Höre, Himmel, und ich will reden; Erde, höre die Worte meines Mundes!
Mein Lehrgedicht fällt wie Regen, meine Rede fällt wie Tau, wie feiner Regen auf das Gras und wie Tropfen auf das Grün.
Ich will den Namen des HERRN verkündigen; ihr sollt dem Gott Jakobs Preis sagen.
Er ist der Fels, dessen Werk vollkommen ist, denn alle seine Wege sind gerecht. Ein Gott der Treue und ohne Falsch, gerecht und gerade ist er.
Sie haben ihn zum Felsen ihres Heils gemacht,
doch der HERR ist sein Heiliger.
Ein Gott, der Rache übt, ist der HERR, ein Gott, der Rache übt und voller Zorn ist.
Er nimmt Rache an seinen Widersachern und hält Zorn gegen seine Feinde.
Der HERR ist langmütig und groß an Kraft, doch er lässt niemand ungestraft.
Er lässt seinen Zorn walten, und die Feinde werden ihn spüren.
Dennoch hat er sein Volk geliebt und es erwählt, weil er seine Treue bewahrt hat.
Er hat sie geführt wie einen Hirten und sie auf seinen Händen getragen.
Sie waren unvernünftig und widerspenstig, und sie wandten sich ab von dem Weg, den er ihnen zeigte.
Sie reizten ihn durch ihre Taten und machten ihn traurig durch ihre bösen Werke.
Darum hat er sein Schwert gezogen und seinen Zorn entfacht, um Rache zu üben an seinen Feinden.
Er hat die Feinde seines Volkes bestraft und ihre Macht gebrochen.
Doch er wird sein Volk nicht verlassen, sondern es wieder aufrichten und segnen.
Er wird seine Treue bewahren und seine Verheißungen erfüllen.
Dies ist das Lied, das Mose, der Knecht des HERRN, gesungen hat, um das Volk Israel zu lehren und zu erinnern an die Größe und Gerechtigkeit Gottes.
Es ruft alle Menschen auf, den HERRN zu ehren und seine Taten zu preisen.
Einführung in das fünfte Buch Mose und die Bedeutung des Liedes Moses
Ich wollte Ihnen etwas Appetit machen, einfach damit Sie im fünften Buch Mose etwas studieren und lesen. Sie werden merken, dass diese Ordnungen Gottes große Frohbotschaften sind. Sie zeigen, wie unser Leben gelöst wird, wie Gott Schwierigkeiten klärt und wie er unser Leben reich macht und beschenkt.
Diese Erkenntnisse haben Sie auch schon bei den zurückliegenden Gottesdiensten erfahren. Wir kommen dann am nächsten Sonntag darauf zurück. Es ist mir immer nur so mit den Themen, dass man jemanden darauf ansprechen kann. Gestern habe ich das so formuliert: Es geht ganz einfach darum, dass Gott dich gewollt hat.
Das ist eine ganz große Sache aus dem Schöpfungsbericht der Bibel: Gott hat dich gewollt. Du bist kein Zufallsprodukt und auch nicht irgendwo entstanden unter den Milliarden Menschen. Du bist in deiner speziellen Persönlichkeit von Gott gewollt. Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.
Jetzt beschäftigen wir uns hier noch mit dem fünften Buch Mose zum Abschied. Ich habe bei der Ankündigung gesagt, dass das Lied Moses im Himmel gesungen wird. Es gibt zwei Lieder Moses: eines wurde mit Miriam gesungen und dieses Lied hier. Deshalb hat es eine große Bedeutung.
Wir haben beim letzten Mal schon davon gesprochen, wie Gott seinem Volk sehr viel gegeben hat. Ich bin beim Auslegen immer ein bisschen hin- und hergerissen, ob wir zuerst den Text lesen sollen. Heute probieren wir es mal anders: Wir lesen immer nur Stück für Stück und machen dann die Auslegung.
Übermut und Abkehr von Gott im Volk Israel
Ich gehe noch einmal von Vers 15 aus. Israel, das heißt – ein dichterischer Name für Israel, Jeschurun – wurde fettsüchtig. Dieses Israel wurde übermütig. Israel ist fett, dick und feist geworden und hat den Gott verworfen, der ihn gemacht hat. Er hat den Fels seines Heils gering geachtet.
Er hat Gott zur Eifersucht gereizt durch fremde Götter. Durch Gräuel hat er ihn erzürnt. Sie haben den bösen Geistern geopfert und nicht ihrem Gott, den Göttern, die sie nicht kennen. Den Neuen, die vor kurzem erst aufgekommen sind und die eure Väter nicht geehrt haben. Deinen Fels, der dich gezeugt hat, hast du außer Acht gelassen und hast vergessen den Gott, der dich gemacht hat.
Das Thema war ja für heute: Gottes Wege verstehen. Da muss man ja sagen: Gottes Wege kann man gar nicht verstehen. Kennen Sie aus Ihrem eigenen Leben die dauernde Warum-Frage? Warum bin ich krank? Warum erlebt der eine so Schweres, dem anderen geht es so gut? Kann man Gottes Wege verstehen?
Das hängt zuerst einmal ein bisschen daran, dass wir immer das Seher aus unserem kleinen Horizont verstehen wollen. Es ist immer die beste Antwort, wenn Jesus sagt: An dem Tag werdet ihr mich nichts mehr fragen, am Tag, wenn wir vor Jesus stehen.
Wichtig ist: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, meine Wege sind nicht eure Wege. Es sind einfach Antworten.
Aber hier geht es ja noch um viel, viel mehr. Es geht um den Lauf der Weltgeschichte. Deshalb nochmals kurz zur Wiederholung: Die Weltgeschichte ist nicht von Gott vorherbestimmt, als ob Gott vorherbestimmt hätte, dass ein zweiter Weltkrieg ausbrechen muss. Das ist ja eine Tat von Menschen.
Ob im Kosovo geschossen wird oder nicht, ist nicht Gottes Sache, sondern es machen Menschen in der Sünde. Es wäre ein Witz, wenn man sagen würde, es sei Gott schuld, dass es so viele Verbrechen gab in unserem Jahrhundert. Aber das ist doch nicht Gottes Sache, das haben Menschen gemacht.
Das habe ich noch nie verstanden, warum Leute meinen, Gott sei schuld. Das kommt immer durch so verkürzte Aussagen, dass man sagt, Gott hat alles vorherbestimmt. Es geht um etwas ganz anderes in der Bibel.
Was Gott vorherbestimmt hat, ist, dass er mich sucht in seiner Liebe, das sagt die Bibel. Es ist nicht meine Sache, dass ich ihn suche, sondern in seiner rettenden Liebe. Das ist Gottes Plan gewesen.
Es geht weit zurück. Schon als Christus am Kreuz starb, hat er mich im Auge gehabt, das sagt Paulus. Er hat uns gesucht. Von lange vor der entstehenden Welt hat Gott in der Liebe mich gesucht.
Aber Sie müssen das trennen von all den anderen Aussagen, wo all die unnützen Diskussionen herkommen. Es gibt in der Bibel nirgendwo etwas, als ob ein Mensch nur marionettenhaft Böses tun müsse.
Lassen Sie den Judas-Quint weg. Da haben wir oft darüber gesprochen. Wenn man in der Passionsgeschichte war, dann haben wir auch das Geheimnis geklärt.
Niemand muss dunkle Wege gehen nach der Bibel, sondern es ist der Mensch im Aufruhr, der Böses tut.
Gottes Weltregierung und Heilsgeschichte in der Welt
Aber wie ist das mit der Weltregierung Gottes gemeint? Welche Weltregierung Gottes ist hier gemeint?
In dieser schrecklichen Geschichte menschlicher Willkür, die mit dem Sündenfall des Menschen beginnt, zeigt sich diese Regierung. Schon mit dem Totschlag Abels durch seinen Bruder setzt sich das fort. Diese Geschichte zieht sich durch die Weltgeschichte hindurch.
Es geht gleich weiter bei Lamech, der vielfach mordet. So beschreibt die Bibel eine Unheilsbewegung, die sich Bahn bricht. Wir kennen das aus der Völkergeschichte. Doch Gott hat in diese Geschichte seine Heilsgeschichte eingebaut, und das ist ein Geheimnis.
Die Heilsgeschichte beginnt damit, dass er Noah bewahrt, Abraham herausruft und das Geschlecht Abrahams führt. Er leitet Joseph durch Ägypten und das Volk Israel durch die Wüste. Dieses Volk wird von Gott geleitet.
Jetzt können wir auch sagen: In unserem Leben gibt es eine Spur der Heilsgeschichte Gottes. Wir sehen, wie Gott in unserem Volk eine Segensgeschichte geschaffen hat. Er sammelt seine Gemeinde, lässt das Evangelium verkündigen und fördert den Dienst der Liebe.
Warum gibt es denn so herrliche Menschen wie den schwäbischen Franz von Assisi, wie Albert Knapp vom Raff in der Stuttgarter Zeitung genannt wurde? Es ist doch schön, dass es Leute gibt, die ein Herz für andere haben und Liebe üben. So gewinnt in Menschen das Reich Gottes Gestalt.
Wenn man einen Blick darauf wirft, was Gott Wunderbares in der Weltgeschichte tut, erkennt man das wunderbarste Zeichen: die Geschichte Israels. Das bleibt eigentlich ein Rätsel, wenn man ein wenig die Geschichte kennt, wie der Staat Israel sich gesammelt hat.
Die Staatsgründung des jüdischen Volkes ist im Grunde unglaublich. Doch die Geschichte zieht sich durch die Jahrhunderte hindurch. Es gibt kein Land auf der Erde, wo die Juden nicht unter Missachtung gelitten haben.
Was geschah hier in Stuttgart und Esslingen? Im Mittelalter wurden Juden grausam verfolgt. Sie flüchteten in die Synagoge, und 1224 wurde diese angezündet und verbrannt. Dieses Volk wird dennoch von Gott weitergeführt.
Davon spricht Mose in der Geschichte Israels. Im Geschichtsverlauf Israels sind auch wir gesegnet, denn aus Israel, aus dem Volk der Juden, kommt Jesus, der Messias Gottes.
Gottes Gericht über Israel und die Bedeutung für Christen
Und da, was Mose zuerst sagt, ab Vers 15, ist, dass dieses Israel wie kein anderes Volk von Gott ins Gericht geführt wird. Das ist immer schwer, wenn man darüber redet, weil wir dann so sicher da sitzen, als ob Gott das uns so schenken würde. Das stimmt aber gar nicht. Wir haben ja noch ein viel schlimmeres Gericht verdient als das Volk Israel.
Das ist etwas, was heute unter Christen völlig abhanden gekommen ist: das Bußbewusstsein, das Wissen um das Gericht Gottes. Gott darf in unserem Leben viel zerschlagen, er kann viel zerschlagen. Dann würden auch viele der Fragen unterbleiben. Heute Morgen stand ich am Krankenbett eines Freundes, der noch vor kurzem hier in unserer Kanzel gepredigt hat, unser Reinhold Abraham. Ihm wurde übermittelt, dass er eine bösartige Krankheit hat.
Da muss man einfach sagen, dass Gott in unserem Leben auch viel Schweres zulassen kann. Gerade wenn Sie ihn an Pfingsten gehört haben und wissen, was für ein fröhlicher Zeuge und wichtiger Missionsmann er war, kann Gott morgen in unserem Leben etwas tun. Das ist nicht irgendeine Unheilsspur, sondern Gott hat eine Absicht damit. Gott will in unserem Leben den Übermut durchstrennen.
Will Gott nicht, dass wir fröhlich sind? Doch, Gott will, dass wir fröhlich sind, fröhlich vor dem Herrn. Das ist sogar ein Ausdruck des Glaubens in der Bibel. Aber dieses Fettsein, Übermut, Dick und Feist – das verachtet Gott. Das Furchtbarste ist, wenn Menschen Gott nicht mehr sehen. Wenn sie das vergessen und meinen, ihre Stärke reiche aus – wir hatten es ja jetzt mehrmals bei den Sonntagspredigten – meine Kraft hat das alles geschaffen.
Dieser schreckliche Übermut, dass Gott eifersüchtig sei, wird in der Bibel häufig erwähnt. Gott ist eifersüchtig, weil er uns dieses schreckliche Verbrechen nicht durchgehen lassen will. Denn wir gehen daran zugrunde: die Eifersucht mit fremden Göttern. Durch Gräuel hat Israel Gott erzürnt. Was war das für eine furchtbare Sache, was dort oben am Tempel alles stand! Bis hin zu den Prostitutionsgöttern, die sie dann in der Schlussepoche aufstellen ließ.
Bei Josia steht noch einmal die ganze Liste, was dort an schrecklichen assyrischen Götzenbildern wieder aus dem Tempel von Jerusalem entfernt wurde. Aber was ist erst in unserem Herzen drin an Göttern, die eine Herrschaft über uns haben? Gott will das nicht!
Wir sind sonst eigentlich immer der Meinung, wenn man das fünfte Buch Mose nicht liest, hast du mein Leben ganz gut und ich glaube ja auch ein bisschen an Gott. Aber so will Gott unser Leben noch ganz anders gestalten und prägen.
Deinen Fels, der dich gezeugt hat, hast du außer Acht gelassen, den Gott, der dich gemacht hat.
Die Berufung Israels und die Einheit trotz Zerfall
Vers 18
Was war das Geheimnis Israels? Gott hat sie erwählt und gerufen. Er hat sie zum Volk gemacht. Schon bei Abraham begann es. Was wäre Israel gewesen? Was war es bei Jakob? Was war es in der Wüste? Was war es unter Joshua? Israel zerfiel immer wieder.
Das ist besonders interessant für diejenigen, die heute die Israelreise miterleben und durch Begegnungen mit Juden immer wieder davon hören. Es gibt wohl kein anderes Volk, das so auseinanderstrebt, bei dem jeder eine eigene Meinung und Philosophie hat. Im politischen Leben sieht man die Vielzahl der Parteien im Parlament. Israel ist im Grunde durch nichts zu einen.
Ich erinnere mich an unseren Guide, als wir durch Tel Aviv fuhren. Er erzählte glücklich von der großen Schwulenparade, die dort stattfindet. Ich fragte ihn, wie das bei ihnen als Juden möglich sei, dass alles erlaubt ist. Da antwortete jemand: "Was eint euch als Juden letztlich?" Die Antwort lautete: "Die Tora, das Gesetz Gottes."
Das ist schon ein Luftsprung, wie er das überhaupt schafft. Es gibt kein anderes Bindeglied zwischen uns als die Berufung Gottes. Selbst der atheistische Jude hält in irgendeiner Form an dieser Berufung fest. Wir haben es ja verschiedentlich besprochen: Es gibt heute keinen Israeliten, der sich zu Israel zählt und nicht in irgendeiner Form an dieser Berufung festhält. Auch Atheisten, die noch ihre Synagogentreue zeigen, erkennen, dass alles, was sie sind und haben, von Gott kommt.
Wie viel mehr gilt das für uns heute! Es tut uns immer wieder weh, wenn wir sehen, wie in christlichen Gemeinden dieses Bewusstsein noch schlimmer verloren ist. Bei Israel kann man nur sagen: "Ich stamme von der Nachkommenschaft Abrahams, ich gehöre zum auserwählten Volk." Aber Christen können das vergessen. Dabei ist doch alles, was geschieht, ein Wunderwerk Gottes.
Man hat oft den Eindruck, heute wolle man das Evangelium dem modernen Menschen bringen. Aber wie soll das gehen? Wir sind doch nicht in der Lage dazu. Wenn es irgendwo Leben in einer Gemeinde oder bei uns gibt, dann ist es immer ein Wunder Gottes. Es ist ein Wirken Gottes, sonst käme es nirgendwo her.
Wir sollten uns immer wieder darauf zurückbesinnen: Es gibt keine andere Zurückbesinnung als auf den Gott, der uns gerufen hat.
Kritik an oberflächlichen Kirchenaktionen und die Rolle des Zeugnisses
Ich war sehr überrascht. Vor zwei Tagen war in der Zeitung sogar ein Artikel über diese ungewöhnliche Technoparty, die Pfarrer Stoth in Frankfurt veranstaltet hat. Dort gab es eine Modenschau oben ohne und alles fand in der Kirche statt, um die Kirche zu füllen.
Die Zeitung schrieb dazu, dass es mal wieder ein paar heilige Journalisten gibt. Man klagt ja oft über die Kirche, dass sie nicht konservativ genug sei. Aber man muss auch ehrlich sein: Oft ist das ein heuchlerischer Spruch von denen, die sowieso die Kirche verlassen wollen.
Letztlich interessiert uns eigentlich, was sie überhaupt wollen. Ich bin immer wieder überzeugt, dass man einen anderen nicht zum Glauben zwingen kann. Das braucht man auch nicht. Aber man soll ein Zeuge Gottes sein, und Gott kann es tun.
Wir wollen ganz stark dorthin zurückkehren, was Gott hier noch einmal zeigt: Alles, was geschieht, kommt von mir oder es kommt von Menschen her. Du kannst von niemandem etwas finden, der Fels, der dich gezeugt hat, der Gott, der dich gemacht und geschaffen hat.
Gottes Zorn und die Reaktion auf die Untreue Israels
Und nun geht es weiter: Als der Herr zornig über seine Söhne und Töchter war, sprach er: „Ich will mein Angesicht vor ihnen verbergen und sehen, was ihnen zuletzt widerfahren wird. Denn es ist ein verkehrtes Geschlecht, es sind untreue Kinder. Sie haben mich gereizt durch einen Nichtgott, durch ihre Abgötterei haben sie mich erzürnt. Ich aber will sie wieder reizen durch ein Nichtvolk, durch ein gottloses Volk will ich sie erzürnen.“
Was will Gott durch diese Geschichte bewirken? Mose sieht bereits die ganze Zukunft voraus. Es ist tief in unser Menschenwesen eingegeben, dass wir immer wieder im Dienst für Gott untreu sind. Trotz aller Not folgen wir ihm nicht. Wir reizen Gott, indem wir mit anderen Autoritäten spielen, die an die Stelle Gottes in unserem Leben treten. Dabei ist es doch so einfach, wie ein Kind zum Vater zu kommen.
Gott sagt: „Ich will sie wieder reizen durch ein Nichtvolk.“ Diesen Vers, Vers 21, hat Paulus in Römer 10 aufgegriffen. Dort schreibt er über die Geschichte des jüdischen Volkes und erklärt, dass dies der Heilsplan Gottes war, der schon bei Mose bereitstand. Gott sagt: „Wenn das Volk Israel mich nicht erkennt, dann mache ich noch etwas anderes. Dann hole ich mir ein Nichtvolk.“
Das Wort „Nichtvolk“ kommt vom Hebräischen her, es sind die Gojim, die Heiden. Die Weltmission, das Evangelium für die Heiden, ist laut Paulus eigentlich eine Reizung für die Juden. Es soll zeigen: „Guck, jetzt kommen die Heiden, und ihr habt es nicht ergriffen.“
Das Erschütternde ist, dass die Herzen der Juden dadurch erst recht versperrt sind. Wenn sie sehen, dass die Christen sich auf ihre Nachkommenschaft berufen, liegt darin vielleicht auch der Grund für die Ablehnung. Es ist ein unlösbares Spannungsverhältnis.
Wir sollten die Juden immer wieder reizen. Durch unsere Treue und wie wir Gott dienen, sollten wir bei den Juden ein Verlangen hervorrufen. So müssten wir dienen und so müssen wir das Wort aufnehmen. Dabei sollten wir auch Christus erkennen. In Römer 10,10 steht es: Was in Vers 21 steht, nämlich „Durch ein Heidenvolk möchte ich die Juden reizen“, hat aber auch keinen Wert, wenn es nicht angenommen wird.
Die Geschichte der Christenheit und Judenmission
Nun ist es natürlich so, dass gerade Christen bei Juden vielleicht am meisten zur Lästerung Gottes beigetragen haben. Das ist eine Last, die wir tragen. Die Geschichte der Christenheit im Umgang mit Juden ist von Anfang an voller schrecklicher Nöte und hinterlässt eine furchtbare Spur.
Bloß eines muss man unterscheiden, wenn man meinen Missionsspruch kennt – den Abschnitt über Judenmissionen, das gelbe, jenseits der endlosen Meere. Im Mittelalter gab es zwar Zwangsbekehrungen von Juden, aber doch nicht bei der Judenmission. Die Judenmission war eine ganz wunderbare Bewegung, die übrigens meist von Juden selbst getragen wurde, von Judenchristen – wunderbar.
Viele Judenmissionare sind im Konzentrationslager umgebracht worden, weil sie Juden waren. Und heute erschreckt es, wie man das zusammenstellt: Es gibt keine Judenmission mehr. Im Mittelalter, als der König die Kirche hatte, wurden die Juden bestellt und man verlangte von ihnen Zwangsschwüre. Es gibt die tollsten Beschreibungen von diesen Judenkonventen. Die Juden haben sich natürlich heftig dagegen gewehrt, doch das war nicht im Zeitalter des Pietismus.
Erst im Zeitalter des Pietismus wurde der Jude als Freund und Bruder entdeckt. Wenn man zum Beispiel liest, wie Zinzendorf mit Dacosta auf dem Schiff eine Gemeinschaft pflegte, als er von Amerika zurückkam, sieht man das deutlich. Er ließ diesen Juden in seinem Bett schlafen, während er selbst auf dem Boden lag, weil er dem Juden ein Zeichen der Liebe geben wollte. Das war vorher völlig undenkbar.
Diese ganzen herrlichen Zeichen hatten wir in Jerusalem. Wer dabei war, kennt die Geschichte der Leute von Grishona, der Spittler, Goba und vieler anderer, die den Juden dort gerade geholfen haben. Es ist auch hochinteressant, wie auf den Grabsteinen auf dem Zionsberg arabische, jüdische und deutsche Schrift zu finden ist. Das zeigt, dass um 1850 eine starke Liebe zu Israel bestand.
Der Historiker Alex Carmel von der Universität Haifa sagt sogar, dass diese Pietisten aus Württemberg den Juden erst gezeigt haben, dass man dort wieder siedeln kann. Der erste Kibbutz wurde erst dreißig Jahre nach der Ansiedlung der ersten Pietisten in Jerusalem gegründet. Das bedeutet, sie wollten die Juden reizen und locken, sie einladen, die Verheißungen anzunehmen.
Und das ist der Auftrag, den wir haben, wenn Gott uns das Evangelium gibt.
Gottes Gericht über Israel und die Hoffnung auf Heil
Und noch einmal zum schrecklichen Gericht, das Gott an seinem Volk Israel vollziehen lässt: Das ist für uns wirklich nur mit Zittern zu lesen und mit großer Erschütterung.
Ich weiß, wie viel es bewegt, dass man so wenig dagegen unternehmen kann. Aber wenn man sieht, dass dies in so vielen Völkern der Welt geschehen ist, bis heute noch in Ländern, wo Juden in Persien leiden oder im Orient, und wie der Hass gegen Israel fortwährend weitergeht, dann wird das besonders deutlich.
Ein Feuer ist ein Brand durch meinen Zorn und wird brennen bis in die unterste Tiefe. Es wird das Land mit seinem Gewächs verzehren und die Grundfesten der Berge anzünden. Ich will alles Unglück über sie häufen, ich will alle meine Pfeile auf sie schießen. Vor Hunger sollen sie verschmachten und verzehrt werden vom Fieber und von jähem Tod. Ich will der Tiere Zähne unter sie schicken und das Gift der Schlangen. Draußen wird das Schwert ihre Kinder rauben und drinnen der Schrecken den jungen Mann wie das Mädchen, den Säugling wie den Greis.
Man könnte sagen, es sollte aus sein mit ihnen. Gott hätte aufräumen können mit seinem verheißenden Volk. „Ich will ihren Namen tilgen unter den Menschen“, heißt es. Aber warum hat Gott es nicht getan? Weil er den Spott der Feinde scheute, ihre Widersacher.
Das hat ja auch Mose gesagt: „Herr, es ist doch deine Geschichte, die du da begonnen hast.“ Als Aaron das goldene Kalb gemacht hat, hat er doch Mose gesagt: „Du kannst dein Volk vernichten, du kannst mich vernichten, bring mich um, aber lass das Volk leben.“ Es war doch deine Heilsgeschichte. Wenn ich nicht den Spott der Feinde gescheut hätte, hätten ihre Widersacher es nicht erkannt und gesagt: „Unsere Macht ist groß und nicht der Herr hat dies alles getan.“
Die Feinde brüsten sich und meinen, sie hätten Israel besiegt, sie hätten Israel durch die Jahrhunderte demütigen können. Ganz erschütternd ist ja unsere württembergische Geschichte, etwa die von Oppenheimer. Furchtbar, der natürlich seine Orientierung suchte und nur über Macht regieren konnte. Furchtbar, wo es nie ums Evangelium ging, sondern eigentlich bloß immer um Kirchenmacht. Und alle, die über Israel die Hand erhoben haben und stolz waren.
Dann müssen Sie noch einmal die Predigt von Konrad Rieger lesen, der in der Leonhardtskirche, einem Pietisten, predigte, als der Süss-Oppenheimer gehängt wurde. So eine Bußpredigt: „Ihr als Christen, wo ist euer Leben, das einem Juden zum Anreiz wird, Christ zu werden?“ Ihr habt es, ihr seid rausgegangen und wollt da draußen sehen, wie er gehängt wird im Käfig auf der Prag.
Was mit dem Volk Israel geschieht, hat Gott auf unbegreifliche Weise im Gericht getan. Und wir dürfen vom Gericht Gottes nicht leichtfertig reden. Ich möchte nicht in die zürnende Hand Gottes fallen.
Wir sollten nicht bloß über die sehr einfache Frage hinweggehen: Gibt es eine Hölle oder gibt es keine? Natürlich gibt es sie. Jesus redet so viel darüber. Sonst wäre es furchtbar, dass es ein Gericht Gottes gibt.
Und wenn wir in unserem Leben unbereinigte Dinge haben und Gott nicht fürchten, kommen wir um. Denn Gott lässt uns nicht einfach so durchgehen. Am allerwenigsten lässt er es in seiner Gemeinde durchgehen, bei seinen Leuten, die sich auf ihn berufen.
Die Verstockung Israels und die Folgen
Vers 28: Israel ist ein Volk, dem man nicht mehr raten kann, und kein Verstand wohnt in ihnen. Ach, oh, dass sie weise wären und dies verstünden, dass sie merken, was ihnen danach begegnen wird.
Ihr denkt, es sei die richtige Botschaft, wenn sie in die Ferien gehen. Aber es ist auch wichtig, diese Stellen in der Bibel zu lesen und den Ernst des Evangeliums zu erkennen.
Wie kommt es, dass einer Tausend verjagt und zwei sogar Zehntausend flüchtig macht? Kommt es nicht daher, dass ihr Fels sie verkauft hat und der Herr sie dahingegeben hat?
Das Schlimmste, was uns geschehen kann, ist, dass Gott uns dahingibt. Paulus nimmt dies noch einmal auf in Römer 1: Gott hat diese Welt dahingegeben, dahingegeben unter die dunklen Mächte und das Böse, unter ihre Unreinigkeit und Finsternis. Jetzt können sie austoben, und die Welt ist ein Tollhaus. Gott sei Dank macht er auch weiter.
Aber hier steht, dass er Israel dahingegeben hat. Und das Schwerste ist: Wenn Gott seine Gemeinde dahingibt, kann man in den Kirchen noch so viel beten, wie man will, und Gott hört nicht mehr.
Dann wird es am Sonntag heißen: Der Himmel wird sich über dir ehren, weil Gott Gehorsam, Hingabe und Liebe will. Es gibt gar kein anderes Glaubensleben als das, das aus dieser Liebe zu Gott hervorgeht.
Gottes Urteil über die Feinde Israels und die Hoffnung auf Heil
Denn unser Feind ist nicht wie unser Fels. So müsst ihr selbst urteilen. Euer Weinstock stammt von Sodoms Weinstock und von dem Weinberg Gomorras. Eure Trauben sind Gift, sie haben bittere Beeren. Euer Wein ist Drachengift und verderbliches Gift der Ottern.
Und jetzt kommt noch einmal ein Heilswort: Ist dies nicht bei mir verwahrt, versiegelt in meinem Schatzkörper? Der Weg Israels ist wie der Weg Gottes durch die Weltgeschichte. So ist es von Gott geregelt, dass Gott am Ende sein Heil offenbart.
Am Ende siegt nicht das Schreckliche. Und wenn das Böse triumphiert, dann kommt doch Gott am Ende mit seinem Heilsplan für Israel noch einmal zum Ziel.
Die Rache ist mein, ich will vergelten, zur Zeit, da ihr Fuß gleitet. Denn die Zeit ihres Unglücks ist nahe, und was über sie kommen soll, eilt herzu. Denn der Herr wird seinem Volk Recht schaffen!
Das, was Israel geschieht, ist nicht, weil Israel irgendwo schlechter wäre als wir. Nein, Gott hat an seinem heiligen Augapfel demonstriert, dass er ein heiliger Gott ist. Das sollte Christen in die Buße treiben.
Gott wird seinem Volk Recht schaffen, und über seine Knechte wird er sich erbarmen. Denn er wird sehen, dass ihre Macht dahin ist und es aus ist mit ihnen ganz und gar.
Und er wird sagen: Wo sind ihre Götter, ihr Fels, auf den sie trauten, wenn das offenkundig ist, dass nichts mich mehr retten kann und nichts mich mehr erlösen kann?
Dann kann der Moment kommen, so wie es im prophetischen Wort heißt, wo Israel noch einmal Christus sieht, wenn er auf dem Ölberg steht, der wiederkommende Christus. Sie werden ihn sehen, den sie zerstochen haben.
Die Bedeutung des Glaubens an den einen Gott und die Gemeinde
Ich habe immer wieder Angst, dass heute in unserer Christengemeinde so vieles einfach über Bord geworfen wird und viel verloren geht. Wir wollen Gemeinde Gottes sein, seine Gemeinde, die ihm dient und die weiß: Er ist mein Fels, der Fels, auf dem ich stehe.
Er hat uns gemacht und zusammengeführt. Er baut seine Gemeinde auch in unseren Tagen. Und wo der Herr hier keine Gemeinde baut, können wir nichts tun. Entscheidend ist nie, was wir machen. Bei allem Rennen und Laufen ist entscheidend, ob Gott in unseren Tagen noch einmal durch sein Wort spricht, ob es ihr Leben verändert, ob Menschen zum Glauben kommen und ob Gehorsam geschieht.
So wird es auch bei Israel sein. Er wird sagen: „Wo sind ihre Götter, ihr Fels, auf den sie vertrauten, die das Fett ihrer Schlachtopfer aßen und den Wein ihrer Trankopfer tranken? Lasst sie aufstehen, euch helfen und euch schützen!“
Dann sagt Gott weiter: „Seht nun, dass ich allein bin und kein Gott neben mir ist. Ich kann töten und lebendig machen, ich kann schlagen und heilen. Und niemand ist da, der aus meiner Hand rettet.“
Wir sagen ja gerne, Mose sei der Größte vor Jesus – und das ist er wirklich. Er sieht ganz klar, wer Gott ist. Er gebraucht gern die Formulierung: „Der heilige Gott und der schreckliche Gott, vor dem man erzittern darf.“ Ist das die Botschaft heute Abend? Oder dürfen wir Gott als liebenden Vater kennenlernen?
Gottes Angesicht verbergen und Trost in schweren Zeiten
Vers 20 hat es geheißen: „Ich will mein Angesicht vor ihm verbergen.“ In Jesus ist nichts Böses aufgedeckt. Das durfte ich dem Reinhold Abraham sagen. Gott schenke dir auch in dieser Krankenzeit einen großen Segen.
Keine Gedanken des Leides, nur Frieden – auch wenn er uns in manchem erschüttert und Schweres auferlegt.
Ich habe mich gefreut: Auf dem Nachttisch hatte er das Liederbuch liegen. In Kummer kann man sich vom Herzen singen. Er hat gesagt, es helfe ihm gerade so viel. Ja, die ganzen Glaubenslieder sind alle in dieser Not entstanden, in dieser Erschütterung mit dem Schweren. Da haben die Menschen auf einmal wieder gemerkt, wo der Fels liegt und wo die Kraft ist, von der sie herkommen.
Und jetzt ist heute Abend ganz wichtig für mich: Ich kann mein Leben nicht selbst rechtfertigen, ich kann mich auch nicht lösen. Keiner von uns kann das. Allein schon von all dem, was heute geredet wurde, muss ich sagen: Ich habe vielfältige Schuld auf mich geladen. Aber das Herrliche ist doch die Macht und dass ich sein Kind sein darf.
Dann brauche ich mich auch nicht mehr zu bewegen, um zu sagen: Jetzt weiß ich, dass du mich auf guten Wegen führst, auch wenn du mich durch Dunkeltäler führst. Ich bin an deiner Hand. Wir sind mit hineingenommen in eine Geschichte Gottes mit dieser Welt.
Am schwersten wird es mir für das Volk Israel, was noch vor ihm liegt – ein unheimliches Geschehen. Wir können ihnen wenig abnehmen, aber wir sollten immer wieder für Israel beten. Die Liebe für Israel ist wichtig, weil das in der Bibel so eindeutig ist, und da ist auch die Kontinuität.
Bloß das Wissen: Das ist nicht alttestamentliche Sprache. So hat Jesus auch gesprochen, vom ernsten Nachfolgen, von der Not, dass man verloren ginge. Bei manchen Leuten ist es so, dass im Neuen Testament nur Liebe kommt und im Alten Testament nur Gericht. Das stimmt ja gar nicht!
Eine erschütternde Geschichte ist die von Herodes Agrippa in Apostelgeschichte 12. Er saß auf seinem Stuhl mit einem prächtigen Ornat und hielt seine Rede. Das Volk sagte: „Das ist nicht die Stimme eines Menschen, das ist Gottes Stimme!“ Schwupp, und der Herr schlug ihn, und die Würmer fraßen seinen Leib – oder wie es da steht. So zerbricht Menschenherrlichkeit im Neuen Testament!
Wie redet Jesus vom Heulen und vom Zähneklappern, wie redet Jesus vom Ernst! Das Große ist doch, dass ich sein Angesicht schauen darf. Was ist das Angesicht Gottes? Ich kann Gott nicht sehen; aber in Jesus hat er es mir verbürgt, dass ich durch seine Gnade leben darf. Und das ist etwas so Heiliges.
Wie hat Bonhoeffer da an dieser Stelle gerungen, dass wir keine billige Gnade verkündigen – „Oh, Gott vergibt ja überall“ –, sondern dass das etwas ganz Wunderbares ist. Ich weiß doch, wie sie in ihrem Leben oft zusammengebrochen sind, wenn ihnen plötzlich aufging: Was ist Schuld meines Lebens?
Es kann ein ungeschicktes Wort gewesen sein, und oft sind es ganz massive Dinge in unserem Leben. Und ich darf jetzt die volle Vergebung Jesu haben. Es ist jetzt alles vergeben.
Das war der Korinthen-Boom, immer geschenkt, wenn sie in der Lernherzkirche sprach – wer sie noch gehört hat –, wenn sie dann sagte: „Es ist in der Meerestiefe versenkt.“ Sie hat das immer wieder betont: Alle Schuld ist ganz vergeben, was vor Jesus ausgesprochen ist.
Sie hat noch hinzugefügt, dass außen an der Tafel steht: „Fischen verboten.“ Man darf die alten Dinge nicht mehr rausholen. Es ist weggetan und vergeben durch das Blut Jesu. Ganz gut, alles gut.
Das darf ich greifen. Das hat Mose noch nicht sehen können. Das ist neu, das ist die Offenbarung in Jesus. Und da ist die ganze Offenbarung Gottes abgeschlossen.
Stehen wir auf der Spitze: Mose hat darauf hingeschaut, er hat es geahnt, er hat sich gesehnt. Die Opfer und die Tiere, die da geschlachtet wurden zum Opfer, konnten die Schuld nicht lösen.
Gottes Macht und die Bedeutung von Anfechtungen im Glauben
Vers 39: Seht nun, dass ich es allein bin, kein Gott neben mir. Ich kann töten und lebendig machen, ich kann schlagen und auch heilen. Gott kann uns sehr hart führen, er kann uns auch zerbrechen.
Ich habe eine ganze Reihe von Reaktionen von Ihnen bekommen, weil ich vor etwa 14 Tagen in der Predigt sagte: Der Satz von Johann Tobias Beck lautet, es ist gut, dass Anfechtungen in unserem Leben passieren. Denn erst durch Anfechtungen kommen wir im Glauben weiter. Ohne Anfechtungen werden wir ganz flach. Dann fangen wir erst wieder an zu suchen – durch Unruhe, durch Angst. Nicht, dass Gott uns scheucht, sondern wir kommen der Wahrheit überhaupt erst nahe.
Deshalb ist es oft gut, dass wir immer wieder hineingetrieben werden. Und dann steht doch nur dieser Gott vor uns, der nichts weiter will, als ein Vater, der seinen Sohn erzieht, der uns aus Liebe holt. Wissen Sie, in Gott gibt es keine dunklen Flecken.
Wir haben immer einen lieben Gottesdienstbesucher, der mich immer daran erinnert, und ich vergesse es immer wieder: In der Bibel steht, denke ich, gerne noch einmal daran, dass das Gericht nichts Negatives ist. Wenn Sie das Essen richten, ist das etwas Positives. Wenn Sie ein Gericht auf den Tisch stellen, etwas, das Sie gekocht haben, ist das etwas Positives. Wenn Gott etwas richtet, also in Ordnung bringt, ist das ebenfalls etwas Positives.
Wir sehen ja immer: Das ist Gott, der Richter. Ja, wir schreien doch immer: Wo ist ein Gott, der etwas tut? Wo kann er denn etwas anderes tun als in unserem Leben – dieses Richten, dieses Zurechtbringen?
Gottes Strafe und die Verantwortung der Menschen
Und jetzt kommen noch Vers 40 an diese Verse, noch einmal auch im Blick auf die Geschichte Israels. Denn ich will meine Hand zum Himmel heben und sagen: So wahr ich ewig lebe! Wenn ich mein blitzendes Schwert schärfe und meine Hand zur Strafe greife, so will ich mich rächen an meinen Feinden und denen, die mich hassen, vergelten. Ich will meine Pfeile mit Blut trunken machen, und mein Schwert soll Fleisch fressen mit Blut von Erschlagenen und Gefangenen, von den Köpfen streitbarer Feinde.
Jetzt sagen Sie, das ist doch eine blutrünstige Sprache. Unser lieber Bruder Fritz Grünzweig hat ja das ganze Leben bei jeder sich bietenden Gelegenheit betont und gesagt: Solange er lebt, möchte er andere zur Buße aufrufen über das, was ihre Generation an Juden getan hat, an der Blutschuld. Sie haben ihn sicher wenig verstanden.
Es ist doch umgekehrt: Die Blutschuld hängt doch an unseren Fingern. Ich weiß, dass viele bei Israel, wenn sie durch Yad Vashem gehen, sagen, sie seien schon einmal dort gewesen und bräuchten nicht mehr hineinzuschauen – die Gedenkstätte an die Opfer der Juden. Aber man muss einfach immer wieder hineingehen und sehen, dass das mit dem Blut unsere Handlungen sind – deutsche und Welthandlungen, auch heute, was überall geschieht.
Es geht nur um Aufrechnung. Aber der Kommunismus hat auch viele Tote gefordert, die Welt ist voller Toter, und Gott sagt: Ich bin ein Racheer des Blutes. Es ist wichtig, dass wir uns auch davon lösen und sagen: Herr, wir wollen nicht mit der Schuld belastet sein.
Der Patenonkel meiner Frau, Julius von Jan, hat in Oberlinningen damals am Bußtag nach der Reichskristallnacht eine Predigt gehalten. Wenn man die heute noch einmal liest, war sie schon fantastisch. Wundert es uns, dass so ein Dorfpfarrer, der so schlicht nach Herrn Zuffenhausen gewirkt hat, das so klar gesagt hat?
Liebe Gemeinde, wenn wir nicht um Buße und Vergebung schreien über das, was jetzt vorgestern passiert ist, dann sind wir alle verlorene Leute. Dann stehen wir mitunter in der Blutschuld. Aber wir müssen schreien für diese Folgen, für diese Menschen. Einfach begriffen: Wir haben doch etwas in Gang gesetzt, und jetzt müssen wir das Erbarmen Gottes herbeirufen.
Er ist ja dann schwer verletzt zusammengeschlagen worden und in eine Strafkompanie versetzt worden. Das war ein einzelner Schrei, aber die Sache ist ja richtig. Die Sache ist richtig. Wo ist es? Unser Volk lebt ja wie im Rausch, bloß noch unterhält es sich darüber, ob die D-Mark besser ist als der Euro oder der Euro besser als die D-Mark und wie man nur den Profit vergrößern kann.
Das, was in unserem Volk auch als Geschichte ist und durch die ganze Geschichte hindurch: Was haben wir daran teil? Wir sind ja auch nicht besser, und auch die Kirche und die Christen nicht besser. Aber die richtige Haltung ist: Herr, wir leben von deiner Vergebung, von deinem Wunder. Man darf nicht immer sagen, es ist so blutig, was im Alten Testament drinsteht. Die Weltgeschichte ist blutig, und es ist wunderbar, dass mit dem Opfer Jesu alles Blut endgültig gesühnt ist.
Wer das anruft, der braucht kein Blut mehr, der braucht auch keine Vergeltung und keine Rache mehr. Das braucht man nicht mehr.
Gottes Rache und die Verheissung der Versöhnung
Preist ihr Heiden sein Volk, denn er wird das Blut seiner Knechte rächen. Er wird an seinen Feinden Rache nehmen und das Land seines Volkes entsühnen.
Es ist doch herrlich, dass der Herr dies tut und dass der Herr dies bringt.
Vor einiger Zeit hatten wir das schöne Erlebnis, dass ein Enkel des KZ-Kommandanten von Auschwitz zum Glauben fand und in unserer Gemeinde mitarbeitete. Wir haben extra nicht darüber gesprochen. Es geht nicht nur um die jüdische Geschichte, sondern um alle Blutsgeschichte.
Soll man über die Abtreibungen reden? Über was soll man heute sprechen? Über Krieg und was weiß ich alles?
Wir leben vom Wunder der Vergebung Jesu, der uns liebhat. Das ist so herrlich, dass man sagt: Ich kann es nicht abarbeiten, sondern ich darf unter dem Segen Jesu noch einmal leben.
Erst wenn man das Alte Testament liest, kann man das Wunder der Vergebung Jesu richtig begreifen. Was es ist, dass Neues geschieht und dass eine unheilvolle Weltgeschichte abgebrochen wird.
Gott ist nicht der Blutrünstige, sondern wir Menschen sind leider die Blutrünstigen. Wir sind diejenigen, die um Macht kämpfen, den Vorteil suchen und die anderen zurückstoßen.
Das herrliche Schicksal soll jeder heute Abend mitnehmen: Gott hat dich lieb, er hat dir vergeben, er will dir alles lösen. Du kannst es nicht abarbeiten, du darfst nur danken.
Daher bete ich jetzt nur noch, dass Israel auch den Frieden bekommt, den du uns geschenkt hast. Diejenigen, die heute Nacht in den Schützengräben sitzen müssen und unter den Radarschirmen sind, finden keinen Frieden in dieser Welt.
Und immer wieder auch die Sehnsucht: Herr, es muss doch möglich sein, dass Israel erkennt, wer ihr Messias ist und wer sie erlöst.
Aber auch in unserem Volk wird so viel Gotteslästerliches gesprochen, auch in der Gemeinde Jesu und im Volk Gottes. Darum sei umkehrbereit, Herr, wir wollen dir dienen und dir gehören.
Ich hoffe, das war nicht zu ernst, aber es ist die Botschaft der Bibel. Darin liegt viel, viel Segen auch für uns.
