Liebe Konfirmanden, ich will Euch etwas von David sagen. Ich meine nicht David Copperfield, den großen Trickkünstler aus San Diego, der jetzt wieder in der Schleyerhalle durch Feuer und Wände marschiert. Ich meine auch nicht David Hasselhoff, den großen TV-Star aus Hollywood, der in Baywatch als Rettungsschwimmer von Malibu seine Fans entzückt. Ich meine keinen dieser Glitzer- und Flimmerhelden, sondern ich meine David, das große Multitalent aus Israel, der es vom Hirtenbuben zum Liedermacher, Feldherrn, ja Großkönig gebracht hat.
Und David heißt: Von Gott geliebt. Manche sind von der Oma geliebt. Das ist schön. Ihre laufenden Sonderzuweisungen halten das sonst eher magere Taschengeld auf erträglichem Niveau. Manche sind vom Patenonkel geliebt. Das ist prima. Er setzt den Wunsch in die Wirklichkeit um: "Bringet nur recht viel herbei, dass der Fritz auch glücklich sei." Manche sind vom Freund geliebt. Das ist irre. Vom Schlosspark bringt er die Blümchen und bei McDonalds bezahlt er den BigMac.
Aber noch viel schöner ist, von Gott geliebt zu sein. Noch viel gewaltiger ist, mit Gottes Liebe zu leben. Noch viel atemberaubender ist Gottes Geliebter zu sein.
Am liebsten würde ich jedem von Euch diesen Namen als Zweitnamen in das Stammbuch schreiben. Michael David, das heißt "Michael von Gott geliebt". Oder Björn David, das heißt "Björn von Gott geliebt". Oder Susan Davida, "Susan von Gott geliebt". Oder Katharina Davida, "Katharina von Gott geliebt". Es gibt gar niemanden, der diesen Zweitnamen nicht bekommen könnte, denn Gott will mit allen Freundschaft halten. Er kennt keine Pärchenwirtschaft, wo nur zwei die Köpfe zusammenstecken. Er kennt keine Cliquenwirtschaft, wo nur ein paar sich mögen. Er kennt keinen Club, wo andere ausgeschlossen ist. "So hat Gott die Welt geliebt,dass er seinen einzigen Sohn gab." Gottes Geliebte finden sich rund um die Erde, und Ihr sollt dazu gehören, Stiftskonfirmanden '95 von Gott geliebt.
An was werden sie erkannt? Durch was werden sie erfreut? Was bekommen Gottes Geliebte geschenkt? Ich will es Euch an der bekannten Geschichte von David und Goliath deutlich machen.
1. Sie bekommen ein richtiges Herz
Es war wieder einmal Krieg in Israel. Das Töten und Morden in Palästina ist ohne Ende bis zum heutigen Tag. Die Philister, die Erzfeinde stießen über die Grenze vor und bedrohten das ganze Land. Schnell wurde mobil gemacht und ein Heer aufgestellt, zu dem auch die drei Brüder Davids gehörten. Die Mutter machte sich Sorgen um diese Buben. "Die werden doch nicht satt mit der Marschverpflegung. Die kriegen doch nicht genug mit dem Schlag Erbsensuppe aus der Gulaschkanone. Die bleiben doch bärenhungrig mit einer Scheibe Kommissbrot- ohne Aufstrich. David, komm, nimm diesen Esskorb und spiel die Feldpost. Zehn Brote sind drin für die Buben und ein Käse für den Feldwebel, echter Schmierkäse für den Spieß."
David war einverstanden. So marschierte der Dreikäsehoch, besser Zehnkäsehoch los und schlug sich bis zur vordersten Frontlinie durch. Und dort erlebte er das wortgewaltige Trommelfeuer des Goliath, wie dieses drei Meter große Muskelpaket, wie diese moderne Superwaffe aus Eisen und Leder Hohn- und Spottsalven gegen die israelitischen Landser abfeuerte: "Ihr Angsthasen, warum kommt ihr nicht! Ihr Hasenfüße, warum kämpft ihr nicht! Ihr Schlappschwänze, traut ihr euch nicht?" Und diese Wortraketen hatten solche Wirkung, dass sich die israelitischen Soldaten im nächsten Mauseloch verkrochen und wie Espenlaub zitterten. Originalton der Bibel: "Allen entfiel das Herz."
Liebe Freunde, es können einem im englischen Vokabeltest die Wörter entfallen. Es ist schlimm, wenn man nicht mehr weiß, dass "man" Mann und "house" Haus heißt. Oder es können einem beim Familientreffen die Namen entfallen. Es ist schon schlimm, wenn man nicht mehr weiß, dass die Patentante Frieda und der Schenkonkel Gustav heißt. Aber am schlimmsten ist, wenn einem das Herz entfällt, wenn einem das Herz hinunterfällt, wenn einem das Herz in die Schuhe rutscht. Angsthasen und Hasenfüße haben ihr Herz nicht mehr am richtigen Fleck.
Und das war eben bei David anders. Ihm ging solche Verhohnepiepelung der Geliebten Gottes auf den Geist. Dieser Dreckschleuder von Goliath muss der Mund gestopft werden. Deshalb meldete er sich freiwillig zum Zweikampf. Die Landser lachten, die Brüder schimpften, König Saul setzte ihm einen viel zu großen Helm auf den Kopf, unter dem nur noch das Kinn hervorschaute. Aber David verzichtete auf solchen Kopfschutz. "Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott auf den ich hoffe", so hieß sein Lied, und mit dem zog er los.
Liebe junge Freunde, Ihr werdet alle ins Feuer geschickt. Leben ist kein Spaziergang und kein Karussellfahren, sondern Kampf. Goliath hat viele Namen und viele Gesichter. Himmelangst kann einem werden, wenn man an das denkt, was auf Euch zukommt: Examen, Stellensuche, Arbeitslosigkeit, Krankheit. Nur Geliebte Gottes ziehen anders los. Gott nietet das Herz fest, dass es nicht mehr wegrutschen kann. "Es ist ein tolles Ding, dass das Herz fest werde", sagt die Bibel.
Sie bekommen ein richtiges Herz.
2. Sie bekommen den richtigen Blick
Nun also steht David vor dem Goliath, der Liliput vor dem Riesen, der Bergfloh vor dem Elefant. War das ein Gleichgewicht der Schrecken. Hier ein Stecken, dort eine Lanze. Hier ein Fell, dort ein Panzer. Hier eine Schleuder, dort eine geballte Ladung. Kleiner Mann, was nun? Bei der ersten Feindberührung wird er dich zum Churrasco, zum Spießbraten machen.
Aber David sieht es anders. Seine Augen sehen nicht rückwärts auf die geschockten Kameraden, die bestimmt keine Rückendeckung geben. Seine Augen sehen nicht seitwärts auf die notdürftige Ausrüstung, mit der kein Blumentopf zu gewinnen ist. Seine Augen sehen nicht vorwärts auf den gewaltigen Koloss, der nach Kanonenfutter hungert. Davids Augen sehen in diesem spannenden Augenblick hinauf zu dem Herrn, der seinen Leuten Vollschutz gibt. Deshalb sagt David: "Ich komme zu dir im Namen des Herrn", denn wer im Namen des Herrn kommt, kommt nie allein, auch wenn es für unsere Augen so aussieht.
Jesus selbst hat dies bewiesen. Als dieser Geliebte Gottes im Garten Gethsemane auf Judas und die römischen Häscher zuging, die ihn festnehmen sollten, da schaute er auch nicht rückwärts auf die erschreckten Jünger, auch nicht abwärts auf seine leeren Hände, auch nicht vorwärts auf den übermächtigen Feind. Jesus schaute hinauf zu seinem Vater, der gesagt hat: "Niemand wird sie aus meiner Hand reißen."
Liebe Freunde, wer zu Jesus steht, wird oft alleine stehen. Wer mit Jesus geht, wird oft alleine gehen. Gottes Geliebte tragen den französischen Wappenspruch: "Si omnes, ego non", wenn auch alle, ich nicht. Wenn auch alle sich verkrümeln, ich nicht. Wenn auch alle sich verstecken, ich nicht. Wenn auch alle sich aus dem Staub machen, ich nicht. Und dann kommt alles darauf an, nicht rückwärts zu schauen in die ängstlichen und grinsenden Gesichter, nicht abwärts zu schauen auf die ohnmächtigen Hände, nicht vorwärts zu schauen auf den übermächtigen Feind. Seine Leute schauen hinauf zu dem Herrn, der gesagt hat: "Ich bin bei euch alle Tage." Geliebte Gottes blicken's und wissen: Wir gehören entgegen allem Augenschein auf die Seite des Siegers.
Vielleicht hat es Dietrich Bonhoeffer am schönsten formuliert, der am 9. April 1945, also fast genau vor 50 Jahren hingerichtet wurde, aber vorher aufschaute und schrieb:
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag."
Geliebte Gottes bekommen den richtigen Blick.
3. Sie bekommen das richtige Wort
David besaß nur fünf Steine, die er schnell am Bach aufgehoben und in die Hirtentasche gesteckt hatte. Mit Steinen kann man Autoblech verbeulen oder Fensterscheiben einschmeißen oder Raubvögel verscheuchen, aber keinen Panzerturm umwerfen. Trotzdem nahm David den Kampf auf, griff in die Tasche, spannte die Sehne, zielte auf den Mann und schleuderte den Kieselstein pfeilgenau. Dann stürzten drei Meter Mensch und 81 Kilo Eisen ins Gras. Alle Welt erkannte, dass Israel einen Gott hat.
Auch unsere Welt muss dies wieder erkennen, weil sie die Wirklichkeit Gottes verkennt. Gott ist kein X oder Y der Geschichte. Gott ist kein ferner Nebel oder nebelhafte Ferne. Gott ist nicht der, der mit Lichtgeschwindigkeit an Terrain verliert. Gott ist der Herr dieser Welt und Vater Jesu Christi, der damals gesagt hat: "Gehet hin! Machet zu Jüngern alle Völker und siehe, ich bin bei euch alle Tage."
Und dazu gibt er auch die nötige Ausrüstung, nämlich fünf Worte. Die dürfen nicht in der Tasche bleiben. Die müssen in die Welt geschleudert werden. Die hauen den stärksten Mann um, nämlich: "Jesus Christus König und Herr." Helft mit, dass er groß werde.
Liebe Konfirmanden, nach 36 Dienstjahren seid Ihr der letzte Jahrgang, den ich konfirmieren darf. Ihr habt mir diese letzte Runde leicht und schön gemacht. Euren Eltern und Paten kann ich nur gratulieren, dass es Euch gibt. Nun begleiten Euch meine Gebete und mein besonderer Wunsch, dass Ihr auch etwas ordentlich werdet: Krankenschwester, Pfleger, Erzieherin, Lehrer, Beamter, Künstler, aber vor allem werdet und bleibt Geliebte Gottes. Gebt den Zweitnamen nie auf. Die Davids, nur die Davids bekommen das richtige Herz, den richtigen Blick und das richtige Wort:
sein ist das Reich, die Kraft, die Ehr,
gilt kein anderer Namen,
heut und ewig. Amen."