaubt nicht an Gott. Es gibt im Buddhismus Götter nur als etwas, das man hinter sich lässt, wie das Küken die Eierschale. Man muss sich selbst erheben – in der Selbsterlösung und Befreiung von allen eigenen Vorstellungen, die man vorher hatte. Das ist etwas Aussichtsloses und Hoffnungsloses.
Wir freuen uns, dass von unserer Gemeinde Sibylle Zsonsten mit ihrem Mann in Japan diesen Dienst tut. Unter dieser erfolgreichen japanischen Generation von Menschen redet sie vom Heil in Jesus und gibt Zeugnis. Wir wollen sie mit dem heutigen Opfer unterstützen und auch an den wichtigen Dienst denken, den sie zusammen mit den japanischen Christen in den kleinen japanischen Christengemeinden leistet. Vielen Dank für ihr Mittragen!
Vom Kinderchor haben wir sechs Kassetten. Es ist immer so schön, wenn wir singen. Wer noch welche sucht: Die Kassetten, auf denen auch unser Kinderchor mitwirkt, sind drüben am Büchertisch erhältlich. Wir freuen uns immer wieder, die fröhlichen Kinderstimmen mit den schönen Texten zu hören. Das ist sehr erquickend.
Bestattet wurde in der vergangenen Woche Frau Clare Hertfelder, Erzieherin, früher wohnhaft in der Alexanderstraße 146. Sie wäre heute, an diesem Tag, 84 Jahre alt geworden. Sie wollte bei ihrer Bestattung das Wort haben: „Ich will schauen dein Angesicht in Gerechtigkeit, ich will satt werden, wenn ich erwache an deinem Bilde.“ Nicht die Ästhetik der Schönheit Jesu ist es, sondern seine Wundmale für mich, seine Liebe.
Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. „Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden!“
