Herr, dein Wort, die edle Gabe, dieses Gold erhalte mir!
Wir haben heute so viel gesprochen, so viel gehört und so viel gedacht. Doch dein Wort macht Leib und Seele gesund. Lass uns heute Abend nicht das Menschenwort hören, sondern dein ewiges Wort.
Wir leben in einer vergehenden Zeit, die Jahre vergehen schnell. Du musst uns immer wieder zeigen, was bei dir wirklich wichtig ist, was Vorrang hat und Bedeutung besitzt.
Ich möchte dir auch jetzt für die Gemeinschaft danken, die du uns schenkst. Amen.
Einführung und Bibeltextvorstellung
Jakobus 4. Haben Sie noch Hiobzettel, Frau Würzkin? Die kann man einfach weitergeben oder in die verschiedenen Reihen über den Tisch reichen. Das stört nicht so sehr, dann kann jeder sie noch sehen.
Wir müssen später noch einmal nachschauen. Ich glaube, die sind jetzt alle weg. Frau Wörz schaut noch einmal nach, ob hinten auf dem Klare Vier vielleicht noch etwas liegt.
Jakobus 4, und zwar ab Vers 11. Den finden Sie nach dem Hebräerbrief.
Ungemein praktisch, ansprechend und verständlich. Es wundert mich, dass manche sagen, die Bibel sei schwer verständlich. Für mich ist sie fast zu verständlich. Man hat manchmal Schwierigkeiten, weil sie einem sehr auf die Nerven geht und weh tut. Aber das ist gut so.
Verurteilung und Verleumdung in der Gemeinde
Verleumdet einander nicht. Gibt es dafür vielleicht ein anderes Wort? Nachreden oder Verlästern? Ja, das klingt feindselig. Es ist immer hilfreich, verschiedene Übersetzungen zu kennen. Das erleichtert auch im Hauskreis das Verständnis, wenn man die Texte austauscht. So wird die Sprache oft viel klarer.
Verleumdet einander nicht, liebe Brüder. Wer seinen Bruder verleumdet oder verurteilt, der verleumdet und verurteilt das Gesetz. Verurteilst du aber das Gesetz, so bist du nicht ein Täter des Gesetzes, sondern ein Richter.
Einer ist der Gesetzgeber und Richter, der selig machen und verdammen kann. Wer aber bist du, dass du deinen Nächsten verurteilst?
Und nun ihr, die ihr sagt: „Heute oder morgen wollen wir in die oder die Stadt gehen, dort ein Jahr verbringen, Handel treiben und Gewinn machen.“ Ihr wisst nicht, was morgen sein wird. Was ist euer Leben? Es ist ein Rauch, der nur eine kurze Zeit bleibt und dann verschwindet.
Dagegen solltet ihr sagen: „Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun.“ Nun aber rühmt ihr euch in eurem Übermut. All solches Rühmen ist böse.
Wer nun weiß, Gutes zu tun, und es nicht tut, dem ist es Sünde.
Die Rolle des Verurteilens im Staat und in der Gemeinde
Jetzt geht es also zuerst um das Thema des Richtens, des Verlästerns und des Verleumdens. Am Ende steht ja, dass wir einen anderen überhaupt nicht verurteilen sollen.
Was macht nun aber jemand, der von Beruf im Justizwesen arbeitet, wenn man keinen verurteilen soll? Ganz klar: Es ist gut, dass wir uns das einmal wieder vergegenwärtigen. Luther hat ja immer gesagt, dass Gott auf zwei Weisen regiert. Die eine Weise ist, dass er in dieser Welt, in der so viel Böses geschieht, eine Notordnung aufgerichtet hat. Diese funktioniert selbst in den schlimmsten Unrechtsstaaten der Welt noch, nämlich dass der Böse bestraft wird und der Gute Belohnung erhält.
Der Staat hat die Aufgabe, für Recht und Ordnung zu sorgen. Wir würden staunen, wie es in unserer Welt aussehen würde, wenn diese Ordnung des Staates nicht mehr da wäre. Heute gibt es wieder junge Menschen in unserem Land, die eine Herrschaftsform der Anarchie vertreten – also ohne irgendwelche staatliche Leitung und Führung. Das ist nach meinem Verständnis und nach der Bibel niemals funktionstüchtig, weil der Mensch immer wieder eine ordnende Kraft braucht.
Wenn diese ordnende Kraft nicht mehr gegeben ist, entwickeln sich ganz furchtbare Zustände. In einem Land wie Uganda ist das immer wieder erschütternd zu sehen, wenn die Staatsordnung so zerrüttet ist und keine ordnende Kraft mehr da ist. Dann ist das Leben dort sehr gefährdet.
Deshalb sind wir nicht gegen das Verurteilen, sofern es in einem Staat erfolgt, der eine klare und verlässliche Rechtsordnung hat. Wir sind darauf angewiesen, dass das noch funktioniert und dass es auch noch geschieht. Dieses Verurteilen ist hier nicht gemein.
Worum geht es also? Es geht darum, dass es in der Gemeinde – aha – jetzt haben wir doch den Punkt, wenn Jakobus redet, um die Gemeinde. Dort gibt es es so leicht, dass man einander verurteilt. Darf man also gar nichts mehr sagen? Doch, und das muss man jetzt auseinanderhalten. Ich muss sogar Dinge nennen, auch böse Dinge aufgreifen. Aber ich muss aufpassen, dass ich einen Menschen nicht aburteile und fertig mache.
Darum geht es. Und den Unterschied wollen wir herauskriegen.
Umgang mit Missständen und Kritik in der Gemeinde
Verleumdet einander nicht, verlästert einander nicht und treibt keine üble Nachrede. Die biblische Ordnung ist, dass man es der Person direkt ins Gesicht sagt. Das ist eine Pflicht und selbstverständlich.
Der Prophet Uriah ging zu David und sagte ihm, dass sein Verhalten nicht richtig sei. Landesbischof Wurm oder Bischof Fritz von Bodelschwing gingen zu Hitler und sagten ihm, dass sein Handeln nicht richtig sei. Erzbischof Janani Luwum in Uganda ging zu Idi Amin und sagte, dass in diesem Land Unrecht herrsche. Wer eine Waffe in der Hand habe, treibe Unrecht. Er wurde dafür erschossen. Doch das ist der Weg der Christen: direkt ins Gesicht zu sprechen.
Auch ist es für uns sehr wichtig, Dinge beim Namen zu nennen und offen auszusprechen. Es geht hier um das Reden hinter dem Rücken, um Verleumdung, Nachrede und Lästerung. Dass es in der ersten Gemeinde auch diese Probleme gab, wie überall dort, wo Menschen sind, lesen wir in 2. Korinther 12,20: „Ich fürchte, wenn ich komme, finde ich euch nicht, wie ich es möchte, und ihr findet mich auch nicht, wie ihr es wollt. Stattdessen gibt es Hader, Neid, Zorn, Zank, üble Nachrede, Verleumdung, Aufgeblasenheit und Unordnung.“
Es hat noch nie einen Menschen gegeben, der behauptet hat, gläubige Christen seien fehlerfrei. Im Gegenteil, wir wissen um die große Not, dass der Teufel mit Vorliebe gerade bei Menschen, die Jesus angehören, einen falschen Geist schenkt. Deshalb müssen wir sehr wachsam sein.
Wie viel von Segen wird zerstört, weil in uns üble Nachrede, Verleumdung und Aufgeblasenheit Raum greifen. Das ist wie ein Gift. Beim Gift ist es besonders schlimm, dass schon wenige Tropfen genügen, um den ganzen Körper zu vergiften und zum Sterben zu bringen. Ebenso genügen ein paar Tropfen Nachrede, um alles zu zerstören.
Gesetz und Urteil im Umgang mit Verleumdung
Was kann man da tun? Jakobus sagt: Wer so handelt, der verurteilt das Gesetz. Welches Gesetz denn? Denkt daran das Mosegesetz. Wir können ja mal überlegen, an welche Stelle wir hier denken könnten: 3. Mose 19, Vers 16.
Na, da war es falsch, da stimmt etwas nicht bei meiner Aufzeichnung. Entschuldigung, da stimmt etwas nicht. Jawohl, danke, ich habe es doch richtig. Du sollst nicht als Verleumder umhergehen unter deinem Volk, du sollst auch nicht auftreten gegen deines Nächsten Leben, ich bin der Herr.
Es ist ja immer auch die Gefahr, wenn wir Missstände anmahnen, dass wir gleich einen ganzen Menschen damit aburteilen und nicht sagen, das war eine Lüge, die hier gesprochen wurde, und gleich aus einem Menschen einen Lügner machen: Das ist ein Lügner. Da macht ja die Bibel einen großen Unterschied und sagt, wir sollten Sachen beim Namen nennen und einen Menschen lieb haben.
Wir sollten Dinge, die schlecht sind, ganz ungeniert benennen, aber nie einen Menschen aburteilen. Denn wir sollten ihn immer unter der Chance sehen, die Gott ihm noch einmal gibt – zur Erneuerung, zur Umkehr.
Es kann auch sein, dass in der ersten Gemeinde schon früh die Jesusworte als Gesetz, als das neue Gesetz Jesu gegolten haben. Zum Beispiel Matthäus 7,1-5 aus der Bergpredigt. Diese Worte waren etwa in der ersten Christenheit das Gesetz. Dort ermahnten sie sich immer wieder: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.
Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Wenn ich richte, soll ich mir immer bewusst sein, dass ich sehr große Mängel habe.
Nun sieht das also so aus, wenn man das liest, dann heißt das ja, dass ich überhaupt nicht mehr den Mund aufmachen darf. Doch achten Sie auf den kleinen, aber wichtigen und bedeutenden Unterschied: Ich soll reden, soll beurteilen, aber wie? Ob ich es tue in dem Geist, der um die eigenen Fehler weiß und das auch sagt.
Es ist eine große Hilfe, wenn Sie einem Schuldiggewordenen sagen: In meinem Leben hat es sehr viel Übles gegeben. Aber gerade darum möchte ich Ihnen helfen. Ich glaube, dass auch die jungen Menschen immer sehr dankbar sind, wenn wir ihnen offen sagen, dass es in unserem Leben sehr viel Not gegeben hat, weil wir selber hier untreu geworden sind.
Ich kann mir vorstellen, dass auch junge Menschen gerne zuhören, wenn wir ihnen von unseren Fehlern erzählen. Also sollten wir Dinge ruhig anmahnen, aber immer im Wissen um die eigene Schuld.
Wir müssen auch prüfen und beurteilen. Wir können nicht einfach zu allem Ja und Amen sagen. Das ist eine offene Frage: Darf man denn etwa auch das immer wieder nennen, wenn etwa in der christlichen Verkündigung Dinge nicht in Ordnung sind? Das ist unsere Pflicht. Aber die Frage ist, in welchem Geist tun wir dies? In welcher Art nennen wir Missstände beim Namen?
Philipp Jakob Spener hat ja das Büchlein damals geschrieben, das die große Erweckung des Pietismus ausgelöst hat: die Pia Desideria, die frommen Wünsche. Und da hat er angefangen mit Worten wie: „Ich kann nicht genug weinen über die Missstände.“
Er fängt so an, dass man richtig mitspürt, wie der Mann unter den Schäden seiner Zeit leidet. Das war sicher auch der Grund, dass dieser so sensible Prediger, der damals in Frankfurt am Main wirkte, auch die Herzen der Menschen gewann.
Es ist sicher oft nur eine Frage: Wie können wir einem Menschen das beibringen? Und wie können wir unsere Dinge sagen, damit nicht gleich die Türen zufallen?
Also, es wäre völlig falsch, wenn wir den Jakobus jetzt so verstehen würden, als ob wir nichts mehr sagen sollten. Aber wir sollten es in einer Art sagen, wo man spürt, wir kommen nicht als überhebliche Kritiker. Auch nicht so, als ob wir Menschen zusammenschlagen wollten. Wir sollen kommen, um zu helfen.
Ich wollte doch zwei Stellen zeigen, wo wir auch sehen, dass es Pflicht ist, Missstände aufzudecken: 1. Thessalonicher 5,21: „Prüft aber alles und das Gute behaltet.“
Wir müssen beurteilen, natürlich müssen wir beurteilen. Wir sollten ja auch kritisch Vorgänge in der Welt beobachten. Wir sollten auch klare Maßstäbe entwickeln, aber im Geist der Selbstprüfung, des Wissens um die eigene Schuld und um die eigenen Fehler.
1. Korinther 14,29: Da geht es um die verschiedenartige Predigt, das ist die Prophetie in der Gemeinde. Paulus sagt auch von den Propheten: Lasst zwei oder drei reden und die anderen sollen darüber urteilen.
Das gibt es in der Gemeinde, dass man sagen muss: Diese Stimme war nicht von Gott. Natürlich. Es gibt doch Predigtkritik: Das war nicht nach der Schrift geredet. Ich kann nicht einfach sagen, das ist alles schön.
Aber wir brauchen dazu von Gott auch immer wieder die nötige Erleuchtung: Herr, gib mir den Geist, das unterscheiden zu können, was Recht ist und was nicht ist.
Und das ist so schön, dass Gott das letzte Urteil hat. Wir brauchen keinen zu verurteilen. Wir stehen vor dem letzten, ewigen, jüngsten Gericht. Und jeder Mensch steht dort. Dann brauchen wir das letzte Wort nicht zu sagen.
Wir müssen aber den Mund auftun und sollten auch immer wieder Richtung angeben und sagen, in aller Demut: Das ist heute nicht recht, das ist nicht gut, das ist falsch.
Die Dringlichkeit des göttlichen Gerichts
Ich kann es Ihnen vielleicht an einem Beispiel deutlich machen. Ein bestimmter Punkt belastet mich immer wieder. Ich glaube, ich habe hier in einem Gottesdienst noch nie ein Wort zur Stuttgarter Abtreibungsklinik gesagt, weil ich einfach meine, dass es unter uns klar ist.
Ist das Feigheit? Manchmal habe ich auch gedacht, dass es manche Menschen noch mehr zerschlagen könnte. Sie würden dann noch mehr unter falschen Entscheidungen ihres Lebens leiden. Immer wieder ringe ich damit, wo wir in unserer Zeit klar sagen müssen, was wir verurteilen – auch in der Öffentlichkeit.
Wir wollen doch nicht schweigen, nur aus Angst oder weil wir morgen vielleicht in der Zeitung lächerlich gemacht werden. Stattdessen sollten wir klar Dinge benennen, die wir verurteilen müssen. Oft denke ich, dass viele Dinge klar sind. Dennoch ist es gerade heute so wichtig, deutliche Maßstäbe zu haben – zum Beispiel im Umgang mit Geld, mit Ehre und mit der Reinheit unserer Herzen.
Als vor einigen Jahren hier Doktor Petrus Octavianus predigte, war ich erstaunt, wie klar und scharf er die Dinge verurteilte, die er in unseren Städten sah. Er nannte sie beim Namen. Deshalb stellt sich immer wieder die Frage, ob wir noch den Mut haben, so offen zu sprechen.
Mir ist es manchmal nur wichtig, dass wir nicht hier in der Gemeinde sozusagen zum Fenster hinausreden. In diesem Zwiespalt befinde ich mich oft, und das verstehen Sie. Vielleicht sollten wir öfter darüber reden und sagen: Jetzt ist einmal ein klares Wort nötig. Wir müssen beurteilen, wir müssen Richtlinien aufstellen – zum Wohl der Menschen, um ihnen zu helfen und sie zurechtzuführen.
Nun wäre es gut, wenn wir uns klar machen: Hier steht, dass Gott verdammen kann. Wenn ich durchs Land reise und irgendwo spreche, beobachte ich, dass die Menschen am meisten zuhören, wenn ich beim Evangelisieren oder in einer biblischen Botschaft auf das göttliche Gericht am Ende der Tage zu sprechen komme.
Selbst unter bibeltreuen Leuten ist das eine große Überraschung, wenn ich sage: Fast auf jeder Seite der Bibel steht, dass Gott verdammt. Ja, aber Gott ist doch ein Gott der Liebe, wird dann gesagt. Wenn man das aus der Bibel herausreißt, wird es falsch.
Am Donnerstag werde ich in Heilbronn in der Festhalle Harmonie den Abschluss der Allianzkonferenz zum kommenden Weltende halten. Das ist der wesentlichste Punkt. Es wurde uns das Gleichnis vom Unkraut unter dem Acker gegeben: Das Unkraut, das unter dem Weizen wächst, wird am Ende verbrannt.
Oder bei den klugen Jungfrauen: Die törichten Jungfrauen werden ausgeschlossen, die Tür wird abgeschlossen und nicht mehr geöffnet. Zwei von ihnen liegen draußen auf dem Bett – Sie kennen die Geschichte, Sie haben sie ja oft in der Verkündigung hier immer wieder gesagt.
Es ist interessant, dass hier steht: Gott kann verdammen. Es gibt eine Scheidung am Ende der Tage. Das macht es so dringlich. Vielleicht ist es heute unter Christen am schwersten, das Wissen um diese Tatsache zu akzeptieren – dass man verloren gehen kann, wurde verdrängt.
Das schwerste Stück, das in der Bibel überhaupt steht, ist die Tatsache, dass es ein Verlorengehen gibt. Das ist absolut unsympathisch. Wenn ich könnte, würde ich Ihnen das verschweigen, aber ich wäre Ihnen dann gar nicht hilfreich.
Es steht auch hier: Gott kann selig machen, und er kann verdammen. Um diese Entscheidung geht es. Das macht unsere Mission so dringlich. Wenn man das ausklammert und sagt: Nein, es werden alle selig, dann fragt man sich, warum das so sein sollte.
Man sagt: Weil Gott lieb ist, muss er doch lieb sein. Vielleicht ist er lieb und kann nur lieb sein. Dann wird etwas philosophiert, was nicht in der Schrift steht. So verstehe ich, dass der ganze Glaube auf Vermutungen beruht.
Hier steht aber, dass Gott uns verdammen kann. Das macht unser Leben oft schwer. Es belastet uns: Herr, lass mich selig werden, lass mich nicht zu Fall kommen, bewahre mich vor der Torheit, dass ich nicht sündige gegen dein Wort.
Wer kann sagen, dass das keine Bedrohung für ihn ist? Wir wollen bis zum Schluss die Furcht haben, dass wir das Ziel nicht versäumen. Herr, erhalte mich auf deinen Wegen, lass mich nicht mehr irregehen.
Es ist ein heiliger Ernst, dass ich meinen Lauf beende. Heute ist unter Christen oft eine Harmlosigkeit zu beobachten. Es ist wie ein Jux, eine Spazierfahrt. Aber es ist keine Spazierfahrt.
Herr, lass mich treu bleiben bis zum Ende, erhalte mein Herz nur bei dir, dass ich dich fürchte. Der, der verdammen kann, ist ein großer Ernst. Gott nennt Unrecht beim Namen und richtet.
Das wäre zu diesem ersten Abschnitt noch abschließend zu sagen. Das wollten wir eigentlich das letzte Mal machen.
Warnung vor falscher Selbstsicherheit und Stolz
Und nun folgt der Abschnitt Warnung vor Selbstsicherheit. Bevor wir dazu kommen, möchte ich noch sagen: Die Mutter von Frau Sibylle Klöckler, unserer Missionarin aus Japan, ist verstorben. Es war ein sehr langes Leiden. Die Trauerfeier findet bereits am Freitag um halb drei in der Kapelle des Waldfriedhofs statt.
Sibylle wird wahrscheinlich Ende nächster Woche wieder nach Japan ausreisen. Sie war nun über drei Monate hier, von ihrem Mann getrennt. Wir nehmen sehr Anteil und denken auch an die Familie.
Jetzt zum Thema Selbstsicherheit. Es gibt eine falsche Selbstsicherheit, einen falschen Stolz, bei dem wir sagen: „Nun, wir planen.“ Ein biblisches Beispiel für diese falsche Selbstsicherheit sind die Leute, die den Turmbau zu Babel errichtet haben. Sie bauten nicht nur einen Turm, sondern eine Stadt mit einem Turm, der bis an den Himmel reichen sollte.
Sie waren stolz auf ihre große Planungsgabe. Archäologen staunen noch heute, was für eine gewaltige Stadt Babel war. Auch später war sie immer wieder mit einer beeindruckenden Mauer versehen. Wenn ich es richtig weiß, konnten zwölf Ochsenwagen nebeneinander auf der Mauer fahren.
Im Vergleich dazu konnte man auf der Berliner Mauer nur wenige Klappes vor dem Posten aufstellen, aber kein Auto fahren. Doch wenn man sich vorstellt, wie mächtig die Babelmauern waren – so waren sie noch, als Israel dort lebte. Ich weiß nicht genau, ob es richtig ist, aber ich habe mir mal die Meterzahl der Befestigungen ausgerechnet.
So kann man Stolz empfinden und sagen: „Wir bauen für die Ewigkeit und haben unsere Gedanken.“ Gerade in unserer Zeit ist das Planen selbstverständlich. Wir planen, was in den nächsten Monaten noch alles werden soll. Das ist ja nicht schlimm.
Vor allem wird es auch vom Jakobus nicht als schlecht angesehen, Handel zu treiben und Gewinn zu machen. Es gibt immer wieder Christen, die so tun, als sei Gewinn machen etwas Böses. Warum denn? Das gehört zum Geschäftsleben dazu. Wir Theologen haben am wenigsten darüber zu sagen, da wir von den Steuern leben.
Handel zu treiben und Gewinn zu machen ist also nicht schlecht. Aber man kann seine Zeit nicht verplanen. Dann erinnern wir uns an das Bild, das Jesus erzählt hat, von dem reichen Bauern, der sagt, er wolle morgen seine Scheunen abbrechen. Das ist doch nicht schlecht. Warum sollte man nicht planen, investieren und neue Arbeitsplätze schaffen? Das ist doch gut.
Aber man muss wissen: Was will eigentlich Gott? Das ist die Kernfrage. Irgendwo muss in meinem Leben ein Nachdenken einsetzen. Ich habe viele Verpflichtungen, aber was will Gott?
Ich finde es wunderbar, wenn man sich besinnt, auch in den verbleibenden anderthalb Monaten dieses Jahres 1990: „Herr, wenn du es mir schenkst, was willst du eigentlich?“ Ich weiß ja nicht, was du in mein Leben schickst. Ich will planen und für alles bereit sein, aber mit der nötigen Freiheit.
Ich habe auf dem Weg nach Südamerika meinen Bruder Kurt in Weinheim besucht. Es war ein gutes Gespräch. Er war der zweite Chef, der heute in der Zeitung steht – ich weiß nicht genau, ob ich es bin oder er. Auch Dr. Heiko Grimmer steht noch zur Auswahl.
Wir haben dort gesprochen. Er sagte, es sei ein interessantes Erlebnis gewesen, dass er sich invalidisieren lassen musste wegen eines Unfalls. Er darf nicht mehr viel gehen. Er sprach mit einem Arzt, der fragte, wie er damit fertig werde, plötzlich praktisch zum Krüppel geworden zu sein.
Der Arzt sagte, das Interessante sei, dass er keine Bitterkeit zeige. Das sei so weg. Mein Bruder antwortete, dass er sich im Leben immer klar gemacht habe, dass Gott ihm etwas geben kann. Der Arzt war offen, weil er von seinen Patienten wusste, wie schwer es ist, plötzlich Dinge zu ertragen, die einem völlig querkommen.
Frau Hennemann, Sie haben das auch immer wieder erlebt, zum Beispiel nach Operationen. Wenn man immer wieder an den gleichen Stellen seine Not hat und nicht gehen kann, ist es wichtig, dass man sich austauscht und Erfahrungen hört, wie das so ist – so der Herr will und wir leben.
Was will der Herr? Manche denken vielleicht: „Vielleicht will Gott überhaupt nicht, dass ich lebe.“ Aber Gott hat mir doch das Leben gegeben. Gott ist nicht der Feind, der mir immer hinten nachrennt und mich zum Stolpern bringen will. Gott schenkt mir all das Schöne.
Aber ich muss auch wissen: Gott kann mir Türen verschließen, mich aufs Krankenbett legen und mir Dinge aus der Hand nehmen. Ich denke an einen Arzt, der vielen aus unserer Mitte geholfen hat. Plötzlich lag er selbst gelähmt im Krankenbett, obwohl er noch mitten in der Arbeitsfülle war. Er konnte nicht mehr sprechen – ein so aktiver Mann, und Christ.
Das ist schwer. Man fragt: „Herr, warum machst du so etwas? Du brauchst doch deine guten Leute.“ Das ist unerklärlich. Bei Gott geht es nicht darum, dass er mich braucht. Er beurteilt das nicht nach der Frucht, die wir bringen. Bei Gott ist das anders.
„Herr, was willst du?“ Ich verplane meine Zukunft, muss aber immer wieder fragen: „Herr, was ist jetzt deine Absicht?“ Wir sollten bei unseren Planungen offen bleiben. Ich bete oft: „Herr, schließe mir die Tür sichtbar zu, damit ich nicht in die falsche Richtung laufe. Zeige mir, wo du mich haben willst, und verbiete mir das, was nicht in deinem Sinn ist.“
Wir studieren viele Ratgeberbücher, die beliebt sind, zum Beispiel wie man ein Auto repariert oder einen Adventskalender bastelt. Aber es wäre so wichtig zu wissen, wie man Gottes Willen erkennt. Ich kann Gott nur bitten: „Lenke mich nach deinem Willen.“
Wir haben es beim letzten Mal schon gehört, vom wilden Gaul, den man zähmt, indem man ihm ein Zaumzeug in den Mund legt. „Herr, zähme mich, dass ich nicht irgendwo in wildem Eifer dahingaloppiere, sondern dass du mich dort haben willst, wo du mich haben willst.“
So der Herr will und wir leben – das ist eine oft gebrauchte Formel. Und sie ist gar nicht schlecht. Wenn wir es wirklich so meinen, können wir nicht für morgen oder übermorgen planen, weil wir nicht wissen, was Gott vorhat und schenkt.
Wie viel Zeit steht uns überhaupt zur Verfügung? Wie viel Zeit? Gar nicht viel! „Ein Rauch seid ihr.“ Wir sind als Kinder gern den blauen Weg im Hasenberg spazieren gegangen, dort, wo Herr Ziegler wohnt. Es war so schön, wenn man oben im Tunnel stand und die alte Dampflok mit einer großen Dampfwolke aus dem Tunnel kam.
Wir standen dort, auch Vater Körner war dabei. Wenn die Dampflok durch war, war der Wasserdampf wieder weg. So dampft das Leben kurz auf und verschwindet dann wieder.
Dein Leben ist nur eine kurze Wolke, ein Hauch. Wenn man morgens im Bad duscht, ist der Spiegel beschlagen. Macht man kurz die Tür auf, ist der Beschlag wieder weg. So ist dein Leben – mehr ist es nicht.
„Herr, ich will in diesem kurzen Leben das tun, was du willst.“ Gott will nicht das Große von mir, auch nicht etwas, das mir wichtig ist. „Herr, ich will wissen, was du vorgehabt hast, als du mich hier hingestellt hast, an diesem Platz.“
Wir leben in unseren Aufgabenbereichen. Ich muss nichts Spektakuläres tun, sondern fragen: „Herr, was ist dran?“ Dieses Wort hilft uns, uns wieder zu besinnen.
Jakobus trifft immer den Nagel auf den Kopf: „Was ist dran?“ Es war mir wichtig, weil viele beschäftigt sind mit Landessynode oder Ähnlichem. „Ach, das ist, wie Gott es schenkt, dann weiß er warum und wieso.“
Wenn wir nicht kämpfen, kommt ein Kirchentag in Stuttgart, dann soll das sein. Warum nicht? Aber wir wollen das tun, was Gott uns aufgetragen hat. Wir kämpfen nicht um Macht. Ich nicht.
Mich hat die Losung am Montag gefreut: „Augapfel Gottes, und wer den antastet.“ Es ist mir viel wichtiger, dass Gott bei mir ist und mich dort gebraucht, wo ich bin. Wir sollten immer wieder fragen: „Was ist los? Wo will Gott mich haben?“
Sonst sind wir in Plänen so festgebunden, dass wir nicht flexibel sind. Wir sollten locker bleiben und sagen: „Dann hat Gott es eben anders vorgesehen.“ Wenn er uns Dinge nicht gelingen lässt und Türen verschließt, wie sollen wir sonst seine Planung kennenlernen?
„So der Herr will und wir leben, werden wir dies und das tun.“ Nun rühmt ihr euch in eurem Übermut – das ist schlimm, wenn wir so stolz meinen, alles in der Hand zu haben.
Jeder Tag ist ein wunderbares Geschenk, das wir aus Gottes Hand nehmen können, auch wenn wir nur kurz unsere Zeiträume überblicken können.
Ich will so leben, dass jeder Tag der letzte sein könnte. Ich will jeden Tag so abschließen, dass ich bereit bin und die Vergebung Gottes habe. So nehme ich keine Dinge mit in den neuen Tag, die nicht recht und gut sind.
Rudolf Bösinger, der lange Jahre beim Südwestfunk Radioprogramme gemacht hat, erzählte Sonette aus seiner Heimat Sankt Georgen. Dort betreute ein Gemeinschaftsprediger den ganzen Bezirk im Schwarzwald.
Dieser Prediger benutzte oft die Worte „So der Herr will“. Die jungen Burschen nannten ihn deshalb „Blum“, so sein Spitzname. Die jungen Burschen waren zornig, weil viele Mädchen lieber zu dem Prediger in die EC gingen als mit ihnen.
Einige Burschen beschlossen, ihn nachts im Wald aufzulauern und ihn zu verprügeln, damit er den Mädchen keine christlichen Gedanken mehr einflüstert. Das beeindruckte den Prediger sehr.
Am nächsten Morgen fragte er die Kerle, und es war eine verdörrte Sache. Neben ihnen lief ein großer, starker Mann. Er sagte, er habe so etwas von den jungen Burschen noch nie gehört. Er sei nie mit einem anderen gegangen. Der Herr wolle manchmal auch seinen Boden in aller Schwachheit schützen.
Rudolf Bösinger erzählte das, weil es mich geschichtlich so beeindruckt hat. Der Herr will manchmal auch mit uns sein und uns Schutz geben – trotz aller Schwachheit.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie das in all Ihren Aufgaben erfahren. Der Herr will Sie mit seiner Liebe umgeben. Darum können Sie fröhlich Ihren Weg gehen und sich nicht sorgen – auch nicht für die Zukunft.
Wir wissen nicht, wie unser Ende sein wird, unser Tod. Das liegt in Gottes Hand und Regie. Das müssen wir nicht verplanen. Wir können es nie. Aber er macht es recht.
Abschluss: Das Wesentliche im Leben tun
Und auch zum Schluss: Nur das ist wichtig. Was soll man denn dann tun? Das, was heute dran ist.
Es ist wunderbar, dass er sagt: Wer nun weiß, Gutes zu tun, und tut es nicht, dem sündigt er.
Die kleine Tat heute ist wichtig. Und wenn du da schuldig wirst, kannst du sie nie mehr zurückholen.
Heute einen Brief schreiben, heute ein Liebeswort sagen, heute jemandem wohltun, heute jemanden aufrichten – tu das! Besuch den Kranken, das ist wichtig, nichts anderes.
Tu die Tat der Liebe, das ist es.
Darum sollen wir nur fragen und sagen: Herr, jetzt ist es nur wichtig, wo brauchst du mich, wie lange brauchst du mich, damit ich Gutes wirken kann für dich.
