
Ich las Kapitel für Kapitel. Gott ist souverän über die Mächtigen dieser Welt, souverän über die Naturgewalten, souverän selbst über Teufel und Dämonen. Er ist souverän über alles, was in dieser Welt geschieht, souverän über jeden Teil unseres Körpers, souverän über jedes Atom, Subatom und Subsubatom. Alles ist unter der Kontrolle Gottes.
Dann kam ziemlich am Schluss das Kapitel: Gott ist souverän in der Rettung der Menschen. Ich dachte: Ja klar, er ist souverän in der Rettung der Menschen. Er initiiert unsere Rettung, schickt seinen Sohn. Der Sohn kommt, liefert den Gehorsam, den der Vater verlangt, und stirbt an unserer Stelle, gestraft vom Vater. All das hat Gott initiiert. Gott rettet, das steht außer Frage.
Aber das Kapitel ging weiter und sagte: Gott ist souverän. Und was heißt souverän? Souverän bedeutet uneingeschränkt. Wenn Gott rettet, dann rettet er so, dass er von uns in keiner Weise eingeschränkt wird. Das war schon starker Tobak.
Das Bild war ungefähr so: Wenn Gott rettet, dann schickt er dir nicht einfach, wenn du am Ertrinken bist, irgendeinen Rettungsring und ruft dir zu: „Greif zu, da bist du gerettet.“ Nein, er steigt herab, umschließt dich und zieht dich heraus. Noch viel schlimmer: Du bist eigentlich schon ertrunken, du bist tot, und er holt dich heraus. Du bist völlig passiv.
„Oh, das tat weh. Das konnte ich damals nicht akzeptieren. Uneingeschränkt, er allein, er fragt mich nicht einmal, ich habe nichts dazu zu sagen.“ Und dann kamen natürlich tausend Fragen automatisch dazu: Was ist denn mit der Evangelisation? Warum rufen wir dann Menschen zur Umkehr? Warum sagen wir ihnen, sie sollen glauben? Und was ist mit der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird? Was ist mit all diesen Dingen?
Sind wir Menschen denn einfach Spielfiguren in Gottes Playstation? Dann macht er mit uns, was er will. Können wir die Evangelisation getrost Gott überlassen? Seine Erwählten werden ja so oder so kommen. Sparen wir uns also all die mühseligen Aktivitäten zur Evangelisation? Ist das nicht sowieso viel zu teuer? Das geht ja auch von alleine.
Dann kam noch eine andere Frage: das Wachstum der Kirche in den ersten drei Jahrhunderten. Das war für mich immer ein Phänomen. Kurz nach Pfingsten kamen im Westen ein paar Tausend Menschen durch die Predigt von Petrus zum Glauben. Etwa hundert Jahre später waren es schon mehrere Zehntausend. Vielleicht 50. Um das Jahr 300 schätzte man etwa 1,2 Millionen Christen im Römischen Reich. Das sind ungefähr zwei Prozent der damaligen Bevölkerung. Das ist nicht viel.
Aber jetzt haltet euch fest: In den nächsten 50 Jahren, von 300 bis 350, hat sich diese Zahl mehr als verzehnfacht. Von 1,2 Millionen auf 34 Millionen. Das heißt, mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Römischen Reiches. Man stelle sich das vor: In der Schweiz hätten wir in fünfeinhalb Jahren die Mehrheit der Bevölkerung evangelikal. Davon träumen natürlich alle Missionsstrategen.
Das bringt mich zum Nachdenken: Was waren die Gründe dafür? Je nachdem, wo man nachliest, findet man verschiedene Erklärungen. Vor allem in systematischen Theologien wird ein Grund genannt: das Werk des Heiligen Geistes. Gott hat es getan.
Praktische Theologen und Missionstheologen nennen andere Gründe. Sie sprechen von soziologischen, menschlichen, wirtschaftlichen und sprachlichen Gründen. Die Ursache sei das Koine-Griechisch gewesen – alle sprachen dieselbe Sprache, das habe ungemein geholfen. Oder es gab ein ausgebautes Straßennetz, das erleichterte die Verbreitung. Oder es gab den Pax Romana, den römischen Frieden, der die Evangelisation erleichterte.
Ich will in den nächsten Minuten mit euch die Frage klären, warum ich persönlich überzeugt bin, dass Gott absolut souverän handeln muss in unserer Rettung, wenn wir denn überhaupt gerettet werden sollen.
Der erste Punkt ist der schwierigste. Die Souveränität Gottes ist weit schwieriger zu verstehen als das Thema Evangelisation. Als zweiten Punkt wollen wir dann anschauen, wie sich die Souveränität Gottes mit den Eigenschaften Gottes verträgt, insbesondere mit seiner Liebe und seiner Gerechtigkeit. Wie passt das zusammen?
Schließlich wollen wir, wenn noch Zeit bleibt, die Frage klären, weshalb wir eigentlich überhaupt noch evangelisieren sollen, wenn Gott sowieso souverän in der Rettung der Menschen handelt. Warum also?
Zuerst zum Wichtigsten: Gott regiert souverän, das heißt uneingeschränkt, auch in unserer Rettung. Er rettet tatsächlich absolut souverän. Wenn er Menschen rettet, fragt er sie nicht einmal, wenn man das verbindlich ausdrücken will. Er rettet sie einfach, er zieht sie heraus. Das ist eine Tatsache, die in der Bibel unmissverständlich steht.
Als ich damals ein Buch zu diesem Thema gelesen habe, ging es mir vielleicht ähnlich wie heute Abend. Ich kann es euch nicht abnehmen, aber ich bekam Magenkrämpfe, ich war sehr aufgeregt – vielleicht stundenlang, vielleicht ein paar Tage, ich weiß es nicht mehr genau. Es war wie eine Bekehrung für mich. Irgendwann war es gesetzt, und es war gut so.
Ich weiß nicht genau, wie und wann es geschah, aber eines Tages, einige Tage später, konnte ich es einfach akzeptieren: Du bist Gott, und ich bin Mensch. Du regierst, und zwar in allen Bereichen, auch in meiner Rettung.
Ich habe jetzt keine Zeit, mit euch ausführlich alle relevanten Bibelstellen durchzugehen. Ich will nur eine Stelle kurz anschauen. Es ist die bekannteste, aber auch die provokativste und zugleich die deutlichste. Diese finden wir im Kapitel 11 des Römerbriefes.
Ich kann mich noch erinnern, als ich Jugendlicher war. In unserer Gemeinde gab es Bibelstunden, und unser Pastor legte den Römerbrief aus. Wir waren bei Römer 8, und ich freute mich schon darauf, dass wir bald zu Römer 9, 10 und 11 kommen würden. Ich wusste, dass dort schwierige Dinge stehen, und war gespannt darauf.
Doch dann sagte der Pastor, wir würden direkt zu Römer 12 springen. Das war ein Schock für mich. Er meinte, die Kapitel 9 bis 11 seien zu schwierig und sollten ausgelassen werden. Heute Abend lasse ich das nicht aus.
Schau, da schreibt Paulus: Die Gemeinde, also Jakob und Esau, waren noch nicht geboren und hatten noch nichts Gutes oder Böses getan. Doch ihrer Mutter Rebekka wurde gesagt, damit gültig bleibe, was Gott in freier Wahl bestimmt hatte – nicht aufgrund ihrer Taten, sondern aufgrund der Berufung. Der Ältere werde dem Jüngeren dienen.
Wie geschrieben steht: „Jakob habe ich geliebt, Esau habe ich gehasst.“ Jakob habe ich erwählt, Jakob ist mein Ding, und Esau übergebe ich. Das hören wir oft nicht.
Ich kann verstehen, dass man das einfach übergeht. Ich kenne die Einwände, die sofort kommen. Einige sagen, es gehe ja gar nicht um Individuen, sondern um Nationen, um Edom oder Israel. Das ist richtig, und der Kontext bestätigt das.
In Römer 9 bis 11 geht es tatsächlich um die Erwählung Israels. Aber Israel beginnt mit einem Individuum, mit einem Menschen. Es beginnt mit Abraham und nicht mit Nachor, mit Isaak und nicht mit Ismael, mit Jakob und nicht mit Esau, und mit der Erwählung Judas und der anderen Stämme.
Ganz klar geht daraus hervor: Die Erwählung von Individuen führt natürlich zu einem Volk. Paulus fährt dann fort und sagt, dass die, die er nun berufen hat – und das sind wir, die er erwählt und gerettet hat –, nicht nur aus den Juden stammen, sondern aus allen Völkern.
Paulus’ Argumentation ist also: Er hat aus allen Völkern einzelne Menschen erwählt und gerettet, dich und mich, um daraus ein Volk zu machen. Das ist das Programm Gottes.
Es geht also nicht nur um die Erwählung von Nationen, sondern um die Erwählung von Individuen.
Nun, wir können einfach einen Test machen: Wenn wir sagen, Gott hat sich dafür entschieden, Israel ein bisschen mehr zu segnen als Esau, regt sich keiner groß auf. Oder wir sagen, Gott hat in seiner weisen Voraussicht – sieht Gott überhaupt alles im Voraus? Ja, Gott weiß alles im Voraus. Er weiß, dieser Jakob ist der Gute, und der Esau ist der Böse. Und ich habe mich deshalb, weil ich es im Voraus wusste, für Jakob entschieden.
Dann geht der nächste Vers aber nicht auf. Das ist eine einfache Frage: Was passiert, wenn wir diese Stelle richtig verstanden haben? Was passiert? Ganz simpel und einfach stellst du die Frage: Ist Gott ungerecht? Was soll das? Wenn du das richtig verstanden hast, folgt diese Frage automatisch.
Paulus wusste das. Er löst mit dieser These diese Frage aus: Ist Gott denn ungerecht? Er schaut genau hin. Es liegt also an der Aussage, dass Paulus sagt, es liegt an Gottes freier Wahl und nicht aufgrund von Taten der Menschen, die er vielleicht sogar vorausgesehen hat. Gott entscheidet sich völlig souverän, welche Menschen errettet werden sollen und welche nicht.
Ich weiß, das ist eine der gehasstesten Passagen in der Bibel von vielen Christen. Ich kann es nicht mehr verstehen, aber ich weiß, das ist so. Die Reaktion ist: Das ist ungerecht! Das ist ungerecht! Paulus geht gar nicht mal auf diese Frage ein: Gott ist ungerecht? Nein, nein, er legt gleich noch nach. Denn zu Mose sagt er: Ich werde Erbarmen zeigen, wem ich Erbarmen zeigen will, und Mitleid haben mit wem ich Mitleid haben will.
Es liegt also – und jetzt kommt es noch einmal – er legt nach, er provoziert, bis wir es nicht mehr aushalten: Es liegt also nicht an jemandem Wollen oder Mühen. Habt ihr richtig gehört? Es liegt nicht daran, dass du Gott willst oder dass du dich bemühst, sondern an Gott, der sein Erbarmen zeigt.
Das regt fürchterlich auf. Das kann doch nicht sein! Gott, du schaltest doch nicht unseren freien Willen aus! Ich bin Schweizer, und ich liebe die Freiheit. Und guck mal, wir Schweizer wissen, was Souveränität ist. Wir sagen: Der Souverän, das sind wir, das Volk. Und wenn das Parlament oder unsere Regierung irgendeinen Missbeschluss fasst, der uns nicht gefällt, können wir das Referendum ergreifen. Oder wir können eine Initiative starten. Wir können jeden Mist in die Bundesverfassung schreiben lassen. Das sind wir Schweizer.
Diese Kultur überträgt sich automatisch auf unser Gottesverständnis. Souveränität, sagt mir Gott, Souveränität in allen Ehren, aber sie hat ihre Grenzen, besonders dort, wo es entscheidend wird. So hat Gott selbstverständlich auch in Sachen der Erlösung uns eine Wahl vorzulegen. Er schickt also aus seiner himmlischen Kommandozentrale den Schweizer – und nicht mehr den aller Menschen – einen Abstimmungszettel. Darauf steht: Willst du gerettet werden, ja oder nein? So stellen wir uns das vor. Wir entscheiden ganz allein. Gott darf vielleicht noch wie die Schweiz ein Abstimmungsbügle mitliefern und alle guten Argumente aufführen, aber es wäre doch noch nett, wenn er die Gegner auch noch zu Wort kommen lässt. Aber wir entscheiden.
Nein, wir entscheiden nicht. Gott sei Dank, dass ich mich nicht für Gott entscheiden musste, sondern dass Gott sich für mich entschieden hat. Guck mal, ich hätte mich nie, nie, niemals für Gott entschieden, da bin ich hundertprozentig sicher. Warum? Weil ich tot war. Was kann ein Toter denn noch hören? Was kann ein Toter denn noch machen?
Ihr wart tot durch eure Verfehlungen und Sünden, in denen ihr einst gelebt habt, schreibt Paulus. Ihr wart tot – nicht krank, sondern mausetot. Und dann kannst du selber probieren, was du mit dem Toten machen kannst. Du kannst ihn anschreien und ankicken und was auch immer, er rächt sich nicht.
Viele sagen: Ja gut, okay, es braucht Gnade. Ja. Aber ich bin doch auch noch immer beteiligt. Gott schenkt mir Gnade, damit ich zustimme. Gnade, sagen sie, ist nicht einfach unwiderstehlich, sondern ich kann der Gnade widerstehen. Der Vorteil ist ja: Es braucht Gnade, die Leute sind immer noch auf der sicheren Seite. Ich brauche Gnade, um gerettet zu werden, jawohl. Sünde ist ein großes Problem, ich brauche Gnade. Der Nachteil ist: Es braucht Gnade, aber Gnade reicht nicht aus. Sie reicht nicht. Es braucht etwas mehr.
Es ist ganz offensichtlich, dass diese Gnade Gottes nicht bei allen Menschen gleich wirkungsvoll ist. Das bleibt die entscheidende Frage offen: Weshalb wirkt diese Gnade Gottes bei einigen mehr, sodass sie sich für Gott entscheiden, und bei anderen eben nicht genug, sodass sie Gott ablehnen? Ja, man muss mitwirken, sagen die Leute. Aber weshalb wirken dann einige Menschen mehr mit und andere zu wenig? Kriegen dann nicht alle die gleiche Medizin, um es so zu sagen, die gleiche Gnade?
Jetzt kannst du dich ganz persönlich fragen – das frage ich immer bei unseren Studenten: Warum bist du Christ und dein Onkel nicht, dein Arbeitskollege nicht, dein Nachbar nicht? Warum? Weil du fremder bist? Weil du intelligenter bist und es besser kapiert hast? Weil du netter bist? Weil du gläubiger bist? Weil du mehr die Bibel gelesen hast? Weil du mehr Gott gesucht hast?
Da kannst du aber weiterfragen: Warum bist du denn intelligenter, Rastian? Warum bist du fremder oder netter? Warum hast du Gott mehr gesucht? Warum bist du eifriger auf der Suche nach Gott? Warum hast du dich für Gott entschieden? Es ist ganz einfach: Sobald du diese Antwort irgendwo so beantwortest und sagst, jawohl, ich habe halt ein bisschen mehr, ich habe es halt besser kapiert oder ich habe mich mehr herangestellt oder was auch immer, dann kommt eine Sache ganz klar nicht mehr zum Tragen.
Paulus sagt: Wo bleibt das Rühmen? Das Rühmen ist ausgeschlossen. Wenn Gottes Gnade dich begnadigt, hast du genau so viel Grund, dich zu rühmen – null, absolut null! Er ist der nervige Paulus, der sieht das ziemlich eng. Jesus ist der viel herzlichere und offenere. Zu ihm darf kommen, wer will, oder? Jesus sagt: Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater.
Und dieses Ziehen – ich habe so gedacht, dass Gott so ein bisschen pfeift: Komm mal her! Na, keine Lust! Das Ziehen könnt ihr gerne mal im griechischen Text nachschauen, was das bedeutet. Das ist richtig gehen, physisch, so: Der eine ist passiv und der andere ist aktiv. So sieht das aus. Also, wenn ich eine Leiche schleppe, das ist ungefähr das, was man für Ziehen hier einsetzen kann.
Wie in aller Welt könnte es anders sein, wenn Paulus sagt, wir waren mausetot, dass wenn Gott zieht, dann muss er alleine ziehen, und ich kann nichts dazu beitragen. Da ist keiner, der Gutes tut, nicht einer, der Gott sucht. Ja, sie suchen den Brötchengeber, hat Theoliemann immer gesagt, Gott als Brötchengeber. Sie suchen die Wohltaten Gottes, aber nicht Gott.
Thomas von Aquin hat das wunderbar auf den Punkt gebracht: Er sagt, Menschen suchen verzweifelt nach Seelenfrieden, sie suchen nach Befreiung von Schuld, nach Bedeutung und Zielen in ihrem Leben, nach liebender Annahme. All diese Dinge suchen sie. Und wir wissen, diese Dinge kann nur Gott schenken.
Jetzt machen wir folgenden Fehler: Wir denken, weil die Leute das suchen, suchen sie Gott. Aber das tun sie nicht. Sie suchen nur die Wohltaten Gottes, sie suchen nur die Segnungen Gottes, aber mit Gott wollen sie nichts zu tun haben. Das hat Daniel ja vorhin auch so ähnlich gesagt. Sie suchen die Wohltaten Gottes, aber den Schöpfer ehren sie nicht als das, was er ist.
Oh, wie bin ich froh, wie bin ich froh, dass Gott sich für mich entschieden hat – souverän! Ich hätte ihn nicht gesucht und ich hätte ihn nie gefunden. Ich bin nicht froh, was in Römer 10,20 steht: Ich wurde gefunden bei denen, die nicht nach mir suchten. Ich bin ja quasi über Gott gestolpert.
Anders merkt man es bei Paulus. Er hat Gott nicht gesucht, er hat ihn verfolgt. Ich habe mich gezeigt denen, die ihn nicht suchten. Das war bei mir der Fall, und ich bin sicher, das war auch bei dir der Fall.
Aber er liebt nicht alle Menschen gleich. Es kommt diese sehr moderne Vorstellung: Gott liebt alle Menschen ausnahmslos genau gleich. Und wenn er es nicht tut, ist er ungerecht. Mir fällt auf: Die meisten Christen haben kein Problem damit, dass Gott bei ihnen unglaublich viel gewirkt hat, sie gezogen hat, sie bekehrt hat. Das ist nicht ihr Problem. Niemand käme auf die Idee, Gott einen Vorwurf zu machen und zu sagen: Gott, du hast mich zu sehr manipuliert, das ist nicht fair.
Das macht ja auch keinen Verliebten, denn es gibt ja unwiderstehliche Liebe. Das kennen wir: unwiderstehliche Liebe. Man kann nicht widerstehen, es geht nicht. Man ist verliebt, es geht nicht. Da beklagt sich keiner: Du, das ist nicht fair, ich möchte eine neutrale Position. Das geht nicht. Also machen wir das bei Gott auch nicht. Wir sagen nicht: Okay, komm, ich möchte ganz neutral sein. Wir haben also kein Problem damit, dass Gott uns manipuliert und dass seine Liebe unwiderstehlich ist.
Nein, das Problem ist nicht mit uns, das Problem ist mit denen, die sich vor Gott entscheiden, wo Gott angeblich zu wenig wirkt oder vielleicht tatsächlich zu wenig wirkt. Und da sagen wir: Das ist nicht fair, das ist nicht gerecht. Gott, du musst – sagen wir – wir setzen auf den Richterstuhl: Gott, du musst jeden genau gleich lieben.
Muss er? Ich finde dieses Bild in der Bibel nicht. Ich finde es nicht. Warum beruft Gott Abraham und nicht einen der Pharaonen? Was spricht für Abraham, was spricht gegen den Pharao? Warum segnet Gott Israel und nicht Ägypten? Warum eigentlich? Warum erscheint Gott dem Paulus in absolut radikaler Art, aber nicht Pilatus? Warum?
Wir sagen also richtig: Paulus sagt etwas anderes. Er sagt: „Ups, da bin ich einst zu weit.“ O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen und unerforschlich seine Wege! Ich kann es nicht verstehen. Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt und wer ist sein Ratgeber gewesen? Wir machen uns zum Ratgeber, wenn wir Gott sagen: Gott, das ist nicht recht! Nein, wer hat ihm etwas geliehen? Dann müsste es ihm von Gott zurückgegeben werden. Denn aus ihm – das haben wir eben gerade gehört – jetzt kommt das Allentscheidende: Warum das alles aus ihm und durch ihn und auf ihn ist. Alles ihm sei Ehre in Ewigkeit. Amen.
Also Paulus sagt, das dient alles zur Verherrlichung, zur Ehre Gottes. Nun, ich weiß, diese Begründung reicht meist nicht. Sie denken also, Gott macht das halt trotzdem „ene mene mu“ und raus bist du. Völlig willkürlich. Völlig willkürlich. Tut er aber nicht. Und Sie sagen: Gott ist ungerecht.
Wenn Gott ungerecht ist, haben wir ein Problem. Aber Gott ist nicht ungerecht. Gott handelt gerecht. Eines können wir sicher sein: Gott ist immer gerecht. Wenn er Menschen begnadigt, ja, das ist nicht gerecht, aber es ist nicht ungerecht. Das ist ein Unterschied.
Und wenn Gott gerecht ist, wenn Leute sagen: Gott, ich will, dass du gerecht bist, dann wehe uns. Wir haben es eben gehört: Wehe uns! Wir haben null Stich gegen Gott. Er muss uns verdammen, er muss uns verurteilen. Das ist Gerechtigkeit. Also schrei nie nach Gerechtigkeit Gottes, sondern nach Gnade.
Zweitens schreibt Paulus den Christen in Ephesus, dass Gott uns vor Grundlegung der Welt auserwählt hat – und zwar nicht nach dem Zufallsprinzip, nicht nach „ennem ennemu und raus bist du“, sondern er schreibt dort: nach dem Wohlgefallen seines Willens. Sehr deutlich sagt er das: nach dem Wohlgefallen seines Willens.
Das heißt diese Superintelligenz, diese Superweisheit: Gott überlässt nichts dem Zufall. Er hat seine Gründe, warum er dich und mich gewählt hat. Ich kenne die Gründe nicht, aber er kennt sie. Gott hat seine guten Gründe, warum er dich und mich wollte.
Einen kleinen Hinweis finde ich in der Bibel, einen kleinen Hinweis, warum Gott sich für gewisse Menschen entscheidet, warum Gott sich das Vorbehalten hat, in der Rettung der Menschen souverän zu sein. Wir finden einen Hinweis bei ihm. Das ist ganz klar. Wir haben ihn schon mal gehört.
Ich kann immer aufbauen, das ist so gut. Der Erste hat es immer schwer, dann muss er die Grundlage legen, der Zweite kann aufbauen auf den ganzen Vorträgen hier. Die Grundlage ist die Ehre und Herrlichkeit Gottes.
Paulus schreibt in Korinther: Schaut doch auf eure Berufung, liebe Brüder und Schwestern. Da sind in den Augen der Welt – nicht in den Augen Gottes – nicht viele Reiche, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme. Er fragt mal ganz direkt: Wie viele Milliardäre gibt es hier drin? Na, traut sich keiner zu antworten, wenn er Angst hat, er kriegt den Bettelbrief von mir.
Also schaut euch um, vorne, links, rechts: Es sind nicht wahnsinnig viele Regierungsräte oder Bundesräte hier drin, gar keine. Im Gegenteil: Das Törichte dieser Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zu beschämen, und das Schwache dieser Welt hat Gott erwählt, um die Starken zu beschämen, und das Geringe dieser Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, um zunichte zu machen, was etwas gilt.
Und jetzt kommt der Finalsatz, absolut entscheidend, damit kein Mensch sich rühme vor Gott. Wir haben keinen Grund, uns vor Gott zu rühmen, aber wir haben tausend Millionen Gründe, Gott zu rühmen und groß zu machen. Das ist der große Unterschied.
Also ist offensichtlich: Gott favorisiert den kleinen Bruder. Das findet ihr im ganzen Alten Testament. Das ist ja schon komisch in einer Kultur, inklusive Israel, wo der Erstgeborene eine besondere Stellung hat, ein besonderes Erbe hat, einen besonderen Segen hat. Es ist nicht der Erstgeborene: Es fängt schon mit Mekkan an, es geht weiter mit Ismael, nicht Isaak, nicht Esau, sondern Jakob. Nicht Ruben, sondern Joseph und Juda. Nicht Davids Brüder, sondern David der Jüngste. Nicht Amnon und Salomo, sondern die jüngeren. Nicht die älteren Stämme, sondern Juda und der kleine Benjamin.
Aber man kann so weit mit den Völkern gehen: Es waren nicht die Germanen, die Helvetier, die Gallier oder die Römer, es war das kleine Israel. Die Bevorzugung der Geringen und Schwachen ist Programm Gottes. Sie findet ihre Fortsetzung im Neuen Testament.
Wie viele Stars unter den Schülern und den Studenten Jesu gab es denn? Es war nicht gerade die Weltelite. Der einzige halbwegs Gebildete war Paulus, und der Rest? Warum? Damit sich niemand vor Gott rühme, das ist so entscheidend.
Und er sagt an einer anderen Stelle, nämlich in Römer 9: „Um den Reichtum seiner Herrlichkeit sichtbar zu machen an den Gefäßen seines Erbarmens, die er zuvor für die Herrlichkeit bestimmt hat.“ Gott will gerühmt werden, Gott will seine Herrlichkeit zeigen, Gott will groß herauskommen und nicht der Mensch.
Das ist das große Programm Gottes. Aber gut, wir sollen doch auch Gott lieben, wir sollen seine Gebote halten, das ist keine Frage. Gottes Liebe zu denen, die errettet sind, die ist bedingungslos, absolut bedingungslos. Aber die Liebe der Erwählten zu Gott, die ist bedingt. Das ist ein anderes Thema. Das hat mit der Heiligung zu tun, aber das ist nicht mein Thema jetzt.
Mein Thema ist am Schluss noch das: Weshalb sollen wir eigentlich noch evangelisieren, wenn Gott in der Rettung der Menschen souverän handelt? Ja, warum denn eigentlich noch? Jetzt können wir sagen: Okay, how easy, wir gehen alle nach Hause, wir haben die Lösung, Gott rettet, wir haben nichts zu tun.
Es gibt eine simple, einfache Antwort, und das ist die Antwort, die ein Soldat kriegt: Frag nicht, ich befehle es. Ja, das ist so. Er geht hin und macht alle Völker zu Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, lehrt sie alles halten, was ich euch geboten habe, und seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
Eigentlich genügt das. Jesus befiehlt, wir fragen nicht nach, und wir tun es einfach. Es sollte genügen, aber ich weiß, es genügt natürlich nicht. Wir wollen immer ein bisschen verstehen auch noch. Wir wollen den Befehl verstehen: Jesus, aber warum denn?
Und Paulus erklärt uns warum. Und zwar sind wir wieder im Römer 10, das sind all die spannenden Dinge, finde ich. Ich kann nicht verstehen, dass man die einfach auslassen kann.
Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden. Aber jetzt kommt ein einfacher Syllogismus: Doch wie sollen sie den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand da ist, der verkündigt? Und wie soll man verkündigen, wenn man nicht gesandt wurde?
Und dann kommt ein wunderbares Fest für uns alle, die wir evangelisieren: Wie wunderbar, wie vollkommen sind die Füße der Boten, die die gute Nachricht verkündigen!
Also, ich zeige es euch noch mal grafisch: Wir können von hinten anfangen. Wenn Menschen gerettet werden wollen, dann müssen sie jemanden haben, zu dem sie schreien und rufen können: „Rette mich!“ Und wenn sie zudem schreien sollen, dann müssen sie glauben, dass da jemand ist, der sie rettet. Und dann müssen sie weiter gehört haben, dass da jemand ist, der sie rettet. Damit sie gehört haben, muss da jemand gekommen sein, und er hat ihnen erzählt, evangelisiert. Und damit jemand gekommen ist, muss der von Gott gesandt sein. Und das haben wir gerade gesehen, das sehen wir: Jesus sagt, geht hin in alle Welt.
Also, dieser Grund ist klar und deutlich: Gott bestimmt, dass wir gehen und das Evangelium verkündigen. Und da kommt etwas, das habe ich lange nicht verstanden, und seit ich es verstanden habe, geht es mir einfacher im Leben. Ich habe ein bisschen weniger Magengeschwür und so, es geht mir nicht wunderbar, ich schlafe besser.
Und zwar: Mein Thema Souveränität – mein Thema ist ja nur Souveränität in der Rettung, nicht grundsätzlich in der Welt. Aber Souveränität kann man dann verstehen. Er versteht, dass Gott eben nicht nur, wie es heute viele behaupten, das grobe Ziel bestimmt hat und den Rest dem Zufall überlässt. Und ich weiß eigentlich gar nicht, ob er das Ziel je erreicht. Na, bin ich so sicher? Nein.
Gott bestimmt nicht nur das Ziel, sondern er bestimmt auch die Mittel, die zum Ziel führen. Mit anderen Worten: Gott bestimmt, dass Menschen gerettet werden in seiner Souveränität. Er erwählt sein Volk Gottes aus allen Völkern, aus allen Sprachen, aus allen Nationen. Aber er bestimmt das Mittel dazu, und das Mittel ist simpel und einfach die Botschaft des Evangeliums, verkündigt durch stümperhafte Menschen, wie ich es bin.
Das macht Gott. Er hätte das auch anders machen können, macht er aber komischerweise nicht. Verstehe ich auch nicht. Er hat uns bestimmt, Menschen das Evangelium zu bringen, und das ist eine wunderbare Sache.
Er legt also seinen Plan in die Hände von Menschen. Und guck: Drei Jahre lang hat sich Jesus mit den Jüngern herumgeärgert. Das ist wie bei uns im Aspekt, drei Jahre. Und Jesus sagt oft: Wie lange muss ich euch noch ertragen? Wie lange noch? Ihr seid so begriffsstutzig, ihr seid so kleingläubig, ihr kriegt nichts auf die Reihe.
Am Schluss ist einer durch die Prüfung gerasselt, die anderen haben auch nicht viel gemacht. Man hat das Gefühl, am Ende der Evangelien wird das Programm Weltmission kläglich scheitern. Aber dann kommt Apostelgeschichte 2, und alles wirkt wie ausgewechselt.
Tausende kommen durch eine simple, nüchterne Predigt zum Glauben an Jesus Christus – notabene ohne musikalische Begleitung, ohne Theatereinlagen, ohne Seelenmanipulation, ohne Marketingmethoden, ohne Machbarkeitsstudien oder irgendwelche Dissertationen zum Glauben, zum Gemeindebau oder so etwas. Nichts dergleichen.
Es war der Heilige Geist, der die Botschaft des Evangeliums zum Durchbruch brachte. Gott selbst arbeitete auf mächtige Weise, um sicherzustellen, dass seine Botschaft gehört wird und die Menschen darauf reagieren.
Und es war auch die Botschaft selbst, die absolut außergewöhnlich war, nämlich die Idee, dass ein Retter für Schwache, für Machtlose, für Nichtige stirbt und sie retten wird. Das gab es noch nie, das war einmalig. Das wirkte unglaublich mächtig und wirkungsvoll.
Als das die Menschen hörten, erregte es ihre Aufmerksamkeit. Sie hörten zu und reagierten. Aber es war nicht Gott, der vom Himmel herab mit dröhnender Stimme für alle hörbar sagt: Du büße! Nein, es waren Petrus und Paulus und Jakobus und Aquila und Priscilla und wie sie alle hießen. Sie waren bei diesem Unternehmen Evangelisation bereit, unter widrigsten Umständen – brutaler Verfolgung und der schlimmsten Diskriminierung und Verleumdung, unter Folter und Gefängnis und Todesandrohungen – die gute Nachricht den Menschen zu bringen.
Im damaligen Römischen Reich und darüber hinaus. Ja, es gab diese mächtige Botschaft, aber es gab eben auch die Boten, die bereit waren zu gehen und für diese Botschaft sogar zu sterben.
Es gab Tausende von Christen, die nicht die großen Evangelisten waren, sondern einfach lebten, was sie glaubten, in ihrer Familie, in ihrer Nachbarschaft – völlig unspektakulär, ganz simpel. Und so ist die Kirche gewachsen.
Wäre die christliche Kirche in den ersten drei Jahrhunderten dermaßen phänomenal gewachsen, wenn da niemand evangelisiert hätte? Ich glaube nicht.
Es gibt einen Vers, da predigt Paulus in Antiochia. Als die Heiden das hörten, die Predigt von Paulus, freuten sie sich und priesen das Wort des Herrn. Sie haben also reagiert auf die Botschaft des Paulus.
Dann kommt dieser blöde Satz, den wir am besten streichen würden: Und alle, die zum ewigen Leben bestimmt waren – Gott ist souverän, er hat sie bestimmt – kamen zum Glauben, nicht einer außerhalb der Kontrolle Gottes, nur die, die Gott bestimmt hat.
Jetzt kann man das irgendwie nicht verstehen. Das nervt, das regiert irgendwo unsere Gedanken die ganze Nacht. Ich versuche es immer so zu zeigen: Gott hat Dimensionen, die uns nicht zur Verfügung stehen. Aber wir können uns vielleicht ein bisschen hineindenken in seine Dimension.
Jetzt kann man sagen, man sieht es ein bisschen schlecht. Es ist ein Zylinder hier, oder man kann Korkzapfen sagen, von mir aus, so simpel wie ein Zylinder. Jetzt kann man sagen, wie kann ein Rundes und Viereckiges gleich sein? Das ist unmöglich. Das geht nicht zusammen.
Nehmen wir uns aber aus einer Dimension, wir sehen vielleicht nur diese Dimension, nur diese Dimension, und sagen: Es geht einfach nicht auf. Nehmen wir uns zurück und sehen: Aha, je nachdem wie wir das beleuchten, kann es entweder viereckig sein oder rund.
Und so muss man das sehen. Ich weiß, das ist noch nicht die Rätsellösung in allem, aber immerhin es zeigt doch einiges. So muss man sich vorstellen: Gott hat ein paar Dimensionen mehr, nicht nur eine mehr, ein paar mehr. Er hat Dimensionen, die uns nicht zur Verfügung stehen, und wir sollten bescheiden sein und sagen: Gott, für dich geht es auf. Du hast sie ewig, von Ewigkeit bestimmt.
Aber wir sind gefordert zu gehen, und wir sind gefordert, sie zum Glauben zu rufen, und sie kommen zum Glauben, weil wir rufen.
Es gibt eine einfache Illustration, die nicht mit der Rettung von Menschen im soteriologischen Sinne zu tun hat, sondern im physischen Sinne. Aber das Sehen dieses Miteinanders von Souveränität Gottes und Verantwortung des Menschen.
Ich will mir also heute Abend nicht den Vorwurf gefallen lassen, dass ihr mir sagt: Gott macht alles, ich muss nichts machen. Ich kann leben, wie ich will. Ich bin einmal erwählt, und dann kann ich die Sau rauslassen, und alles ist gut.
Das sagt Paulus nicht, das sagt die Bibel nicht, das sagt Aeschlimann nicht, das sagt gar niemand, außer irgendwelchen Bekloppten, die es nicht begriffen haben.
Also wir haben Verantwortung. Und es gibt – als Paulus unterwegs war mit dem Schiff nach Rom – einen Riesensturm. Und es droht, das Schiff zu versinken, und alle werden ertrinken.
Dann kommt ein Engel zu Paulus und sagt: Sei unverzagt, keiner von euch wird umkommen, nur das Schiff.
Gott hat dir alle geschenkt, die mit dir fahren. Wenn jemand kommt und dir das sagt, du bist im größten Sturm, du hast Angst, du wirst untergehen mit dem Schiff, dann kommt ein Engel Gottes und sagt dir das. Was machst du?
Wir werden nicht umkommen, Gott hat es zugesagt.
So, jetzt erfährt aber Paulus, dass die Matrosen abhauen wollen. Und das ist ein Problem. Wie willst du ein Schiff steuern ohne Matrosen? Paulus erfährt das und geht zum römischen Offizier und sagt: Wenn die Matrosen nicht auf dem Schiff bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden.
Das scheint uns ein Widerspruch. Wir würden sagen: Paulus, wo bist du? Easy, schlaf weiter, es wird nichts passieren. Wenn die Matrosen verschwinden, was soll’s? Gott hat gesagt, es wird nichts passieren.
Und Paulus sagt: Nein, die sind mitbestimmt in Gottes Zielverwirklichung. Die Matrosen gehören dazu. Auch die hat Gott bestimmt in seiner ewigen Vorherbestimmung, dass die Matrosen hier auf dem Schiff bleiben, und wir haben die Verantwortung, dass diese Matrosen auf dem Schiff bleiben. Sonst werden wir verloren gehen.
Also, ihr merkt hier diese Spannung zwischen Verantwortung auf der einen Seite und der anderen Seite die Souveränität Gottes. Die ist auch hier ganz klar drin, und die gehört eben auch in die Evangelisation.
Also, ich schließe: Wir können nicht erwarten, dass Menschen gerettet werden, wenn wir nicht evangelisieren. Und wenn wir nicht evangelisieren, machen wir uns schuldig vor Gott, wir führen seinen Befehl nicht aus.
Und es ist noch viel schlimmer: Wir werden den Menschen zum Fluch, zur Verdammnis, wenn wir ihnen nicht von Jesus Christus erzählen. Aber wir werden ihnen zum großen Segen, zu den lieblichen Füßen, wenn wir ihnen von Jesus erzählen.
So simpel und so einfach ist das Thema Souveränität Gottes und Evangelisation.
Ich bete mit uns: Treuer Vater, wir danken dir, dass wir wissen, du bist souverän in jeder Hinsicht, auch in unserer Rettung, auch wenn wir das manchmal nicht wahrhaben wollen, wenn wir uns dagegen sträuben. Aber es ist eine so wohltuende, wunderbare Botschaft, denn da hängt ja das ganze Evangelium dran: Nicht ich, sondern du hast mich gerettet, und ich darf so sicher sein in deinen Händen, nichts kann mich mehr irgendwo herauskatapultieren aus deiner Hand.
Danke, Herr, und doch hast du uns Verantwortung gegeben, diese wunderbare Botschaft der Rettung, die du durch Jesus Christus bewirkt hast, den Menschen zu bringen. Hilf uns, dass wir das weise tun, dass wir das mutig tun und dass wir das so tun, wie es dir gefällt. Amen.
Wir sollen Gott lieben und seine Gebote halten – daran besteht kein Zweifel. Gottes Liebe zu denjenigen, die errettet werden, ist bedingungslos, absolut bedingungslos. Doch die Liebe der Erwählten zu Gott ist bedingt. Das ist ein anderes Thema, das mit der Heiligung zu tun hat, aber darauf möchte ich hier nicht weiter eingehen.
Mein Thema ist am Schluss noch ein anderes: Weshalb sollen wir eigentlich noch evangelisieren, wenn Gott in der Rettung der Menschen souverän handelt? Warum sollten wir das überhaupt tun? Man könnte sagen: „Okay, wie einfach – wir können alle nach Hause gehen, die Lösung ist gefunden, Gott rettet, wir müssen nichts tun.“
Es gibt eine einfache Antwort darauf, und sie ist vergleichbar mit dem, was ein Soldat hört: „Frag nicht, ich befehle es.“ So ist es tatsächlich. Jesus sagt: „Geht hin und macht alle Völker zu Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu halten, was ich euch geboten habe. Und seht, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Matthäus 28,19-20)
Eigentlich genügt das. Jesus befiehlt es, wir fragen nicht nach, sondern tun es einfach. Das sollte eigentlich ausreichen. Aber ich weiß, dass es nicht genügt, denn wir wollen immer auch ein bisschen verstehen. Wir wollen den Befehl verstehen: Jesus, warum sollen wir das tun?
Paulus erklärt uns den Grund. Wir sind wieder im Römer 10, das sind sehr spannende Gedanken. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man sie einfach auslassen kann. Denn es heißt dort: „Denn wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden.“ (Römer 10,13)
Aber jetzt kommt ein einfacher Syllogismus: Wie sollen sie den Herrn anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündet? Und wie soll jemand verkünden, wenn er nicht gesandt wurde? (Römer 10,14-15)
Dann folgt ein wunderbares Bild für uns alle, die wir evangelisieren: Wie herrlich sind die Füße derer, die die frohe Botschaft verkündigen! (Römer 10,15)
Ich zeige es euch noch einmal grafisch: Wenn Menschen gerettet werden wollen, dann müssen sie jemanden haben, zu dem sie rufen können: „Rette mich!“ Wenn sie rufen sollen, müssen sie glauben, dass jemand da ist, der sie retten kann. Damit sie glauben, müssen sie gehört haben, dass es jemanden gibt, der rettet. Damit sie gehört haben, muss jemand gekommen sein und ihnen die Botschaft erzählt, also evangelisiert haben. Und damit jemand gekommen ist, muss dieser von Gott gesandt sein – und das haben wir gerade gesehen. Jesus sagt: „Geht hin in alle Welt.“
Dieser Grund ist klar und deutlich: Gott bestimmt, dass wir gehen und das Evangelium verkündigen.
Und da gibt es etwas, das habe ich lange nicht verstanden. Seit ich es verstanden habe, geht es mir im Leben einfacher. Ich habe ein bisschen weniger Magengeschwür, und der Schlaf ist besser. Es geht mir nicht wunderbar, aber besser. Und zwar geht es um mein Thema Souveränität. Mein Thema ist ja nur die Souveränität in der Rettung, nicht grundsätzlich in der Welt.
Souveränität kann man so verstehen, dass Gott eben nicht nur, wie es heute viele behaupten, das grobe Ziel bestimmt hat und den Rest dem Zufall überlässt. Und ich weiß eigentlich gar nicht, ob er das Ziel je erreicht. Bin ich mir da so sicher? Nein. Gott bestimmt nicht nur das Ziel, sondern auch die Mittel, die zum Ziel führen.
Mit anderen Worten: Gott bestimmt, dass Menschen in seiner Souveränität gerettet werden. Er erwählt sein Volk Gottes aus allen Völkern, aus allen Sprachen, aus allen Nationen. Aber er bestimmt auch das Mittel dazu. Und das Mittel ist simpel und einfach die Botschaft des Evangeliums, verkündigt durch stümperhafte Menschen, wie ich es bin. Das macht Gott. Er hätte das auch anders machen können, aber er tut es komischerweise nicht. Das verstehe ich auch nicht.
Er hat uns bestimmt, Menschen das Evangelium zu bringen, und das ist eine wunderbare Sache. Er legt also seinen Plan in die Hände von Menschen. Und schau: Drei Jahre lang hat sich Jesus mit den Jüngern herumgeärgert. Das ist wie bei uns, im Aspekt, drei Jahre. Jesus sagt oft: "Wie lange muss ich euch noch ertragen? Wie lange noch? Ihr seid so begriffsstutzig, ihr seid so kleingläubig, ihr kriegt nichts auf die Reihe." Am Schluss ist einer durch die Prüfung gerasselt, die anderen haben auch nicht viel gemacht. Man hat das Gefühl, am Ende der Evangelien wird das Programm Weltmission kläglich scheitern.
Aber dann kommt Apostelgeschichte 2, und alles wirkt wie ausgewechselt. Tausende kommen durch eine simple, nüchterne Predigt zum Glauben an Jesus Christus. Notabene ohne musikalische Begleitung, ohne Theatereinlagen, ohne Seelenmanipulation, ohne Marketingmethoden, ohne Machbarkeitsstudien oder irgendwelche Dissertationen zum Glauben oder Gemeindebau – nichts dergleichen. Es war der Heilige Geist, der die Botschaft des Evangeliums zum Durchbruch brachte.
Gott selbst arbeitete auf mächtige Weise, um sicherzustellen, dass seine Botschaft gehört wird und die Menschen darauf reagieren. Und es war auch die Botschaft selbst, die absolut außergewöhnlich war: die Idee, dass ein Retter für Schwache, für Machtlose, für Nichtige stirbt und sie retten wird. Das gab es noch nie, das war einmalig, und das wirkte unglaublich mächtig und wirkungsvoll. Als die Menschen das hörten, erregte es sie, es erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie hörten zu und reagierten.
Aber es war nicht Gott, der vom Himmel herab mit dröhnender Stimme für alle hörbar sagte: "Du busse!" Nein, es waren Petrus, Paulus, Jakobus, Aquila, Priscilla und wie sie alle hießen. Sie waren bei diesem Unternehmen Evangelisation bereit, unter widrigsten Umständen – brutaler Verfolgung, der schlimmsten Diskriminierung, Verleumdung, Folter, Gefängnis und Todesandrohungen – die gute Nachricht den Menschen zu bringen. Im damaligen Römischen Reich und darüber hinaus.
Ja, es gab diese mächtige Botschaft, aber es gab eben auch die Boten, die bereit waren zu gehen und für diese Botschaft sogar zu sterben. Es gab Tausende von Christen, die simpel und einfach nicht die großen Evangelisten waren, sondern einfach lebten, was sie glaubten – in ihrer Familie, in ihrer Nachbarschaft, völlig unspektakulär, ganz simpel. Und so ist die Kirche gewachsen.
Wäre die christliche Kirche in den ersten drei Jahrhunderten dermaßen phänomenal gewachsen, wenn niemand evangelisiert hätte? Ich glaube nicht. Es gibt einen Vers, da predigt Paulus in Antiochia. Als die Heiden die Predigt von Paulus hörten, freuten sie sich und priesen das Wort des Herrn. Sie haben also auf die Botschaft des Paulus reagiert.
Dann kommt dieser schwierige Satz, den wir am liebsten streichen würden: "Und alle, die zum ewigen Leben bestimmt waren – Gott ist souverän, er hat sie bestimmt – kamen zum Glauben. Nicht einer außerhalb der Kontrolle Gottes, nur die, die Gott bestimmt hat." Jetzt kann man das irgendwie nicht verstehen. Das nervt, das regiert irgendwo unsere Gedanken die ganze Nacht.
Ich versuche es immer so zu zeigen: Gott hat Dimensionen, die uns nicht zur Verfügung stehen. Aber wir können uns vielleicht ein bisschen in seine Dimension hineindenken. Man kann sich das so vorstellen: Man sieht es aus einer Dimension heraus, etwa wie einen Zylinder oder einen Korkzapfen, so simpel wie ein Zylinder.
Jetzt kann man sagen: Wie kann ein Rundes und ein Viereckiges gleich sein? Das ist unmöglich. Rund ist rund, viereckig ist viereckig, das geht nicht zusammen. Nehmen wir aber eine andere Dimension hinzu und betrachten das Objekt von dort, dann kann es je nach Blickwinkel entweder viereckig oder rund erscheinen.
So muss man sich das vorstellen: Gott hat ein paar Dimensionen mehr, nicht nur eine mehr, sondern einige mehr. Er hat Dimensionen, die uns nicht zur Verfügung stehen. Und wir sollten bescheiden sein und sagen: Gott, für dich geht das auf. Du hast sie von Ewigkeit her bestimmt. Aber wir sind gefordert zu gehen, und wir sind gefordert, sie zum Glauben zu rufen. Und sie kommen zum Glauben, weil wir rufen.
Es gibt eine einfache Illustration, die nicht mit der Rettung von Menschen im soteriologischen Sinne zu tun hat, sondern im physischen Sinne. Sie zeigt das Zusammenspiel von der Souveränität Gottes und der Verantwortung des Menschen.
Ich möchte heute Abend nicht den Vorwurf hören, dass jemand sagt: „Gott macht alles, ich muss nichts tun. Ich kann leben, wie ich will. Ich bin einmal erwählt, und dann kann ich die Sau rauslassen, und alles ist gut.“ Das sagt Paulus nicht, das sagt die Bibel nicht, das sagt Aeschlimann nicht. Niemand sagt das, außer irgendwelchen Leuten, die es nicht verstanden haben.
Wir haben Verantwortung. Als Paulus mit dem Schiff nach Rom unterwegs war, kam ein gewaltiger Sturm auf. Das Schiff drohte zu versinken, und alle sollten ertrinken. Dann kam ein Engel zu Paulus und sagte: „Sei unverzagt! Keiner von euch wird umkommen, nur das Schiff wird verloren gehen. Gott hat dir alle geschenkt, die mit dir fahren.“
Wenn dir jemand in einem solchen Sturm sagt, dass du nicht untergehen wirst, obwohl du Angst hast, dann ist das eine Zusage Gottes. Aber Paulus erfährt, dass die Matrosen fliehen wollen. Und das ist ein Problem: Wie willst du ein Schiff steuern ohne Matrosen?
Paulus geht zum römischen Offizier und sagt: „Wenn die Matrosen nicht auf dem Schiff bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden.“ Das klingt widersprüchlich. Man könnte sagen: „Paulus, entspann dich, schlaf weiter, es wird nichts passieren. Gott hat gesagt, es wird nichts passieren.“
Aber Paulus sagt: „Nein, die Matrosen sind Teil von Gottes Zielverwirklichung. Auch sie sind in seiner ewigen Vorherbestimmung bestimmt, auf dem Schiff zu bleiben. Wir haben die Verantwortung, dass die Matrosen auf dem Schiff bleiben. Sonst werden wir verloren gehen.“
Hier zeigt sich die Spannung zwischen der Verantwortung des Menschen auf der einen Seite und der Souveränität Gottes auf der anderen Seite. Diese Spannung ist auch in der Evangelisation ganz klar vorhanden.
Wir können nicht erwarten, dass Menschen gerettet werden, wenn wir nicht evangelisieren. Wenn wir nicht evangelisieren, machen wir uns schuldig vor Gott, weil wir seinen Befehl nicht erfüllen. Es ist sogar noch schlimmer: Wir werden den Menschen zum Fluch, zur Verdammnis, wenn wir ihnen nicht von Jesus Christus erzählen. Aber wir werden ihnen zum großen Segen, zu den lieblichen Füßen, wenn wir ihnen von Jesus erzählen.
So simpel und so einfach ist das Thema Souveränität Gottes und Evangelisation.
Ich bete mit uns.
Treuer Vater, wir danken dir, dass wir wissen: Du bist souverän in jeder Hinsicht, auch in unserer Rettung. Manchmal wollen wir das nicht wahrhaben und sträuben uns dagegen. Doch es ist eine so wohltuende und wunderbare Botschaft, denn daran hängt ja das ganze Evangelium.
Nicht ich, sondern du hast mich gerettet. Ich darf so sicher in deinen Händen sein, dass nichts mich mehr herauskatapultieren kann. Nichts kann mich aus deiner Hand reißen. Danke, Herr!
Dennoch hast du uns Verantwortung gegeben: Wir sollen diese wunderbare Botschaft der Rettung, die du durch Jesus Christus bewirkt hast, den Menschen bringen. Hilf uns, dass wir das weise tun, mutig und so, wie es dir gefällt.
Amen.