Eröffnung und Gebetsanliegen
Darf ich bitten, dass wir uns zum Gebet erheben?
Vater, wir haben eben gesungen: Du bist das Leben und die Freudenquelle. Wir wollen es nicht nur singen, sondern es von ganzem Herzen meinen. Wir wollen Dir das sagen und auch so leben, dass alle wissen: Du bist unsere Lebensfreude.
Wir wollen uns nicht mit den Spielsachen dieser Welt begnügen. Stattdessen wollen wir sehen, dass Du der Größte und Erhabenste bist. Wir wollen Dich ständig erheben, in Dir leben, von Dir leben und von Dir erzählen.
Gib uns Weisheit für die Aufgabe, in die Du uns gestellt hast: an der Gründung neuer Gemeinden und am Aufbau bestehender Gemeinden zu arbeiten.
Vater, sei Du uns gnädig im Reden und Hören in diesen Minuten, Dir zur Ehre. In Jesu Namen, Amen. Amen.
Die Anforderungen an geistliche Leiter
Glaubwürdig ist das Wort: Wer nach einem Aufseherdienst trachtet, der begehrt eine vortreffliche Tätigkeit.
Ein Aufseher muss jedoch untadelig sein. Er soll Mann einer Frau, nüchtern, besonnen, anständig, gastfreundlich und fähig zu lehren sein. Er darf nicht der Trunkenheit ergeben, nicht gewalttätig und nicht nach schändlichem Gewinn strebend sein. Stattdessen soll er gütig, nicht streitsüchtig und nicht geldgierig sein.
Darüber hinaus muss er seinem eigenen Haus gut vorstehen und die Kinder in Unterordnung mit aller Ehrbarkeit halten. Wenn aber jemandem sein eigenes Haus nicht vorzustehen weiß, wie wird er für die Gemeinde Gottes sorgen?
Kein Neubekehrter darf diese Aufgabe übernehmen, denn er könnte aufgeblasen werden und in das Gericht des Teufels fallen. Außerdem muss er ein gutes Zeugnis von denen außerhalb der Gemeinde haben, damit er nicht in üble Nachrede und in die Fallstricke des Teufels gerät.
Ich habe dich zu dem Zweck in Kreta zurückgelassen, damit du das, was noch mangelt, in Ordnung bringst und in jeder Stadt Älteste einsetzt, so wie ich dir die Anweisung gegeben habe.
Ein Ältester muss untadelig sein, Mann einer Frau und treue Kinder haben, über die keine Klage wegen Ausschweifung oder Aufsässigkeit vorliegt.
Denn ein Aufseher muss untadelig sein als ein Haushalter Gottes. Er darf nicht eigenmächtig, nicht jähzornig, nicht der Trunkenheit ergeben und nicht gewalttätig sein. Ebenso darf er nicht nach schändlichem Gewinn streben. Stattdessen soll er gastfreundlich sein, das Gute liebend, besonnen, gerecht, heilig und beherrscht.
Er muss sich an das zuverlässige Wort halten, wie es der Lehre entspricht. So ist er imstande, sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen als auch die Widersprechenden zu überführen.
Die Bedeutung der Leitung in der Gemeinde
Die Anleitung von Ältesten in einer Gemeinde ist ein Thema, das mich in all den Jahren in Stuttgart sehr beschäftigt hat. Ich habe öfter gesagt, dass ich einen „Campingplatz“ aufgestellt habe, in Anlehnung an Apostelgeschichte 14,23.
Das ist am Ende der ersten Missionsreise. Paulus kommt zurück und besucht die Gemeinden auf dem Weg nach Hause, nach Antiochia, von wo aus sie gestartet waren. Nachdem sie in jeder Stadt Älteste bestimmt hatten, befahlen sie diese unter Gebet und Fasten dem Herrn an, an den sie gläubig geworden waren. Sie durchzogen Pisidien, kamen nach Pamphilien und zogen dann wieder nach Hause.
Dieser eine Vers hat mich sehr beschäftigt: „Und sie bestimmten Älteste für die Gemeinde.“ Es ist kein Prozess beschrieben, kein Verfahren, sondern nur dieser kurze Satz: In jeder Gemeinde wurde Leitung bestellt.
Ein älterer Bruder, der in der Inlandsmission bei unserer Gemeinschaft von Gemeinden in den Vereinigten Staaten viele Jahre in der Finanzaufsicht gedient hat, stand einmal im Gang unserer Gemeinde bei mir. Ich weiß gar nicht mehr, wie dieses Gespräch zustande kam, aber ich werde es nie vergessen. Auf seiner Beerdigung, die von seinem Sohn geleitet wurde, durfte ich diesen Satz weitergeben.
Der Mann hieß Frank Poland, Polen wie das Land. Frank Poland sagte zu mir: „Roger, ich sehe viele Gemeinden über die Jahre meines Dienstes bei der Inlandsmission. Eine Gemeinde hat ein schönes Gemeindehaus, ein gutes Gebiet in der Stadt, einige gute Leute, aber die Gemeinde strauchelt, sie verkleinert sich und beginnt zu zerfallen. Dann kommt ein neuer Leiter, und plötzlich beginnt die Gemeinde zu blühen. Sie wächst, die Gemeinde geht voran, Menschen werden für Jesus erreicht, und die Gemeinde wächst.“
Dann kam seine treffende Schlussfolgerung: „Roger, auf die Leitung kommt es an.“ Seither habe ich viele Beobachtungen gemacht und komme zu der gleichen Feststellung: Es ist entscheidend, die Leitung ist entscheidend.
Viele Gemeinden haben gutwillige, nette Leiter eingesetzt, die aber nicht in der Lage waren, die Gemeinde zu leiten. Es fehlte an etlichen Charakterzügen, von denen wir gelesen haben. Andere Gemeinden haben Leitende eingesetzt, die dem Charakter nach dem entsprachen, was wir in 1. Timotheus 3 und Titus 1 gelesen haben. Aber sie hatten keine Schulung und keine Vorstellung davon, was Leitung bedeutet.
In meiner eigenen Heimatgemeinde, die seit Anfang 1900 besteht, führte die neue Leitung die Gemeinde in eine absolute Katastrophe. Das verursachte Schaden am Ort und in allen Nachbargemeinden – eine Katastrophe schlimmsten Ausmaßes. Es kam auf die Leitung an. Leute wurden in die Leitung gewählt, ohne vorbereitet oder präpariert zu sein.
Einmal sagte ich zu den übrigen Ältesten: „Ihr seid feine Männer, vom Charakter her ohne Frage qualifiziert für den Dienst.“ Aber beide antworteten mir: „Wir haben keine Ahnung, was ein Ältester ist oder was ein Ältester tut. Niemand hat uns geschult oder darauf vorbereitet.“ Die Wahl erfolgte mehr oder weniger nach dem gängigen amerikanischen Prinzip: „Sie sind gute Männer, feine Männer, nichts gegen sie zu sagen, wirklich nicht vom Charakter. Aber sie sind lange in der Gemeinde, also wählen wir sie.“
Anstatt zu sagen: „Wir wollen ein Verfahren entwickeln, um neue Leitende für die Gemeinde heranzuführen und vorzubereiten“, wurde nichts unternommen. Dieses Verfahren so auszuarbeiten, dass ständig jemand in der Vorbereitung auf die Leitung ist, fehlt in fast jeder Gemeinde, die ich kenne – bis auf die in Tegucigalpa, die das hervorragend machen.
In fast jeder anderen Gemeinde, die ich kenne, mangelt es an Leitung. Man will etwas Neues beginnen, doch wenn man fragt, ob Leiter da sind, heißt es oft: „Nein, die haben wir nicht.“
In den letzten Tagen war ich bei verschiedenen Gemeinden und wurde gebeten, Einzelgespräche zu führen. In fast allen Gemeinden wurde mir gesagt: „Gott, es ist ein Leitungsproblem, wir brauchen Leiter. Wie können wir die Vision für Leiter erwecken?“ Das wurde mir in den letzten zehn Tagen mehrfach gesagt.
Es ist also keine Zweitrangigkeit, sondern das Zentrum dessen, was wir in der Gemeindegründung tun. Wir können viele Aktivitäten aufstellen, aber ich verspreche: Wenn wir hier versagen, versagen wir am Ganzen. Denn wenn wir nicht neue Leiter haben, wird sich die Gemeinde nicht kontinuierlich fortpflanzen.
Die Notwendigkeit der Fortpflanzung in der Gemeinde
Ihr habt gelacht, als ich darüber sprach, dass wir Scheu haben, über Sex zu sprechen. Dabei müssen wir ständig über Reproduktion sprechen. Ich hoffe, wir kennen alle 2. Timotheus 2,2: „Und das, was du von mir gehört hast unter vielen Zeugen, das vertraue treuen Menschen an, die auch fähig sein werden, andere zu lehren.“ Vier Generationen: Paulus, Timotheus, treue Menschen und andere treue Menschen.
Paulus beschreibt hier die Fortpflanzung der Gemeinde, das Weiterreichen des Läuferstabs an die nächste Generation. Was ich dabei komisch und interessant finde: In den meisten Gemeinden ist die Gemeinde nach der Planung und Praxis an sich eine Sackgasse.
Ich habe in diesen Tagen viele Sackkassenschilder gesehen. Wenn ich irgendwohin fahre und ein Schild sehe, denke ich: „Da will ich nicht hin, das ist eine Sackgasse. Dort würde ich nur Zeit und Sprit verschwenden, ich fahre nicht in die Sackgasse und muss dann wieder zurück.“ Die meisten Gemeinden planen weder mit ihrem Denken noch mit ihrer Praxis für die Fortpflanzung.
Darf ich noch einmal zurückkommen? Ich hoffe, ihr lacht nicht. Ich möchte wieder auf unsere wunderbaren russisch-deutschen Geschwister und ihre großen Familien zu sprechen kommen. Sie wissen um die Fortpflanzung.
An dem Hochzeitstag unseres zweiten Sohnes – der war der erste Sohn, der heiratete – stand ich auf der Hochzeit und lief ein wenig herum. Im Herzen hatte ich ein ganz wunderbares Gefühl: nicht, ein Kind loszuwerden – ganz im Gegenteil, eine Schwiegertochter bekommen zu haben –, sondern das Empfinden, dass unsere Kindererziehung heute einen Höhepunkt erreicht hat.
An diesem Satz muss man einen Punkt setzen: Wir brauchen nicht mehr daran zu denken, zu erziehen. Er heiratete eine Gläubige, und sie begannen ihre Ehe mit dem Ziel, eine christliche Ehe zu führen – nach dem Plan Gottes – und ihre Kinder nach Gottes Plan und Willen zu erziehen, wie es die Bibel offenbart. Boah, ist das ein besonderes Empfinden heute!
Nun akzeptieren wir dieses Denken und diese Handhabe für die leibliche Familie. Alle von uns erwarten das. Ich habe diese Tage schon gesagt, als ich mit einer Familie hier am Tisch saß, die ich gut kenne, und Enkelkinder da waren: Den Satz habt ihr alle gehört: „Wenn wir gewusst hätten, dass es so viel Freude macht, Enkel zu haben, hätten wir damit begonnen und die Kinder übersprungen.“ Das ist nichts gegen die Kinder, aber es macht besondere Freude, Enkel zu haben.
Meine Oma, meine Mutter war Uroma, und sie hat große Freude daran. Die Kinder haben ein Video gemacht, das über fünf oder sechs Monate immer wieder alle paar Wochen fünf Minuten zeigt – fünf Minuten, in denen man sieht, wie das Kind auf dem Boden liegt, rollt, sitzt, steht, geht, kabbelt und sich entwickelt.
Meine Mutter hat dieses Video zwei Tage lang ununterbrochen angeschaut: gespielt, zurückgespult, gespielt, zurückgespult, gespielt, zurückgespult. Und eines kann ich euch sagen: Die ganze Zeit hat sie für das Kind gebetet.
Die Freude, die ich besonders habe, ist, dass diese Gebete nicht verloren gegangen sind, sondern noch irgendwo wirksam unterwegs sind. Für diese Kinder wird noch von meiner Mutter gebetet. Der Herr sammelt diese Gebete, und von Generation zu Generation geht das weiter.
Wir freuen uns in der leiblichen Familie über die Weitergabe des Lebensstabs an die nächste Generation.
Herausforderungen bei der Leiterschaft in der Gemeinde
In der Gemeinde Jesu wird jemand älter, und nach dem Geschäftsprinzip, wie man es in den USA kennt, sucht man dann jemanden von außen, den man anstellen kann, um die Gemeinde zu leiten. Man fragt: Wo können wir jemanden anheuern, den wir von außen herbringen können, der die Leitung übernimmt?
In letzter Zeit haben einige größere Gemeinden, die ich kenne, eine andere Vorgehensweise gewählt. Sie haben jemanden von innen genommen, diese Person innerhalb der Gemeinde geschult, und die Leitung wurde dann intern übergeben. Ich sage: Preist den Herrn, dass das endlich erkannt wird! Dass man nicht nach dem Geschäftsprinzip jemanden einstellt, sondern diese Person von innen schult. So ist diese Person charaktermäßig und dienstmäßig der ganzen Gemeinde schon lange vor der Leitungsübergabe bekannt.
Dadurch verläuft die Leitungsübergabe reibungslos, denn der Mann war bereits da. Es entsteht kein großer Bruch in der Leitung der Gemeinde.
Als wir in Stuttgart waren, habe ich einmal bei einem besuchenden Bruder aus den Vereinigten Staaten, einem Pastor einer Gemeinde in Ohio, geklagt. Ich sagte: „Jim, die deutschen Männer sind so passiv. Was mache ich mit deutschen Männern?“ Er lächelte mich an und sagte: „Roger, das ist kein Problem der deutschen Männer. Das ist ein Problem der Männer allgemein. Das ist eine Eigenschaft von Männern.“
Ich erkläre, was ich meine: Es ist meine Theorie, meine Beobachtung, dass wahrscheinlich fast alle Schwestern bei der Wiedergeburt die Gabe der Hilfeleistung vom Herrn bekommen haben. Der Grund, warum ich diese Theorie habe, ist folgender: Wenn in der Gemeinde gefragt wird, ob Helfer gebraucht werden, reicht es, das Wort „Helfer“ auszusprechen. Es ist, als ob ein unsichtbarer Faden irgendwo am Himmel angeschlossen ist, und plötzlich gehen alle weiblichen Hände hoch, als wären sie vom Himmel gezogen: „Wir brauchen Helfer – ah, Helfer, da bin ich dabei!“
Unter den Freiwilligen sind jedoch kaum männliche Wesen zu finden. Ich habe mich darüber beklagt und zu diesem Pastor gesagt: „Warum ist das so, diese passiven deutschen Männer?“ Da sagte er: „Roger, du gehst es falsch an mit Männern. Männer wollen angesprochen werden. Sie brauchen es, angesprochen zu werden.“
Seit ich diesen Satz hörte, ist das für mich eine totale Wahrheit. Ich habe von etlichen Wendepunkten in den letzten Tagen erzählt, und das war ein totaler Wendepunkt in meinem Leben.
Das Beispiel Timotheus und die Berufung von Männern
Dabei dachte ich an Apostelgeschichte 16. Lesen wir Apostelgeschichte 16.
Paulus kam nach Derbe und Lystra. In Lystra, auf der ersten Missionsreise, ereignete sich die bekannte Steinigung von Paulus. Er wurde leblos aus der Stadt geschleppt. Seine Leiche, so glaubten die Leute, wurde auf den Boden geworfen: „Jetzt haben wir ihn endlich hinter uns.“ Er lag leblos auf dem Boden, und da geschahen, glaube ich, zwei Wunder.
Das erste Wunder war, dass er aufstand. Das zweite Wunder war, wohin er ging, nachdem er aufgestanden war: Er ging wieder in die Stadt, in der er gesteinigt worden war. Ich bin überzeugt, er ging deswegen zurück in die Stadt, um die Christen zu beruhigen. Er wollte ihnen zeigen: „Halt mal, ihr braucht keine Angst zu haben. Schaut, der Herr bewahrt uns. Ich gehe wieder in die Stadt.“ Ich glaube, es war, um die beängstigten Christen noch einmal zu stärken, damit sie den Mut nicht verlieren, auch wenn Verfolgung droht.
Nun kam Paulus zurück in die Stadt, in der er verfolgt worden war. Er kam nach Derbe und Lystra. Dort war ein Jünger namens Timotheus, der Sohn einer gläubigen jüdischen Frau, aber eines griechischen Vaters. Dieser Timotheus hatte ein gutes Zeugnis von den Brüdern in Lystra und Ikonium.
Lystra ist sein Zuhause, Ikonium etwa dreißig Kilometer entfernt, ungefähr sechs bis sieben Stunden Fahrt oder Gehzeit damals. Man kann sich das ungefähr so vorstellen wie die Entfernung zwischen Frankfurt und Hamburg. Timotheus hatte also sowohl daheim als auch in der Ferne ein gutes Zeugnis. Was sagt das über sein Leben aus? Manche Menschen verhalten sich in der Ferne ganz anders und „schießen wild“, wie man sagt. Sie wollen zeigen, dass sie frei sind. Aber das war nicht so bei Timotheus. Er war ein Mann, der in seinem Charakter tugendhaft und rechtschaffen war – sowohl daheim als auch in der Ferne die gleiche Person.
Paulus hörte von ihm. Leute sagten: „Paulus, du hast eine Leidenschaft für Jesus. Weißt du, hier ist ein junger Mann, der hat auch eine Leidenschaft für Jesus.“ Paulus setzte sich hin und begann zu beten, dass dieser Timotheus sich bei der Mission von Paulus und seinen Begleitern meldet. Er hoffte, dass Timotheus sich eines Tages von Gott berufen fühlt und freiwillig mitmacht.
Das war ein wenig umgeformt, aber im Grunde so: Paulus wollte Timotheus mit sich ziehen lassen. Paulus sprach ihn an: „Hey Timotheus, ich höre von deiner Leidenschaft für Jesus, von deiner Liebe zur Gemeinde, von deinem Hintergrund und deinem Leben. Du bist so einer, ich könnte dich gut im Dienst gebrauchen. Komm doch mit auf meine Reise!“ Und er nahm ihn mit.
Seitdem ich das gelernt habe, fordere ich in meinem Dienst Männer auf, mitzumachen. Das war 1978, also vor mehr als 30 Jahren, als ich diesen Satz hörte. In diesen 30 Jahren hat nur ein einziger Mann einmal Nein gesagt.
So oft habe ich gefragt: „Können wir zusammenkommen, die Bibel lesen, beten und das Leben miteinander teilen?“ Die Antwort war fast immer: „Gerne, Roger, gerne! Wann können wir beginnen?“ Nur einmal sagte ein junger Mann Nein. Er lebte in Sünde und wollte mir nicht zu nahe kommen, weil er wusste, dass ich die Sünde ansprechen würde.
Aber denkt mal daran: Ich habe bestimmt fünfzig oder hundert verschiedene Männer angesprochen mit der Frage: „Können wir zusammen beten?“ Kein einziger hat Nein gesagt, bis auf diesen einen.
Wir haben auch öfter gesagt: „Wir haben ein Projekt, wir haben einen Plan. Wärst du bereit, mitzuarbeiten, mitzudenken, mitzuwirken?“ Und viele Männer haben zugesagt.
Persönliche Erfahrungen mit Leitungsverantwortung
Ihr habt in den letzten Tagen meine Geschichte gehört: von der Student Body President meiner High School, wie ich mich aufstellen ließ, wie ich Präsident werden wollte – und dann zweimal verloren habe. Der Herr hat einen sehr breiten und schmerzvollen Stock genommen und zweimal von hinten draufgeschlagen. Nie wieder in meinem Leben werde ich mich selbst in eine Leitungsaufgabe drängen.
Wenn ich irgendetwas leiten soll, dann entscheidest du das. Andere bitten mich darum, aber ich werde mich nie wieder hineindrängen oder hineindrücken. Viele Männer sind auch so.
Tatsächlich kam vor etwa zehn Jahren, als ich für die Andacht an unserer Schule verantwortlich war – damals war ich Chaplain, was ich jetzt wieder bin –, ein Student im ersten Studienjahr, 18 Jahre alt, zu mir und sagte: „Ich will in der Andacht predigen.“ Das hat mich sehr gestört.
Wenn du in der Andacht predigen würdest, dann würdest du darum gebeten werden. Du schlägst dich nicht selbst vor. Die Tatsache, dass er sich selbst für die Predigt vorgeschlagen hat, sagt mir genau das: Die Aussage von ihm wäre gefährlich.
Es ist natürlich schön, wenn man egoistisch ist und vor einigen hundert Leuten steht und angeschaut wird. Aber ich sage euch: In mir läuft in diesen Tagen etwas Schauderhaftes ab, wenn ich an die große, riesige Verantwortung denke, vor euch zu stehen. Es ist nicht: „Oh, hoffentlich sehen sie mich“, sondern: „Oh, hoffentlich sehen sie Jesus.“
In meinem Herzen ist es so, dass ich davor zurückschrecke, irgendwelche Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, weil ich das schon versucht habe – mit schrecklichem Ausgang.
Deswegen sollten Männer angeschaut werden, und wir sollten für Männer beten. Jedes Leitungsteam in der Gemeinde sollte eine Liste haben. Wir sollten einen Schreibblock nehmen und ständig sagen: „Da ist Jürgen, da ist Fritz, da ist Frank“ – und so weiter. Wir sollten auch Ausschau halten nach solchen, die 18 Jahre alt sind.
Ich bin vergangenen Sonntag Nachmittag bei einem Spaziergang mit einem Ältesten einer Gemeinde gegangen. Zehn Schritte hinter uns lief sein Sohn. Ich sagte im Gehen: „Hinter uns ist ein werdender Ältester. Ich sehe ihn mit 18. Tugendhafter Charakter.“
Boah, was für eine Freude hatte ich an seinem Wandel mit Christus, an seinen Fragen in der Jugendgruppe und an seiner Beteiligung an der Leitung in der Jugendgruppe. Da sagte der Vater: „Ja, ich denke auch.“
Wisst ihr, jede Gemeinde sollte eine solche Liste haben.
Die Bedeutung von Gebet und Schulung für Leiter
Aus meiner kleinen Heimatgemeinde in einem Dorf mit dreihundert Einwohnern sind fünfundzwanzig von uns in den vollzeitlichen Dienst des Herrn gegangen. Ich bin überzeugt, dass dies hauptsächlich daran liegt, dass jemand, als wir Säuglinge im Krabbelraum waren, eine Gebetsliste mit unseren Namen erstellt hat. Diese Person begann, für uns im Dienst zu beten.
In unserer Familie sind alle drei Kinder in den Dienst gegangen, in anderen Familien zwei oder sogar drei von drei. So hat Gott durch die Gemeinde viele in den Dienst berufen. Wir begannen, die Witwen einzubeziehen, und baten sie, für die zwanzig Kinder im Krabbelraum zu beten, dass der Herr sie ebenfalls in seinen Dienst beruft.
Auch in der Jugendarbeit verfolgten wir einen besonderen Ansatz: Wir planten nicht einfach Programme für die Jugendlichen, sondern gaben ihnen die Verantwortung, diese selbst zu gestalten. Das taten wir konsequent.
Meine Eltern waren Jugendleiter. Mein Vater arbeitete siebzig Stunden pro Woche, leitete ein Lebensmittelgeschäft und das Postamt. Meine Mutter war Schullehrerin. Sie hatten kaum Zeit, selbst Programme zu erstellen. Doch mein Vater wusste, wie man Popcorn macht – und das gab es jede Woche.
Er sagte: „Wenn ihr ein Programm wollt, dann plant ihr es selbst.“ So haben wir das getan. Wir haben alle beide Hände schmutzig gemacht im Dienst, haben erfahren, was es bedeutet, wirklich im Dienst zu stehen. Als Jugendliche sagten wir: „Nichts anderes will ich in meinem Leben machen als Dienst für Jesus.“
Eines nach dem anderen bereiteten wir uns vor und dienten dem Herrn von Alaska bis Afrika. Die Gnade des Herrn begleitet uns dabei.
Liebe Geschwister, führt eine Liste und macht nicht nur das, sondern bereitet auch Schulungen vor und führt sie durch.
Erfahrungen mit der Schulung von Leitern
In der Zeit der Gemeinde in Stuttgart habe ich gezweifelt. Ich war total verzweifelt und zweifelte daran, ob es jemals örtliche Älteste geben würde. Wir haben gebetet und gerungen, immer wieder gebetet und gerungen. Dann, einmal im Reisedienst in den USA, hatten wir gerade zwei Männer in der Gemeinde. Nichts gegen Frauen, bitte, aber wir brauchten Männer.
Ich habe in den USA gebeten: „Bitte, Herr, gib uns zehn Männer.“ Meine Vision war zehn, so groß konnte ich es sehen. Das war 1981, durch die Gemeindegefahren. Viele Leute, mit denen ich heute noch spreche, erinnern sich an dieses Gebetsanliegen, denn sie beteten für zehn Männer in der Gemeinde in Stuttgart.
Wir begannen anzuleiten und zu beten. Dann kam einer, dann ein zweiter. Wir leiteten an, es war Schulung, es war Anleitung. Er predigte, ich saß hinten mit meinem Schreibblock. Nach der Predigt gab ich Rückmeldung. Ich saß ganz hinten, sodass mich niemand sehen konnte. Die Predigt begann um 9:35 Uhr, dann die erste Aufteilung.
Ich schrieb ständig mit und füllte ein ganzes Blatt mit Notizen: wie die Gliederung war, wie die Predigt ankam, wie klar sie illustriert war – alles habe ich aufgeschrieben. Jede Woche setzte ich mich hin und gab Rückmeldung, wie es in der Verkündigung lief. Ich wollte, dass es das Beste gibt, was es nur geben kann, dass die Verkündigung stark wird.
In der Anleitung machte es immer mehr Freude, zu sehen, wie sie heranwachsen und in ihrem Dienst in der Verkündigung groß werden.
Es gab einmal ein Problem: Samstagabend kam ich ins Gemeindehaus und schaute mir das schon abgezogene Bekanntmachungsblatt für den nächsten Morgen an. Ich sah die Gliederung der Predigt und dachte: „Wow, das gibt ein Problem.“ Denn ich hatte in der Gemeinde schon etliche Male so gelehrt. In dieser Gliederung standen aber einige Punkte, die total dagegenstanden und unbiblisch waren.
Da sagte ich: „Können wir uns morgen um acht, Sonntagmorgen um acht, treffen?“ Wir trafen uns Sonntagmorgen um acht. Ich hatte das Blatt dabei und fragte: „Was willst du hier an dieser Stelle in der Predigt sagen? Das und das und das und das und das.“ Dann sagte ich: „Wenn du das so sagst, widerspricht es dem Wort Gottes an dem und dem und dem und dem Punkt.“ Er antwortete: „Oh, das habe ich nicht gesehen. Ja, ich bin bereit, dir zu helfen.“
Ich legte ein weißes Blatt über das Bekanntmachungsblatt an der Stelle, sodass es zugedeckt war, und zog es nochmals ab. „Du verschwindest jetzt in dein Arbeitszimmer und bearbeitest diese Stelle noch einmal.“ Er sagte: „Das mache ich.“
Am Sonntag stand er bei der Predigt und sagte: „Noch nie in meinem Leben war ich so nervös bei einer Predigt.“ Ich saß ganz hinten. Er und ich wussten, was los war, niemand sonst. Es war eine tolle Predigt, super klar.
Wisst ihr, die, die wir anleiten, werden Fehler machen. Aber wir müssen unterscheiden zwischen Fehlern und Zugunglück. Ein Zugunglück beendet den Dienst. Aus Fehlern können wir lernen. Ich wollte ihm helfen, dass kein Zugunglück passiert.
Ich bin so dankbar, dass es gut ausging und dass wir heute eine herrliche Beziehung haben. Ich bin so dankbar dafür, dass...
Fehler in der Leitungsverantwortung und deren Überwindung
In der Übergabe möchte ich erstmals sagen, was ich als meinen größten Fehler im Laufe der zwanzig Jahre des Dienstes gemacht habe. In den fünfzehn Jahren meines Dienstes in der Gemeinde war es am Anfang viel, viel, viel zu viel, selbst zu machen.
Ich hoffe, ich spreche heute überzeugend genug, dass kein einziger hier denselben Fehler macht.
In Stuttgart hatten wir damals etliche Male eine Einmannband. Ihr habt sie gesehen: hinten eine große Trommel, vorne hier die Blase, ein Akkordeon und hier an den Lippen Mundakkordeon und alles Mögliche. Die Person bewegte sich, und es kamen immer wieder Geräusche, Klopfen, Singen, Klopfen – eine Einmannband. Alle Bewegungen bedeuteten etwas und machten Geräusche und Musik.
Die meisten Gemeinden erwarten, dass der Pastor die leitende Einmannband ist. Er rackert sich total ab, ist ausgelaugt und kann nicht mehr weitermachen, anstatt dass er Aufgaben an andere überträgt.
Ich sprach einmal in einer Gemeinde in den USA gerade über diesen Punkt, über dieses Thema. Ich sagte: Die Geistesgaben aller Glieder sind vorgesehen in der Schrift. Die Geistesgaben aller Glieder sollten in Gang kommen für Jesus, und alle Glieder sollten gefragt werden.
Nach dem Gottesdienst stand der Pastor auf und sagte: Geschwister, ich habe Roger nicht gebeten, diese Predigt zu halten, aber ich bin so dankbar, dass er es tat. Ich denke, er hoffte, dass er alle passiven Glieder der Gemeinde zur Aktivität animieren und bewegen würde.
Anschließend gab es einen Empfang unten im Aufenthaltsraum der Gemeinde. Wir standen dort zehn Minuten, nachdem dieser Satz oben im Saal gesagt wurde. Ein lieber Bruder aus der Gemeinde nahm mich zur Seite. Er sagte: Roger, wäre es überhaupt denkbar möglich, dass du unserem Pastor sagen könntest, er solle ein bisschen aus dem Weg gehen, damit wir dienen können?
Ich denke, der Pastor war total blind dafür, wie viel er selbst machte. So war ich auch in Stuttgart.
Wir hatten einmal eine Kinderwoche. Am Mittwochabend, nach einem ganzen Tag voller Aktivitäten auf einem Fels draußen, gab es eine Bibelstunde. Spät um elf waren wir dabei, ins Bett zu gehen. Meine Frau sagte: „Ich stelle in Frage, ob wir das überhaupt machen sollen.“
Ich war empört: „Was? Du stellst das in Frage? Schau mal, wie viele Leute kommen! Schau mal, schau mal!“ Mittlerweile denke ich genauso wie meine Frau an jenem Abend.
Viele Leute kamen, es war viel Aktivität, aber viel, viel, viel zu viel hing an mir. Es war großes Vertrauen zu mir, aber kein Vertrauen in die Gemeinde. Die Gemeinde war nicht Familie, es war keine Gemeinschaft. Es war Vertrauen in eine einzige Person.
Vier Jahre lang arbeitete ich daran, das Vertrauen auf andere zu übertragen, auf zwei weitere Personen, auf zwei Deutsche. Die Leute begannen zu merken, worum es ging. Ich predigte weniger, sie predigten mehr. Am Anfang einmal alle sechs Wochen, dann zweimal in sechs Wochen, dann dreimal in sechs Wochen – die Hälfte der Zeit predigte ich, die andere Hälfte sie.
„Roger, wir hören dich gern, danke, das ist nett, aber ich höre auf.“ – „Oh, das wollen wir nicht, danke, das ist nett, aber ich höre auf.“
Mit der Zeit sahen wir, dass es so weit war, dass wir das tun konnten. Und jetzt möchte ich eine Einladung aussprechen.
Erfahrungsbericht aus der Leitungsübergabe
Als wir die Übergabe gemacht haben, war einer der beiden, die die Leitung übernahmen, in diesen Tagen unter uns. Eberhard Dahm ist seit vielen Jahren aktiv in der Gemeinde. Heute haben wir festgestellt, dass wir uns seit 29 Jahren kennen.
Ist das jetzt an? Entschuldigung.
Im Laufe unseres Gesprächs haben wir in diesen Tagen auch mehrmals unsere Liebe zueinander ausgetauscht. Es gibt kaum jemanden hier, den ich mehr liebe als ihn im Rat.
Als er in der Gemeinde in der Jugendarbeit tätig war, hat er unsere zwei Söhne angeleitet und mit ihnen Jüngerschaft gemacht. Es waren vier Jungs in der Jugendarbeit, mit denen er einmal in der Woche, oft für drei Stunden, die Bibel aufschlug und gemeinsam studierte. Der älteste Sohn, der in der Jüngerschaft bei ihm war, arbeitet jetzt im Pentagon. Er ist ein leidenschaftlicher Christ. Sein Christsein ist ihm viel, viel wichtiger als alles, was er im Pentagon tut. Das gilt auch für unseren zweiten Sohn.
Es ist immer wieder mein Vorrecht, Eberhard zu sagen, wie sehr ich dankbar bin für das, was er persönlich an unserer Familie getan hat – durch Jüngerschaft und Anleitung.
Eberhard, vielleicht erzählst du mal, wie du die Zeit empfunden hast, als wir die Übergabe gemacht haben.
Bericht eines Ältesten über seine Berufung und Schulung
Ja, vielleicht muss ich das kurz erklären. Ich bin also 1981 zum Glauben gekommen. Hintergrund war, dass ich damals im Internat war und, da ich aus Stuttgart kam, am Wochenende auch in eine Gemeinde gehen wollte. So bekam ich die Empfehlung, mal bei Roger vorbeizukommen.
Nach längerem Suchen habe ich endlich die Sackgasse Ganzenstraße 13 gefunden. Roger hat dort mit seinen Jungs irgendwelche Kassetten aufgelegt – ich weiß nicht mehr genau, was genau, aber es war ein schönes Bild, ihn mit seinen Söhnen zu sehen.
Ich war dann die erste Zeit in dieser Gemeinde und wurde in die Jugendarbeit integriert. Wir hatten samstagmorgens um sechs Uhr einen Gebetstreff, damals auch mit John, zu viert. Wir wurden angeleitet, ein Bibelstudium zu machen und anschließend gemeinsam zu frühstücken. Das war sehr, sehr gut.
Dann bin ich nach Brake gegangen, auch auf Empfehlung der Gemeinde. Sie haben mir viel Mut gemacht, mich aufgenommen und gefragt, ob ich mal in der Jugend etwas unterrichten oder einbringen könnte. So wurde ich einfach herausgefordert, meine Gaben einzusetzen. Also wurde ich auch als Mann gefragt.
Nach Brake war dann die Option, dass ich erst einmal in die Gemeinde zurückkomme. Es hieß, du kommst erst mal zurück in die Gemeinde, nicht einfach irgendwohin. Ich hatte eigentlich Außenmission auf meine Fahne geschrieben, aber es hieß: „Moment mal, erst mal in der Gemeinde zurück, lerne, wie das in der Gemeinde funktioniert.“
Dann war auch schon klar, dass es in Richtung Ältestenschaft geht. Das wurde relativ schnell deutlich. Ich wusste, dass es ein unglaublich hohes Niveau ist, auf dem ich dort eingecheckt werden sollte. Wir haben die Qualifikationen gehört, ich war mir meiner Schwächen, meiner Probleme und meiner Unbedarftheit bewusst. Ich war damals gerade mal 23 Jahre alt, eigentlich noch jünger.
Ich merkte aber, dass das Vertrauen da war, auch bei den Geschwistern. Einige waren zwar skeptisch und haben mir das auch klar gesagt. Sie haben ihre Hörner ausgefahren und gesagt: „An mir muss der auch vorbei.“ Ich sagte: „Ja, und wenn der Herr das bestätigt, dann wird es so werden.“
Das Schöne war, dass ich durch die Brüder, durch Roger und die anderen Mut bekam. Sie haben mir einfach Mut gemacht, dem Herrn zu vertrauen, dass das gelingt. Es war eben, wie Roger auch beschrieben hat, so, dass die Predigt nicht einfach gehalten wurde, sondern jede Predigt im Positiven zerpflückt wurde.
Er hat Illustrationen gebracht, bessere Alternativen vorgeschlagen, an der Formulierung gearbeitet, die Gliederung korrigiert – und so weiter. Ich wurde richtig durchgebürstet, aber im Positiven. Ich habe das nie als negativ empfunden. Ich war so dankbar, dass ich immer wieder Rückmeldungen für Predigten und Dienste bekam, die ich getan hatte.
Das geschah „unter vier Augen“, sodass ich wusste, es geht nicht um Ehrgeiz oder darum, mir einen Zacken aus der Krone zu klopfen. Es ging einfach darum, dass die Herrlichkeit Gottes nicht durch dumme Formulierungen oder unachtsames Vorbereiten verdunkelt wird. Es geht um die Ehre Jesu, nicht darum, dass wir uns profilieren.
Vor vielleicht zehn Jahren waren wir zusammen in Frankreich und haben die Übergabegeschichte erzählt. Dann kam von einem Studenten in der Klasse eine Frage. Da knurrte mein Magen ein bisschen. Es wurde gefragt: „Eberhard, warst du froh, wenn Roger mal verreist war und nicht da war, sodass er keine Rückmeldung geben konnte, keine Zerpflückung, wie du es genannt hast? Warst du froh, als er weg war?“
Kannst du dich noch an die Frage erinnern? Sie war sehr, sehr schwach. Ich kann mich sehr gut an ihn erinnern, denn ich hörte zu. Deine Antwort war mehr oder weniger: „Ich war froh, wenn er da war, weil ich ausgewogene Rückmeldungen bekam, nicht nur ein paar Klopfer auf die Schulter.“ Danke, das war nett, aber das ist keine hilfreiche Rückmeldung. So in etwa war deine Antwort.
Das kommt mir jetzt in den Sinn, je nachdem, in welchem Raum wir saßen und so weiter. Manchmal braucht man ein bisschen, bis das Gehirn wieder durchblutet ist. Roger weiß, was wir hinter uns haben und was wir durchmachen.
Es war immer so, dass ich das stets als Teamarbeit begriffen habe. Wir haben nie ein einsames Spiel oder eine einsame Präsentation gemacht. Ich weiß noch, wie jener Bruder predigte, ich habe das mitbekommen, was Roger gerade erzählt hat, und wie nach der Predigt, als das Amen kam, der Arm von Roger hochging.
Das ist das, was wir brauchen: Korrektur, Ermutigung, faire Kritik. Aber manchmal ist die Kritik auch hart wie Knochen, und die müssen wir lernen zu schlucken. Es geht nicht um unseren Stolz. Es ist manchmal demütigend, aber es ist nichts Schöneres, als einen Bruder an der Seite zu haben, der es richtig meint, der einen liebt, der einen achtet, aber auch aus Liebe, voller Gnade und Wahrheit in die Vollen geht und dich nicht schont.
Denn es geht nicht um uns, es geht um die Botschaft, um Jesus. Das habe ich so erleben dürfen, und das ist auch ein ganz großes Geschenk.
Gleich nach der Absolvierung hatten wir eine ältestentheologische Prüfung. In unseren Gemeinden in den Staaten gibt es eine Vorbereitung für die Ältestenschaft mit einer Prüfung. Diese theologische Prüfung fragt nach den Grundsätzen, die der angehende Älteste theologisch hat.
Zwei Jahre später kam dann die Ältestenprüfung – nicht die theologische, sondern die Charakterprüfung. Bei der theologischen Prüfung waren ein paar Dinge noch schwach. Zwei Jahre später wurde ich gebeten, die Prüfung zu leiten.
Ich leitete sie und fragte: „Eberhard, hast du in irgendeiner Weise deine theologischen Standpunkte geändert seit der Prüfung vor ein paar Jahren?“ Die Antwort war: „Nein.“
Dann gingen wir die Punkte durch, die noch nicht geklärt waren von der vorigen Prüfung. Das dauerte vielleicht eine Viertelstunde. Danach schlugen wir die Bibel auf, 1. Timotheus 3, und ich las vor:
„Glaubwürdig ist das Wort: Wer nach einem Aufseherdienst trachtet, der begehrt eine vortreffliche Tätigkeit. Nun muss ein Aufseher untadelig sein.“ Das bedeutet nicht sündenlos, sondern dass man keine klagehaften Dinge an diesem Ältesten geltend machen kann.
Ich fragte: „Eberhard, weißt du um irgendeine Klage, die vor dich gebracht werden kann, die geltend gemacht werden könnte?“ Die Antwort war: „Nein, ich kann mich an nichts erinnern.“
Es waren etwa zehn Männer bei der ältesten Charakterprüfung. Ich ging reihum und fragte jeden: „Kennst du etwas, was ihn untadelig machen würde? Oder tadelhaft? Wo es geltend gemacht werden könnte?“
Nicht, dass er sündenlos ist, sondern, dass es ungeklärte Dinge gibt. Reihum fragte ich jeden einzeln. Danach gingen wir zur zweiten Qualifikation über: Mann einer Frau. Ich fragte auch nach seiner Ehe, ob sie besonnen, anständig, gastfreundlich und so weiter sei.
Wir gingen alle Qualifikationen durch. Bei jedem fragte ich zuerst, ob ihm etwas bewusst sei, was ihn für den Ältestendienst entwürdigen würde. Dann fragte ich die anderen Geschwister.
Ich habe dich nach der Prüfung nie gefragt, was dein Empfinden dabei war. Du kennst die Situation noch gut, denke ich.
„Ja, die vergisst man nicht“, hast du gesagt. „Es ist natürlich spannend, wenn man so auf dem heißen Stuhl sitzt. Aber man weiß, wenn man da durchkommt, ist es nur Gnade und keine Leistung. Man weiß ja, warum man das macht. Ich habe eine tiefe Verbindung gespürt und ein Getragensein, weil ich wusste, dass es manche gab, die sagten: ‚Eberhard, an dir kommst du nicht so leicht vorbei.‘ Ich habe gesagt: ‚Lasst uns miteinander beten. Ich muss das nicht machen, aber ich will der Gemeinde und Jesus dienen. Wenn das der Weg ist, wird er uns auch in der Sache einen.‘“
Da saßen einige, von denen ich wusste, dass es am Anfang eine Kampfansage gegen mich war, wohlwollend gemeint. Ich spürte, Gott hat das bestätigt. Wenn sie jetzt so reden, dann sind sie nicht irgendwie beschwatzt worden, sondern es hat sich etwas getan. Das ist Gnade, keine Leistung.
Von daher habe ich das als Rückhalt an dem Tag erlebt und auch später. Selbst ältere Brüder, die meine Väter hätten sein können und mehr als das, ich hatte nie irgendwelche Diskussionen.
Ich gab Anleitungen und Anweisungen, und sie kamen zu mir und setzten sie um. Da denke ich: Der hört, was ich sage, auch wenn ich ein junger Spund bin. Da war dieser Respekt, weil eben die Vorbereitung da war, denke ich.
Ich hätte die Prüfung nie im Leben zugelassen, wenn ich geahnt hätte, dass ein verletzendes Gegenwort kommen würde. Ich habe gehorcht, gehorcht und gehorcht und in der Gemeinde ausgefragt, wie man zu ihm steht. Ich hörte von allen einstimmig: „Ja, wir sehen, der Herr segnet sein Leben, seine Ehe, das, was er tut. Wir hören in der Verkündigung, wie er vorwärtskommt.“
So hätte ich niemals eine Prüfung zugelassen, bei der, wenn ich die Einzelnen frage, eine Gegenstimme kommt, die mächtig verletzend wirkt. Das hätte ich nie zugelassen.
Mir war es wichtig, dass in dieser Stunde für Eberhard eine Bestätigung von den anderen Geschwistern kommt und dass er großes Vertrauen zu ihnen gewinnt.
Anschließend sagte einer der ältesten Brüder in dem Kreis an dem Abend privat zu mir: „Roger, ich habe große Hoffnung für die Zukunft, wenn ich sehe, dass er wenige Jahre alt im Glauben ist und was der Herr getan hat, um ihn zur Reife zu bringen. Das ermutigt mich sehr.“
So etwas hätte ich nicht erwartet. Ich weiß nicht, ob er eine der Stimmen gegen dich war, aber auf jeden Fall war es besonders ermutigend für mich zu sehen, wie die Brüder an dem Abend ermutigt wurden.
Ich bin so dankbar für die Erfahrung, die wir gemacht haben.
Weitere Schulungserfahrungen und Prüfungen
Nun möchte ich noch einmal kurz etwas erwähnen. Es war später, Eberhard war bereits als Ältester anerkannt, und sowohl Eberhard als auch Rainer waren anwesend. In unserer Gemeinde gab es einen anderen Bruder, der zwei Jahre lang geschult wurde: Fritz Martin. Wir haben ihn in der Gemeinde ausgebildet. Die Hauptschulung habt ihr, Reino und du, geleitet. Ich habe einmal bei einer Samstagsschulung zur Eschatologie geholfen.
Fritz Martin war Vermessungstechniker bei Daimler, und wir haben ziemlich intensiv zwei Jahre lang gearbeitet, um eine interne Bibelschulung in der Gemeinde zu etablieren. Dann stand seine theologische Prüfung an. Für mich war der Abend der Höhepunkt meines Dienstes überhaupt, wenn ich daran zurückdenke.
Bis dahin hatten wir gedacht, wir laden die ganze Gemeinde ein – wer kommen kann, kann kommen. An diesem Abend waren etwa zwanzig Personen da. Seine Eltern, seine Frau und weitere Gemeindemitglieder. Ich war diesmal nicht leitend, sondern Eberhard und Rainer führten durch die Prüfung und stellten die Fragen. Ich wurde eingeladen, mitzuhören und Fragen zu stellen, wenn ich wollte, doch ich habe kaum etwas gesagt und vor allem zugehört.
Bei der ersten Frage dachte ich sofort: „Oh, das wird sehr gut.“ Schnell holte ich einen Block und begann zu schreiben. Ich notierte die Frage und dann die Antwort, besonders die Bibelstellen. Übrigens dauerte die Prüfung fünf Stunden. Es war ein langer Abend.
Fritz Martin hatte nur eine Bibel vor sich liegen. Kein Blockpapier, keine Notizen, nichts anderes – nur die Bibel. Ich habe gezählt: Er schlug ungefähr dreihundert Bibelstellen auf und erklärte sie im Zusammenhang, um die Antworten auf die theologischen Fragen zu geben.
Anschließend sagte eine Schwester aus der Gemeinde, Lisbeth, zu mir: „Roger, zu sehen, wie er mit der Bibel umgeht, erweckt so viel Vertrauen in mir ihm gegenüber.“ Genau das wollte ich erreichen – dass Vertrauen in die Brüder gesetzt wird.
Als ich diesen Satz hörte, dachte ich: „Herr, das ist ein Stück Himmel auf Erden.“ Es ist wirklich berührend zu sehen, wie Geschwister Vertrauen gewinnen. Das geschah durch tiefgründiges Bibelwissen. Auch sein Leben war ohne Frage in Ordnung: Er führte eine gute Ehe, war schon einige Jahre verheiratet, ein betender Mann, ein Mann der Nüchternheit.
Später ging er auf die FTA in Gießen und studierte dort. Aber diesen Prüfungsabend werde ich nie vergessen. Die Verbundenheit, die wir bis heute miteinander haben, ist unbeschreiblich. Wir sehen uns nicht immer, wenn ich komme, aber doch des Öfteren. Und die Liebe, die der Herr uns füreinander gegeben hat, ist spürbar.
Emotionale Verbundenheit und Multiplikation in der Gemeinde
Als ich die Bibelstellen am Anfang las, verlor ich mich fast in meinen Gefühlen. Zu Beginn der Stunde musste ich an einer Stelle innehalten. Der Grund war, dass ich aufblickte und ihn sah. Da sagte ich: Herr, hilf mir, meine Gefühle hier nicht zu verlieren. Denn weißt du, er ist wie ein Sohn für mich. Es ist unglaublich, was der Herr tut – die Vervielfältigung.
Vielleicht ist es jetzt interessant, dir zu erzählen, was du tust und was in der Vervielfältigung im Dienst geschehen ist. Watsch hat gesagt, dass er sich seit vielen Jahren regelmäßig mit Männern trifft. Ich habe versucht, das ebenfalls zu praktizieren. Mal gelang es mir besser, mal weniger gut. Schlecht war es nie, das zu tun.
Ich habe mir vorgenommen, mich immer mit einigen Männern zu treffen. Dabei studieren wir regelmäßig die Bibel, lesen darin, beten und tauschen uns aus. Außerdem leite ich Brüder an, selbst multiplikatorisch mit dem Wort Gottes zu arbeiten.
Zurzeit bin ich selbst in der Gemeindearbeit tätig. Es handelt sich nicht mehr um eine Neugründung. Vor sieben Jahren habe ich dort mitgeholfen einzusteigen. Damals gab es schon einen bestehenden Kreis. Das ist nun besonders spannend, weil dieser Kreis viele unterschiedliche Meinungen, Ansichten und Prägungen hat, die damals entstanden sind. Jetzt gilt es, behutsam und in einer weisen Art und Weise weiterzuführen, damit die Gemeinde eine biblische Struktur erhält.
Wir sind schon seit Jahren auf einem guten Weg. Einige Geschwister sind gegangen, weil sie die Veränderungen nicht akzeptieren wollten, die jedoch biblisch klar sind. Diese kamen aber zurück. Es gab auch Versöhnung und Klärung. Richtig Streit hatten wir nie, aber Meinungsverschiedenheiten in Sachfragen gab es. Ich habe gesagt: Gut, ich kann hier keine Kompromisse eingehen. Das ist der Weg.
Gott segnet das weiterhin. Zurzeit treffe ich mich mit vier Brüdern, um auch in der Gemeinde die Jüngerschaft weiter anzuregen. In der Jugendarbeit haben wir das ebenfalls auf den Weg gebracht. Es ist verheißungsvoll, dass jeder Jugendliche in einer Zweier- oder Dreierschaft ist.
Wir sagen: Die Jugendarbeit muss auf den Rädern dieser Kreise rollen. Die Jugendarbeit ist nicht einfach ein Omnibus, in dem alle sitzen. Vielmehr rollt der Omnibus Jugendarbeit auf den Rädern der Jüngerschaft. Da kommt der Herr, und das stabilisiert.
Ich sehe, dass gerade die 18-, 19- und 20-jährigen Jungs nächstes Jahr mit Ihnen zusammensitzen werden. Mein Vorsatz ist es, Schulungen zu beginnen, damit hier eine Mannschaft heranwächst. So können wir multiplikatorisch in der Breite wachsen.
Denn sonst wären wir mit der Größe der Gemeinde überfordert. Wenn wir es nicht schaffen, gelingende Multiplikation anzuregen und weiterzugehen, werden wir irgendwann in einer Sackgasse arbeiten.
Abschluss und Ermutigung zum Dienst
Noch lange könnte man reden, aber die Uhr tickt, die Zeit schreitet voran, und wir bringen es hiermit zum Schluss. Bitte bleib hier.
„Ich habe keine größere Freude“, sagte Johannes, „als zu wissen, dass meine Kinder in der Wahrheit wandeln.“ Wenn ich zurückdenke an meine Dienste, dann ist meine größte Freude zu sehen, wie diese jungen Männer von Gott gebraucht werden – wo sie stehen, was sie tun, wie sie vorankommen und multiplikatorisch arbeiten. Sie sind zerstreut, in verschiedenen Teilen der Welt dienen sie dem Herrn multiplikatorisch, sodass Jesu Sache vorangeht.
Wenn ich im Himmel bin, werde ich nicht gefragt – ich sagte das vorhin – wie gut ich im Chor gesungen habe. Ich werde gefragt: Hast du Jünger gemacht? Ich werde nicht gefragt: Hast du gute Predigten gehalten? Ich werde gefragt: Hast du Jünger gemacht? Ich werde nicht gefragt: Hast du nette Frauenstunden abgehalten? Wir werden gefragt: Hast du Jünger gemacht? Und wo sind sie?
Vor allem in der Anleitung von angehenden Leitern: Die Gemeinde Jesu braucht dringend, weltweit, aber erst recht in diesem Land, gereifte Männer Gottes, die in der Gemeinde stehen und die Gemeinde Jesu in die nächste Generation leiten. Es ist dringend Zeit, dass wir daran gehen.
Ich wurde heute am Tisch gefragt, wie das geschehen soll. Ich sagte, sicherlich gibt es hier bei der KfG eine große Menge an Unterlagen, die man für die Schulung von Ältesten gebrauchen kann. Und ich kann nur ermutigen: Mach nur, dass der Herr verherrlicht wird in der Anleitung der nächsten Generation von geistlichen Leitern.
Schlussgebet
Ich möchte bitten, dass wir uns zum Schlussgebet erheben. Eberhard wird mit uns beten.
Jesus Christus, wir beten Dich an als den Herrn Deiner geliebten Gemeinde. Du hast alles für Deine Gemeinde gegeben; mehr konntest Du nicht geben. Herr, nun sind wir dran, alles zu geben. Dabei sollen wir nicht rechnen, was dabei herauskommt, nicht darauf achten, wie viel Ehre wir erhalten oder wie viel Ruhm auf unseren Namen geschrieben wird. Herr, all das ist nichtig, Spielerei und Eitelkeit.
Ich möchte Dich um Vergebung bitten, wo wir als Leiter uns zu sehr um uns selbst und unsere Ehre drehen und kümmern. Wo wir meinen, groß herauskommen zu müssen und viel zu wenig von Deiner selbstlosen Hingabe im Dienst unter dem Vater verstanden haben.
Ich möchte beten, dass es Erweckung in unseren Köpfen und Herzen gibt – bei uns Leitern, bei uns Männern. Dass wir aktiver werden und dort, wo wir schon gut unterwegs sind, noch einmal mit Deiner Kraft, Deinem Wort und neuer Hingabe nachlegen. Herr Jesus, unser Land braucht jetzt das Evangelium, jetzt Gemeindegründer und Jünger – nicht erst in ein paar Jahren.
Deshalb ist es Zeit, dass wir einfach wach werden, wo wir das bisher nicht sehen, und wach bleiben, wo wir schon dran sind.
Ich danke Dir für meine Brüder, die aus Amerika gekommen sind, um unserem Land das Evangelium neu zu erklären und Gemeinden zu gründen. Ich danke für Roger und all die amerikanischen Geschwister, die hinter unseren Missionaren stehen, aus vielen Denominationen.
Herr, wir wissen, dass vieles nicht so gelungen ist. Aber wir können das schneller verurteilen, als dankbar zu sein für das Gute, das daraus geworden ist. Ich möchte deshalb beten, dass wir uns hier noch einmal daran erinnern, wie viel Segen von solchen Geschwistern gekommen ist, weil sie hingegangen sind.
Herr, wir brauchen nur zu unserem Volk zu gehen. Hilf uns, dass wir unser eigenes Land Dir ganz neu weihen und hingeben. Lass uns selbst anpacken.
Herr, schenke Erweckung und Segen. Hilf uns, das Gehörte wirklich in der Praxis umzusetzen. Lass uns nicht nur hören und vergessen, sondern hören und tun, damit Deine Herrlichkeit in unserem Land offenbar wird.
Amen.