Einführung: Das Bild des Absturzes und die Sündenschlucht
In unserem Bibeltext geht es um einen dramatischen Absturz von einer Felswand. Jemand hat sich angeseilt, ist an der Felswand entlanggelaufen, abgestürzt und hat dabei alle anderen mit in den Abgrund gerissen. Denn alle anderen waren an ihm festgemacht und hatten keine zusätzliche Sicherung.
Als sie wieder zu sich kommen, befinden sie sich in der Schlucht. Sie merken, dass sie hier nicht herauskommen, wenn sie nicht von jemandem gerettet werden.
Mit diesem Bild könnte man die Verse aus dem Römerbrief, um die es heute Morgen gehen soll, veranschaulichen. Es geht darum, dass der Erste am Seil abstürzt und alle anderen mit in den Abgrund reißt. Davon spricht Paulus in Römer 5.
Ich möchte von Römer 5 ab Vers 12 bis Vers 21 lesen. Ich warne euch vor: Das ist kein leichter Text. Aber ich hoffe, dass ihr nach diesem Gottesdienst etwas mehr aus diesem Text mitnehmen könnt.
In Römer 5,12 heißt es: Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben.
Denn bis zum Gesetz war die Sünde in der Welt. Sünde aber wird nicht zugerechnet, wenn kein Gesetz ist.
Aber der Tod herrschte von Adam bis auf Mose selbst über die, welche nicht gesündigt hatten, in der Gleichheit der Übertretung Adams, der ein Bild des Zukünftigen ist.
Die Wirkung der Übertretung Adams und die Gnade Gottes
Mit der Übertretung verhält es sich jedoch nicht wie mit der Gnadengabe. Denn wenn durch die Übertretung eines einzigen Menschen viele gestorben sind, so ist die Gnade Gottes und die Gabe in der Gnade eines Menschen, Jesus Christus, für die vielen viel überreich geworden.
Auch verhält es sich mit der Gabe nicht so wie mit dem, der sündigte. Denn das Urteil führte durch einen Menschen zur Verdammnis, die Gnadengabe aber führt durch viele Übertretungen zur Gerechtigkeit.
Wenn durch die Übertretung des Einen der Tod durch den Einen geherrscht hat, werden vielmehr diejenigen, die den Überfluss der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, im Leben durch den Einen, Jesus Christus, herrschen.
Wie nun durch eine Übertretung für alle Menschen die Verdammnis kam, so kommt auch durch eine Gerechtigkeit für alle Menschen die Rechtfertigung zum Leben.
Denn wie durch den Ungehorsam eines Menschen viele in die Stellung von Sündern versetzt wurden, so werden auch durch den Gehorsam des Einen viele in die Stellung von Gerechten versetzt werden.
Das Gesetz, die Zunahme der Übertretung und die Übermacht der Gnade
Das Gesetz aber kam hinzu, damit die Übertretung zunehme. Wo aber die Sünde zugenommen hat, ist die Gnade überreich geworden. So wie die Sünde im Tod geherrscht hat, herrscht auch die Gnade durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Ihr merkt, das ist ein sehr komprimierter Text, der zunächst einmal deutlich macht: Es ist Adam, der hier mit der gesamten Menschheit in die Tiefe stürzt – so sagt Paulus es. Und der Adam wacht dann in der Schlucht der Gottverlassenheit wieder auf und merkt: Hier komme ich aus eigener Kraft niemals wieder raus.
Aus dieser Schlucht gibt es kein Entkommen. Wenn wir oben keine Empore hätten, sondern nur Felswände, dann würden wir hier in einer Schlucht stecken, ohne Türen. Es wäre klar, dass wir da nicht wieder herauskämen.
Deswegen habe ich diesen Abschnitt auch mit dem Satz überschrieben: „In der Schlucht dem Tod geweiht und doch zum Leben befreit.“
Das ist es, was Jesus hier in diesem Text tut oder was Paulus deutlich macht: Jesus ist in der Schlucht dem Tod geweiht und doch zum Leben befreit.
Die Ursache der Schlucht: Der Sündenfall und seine Folgen
Paulus nimmt sich für diesen ersten Teilsatz erst einmal Zeit, um uns zu erklären, dass wir in einer Schlucht sitzen und auch, wie wir in diese Schlucht hineingestürzt sind. Der Text beginnt mit dem Satz: Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen, und es hat dann eine Folge – durch die Sünde ist der Tod in die Welt gekommen.
Damit greift Paulus auf die ersten Seiten der Bibel zurück. Er macht noch einmal deutlich, dass es in 1. Mose 3 nicht um eine Legende geht, die ein bisschen Wahrheit enthält, sondern dass es genau so passiert ist, wie dort steht. Leider war dies die größte Katastrophe der Menschheit.
Gott hat uns Menschen vollkommen geschaffen. Er hat sich danach gesehnt, mit uns tiefe Gemeinschaft zu haben. Dann kommt dieser dramatische Moment: Unsere Liebe zu Gott wird auf die Probe gestellt, und Satan flüstert Eva ein: „Nimm die Frucht, nimm sie, sie sieht so super aus, dir läuft ja schon das Wasser im Mund zusammen.“ Damit soll Eva ausdrücken, dass sie unabhängig von Gott ist, ihr eigener Herr oder ihre eigene Herrin.
Es geht also nicht nur um die äußere Handlung. Darauf dürfen wir 1. Mose 3 nicht reduzieren, sondern es geht um die innere Einstellung. Diese innere Einstellung macht etwas deutlich. Vielleicht lässt sich das mit einem anderen Bild sagen: Ein Ehepaar fährt in Urlaub, und ein Ehepartner wird von einer anderen Person im Hotel so umgarnt, dass sie schließlich ein geheimes Treffen mit dieser attraktiven Person ausmacht.
Der Termineintrag wird vom anderen Ehepartner entdeckt. Es ist ganz logisch, dass es hier zu einer Ehekrise kommt. Aber die Krise entsteht nicht, weil der eine Ehepartner einen Termin in seinen Kalender eingetragen hat. Sie entsteht, weil durch diesen Termineintrag die Einstellung deutlich wird, die den anderen Ehepartner bis ins Innerste verletzt.
Genauso ist es in 1. Mose 3: Der Griff nach der Frucht hat Gott bis ins Innerste verletzt. Interessant ist, dass Paulus in 2. Korinther 11 schreibt, die Schlange habe Eva durch ihre List verführt. Und in 2. Timotheus 2 ergänzt Paulus, Adam sei nicht betrogen worden, die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung – also in die Trennung von Gott.
Unser Großer hat mich heute Morgen gefragt, worüber ich predigen werde. Ich sagte: über die Sünde Adams. Er fragte: „Wieso? Aber es war doch Eva, die gesündigt hat.“ Genau das sagt Paulus hier. In Römer 5 geht Paulus jedoch deutlich von der Sünde Adams aus. Es ist nicht Eva, sondern Adam, durch den die Sünde in die Welt kam. Das heißt, Adam ist verantwortlich dafür, dass wir als Menschen in diese Schlucht gestürzt sind.
Weil es heute Morgen etwas komplexer wird, habe ich gedacht, ich gebe euch ein paar Hilfen. Wir stellen uns vor, Paulus spricht hier vom Sündenfall, also von der originären Sünde, bei der Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden. Das ist das Thema in Römer 5. Adam hat gesündigt, und weil wir von ihm abstammen, ist die Sünde zu uns durchgedrungen.
Das ist wie bei einem Stromkreis: Du kannst den Strom bei der letzten Lampe nachweisen, auch wenn die Stromquelle kilometerweit entfernt ist. So dringt etwas durch bis zur letzten Lampe. Ebenso kann man Sünde, die damals begann, in unserem Leben nachweisen, auch wenn Adam Jahrtausende von uns entfernt ist. Du musst nur das Wort Gottes als Messinstrument an dein Leben halten, und du wirst merken, dass es anschlägt. Du merkst, dass du von Sünde nicht frei bist.
Jeder ist anders gestrickt, aber wenn dich jemand bei einer Autobahnbaustelle links überholt, sich vor dich drängelt und du lange gebraucht hast, um diese Position zu erreichen, dann ist es spannend, wie weit du dem anderen etwas gönnen kannst oder auch Ungerechtigkeit erträgst. Die Ausdrücke, die dann über meine Lippen kommen wollen, muss ich mir gar nicht erst anlesen – sie sind automatisch da. Ich bin nur froh, dass das Auto eine Klimaanlage hat und das Fenster zu ist, sodass der andere das nicht hört. Das ist eine ganz praktische Auswirkung davon: Die Sünde ist zu mir durchgedrungen.
Der Tod, von dem hier die Rede ist und der mit der Friedhofsfeier zu tun hat, kommt erst später. Er ist nur die Folge der Sünde. Zunächst geht es darum, was Paulus hier in Römer 5 sagt: Der Tod ist so ähnlich wie bei diesem Ast, den ich heute Morgen abgepflückt habe. Wenn ihr ihn seht, würdet ihr sagen, er hat volles Leben in sich. Aber du brauchst nur zu warten, und irgendwann werden die Blätter gelb, weil er ab einem bestimmten Moment vom Leben abgetrennt ist. Das wird dann auch in seinem Astleben sichtbar.
Genauso ist es bei uns: Wir sind abgetrennt von Gott, und das wird in unserem Leben sichtbar. Auch Adam hat augenblicklich die Verbindung zu Gott verloren, aber der Friedhofstod wurde erst viel später in seinem Leben sichtbar. Also halten wir fest: Von Römer 5 her kam der Tod durch die Sünde.
Das ist übrigens ein ganz wichtiger Satz, schon deshalb kann die Vorstellung nicht stimmen, dass wir durch Evolution entstanden sind. Denn bei der Evolution ist der Tod der Motor zum Leben. Paulus sagt hier jedoch, dass das nicht stimmt. Der Tod ist die größte Katastrophe, die wir als Menschen erlebt haben und erleben. Das war nie Gottes Plan. Der Tod ist Folge von Sünde, und deswegen können wir Sünde nicht wegdiskutieren – nicht nur dann, wenn wir auf einer Beerdigung sind.
Um den Vers 12 gibt es eine größere Diskussion. Paulus beendet den Vers mit den Worten: „Der Tod ist zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben.“ Augustinus hat sich hier auf die lateinische Übersetzung bezogen und übersetzt, ich glaube, so steht es in manchen Bibeln: „in welchem sie alle gesündigt haben.“ Er bezieht sich damit auf Adam. Anders ausgedrückt sagt er: „In Adam haben sie alle gesündigt.“
Das bedeutet, bei dieser Auslegung ist Sünde nicht aktiv, sondern passiv. Adam hat gesündigt, und ich in ihm, weil ich in Adam war. Demnach bin ich Sünder, weil Adam gesündigt hat. Es ist vor allem seine Verantwortung und nicht zuerst meine Verantwortung. Das ist der Gedanke der Erbsünde.
Erbsünde ist kein Wort aus der Bibel, sondern ein theologischer Begriff, mit dem versucht wird, biblische Aussagen zusammenzufassen. Augustinus sagt, ich habe meine Sünde von Adam geerbt und bin deswegen von Gott getrennt. Manche meinen sogar, Sünde sei auf den Genen manifestiert, aber das stimmt natürlich nicht. Auch Jesus hatte nach meinem Verständnis die Gene Marias und war trotzdem sündlos.
Wer über Erbsünde nachdenkt – ich werde es jetzt nicht vertiefen, nur dass ihr es wisst – muss zunächst klären: Ist Erbsünde eine Hypothek, mit der ich geboren werde, oder ist es die Unfähigkeit, der Sünde zu widerstehen? Ich habe zwei Stichworte aufgeschrieben: Die einen sagen, Erbsünde sei ein Schuldschein, mit dem du von deiner ersten Sekunde an geboren wirst. Die anderen sagen, Erbsünde bedeutet, dass du nicht stark genug bist, Nein zur Sünde zu sagen.
Interessant ist, dass die Bibel immer wieder Stellen hat, die deutlich machen, dass es ein entscheidender Punkt ist, wenn Kinder unterscheiden können, was gut und böse ist. Zum Beispiel in Jesaja 7, Vers 15 heißt es, auch wenn der Schwerpunkt dort ein anderer ist – wir haben noch andere Stellen –, dass bis jemand in der Lage ist, „das Böse zu verwerfen und das Gute zu wählen“. Das scheint ein entscheidender Punkt zu sein, eine Art Unfähigkeit.
Es gibt also einen Moment im Leben eines Kindes, in dem es weiß, dass etwas böse ist, aber es tut es trotzdem, weil es nicht anders kann. Wenn Sünde eine Hypothek ist, etwas, das ich mitbringe, dann wäre jedes Baby, das stirbt, nach menschlicher Logik verloren. Zum Glück denkt Gott nicht immer in menschlicher Logik. Aber wenn ich einen Schuldschein mitbringe, dann bin ich verloren.
Wenn das mein Erbsündenverständnis ist, kann ich nicht guten Gewissens Eltern trösten, die ihr Baby verloren haben, indem ich sage, ihr Kind ist jetzt bei Jesus. Es kommt also darauf an, welches Erbsündenverständnis ich habe. Ich will diese Positionen nur skizzieren, nicht vertiefen. Ihr könnt euch eure Meinung bilden. Aber wenn ich von Erbsünde rede, können zwei Personen den Begriff ganz unterschiedlich füllen.
Wenn ihr sagt, das habe ich nicht ganz verstanden, könnt ihr mich später fragen oder es einfach abhaken. Aber ihr solltet wissen, dass Römer 5, Vers 12 eine heiße Diskussion ist. Ich persönlich finde es wichtig, den Vers so zu lesen, wie er hier steht. Dort heißt es: „weil sie alle gesündigt haben.“ Das setzt auch mich in Verantwortung. Es betont die Eigenverantwortung. Es ist nicht nur Adams Schuld, sondern vor allem meine Schuld. Ich habe gegen Gottes Wort gehandelt. Das kann ich nicht einfach Adam in die Schuhe schieben.
Auch Vers 16 betont, es geht um Übertretungen. Hier übertrete ich etwas. Darauf werden wir noch kommen. Adam hat sehr bewusst gegen Gottes Wort gehandelt. Er hat von der Frucht genommen, auch wenn er sie aus Evas Hand nahm. Damit bringt Paulus einen interessanten Gedanken: Adam hat bewusster gesündigt als alle, die nach ihm und vor Mose lebten.
Das lesen wir in Vers 14: „Der Tod herrschte selbst über die, die nicht gesündigt hatten, in der Gleichheit der Übertretung Adams.“ Was heißt das? Adam hatte ein ganz klares Gebot Gottes. Gott hatte ganz klar Nein gesagt. Adam wusste genau, was er tat, und tat es trotzdem. Die Leute nach ihm haben nicht auf diesem Niveau gesündigt, denn sie wussten, dass da Nein stand.
Das nächste Thema klebe ich an. Es geht weiter in der Heilsgeschichte. Gott sagt hier sehr bewusst Nein, Adam entscheidet sich trotzdem. Später gibt es das Gesetz. Gott sagt wieder sehr deutlich, was er will und was nicht. Das ist festgeschrieben. Paulus sagt im Grunde, wenn es keine Radarfallen auf der Straße gibt, kann man nicht konkret sagen, dass du dies oder das übertreten hast. Es gibt allgemeine Aussagen Gottes, zum Beispiel den Bund mit Noah in 1. Mose 9: „Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll wieder vergossen werden.“ Das ist eine allgemeine Aussage Gottes.
Viele konkrete Gedanken lesen wir erst hier, in den Geboten des Gesetzes: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht …“ und so weiter. Paulus sagt auch: Sünde wird nicht zugerechnet, wenn kein Gesetz da ist – ein spannender Satz. Man muss an die Zeit denken, in der es die Stadt Sodom gab. Sünde wird nicht zugerechnet, wenn kein Gesetz da ist. Dennoch passiert auch zwischen diesen beiden Punkten etwas: Es wird gestorben, und der Tod hat Auswirkungen, auch wenn das Gesetz noch nicht mit jedem Buchstaben offenbar war.
In dieser Zwischenzeit hat Gott dennoch Konsequenzen gefordert, zum Beispiel bei Sodom. Die Leute von Sodom sind gestorben. Das zeigt, dass Sünde in ihrer Auswirkung im Alltag angekommen ist. Dennoch wird es wahrscheinlich einen Unterschied geben. Ich erinnere mich an Lukas 12, Vers 47: „Wer den Willen seines Herrn weiß, ihn aber nicht tut, wird viele Schläge erleiden. Wer den Willen nicht weiß, wird mit wenigem geschlagen werden.“
Das heißt, die Folge ist dieselbe, aber die Bestrafung ist unterschiedlich. Und dann fällt mir noch ein anderer Vers ein, gerade im Blick auf Sodom. Jesus sagt in Matthäus 11, Sodom wird es erträglicher ergehen als Kapernaum. Hier ist also auch ein Unterschied. Beide sind getrennt, aber es wird erträglicher ergehen, weil Kapernaum viel mehr über Jesus wusste als Sodom.
Wenn ich viel mehr aus der Bibel weiß, habe ich eine größere Verantwortung, wenn ich es nicht tue. Das können wir mitnehmen: Im Leben ist es nicht anders. Wenn jemand an der Supermarktkasse zusammenbricht und ich versuche zu helfen, aber einen Kardinalfehler mache, obwohl ich keine medizinische Ausbildung habe, wird es mir nicht so sehr angerechnet, als wenn ich Rettungssanitäter bin und unausgeschlafen gehandelt habe. Ich wusste mehr und habe deshalb mehr Verantwortung.
Und es geht noch weiter: Beim Gesetz ist nicht Schluss. Vom Neuen Testament her, vom Kreuz her, weiß ich als Christ natürlich viel mehr als vom Gesetz. Deswegen habe ich auch mehr Verantwortung. Ich muss mich immer wieder fragen: Was weiß ich alles, und was habe ich umgesetzt?
Wenn wir ehrlich sind, geht es beim Umsetzen oft nicht darum, dass es unmöglich ist, sondern dass ich es nicht will. Oder dass ich es tun sollte, aber denke: „Irgendwann mal.“ Das heißt, was mir im Alltag begegnet, ist oft wichtiger als das, was Gott eigentlich von mir möchte. So lebe ich. So etwas würde ich vielleicht nie sagen, aber das ist die Realität.
Wenn ich das begreife, muss ich mich fragen, warum ich vielleicht schon jahrelang an einem Punkt auf der Stelle trete und nicht die Schritte gehe, von denen ich weiß, dass ich sie gehen sollte. Die Theorie ist oft nicht das Problem, sondern die Praxis – besser gesagt der Ungehorsam, dass ich den Weg nicht gehe.
Paulus zieht in Vers 14 einen wichtigen Vergleich: Adam ist ein Bild des Zukünftigen, also des Herrn Jesus. So wie Adam als Leiter am Anfang eines Seils läuft, so läuft auch Jesus am Anfang eines ganz anderen Seils. Beide sind Bergführer und ziehen Menschen hinter sich her.
Wenn wir Römer 5 anschauen, wird deutlich, was es bedeutet, an diesem Seil Adams zu hängen. In Vers 15 heißt es: Durch seine Übertretung sind viele gestorben. In Vers 16 lesen wir: Durch das Urteil sind alle, die an diesem Seil hängen, verdammt worden. In Vers 17: Über die an Adam Angeseilten herrscht der Tod. In Vers 19: Durch Adams Ungehorsam sind alle am Seil Adams in die Stellung von Sündern versetzt worden.
Das ist keine gute Nachricht. Sie betrifft mich von Grund auf. Wenn ich das verstehe, ist Römer 5 kein Exkurs, den ich aufschlage und denke, hier fehlte noch etwas. Es geht um die Grundlage für das, was Paulus in Römer 6 bis 8 zeigen wird: Es gibt einen Sieg über die Sünde. Aber zuerst muss ich verstanden haben, dass ich hoffnungslos verloren in der Sündenschlucht sitze.
Bevor ich begreife, dass es nur einen Weg hinaus gibt, muss ich wissen, dass ich es selbst nicht schaffen kann. Deshalb habe ich gesagt: Ich bin in der Schlucht dem Tod geweiht. In Vers 17 greift Paulus diesen Gedanken auf: Er sagt, herrsche in deinem Leben über die Sünde durch den Herrn Jesus. Das ist möglich.
Und das ist die gute Nachricht: Ich muss nicht mehr meinen alten Süchten hinterherlaufen. Jesus macht mich frei davon, ständig von oben herab auf andere zu schauen. Mein Denken muss nicht vom Stolz verseucht sein. Ich muss nicht immer nur an mich denken, sondern kann das Beste für den anderen im Blick haben.
Ich darf erleben, dass Neid mich nicht länger auffrisst, sondern ich mich freue, wenn andere Gaben haben, die ich nicht habe. Jesus macht mich frei von der Macht der Sünde. Das ist die triumphierende Nachricht, die uns in Kapitel 6 bis 8 erwartet. Aber die Grundlage haben wir hier in Römer 5. Hier geht es um das Fundament.
In Vers 15 sagt Paulus: Die Antwort liegt in einem Menschen, der ganz besonders war. Es ist interessant, dass er hier bewusst den Begriff Mensch benutzt – der Mensch Jesus Christus. Wenn wir den Propheten Daniel lesen, wissen wir, dass „Menschensohn“ ein besonderer Begriff für den Retter Gottes ist. Auch Lukas verwendet diesen Begriff immer wieder.
Gott wird also in Jesus Christus selbst Mensch. Um es mit Römer 5 zu sagen: Er lässt sich an dieses Seil binden, er lässt sich in die Schlucht hinabreißen, weil alle Sünde auf seine Schulter geladen ist. Aber die andere Nachricht stimmt auch: Er aufersteht und nimmt dem Tod die Macht.
Jetzt darf ich Markus bitten, das andere Seil anzuknoten, das wir mitgebracht haben, um das deutlich zu machen. Weil Jesus nicht mehr in dieser Schlucht ist, kann er ein anderes Seil herunterlassen. Ich habe die Möglichkeit, nach diesem anderen Seil zu greifen und aus der Schlucht mit seiner Hilfe herauszukommen.
Das ist möglich, weil Jesus mir seine Gnade schenkt. Dieses Seil ist an Adam festgemacht, der alle heranzieht. Wir müssten das Seil sehr lang machen, und ihr müsstet alle daran anfassen, weil wir alle daran hängen. Aber ich muss nicht in der Schlucht der Trennung von Gott bleiben, nur weil ich an diesem Seil hänge.
Ich habe, und das versucht Paulus in Römer 5 deutlich zu machen, die Möglichkeit, nach einem anderen Seil zu greifen – nach einem anderen Menschen, nach einem anderen Bergführer. Dieses Seil ist an Jesus festgemacht. Es ist nicht in der Schlucht befestigt, sondern außerhalb, und deswegen komme ich heraus.
Paulus nennt in Römer 5 dieses Seil das Seil der Gnade, im Gegensatz zum Adamseil. Er macht deutlich: Adam kann mich nicht retten, weil das Seil an ihm selbst festgemacht ist. Jesus steht da und will mich herausziehen. Wenn ich nach diesem Seil greife, bekomme ich nach Vers 19 die Stellung eines Gerechten.
Das ist, was Paulus hier sagt. Entscheidend ist nicht, wo ich jetzt gerade bin, sondern an welchem Seil ich hänge. Ergreife ich dieses Seil, um aus der Schlucht herauszukommen? Gehöre ich zu Jesus oder nicht? Das war das Thema der letzten Predigt.
Wenn ich zu Jesus gehöre, stehe ich mit anderen Christen vereint an diesem weißen Seil. Ich finde es faszinierend, dass Paulus in Vers 15 explizit betont: Die Gnade Gottes ist überreich. Ich komme von vielen Übertretungen hier in dieser Schlucht hin zur Gerechtigkeit außerhalb der Schlucht.
Durch Jesus habe ich, so sagt er es, Überfluss an Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit. Wir merken: Römer 5 ist die Scheide zwischen dem großen Thema Gerechtigkeit, Rechtfertigung, das wir bisher hatten, und der praktischen Heiligung, die jetzt folgt.
Hier laufen beide Dinge zusammen: Er betont die Gnade, die Stellung des Gerechten, Jesus, der mich befreit. Mein Leben soll Anschauungsunterricht sein, wie es praktisch aussieht, mit Jesus zu leben, ihm zu dienen, von seiner Liebe bestimmt zu sein und seine Liebe weiterzugeben.
Das sind nicht die großen Heldentaten, sondern oft die kleinen Dinge des Alltags. Vielleicht fängt es da an, wo ich sage: Herr, leite mich durch diesen Tag, und ich grüße jemanden bewusst, weil ich ihn wahrnehme. Oder ich schenke jemandem eine Kleinigkeit, um ihm zu zeigen: „Ich habe dich wahrgenommen, ich habe dich lieb.“
Das sollte uns immer wieder beschäftigen: Herr, wie kann ich deine Liebe im Alltag weitergeben, damit Menschen erkennen, dass da jemand an diesem weißen Seil hängt, der zu Jesus gehört? Wir sind frei gemacht davon, in diesem Leben nur unser Glück zu suchen. Wir sind dazu befreit, auch das Beste für den anderen zu suchen und so das Leben Jesu im Alltag deutlich zu machen.
Weil ich an diesem weißen Seil hänge, muss für mich keine Welt zusammenbrechen, wenn manches in meinem Leben menschlich betrachtet schiefläuft. Ich weiß, mein Leben steht unter Gottes Führung. Ich gehöre nicht mehr zu der Seilmannschaft, die am Adamseil festhält, in der Schlucht ist und nicht mehr herauskommt. Ich gehöre zu Jesus.
Ich muss mich nur an seinem Seil festhalten, und dann werde ich im Himmel ankommen. Das ist sehr entscheidend. Markus Spiker, ein Hauptstadtjournalist, der Christ ist, hat ein Buch geschrieben, das „Faith“ heißt. Es hat nichts mit dem Gesicht zu tun, sondern mit Glauben – vom englischen Wort „faith“.
Die Frage, die er am Anfang stellt, lautet: Ich stelle fest, dass in der Gemeinde Jesu das Wort Himmel fast ein Tabu ist. Man redet über vieles, aber nicht über den Himmel. Dabei ist doch das Ziel als Christ, dass ich dort ankomme.
Er schreibt: Erst wenn ich die letzten Dinge geklärt habe, kann ich mich um die nächstliegenden kümmern. Ich fand das einen sehr guten Satz: Meine Ausrichtung soll der Himmel sein, bei Jesus geht es um ein Leben ohne Verfallsdatum. Kannst du dir das vorstellen? Ein ewiges Leben.
Paulus versucht jetzt in Vers 20 noch einmal die Bedeutung des Gesetzes aufzugreifen. Er sagt: Das Gesetz kam daneben hinzu. Ich habe die Gebote Gottes nicht von Anfang an gehabt. Dieses Gesetz ist wie ein Messinstrument, eine Radarfalle, die mir zeigt, wo Sünde in meinem Leben ist.
Wenn ich das Gesetz Gottes anschaue, merke ich erst, wie viele unreine, habgierige und egoistische Gedanken mich bestimmen. Aber und das ist der zweite große Teil, den Paulus hier bringt – er wird in den nächsten Predigten weitergehen –, ich muss nicht verzweifeln.
Mir gefällt die Übersetzung von Martin Luther in Vers 20 sehr gut: „Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden.“ Wo die Sünde mächtig geworden ist – und darüber hat Paulus geredet –, da ist die Gnade viel mächtiger geworden.
Das darfst du nie vergessen, wenn dein Versagen dich erdrücken will. Wenn du kurz davor bist aufzugeben und denkst, es hat keinen Zweck mit mir, ich komme von der Sünde nie weg. Selbst wenn ich nur sehr schwerfällige Messinstrumente benutze, schlagen die noch heftig aus.
Es ist gut, dass ich nicht einfach darüber hinweggehe. Das macht Gott auch nicht. Gott nimmt Sünde sehr ernst. Aber wo die Sünde mächtig geworden ist, wie in deinem Leben, da ist Gottes Gnade viel mächtiger geworden.
Ich wünsche uns, dass wir das nicht nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen, sondern dass wir sagen: Das darf ich glauben. Die Gnade ist mächtiger als die Sünde. Nimm das mit in die kommende Woche: Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden.
Vielleicht erlebst du deinen Egoismus, deine Spielsucht oder deine Lieblosigkeit so massiv, dass du schon alle Hoffnung auf ein Leben verloren hast, in dem, wie Paulus sagt, die Gnade herrscht. Aber dann steck den Kopf nicht in den Sand.
Gottes Ziel für dein Leben ist: Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden. Das haben viele Christen erlebt. Warum solltest du das nicht erleben?
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns ein Gebiet in unserem Leben anschauen und konkret benennen: Sünde herrscht in meinem Leben in diesem oder jenem Bereich. Sage das ganz konkret: Das ist Sünde.
Dann nimmst du diesen Vers aus dem Römerbrief und sagst: Eins weiß ich, Gottes Gnade soll herrschen. Eins weiß ich, seine Kraft soll in meinem Leben herrschen. Daran halte ich fest und sage: Jesus, ich glaube, dass du in meinem Leben den Sieg hast, auch wenn ich im Alltag noch manches Teilgefecht verliere.
Zum Beispiel: Wenn ich merke, ich bin egoistisch, dann mach dir Gedanken, wie du dem anderen dienen kannst. Das ist das genaue Gegenteil davon. Das mag gar nicht so einfach sein. Das merkst du, wenn du es umsetzen willst.
Aber du darfst damit rechnen: Die Gnade ist mächtiger geworden. Herr Jesus, du schenkst mir die Kraft, ganz konkret Dinge umzusetzen und nicht nur zu denken, man müsste mal oder sollte mal. Mach’s doch, setz es um, was Gott dir in den Kopf gibt.
Wenn ich anders leben will, muss ich eine Vorstellung davon haben, wie dieses andere Leben aussieht. Dann muss ich im Gebet immer wieder dranbleiben und sagen: Herr Jesus, das kannst du in meinem Leben umsetzen. Ich gehe sehr konkrete Schritte.
Du wirst sehen, dass sichtbar wird, wie die Gnade herrscht und Gott deinen Charakter verändert. Das ist es, was er vor allem tun will. Es geht nicht zuerst darum, für Gott Bäume auszureißen, sondern dass die Frucht in deinem Leben anders wird. Das ist Gottes Ziel.
Um es kurz zusammenzufassen: Wir haben heute Morgen gesehen, dass ich in der Schlucht sitze. An dem Seil Adams bin ich dem Tod geweiht. Aber wir dürfen das weiße Seil nicht übersehen. Ich bin zum Leben befreit.
Ich bin nicht mehr an Adams Seil festgemacht, wenn ich zu Jesus gekommen bin, sondern ich darf mich an seinem Seil festmachen. Das ist das Beste, was mir passieren konnte: dass ich meine Hand danach ausstrecken konnte und weiß, er zieht mich hoch.
Dieses Leben darf ich in dem tiefen Wissen führen: Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden. Nimm das mit und setze es ganz konkret in deinem Leben um. Amen.
Ich bete zum Schluss: Herr Jesus, hier geht es um ein sehr komplexes Thema, das Paulus anspricht. Ich möchte dir danken, dass über all dem leuchtet, dass deine Gnade viel, viel mächtiger ist als die ganze Sündenproblematik, die hier so tief gezeigt wird.
Herr Jesus, danke, dass du uns hilfst, zu erkennen, dass wir mittendrin stecken in der Sündenproblematik, dort, wo wir dich nicht kennen. Aber Jesus, wo wir dich kennengelernt haben, dürfen wir damit rechnen, dass deine Gnade immer stärker ist als die Sünde.
Danke, dass du uns hilfst, das im Alltag anzuwenden. Amen.
Die Diskussion um Römer 5,12 und die Eigenverantwortung
Um den Vers 12 gibt es eine größere Diskussion. Paulus beendet diesen Vers mit den Worten: „Der Tod ist zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben.“
Der Augustinus bezieht sich hier auf die lateinische Übersetzung. Er übersetzt den Vers so, dass es in manchen Bibeln auch ähnlich wiedergegeben wird: „in welchem sie alle gesündigt haben.“ Damit meint er Adam. Anders ausgedrückt sagt er: „In Adam haben sie alle gesündigt.“
Bei dieser Auslegung ist Sünde nicht aktiv, sondern passiv. Adam hat gesündigt, und ich habe in ihm gesündigt, weil ich in Adam war. Demnach bin ich ein Sünder, weil Adam gesündigt hat. Es ist vor allem seine Verantwortung und nicht zuerst meine. Das ist der Gedanke der Erbsünde.
Der Begriff Erbsünde stammt nicht direkt aus der Bibel, sondern ist ein theologischer Begriff, mit dem man versucht, biblische Aussagen zusammenzufassen. Augustinus sagt, ich habe meine Sünde von Adam geerbt und bin deshalb von Gott getrennt.
Manche meinen sogar, dass Sünde auf den Genen manifestiert sei. Das halte ich jedoch für falsch. Auch Jesus Christus hatte nach meinem Verständnis die Gene Marias und war dennoch sündlos.
Wer über Erbsünde nachdenkt – ich werde es jetzt nicht vertiefen, sondern nur zur Orientierung – muss zunächst klären: Ist Erbsünde in meinem Leben eine Hypothek, mit der ich geboren werde? Oder ist es die Unfähigkeit, der Sünde zu widerstehen?
Ich habe zwei Stichworte notiert: Die einen sagen, Erbsünde sei ein Schuldschein, mit dem man ab der ersten Sekunde seines Lebens geboren wird. Die anderen sagen, Erbsünde bedeutet, dass man nicht stark genug ist, Nein zur Sünde zu sagen, wenn sie an einen herantritt.
Interessant ist, dass die Bibel immer wieder Stellen enthält, die verdeutlichen, dass es ein entscheidender Punkt ist, wann Kinder zwischen Gut und Böse unterscheiden können. Zum Beispiel in Jesaja 7, Vers 15 – auch wenn der Schwerpunkt dort ein anderer ist. Es gibt noch weitere Stellen in der Bibel, aber ich möchte diese herausgreifen.
In Jesaja 7,15 geht es um den Sohn, der geboren wird – eine prophetische Aussage über Jesus. Doch es wird auch eine andere Person in der ersten Prophezeiung genannt. Dort heißt es: „bis er weiß, das Böse zu verwerfen und das Gute zu wählen.“
Das scheint ein ganz entscheidender Punkt zu sein. Bis ich weiß, das Gute zu wählen und das Böse zu verwerfen, deutet das auf eine Unfähigkeit hin. Es gibt also einen Moment im Leben eines Kindes, in dem es weiß, dass etwas böse ist, aber es trotzdem tut. Es kann gar nicht anders, es tut es einfach.
Wenn Sünde eine Hypothek ist, etwas, das ich mitbringe in mein Leben, dann wäre nach menschlicher Logik jedes Baby, das stirbt, verloren. Zum Glück denkt Gott nicht immer in menschlicher Logik.
Aber es ist klar: Wenn ich einen Schuldschein mitbringe, dann bin ich verloren. Und wenn das mein Erbsündenverständnis ist, dann kann ich nicht guten Gewissens zu Eltern sagen, die ihr Baby verloren haben, dass ihr Kind jetzt bei Jesus ist.
Es kommt also ganz darauf an, welches Erbsündenverständnis ich habe. Ich will diese Positionen nur skizzieren und nicht vertiefen. Ihr könnt euch eure eigene Meinung bilden.
Aber wichtig ist, dass ihr gehört habt: Wenn ich von Erbsünde spreche, können zwei Personen diesen Begriff ganz unterschiedlich verstehen.
Wenn ihr sagt, das habe ich nicht ganz verstanden, könnt ihr mich später fragen oder das Thema einfach abhaken.
Ihr solltet aber wissen, dass Römer 5,12 eine heiße Diskussion ist, die hier geführt wird.
Die bewusste Übertretung Adams und die Bedeutung des Gesetzes
Ich persönlich finde es wichtig, den Vers genau so zu lesen, wie er hier steht. In Römer 5,12 heißt es: „weil sie alle gesündigt haben.“ Das setzt auch mich in eine Verantwortung. Es betont die Eigenverantwortung. Es ist nicht nur Adams Schuld, sondern vor allem meine Schuld. Ich habe gegen Gottes Wort gehandelt. Das kann ich nicht einfach nur Adam in die Schuhe schieben.
Auch Vers 16 betont, dass es um Übertretungen geht. Hier übertrete ich etwas – darauf werden wir noch eingehen. Adam hat sehr bewusst gegen Gottes Wort gehandelt. Er hat von der Frucht genommen, auch wenn er sie aus Evas Hand genommen hat.
Damit bringt Paulus einen interessanten Gedanken: Adam hat bewusster gesündigt als alle, die nach ihm und vor Mose gelebt haben. Wir lesen das in Vers 14: „Der Tod herrschte selbst über die, die nicht gesündigt hatten, in der Gleichheit der Übertretung Adams.“ Was bedeutet das? Adam hatte ein ganz klares Gebot Gottes. Gott hatte vorher ganz deutlich „Nein“ gesagt. Adam wusste also genau, was er tat – und er hat es trotzdem getan.
Die Menschen nach ihm haben nicht auf diesem Niveau gesündigt, also nicht in der Gleichheit der Übertretung Adams. Sie wussten nicht so genau, dass da ein klares „Nein“ stand, oder?
Der nächste Zettel klebe ich an. Es geht weiter in der Heilsgeschichte – ich kann ihn auch ankleben, so viel Zeit muss sein. Gott sagt hier sehr bewusst „Nein“. Adam entscheidet sich trotzdem. Später kommt dann das Gesetz. Hier sagt Gott wieder sehr deutlich, was er will und was nicht. Das haben wir klar festgeschrieben.
Im Grunde genommen sagt Paulus: Wenn es keine Radarfallen auf der Straße gibt, kann man auch nicht konkret sagen, was genau übertreten wurde. Es gibt zwar allgemeine Aussagen Gottes, auch in der Zeit vom Fall bis zum Gesetz, zum Beispiel den Bund mit Noah. Den finden wir in 1. Mose 9: „Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll wieder vergossen werden.“ Das ist eine allgemeine Aussage Gottes.
Viele seiner Gedanken lesen wir erst hier, in den konkreten Geboten: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht ...“ All das steht auf den Tafeln des Gesetzes. Es heißt auch: „Sünde wird nicht zugerechnet, wenn es kein Gesetz gibt.“ Das ist ein spannender Satz.
Man muss bedenken: In dieser Zeit gab es auch Städte wie Sodom. Paulus macht sehr deutlich, dass zwischen diesen beiden Punkten dennoch etwas passiert. Und zwar ist es so, dass auch in dieser Zwischenzeit Menschen gestorben sind – der Tod hatte durchaus Auswirkungen, auch wenn das Gesetz noch nicht mit jedem Buchstaben offenbart war.
Gott hat in dieser Zeit zum Beispiel bei Sodom Konsequenzen gefordert. Auch die Leute von Sodom sind gestorben. Das zeigt, dass Sünde in ihrer Auswirkung im Alltag angekommen ist. Trotzdem gibt es wahrscheinlich einen Unterschied.
Ich erinnere mich an Lukas 12,47: „Wer den Willen seines Herrn weiß, ihn aber nicht tut, wird viele Schläge erleiden. Wer den Willen aber nicht weiß, wird mit wenigen Schlägen bestraft.“ Das heißt, die Folge ist dieselbe, aber die Bestrafung fällt unterschiedlich aus.
Ein anderer Vers fällt mir im Blick auf Sodom ein. Jesus sagt in Matthäus 11: „Sodom wird es erträglicher ergehen als Kapernaum.“ Auch hier gibt es einen Unterschied, aber beide sind getrennt. Es wird Sodom erträglicher ergehen, weil Kapernaum viel mehr über Jesus wusste als Sodom.
Wenn ich viel mehr aus der Bibel weiß, habe ich auch eine viel größere Verantwortung, wenn ich es nicht tue. Das können wir mitnehmen. Im Leben ist es nicht anders: Wenn jemand an der Kasse im Supermarkt zusammenbricht und ich versuche zu helfen, aber einen Fehler mache, wird mir das nicht so stark angerechnet, wenn ich keine medizinische Ausbildung habe.
Wenn ich aber zufällig Rettungssanitäter bin und unausgeschlafen gehandelt habe, wird mir das viel mehr zugerechnet. Ich wusste mehr und habe deswegen auch mehr Verantwortung.
Und es geht ja noch weiter: Beim Gesetz ist nicht Schluss. Wir kommen ja vom Neuen Testament her zum Kreuz. Als Christ, der ich das Kreuz kenne, weiß ich natürlich viel mehr als nur das Gesetz. Deshalb habe ich auch viel mehr Verantwortung.
Ich muss mich immer wieder fragen: Was weiß ich alles in meinem Kopf, und was davon habe ich umgesetzt? Wenn wir ehrlich sind, geht es beim Umsetzen oft nicht darum, dass etwas unmöglich ist. Vielmehr muss ich oft sagen: „Das will ich nicht“ oder „Das sollte ich tun, aber irgendwann mal.“
Das heißt, was mir im Alltag begegnet, ist oft viel wichtiger als das, was Gott eigentlich von mir möchte. So lebe ich. So etwas würde ich vielleicht nie direkt sagen, aber das ist das, was ich letztendlich lebe.
Wenn ich das begreife, muss ich mich auch fragen: Warum trete ich vielleicht schon jahrelang an einem Punkt auf der Stelle und gehe nicht die Schritte, von denen ich seit Monaten oder Jahren weiß, dass ich sie gehen sollte?
Die Theorie ist oft nicht das Problem, sondern die Praxis – genauer gesagt der Ungehorsam, dass ich diesen Weg nicht gehe.
Adam als Bild des Zukünftigen und die Hoffnung durch Jesus Christus
Paulus fährt in Vers 14 fort und zieht einen wichtigen Vergleich. Er sagt, Adam ist ein Bild des Zukünftigen, also des Herrn Jesus. So wie Adam als Leiter am Anfang eines Seils läuft, so läuft auch der Herr Jesus am Anfang eines ganz anderen Seils. Beide sind Bergführer und ziehen Menschen hinter sich her.
Wenn wir unseren Text in Römer 5 betrachten, wird deutlich, was es bedeutet, an diesem Seil Adams zu hängen. In Vers 15 heißt es: Durch seine Übertretung sind viele gestorben. In Vers 16 lesen wir, dass durch das Urteil alle, die an diesem Seil hängen, verdammt worden sind. In Vers 17 herrscht über die an Adam Angeseilten der Tod. In Vers 19 wird deutlich, dass durch Adams Ungehorsam alle am Seil Adams in die Stellung von Sündern versetzt worden sind.
Das ist keine gute Nachricht. Sie betrifft mich aber von Grund auf. Wenn ich das verstehe, wird klar: Römer 5 ist kein Exkurs, den ich einfach aufschlage und denke: „Na ja, da fehlte noch ein bisschen was im Römerbrief, am Schluss der Rolle war noch Platz übrig, und deswegen hat Paulus gedacht, jetzt schreibe ich noch mal einen Exkurs über Sünde.“
Es geht hier um die Grundlage für das, was Paulus in Römer 6 bis Römer 8 zeigen wird – nämlich, dass es einen Sieg über die Sünde gibt. Aber zunächst muss ich verstanden haben, dass ich hoffnungslos verloren in der Sündenschlucht sitze. Bevor ich begreife, dass es hier nur einen Weg hinaus gibt, muss ich verstanden haben, dass ich es selbst nicht schaffen kann. Deshalb habe ich gesagt: Ich bin in der Schlucht dem Tod geweiht.
In Vers 17 greift Paulus diesen Gedanken auf. Er sagt: Herrsche in deinem Leben über die Sünde durch den Herrn Jesus. Das ist möglich. Und das ist die gute Nachricht: Ich muss nicht mehr zum Beispiel meinen alten Süchten hinterherlaufen. Jesus macht mich frei davon. Vielleicht muss ich auch nicht ständig auf den anderen von oben herabschauen. Mein Denken muss nicht vom Stolz verseucht sein. Ich muss nicht nur an mich, mich und nochmals an mich denken. Ich kann auch das Beste für den anderen im Blick haben.
Zum Beispiel darf ich erleben, dass der Neid mich nicht länger auffressen muss. Ich darf mich freuen, wenn andere Gaben haben, die ich vielleicht nicht habe. Jesus macht mich frei von der Macht der Sünde. Das ist die triumphierende Nachricht, die uns in Kapitel 6 bis 8 erwartet. Aber die Grundlage dafür haben wir hier in Römer 5. Hier geht es um das Fundament.
Das Seil der Gnade: Jesus als Retter und Befreier
In Vers 15 sagt Paulus: Die Antwort liegt in einem Menschen, der ganz besonders war. Es ist sehr interessant, dass er hier in Vers 15 bewusst den Begriff „Mensch“ verwendet, und zwar den Menschen Jesus Christus.
Wenn wir den Propheten Daniel lesen – den werden wir jetzt nicht aufschlagen – wissen wir, dass „Menschen Sohn“ ein ganz besonderer Begriff für den Retter Gottes ist. Auch Lukas verwendet diesen Begriff immer wieder. Gott wird also in Jesus Christus selbst Mensch.
Das heißt, um es mit Römer 5 zu sagen: Er lässt sich an dieses Seil binden, er lässt sich in die Schlucht hinabreißen, weil alle Sünde auf seine Schulter geladen ist. Aber die andere Nachricht stimmt auch: Er aufersteht und nimmt dem Tod die Macht.
Und jetzt darf ich den Markus mal bitten, das andere Seil anzuknoten, das wir mitgebracht haben, um das einfach mal deutlich zu machen. Das heißt, weil er nicht mehr in dieser Schlucht ist, kann er ein anderes Seil herunterlassen. Ich habe die Möglichkeit, nach diesem anderen Seil zu greifen und aus dieser Schlucht mittels dieses anderen Seils herauszukommen.
Ja, das kannst du so lassen, das ist okay. Das ist möglich, weil Jesus mir seine Gnade schenkt. Dieses Seil ist festgemacht an Adam, der alle heranzieht. Wir müssten dieses Seil sehr lang machen, und ihr müsstet alle daran anfassen, weil ihr alle – alle – hängen wir da dran.
Aber ich muss letztendlich nicht in dieser Schlucht der Trennung von Gott bleiben, nur weil ich an diesem Seil hänge. Ich habe – und das versucht Paulus in Römer 5 deutlich zu machen – die Möglichkeit, nach einem anderen Seil zu greifen, nach einem anderen Menschen, nach einem anderen Bergführer.
Dieses Seil ist an Jesus festgemacht. Es ist nicht in der Schlucht befestigt, sondern außerhalb der Schlucht. Und deswegen komme ich heraus.
Paulus nennt in Römer 5 dieses Seil das Seil der Gnade, im Gegensatz zum Adam-Seil. Er macht deutlich: Adam kann mich nicht retten, weil das Seil an ihm selbst festgemacht ist. Jesus aber steht dort und will mich herausholen.
Ich kann, wenn ich nach diesem Seil greife, nach Vers 19 die Stellung eines Gerechten bekommen. Das ist, was er hier sagt. Entscheidend ist also nicht, wo ich jetzt gerade bin, sondern an welchem Seil ich hänge. Ergreife ich dieses Seil, um aus dieser Schlucht herauszukommen? Gehöre ich zu Jesus oder nicht?
Das war das Thema der letzten Predigt. Wenn ich zu ihm gehöre, dann stehe ich mit den anderen Christen vereint an diesem weißen Seil.
Ich finde es faszinierend, dass Paulus es in Vers 15 so explizit betont: Die Gnade Gottes ist überreich. Ich komme von vielen Übertretungen hier in dieser Schlucht hin zur Gerechtigkeit außerhalb dieser Schlucht.
Durch Jesus habe ich – so sagt er es hier – Überfluss an Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit. Wir merken, Römer 5 ist sozusagen die Scheide zwischen dem großen Thema Gerechtigkeit, Rechtfertigung, das wir bisher hatten, und dem, was jetzt folgt: ganz praktische Heiligung.
Hier laufen schon beide Dinge zusammen: Er betont die Gnade, die Stellung des Gerechten und Jesus, der mich befreit.
Die praktische Umsetzung der Gnade im Alltag
Mein Leben soll Anschauungsunterricht geben, wie es praktisch aussieht, mit Jesus zu leben und ihm zu dienen, von seiner Liebe bestimmt zu sein und diese Liebe weiterzugeben. Dabei geht es nicht um große Heldentaten, sondern oft um die kleinen Dinge des Alltags.
Vielleicht beginnt es damit, dass ich sage: Herr, leite mich durch diesen Tag. Dann grüße ich jemanden bewusst, weil ich ihn wahrnehme. Oder ich schenke jemandem eine Kleinigkeit, um ihm deutlich zu machen: Du, ich habe dich wahrgenommen, ich habe dich lieb.
Das sollte uns immer wieder beschäftigen: Herr, wie kann ich deine Liebe im Alltag weitergeben, damit Menschen erkennen, dass da jemand ist, der an diesem weißen Seil hängt, der zu Jesus gehört? Wir sind frei gemacht davon, in diesem Leben nur unser eigenes Glück zu suchen. Stattdessen sind wir dazu befreit, auch das Beste im Anderen zu suchen und so das Leben des Herrn Jesus in unserem Alltag sichtbar zu machen.
Weil ich an diesem weißen Seil hänge, muss für mich keine Welt zusammenbrechen, wenn manches in meinem Leben, menschlich gesprochen, schiefläuft. Ich weiß, mein Leben steht unter Gottes Führung. Ich gehöre nicht mehr zu der Seilmannschaft, die an Adams Seil festhält, in der Schlucht steckt und nicht mehr herauskommt. Ich gehöre zu Jesus.
Ich brauche mich nur an diesem Seil festzuhalten, und dann werde ich im Himmel ankommen.
Der Blick auf den Himmel als Ziel des Glaubens
Das ist sehr entscheidend. Markus Spiker, ein Hauptstadtjournalist, der Christ ist, hat ein Buch geschrieben, das „Faith“ heißt. Dabei geht es nicht um das Gesicht, sondern um den Glauben – das englische Wort für Glauben wird F-A-I-T-H geschrieben.
Die Frage, die er am Anfang stellt, lautet: Er stellt fest, dass in der Gemeinde Jesu das Wort „Himmel“ fast ein Tabu ist. Man redet über alles Mögliche, aber kaum über den Himmel. Dabei ist das doch eigentlich das Ziel eines Christen – letztlich dort anzukommen.
Er schreibt: Erst wenn ich die letzten Dinge geklärt habe, kann ich mich um die nächstliegenden kümmern. Ich fand das ein sehr guter Satz, denn meine Ausrichtung sollte wirklich der Himmel sein. Es geht bei Jesus um ein Leben ohne Verfallsdatum.
Kannst du dir das vorstellen? Es geht um ein ewiges Leben.
Die Bedeutung des Gesetzes und die Übermacht der Gnade
Paulus versucht in Vers 20, auf den letzten Metern noch einmal die Bedeutung des Gesetzes aufzugreifen. Er sagt, das Gesetz kam hinzu. Das heißt, ich habe die Gebote Gottes nicht von Anfang an erhalten. Dieses Gesetz ist wie ein Messinstrument, eine Art Radarfalle, die mir zeigt, wo Sünde in meinem Leben ist. Dieses Messinstrument schlägt dann aus.
Wenn ich das Gesetz Gottes anschaue, merke ich erst, wie viele unreine, habgierige und egoistische Gedanken mich bestimmen. Doch das ist nur der erste Teil. Der zweite große Teil, den Paulus hier bringt – und der wird in den nächsten Predigten weiter ausgeführt – ist: Ich muss nicht verzweifeln.
Mir gefällt die Übersetzung von Martin Luther in Vers 20 sehr gut: „Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden.“ Paulus hat darüber gesprochen: Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden. Das darf man nie vergessen, wenn das eigene Versagen einen erdrücken will.
Wenn du kurz davorstehst aufzugeben und denkst, „Es hat keinen Zweck mit mir, ich komme von der Sünde nie weg“, dann ist das wichtig zu wissen: Selbst wenn ich nur sehr schwerfällige Messinstrumente benutze, schlagen die noch viel weiter aus, als ich dachte. Es ist gut, dass ich nicht einfach darüber hinweggehe und denke: „Schwamm drüber.“ Das macht Gott auch nicht. Gott nimmt Sünde sehr ernst.
Aber wo die Sünde mächtig geworden ist, wie in deinem Leben, da ist Gottes Gnade viel mächtiger geworden. Ich wünsche uns, dass wir das nicht nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen, sondern dass wir sagen: Das darf ich glauben! Dass die Gnade mächtiger als die Sünde ist. Das darfst du mitnehmen in die kommende Woche.
„Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden.“ Vielleicht erlebst du deinen Egoismus, deine Spielsucht oder deine Lieblosigkeit so massiv, dass du schon alle Hoffnung aufgegeben hast auf ein Leben, in dem – wie Paulus es hier sagt – die Gnade herrscht. Aber dann steck den Kopf nicht in den Sand.
Gottes Ziel für dein Leben ist: Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden. Das haben so viele Christen erlebt. Warum solltest du das nicht erleben?
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns ein Gebiet, ein einziges Gebiet in unserem Leben anschauen. Dass wir konkret benennen: Sünde herrscht in meinem Leben in dem und dem Bereich. Und dass wir das ganz konkret sagen: Das ist Sünde.
Dann nimmst du diesen Vers aus dem Römerbrief und sagst: „Aber eins weiß ich, dass Gottes Gnade herrschen soll, eins weiß ich, dass seine Kraft in meinem Leben herrschen soll.“ Daran halte ich fest und sage: Jesus, ich glaube, dass du in meinem Leben den Sieg hast, auch wenn ich in meinem Alltag noch manches Teilgefecht verliere. Ich weiß, am Schluss wirst du doch den Sieg haben.
Zum Beispiel, wenn ich merke, ich bin so egoistisch, dann mach dir doch mal Gedanken darüber: Wie kann ich dem anderen dienen? Das ist nämlich genau das Gegenteil davon. Das mag gar nicht so einfach sein. Das merkst du, wenn du das umsetzen willst in deinem Leben. Aber du darfst damit rechnen: Die Gnade ist mächtiger geworden.
Herr Jesus, du schenkst mir jetzt die Kraft, ganz konkret Dinge umzusetzen und nicht nur mal zu denken: Man müsste mal, man sollte, es wäre gut, wenn… Mach es doch, setz es um, was Gott dir in den Kopf gibt.
Wenn ich anders leben will, dann muss ich eine Vorstellung davon haben, wie dieses andere Leben aussieht. Dann muss ich auch im Gebet immer wieder dranbleiben und sagen: Herr Jesus, das kannst du in meinem Leben umsetzen. Und ich gehe sehr konkrete Schritte.
Du wirst sehen, dann wird sichtbar in deinem Leben, dass die Gnade herrscht. Gott verändert deinen Charakter. Das ist es, was er vor allem tun will. Es geht nicht zuerst darum, für Gott Bäume auszureißen, sondern darum, dass die Frucht in deinem Leben anders wird. Das will er in deinem Leben bewirken. Das ist Gottes Ziel.
Zusammenfassung und Schlussgebet
Also, um es noch einmal ganz kurz zusammenzufassen: Wir haben heute Morgen gesehen, dass ich in der Schlucht, in die ich hineingestürzt bin, an dem Seil Adams festgemacht war und dem Tod geweiht war.
Aber wir dürfen dieses weiße Seil nicht übersehen: Ich bin zum Leben befreit. Ich bin nicht mehr an diesem Seil festgemacht, wenn ich zu Jesus gekommen bin. Stattdessen durfte ich mich an seinem Seil festmachen.
Das ist das Beste, was mir passieren konnte: dass ich meine Hand danach ausstrecken konnte und weiß, dass er mich hochzieht. Dieses Leben darf ich in dem tiefen Wissen führen, dass dort, wo die Sünde mächtig geworden ist, die Gnade viel mächtiger geworden ist.
Nimm das mit und setze es ganz konkret in deinem Leben um. Amen.
Ich bete noch zum Schluss: Herr Jesus, hier geht es um ein sehr komplexes Thema, das Paulus anspricht. Ich möchte dir aber danken, Herr, dass über all dem hell leuchtet, dass deine Gnade viel, viel mächtiger ist als die ganze Sündenproblematik, die er hier in der Tiefe zu zeigen versucht.
Und Herr Jesus, danke, dass du uns hilfst, auch zu erkennen, dass wir mittendrin stecken in dieser Sündenproblematik – dort, wo wir dich nicht kennen. Aber Jesus, dort, wo wir dich kennengelernt haben, dürfen wir damit rechnen, dass deine Gnade immer stärker als die Sünde ist.
Danke, dass du uns hilfst, das im Alltag anzuwenden. Amen.
