Einführung: Das erste Abendmahl der Konfirmanden
Unser Predigttext steht in 1. Korinther 11,23-26. Unsere Konfirmanden werden heute zum ersten Mal am Abendmahl teilnehmen. Deshalb haben wir diesen Predigttext gewählt.
Der Apostel Paulus schreibt: „Ich habe es vom Herrn empfangen und euch weitergegeben. Der Herr Jesus nahm in der Nacht, in der er verraten wurde, das Brot, dankte, brach es und sprach: Nehmt, esst, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis.“
Genauso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: „Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut. Solches tut, so oft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.“
Denn so oft ihr von diesem Brot esst und aus diesem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.
Herr, öffne uns das Geheimnis deines Abendmahls. Amen.
Begegnung auf dem Friedhof: Missverständnisse über das Pfarramt und das Evangelium
Vor ein paar Tagen hat sich auf einem Stuttgarter Friedhof eine nette Begebenheit ereignet. Ich ging mit den Trägern vom Grab zurück zur Halle. Dabei versuchte ich, leutselig wie ich bin, ein Gespräch zu führen. Ich fragte die Träger: „Habt ihr jetzt Feierabend?“
Daraufhin schaute mich einer von ihnen an und sagte: „Wir sind doch schließlich keine Pfarrer. Wir haben doch nicht schon um halb zwei Uhr am Mittag Feierabend!“
Vorne bei den vieren war ein älterer, lieber Mann. Er dachte wohl, Pfarrer verstehen sicher keinen Spaß und wollte mich trösten. Er sagte: „Ach, ihr Pfarrer habt es furchtbar schwer heute. Ich wollte mit euch nicht tauschen.“
Darauf antwortete ich: „Haben Sie eine Ahnung?“ Ein Leichenträger sagt, er will nicht mit einem Boten des Evangeliums tauschen. Ich glaube, da liegen viele falsche Vorstellungen vor. Und daran sind sicher wir Pfarrer alle schuld.
Es ist ja nicht nur uns aufgetragen, sondern auch Ihnen, und dass wir gar nicht mehr wissen, welch ein großes und schönes Amt das ist. Ein Amt, das mit nichts auf der Welt einzutauschen ist: das Evangelium Jesu in der Welt weiterzusagen.
Die Verschlossenheit des Evangeliums in der heutigen Welt
Aber wenn ich das sage, weiß ich nicht, wie es Ihnen jetzt geht. Manche denken vielleicht: Was ist eigentlich das Evangelium Gottes? Was bedeutet mir das?
Eine Stunde länger ausschlafen, das verstehe ich. Ein anderer sagt: Lieber gemütlich durch die Straßen bummeln, als dass ich das Evangelium Gottes höre. Wieder jemand anderes meint: Ich studiere lieber Sonntagmorgens Büroakten, da habe ich mehr davon als vom Evangelium Gottes.
Den meisten Menschen geht es wie diesem Leichenträger – das Evangelium Gottes ist für sie verschlossen. Deshalb hat Jesus dieses Evangelium beim Abendmahl erklärt.
Darüber möchte ich heute predigen: Wie Jesus das Evangelium dolmetscht.
Die erste Deutung: Die Schrecken der Welt verlieren ihre Aktualität
Das Erste, was Jesus damit sagt: Die Schrecken der Welt verlieren ihre Aktualität.
Wenn ich sage, Jesus dolmetscht das Evangelium durch das Abendmahl, dann ist das ein kühner Satz. Wie ist es wirklich, wenn wir später sagen, wir feiern das Abendmahl? Dann wird selbst unter uns Kirchenchristen der größte Teil aufstehen und hinausgehen, weil ihnen verschlossen ist, dass das eine ganz große Gabe ist. Wir sind blind dafür – nicht nur der Leichenträger auf dem Stuttgarter Friedhof. Wir sind blind.
Dann sagt einer: Ja, es gibt so viele theologische Streitigkeiten darüber, da gibt es Reformierte und Lutheraner, da gibt es die Transubstantiationslehre – das kann man ja kaum aussprechen –, die der Katholiken, und alles über das Abendmahl. Das ist ja höchst kompliziert. Ich verstehe das nicht.
Das ist das raffinierteste Mittel des Teufels gewesen, dass er dort, wo Jesus uns sein Evangelium verdeutlichen wollte, Nebel hingelegt hat – Missverständnis, Ratlosigkeit. Paulus hat der Korinthergemeinde, die am Abendmahl auch Streitigkeiten hatte, eine kurze Klärung über das Abendmahl gegeben. Und da bewundere ich das Neue Testament immer wieder. Uns Theologen zum Gegensatz ist das Neue Testament nichts Abstraktes, nichts Theoretisches, sondern immer eine Erzählung vom Leben.
Paulus erzählt, wie Jesus das Abendmahl gestiftet hat. Lasst mal alle theologischen Lehren jetzt beiseite und hört, wie Paulus das Abendmahl erklärt. Er erzählt, wie Jesus das Abendmahl eingesetzt hat. Der Herr Jesus tat dies in der Nacht, da er verraten war. Das gehört zum Abendmahl dazu, das war eine dunkle Nachtstunde.
So etwas hat sich damals zugetragen: Einer der wenigen Getreuen von Jesus lieferte ihn in dieser Nacht ans Messer. Wenn uns das passiert – wir kennen das – einem, auf den wir vertraut haben, einem, dem wir unser Herz aufgeschlossen haben, einem, der alles weiß, liefert uns ans Messer ausgerechnet der. Das sind Nachtstunden der Verzweiflung, das sind Augenblicke, wo man die Welt nicht mehr begreift, wo man aufschreien will.
In solch einer Nacht der tiefsten menschlichen Enttäuschung, in einer Nacht dieser unheimlichen Dunkelheit, wo keiner mehr durchschauen kann, da handelt Jesus. Und mir ist das so groß: Wie Jesus der König dieser Welt ist, wo die stärksten Männer die Nerven verlieren, wo die ruhigsten Leute zu zittern beginnen, da fängt Jesus nicht zu zittern an, sondern da sammelt er seine Jünger um sich.
Herrlicher kann man es nicht mehr zum Ausdruck bringen: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Solch einen Herrn haben wir. Ob Kriege losbrechen, ob der Arzt mir morgen eröffnet, dass er mir nicht mehr helfen kann, weil die Krankheit zum Tode ist, ob mir ein Polizist die Nachricht bringt, dass ein Kind unter die Straßenbahn kam – was auch geschehen mag –, da Jesus in der Nacht auferhalten war, hat er Mittel und Wege, seine Jünger zu stärken und zu erquicken.
Das ist Abendmahl: Die Schrecken der Welt verlieren ihre Aktualität. Und Jesus macht das nicht so, wie wir es gerne tun, indem wir es herunterspielen und sagen: Na ja, es ist nicht so schlimm und so. Im Gegenteil! Jesus verharmlost nicht, Jesus macht keine billigen Sprüche – das machen die Tröster der Welt –, sondern Jesus deutet uns die Schrecken der Welt, und damit hilft er uns.
Er sagt: Das Furchtbare, was passiert – die Todesnachricht, die an unsere Glastür überbracht wird, die Enttäuschungen mit Menschen, die zerbrochene Ehe, die Kinder, die nicht mehr ins Elternhaus zurückkehren, und was alles an Furchtbarem in dieser Welt geschieht – das sind nicht nur Einzelereignisse. Hinter all dem steht, wie es in der Passionsgeschichte heißt, die Macht der Finsternis.
Dass Judas Jesus verrät, ist nicht nur ein Einzelgeschehen. Jesus hat in dieser Nacht verzweifelt versucht, seinen Jüngern diese Sache zu erklären und hat gesagt: Passt doch auf, in dieser Nacht geht es nicht bloß um Einzelereignisse, wie sie in der Bildzeitung stehen, wo man erschrocken aufschreit, was alles passiert. Sondern heute Nacht seid ihr dran, nicht nur mit einzelnen Schlägen, sondern heute Nacht sollt ihr gesichtet werden wie der Weizen.
Die ganze Macht der Finsternis legt heute in dieser Dunkelheit alles darauf an, euch die Geborgenheit des Glaubens wegzunehmen. Wenn es nur darum ginge, dass ein Mensch von uns gerissen würde, wenn es nur darum ginge, dass etwas Schweres passiert – nein, wir sollen aus der Glaubensgeborgenheit herausgerissen werden. Das hat Jesus so deutlich gesehen, und deshalb hat er in dieser Nacht so viel gebetet.
Deshalb hat er in dieser Nacht seine Jünger um sich gesammelt und ihnen dieses Mahl geschenkt, um ihnen das ganz festzumachen: Ich bin jetzt bei euch, ich stärke euch, ich helfe euch – ich und ihr in dieser Nacht der Dunkelheit! Das können sie nur durchs Abendmahl lernen, wo alles andere wegfällt, wo bloß noch das bleibt: Jesus und ich.
Und er bindet sich ganz fest an mich: Niemand kann dich aus meiner Hand reißen. Toben, wälzen und springen – ich stehe hier und singe in gar sicherer Ruh, Gottesmacht hält mich in Acht.
Das Abendmahl geht zurück aufs Passa, das Fest der alten Juden. Damals in jener Nacht in Ägypten hatten sie sich in ihren Häusern versammelt, und draußen ging der Würgengel durch die Straßen. In den Häusern der Ägypter war ein Wehklagen, denn überall war der Tod eingekehrt.
Und dann wachten die Israeliten in ihren Häusern auf. Das ist ein Bild der wirklichen glaubenden Menschen, die wachen in dieser Welt. Die anderen wachen auch, aber sie schreien nur hysterisch. Die Glaubenden wachen wirklich.
Die Jünger haben in der Passionsnacht nicht gewacht, sie sind vor Traurigkeit eingeschlafen, es ging ihnen über die Kraft. Aber glaubende Menschen, die wachen, kennen die Schrecken dieser Welt und wissen, dass all das, was geschieht – die Kriege, das Elend, die Inflation unserer Tage, die Armut, die Ungerechtigkeit, das Leiden der Gerechten und was alles an Schwerem geschieht –, die Zerstörung harmonischer Verhältnisse, das Zerbrechen der Familien und so viel Not, die auf uns lastet, dahinter steht diese Macht der Finsternis.
Lasst uns wachen und nüchtern sein, und Jesus will seine Jünger stärken: Die Schrecken der Welt verlieren ihre Aktualität.
Das war der erste Punkt. Der zweite: Wie Jesus das Evangelium durch das Abendmahl dolmetscht.
Es gibt keine Hoffnungslosigkeit mehr.
Es gibt Hoffnungslosigkeit. Es gibt sogar nach dem Abendmahl hoffnungslos verzweifelte Leute. Es gibt sogar unter den Jüngern Jesu hoffnungslos verzweifelte Leute. Einer stand schon am nächsten Morgen an der Ecke und weinte bitterlich.
Wenn Männer weinen, dann sind das Dinge, die auf den Grund gehen. Und dieser Petrus, der am nächsten Morgen weint, hoffnungslos verzweifelt, das ist die schlimmste Trauer, die ein Mensch erleben kann. Schlimmer als die Trauer über einen Ehegatten, schlimmer als die Tränen, die man über Kinder weint, sind die Tränen über sich selbst.
Wissen Sie, das kennen Sie: diese furchtbare Verzweiflung, gewogen, gewogen zu leicht befunden. Heute Nacht war es Sichtungszeit, und ich habe versagt. Ich wollte mit meiner ganzen Kraft dienen. Ich wollte für Jesus da sein. Ich wollte fromm sein. Und an einer läppischen Kleinigkeit ist alles zerfallen, ist alles zerbrochen.
Und mein ganzes Glaubensleben ist nur eine große Lüge, meine ganze Frömmigkeit ist nur ein ganz elender Betrug.
Liebe Freunde, wollen wir uns doch hier im Gottesdienst nichts vormachen. Wir kennen das doch. Und das ist eine Erfahrung, die jeder von uns ganz oft macht: Gott zieht sich von uns zurück. Und plötzlich bedeutet uns das Bibellesen nichts mehr, das Beten bedeutet uns nichts mehr, und das in die Kirche gehen bedeutet uns nichts mehr.
Und das macht Jesus absichtlich, weil er uns da kurieren will, wie er den Petrus kurieren will.
Warum hat er denn in dieser Nacht diesen Mann scheitern lassen? Warum hat er nicht früher eingegriffen und ihn bewahrt vor diesem Fall?
Es schleicht sich bei uns immer wieder so viel Falsches ein, dass wir meinen, wie dieser Petrus, ich kann Jesus hochtragen. Oder wir meinen: Also, liebe Brüder und Schwestern, ich meine oft genug, man muss eben Bibel lesen, damit man bei Jesus bleibt.
Und dann macht Jesus deutlich: Selbst ein tägliches Bibellesen bewahrt dich nicht davor, Jesus zu verlieren. Nicht einmal Beten, nicht einmal Verstehen, nicht einmal das Kirchgehen – das ist noch zu wenig.
Ich kann es nicht machen, sondern es gibt nur eines: dieses In-die-Hände-Jesu-Fallen. Und das verdeutlicht nun Jesus ganz praktisch mit dem Essen und Trinken beim Abendmahl.
Jetzt muss ich hier erklären, warum Jesus das Abendmahl einsetzt, warum das dolmetscht, warum das für diesen Petrus eine Hilfe ist, für hoffnungslos verzweifelte Leute.
Jesus sagt: Nimm so ein Stück Brot und iss es. Und dann nehme ich Brot in den Mund, normales Brot, wie es der Bäcker backt. Hör zu: Zuhause isst du zum Frühstück Brot und nimmst es in den Mund. Dieses Brot stärkt mich, wenn ich hungrig bin. Danach bin ich wieder frisch, ich bin mutig, ich kann wieder losmarschieren, mein Gemüt wird wieder fröhlich – so wirkt dieses Brot.
Wenn ich mir das nur in Gedanken vorstelle, dann stärkt mich das Brot nicht.
Und Jesus nimmt dieses Gleichnis des ganz normalen Essens und sagt: Darum geht es im Glauben. Es geht nicht darum, dass ihr fromme Übungen macht, es geht nicht darum, dass ihr fromme Gedanken habt, es geht nicht darum, dass ihr Theorien übers Brot habt, sondern es geht darum, dass ihr mich aufnehmt, wie ein hungriger Mensch Brot isst.
Und wenn wir nachher beim Abendmahl Brot essen, normales Brot, wie es der Bäcker backt, dann ist das ein ganz wunderbares Zeichen, wie Jesus das ganz für Kinder erklären kann – so wie hungrige Menschen Brot essen.
So müsst ihr für die ganze Hilflosigkeit eures Lebens Jesus nehmen, essen, aufnehmen. Wie der Petrus sagt: Ich kann nicht mehr, mein ganzes Leben ist kaputt. Nimm doch Jesus! Du hast keine Liebe, du hast keine Geduld – nimm doch Jesus! Lass ihn da wirken in deinem Leben, lass ihn wohnen!
Du hast keine Kraft, du hast keinen Mut mehr – ach, was erzählt er mir oft klagend! Ich weiß es: Ich kann nur eins sagen: Nimm Jesus, wie du Brot isst! Nimm so Jesus im Glauben! Nimm ihn!
Er will mit dir heimgehen, er will in deinem Leben Wohnung machen.
Deshalb hat es Jesus so betont: So ist mein Leib für euch gebrochen, dafür lebe ich und sterbe ich, dass ihr mich nehmt, dass ihr im täglichen Leben mit mir diese Erfahrungen macht, dass ich euer Leben erfüllen kann. Meine Kraft ist in schwachen Menschen mächtig.
Es geht nicht darum, dass man das Christentum im Kopf hat. Sondern es geht beim Abendmahl darum, das will Jesus sagen, dass man Jesus aufnimmt, hereinnimmt, wie man Speise nimmt.
Das reicht nicht ein für allemal, ich muss dauernd nehmen.
Ich wundere mich über Sie, dass Sie beim Abendmahl rausgehen können. Lassen Sie sich nicht irren! Die ganze Gruppe wird nachher rausgehen, die feiern das Abendmahl für sich, die feiern öfter als wir alle Abendmahl, auf einem offenen Abend. Aber um Sie geht es, ob Sie Abendmahl feiern, ob Sie Jesus aufnehmen.
„Für euch gebrochen“ – ein Zeichen, dass ihr Jesus aufnehmen sollt.
Und noch ein Letztes: Wir hatten zwei wichtige Aussagen – die Schrecken der Welt verlieren ihre Aktualität. Das andere war: Es gibt keine Hoffnungslosigkeit mehr.
Und noch der letzte Punkt: Die Verfügung Jesu kann niemand umstoßen.
Da wird Jesus bei diesem Abendmahlfeiern plötzlich juristisch, ganz formell, und gebraucht ein Wort der Rechtssprache, im Griechischen „Diathēkē“. Das ist eine Verfügung. Luther übersetzt es mit „Testament“. Das weiß jeder: Wenn einer sein Haus jemandem vermacht, dann schreibt er ein Testament, und das ist eine Rechtsordnung, die gültig ist.
Wenn doch der, der das Testament geschrieben hat, tot ist, dann kann niemand auf der Welt dieses Testament mehr umstoßen.
Mit dem Tod ist ein Testament wirksam geworden.
Und Jesus sagt, er will ja das Evangelium uns dolmetschen. Es geht nicht nur ums Essen von Brot. Er will es ja dolmetschen, vergleichen und sagt: Mit meinem Leiden und Sterben, mit dieser Botschaft vom Kreuz, das ist so eine Diathēkē, so ein Testament.
Und mit meinem Tod kann das niemand mehr umstoßen.
Und wenn ihr nun diesen Kelch da durch die Reihen gebt, sollt ihr den Herntod verkündigen. Dann sollt ihr dieses Testament von mir kennen und einander daran erinnern.
Deswegen feiern wir das Abendmahl ja so, dass wir das nicht nur in einer kultischen Handlung hier vor dem Altar tun, sondern dass wir einander einen Wortzuspruch sagen, dass wir einander an den Herntod erinnern, an diese Verfügung, an dieses Testament.
Was ist denn das Testament? In einem Wort gesprochen: Dir sind deine Sünden vergeben.
Jetzt denke ich noch einmal an diesen Leichenträger vom Stuttgarter Friedhof, der sagt: Ja, sagen Sie mal, ich will mit Ihnen nicht tauschen, was haben Sie denn anzubieten?
Ich darf das Menschen zusprechen, ich darf das Ihnen heute zusprechen, und nachher, wenn wir das Mahl feiern, diese Verfügung, dieses Testament Gottes: Dein ganzes Leben, dein ganzes Versagen, deine ganze Schuld vor Menschen und vor Gott will Jesus auslöschen in einer letztgültigen Verfügung.
Und dann zieht er einen Strich, und dann kann keiner sie mehr vorholen.
Da können Menschen noch davon reden, und manchmal kommt es mir noch immer wieder: die alte Erinnerung, die belastende Vergangenheit, all die Dinge, die mich lähmen. Ich weiß doch, wer ich bin.
Und dann gilt diese letzte Verfügung Jesu, dieses Testament, und niemand kann sie ausstoßen, kann sie umstoßen, wegnehmen.
Jesus hat seine Jünger an den Tisch gesetzt in einer stockdunklen Nacht: Nehmt und esst, stärkt euch, wisst, es gilt um ein – es geht um eine letztgültige Verfügung, um ein Testament, vergeben und vergessen.
Und dann nehmt mich! Welch eine Botschaft ist das, welch ein Leben, wer da im Glauben zupackt, wer da nachher mitfeiert und wer dann wieder hineingeht in die neue Woche und wer das anderen Menschen mitteilen darf, dass wir einen Herrn haben, der sich so zu uns bekennt, der so praktisch im täglichen Leben mit uns geht und das erfahren lässt:
Ach, mein Herr Jesu, wenn ich dich nicht hätte! Amen!
Herr Jesus, wir danken dir, dass du dieses Mahl gestiftet hast und uns immer wieder daran erinnerst, dass wir auch als fromme Leute dauernd scheitern müssen, dass das Christentum ohne dich nichts trägt, dass alle Frömmigkeit ohne dich so leer ist.
Ja, Herr, du hast uns auch in den vergangenen Tagen das oft erfahren lassen, wie wir keine Ruhe und keinen Frieden haben, wie wir keine Geborgenheit und keine Zuversicht haben, keinen Mut und keine Stärke.
Wir danken dir, dass du uns das aufdeckst, dass es Schuld ist, wenn wir an dir vorübergehen, wenn wir nicht das eine suchen, das Not ist: dass wir dich nehmen, dich aufnehmen in unsere Gedanken, in unsere Tage, in unsere Planungen, in unsere Arbeiten, in unser Familienleben, in unsere Berufe, in allem, was wir sind.
Herr, wir danken dir, dass du uns nicht verstoßst, sondern dass du jetzt kommen willst und mit uns Abendmahl halten willst.
Herr, wir bitten dich, lass das alle, auch ganz besonders unsere Konfirmanden heute, ganz neu verstehen, dass du einen persönlichen Bund meinst, eine letztgültige Verfügung des Beistands und der Gegenwart, der von niemand und von nichts mehr aufgelöst werden kann.
Herr, wir danken dir für diese Gemeinschaft auch jetzt unter deinem Wort, dass wir das in Freiheit tun können.
Gib doch, dass wir vielen Menschen dieses befreiende Evangelium von dir noch weiter sagen können, dass es viele hören, auch in unserer Gemeinde, dass sie so viele Menschen siehst und du sie besser kennst als wir, die deinen Namen wohl kennen, aber die Freude nicht kennen, die du gibst.
Lass uns doch solcher Boden sein, die dein Evangelium erklären können, und gib deiner Tristesse in dieser Welt noch einmal eine Zeit, dass sie das Wort verständlich sagen kann, dass viele zu einem echten Glauben kommen.
Wir bitten dich für unser Volk und für unsere Stadt, für deine Christenheit.
Du kennst die Welt in ihrer ganzen Zerrissenheit und in ihrem Unfrieden. Gib du den Staatsmännern und den Völkern Einsicht der Versöhnung.
Wir bitten dich für die Kranken in unserer Gemeinde, die nicht unter uns sein können. Sei du jetzt bei ihnen und stärke sie in den Anfechtungen, die sie haben.
Und wir danken dir, dass wir mit dir in die neue Woche hineingehen können, weil du der Herr bist, der auch in der dunkelsten Nacht da ist, weil uns niemand aus deiner Hand reißen kann.
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Die zweite Deutung: Hoffnungslosigkeit wird überwunden
Das war der erste Punkt, und der zweite: Wie Jesus das Evangelium durch das Abendmahl deutet.
Es gibt keine Hoffnungslosigkeit mehr. Dennoch gibt es Hoffnungslosigkeit. Selbst nach dem Abendmahl gibt es Menschen, die hoffnungslos verzweifelt sind. Sogar unter den Jüngern Jesu finden sich solche Menschen. Einer von ihnen stand schon am nächsten Morgen an der Ecke und weinte bitterlich.
Wenn Männer weinen, dann sind das Tränen, die tief gehen. Petrus war dieser Mann, der am nächsten Morgen weinte – hoffnungslos verzweifelt. Das ist die schlimmste Trauer, die ein Mensch erleben kann. Schlimmer als die Trauer um einen Ehepartner, schlimmer als die Tränen um Kinder, sind die Tränen, die man über sich selbst vergießt.
Diese furchtbare Verzweiflung kennen Sie sicher: „Gewogen, gewogen und zu leicht befunden.“ Heute Nacht war die Zeit der Prüfung, und ich habe versagt. Ich wollte mit meiner ganzen Kraft dienen. Ich wollte für Jesus da sein, ich wollte fromm sein. Doch an einer kleinen Kleinigkeit ist alles zerbrochen, ist alles zusammengebrochen. Mein ganzes Glaubensleben erscheint mir wie eine große Lüge, meine ganze Frömmigkeit wie ein elender Betrug.
Liebe Freunde, lassen wir uns hier im Gottesdienst nichts vormachen – wir kennen das doch. Diese Erfahrung macht jeder von uns oft: Gott zieht sich von uns zurück. Plötzlich bedeutet uns das Bibellesen nichts mehr, das Beten nichts mehr, und auch der Gang in die Kirche verliert an Bedeutung.
Und das tut Jesus absichtlich, weil er uns heilen will, so wie er Petrus heilen wollte. Warum hat er in jener Nacht diesen Mann scheitern lassen? Warum hat er nicht früher eingegriffen und ihn vor diesem Fall bewahrt?
Es schleicht sich immer wieder so viel Falsches bei uns ein, dass wir, wie Petrus, meinen, wir könnten Jesus hochtragen. Oder wir denken: „Liebe Brüder und Schwestern, ich meine oft genug, man muss eben Bibel lesen, damit man bei Jesus bleibt.“ Doch Jesus macht deutlich: Selbst tägliches Bibellesen bewahrt dich nicht davor, Jesus zu verlieren. Nicht einmal Beten, nicht einmal Verstehen, nicht einmal der Gang in die Kirche reicht aus.
Ich kann es nicht aus eigener Kraft schaffen. Es gibt nur eines: in die Hände Jesu fallen. Das verdeutlicht Jesus nun ganz praktisch mit dem Essen und Trinken beim Abendmahl.
Das Abendmahl als Zeichen der Aufnahme Jesu im Glauben
Jetzt muss ich erklären, warum Jesus das Abendmahl einsetzt, was es bedeutet und warum es gerade für Menschen wie Petrus eine Hilfe ist – für hoffnungslos verzweifelte Leute.
Jesus sagt: „Nimm ein Stück Brot und iss es.“ Dabei meint er ganz normales Brot, wie es der Bäcker backt. Wenn du zu Hause frühstückst und Brot isst, nimmst du es in den Mund. Dieses Brot stärkt dich, wenn du hungrig bist. Danach bist du wieder frisch, mutig und kannst weitergehen. Dein Gemüt wird wieder fröhlich, so wirkt dieses Brot.
Wenn du dir das Brot nur in Gedanken vorstellst, stärkt es dich nicht. Jesus nimmt dieses Gleichnis vom ganz normalen Essen und sagt: Darum geht es im Glauben. Es geht nicht darum, fromme Übungen zu machen, fromme Gedanken zu haben oder Theorien über das Brot zu entwickeln. Es geht darum, dass ihr mich aufnehmt, wie ein hungriger Mensch Brot isst.
Wenn wir also beim Abendmahl Brot essen – ganz normales Brot, wie es der Bäcker backt – dann ist das ein wunderbares Zeichen. So kann Jesus es auch für Kinder erklären: So wie hungrige Menschen Brot essen, so müsst ihr Jesus aufnehmen.
Für die ganze Hilflosigkeit eures Lebens müsst ihr Jesus nehmen, essen, aufnehmen. So sagt es auch Petrus: „Ich kann nicht mehr, mein ganzes Leben ist kaputt. Nimm doch Jesus.“ Wenn du keine Liebe hast, keine Geduld, nimm Jesus. Lass ihn in deinem Leben wirken, lass ihn wohnen. Wenn du keine Kraft und keinen Mut mehr hast – auch dann: Nimm Jesus.
Oft höre ich Klagen, ich weiß das. Ich kann nur eins sagen: Nimm Jesus, so wie du Brot isst. Nimm ihn im Glauben. Er will mit dir heimgehen, er will in deinem Leben Wohnung machen.
Deshalb hat Jesus das Abendmahl so betont: „So ist mein Leib für euch gebrochen.“ Dafür lebe ich und sterbe ich – damit ihr mich aufnehmt und im täglichen Leben diese Erfahrungen mit mir macht. So kann ich euer Leben erfüllen. Meine Kraft ist in schwachen Menschen mächtig.
Es geht nicht darum, das Christentum nur im Kopf zu haben. Beim Abendmahl will Jesus sagen: Nehmt mich auf, wie man Speise aufnimmt. Das reicht nicht einmalig, ich muss euch immer wieder nehmen.
Ich wundere mich manchmal, dass Menschen nach dem Abendmahl einfach rausgehen können. Lassen Sie sich nicht täuschen! Die ganze Gruppe wird nachher rausgehen. Sie feiern das Abendmahl oft, öfter als wir alle zusammen. Aber entscheidend ist, ob Sie Jesus wirklich aufnehmen.
„Für euch gebrochen“ ist ein Zeichen, dass ihr Jesus aufnehmen sollt.
Die dritte Deutung: Die Verfügung Jesu ist unwiderruflich
Und noch ein letztes Mal: Wir hatten zwei wichtige Aussagen. Die Schrecken der Welt verlieren ihre Aktualität. Die andere war: Es gibt keine Hoffnungslosigkeit mehr.
Und noch der letzte Punkt: Die Verfügung Jesu kann niemand umstossen. Bei diesem Abendmahl wird Jesus plötzlich juristisch, ganz formell, und benutzt ein Wort aus der Rechtssprache. Im Griechischen heißt es Diathéke. Das ist eine Verfügung. Luther übersetzt es mit Testament. Jeder weiß, was das ist: Wenn jemand sein Haus jemandem vermacht, schreibt er ein Testament. Das ist eine Rechtsordnung, die gültig ist.
Wenn derjenige, der das Testament geschrieben hat, tot ist, kann niemand auf der Welt dieses Testament mehr umstossen. Mit dem Tod wird ein Testament wirksam. Jesus sagt, er will uns das Evangelium dolmetschen. Es geht nicht nur ums Essen von Brot. Er will es vergleichen und sagt: Mit meinem Leiden und Sterben, mit dieser Botschaft vom Kreuz, ist das solch eine Diathéke, so ein Testament.
Mit meinem Tod kann das niemand mehr umstossen. Und wenn ihr nun diesen Kelch durch die Reihen gebt, sollt ihr den Herntod verkündigen. Dann sollt ihr dieses Testament von mir kennen und einander daran erinnern.
Deswegen feiern wir das Abendmahl so, dass wir es nicht nur in einer kultischen Handlung hier vor dem Altar tun, sondern dass wir uns gegenseitig einen Worteszuspruch geben. Wir erinnern uns an den Herntod, an diese Verfügung, an dieses Testament.
Was ist dieses Testament? In einem Wort gesprochen: Dir sind deine Sünden vergeben.
Jetzt denke ich noch einmal an diesen Leichenträger vom Stuttgarter Friedhof, der sagt: „Ja, sagen Sie mal, ich will mit Ihnen nicht tauschen. Was haben Sie denn anzubieten?“ Ich darf das Menschen zusprechen. Ich darf das Ihnen heute zusprechen.
Und nachher, wenn wir das Mahl feiern, diese Verfügung, dieses Testament Gottes: Dein ganzes Leben, dein ganzes Versagen, deine ganze Schuld vor Menschen und vor Gott – die will Jesus auslöschen in einer letztgültigen Verfügung. Dann zieht er einen Strich, und niemand kann sie mehr vorholen.
Menschen können noch davon reden. Und manchmal kommt es mir noch immer wieder: die alte Erinnerung, die belastende Vergangenheit, all die Dinge, die mich lähmen. Ich weiß doch, wer ich bin.
Und dann gilt diese letzte Verfügung Jesu, dieses Testament. Niemand kann sie ausstossen, umstossen oder wegnehmen.
Schluss: Die bleibende Gemeinschaft mit Jesus im Abendmahl
Jesus hat seine Jünger an den Tisch gesetzt, in einer stockdunklen Nacht. Er sagte: „Nehmt und esst, stärkt euch!“ Wisst, es geht um mehr als nur eine Mahlzeit. Es geht um eine letztgültige Verfügung, um ein Testament – vergeben und vergessen. Und dann sagt er: „Nehmt mich!“ Welch eine Botschaft ist das, welch ein Leben! Wer da im Glauben zupackt, wer da nachher mitfeiert und dann wieder hineingeht in die neue Woche, der darf diese Botschaft anderen Menschen mitteilen.
Wir wissen, dass wir einen Herrn haben, der sich so zu uns bekennt, der so praktisch im täglichen Leben mit uns geht und das erfahren lässt. Ach, mein Herr Jesu, wenn ich dich nicht hätte! Amen!
Herr Jesus, wir danken dir, dass du dieses Mahl gestiftet hast und uns immer wieder daran erinnerst, dass wir auch als fromme Leute dauernd scheitern müssen. Dass das Christentum ohne dich nichts trägt, dass alle Frömmigkeit ohne dich so leer ist.
Ja, Herr, du hast uns auch in den vergangenen Tagen oft erfahren lassen, wie wir keine Ruhe und keinen Frieden haben, wie wir keine Geborgenheit und keine Zuversicht besitzen, keinen Mut und keine Stärke. Wir danken dir, dass du uns das aufdeckst und uns zeigst, dass das Schuld ist, wenn wir an dir vorübergehen.
Wenn wir nicht das eine suchen, das Not ist: dass wir dich nehmen, dich aufnehmen in unsere Gedanken, in unsere Tage, in unsere Planungen, in unsere Arbeiten, in unser Familienleben, in unsere Berufe, in allem, was wir sind.
Herr, wir danken dir, dass du uns nicht verstößt, sondern dass du jetzt kommen willst und mit uns Abendmahl halten willst. Herr, wir bitten dich, lass das alle, auch ganz besonders unsere Konfirmanten heute, ganz neu verstehen, dass du einen persönlichen Bund meinst – eine letztgültige Verfügung des Beistands und der Gegenwart, die von niemand und von nichts mehr aufgelöst werden kann.
Herr, wir danken dir für diese Gemeinschaft auch jetzt unter deinem Wort, dass wir das in Freiheit tun können. Gib doch, dass wir vielen Menschen dieses befreiende Evangelium von dir noch weiter sagen können, dass es viele hören, auch in unserer Gemeinde. Du siehst so viele Menschen, du kennst sie besser als wir.
Viele kennen deinen Namen wohl, aber sie kennen nicht die Freude, die du gibst. Lass uns doch solche sein, die dein Evangelium erklären können. Gib deiner Kirche in dieser Welt noch einmal eine Zeit, in der sie das Wort verständlich sagen kann, sodass viele zu einem echten Glauben kommen.
Wir bitten dich für unser Volk und für unsere Stadt, für deine Christenheit. Du kennst die Welt in ihrer ganzen Zerrissenheit und in ihrem Unfrieden. Gib du den Staatsmännern und den Völkern Einsicht für Versöhnung.
Wir bitten dich für die Kranken in unserer Gemeinde, die nicht unter uns sein können. Sei du jetzt bei ihnen und stärke sie in den Anfechtungen, die sie haben.
Und wir danken dir, dass wir mit dir in die neue Woche hineingehen können, weil du der Herr bist, der auch in der dunkelsten Nacht da ist. Weil uns niemand aus deiner Hand reißen kann.
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
