Herzlich willkommen zum Podcast der Eva Stuttgart mit Jörg Lackmann und Thomas Povileit. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zum theologischen Denken anregen.
Die Menschen laufen den Kirchen in Scharen davon. Es ist nicht mehr notwendig, einer Kirche anzugehören. Vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich die Frage: Wird es die Kirche in Zukunft noch geben? Wird sie in der Form existieren, wie wir sie heute kennen? Gibt es Möglichkeiten, die Kirche auf die Zukunft vorzubereiten?
Das sind viele Fragen, mit denen du dich beschäftigt hast, Thomas. Was denkst du also? Wird die Kirche in Zukunft noch eine Perspektive haben? Und wird sie in der Gesellschaft weiterhin eine Rolle spielen oder nicht?
Also gibt es, wenn ich es jetzt anders formuliere, auf jeden Fall die Gemeinde Jesu. In Matthäus 16,18 sagt der Herr Jesus: „Ich werde meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.“
Es kann natürlich sein, dass eine lokale Gemeinde einmal verschwindet. Aber die Gemeinde Jesu als solche wird bestehen, bis der Herr Jesus wiederkommt. Er hat es selbst gesagt, und deshalb ist es auch wahr. Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, dass es die Gemeinde Jesu nicht mehr geben wird.
Die Kirche in der heutigen Form wird sich wahrscheinlich verändern. Denn es ist ja tatsächlich so, dass ihr gesellschaftlicher Einfluss abnimmt und ihre Stimme immer weniger gehört wird. Ich glaube, das wird in Zukunft leider nicht besser werden.
Ich unterscheide jedoch zwischen der Volkskirche und der Gemeinde Jesu.
Auch in den Kirchen, also in den Volkskirchen, gibt es natürlich Christen, die mit Jesus unterwegs sind. Doch das ist eher die Minderheit. Die meisten gehören zur Kirche, weil sie sich sozial engagieren oder der Meinung sind, es sei gesellschaftlich notwendig, Teil der Institution Kirche zu sein.
Kirche bedeutet ja: „Dem Herrn gehöre ich.“ Ich glaube, hier liegt auch schon ein Problem. Durch die Kindertaufe gehört man nach der Theologie zur Kirche. Dabei wird vermittelt, dass man durch die Taufe Christ ist – egal, ob man zu Christus gehört oder nicht.
Später können Menschen, die sozusagen „Christ geworden“ sind, Jesus aber nie persönlich kennengelernt haben, im Kirchengemeinderat oder in anderen Gremien Entscheidungen in der Kirche treffen. Das ist von Grund auf ein unbiblisches Gemeindemodell. Paulus unterscheidet immer wieder zwischen Leuten, die zu Jesus gehören, und solchen, die nicht zu Jesus gehören. Er spricht von denen, die „drinnen“ sind, und denen, die „draußen“ sind – also von Heiligen und Ungläubigen.
Dieses Kirchenmodell bringt außerdem mit sich, dass es jedem missionarischen Bemühen die Kehle zuschnürt. Wenn ich selbst keine persönliche Beziehung zu Jesus habe und Entscheidungen treffen muss, gehe ich doch nicht auf Menschen zu, die ebenfalls keine Beziehung zu Jesus haben, und sage ihnen, sie bräuchten eine Beziehung zu Jesus. Was ich selbst nicht habe, kann ich anderen logischerweise auch nicht geben.
Und doch glaube ich, dass einzelne Kirchengemeinden aus der Volkskirche durchaus eine Zukunft haben können, wenn sie den Glauben an Jesus wieder in den Mittelpunkt stellen und aufhören, verschiedenen politischen Zielen hinterherzulaufen.
Mit Christus im Zentrum kann man diesem Abwärtstrend, dass die Kirche in der Gesellschaft immer unbedeutender wird, auch im Kleinen begegnen. So verstehe ich das. Doch das glaube ich auf jeden Fall.
Die Ursache für dieses Abseits der Kirche, also dass sie immer unbedeutender wird, sehe ich in Deutschland als Tatsache an. Diese These würde ich sofort zustimmen. Darüber müsste man nicht lange diskutieren, wenn man die Zahlen, Austrittszahlen und anderes betrachtet.
Ja, ich glaube, der Abwärtstrend liegt einfach daran, meiner Einschätzung nach, an der Geschichte, die ich versucht habe, eben zu skizzieren. Die Kirche ist natürlich in vielen verschiedenen Kompetenzfeldern aktiv, hat aber den eigentlichen Auftrag sträflich vernachlässigt: die Verkündigung des Evangeliums.
Da du Geschichte erwähnt hast, was würdest du da als Ursache sehen? Vor allem denke ich an ein Buch von Alexander Gard mit dem Titel "Untergehen oder Umkehren". Gard ist ein landeskirchlicher Pfarrer, derzeit an der Lutherkirche in Wittenberg, war aber lange Zeit in Berlin tätig – einem sehr säkularen Umfeld, in dem die Kirche immer weniger Einfluss hat und zunehmend an den Rand der Gesellschaft gedrängt wird.
In diesem säkularen Umfeld hat er die "junge Kirche" gegründet – eine Kirche, die vor allem um Jesus kreist. Diese zieht tatsächlich vor allem junge Menschen an. Gard macht deutlich, dass die Gemeinde Jesu am Anfang gar keine Kirchengebäude besaß. Sie hatte keine Eventgottesdienste und kein Internet. Trotzdem wuchs sie beständig, weil sie aus Menschen bestand, die wirklich mit Jesus unterwegs waren.
Diese Menschen lebten im guten Sinne eine Gegenkultur. Sie liefen nicht mit dem Schild herum und verkündeten "Ich bin gegen alles", sondern sie lebten eine Alternative. Sie liefen den Göttern ihrer Zeit nicht hinterher, sondern setzten sich für Arme und Alte ein. Sie nahmen ausgesetzte Kinder auf. Besonders beeindruckend fand ich, dass Gard zitiert, wie einige sich sogar in die Sklaverei verkauften, um andere aus der Sklaverei zu retten.
Dazu wäre ich heute sicher nicht bereit. Da müsste noch einiges passieren, damit ich das so umsetzen würde. Dennoch sind die Christen durch ihren alternativen Lebensstil aufgefallen. Sie konnten Antworten geben auf Fragen wie: Wo komme ich her? Wozu bin ich da? Wohin gehe ich?
Diese Antworten waren wirklich glaubhaft, und sie unterstrichen sie mit ihrem Leben. Das zog natürlich auch Nichtchristen an und überzeugte teilweise so sehr, dass diese dann Christen wurden.
Die Frage bezog sich ja eher auf das Negative. Du hast jetzt die positive Seite sehr hervorgehoben, wie einfach Gemeinde oder Kirche entstanden ist und dass sie eine Gegenkultur darstellte. Aber wir haben ja auch diesen Abwärtstrend, und den siehst du teilweise auch in der Geschichte begründet. Kannst du dazu noch etwas mehr sagen?
Ja, das Negative liegt einfach daran, dass die Volkskirche sich mit vielen verschiedenen Themen beschäftigt und dabei das Zentrum, Jesus, aus den Augen verliert. Da bin ich ein bisschen abgeschweift, aber das ist es, was Gart gezeigt hat: Wenn Jesus wieder in den Mittelpunkt gerückt wird, entsteht plötzlich wieder etwas Anziehendes. Die Kirche war eine Gegenkultur, doch die Kirche heute hat keine Gegenkultur mehr. Sie versucht sich der Gesellschaft anzupassen und verbiegt sich dabei. Dadurch verliert sie logischerweise auch ihr Profil.
Das ist, denke ich, schon mal ganz klar. Aber wir sehen auch, wenn wir zum Beispiel in die Offenbarung schauen, dass die Gemeinden der ersten Stunde relativ bald Probleme bekamen. Sie wurden mit Irrlehren konfrontiert, sie wurden sehr lau. Auch sie haben Jesus ein Stück weit aus den Augen verloren; er war nicht mehr ihr Mittelpunkt.
Wenn man einen Blick in die Kirchengeschichte wirft, fällt zunächst das Edikt von Mailand im Jahr 313 auf. Dieses Edikt stellte das Christentum zunächst der Reichsreligion gleich. Das war der erste Schritt. Es war allerdings noch nicht die alleinige Staatsreligion, aber das Christentum wurde erstmals erlaubt und nicht mehr verfolgt.
Im Jahr 380 wurde das Christentum durch Theodosius tatsächlich zur Reichsreligion erklärt. Das zeigt sehr gut die verhängnisvolle Verbindung zwischen Staat und Kirche. Viele Entscheidungen, die in der Kirche getroffen wurden, hatten einen politischen Ursprung. Die Kirche war im Grunde genommen eine willige Erfüllerin der politischen Herrscher. Auch die Kreuzzüge sind in diesem Zusammenhang zu sehen, da es durchaus politische Motive gab.
Durch die Verbindung von Kirche und Staat entsteht das Bild der Kirche, wie es heute oft wahrgenommen wird. Man denkt an die Kreuzzüge oder an deutsche Christen, ohne genau zu wissen, was die eigentliche politische Motivation war. Die tatsächlichen Menschen und ihre Beweggründe treten dahinter zurück. Die Kirche trägt den Makel dieser Geschichte, aber auch zu Recht – mitgehangen, mitgefangen. Sie hat sich auf diese Verbindung eingelassen.
Interessant ist auch, dass bis ins 19. Jahrhundert in Europa noch Taufzwang bestand. Das heißt, das Taufen wurde polizeilich durchgesetzt. Die Kirche war damals noch teilweise in den Staat integriert und nutzte diese Verbindung, um ihre Gedanken voranzubringen. Dieses Bild ist heute noch in den Köpfen präsent.
Gadd verwendet in diesem Zusammenhang einen Satz, den ich sehr treffend finde: Das Minimalkristentum wurde zum Normalkristentum. Durch die Verbindung mit dem Staat wurden viele Nichtchristen praktisch Christen.
Ich selbst bin heute nur noch zu den großen Festen in der Kirche, ansonsten spielt der Glaube in meinem Leben keine Rolle mehr.
Diese Entwicklung war eine bedeutende Weichenstellung nach Jahrhunderten der Verfolgung. Nach etwa drei Jahrhunderten wurde das Christentum erstmals anerkannt. Es war ein Aufatmen, denn man wurde nicht mehr verfolgt, nur weil man Christ war, sondern durfte es jetzt offen sein.
Interessanterweise dauerte diese Phase der Anerkennung nur siebzig Jahre, bevor das Christentum zur Pflicht wurde. Das war ein sehr schneller Wandel, der innerhalb von rund zwei Generationen stattfand. Das hat auch in den Gemeinden einiges verändert und wirkt bis heute nach.
Es ist spannend zu sehen, wie früh solche Weichenstellungen getroffen wurden. Als die Verbindung zwischen Staat und Kirche später aufgeweicht wurde und die Bedeutung des Staates abnahm, verlor auch die Kirche an Einfluss. Gleichzeitig fehlte ihr die innere Kraft, um sich neu zu positionieren.
Du sagst, es sei keine innere Kraft mehr da gewesen. Man muss sagen, in vielen Fällen ist tatsächlich keine innere Kraft mehr vorhanden. Ich bin da ganz bei dir. Es gibt auch gar keine geistliche Kraft mehr. Natürlich muss man die einzelne Kirchengemeinde betrachten. Es gibt durchaus Gemeinden, die geistliche Kraft haben. Aber ich glaube, diese Kraftlosigkeit ist ein theologischer Grund, der dahintersteht.
Dieser Grund kommt aus der gesamten liberalen Schriftauslegung. Dabei wird Jesus eben nicht mehr als Sohn Gottes gesehen, der als Heiland der Welt für die Sünde stirbt. Man nennt das theologisch eine veränderte Christologie. Jesus ist nicht mehr der Sünder-Heiland, sondern vielleicht nur ein Sozialreformer oder etwas Ähnliches. Man versucht, das Anstößige am Evangelium umzudeuten. Damit hat man den Zuhörern aber auch nichts mehr zu sagen.
Paulus geht einen anderen Weg. In 1. Korinther 1 predigt er Christus als gekreuzigt – für die Juden ein Anstoß und für die Nationen eine Torheit. Sie können das nicht glauben und wollen es nicht glauben. Aber für die Berufenen, Juden wie Griechen, ist Christus Gotteskraft und Gottes Weisheit.
Ich glaube, Gart ist ein Kirchenmensch. Er kommt aus der Kirche, auch wenn er sie sehr kritisch sieht. Aber ich denke, wir als Freikirchen müssen auch aufpassen. Heute haben wir den Trend, uns überall anzupassen und mitzuschwimmen. Man will hip sein. Am Beispiel der Kirche sieht man, dass das letztlich Kirchenleere bedeutet. Sie haben nichts mehr zu sagen, weil sie Christus nicht in den Mittelpunkt stellen.
Stattdessen wird die Tagesschau am Sonntagmorgen noch einmal aufgewärmt. Aber wirklich etwas daran ändern kann man nicht. Damit verliert die Gemeinde ihr Alleinstellungsmerkmal: Jesus steht nicht mehr im Mittelpunkt. Ich glaube, darin liegt der Grund für die Kraftlosigkeit der Kirche.
Wenn wir als freie Gemeinden davon abrücken, werden wir auch keine geistliche Kraft mehr haben. Denn diese Kraft haben wir nicht gepachtet. Sie ist wie Strom: kein Akku. Wenn du den Stecker ziehst, hast du kein Licht mehr. Wenn wir die Kraft vom Herrn trennen, wird unser Licht erlöschen.
Als Freikirche haben wir natürlich mehr Möglichkeiten, einen anderen Weg zu gehen als die große Volkskirche. Die hat aber auch ihre Chancen. Du hast ja auch von den positiven Aspekten gesprochen. Gart konnte in der Kirche sehr positive Dinge bewirken, richtig? In seinem Buch sieht er eine Perspektive. Er schreibt es, denke ich, auch, um anderen Mut zu machen.
Man kann es auch in der Kirche machen. Ich nehme an, dass die Kirche nicht verlassen werden will. Nein, aber es ist in der Tat so, dass er für das System Volkskirche keine große Zukunft sieht. Trotzdem hat er das Buch unterschrieben mit dem Titel, warum der christliche Glaube seine beste Zeit noch vor sich hat.
Darin versucht er deutlich zu machen, dass die Kirche aus einer anderen Zeit stammt. Früher gab es einen Fürsten, und dieser Fürst bestimmte, was seine Untertanen glaubten. Er sagt, so läuft es auch heute noch in der Kirche: Du hast deinen Bischof, und alles ist durchstrukturiert.
Er meint, wir leben eigentlich in einer Zeit des Individualismus, in der man für sich selbst gewisse Dinge entscheidet. Und genau das sei auch die Botschaft des Evangeliums: Du musst persönlich eine Entscheidung treffen, dass du zu Jesus umkehrst. Danach musst du eine Gemeinde wählen, in die du gehst.
Wenn das der Mittelpunkt von Kirchen ist – also eine veränderte Christologie, die diese persönliche Entscheidung betont – dann sieht er durchaus eine Zukunft für diese einzelne Kirchengemeinde. Er versucht ihnen Mut zu machen und sagt, dass darin eine Riesenchance liegt.
Gott ist letztendlich derjenige, der die Herzen erreicht. Wir können es nicht erzwingen, aber wir müssen uns bewusst sein, dass es um geistliche Kraft geht und nicht nur um äußere Dinge.
Wobei er wahrscheinlich schon eine ganze Gemeinde hinter sich sieht, oder?
Ich habe nämlich letztes Mal auf einer Freizeit einen Pfarrer kennengelernt, einen landeskirchlichen Pfarrer im Osten Deutschlands, der gläubig ist. Sein großes Problem ist, dass er fast keine gläubigen Mitarbeiter in der Gemeinde hat. Für ihn ist das mehr Evangelisation.
Er erzählte ab und zu, dass es früher mal eine gläubige Kindermitarbeiterin gab. Von ihr gibt es noch Folgen, also Früchte, die man noch sehen kann und auf denen man aufbauen kann. Aber nachdem sie weg war, ist das Ganze wieder zusammengebrochen und so weiter.
Da muss also schon ein Kirchengemeinderat dahinterstehen, oder es ist wahrscheinlich eine Personalgemeinde, oder? Richtig, man braucht mehrere Gläubige in der Kirche.
Ich kenne auch einen Pfarrer, der sagte: „Der Bedauernswerteste in der Kirche ist ja der Pfarrer.“ Er war gläubig, aber er kann ja nicht gehen, er muss ja im Grunde genommen bleiben. Manche gläubige Gemeindemitglieder wechseln dann in eine Gemeinde, in der ein gläubiger Pfarrer ist, oder sie wechseln anderweitig. Aber der Pfarrer muss einfach bleiben und das muss er ein Stück weit gut aushalten.
Man kann natürlich auch sagen, er hat sich letztendlich dafür entschieden oder er müsste wirklich einen Cut machen und sagen: „Nein, ich werde Teil eines anderen Kirchenmodells.“
Ich finde es gut, dass er Mut macht und sagt: Es liegt an Christus. Trau ihm wirklich wieder etwas zu.
Was ich bei ihm auch sehr gut fand, war die Aussage zur sogenannten Säkularisierungsthese. Diese These wurde lange stark vertreten. Sie besagt, dass je säkularer eine Gesellschaft wird, also je mehr Vernunft und Technik in ihr Einzug halten, desto mehr der Glaube aus der Gesellschaft verschwindet.
Er macht jedoch deutlich, dass heute kaum noch jemand diese These so vertreten kann – vor allem, wenn man nach Asien schaut. Zum Beispiel in China oder Südkorea sieht die Situation ganz anders aus. Für Europa mag die These noch gelten. Hier sind wir in Europa fast wie auf einer Insel, auf der es so ist. Aber in anderen Ländern, trotz Diskriminierung, sieht es anders aus.
Er nennt Zahlen, etwa aus China: Die Zahl der Christen hat sich dort seit 1960 verfünffacht. Man rechnet mit etwa zehn Prozent Christen, das sind hundert Millionen Menschen. Außerdem zitiert er Zahlen aus der Südsaharazone, wo 71 Prozent der Bevölkerung wöchentlich zum Gottesdienst gehen. Zum Vergleich: Bei uns sind es ein oder zwei Prozent.
Deshalb sollten wir nicht automatisch denken, weil in unserer Gesellschaft das Interesse am Glauben abnimmt, dass das überall auf der Welt so ist. Das ist eine verbreitete Annahme, die ich selbst auch schon gedacht habe oder die man oft hört: Je technischer und fortschrittlicher eine Gesellschaft wird, desto weniger Glauben gibt es.
Nach seinem Verständnis, basierend auf seinen internationalen Erfahrungen, ist das jedoch vor allem ein europäisches Phänomen. Er stimmt zu, dass es in Europa so ist, aber es ist nicht zwangsläufig überall so. Das ist, glaube ich, ein falsches Denken, das viele Europäer haben. Weil wir es um uns herum so erleben, denken wir, das müsse überall so sein. Aber er sagt: Nein, das muss nicht so sein.
Er zitiert viele Gemeinden, in denen er es anders erlebt hat. Es gibt Gesellschaften, die viel technischer und säkularer sind als Europa, aber dennoch geht es den Gemeinden dort gut.
Eigentlich sind die Umstände ähnlich wie am Anfang, als das Christentum entstand und der Glaube aufkam. Damals gab es viele, viele andere Götter. Gard stellt sogar einige Thesen auf und fragt: Was macht es aus, dass Gemeinden wachsen?
Er sagt zum Beispiel, dass Jesus für solche Gemeinden, in denen der Glaube wächst und Menschen in die Gemeinde kommen, absolut im Mittelpunkt steht. Er ist der Sünderheiland, zu dem man sich bekehren muss. Die Gemeinden haben eine missionarische Ausrichtung. Sie rechnen auch damit, dass Gott im Leben von Menschen tatsächlich wirkt – nicht nur theoretisch. Sie vertrauen darauf: Herr, du kannst hier wirken.
Diese Gemeinden sind sehr nah dran an den Fragen und Problemen der Menschen um sie herum. Sie werden von Christen gebildet, die Gott ihr Leben wirklich zur Verfügung gestellt haben. Weil das die Grundlage ist – mein Leben gehört Gott – bringen sie auch einen hohen finanziellen Aufwand und einen großen zeitlichen Einsatz, damit Menschen das Evangelium hören.
Er sagt, eine Gemeinde, die Menschen erreichen möchte, indem sie Jesus in den Mittelpunkt stellt, wird immer in der Spannung zwischen konservativ und progressiv stehen. Das sind für mich spannende Gedanken.
Er hat es so formuliert: Diese Gemeinde muss im Wort verwurzelt sein, aber sie muss auch eine zeitgemäße Kommunikation haben. Er sagt: Wer sich weit hinauslehnen will, muss in der Mitte verankert sein. Dabei bringt er viele Beispiele, die ich sehr spannend fand.
Er betont, dass man mit den Leuten reden können muss, die einen umgeben. Gleichzeitig muss einem klar sein, worüber man redet – nämlich von Christus. Und man muss die Menschen herausfordern, zu diesem Christus umzukehren.
Das ist auch seine Antwort darauf, wenn er sagt: Wenn ich Europa anschaue, dann haben sie die Mitte verloren. Deshalb geht es der Kirche so schlecht, wie es ihr geht. In anderen Ländern mit einem ähnlichen Umfeld hat die Gemeinde Christus als Mittelpunkt. Deshalb wachsen dort die Gemeinden.
Das technische und säkulare Umfeld hat damit eigentlich gar nichts zu tun. Diese Gemeinden bilden wie am Anfang eine Gegenkultur. Deshalb können sie eine Botschaft weitergeben, die Menschen anspricht.
Das fand ich bei Gard selbst sehr ansprechend. Ich dachte, das ist ein mutmachender Punkt, den er da auch bringt.
Das ist etwas, was wir vielleicht in einem anderen Podcast noch vertiefen können: die Spannung zwischen konservativ und progressiv. Ich finde dieses Thema sehr spannend, denn meistens tendiert es in eine Richtung. Bei sogenannten progressiven Gemeinden fehlt oft die Verwurzelung sehr stark, wenn man genau hinschaut.
Das klingt anfangs sehr gut. Ich habe letztlich auch mal jemanden gehört, der eine spezielle Predigt einer solchen Gemeinde gelobt hat. Daraufhin habe ich mir die Predigt angehört und dachte: Ja, aber da fehlt etwas, da fehlt etwas, da fehlt etwas.
Umgekehrt gibt es die Konservativen, die sich natürlich stark absondern. Beides zu haben, dieses Bild möchte ich zum Abschluss für heute noch einmal zitieren: Wer sich weit hinauslehnen will, der muss in der Mitte verankert sein. Wenn man aus dem Fenster schaut, sollte man gut wissen, wo man hinten fest ist.
Nehmen wir das doch als Schlusswort zu dem spannenden Thema: Wie wird Gemeinde zukunftsfähig? Im Grunde genommen war die Zusammenfassung, dass die Gemeinde zu ihren Wurzeln zurückkehrt. Jesus ist ihr Thema und nicht irgendwelche anderen Dinge, die nicht dazugehören. Gleichzeitig geht sie auf die Gesellschaft zu.
Das war der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen, ihr konntet einen Impuls für euch mitnehmen.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns unter podcast@efa-stuttgart.de. Wir wünschen euch Gottes Segen.