Wir sind dabei, die Geschichte von dem Kämmerer aus dem Morgenland zu besprechen, die in der Apostelgeschichte 8 steht. Wir sind also noch mittendrin.
Der Heilige Geist aber sprach zu Philippus: „Gehe hin und halte dich zu diesem Wagen.“ Da lief Philippus hinzu und hörte, dass der Mann den Propheten Jesaja las. Er fragte ihn: „Verstehst du auch, was du liest?“
Der Mann antwortete: „Wie kann ich, wenn mich nicht jemand anleitet?“ Daraufhin ermahnte Philippus ihn, dass er aufträte, und setzte sich zu ihm.
Herr, heilige uns in deiner Wahrheit! Dein Wort ist die Wahrheit! Amen!
Die Kraft des Originals im Glaubensleben
Einer der originellsten und interessantesten Maler unserer Zeit ist der in Frankreich lebende Russe Chagall. Wenn es um Künstler geht, mit denen ich mich beschäftigen kann, dann ist Chagall einer davon.
Als ich vor einiger Zeit in München war, fand dort gerade die große Chagall-Ausstellung statt. Das habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Die meisten der Bilder, die in den Sälen hingen, hatte ich vorher schon in Nachbildungen, in Reproduktionen gesehen, ich kannte sie. Und doch – was für ein anderer Eindruck entsteht, wenn man die Originale sieht! Keine Reproduktion kann die Farben so leuchten lassen, das ist ein unerhörter Eindruck.
Meine Freunde, es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Original und auch der besten Reproduktion, dem besten Nachdruck. Dasselbe erlebe ich, wenn ich die Apostelgeschichte lese. Dort sehe ich Christenleben im Original, Leben im Glauben, Leben mit dem auferstandenen Herrn Jesus, Nachfolge des Gekreuzigten im Original. Ich sehe Geisteswirken im Original.
Das ist so gewaltig, dass die Theologen heute sagen, es sei offenbar eine Tendenzschrift, die man nicht ganz so ernst nehmen dürfe. So gewaltig ist dieses Original! Im Vergleich dazu erscheint mir unser eigener Christenstand, unser Christenleben hier, wie eine schlechte Reproduktion – matt und dünn.
Wenn man das als Maßstab nimmt, wird diese angeblich übertriebene Tendenzschrift nicht mehr so übertrieben wirken. Hier ist Geistesleben im Original, Geisteswirken. Und ich sage: Unser eigenes christliches Leben, das Leben unserer Gemeinden, das man so Gemeinde nennt, sind Kopien, Nachdrucke, im besten Fall ein Abdruck, aber im besten Fall ein Abklatsch. Ja, verstehen Sie, aber dünn und schwach.
Das wird mir besonders deutlich in unserem heutigen Text, und das möchte ich Ihnen klar machen. Wir überschreiben diesen Text mit „Originales Christenleben“. Ich kann das nur so hinstellen und uns deutlich machen, wie weit wir davon entfernt sind. Aber das ist auch schon etwas: Wenn man sieht, wie arm man ist, ist das auch schon ein Anfang.
Ein Mann unter der Führung des Heiligen Geistes
Also originales Christenleben bedeutet erstens, ein Mann zu sein, der deutlich vom Heiligen Geist geführt wird.
Ich möchte, da ich nicht annehme, dass Sie letzten Sonntag alle anwesend waren, noch einmal kurz die Geschichte um den Äthiopier in Erinnerung rufen. Ich sage meinen Jungen immer: Wenn ich eine Geschichte erzähle, setzt euch gemütlich hin. Jetzt erzähle ich nicht einfach so.
Die Geschichte berichtet von einem Äthiopier, einem Afrikaner, der am Hof der Königin Kandake einen hohen Rang bekleidet. Er war zuständig für die Staatsfinanzen, sogar noch mehr als ein Finanzminister in der Bundesrepublik, denn dieser ist vom Parlament abhängig, jener Mann jedoch nicht. Er hatte die Reichtümer, Schätze und Vergnügungen der Welt zur Verfügung. Ein Mann wie jener Psalmist, der gebetet hat: "Wie doch ihr schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, nach dir."
Darum war er zweitausend Kilometer nach Jerusalem gereist, um dort Gott anzubeten. Das haben wir letztes Mal besprochen, wie er dort grenzenlos enttäuscht wird und unverrichteter Dinge zurückkehrt. Man findet Gott nicht im sogenannten Gotteshaus.
Aber nun geschieht es: Dem Mann gelingt noch ein "Bombengeschäft". Er kauft eine Schriftrolle, eine Abschrift vom Propheten Jesaja. Das wird teuer gewesen sein. Das war das große Geschäft seiner Reise, darauf kommen wir später noch zurück.
Er kauft also eine Schriftrolle des Jesaja und sitzt nun in seinem Reisewagen – ich denke, es war so eine offene Kutsche – auf dem Heimweg. Ein enttäuschter Mann liest den Jesaja laut vor. Es war ja niemand da, der die Sprache verstand, außer dem Kutscher vorne, und ansonsten herrschte Einsamkeit.
Er versteht nicht, was er liest. Doch seht, Gott liebt die suchenden Seelen. Ach, wie liebt Gott Seelen, die Hunger haben nach Frieden mit ihm! Darum hat Gott, der lebendige Gott, der das einzelne Herz sieht, schon vorgesorgt. Er hat seinem Knecht Philippus befohlen: "Geh an die Straße, die von Jerusalem nach Gaza führt, an die Wüstenstraße. Ich habe da einen Auftrag für dich."
Und da steht nun dieser Philippus, der Knecht Jesu Christi, an der Wüstenstraße und wartet auf den Auftrag. Da taucht der Reisewagen auf, auf dem der Äthiopier sitzt, die Bibel liest und nichts versteht.
Und es heißt: "Und der Geist sprach zu Philippus: Geh hinzu und halte dich zu diesem Wagen."
Meine Freunde, das ist einfach überwältigend. Hier sitzen doch Christen, nicht nur Namen-Christen, sondern ernste Christen. Sagen Sie mal ehrlich: Haben Sie das schon erlebt, dass der Heilige Geist Ihnen so klar sagt: "Jetzt tu mal das!"?
Das ist ja unerhört! Der Heilige Geist spricht zu Ihnen: "Geh zu dem Wagen hin!" Meine Freunde, ich habe schon allerlei verrückte Schwärmer kennengelernt, die ihre eigenen Pläne damit decken, dass sie sagen, der Heilige Geist habe befohlen.
Da kam eine Frau zu mir und sagte: "Der Heilige Geist hat mir gesagt, Pastor Busch, Sie sollen zum Oberbürgermeister gehen und ihm sagen, er soll sich bekehren." Fein, habe ich gesagt, da will ich warten, bis der Heilige Geist mir das selber sagt, nicht?
Oder jede Woche bekomme ich einen Brief von einer Frau, die sich Präsidentin nennt, Weltpräsidentin, und behauptet, sie habe Aufträge vom Heiligen Geist erhalten. Nun, irgendwelche Schwärmer berufen sich oft auf den Heiligen Geist. Aber so ist es hier gar nicht. Hier geht es katzennüchtern zu, hier sind wir keine hysterischen Frauen, sondern alles ist maßlos nüchtern. Der Heilige Geist sprach zu Philippus.
Nun, meine Freunde, auch wir Christen heute wissen etwas von Führung durch den Heiligen Geist, Gott sei Dank. Ich bin froh, dass es das gibt. Aber sehen Sie, wenn ich vor wichtigen Entscheidungen stehe und Führung brauche, dann nehme ich mir Zeit, gehe viele Stunden in die Stille und überlege über Gottes Wort, bis ich mir über seinen Willen klar werde.
Vielleicht habe ich dann noch mein Gehirn benutzt. Aber so war das hier ja gar nicht. Da ging ein Mann, der still war, fragte und hörte auf die Stimme des Geistes. So war das hier gern: Der Geist sprach: "Geh hin zu dem Wagen." Das ist überwältigend.
Ich kann mir vorstellen, dass viele Menschen sagen: "Ach, das sind ja so alte Geschichten. Das ist natürlich eine legendäre Darstellung, das ist übertrieben, das gibt es nicht."
Ich möchte vielmehr sagen: Unsere geistliche Halbheit, unsere Unlauterkeit, unser irdischer Sinn sind schuld daran, dass es das unter uns nicht gibt.
"Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot", bekam die Gemeinde in Sardes gesagt. Sie erhielt keine solchen Geistesaufträge, weil sie sie gar nicht vernehmen konnte.
Es wird wohl so sein, dass wir auch halbe Christen sind, mit einem Auge immer woanders hinschielen, wo Gott uns gar nicht hinschielen heißt. Dass wir noch so schändlich gebunden sind in irgendwelchen Sünden, dass wir es gar nicht ganz ernst meinen wollen. Das ist schuld daran, dass wir diese wundervolle, klare Führung durch den Herrn nicht kennen.
Meine Freunde, Sie wissen, ich habe eine etwas blühende Fantasie. So habe ich mir im Geist vorgestellt, ich wäre um zweitausend Jahre zurückversetzt und träfe Philippus.
Ich hätte ihm gesagt: "Philippus, hör mal, ich muss am Sonntag darüber predigen, dass der Geist zu dir sprach: Geh zu dem Wagen! Das kommt mir ziemlich unerhört vor. Das gibt es bei uns gar nicht. Da muss einer lange in die Stille gehen, bis er den Willen Gottes erkennt. Wie geht das zu?"
Und dann sagt Philippus: "Christus, ich verstehe dich nicht, das ist doch ganz klar. Mein Leben gehört dem Sohne Gottes, dem Herrn Jesus Christus. Er hat mich erkauft, um mich zu seinem Eigentum zu machen, zu einem hohen Preis, mit seinem Blut. Er hat mich durch sein Blut von meinen Sünden gereinigt, damit ich Eigentum Gottes sein kann.
Ich habe nun willentlich mein Leben mit Leib und Seele ihm gegeben. Wie sollte er mir da nicht klare Aufträge geben?"
Pastor Busch, sagt Philippus zu mir bei dieser fingierten Begegnung, "haben Sie schon mal ein Schiff gesehen, das seinen Angestellten keine klaren Aufträge gibt? Stellen Sie sich meinen Chef vor, der seinen Leuten sagt: 'Macht, was ihr wollt, das ist nicht so wichtig.' Nein, er gibt klare Aufträge: 'Herr Meier, Sie nehmen jetzt die Tat auf.'
So etwas wie unklare Aufträge gibt es bei mir nicht. Wo gibt es einen Chef, der seinen Leuten keine klaren Aufträge gibt? Und mein Herr, der mich erkauft hat, gibt auch klare Aufträge. Was ist daran seltsam?"
Was uns fehlt, meine Freunde, ist, dass wir uns ausstrecken sollten, wenn wir Christen sein wollen.
Andern habe ich im Moment nichts zu sagen. Wer bei der Kopie bleiben will, der soll es sein. Wer bei der bloßen Reproduktion des Christentums bleiben will, der soll es sein. Aber danach sollten wir uns ausstrecken, damit wir Empfangsbereitschaft bekommen für die Befehle Gottes durch den Heiligen Geist.
Sehen Sie, ich habe etwas Merkwürdiges erlebt – für mich merkwürdig. Während ich mich mit diesen Gedanken beschäftigte, blätterte ich ganz zufällig in einem Buch meines Bücherschranks, das ich bestimmt seit zehn Jahren nicht mehr in der Hand gehabt habe.
Es ist ein Buch, das um die Jahrhundertwende großes Aufsehen erregte, geschrieben von einem Mann namens Hilti, und trägt den Titel "Glück und so unsere Väter". Alle hielten dieses Buch im Bücherschrank, fromme und gottlose Menschen.
Ich nahm das Buch in die Hand, suchte einen geeigneten Abschnitt, um an einem Blatt etwas auszufüllen, schlug auf und las gerade diesen Abschnitt, den ich Ihnen wörtlich vorlesen muss:
"Diese Führung durch Gott, die es wirklich gibt, wird dir wahrscheinlich sofort eine tüchtige Arbeit auferlegen. Dagegen wird sie dir keinen vornehmen noch geistlichen Müßiggang gestatten. Sie wird dir ebenso wenig gestatten, eine allzu große Zartheit der Empfindung zu zeigen. Sie wird dir nicht gestatten, Menschen- oder Tatenscheu, Nervosität oder andere solche Zustände zu pflegen, durch welche viele Menschen abgehalten werden von allem, was nicht den gewöhnlichen Anschauungen der Menschheit oder dem gerade herrschenden Zeitgeist entspricht."
Solche Führung legt Aufgaben auf. Genau wie bei der Auslegung dieses Wortes: "Geh hin und halte dich zum Wagen!"
Philippus ist vom Heiligen Geist geführt – und zwar so geführt, dass er Aufträge bekommt.
Aufträge, die gar nicht einfach sind, denn ein schlichter Handwerker sollte nun einem Finanzminister zum Leben verhelfen.
Ein Seelsorger, der ins Herz trifft
Und nun kommen wir zum zweiten originalen Christenleben – einem Leben, das klar, hell und deutlich durch den Heiligen Geist geführt wird.
Ich komme nun zum zweiten originalen Christenleben, das uns Leiter betrifft. Ein Seelsorger, der ins Schwarze trifft: Gehen wir zurück an die Straße im Geist von Jerusalem nach Gaza. Mühselig mahlen die Räder durch den tiefen Sand dieses Wüstenweges. Auf dem Wagen sitzt ganz versunken in seiner Lektüre der äthiopische Finanzminister, dessen Namen wir nicht kennen. Er liest laut und verzweifelt, denn er versteht es nicht.
Plötzlich fährt er hoch. Er ist angesprochen, obwohl er niemanden gesehen hat. Da ertönt eine Stimme: „Verstehst du auch, was du liest?“
Nun, das ist eine unverschämte Frage. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Eisenbahnzug – was als Autofahrer wahrscheinlich selten vorkommt – und gegenüber sitzt jemand, der einen Horrorroman, eine Enzyklopädie, die „Swiss“ oder etwas Ähnliches liest. Und Sie unterbrechen ihn und fragen: „Verstehst du das eigentlich, was du da liest?“ Was glauben Sie, welche Antwort Sie bekommen würden? Sicher nicht eine freundliche. Das ist eine unverschämte und freche Frage.
Ich kann dazu nur noch einmal mit den Worten von Hilti sagen: Der Heilige Geist gestattete dem Philippus keine allzu große Zartheit der Empfindungen. Er gestattete ihm keine Menschen- oder Tatenscheu oder Nervosität. Also fragte er: „Verstehst du, was du liest?“
Meine Freunde, das Seltsame ist, dass diese Frage genau die sein musste, die gestellt werden musste, wenn man richtige Seelsorge leisten wollte. Diese Frage war ein Schuss ins Schwarze.
Zum Ausdruck „Schuss ins Schwarze“: Wenn man mit Pfeil und Bogen auf eine Scheibe schießt, kann man verschiedene Ringe treffen, die weiß sind. Aber der beste Schuss ist der in die Mitte, wo der schwarze Kreis ist. Das ist das Zentrum, das gilt als zwölf Punkte.
Die Frage des Philippus war ein Schuss ins Schwarze, ins Herz des Äthiopiers. Denn sehen Sie, das war seine Lage: Er war enttäuscht. Kultus, Tempel, Priester hatten ihm keinen Frieden geben können. Wer Frieden bei Priestern und in Tempeln sucht, wird ihn nie finden.
Nun hat er Gottes Wort bekommen, Gottes lebendiges Wort, und er fühlt es. Da spricht er selbst: „Da kann ich ihn finden.“ Aber oh nein, er versteht es nicht. Ihm packt die Verzweiflung. Jetzt habe ich das Ende erreicht und kann es nicht festhalten.
Da sagt der ungerufene Seelsorger: „Verstehst du, was du liest?“
Liebe Freunde, sehen Sie, das ist Seelsorge. Seelsorge bedeutet, den anderen so zu verstehen, dass man mit einem einzigen Satz seine Not ins Licht stellt.
Ich denke zurück an mein Leben. Als junger Mensch bekam ich Angst vor der Hölle. Ich ging zu einem Pfarrer und fragte: „Was soll ich tun, damit ich nicht in die Hölle komme?“ Er sagte: „Ach, machen Sie sich keine Sorgen, Sie dürfen nicht grübeln, Sie dürfen sich nicht sorgen.“ Ich sagte: „Sie wissen es nicht.“
Oder wie ich vor meiner Bekehrung, als ich in Sünden lebte, mit einem Seelsorger über Land ging. Wunderbar. Ich wartete darauf, dass er mir ein Wort sagt. Wenn er den einen Satz gesagt hätte: „Du bist ein Knecht des Teufels“, hätte ich geschrien: „Ja, ja!“ und hätte alles ans Licht gestellt. Aber er sagte nichts. Ich war grenzenlos enttäuscht.
Nun stelle ich mir die vielen Menschen vor, die zu mir zur Seelsorge kamen und enttäuscht weggingen. Man sprach stundenlang, aber der entscheidende Satz kam nicht. Sie gingen enttäuscht weg, weil ich nicht die Vollmacht des Philippus hatte.
Nun könnten Sie sagen: „Das ist also ein Text für den Pfarrer.“ Liebe Freunde, der letzte Schlafende wache jetzt auf! Das ist gar keine Pfarrfrage. Philippus war ja gar kein Pastor.
Sehen Sie, das gehört zum originalen Christenleben der ersten Christengemeinde: Wer in Jesus Heil gefunden hatte, war Seelsorger für den anderen.
Und nun schauen wir auf die hilflose Christenheit, in der wir leben. Wenn ein Mensch in innerer Not ist, sagt man: „Geh mal zum Pfarrer, der kann dir helfen.“ Und da ist Philippus sofort Seelsorger für einen Finanzminister. Ein Seelsorger, der sofort ins Schwarze trifft, weil der Geist Gottes in ihm wohnt und ihn Menschen verstehen lehrt.
Meine Freunde, wenn wir gar nichts anderes erleben, als dass wir fühlen, was uns fehlt und was wir brauchen, dann ist das schon eine ganze Menge. Wenn ich Philippus ansehe, der mit einem Satz die Verzweiflung dieses Äthiopiers ans Licht stellt und sofort den richtigen Satz sagt, dann möchte ich wirklich beten.
Was wir eben so etwas schmetternd sangen: „Wach auf, du Geist der ersten Zeugen! Herr, errette uns aus diesem Kopien-Christentum, aus diesem Nachdruck-Christentum! Lass uns wieder original Christenleben erleben, wo ein schlichter Christ dem anderen helfen kann zum Licht.“
Jesus ist nicht gestorben, um eine Allerweltskirche zu gründen, sondern um Menschen zu erretten und zu erlösen. Er hat seinen Dienst gerufen, damit sie anderen Führerdienst zum ewigen Leben tun können.
Demut als Voraussetzung für Gottes Wirken
Lassen Sie mich noch ein drittes sagen: Originales Christenleben – ein Mann, der klare Führung hat, einen Seelensucher, der einen Schwarzen trifft.
Der dritte Teil ist nicht nur beiläufig, er ist sehr wichtig: Ein Mann, der von Gott klein gemacht ist. Ein Mann, der von Gott klein gemacht ist.
Meine Freunde, da wird der Finanzminister, dieser Äthiopier, dieser reiche Mann, auf einmal gefragt: Verstehst du auch, was du liest?
Ich will Ihnen ganz offen sagen: Wenn mich einer anhielte und plötzlich sagte, „Verstehst du, Pastor Busch, was du liest?“, würde ich antworten: „Hören Sie mal, das geht Sie überhaupt nichts an. Sie sind ein unverschämter Kunde.“ Und wenn der Mann aus seinem Reisewagen das so gesagt hätte, würde ich mich gar nicht wundern. Wissen Sie, was ich meine? Was wollen Sie eigentlich?
Das Wunderbare ist, dass das nicht geschieht, sondern dass der Äthiopier seiner Verzweiflung eingesteht: „Ich verstehe Gottes Wort nicht.“ Und dem Philippus sagt: „Du siehst aus wie einer der wenigen, die den Frieden Gottes schon gefunden haben. Mensch, steig auf, vielleicht hilfst du mir.“
Der vornehme Mann lädt den kleinen Philippus ein, sich auf seine wundervollen Polster zu setzen.
Ach, liebe Freunde, das ist es! Wenn Gottes Geist anfängt zu wirken, dann werden die Großen klein, dann werden die stolzen Herzen niedrig. Dann suchen die reservierten Leute auf einmal Hilfe, und die, die sich fremd waren, werden Brüder. Dann erfährt man: Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind.
Es gibt ja noch so großartige Leute. Der Herr ist ferner von den hochmütigen Herzen. Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind.
Und meine Freunde, ich kann Ihnen nicht helfen, ich muss noch eben ein Problem ansprechen, jetzt am Schluss, wo Sie müde sind. Aber ich kann nicht anders. Es ist ein Problem, das heute die Menschen beschäftigt.
Einer meiner jungen Freunde, der Theologie studiert, war kürzlich in einem Seminar, wo kräftig Bibelkritik betrieben wurde. „Das ist echt, und das ist unecht, da muss man das raustun“, hieß es.
Da sagt mein junger Freund zu dem Professor: „Herr Professor, wenn Sie Recht haben, dann kann ein Laie ja gar nicht mehr allein die Bibel lesen. Er muss ja Ihre Beratung haben, weil er die Bibel sonst nie ernst nehmen kann.“
Darauf antwortet der Professor: „Allerdings, so ist es. Ein Laie kann ohne theologische Beratung die Bibel nicht lesen.“
„Ja“, sagt der Junge, „aber dann machen wir ja lauter Unsinn im Weichselhaus. Wir geben dem Jungen sein Testament in der Hoffnung, dass Gottes Wort gewaltig mit ihm redet. Das ist Unsinn“, sagt er.
Also: Ohne theologische Beratung kann ein Laie die Bibel nicht verstehen. Damit sind wir also glücklich katholisch geworden, oder?
Ohne theologische Beratung kann der Laie die Bibel gar nicht lesen. Und dann sagt der Professor als Beweis: „Denken Sie an den Kämmerer aus dem Mordenland. Der las die Bibel, er verstand sie nicht, bis Philippus ihn beriet.“
Was ist darauf zu antworten? Darauf ist zu antworten: Der Philippus war ja gar kein Theologe, er war ja kein studierter Mann, oder?
Vor allem aber ist dies zu sagen, was mir wichtig ist: Der Kämmerer hatte noch nicht das Neue Testament, er hatte nur das Alte Testament mit seinen Verheißungen auf Jesus.
Im Neuen Testament wird uns die Erfüllung verkündigt. Dort wird uns der gekreuzigte Sünder-Heiland vor Augen gemalt, dort sehen wir die Auferstehung. Das hatte der Kämmerer noch nicht.
Der Philippus war gleichsam für den Kämmerer das Neue Testament. Der Philippus war dem Kämmerer sein Neues Testament.
Wir haben die ganze Bibel, und ich möchte Ihnen mit allem Nachdruck sagen: Sie können die Bibel lesen. Wenn Sie anfangen zu lesen, dann fangen Sie mit dem Johannesevangelium an. Nein, fangen Sie mit dem Johannesevangelium an, wenn Sie anfangen zu lesen. Dann werden Sie merken, wie ehrgewaltig er redet.
Sie brauchen nur die Beratung des Heiligen Geistes und sonst gar keine.
Und ich wünsche mir sehr, dass alle Hörer meiner Predigt ganz selbständig, sehr selbständig werden. So werden Sie mündige Christen und nicht schrecklich abhängige Pastorenknechte, Pfaffenknechte oder Priesterknechte. Sie werden mündige Christen.
Ich wünsche, dass alle Hörer meiner Gemeinde selbständig anfangen, die Bibel zu lesen und zu suchen, was die Wahrheit ist. Das würde eine Erweckung geben. Das würde eine Erweckung geben.
Gottes Weg der Zerstörung und Heilung
Aber nun kehren wir zurück nach Äthiopien. Gott hat ihn demütig gemacht, klein gemacht. Er erlebte Enttäuschungen zu Hause und in Jerusalem und stand der Bibel verständnislos gegenüber.
Gott führte ihn in Verzweiflung und zerstörte ihn. Doch gerade dadurch bereitete er ihn vor, zusammen mit Philippus den Weg unter Jesu Kreuz zu gehen. Dort sieht man Gott, dort liegt die Strafe auf ihm, damit wir Frieden haben.
Meine Freunde, das ist Gottes wundervollstes Werk. Neulich fragte mich jemand: Warum gibt es heute keine Wunder? Sehen Sie, das ist Gottes wundervollstes Werk: Wenn er Menschen durch ihr Leben oder andere Umstände so zerschlägt und fertig macht, dass sie unter Jesu Kreuz wirklich geheilt werden können.
Oh Herr, führe uns auch diesen Weg. Nimm uns weg, was uns lieb ist, zerschlage unser Leben. Aber tue alles nur, damit wir auch unter dem Kreuz Frieden finden. Lass auch unser Leben nicht in Halbheiten stecken. Herr, lass uns wieder originales Geisteswirken und ein echtes Christen- und Glaubensleben erfahren. Amen.
