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Das Allerbeste vom Leben?

30.08.1998Psalm 63,1-12

Die Sehnsucht nach Leben und Heimat in einer bewegten Welt

Wenn einen jetzt auf den Plakaten viele Kandidaten zur Wahl anlächeln, dann habe ich mir in meinem Kopf ausgedacht: Was wäre wohl in unserer Republik los, wenn einer der Kandidaten oder Kandidatinnen auf den Gedanken käme zu sagen, wir wollen, dass 40 Millionen Menschen über Nacht ihr liebgewonnenes Heim verlassen und irgendwo in der Fremde Obdach suchen? Und wenn es nur in einem mickrigen Zelt ist, sollen sie dafür auch noch tüchtig bezahlen. Ich glaube, den Kandidaten hätten alle weggejagt. Das gibt es ja nicht.

Wir machen alles freiwillig, was uns so verpönt erscheint, im Urlaub. Im Urlaub – was ist das für eine wunderbare Völkerwanderung! Ich genieße es ja auch. Der Günther mit der Trompete kam gerade von den USA zurück von der Konzertreise, und ich weiß nicht, wo sie alle herkommen oder noch im Aufbruch sind.

Mit großer Sehnsucht geht man los. Das haben die Hunnen und Vandalen in der Völkerwanderung nicht in Bewegung gesetzt: was Jahr für Jahr auf den Weg macht und geduldig im Stau steht. Wir haben ja alle in diesem Urlaub ein großes Ziel, einen Wunsch: Wir wollen doch irgendwo aufatmen können, uns verwirklichen, Leben finden. Das sind doch die schönsten Zeiten des Jahres für viele.

Und der Urlaub – das ist ein Wort, ja, das prägt unsere moderne Zeit so typisch. Unsere Vorfahren haben das überhaupt nicht gekannt, was das ist. Aber es lässt wissen, dass es eine große Sehnsucht, eine Hoffnung gibt, dass man da etwas findet.

Oft erinnert es mich, wenn ich mit böser Zunge reden soll, ein wenig an den Fluch, den einst Gott über die ersten Menschen gesprochen hat: „Unsteht und flüchtig sollst du sein“ – große Heimatlosigkeit. Oder das Leben ist schön, aber kostspielig. Man kann es auch billiger haben, aber dann ist es nicht mehr so schön.

Also im Urlaub muss man irgendwie etwas machen, damit es schön ist. Wie wird es ganz arg schön? Wie kann man das Beste rausholen? Günter Grass hat einmal empfohlen, man solle den Augenblick mit der Teigwalze ausrollen, auskosten in der ganzen Breite. Denn die Lust des Lebens verfliegt in einem Nu.

In allem, was wir so genießen – die Vorfreude auf das Essen, wenn man satt ist, dann vorbei. Die Menschenlust verfliegt, hält nicht an. Es liegt über der ganzen Erde, in der Vorfreude, die großen Erwartungen. Nachher: Ach ja, es ist jetzt schon wiederum vorbei.

Der philosophierende König Salomo hat gesagt: Das ist alles auf der Erde ein Haschen nach Wind. Es bleibt gar nichts in der Hand drin.

Da sagen die Älteren dann: So ist es mit dem ganzen Leben. Kaum hat man begonnen, kaum ist man gestartet, wartet man voller Sehnsucht und dann ist man schon wieder vorüber.

Die Jungen sagen dann: Ja, ihr habt ja euer Leben schon hinter euch, aber wir wollen noch etwas ganz Tüchtiges kriegen vom Leben. Wir suchen immer in der falschen Richtung. Wir suchen immer in der falschen Richtung.

Lebenserfüllung in der Wüste: Davids Perspektive

Dieser David – wo betet er? Im ersten Vers heißt es: „in der Wüste“, in der trostlosen, heißen Wüste. Feinde stellen ihm nach. Er sehnt sich nach einer Flasche Wasser, nach einer frischen Quelle. Er wünscht sich, einmal wieder in einem richtigen Bett zu liegen – das wäre doch Leben. Er vermisst seine Eltern, seine Lieben, möchte wieder in der frohen Gemeinschaft der Familie sitzen. Solche Sehnsüchte kennen viele.

Das Interessante an diesem Psalm ist jedoch, dass David das Leben ganz anders beschreibt. Er sucht an einem anderen Ort. Wenn wir in einer solchen Situation sind – einige von Ihnen gehen ja durch Wüsten, durch Wüsten des Lebens, ganz allein, ohne Kraft, durstig, sehnsüchtig – und was bei David noch schlimmer war: er wurde von Feinden bedrängt, die ihm nach dem Leben trachteten. Ich hoffe, dass Sie das nicht durchmachen müssen.

In all dieser Sehnsucht würden wir sagen: „Gott, wenn es dich gibt, dann musst du mir jetzt richtiges Leben schenken. Du musst dafür sorgen, dass das Elend ein Ende hat.“ So beten wir doch: „Herr, verändere die Wüste, mach eine blühende Oase daraus, mach jetzt alles anders, hilf mir, nimm mir die Schwierigkeiten weg.“

Nein, David betet nicht so. Er sagt: „Ich bin mitten in der Wüste, an der Lebensquelle. Ich habe das Leben gefunden, bin mittendrin, mitten in der Wüste.“ Er will gar keine Änderung der Umstände. Und das ist bei David anders als bei uns. Er findet das Leben an seinem schwierigen, notvollen Platz, wo er sagt: „Eigentlich ist es nicht zum Aushalten – die brennende Sonne, der Durst, die Erschütterungen, die Ängste des Lebens und die Sorgen. Ich weiß nicht, wie alles weitergeht.“

Es ist ein Fehler, dass wir immer wieder meinen, je mehr wir ins Leben hineinpacken, je mehr irdische Güter wir bekommen, desto mehr hätten wir das Leben. Mir ist oft passiert, dass man im Urlaub wandert. In den Alpen ist das besonders schwierig. Dort kann man auch einen falschen Weg einschlagen. Wenn man mit Freunden unterwegs ist, sagt der Erste: „Ich glaube, wir sind falsch.“ Das Vernünftigste wäre, zurückzugehen und an der Weggabelung zu schauen, ob man den richtigen Weg genommen hat.

Aber es gibt auch Leute, die sagen: „Nein, wir laufen einfach weiter!“ Dann sagen sie: „Wir müssen schneller laufen!“ Doch schneller laufen macht es nicht besser, wenn man auf dem falschen Weg ist. In den Alpen ist das besonders schlimm, wenn man eine Abkürzung machen will und sagt: „Wir laufen die Wiese runter!“ Dort ist ein Hang, man sieht nicht genau, wohin die Wiese führt. Wiesen können sehr gefährlich werden, wenn die Neigung immer größer wird. Am Ende kommt der Abhang, und man steht an einem Punkt, wo man weder vorwärts noch rückwärts kann.

Wenn man auf dem falschen Weg ist, muss man überlegen: Bin ich auf dem richtigen Weg? Es gibt heute so wenige Menschen, die innehalten und fragen: „Ist mein Leben überhaupt richtig gelebt? Oder bin ich auf einem Holzweg? Wo finde ich meine Lebenserfüllung?“

Nicht in den Gütern, sagt die Bibel immer wieder. Ein Mensch lebt nicht davon, dass er viele Güter hat. Selbst wenn man die ganze Welt gewinnt, ist das nicht entscheidend. Vielmehr kommt es darauf an, was David hier sagt: „Gott, du bist mein Gott, nach dir dürstet meine Seele.“

Herr, von dir kommt die Lebenserfüllung, die Lebensfreude. Auch wenn ich in ganz schwierigen Umständen lebe, wenn du mich annimmst, wenn du deine Hand auf mich legst, wenn du mich führst, dann will ich auch an diesem wüsten Platz aushalten. Und dann ist das ein herrlicher Platz, und ich will dir danken und dich loben.

David will keine Veränderung seines Lebensortes, sondern mitten darin will er Gott preisen und rühmen. „Mein ganzer Leib sehnt sich nach dir.“ Davon kommen die Unruhen des Lebens zur Ruhe, denn die Befriedigung unserer körperlichen Organe, unserer Nerven und Sinne kann nur kommen, wenn wir in Gott ruhen. Wenn wir in Gott geborgen sind, hat das Auswirkungen bis hinein in das Körperliche unseres Lebens und in unseren kranken Leib – davon bin ich überzeugt.

Wenn Sie in Gott ruhen, wenn Sie in schwierigen Augenblicken sagen können: „Ich stehe in der Hand meines Herrn und will darin stehen bleiben“, dann sollten Sie einmal die Psalmen Davids lesen.

 Psalm 27 lautet: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen?“

Hinter ihm sind die Soldaten Sauls Heer, die ihm nach dem Leben trachten. Und dennoch sagt er: „Wenn sich auch ein Heer gegen mich lagert, so blicke ich nur auf den Herrn.“ (Psalm 27,3) Schlagen Sie es auf, wenn Sie eine Bibel dabei haben.

Er legt seine Sorgen in die starken Hände des Herrn. Er legt sein Leben, seine angeschlagenen Nerven und seine Ängste dort ab und lässt Gott wirken – in dem großen Frieden: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten?“ „Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen?“

Die wahre Quelle der Lebensfreude

Müssen Sie aufpassen: Keine noch so wilde Vergnügung, kein noch so wilder Sinnesrausch, keine noch so große Menge Geld und keine noch so große Beförderung in Ihrem Beruf gibt Ihnen die Befriedigung, wie sie der lebendige, ewige Gott Ihrem Leben schenkt.

Das heißt in der Schöpfungsgeschichte so schön, dass Gott einen lebendigen Atem in den Menschen hineinhaucht – und genau dieser Atem fehlt uns. Den Atem, damit man richtig leben kann, durchatmen kann, gerade in den Schwierigkeiten, in die Gott uns hineingestellt hat.

Ein weiteres Bild: Bei David ist es wie bei einem Kompass. Sie kennen das: Ein Kompass zeigt immer nach Norden. Den können Sie schütteln, auf den Kopf stellen oder rückwärts hinlegen, wie Sie wollen – er zeigt immer nach Norden. So ist es auch mit David. In jeder Lebenslage singt er das große Lied der Freude: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Dieses Lied wurde auch in einer trostlosen Stunde gedichtet. „Ob ich schon wanderte durchs finstere Tal, ich fürchte kein Unglück.“ Das ist der Grund, wo Ruhe, Erfüllung und Frieden sind.

Wenn Sie mehr vom Leben haben wollen, müssen Sie an der richtigen Stelle suchen.

Jetzt steht noch etwas Wichtiges darin: Es gibt etwas Größeres als Leben. Etwas Größeres als Leben. Leben ist ja heute das kostbarste Gut. Auf den Straßen hört man das Tatütata, alle Autos fahren an die Seite, über den Gehwegstein, was auch immer, Hauptsache Platz machen – jetzt kommt ein Rettungswagen. Leben muss gerettet werden, auch wenn fünf andere Autos zusammenstoßen. Es kostet, was es wolle, es geht ums Leben. Leben zu retten hat höchste Priorität.

Manchmal fragt man sich ja, ob das in unserer Zeit nicht ein bisschen extrem getrieben wird. Viele alte Menschen liegen in Pflegeheimen. Man sagt, es geht darum, das Leben an sich zu verlängern, auch wenn das Bewusstsein und das Gehirn gar nicht mehr mitmachen. Ist das ein Wert an sich, Leben? Darüber will ich jetzt nicht philosophieren.

Aber das Interessante an unserer Zeit ist: Ganz selbstverständlich sagt man lieber, ein Bein zu amputieren, als zu sterben. Leben ist mehr. Oder es werden Pillen und Medikamente und bittere Sachen geschluckt – alles nur, damit man das Leben erhält. Leben ist das kostbarste Gut. Und bis ins hohe Alter hinein, wenn ich noch ein bisschen länger leben dürfte, ist die große Sehnsucht da, viel vom irdischen Leben und von der irdischen Lebenslänge auszukosten.

In der Bibel wird es ganz anders gesehen. David sagt: Es gibt etwas viel Besseres als Leben. Es ist gar nicht wichtig, wie lange ich irdisch in dieser Welt lebe. Was ist mehr als Leben? Deine Güte, Herr, ist besser als Leben – Deine Güte.

Ja, was ist das, die Güte Gottes? Kennen Sie die Güte Gottes? An der Güte Gottes verzweifeln ja viele Leute. Sie sagen: Ich sehe nichts von der Güte Gottes, weil in meinem Leben so viel Schwere passiert. Dann fangen sie an zu fluchen und zu lästern.

Wo erkennt man denn Güte Gottes? Erkennt man Gottes Güte nur, wenn man gut gegessen hat und satt ist? Nein, da erkennt man sie auch nicht. Über die irdischen Gaben müsste man Gottes Güte ein Stück weit schon erkennen können – über die Gaben der Schöpfung.

Ich las in diesen Tagen in der Biografie von dem chinesischen Märtyrer Wang Mingdao. Ich konnte ihn noch im Alter in Shanghai in einer Hausgemeinde besuchen. Er war schon über neunzig und erblindet. Er schreibt in der Biografie, wie er sich als junger Mann bekehrt hat, mit einundzwanzig Jahren. Da war er feurig und wollte den Glauben richtig entdecken.

Er hat sich an einem bitterkalten Januartag taufen lassen – noch einmal taufen lassen. Er war als Kind presbyterianisch getauft worden. Sein Vater war fromm, ein Arzt, aber er starb im Boxeraufstand. Doch Wang Mingdao ließ sich noch einmal taufen, eine Glaubenstaufe, um alles richtig zu machen. Ihm war es gerade recht, dass man mit Äxten das Eis auf dem Fluss aufhacken musste. Dort ist er eingetaucht. Er sagte, die Kleider, die ich anhatte, waren danach ganz gefroren. Es war ein furchtbar kalter Wintertag, aber er hat es gemacht und sagte: „Ich möchte Gott richtig dienen.“

Das war damals in einer Pfingstgruppe. Dann sagte er, er möchte auch die Kraft des Heiligen Geistes an sich erfahren. Er hat probiert, wie er wollte, mit dem Zungenreden hat es nicht so funktioniert. Er konnte es zwar auch so wie die anderen, aber er merkte, es war nicht echt. Das war nur von ihm produziert.

Dann schrieb er in seiner Biografie: Der Heilige Geist berührt uns nirgendwo so stark, wie wenn wir mit unserer Schuld vor Gott treten. Das ist der Moment – er sagt nicht Zungenreden, sondern wenn ich von Gott geheiligt werde, wenn Gott meine Schuld ausstreicht. Da erlebe ich seine Güte und seine Liebe.

Wenn ich richtig in der Enttäuschung über mein Vergehen, meine Untreue vor Gott komme und dann erlebe, dass er mir alles vergeben hat, alles erlassen – welch eine Liebe, welch eine Güte Gottes! Da erleben Sie Gottes Güte ein Leben lang.

Abends, wenn Sie zu Bett gehen, können Sie sagen: Herr, was bist du wunderbar, wie du mir mit großer Geduld die alten Sünden immer wieder wegnimmst – meine Verfehlungen, meine Untreue.

Wo kann ich Gottes Güte erkennen? Das ist das Herzstück des christlichen Glaubens, wo wir Gott erfahren. Da ist Gott so groß, dass er mich nimmt, mich in seiner Liebe trägt und mich aufnimmt.

David sagt in Psalm 63,6: Herr, ich hätte gern deine Macht und Herrlichkeit gesehen. Herrlichkeit ist der Lichtglanz Gottes, deine Macht, deine Krone. Dann sagt er: Das ist meines Herzens Freude und Wonne. Im Urtext steht hier eigentlich „Mark und Fetz“. Die Israeliten waren Feinschmecker, und ich sage: Das schmeckt besonders gut, fett und markig. Das ist für mich der allerkostbarste Leckerbissen, wenn ich deine Güte erlebe.

Wo kann ich Gottes Güte schauen? Dort, wo Jesus für meine Sünden stirbt. Das ist der Punkt, wo ich Gottes Güte sehe – täglich neu. Das ist das Herzstück des Evangeliums: Da hat Gott seinen Sohn für mich dahingegeben. So lieb hat er mich.

Alles andere in meinem Leben ist nicht so leicht zu deuten. Aber da kann ich deuten, dass ich ihm wert bin. Und ich habe ein Anrecht darauf, dass Gott bei mir ist.

Das war für David wichtig. Er sagt: Mein Gott, mein Gott – Sie hören das so schnell und legen es wieder beiseite. Also, wie ich es meiner Frau sage: Mein Taschentuch, mein Gott, der zu mir gehört in jeder Lebenslage, gerade in den dunklen Stunden.

Mein Gott, der stellt sich ganz zu mir in meiner Not, in meiner Schwäche, in meinem Leiden, in meiner Trauer. Mein Gott, ich traue auf ihn!

Das Hebräische kennen Sie ja auch: Mein Gott, Eli. So hat Jesus am Kreuz noch gerufen. In der letzten Todesqual reißt mich das heraus. Mein Gott! Und da bindet sich Jesus an den ewigen Gott.

Darum bin ich der Meinung, dass Jesus am Kreuz nicht von Gott verlassen war, als er es rief. Er hat die Abgründe der völligen Verlassenheit, der höllischen Verdammnis gespürt und hat sich in dem Augenblick an den ewigen Gott gebunden.

Darum gibt es keine Verlassenheit mehr für den, der sagen kann: Ich gehöre Gott, ich bin sein Eigen. Mein Gott und Herr – ich bin bei ihm und bei ihm getragen und gehalten.

Freude und Geborgenheit trotz Lebenslasten

Genieße das Leben! Die Bibel ermutigt uns immer wieder dazu, das Leben zu genießen und uns daran zu freuen. Dabei sollten wir uns jedoch nicht oberflächlich an den falschen Dingen erfreuen, sondern die Freude in ihrer ganzen Tiefe erleben.

Werfen wir nun einen Blick auf David, wie er durch die Wüste streift – durstig und voller Sehnsucht. Er erfüllt die kahle Wüste mit seinen Lobliedern. Tun Sie das auch? Ihr Singles, die Sie so sehr unter Ihrer Einsamkeit leiden, singen Sie! Ihr Trauernden, singt!

Im zweiten Vers stand früher im alten Luthertext: „Frühe suche ich dich.“ Warum früh? Weil er mit der ersten Kraft des Tages zu Gott sucht, bevor die Sorgen schwer auf ihn fallen. Die Stille vor Gott und die Freude darüber: „Herr, ich bin doch dein, du bist mein Gott. Ich lege alles in deine Hand. Nach dir verlangt mir das Herz.“

Dann sagt er: Das ist doch das herrliche Mark und Fett, wenn ich dich loben darf. Sehr interessant ist, dass wir oft einen falschen Blick haben, indem wir die irdischen und materiellen Dinge so ernst nehmen, die doch vergehen. Das Unsichtbare, das ewig ist, betrachten wir dagegen oft nur oberflächlich.

David versenkt sich tief in diese Gedanken und sagt: „Ich will singen und meine Lieder.“ Und wenn er sich zum Bett legt, ist das sehr schön. Man kennt das Gefühl, wenn man aus dem Urlaub zurückkommt und denkt: „Komisch, auf der ganzen Welt, in keinem Fünf-Sterne-Hotel gibt es so ein schönes Bett wie zuhause.“ Das allerschönste Bett, das es überhaupt gibt. Und da fühlt man sich richtig wohl.

David sagt: „Ich mache mein Bett zu einem Betsaal. Wenn ich mich zum Bette lege, denke ich an dich. Wenn ich wach liege, sinne ich über dich nach.“ Auch im Schlaf kommen ihm schwere Gedanken über uns. Deshalb ist es umso wichtiger, wenn man wach liegt, über das brennende Herz Gottes nachzudenken.

Manchmal zweifelt man an sich selbst und ist mit sich im Streit. Hoffentlich geht es Ihnen auch manchmal so. Nicht nur bewundernd vor dem Spiegel zu stehen und zu sagen: „Ach, wie schön bin ich.“ Sondern auch zu sagen: „Was bin ich doch für ein komplizierter, schwieriger Mensch.“ Und dann sich zu freuen, dass Gott einen liebt und annimmt – mit allen Mängeln und Fehlern. Nichts kann dazwischenkommen. Er liebt Sie um Jesu Willen ganz und gar, will Sie verändern und erneuern.

Sinnen Sie darüber nach: „Denn du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.“ Ich weiß nicht genau, was „frohlocken“ bedeutet, aber es muss ein ganz vergnügtes, fröhliches Jauchzen und Springen sein. Ich atme durch, freue mich, und plötzlich weiß die Angst: Das Wesen des Herrn ist da.

Ich habe Sie jetzt dauernd angesprochen, und am liebsten würde ich es mit Ihnen einüben. Es gibt ja moderne Sprüche darüber, was Urlaub sein soll, zum Beispiel „die Seele baumeln lassen“. Das ist Quatsch! Was heißt hier „Seele baumeln lassen“? Hier heißt es: Meine Seele hängt an dir. Ihre Seele soll Ruhe finden, nicht baumeln.

Ruhe – das wäre im Urlaub schön. Wenn Sie sagen: „Ich bin wieder ganz ruhig.“ Ich werde hin und her geschüttelt, trage die Schwierigkeiten meines Lebens und nehme meinen Platz ein – auch die Lasten, die Gott mir auferlegt. Ich bejahe das und stille mich darunter. Deine Hand hält mich.

Im Württembergischen gab es einen Mann, der sich gerade auf seine Bibelstunde vorbereitete, als ihn der Herzschlag ereilte. Die Geschichte hat mich damals sehr berührt, denn er hatte sich gerade mit dem Wort „Deine Güte ist besser als Leben“ beschäftigt. Da ist er zusammengesunken, und der Herr hat ihn heimgeholt.

Es ist gut, wenn man daran denkt: Was ist mein Leben? Habe ich das wirklich wahre, erfüllte Leben gefunden? Dann braucht man nicht zu trauern, sondern darf danken. Manche haben das Leben sehr schwer erlebt.

Amos Comenius, der der hussitischen Brüdergemeinde in Prag angehörte, hat die Nöte des Dreißigjährigen Krieges miterlebt. Er versteckte sich im Wald, seine Frau starb, und er war völlig verzweifelt. Er schrieb: „Wo soll man sich auf dieser elenden und betrübten Welt hinwenden? Was soll man anfangen? Wo ist Hilfe, wo ist Rat? Ach, wenn doch der Tod käme und dieser Trübsal, Jammer und Elend endlich ein Ende machte!“

Dann erzählt er von diesen furchtbaren Tagen, als alle ihre Häuser niedergebrannt waren und sie obdachlos wurden. Niemand konnte ihm helfen, keinen Gedanken, den er hatte – erst Christus. Und dann zitiert er: „Er gab meiner Seele endlich volle Ruhe, Trost und Freude.“

Später sagt er: Im Dreißigjährigen Krieg gibt es nur einen Grund für den Krieg, der überall liegt: Der Mensch ist immer nur auf sich bezogen und sieht sich als das Weltzentrum. Der Mensch hat Gott verloren, und darum geht es drunter und drüber. Er muss wieder in die richtige Beziehung zu Gott kommen.

Und zum Schluss noch ein Originalzitat von Amos Comenius, mit dem ich schließen möchte: „Wer nicht in seinem Gott als in dem Zentrum bleibt, den schleudert es hin und her, bis er daran zerstäubt.“

Hoffentlich finden Sie den gewissen Frieden. Der Herr hält meine Seele, und ich bin in seiner Hand geborgen. Amen.