Gewissheit im Glauben – mit diesem Thema haben wir einen sehr wichtigen Punkt angesprochen. Ich freue mich darüber und bin selbst überrascht, dass es für viele von Ihnen offenbar eine Hilfe ist, biblische Stichworte aufzugreifen und von einem Begriff aus verschiedene biblische Aussagen zu beleuchten. Natürlich springt man dabei immer wieder hin und her, aber das macht es auch interessanter und lebendiger.
Mit dem heutigen Wort sind wir an einem zentralen Begriff der Bibel angekommen: Gewissheit. Es geht darum, dass man gewiss werden kann, dass etwas gewiss ist. In unserer Zeit herrscht eine ganz besondere Unsicherheit. Ich denke, die meisten Pfarrer, die heute auf der Kanzel stehen, erheben gar nicht mehr den Anspruch, etwas Gewisses zu sagen. Sie würden eher sagen: „Ich bin selbst sehr unsicher.“ Das merkt man, wenn man mit ihnen spricht.
Viele Predigten wirken eher wie ein Verunsichern oder ein Aufwerfen von Fragen. Das steht in einem merkwürdigen Gegensatz dazu, dass am Ende dennoch „Amen“ gesagt wird. Was bedeutet das eigentlich? „Amen“ heißt ja „das ist gewisslich wahr“. Es passt also wie die Faust aufs Auge.
Heute hat man oft den Eindruck, dass viele Theologen nur noch dann wirklich gewiss sind, wenn sie politische Aussagen treffen. In solchen Fällen sind sie so fest und überzeugt, dass jede andere Meinung völlig ausgeschlossen und nicht mehr akzeptiert wird.
Vor vielen Jahren, als ich noch Jugendfreizeiten an der Nordsee leitete – das ist sicher dreißig Jahre her –, erinnere ich mich an eine Morgenandacht, in der einer unserer jungen Mitarbeiter sagte: „Nur wenn ich richtig zweifle, glaube ich.“ Ich dachte damals: Wie komme ich denn damit klar? Aber dieser Satz ist inzwischen weit verbreitet: „Nur wenn ich richtig zweifle, glaube ich.“
Wir haben lange darüber diskutiert und gesagt: Ja, es ist sicher richtig, wenn man den Dingen auf den Grund geht und kritisch prüft. Es ist gut, wenn Sie kritisch die Zeitung lesen und sich fragen, ob das, was darin steht, wirklich stimmt, wenn Sie nicht alles glauben, was einem aufgetischt wird. Aber irgendwo in Glaubensdingen muss es Gewissheit geben.
Heute gibt es vielfältige Zweifel, die oft nur aus unserem Kopf kommen. Vielen jungen Leuten wird im Religionsunterricht schon eingetrichtert, dass sie zweifeln sollen. Ich verstehe nicht, warum Zweifel heute so hoch im Kurs stehen. Ich frage mich: Was ist an der Bibel nicht wahr?
Wenn man überlegt, was archäologische Untersuchungen angeblich widerlegt haben, dann hört man zum Beispiel, dass die Geschichte von Jericho nicht stimmen könnte, weil man keine Brandspuren gefunden hat. Doch israelische Theologen vertreten schon lange die Meinung, dass deutsche Theologen den Auszug der Kinder Israel in das falsche Jahrhundert datieren. Wenn man die Zeit richtig einordnet, findet man auch Spuren in Jericho.
Solche Dinge können im Grunde genommen meine Zweifel am Glauben oder an der Bibel nicht erhärten. Menschen glauben oft nur, was sie sehen können. Aber das ist falsch. Es gibt Dinge, die wir nicht sehen, die wir aber als gewiss annehmen. Was ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann, worin ich mich überzeugen kann, davon bin ich überzeugt.
Wenn man mit kritischen Menschen weiterdenkt, muss man zugeben, dass es sehr viele Dinge gibt, die man nicht sehen kann, die man aber dennoch als real und gewiss annimmt. Das ist ganz überraschend. Selbst moderne Physiker berichten, wie ihnen eine neue Dimension der Wirklichkeit erschlossen wird. Für sie ist die Realität Gottes als Naturwissenschaftler völlig problemlos zugänglich.
Aber beweisen kann man das nicht. Man kann es nicht gewiss machen. Hinzu kommt, dass Leute wie Einstein gesagt haben, wir leben in einem Meer von Täuschungen und haben nur sehr wenig wirklich erkannt von den Dingen, die wir sehen. Wir kommen den Dingen kaum auf den Grund.
Wie komme ich dann auf den Grund? Wo steht im Alten Testament etwas über Gewissheit? Zum Beispiel bei Hiob, Hiob 19,25-27: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Und als der Letzte wird er sich über dem Staub erheben. Ist meine Haut auch zerschlagen und mein Fleisch dahingeschwunden, so werde ich doch Gott sehen. Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.“
Das ist völlig widersprüchlich zu all den Erfahrungen, die man auch damals in der Welt gemacht hat. Ein Mensch, der plötzlich mit beiden Füßen fest dasteht und sagt: „Ich habe eine felsenfeste Überzeugung.“
Unterschiedliche Auffassungen zur Gewissheit im Glauben
Jetzt interessiert uns, wie man eine so felsenfeste Überzeugung erlangt, ohne dabei unehrlich zu sein. Ich möchte noch einmal ausholen, denn hier liegt ein grundlegender Unterschied zwischen der Lehre der katholischen Kirche und der evangelischen Kirche.
Im Konzil von Trient im 16. Jahrhundert, mitten in der Reformationszeit, wurde formuliert, dass verflucht sei, wer sagt, man könne seines Heils gewiss sein. Gewissheit sei nicht möglich. Ebenso las ich den Satz eines katholischen Theologen unserer Zeit, der sagte, ihm sei immer unheimlich, wenn er Christen treffe, die behaupten, sie seien gewiss. Er halte das für vermessen und untragbar; so etwas gebe es nicht.
Es ist sogar in der Praxis der katholischen Kirche so, und es ist wichtig, das zu erkennen: Der Schlüssel gegen Martin Luther und seine Lehre war, dass Menschen nicht selbst gewiss werden können. Es ist fast ein Druck auf den ernsthaft Gläubigen in der katholischen Kirche, dass man ihnen sagt: Du musst öfter zur Beichte, du musst mehr zur Kirche und zur Kommunion gehen. Gewissheit kannst du nicht haben; du kannst nur hoffen und wünschen, dass du im Schoß der Kirche geborgen bist.
Diese Geborgenheit verleiht die Kirche. Der Trost der Gläubigen besteht darin, dass sie den Priester haben, der ihnen die letzte Ölung gibt. Sie suchen die Nähe der Kirche, in der sie diese Geborgenheit spüren.
Hier trat Martin Luther mit Entschiedenheit auf. Er war selbst sehr beunruhigt von den Zweifeln seines eigenen Lebens. Als Mönch fragte er sich: Wie wird man gewiss? Wie wird man ganz gewiss? Ich kann doch als sündiger Mensch nicht Gott dienen. Immer wieder hinterfragte er, was ihm damals als Trost der Kirche angeboten wurde.
Er reiste sogar nach Rom und fragte sich, ob das wirklich die Kirche sei, ob der Ablass, der damals natürlich auch schon existierte, wirklich das Heil bringe. Oder ob es das Wort des Priesters sei, das ihm Geborgenheit geben könne. Bis er schließlich das Wort fand: Der Gerechte wird seines Glaubens leben.
Der Glaube an Jesus schenkt mir diesen tiefen Frieden, den mir weder ein Pfarrer noch ein Priester vermitteln kann. Auch nicht ein Sakrament oder die Zugehörigkeit zu einer Kirche. Wir werden nicht selig, weil wir Mitglieder einer Kirche sind.
Wenn wir Mitglieder einer Kirche sind, tun wir das aus ganz bestimmten Gründen. Aber es ist nicht die Ursache unserer Seligkeit. Es ist ein Irrtum zu sagen, die Kirchenmitgliedschaft mache uns selig. Noch einmal: Die Kirchenmitgliedschaft ist wichtig und bedeutsam, aber sie ist nicht der Grund meiner Seligkeit.
Gewissheit im Alten Testament und die Bedeutung des Wortes Gottes
Und jetzt müssen wir einmal sehen: Was sagt uns die Bibel, was sagt uns Gottes Wort? Ich gehe der Reihenfolge nach gerne vor und beginne beim Alten Testament. Dort begegnen wir vielen zweifelnden Menschen.
Man hört durch die biblischen Berichte hindurch, dass jeder Gläubige sich mit Zweifeln herumschlagen muss. Zum Beispiel Abraham, dem Gott sagt, er solle einen Sohn zeugen. Er weiß aber, dass seine Frau schon längst im hohen Alter ist. Wie soll meine Frau noch ein Kind bekommen? Er lacht – oder besser gesagt, Sarah lacht. Nicht böse gemeint, aber wir sind doch Realisten: Wie sollte Gott das tun können?
Das Große am Glauben Abrahams war doch, dass er Gott die Ehre gab und ihm vertraute. Er glaubte an die Zusagen Gottes. Und Gott hat diese Zusagen erfüllt. Genau dort entsteht Gewissheit. Was gibt uns Gewissheit? Dass wir dem Wort Gottes glauben.
Darum ist für uns auch heute der Kern und Knackpunkt unseres ganzen Glaubens das Wort Gottes. Für uns ist das nicht irgendeine Spielerei, ob das Wort Gottes wahr und gewiss ist. Wo steht das? Psalm 33, Vers 4: „Das Wort des Herrn ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiss.“
Das Wort „Gewissheit“ gibt es so im Alten Testament nicht wörtlich, aber was Gott sagt, das ist gewiss. Teste es, geh dem Wort nach, prüfe es in deinem eigenen Leben, halte es Gott vor, ringe mit diesem Wort. So wie Abraham aufbrach, der dem Verheißungswort glaubte.
Mein Glaube soll immer auf dem Wort Gottes ruhen und nicht auf meinen eigenen Gedanken. Denn das ist ja der Irrtum: Wenn ich meinen Glauben für eine religiöse Phantasterei halte oder mir Gott so vorstelle, wie ich es möchte, dann ist das Trug. Da ist nichts dahinter. Stattdessen glaube ich seinen Zusagen. Wenn ich im Glauben gewiss werden will, muss ich in der Bibel gegründet sein.
Wir brauchen heute wieder einen Glauben, der nicht bloß eine Seifenblase ist, wie viele, die schnell einen Aufbauschein für ihr Gefühl brauchen. Ich möchte mich am Wort Gottes festhalten können. Ich suche: Herr, was sagst du mir für mein Leben? Ich will deine Zusagen greifen und dir glauben.
Darum ist es für uns so wunderbar, dass wir dem Wort Gottes wirklich trauen können. Wir suchen die Zusagen Gottes und streichen sie uns in unseren Bibeln an.
Jeremia 42, Vers 5: Damals war Jerusalem von Nebukadnezar, dem Babylonier, erobert. Es war nur eine kleine Gruppe in Jerusalem übrig geblieben, darunter Jeremia. Er warnte die Menschen, nicht nach Ägypten zu fliehen. In diesem Gespräch sagt Jeremia zu diesen Leuten: „Der Herr sei ein zuverlässiger und wahrhaftiger Zeuge wider uns, wenn wir nicht alles tun, was uns der Herr, dein Gott, durch dich befehlen wird.“
Wir können Gott wirklich vertrauen. Wer Gott vertraut, der ist nie angeschmiert, der ist gewiss. Nur wenn ich mich nach meinen eigenen Vermutungen richte, wenn ich nach meiner eigenen Schlaumeierei handeln will, falle ich auf die Nase.
Jeremia sagt: Gott ist ein verlässlicher Zeuge. Folgt ihm, folgt seinem Wort, dann könnt ihr leben.
Jesaja 26, Verse 3 und 4 sprechen ebenfalls davon, dass wir gewiss werden. Dort wird das schöne Wort gebraucht: „Wer festen Herzens ist, der ist gewiss.“ Das ist nicht nur eine Sache des Denkens, sondern auch des ruhenden Herzens. Mein Herz ist dann nicht mehr unruhig oder nervös, sondern kann sich auf den lebendigen Gott verlassen.
Vers 4 lautet: „Verlasst euch auf den Herrn allezeit; denn Gott, der Herr, ist ein Fels ewiglich.“
Wer mit Gott rechnet und mit Gott lebt, der schwankt nicht. Natürlich gibt es in meinem Leben viele Dinge, die Fragen aufwerfen und mich unruhig machen. Aber wenn ich mich auf den Herrn verlassen kann, kann ich feststehen.
Jesaja 26, Verse 3 und 4.
Am Ende des Alten Testaments, in Habakuk 2, Vers 3, erscheint das Wort „gewiss“ noch einmal: „Die Weissagung wird noch erfüllt werden zu ihrer Zeit und wird endlich frei an den Tag kommen und nicht trügen. Wenn sie sich auch hinzieht zur Harre ihrer, sie wird gewiss kommen und nicht ausbleiben.“
Dann folgt das, was Luther so getröstet hat: „Siehe, wer halsstarrig ist, der wird keine Ruhe in seinem Herzen haben; der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben.“
Wenn wir umgetrieben sind, wenn uns Krankheit belastet – gerade vorhin hat mich jemand gefragt: „Ich werde das Bein amputiert bekommen, was soll ich tun?“ Da kann man einem Menschen nie etwas anderes sagen als: Jesus liebt dich, der Herr ist da.
Viele wollen das nicht hören. Sie wollen wissen, wie der Ersatz ihnen geschenkt wird. Und da können wir nichts bringen. Wir sollten auch gar nichts anderes tun, als dass wir im Leid dennoch Gott finden können. Dass er uns birgt, hält und nicht loslässt.
Gewissheit im Neuen Testament und die Vergebung der Sünden
Nun fällt auf, dass im Neuen Testament überall eine gewisse Sprache vorhanden ist, die, auch wenn das Wort „Gewissheit“ selbst nicht vorkommt, dennoch von großer Gewissheit geprägt ist.
Ein Beispiel dafür ist die Geschichte, wie der Gichtbrüchige durch das Dach des Hauses auf einer Matratze herabgelassen und vor Jesus gelegt wurde. Jesus sagte zu ihm: „Sei getrost“, das heißt: „Sei mutig, deine Sünden sind dir vergeben.“ Die Pharisäer tobten daraufhin und entgegneten: „Das gibt es doch nicht. Es gibt keine Gewissheit. Man kann das keinem Menschen sicher zusagen.“ Trotz aller Opferpraxis könne kein Mensch in dieser Welt mit Sicherheit wissen, dass Gott ihm vergeben habe.
Doch Jesus sagt: „Wenn ihr es wollt, dann sage ich euch auch noch bekräftigend durch das Andere zu: Ich habe Vollmacht. Ich kann gültig Schuld vergeben.“ Das ist der Schlüssel zu unserer Unsicherheit. Denn die Dinge, die wir oft als besonders belastend empfinden, wenn wir sagen, wir können nicht glauben, sind gar nicht die wirklich schweren Dinge.
Das Schlimmste ist doch, dass ich von Gott geschieden bin, weil ich nicht so lebe, wie Gott es will. Durch dauernden Ungehorsam und ein halbstarriges, böses Herz bin ich von Gott getrennt. Deshalb kann mich kein Trost wirklich erquicken. Wie soll ich zu Gott gehen können? Vielleicht ist uns gar nie bewusst, dass dies die Ursache unserer Zweifel ist.
Die Gewissheit kommt aus dem Wort Jesu, der vollmächtig handeln kann. Paulus sagt: „Ich weiß, an wen ich glaube.“ Er weiß vieles nicht – er weiß nicht, wie die Weltgeschichte weitergeht, er weiß nicht, wann er sterben wird, er weiß nicht, ob ihm Böses widerfährt. Aber er weiß, an wen er glaubt, und das ist der ganze Glaubenspunkt.
Dass wir immer wieder von Jesus reden, ist natürlich nicht anders möglich, denn er ist der Schlüssel zu unserem Glauben und zur Gewissheit. Da kann nichts Ungewisses mehr sein. Das unterscheidet uns leider von der katholischen Lehre, die dies vielfach nicht so verkündet, wie es in der Bibel steht. Dort sagen wir nicht, dass das Vergebungswort des Priesters entscheidend ist.
Wenn Sie darauf achten, warum wir im Abendmahl selbst die Sündenvergebung noch einmal „umtauschen“, dann sehen Sie das deutlich. Beim Abendmahl sprechen wir die Sündenvergebung aus und sagen: „Euch geschehe, wie ihr glaubt.“ Das heißt: Wenn ihr jetzt glaubt, dann dürft ihr das nehmen. Der allmächtige Gott hat sich über euch erbarmt und vergibt euch alle Sünden durch seinen lieben Sohn Jesus Christus.
Weil Jesus es so geordnet hat, sage ich immer: Nicht als verordneter Diener der christlichen Kirche – so heißt eigentlich unsere Kirche – sondern ganz bewusst, dass Jesus es so bestimmt hat, dass wir einander die Sünden vergeben. Die Vollmacht hat jeder Christ, im Namen Jesu Sünden zu vergeben.
So verkünde ich euch alle Schuld, und ich setze noch hinzu: „Die ihr bekennt und bereut“, damit kein Missverständnis entsteht. Manche meinen, sie könnten automatisch alles vergeben bekommen, auch das, was sie absichtlich in sich behalten wollen.
Und dann sagen wir miteinander – und das ist mir so wichtig: Nicht das Wort des Priesters macht mich selig, nicht weil er einen Talar anhat, sondern das Blut Jesu Christi macht mich rein von aller Sünde. Das ist der Grund meiner Gewissheit. Dort ist meine Vergebung garantiert und gültig.
Es ist mir sehr wichtig, dass Sie das begreifen. Nicht in der Zeremonie liegt die Vergebung. Dort sprechen wir sie zu, und wir dürfen es im Namen Jesu tun und tun das gerne. Aber die Gültigkeit ist nicht darin besiegelt, dass ich in einem Dienstverhältnis einer Kirche stehe, sondern darin, dass Jesus für die Sünder der Welt starb.
Es ist wichtig, dass man das erfasst. Das ist die evangelische Lehre, und das ist auch die Lehre unserer Kirche. Dafür bin ich dankbar.
Die persönliche Gewissheit des Glaubens
Dieses Wort „Ich weiß, an wen ich glaube“ findet sich in 2. Timotheus. Die Briefe an Timotheus stehen etwas später in der Reihenfolge der Paulusbriefe.
In 2. Timotheus 1,12 heißt es: „Ich weiß, an wen ich glaube, und bin gewiss, dass er mich bewahren kann bis an jenen Tag, was mir anvertraut ist.“
Doch als wahrhaftiger Christ muss ich ehrlich sagen: Kann ich überhaupt Christ sein? Ich weiß ja nicht, ob ich nicht ein untreuer Mensch bin. Ich bin doch schon so oft über meine eigenen Vorsätze gestolpert und habe vielleicht morgen schon meinem Herrn Jesus Schande bereitet. Ich sündige so oft – wie kann ich mich da überhaupt freuen?
Paulus geht sogar so weit zu sagen, dass er bewahrt wird durch die mächtige Hand Jesu, die ihn hält. Das ist der Grund seines Glaubens. Wenn es Gewissheit gibt, dann ist sie darin begründet.
William Booth hat das immer in eine packende Formel gebracht. Schon damals war das ein häufiges Wort: Nach seinen Evangelisationen kamen Leute und sagten: „Ja, aber man kann das doch nicht so sicher in der Tasche haben.“ Dann hat er geantwortet: „Aber er hat mich in der Tasche.“ Jesus hat mich in der Tasche, und das ist mein Trost.
Er hat mich erwählt, er hat mich gerufen, er hat mich zu sich gezogen, und ich will ihm gehören. Darum bin ich getrost und frohen Mutes.
Ich kann doch nicht für einen Augenblick meines Lebens garantieren – und das sagen nicht nur schwache Leute in unserer Mitte –, dass ich nicht sündige. Wir alle wissen: Kein einziger Mensch kann gegen die listigen Anläufe des Teufels bestehen. Das kann nur Jesus, der mich bewahrt.
Und da steht so schön: „Ich bin gewiss, er kann mir bewahren, was mir anvertraut ist bis an jenen Tag.“
Es gibt viele Worte dazu, wie Gottes Schaffen, Wollen und Vollbringen in uns. Darum ist es für uns so, dass wir schon jetzt unsere Loblieder singen und dankbar sein können.
Eine Folge dieser Gewissheit, dieser völligen Gewissheit, die sich über die Zweifel erhebt, ist die Freude – die Glaubensfreude. Sie besteht nicht im bloßen Grinsen, sondern in der Freude, angenommen zu sein und zu wissen: Ich bin erlöst, ich bin angenommen, auch wenn ich meine Schwäche kenne. Ich bin angenommen.
Die biblische Grundlage der Heilsgewissheit
Jetzt möchte ich mit Ihnen noch weitere Bibelstellen durchgehen, die nicht direkt von der Gewissheit handeln. Das habe ich Ihnen bereits angekündigt, zum Beispiel Römer 5,1. Paulus spricht hier immer schon von einem festen Zustand des Angenommenseins.
In Römer 5,1 heißt es: „Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott.“ Er sagt nicht: „Wir hoffen, gerecht zu werden durch den Glauben.“ Nein, es ist kein Wunsch, sondern eine Tatsache. Christus ist am Kreuz für uns gestorben, und deshalb haben wir den Frieden mit Gott. Wir besitzen diesen Frieden tatsächlich. Jetzt ist es eine Herausforderung, im Glauben diesen Frieden zu erfassen und durch unseren Herrn Jesus Christus zu leben. Wir haben im Glauben Zugang zu dieser Gnade.
Das sind so wunderbare Aussagen, dass man manchmal den Eindruck bekommt, es gibt Menschen, die Tag für Tag in evangelischen Kirchen sind, aber die Bibel kaum kennen. Dabei springt uns diese Wahrheit im Neuen Testament überall entgegen.
Ein weiteres Beispiel ist 1. Petrus 1,3 und 5: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“
Der Tod ist für uns durchbrochen. Wir können dem Tod nicht mehr so begegnen wie Menschen ohne Hoffnung. Wir müssen nicht so tun, als ob alles vorbei wäre. Stattdessen ist unser Sterben durch die lebendige Hoffnung des ewigen Lebens aufgebrochen. Wir sind wiedergeboren zu neuem Leben.
Man muss allerdings vorsichtig sein mit dem Wort „wiedergeboren“. Durch missverständliche Lehren aus ostindischen Religionen denken manche, es handele sich um eine Art Wiedergeburt im Sinne von verschiedenen Leben, etwa „früher war ich ein Kamel, heute bin ich ein Mensch“. Deshalb sagen wir besser: „Der mich neugeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung.“ So vermeiden wir Missverständnisse und verlieren nichts von der Bedeutung.
Oder betrachten wir 1. Johannes 3,1-2: „Seht, welch eine Liebe uns der Vater erwiesen hat, dass wir Kinder Gottes heißen dürfen! Und wir sind es auch. Jetzt sind wir Gottes Kinder, obwohl wir oft böse, ungehorsame und ungezogene Kinder sind. Wir sind eine Schande für Gott, aber trotzdem seine Kinder. Er schämt sich nicht, uns Brüder zu nennen, und hat uns angenommen.“
Im nächsten Vers heißt es: „Wir sind schon Gottes Kinder, aber es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Äußerlich ist es noch nicht sichtbar. Aber wir wissen: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein, denn wir werden ihn sehen.“
Das bedeutet die Veränderung unseres Äußeren. Darauf freue ich mich – auf einen neuen Leib, keinen fehlerhaften, schwachen, schmerzenden oder sündigen Leib mehr. Gott gibt uns einen neuen Leib.
Wir wissen das, wir sind uns dessen sicher. Doch unter evangelischen Gläubigen gibt es oft die Haltung: „Wir hoffen es nur, wir wünschen es uns.“ Manche meinen, das sei nötig, damit man die Menschen stärker antreibt. Das ist aber falsch. Gott braucht das nicht.
Manche, die die Leute ständig in Angst halten, sagen: „Man darf es nicht so genau wissen. Man muss sich immer bemühen und zur Arbeit antreiben.“ Aber wenn die Arbeit nicht aus der Freude geschieht, dass ich Gottes Kind bin und dienen darf, hat sie keinen Wert.
1. Johannes 3,1-2 sagt klar: „Wir wissen.“
Wenn man an Paul Gerhardt denkt, etwa an sein Lied „Nun weiß ich’s, glaube es feste, ich rühm’s auch ohne Scheu, das ist Gott der höchsten Beste“, erkennt man, wie ein Mann mit tiefem Leid sich immer wieder in diese Freude hineinsteigert.
Paul Gerhardt hält Christus ganz zentral. Davon kann man viel lernen. Zum Beispiel in seinem Lied: „Nichts, nichts kann mich verdammen, nichts nimmt mir meinen Mut. Die Hölle und ihre Flammen löscht meines Heilens Blut. Kein Urteil mich erschreckt, kein Unheil mich betrübt, weil mich mit Flügeln decket mein Heil, der mich liebt.“
Er ist in seinen Depressionen unter die Flügel Jesu gegangen. Unser Chor wird das Lied vielleicht einmal mit der Gemeinde singen: „Schwing dich auf zu deinem Gott“, ein leider heute vergessener, sehr schöner Paul-Gerhardt-Song. Es ist ein Lied für Menschen in schweren Zeiten.
„Schwing dich auf zu deinem Gott, du betrübte Seele, warum liegst du Gott zum Spott in der Schwermutshöhle? Raus!“
Dann heißt es, dass die Schlange durch Jesus den Kopf zertreten hat. Du hast kein Recht mehr, in der Traurigkeit zu verweilen. Du bist durch den Sieg Jesu in die himmlischen Höhen entrückt.
Lesen Sie dieses Lied genau durch – es ist so wunderbar, dass man es kaum besser predigen kann. Und es ist biblisch.
Paul Gerhardt war kein Pietist, sondern ein lutherischer Orthodoxer, lange vor der Zeit des Pietismus. Doch hier verbinden sich die Lehren Luthers und der lutherischen Orthodoxie mit dem Pietismus und der Erweckungsbewegung. So wird eine biblische Wahrheit wiederentdeckt.
Die Quelle des Friedens und der Freude im Glauben
Wo habe ich nun diesen Frieden? Um es ganz klar zu sagen: in Jesus. Wir haben vorhin gesagt, in seinem Wort – und das Wort, das leiblich wird, ist Jesus. Da ist seine Liebe für mich drin, da ist seine Erlösung, sein Vergebungswort, das an seinem Kreuz für mich gegeben wurde.
Paulus hat das so meisterhaft zusammengefasst, dass man dazu nur den Johann Sebastian Bach hören möchte mit seiner Motette „Der Geist hilft unserer Schwachheit auf“ oder „Jesu, meine Freude“. Ist Gott für uns, wer kann dann noch gegen mich sein? Gott hat sich schon jetzt so für uns erklärt, und Gott kann das nicht rückgängig machen.
Wer in Jesus zu Gott kommt, der ist angenommen und ist sein Kind. Der braucht nicht auf dem Boden zu kriechen, sondern ist mit großer Ehre beschenkt. Wie sollte er uns nicht alles schenken? Wer will denn noch verdammen? Christus ist hier.
Selbst wenn ich sage, ich muss mich selbst verdammen – mein eigenes Herz weiß doch um all meine Fehlsamkeit, und ich weiß, Er hat mir vergeben. Und was auch Schlimmes geschieht: Trübsal oder Angst, Verfolgung, Hunger, Blöße, Gefahr oder Schwert – ich bin gewiss.
Dann steht dieses Wort: Ich bin gewiss, weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, noch Gewalt, noch die allerschlimmste Sünde – und wenn sie hundertfachen Mord begangen haben – kann sie trennen von der Liebe Gottes. Es gibt nichts, was sie trennen kann. Weder Hohes noch Tiefes, keine andere Kreatur, keine dämonische Macht in dieser Welt, über dieser Welt oder unter dieser Welt kann sie von der Liebe Gottes trennen.
Wir sind froh, dass uns nach dem schrecklichen Unheil des Judas all dies zugesagt ist. Jetzt gibt es Glaubensgewissheit, und ich brauche keine Angst zu haben, dass alles wieder bei mir hochkommt. Er wird mich bewahren.
Aber wenn Jesus mich doch reinlegt, wenn er mich täuscht – haben Sie Angst, dass er Sie bloß „plufft“, dass all seine Worte „Kommt, ihr alle, die ihr mühselig und beladen seid“ nicht wahr sind, dass sie Ihnen nicht gelten? Müssen Sie wissen, was Sie sagen, ob Sie das ihm vorhalten wollen.
Ich bin gewiss: Nichts kann mich von der Liebe Jesu scheiden.
Und dann wieder die schönen Verse von Paul Gerhardt: „Mein Herz geht ins Sprüngen und kann nicht traurig sein, ist voller Freude und Singen, sieht lauter Sonnenschein.“ Und da ist keine Bedingung dran, keine Vorleistung. Es heißt nicht: „Wenn du den richtigen Glauben hast“ oder „wenn du den ...“ Nein, es heißt: „Komm zu Jesus! So, aber komm zu ihm!“
Und wenn wir dann sagen: „Wie du bist? Ja, aber bleib nicht, wie du bist, sondern fass ihn mit beiden Händen, fasst ihn wohl!“ Er würde verführen. Aber man könnte es immer mit Paul Gerhardt Versen weitermachen und auch die schönen Weihnachtslieder anführen.
In Jesus ist es uns zugänglich – aber nur durch, jetzt kommt das abgegriffene Wort, Gnade. So wie verlorene Leute nur noch leben können, wenn durch eine Generalamnestie ihnen alles erlassen ist.
Wenn Gott aufrechnen will, dann kommen wir nicht durch. Wenn wir sagen: „Aber lieber Herr, wir wollen mit dir mal doch noch sagen, wir haben da einiges Nettes auch gemacht, und das wollen wir ...“ Wir können nicht eine böse Tat aufwiegen vor dem heiligen Gott, nicht ein Versäumnis unseres Lebens. Es ist alles, alles lauter Gnade.
Unbegreifliche Gnade. Und diese Heilsgewissheit ruht in der unbegreiflichen Gnade.
Die Bedeutung der Gnade und die Gefahr menschlicher Selbstgerechtigkeit
Nun ist das schwierig. Ich weiß doch, wenn ich jetzt predige, dann hat es uns Gott geschenkt, dass wir durch einen langen Vorspann dorthin gekommen sind und dass wir alle irgendwie auch vom Geist Gottes berührt wurden. Das spürt man ja auch. Das kann man nicht erzwingen.
Und dann reden wir irgendwo, kommen wohin und sagen es einem anderen, und dem läuft es einfach herunter. Es ist ein Wunder, wenn Gott uns die Gnade zuteilwerden lässt und wir es verstehen können, aber nur durch die Gnade, nicht aufgrund unserer guten Werke.
Ich bin doch so ein treuer Ehemann, ich habe doch meine Frau immer so lieb und ich tue doch so viel für den Herrn und so weiter. Das hilft nichts, da komme ich nicht weiter, sondern nur aufgrund der Gnade.
Vielleicht werden Sie jetzt auch ein Liebhaber der Predigten von Ludwig Hofacker. Das sind sehr trockene Predigten, da ist nicht ein Beispiel drin. Da müssen wir ein ganz anderes Feuerwerk sonntags anzünden, damit die Leute bei der Stange bleiben.
Aber bei Hofacker können Sie viel, viel mehr als das, was wir predigen, die Gnade Gottes und die Gewissheit des Heils finden. Diese Gnade ist gegeben für Leute, die in dieser Welt vor Gott verloren sind und durch seine Gnade fassen und das begriffen haben. Um seiner Gnade willen allein, nichts anderes gibt es.
Ich möchte sagen, dass wir immer wieder hier in unseren Gemeinden sehr, sehr aufpassen müssen. Das ist ein solcher Irrglaube, eben nicht bloß in der katholischen Kirche, dass wir immer wieder meinen, man müsste Gutes tun.
Ich kenne es doch: „Also, Herr Pfarrer Gels, ich nehme es nicht übel, dass ich nicht in die Kirche komme, aber ich bemühe mich auch, ein rechter Mensch zu sein.“ Da sage ich mir: Wenn ich nur einer wäre, die Leute können sich ja, sie sind doch in Ordnung, wissen Sie, mir haben Sie gern, Herr Chefbuch, das wissen wir doch. Und so sind die Leute sehr lieb, wie die das sagen.
Das haben sie gar nie begriffen, und weil wir das nicht übersetzen können, dass das nicht unser Heil ist und das, was wir verkünden. Nicht die Taten retten uns, sondern wir tun Taten nur aus Dankbarkeit, weil es Spaß macht, Gutes zu tun.
Natürlich macht es keinen Spaß, Böses zu tun, es macht auch keinen Spaß, andere Leute zu beleidigen, zu hänseln und ihnen weh zu tun. Es ist doch nichts Schöneres, als wenn man Liebe tun darf, wenn man andere erquicken kann.
Und die Taten sind doch für die eine Freude, die von Jesus neues Leben geschenkt bekommen haben. Im Heidelberger Katechismus ist die ganze Ethik, das ganze Tun ja unter dem Stichwort Dankbarkeit abgehandelt – im dritten Teil.
Es tue ich doch, weil er mir so viel gegeben hat. Also da liegt unser Glaube wirklich in diesem Wort drin: gewiss, gewiss im Glauben, ganz felsenfest gewiss.
Das Geheimnis der Erwählung und die Grenzen menschlichen Verstehens
Jetzt möchte ich noch ein Thema anschneiden, das wir gesondert unter einem Stichwort behandeln sollten. Diese Gewissheit unseres Glaubens wird in der Bibel noch in einer ganz anderen Tiefe entfaltet. Für viele unter uns ist das ein Glaubenserrgernis, fast sogar ein Glaubensanstoß.
Der Apostel Paulus lässt uns in Abgründe blicken, wenn er sagt, dass er nicht gläubig ist, weil er sich selbst entschieden hat, sondern weil Gott ihn in einem für ihn undurchsichtigen Ratschluss, der Vorgrundlegung der Welt, also noch bevor dieser Planet überhaupt da war, gekannt und geliebt hat.
Wer jetzt mit den Ohren schlackert und sagt, er verstehe nichts mehr, der darf das gern tun. Unser Glaube stößt hier in Tiefen vor, die man nie ganz begreifen kann: den ewigen Ratschluss Gottes, die Erwählung. Da kommen sofort Fragen auf wie: „Warum hat Gott dann nicht die anderen Völker erwählt?“ Lassen wir es Gottes Geheimnis sein. Wir können Gott nicht ergründen.
Paulus legt großen Wert darauf, dass unser Glaube auf einem göttlichen Geheimnis ruht. Gleichzeitig schenkt uns diese Heilsgewissheit eine ganz große Freude. Wenn Gott so will, wenn er hinter mir steht, mich sogar bei meinem Namen kennt und schon an mich gedacht hat, als er rief: „Es ist vollbracht“, dann will ich ihm ganz anders dienen. Dann verstehe ich erst, wie tief die Liebe Gottes geht.
Ich möchte dieses Thema nicht abschließend behandeln. Ich bin überzeugt, dass ich es Ihnen ähnlich wie heute das Wort gewiss auch so darbieten kann, dass Sie beschenkt werden und sagen: „Das ist sogar die Spitze meines Glaubens, über die ich glücklich bin und die mich ganz ungeheuer selig macht.“
Ich möchte nur sagen: Alles wird in unserem Leben krumm, wenn wir es uns – was Deutsche besonders gern tun – auf dem Seziertisch zerlegen und mit starren Begriffen auseinandernehmen. Dann wird der Glaube kalt serviert wie eine Schullehre mit Kreide an der Tafel.
Ich habe das schon erlebt bei Mitarbeitern, mit denen wir eine ganze Nacht gerungen haben. Sie sagten: „Ich kann doch in Ewigkeit nicht verloren gehen, weil Gott mich erwählt hat.“ Doch dann gingen sie hinaus in den Ungehorsam und haben bis heute nicht mehr zum Herrn zurückgefunden. Sie nahmen diese Wahrheit in einem menschlichen Wahn als etwas, das man auf die Probe stellen kann. Sie gingen einen Weg der Sünde und sagten: „Aber wenn Gott mich erwählt hat, dann falle ich auch in der Sünde nicht.“ Und das ging nicht gut.
In meiner Bibel steht: „Wer da steht, sehe zu, dass er nicht falle.“ Er wird an das Beispiel Israels in der Wüste erinnert, das auch erwählt war. Da sagen manche: „Dann wackelt ja wieder alles.“ Ich sage nur: Es gibt viele Dinge, die wir mit unserem Kopf nicht zusammenbekommen.
Ein Pfarrer namens Ernst Buddeberg hat ein schönes Buch über die Heilsgewissheit geschrieben. Ich besitze dieses Buch nicht, man muss es vielleicht noch antiquarisch suchen. Wenn einer von Ihnen es nicht braucht, dann steht es vielleicht noch bei Omas alten Bücherschätzen. Dann dürfen Sie mir gerne eine Freude damit machen. Ich habe noch einen Nachdruck davon gesehen, auszugsweise über die Heilsgewissheit, die Krone des evangelischen Glaubens. Darin steht, dass es ein Brautgeheimnis der Gemeinde Jesu ist.
Heute habe ich versucht, meinen Konfirmanden das sechste Gebot zu erklären. Ich erzählte ihnen, wie das erste Mädchen war, dem ich im Wald die Hand gegeben habe und die später meine Frau wurde. Plötzlich lachten drei Konfirmanden laut, sie konnten das Brautgeheimnis nicht verstehen. Sie waren schon in allen Wassern gewaschen, verstehen Sie? Es gibt ein Brautgeheimnis, das der andere nicht ergründen kann.
Ich glaube, es gehört zu den Brautgeheimnissen auch, dass man sagt: „Das verbindet mich mit Jesus, er kennt mich, er liebt mich.“ Aber das ist nicht so, wie wenn man das Brautgeheimnis seiner Liebe testen wollte und sagen könnte: „Dann kann ich ja jetzt in jedem Bordell absteigen.“ Nein, weil es eine heilige Liebe Jesu ist, will ich sie umso kostbarer bewahren, dem Herrn dienen und ihm treu sein.
Das war nur ein kleiner Einstieg. Ich habe noch ein weiteres Wort, das ich mit Ihnen öffnen möchte: Johannes 17, Vers 12. Es erinnert an das Geheimnis der Erwählung. Dieses Kapitel gehört zum hohen priesterlichen Gebet, aber es gibt viele weitere Stellen, die Sie bei Ihrer Bibellese entdecken werden. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir hier alles vollständig behandelt hätten.
Johannes 17,12: „Ich habe sie bewahrt und keinen von ihnen verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit die Schrift erfüllt würde.“ Das ist das Brautgeheimnis Jesu, dass er mich durchtragen will. Ich will in seiner Hand bleiben.
Ich werde oft angefochten, weil wir eine hohe „Verschleißrate“ bei den besten Jugendmitarbeitern haben. Vor einem Jahr waren sie noch die stärksten Leute im Jugendbibliokreis, offen und freizeitig. Heute sagen sie: „Ich spreche mit keinem mehr, der an die Kirche geht.“ Es ist nichts vorgefallen, wir wissen nicht, was los war – alles weg.
Hier steht das Wort, dass Jesus mich bewahren wird. Ich will es glauben und mich daran freuen, dass mein Heil in der starken Hand Jesu gut aufgehoben ist.
Nun haben wir natürlich noch das wichtigste Wort vom guten Hirten vergessen: Johannes 10, Verse 27-30. „Niemand kann dich aus meiner Hand reißen, niemand.“ Gar ich selbst kann mich nicht herausreißen. Das ist eine Streitfrage. Doch wenn der Herr das sagt, freue ich mich daran. Er wird mich bewahren. Und ich will ihm gehören, ihn lieben und ihm dienen.