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Daniel 5, 1-13

25.11.1986Daniel 5,1-13

Einleitung: Stille und Gottes Wort

Wir wollen still werden, Herr. Jetzt möchtest Du Dein Wort selbst auslegen.

Wir haben noch viele andere Gedanken im Kopf: das, was uns an diesem Tag bewegt hat, und auch das, was uns an diesem Tag belastet. Du weißt, welche Lasten, Sorgen und oft auch Verzweiflung wir heute Abend hier mitgebracht haben.

Dafür möchten wir Dich einfach bitten: Lass Dein Wort uns eine andere Richtung weisen und uns eine Hilfe sein auf dem Weg, den wir zu gehen haben.

Überblick über das Buch Daniel und Einführung in Kapitel 5

Armin, nun sind wir bei unserem Durchgang durch das Prophetenbüchlein Daniel bereits beim fünften Kapitel angekommen. Ich erinnere: Im ersten Kapitel wird berichtet über Daniel, der mit seinen drei Freunden Hananja, Misael und Asarja nach Babylon deportiert wird und dennoch am babylonischen Hof aufwachsen muss.

Kapitel zwei berichtet von Nebukadnezars Traum, der von Daniel gedeutet wird. Dieser Traum läuft praktisch auf die Aussage hinaus, dass das Reich des Herrn, Gottes, ewig bestehen wird. Dann folgt Kapitel drei, die Feuerprobe: Die drei Männer im Feuerofen werden hindurchgerettet, und der Vierte ist immer dabei – so haben wir es gehört. In jeder Hitzeentwicklung, in jedem Ätherium, auch in jeder Verzweiflung ist der Vierte immer dabei. Das war das dritte Kapitel.

Beim letzten Mal haben wir Kapitel vier behandelt, das davon erzählt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Der große letzte Traum endet mit dem Bekenntnis zu dem lebendigen Gott.

So kommen wir heute zum Kapitel fünf, das uns heute und auch beim nächsten Mal beschäftigen wird, weil es in seinen Aussagen zu kompakt ist für nur dreißig Minuten. Deshalb lassen Sie uns nun diesen Abschnitt einmal lesen.

Überschrift: Besatzer – Das Gastmahl.

König Belsazar machte ein herrliches Mahl für tausend seiner Mächtigen und zoffte sich voll mit ihnen. Als er betrunken war, ließ er die goldenen und silbernen Gefäße herbringen, die sein Vater Nebukadnezar aus dem Tempel zu Jerusalem weggenommen hatte. Damit wollte der König mit seinen Mächtigen, mit seinen Frauen und mit seinen Nebenfrauen daraus trinken.

Da wurden die goldenen und silbernen Gefäße herbeigebracht, die aus dem Tempel, aus dem Hause Gottes zu Jerusalem weggenommen worden waren. Der König, seine Mächtigen, seine Frauen und Nebenfrauen tranken daraus.

Als sie so tranken, lobten sie die goldenen, silbernen, ehernen, eisernen, hölzernen und steinernen Götter. Im gleichen Augenblick gingen Finger wie von einer Menschenhand hervor und schrieben gegenüber dem Leuchter an die getünchte Wand im königlichen Saal. Der König erblickte die Hand, die schrieb.

Da entfernte sich der König, und seine Gedanken erschreckten ihn so, dass er wie gelähmt war und ihm die Beine zitterten. Der König rief laut, dass man die Weisen, Gelehrten und Wahrsager herbeiholen solle. Er ließ die Weisen von Babel sagen: "Welcher Mensch kann diese Schrift lesen und mir sagen, was sie bedeutet? Wer soll mit Purpur bekleidet werden und eine goldene Kette um den Hals tragen und der Dritte in meinem Königreich sein?"

Da wurden alle Weisen des Königs eingeführt, doch sie konnten die Schrift weder lesen noch die Deutung dem König kundtun. Darüber erschrak der König noch mehr und verlor seine Farbe ganz. Seine Mächtigen wurden angst und bange.

Da ging auf die Worte des Königs und seiner Mächtigen die Königinmutter in den Saal hinein und sprach: "Der König lebe ewig! Lass dich von deinen Gedanken nicht zu sehr erschrecken und in Verzweiflung nicht fallen. Es ist ein Mann in deinem Königreich, der den Geist der heiligen Götter hat. Denn zu der Zeit deines Vaters fand sich bei ihnen Erleuchtung, Klugheit und Weisheit wie die Weisheit der Götter. Dein Vater, der König, setzte ihn über die Zeichendeuter, Weisen, Gelehrten und Wahrsager, weil er einen überragenden Geist bei ihm gefunden hat, dazu verstand er sich auf Klugheit, Träume zu deuten, dunkle Sprüche zu erraten und Geheimnisse zu offenbaren. Das ist Daniel, dem der König den Namen Beltschazar gab."

So rufen wir nun Daniel, um zu sagen, was es bedeutet.

Da wurde Daniel vor den König geführt, und der König sprach zu Daniel: "Lass uns hier diesen Einschnitt in diesem Kapitel machen, an dem wir in unserer nächsten Stunde weiterlesen."

Aber jetzt noch einmal zwei Verse singen: "Weicht, ihr Feinde, weicht von mir! Gott erhört mein Beten." Das ist das Lied, das wir eben aufgeschlagen hatten, Psalm 6,6-7.

Lehrlinge – also wie es unter uns oder auch Studenten oder auch erwachsenen Personen bekannt ist – kennen ja den Satz, den wir so lesen: Ein handgeschriebener Lebenslauf ist den Bewerbungsunterlagen beizufügen. Warum eigentlich? Wenn man sich irgendwo bewirbt, wenn man eine Stelle bekommen will, wie man sich vorstellen muss, warum ausgerechnet ein handschriftlicher Brief? Schreibmaschinenschrift wäre doch eindeutig lesbarer.

Mein Vater schenkte mir zum sechzehnten Geburtstag eine Schreibmaschine, auf der ich heute noch schreibe. Sie können sich also denken, welche Note ich im Schönschreiben hatte. Wenn es schon heißt, ein handgeschriebener Lebenslauf, dann geht mir das kalt den Buckel hinunter beziehungsweise hinauf. Warum eigentlich kein gedruckter Lebenslauf? Warum eben dieses ungelesene Schriftstück? Doch einfach deshalb, weil eine Handschrift zeigt, wie ein Mensch wirklich ist.

Nicht wahr, ein Foto kann retuschiert werden. Wenn Sie schon bei einem richtigen Fotografen waren, dann wissen Sie, wie schön Sie sind. Ein Foto kann reduziert werden, ein Gesicht kann geschminkt werden, ein Charakter kann verändert werden und ein Gesicht und eine Schwäche kann immer wieder gut überspielt werden.

Die Handschrift offenbart auch ohne so eine tiefgründige Graphologie, ob jemand herrisch oder liebevoll, ausgeglichen oder ruhelos, großzügig oder kleinkariert ist. Wer sich einen Eindruck von jemandem verschaffen will, muss seine Handschrift lesen.

Das sage ich auch besonders jungen Leuten: Sie meinen, mit Auto und Telefon sein Mädchen schon kennenzulernen. Es ist immer gut, wenn man einen handschriftlichen Brief bekommen hat.

Paulus weiß das auch im Kolosserbrief, Kapitel vier, wo es am Schluss heißt: "Seht, mit wie großen Buchstaben ich euch schreibe, mit eigener Hand." Er hat am Schluss seiner Briefe, die ja bekanntlich diktiert wurden, immer noch selber große Buchstaben gemalt, auf denen die Leute etwas von seinem eigentlichen Wesen und vielleicht auch Glauben ablesen konnten.

Also, wer sich eine Meinung bilden will, muss die Handschrift studieren. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen und denen um uns herum, sondern auch für unser Verhältnis zu Gott.

Wer sich einen Eindruck von Gott verschaffen will – und ich rate jedem, dies zu tun – muss sich keine Meinung über Gott bilden, er muss seine Handschrift lesen.

Fromme Gefühle, die ja heute wieder ganz besonders gepflegt werden, Frauengefühle in der Brust, die sagen schon überhaupt nichts aus. Gefühle kommen und gehen. Fromme Gefühle helfen überhaupt nicht weiter.

Theologische Spekulationen im Kopf bringen es auch nicht. Die Theologien kommen und gehen wie die Gefühle. Es braucht offene Augen für Gottes Schriftzüge. Die Freundin, Sie brauchen offene Augen für Gottes Schriftzüge.

Aber das ist ja doch diese Frage, die man hier stellen muss: Hat Gott überhaupt eine Handschrift? Dass der Tod eine hat, das wissen wir. Wenn wir die Zeitung morgens aufschlagen – und wenn Sie es heute Morgen auch getan haben – dann reicht es schon eine Seite, gar nicht mehr, dann braucht es anderthalb Seiten. Diese Blockschrift des Todes fällt einem ins Auge.

Der Tod schreibt eine schreckliche Handschrift, und jedes Mal, wenn ich hinunterkomme ins Krematorium – neun von zehn Bestattungen in unserer Stadt sind ja im Krematorium – dann, wenn man diese Vorraum, diese Sakristei, wenn man es so nennen kann, betritt, liegt dort immer der Tageszettel. Und jedes Mal stehe ich auch betroffen davor: Zwanzig, vierundzwanzig oder achtundzwanzig Namen an einem Tag. In dreißig Minuten Abstand werden sie dem Feuer übergeben. Nur zwanzig Minuten bleibt uns eine Beerdigungsfabrik – eine schreckliche Handschrift des Todes.

Dass die Krankheit eine Handschrift schreibt, das wissen viele unter uns hier auch. Schmerzen prägen sich ganz tief in einem Leben ein, und das ist weit. Die Not und die Verzweiflung haben eine eigene Handschrift. Das wissen wir nur zu gut.

Aber schreibt Gott per Hand? Tut er sich in seinen Schriftzügen kund? Hat Gott eine Handschrift?

Wir, Freunde, drei Schüler im Bremer Gerhard-Rohlfs-Gymnasium, schrieben folgende Anzeige an die Wand, Glas in einer Zeitung, und habe es mir herausgeschrieben: Nach langer Untätigkeit verschied Gott.

Herr, wie wir lesen, verhungern immer noch Menschen und sammeln Kirchengemeinden immer noch für einen neuen Anstrich des Friedhofzaunes. Wie wir meinen, zwingt sich jedem, der redlich denkt, die Folgerung auf: Den Gott, der alles aufs Beste bestellt, gibt es nicht mehr. Er hat seine Arbeit niedergelegt, seine Stelle ist offen, er muss vertreten werden. In stiller Trauer: Ingbert, Hermann und Wilfried.

Jedoch konnte man dort schwarz auf weiß lesen: Dieser Gott ist tot, und seine Handschrift gibt es nicht.

Und jeder meint es ja irgendwo in seinen eigenen vier Wänden auch ablesen zu können: Die Handschrift Gottes habe ich noch nicht gelesen, und deshalb habe ich die Handschrift Gottes noch gar nie entziffert.

Bildsatz: Ach, lass es anders sein! Der heruntergekommene Sohn eines glänzenden Königs, dem gingen die Augen auf. Die Gipswand im Ballsaal wurde zur Wandtafel des Himmels. Keiner konnte es mehr übersehen.

Gott schreibt ihm sind keine Finger versteift, Gott schreibt ihm ist kein Griffel aus der Hand gefallen, Gott schreibt ihn können wir nicht abschreiben.

Gott schreibt – der Gott, der sieht, der hört, der redet, der spricht, der läuft. Dieser Gott, der schreibt auch.

Der ausgelassene König musste erst lernen, und wir tun gut daran, diese Schreibstunde dieses Kapitels mit wachen Sinnen zu erleben.

Das eine ist ja, was hier als Erstes auffällt: Gott schreibt plötzlich. Das erste Gott schreibt plötzlich. Nun, zwischen Kapitel vier und etwa Viertel fünf ist eigentlich ein tiefer Einschnitt, ein tiefer Graben, ein Neuanfang.

Warum? Wo ist denn eigentlich Daniel geblieben? Was ist denn aus Daniel geworden? Wer meint, das Büchlein Daniel sei nur die Lebensgeschichte dieses Mannes, der wird hier eines Besseren belehrt.

Die Frage nach Kapitel vier und dem Anfang von Kapitel fünf ist: Wo ist denn eigentlich Daniel nun?

Er ist abgesägt, abgeschossen, vor die Türe geflogen. Wir wissen, er war ja als Minister ausgebildet, lang, teuer und gründlich. Aber nachts saß jetzt ein Neuer, und weil auf dem Thron ein Neuer saß, musste auch eben der Minister weichen.

Und dieser neue König war schlicht und bündig gesagt eine Niete. Man sagt zwar, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, aber das stimmt eben nicht immer. Manchmal haben die größten Männer auch die größten Nieten als Söhne.

So war es bei Nebukadnezar. Was dieser alte Liebe Katha in dreiundvierzig Jahren Aufbauarbeit geleistet hat, zerfällt in ganz kurzer Zeit unter den Händen seiner Nachfolger.

Wenn Sie die Buddenbrooks gelesen haben – dieses großartige Werk von Thomas Mann – dann sehen Sie, wie dort in wenigen Generationen eine Familientradition zerfällt und ein Familienreichtum zerschmilzt.

Hier braucht es nicht einmal zwei oder drei Generationen, hier genügt schon die erste Generation und ein Sohn, der alles, aber auch alles durchbringt.

Lieber Gott, nicht wahr? Wir erinnern uns: Er hat auch dieses Weltreich geschaffen, das erste Weltreich überhaupt, das auf diesem Globus gegeben war.

Nachdem er dieses Weltreich der Bürgermeister nach außen befestigt hatte, widmete er sich dem innenpolitischen Ausbau. Ja, er baute diese königliche Residenz Babylon. Sie wurde zur glänzenden Stadt der Welt, ein riesiger Tempel mit acht Stockwerken.

Und seiner Frau baute er ein schmuckes Gärtchen mit allen Finessen. Eine gewaltige Terrassenanlage. Der Killesberg war ein erbärmliches Vorgärtchen dagegen.

Dieser Nebukadnezar war Bauherr, er war Feldherr, er war Sünder und er war größenwahnsinnig zugleich. Aber dieser Nebukadnezar hat das Größte vollbracht, was ein Mensch je vollbringen kann: Das Größte ist, dass er am Schluss seines Lebens Gott die Ehre gegeben hat.

Erst dann ist einer groß, wenn er klein vor Gott ist, und dann ist einer wirklich groß.

Wer selbst groß sein will – solche, die immer wieder ein Mikro leiten und solche, die immer wieder daran eine Sicherung machen – das ist in ihrem Leben nicht zu mehr gereicht, dass sie es nicht zu mehr gebracht haben, dass sie nicht auch eine bekannte Persönlichkeit geworden sind, dass sie zu denen gehören, die unter ferner liefen sind, einer, der nicht erst nach seinem Tode vergessen wird, sondern der heute schon vergessen ist, nachdem sich niemand herumdreht, wenn er hereinkommt, und auch keiner sich herumdreht, wenn er wieder geht – eine unbedeutende, unbekannte kleine Nummer.

Liebe Freunde, wenn Sie auch daran leiden, wenn Sie vor diesem Gott klein sind und diesem großen Gott Ihr kleines Bekenntnis geben und sagen: "Wie Nebukadnezar, dein Tun, Herr, ist recht, und deine Wege sind groß," wer dies sagen kann, der ist groß vor Gott und groß im Himmel.

Und dann spielt es keine Rolle, was Sie hier sind, dann spielt es keine Rolle, was Sie hier werden. Wer groß vor Gott ist, wird Großes erleben, auch wenn er ganz klein ist.

Dieser Nebukadnezar erfuhr am Schluss seines Lebens diese Buße, dieses Späte Buße. Es ist nie zu spät, umzukehren und heimzukehren. Auch eine späte Buße ist möglich.

Nicht aber ein Mann, in jeder Hinsicht von Format. Aber wie gesagt, sein Sohn war eine ausgesprochene Niete.

Und meine Frage lautet: Woran erkennt man denn eine Regierungsspitze? Die schickt ihre besten Leute in die Wüste, wenn sie nicht nach seiner Pfeife tanzen, wenn sie die falsche Weltanschauung haben.

Welche Seite hat auf deinem je gepfiffen? Weil er ideologisch nicht ins Konzept passte? Weil er einfach zur falschen Partei gehörte? Er hatte das verkehrte Parteiabzeichen.

Er glaubte an Gott, den einzigen Gott, den wahren Gott der Bibel. Unbill, Belsazar und seine Leute glaubten an die vielen Götter, und zwar nach Vers vier an die goldenen, silbernen, ehernen, eisernen, hölzernen und steinernen Götter.

Eine regelrechte Göttersammlung für jeden Fall den richtigen Gott. So wie es Menschen gibt, die haben eine ganz großartige Schallplattensammlung, für jeden Tag und jede Stimmung die richtige Musik: Am Sonntag Klassik, am Mittwoch Country, am Freitag Pop und am Samstag Rock – immer die richtige Platte zu dem Augenblick, so wie man sich fühlt.

Aber nicht nur die richtige Platte hat man, sondern auch den richtigen Gott für die Situation, in der er gerade passt.

Großartig ist das und sehr bequem. Man kann dann den Gott sehen, und gleichzeitig kann er einen nicht sehen.

Es sind ja Holz-Götter. Sie haben Holzköpfe und keine Augen. Man sieht sie, aber diese Götter sehen einen nicht.

Demgegenüber ist in der Tat der Gott der Bibel sehr unbequem und unangenehm. Er sieht jeden, aber wir können ihn nicht sehen.

Schon Abraham hat von ihm gesagt: "Du bist ein Gott, der mich sieht." Und im fünften Buch Mose heißt es dann: "Deine Augen haben alles gesehen."

Verstehen Sie diese unbequeme Aussage? Am Schluss eines einzigen Tages hat Gott alles gesehen, was an diesem Tage war, hat alles gesehen, was an diesem Tag Sie bewegte. Er kennt jeden einzigen Gedanken und jeden Winkel Ihres Herzens.

Ein unangenehmer Gott in der Tat.

Ein Bürger, der mit einer solchen unsichtbaren Größe rechnet, ist politisch gesehen natürlich ein Unsicherheitsfaktor. Aus Sicherheitsgründen muss er schnell aus dem Staatsdienst entlassen werden.

Und so fliegt Daniel vor die Tür. Micha pfeift auf seine Ausbildung, seine Fähigkeiten, seine Verdienste, weil er nicht an die goldenen, silbernen und was für Götter glaubt.

Muss er daran glauben? Daniel packt den Koffer und verschwindet. Er muss froh sein, dass er mit dem Leben, dass er mit heiler Haut überhaupt herauskommt.

Und als Besatzer, den Daniel los hat, dann Freunde, dann geht es erst richtig los.

Der baut und baut und baut, so wie sein Vater auch gebaut hat. Er will ihm nachmachen, er will sich auch groß machen.

Aber das Einzige, was er zustande bringt, in seinem ganzen Leben, seine Grenzen, Baureihe – das Einzige, was er baut, ist eine riesige Kneipe. Das ist es: eine riesige Kneipe.

Die einzige Tat, die die Geschichte von ihm überliefert hat, ist diese mächtige Bierschwemme. Bei Ausgrabungen entdeckt: Siebzehn Meter breit, zweiundfünfzig Meter lang, ein Keller gibt es, verputzt an den meisten Wänden.

Was dort an Alkoholikers verputzt worden ist, davon kann man sich nur ein schwaches Bild machen. Platz für tausend Mann.

So hart es klingt, aber die Bibel benutzt hier nicht das Wort trinken – sonst nimmt sie das Wort "wünschen" nicht – das Wort trinken, sondern sie hat hier den Ausdruck "saufen".

Dieser Sauf-Palast, der hier entstanden ist, ist das Einzige, was er der Nachwelt hinterlassen hat.

Die Geschichte hätte ihn längst vergessen, wenn er nicht in der Bibel erwähnt wäre und Heinrich Heine nicht über ihn ein Gedicht gemacht hätte – eine der großen Balladen der deutschen Literatur, die früher jedes Schulkind kennen musste, auswendig lernen musste. Aber auswendig lernen tut man heute so nicht mehr.

Aber vielleicht kennen Sie sie: Bildsatz sagt jetzt angefangen: "Die Mitternacht zog näher, schon in stummer Ruh lag Babylon, nur oben in des Königs Schloss da flackert, da lärmt des Königs Tross."

Dort oben in dem Königssaal will Belsazar sein Königsmahl.

Zunächst fängt alles ganz harmlos an, so wie bei jeder Fete.

Gott hat nichts gegen ein herrliches Mahl für seine Leute. Auch das muss heute einmal wieder und auch an dieser Stelle unterstrichen werden.

Hier wird das Reich Gottes nicht als Beerdigungsgesellschaft beschrieben, wo ein paar Menschen in schwarzen Anzügen und mit Tränen in den Augen zusammenkommen, um irgendeinen Toten zu beweinen.

Manche meinen es, wenn sie zum Gottesdienst kommen oder zur Bibelstunde, das hätte etwas mit Beerdigung zu tun.

Siehst du, es vergleicht den Glauben immer mit einer Hochzeitsgesellschaft, doch er spricht von der Hochzeitsfeier immer wieder.

Gott hat nichts gegen ein herrliches Mahl, auch wenn zu viel Kalorien einmal auf den Tisch gelegt werden. Mit nur ein paar Körnchen und nur ein bisschen Joghurt ist das so nicht zu machen.

Gott hat nichts gegen ein herrliches Mahl.

Aber Freunde, wissen wir auch: Nur essen macht keinen Spaß. Zum Essen gehört der Wein.

Sagen wir es auch wieder: Gott hat im Grunde nichts gegen den Wein.

 Johannes 2, die Hochzeit von Kana, steht nun einmal in der Bibel, auch wenn sie sagten, es sei nicht sein bestes Stück gewesen.

Ich war nein, es steht davon.

Er hat nichts gegen Wein.

Und wieso sagt er sogar, dass er im Reich Gottes mit seinen Leuten Wein trinken werde?

Gott ist nicht grundsätzlich gegen Alkohol, aber er ist gegen dieses übermäßige Trinken.

Und das war natürlich die Hauptsache bei Belsazar.

Erstmal: Das Gefährliche am Alkohol ist ja seine enthemmende Wirkung.

Verkehrsunfälle und diese Verbrechen, Ehebrüche, Ehescheidungen – welche Rolle spielt heute der Alkohol?

Belsazar, die Superfete, ist ein Beispiel für die verheerende Wirkung des Alkohols.

Schritt um Schritt fallen alle Hemmungen.

Nur essen, nur trinken, das macht keinen Spaß.

Frauen müssen her, Frauen essen, und Mätressen, Frauen und Nebenfrauen, die müssen antanzen und müssen vortanzen.

Wein, Weib und Gesang – so nimmt die Fete ihren babylonischen Gang.

Die Orgie geht los, und wir können uns ausmalen, wie das weitergeht.

Aber das macht alles auch nicht genug Spaß.

Nur essen und nur trinken und nur Frauen – diese Leute langweilen sich schon wieder.

Da muss doch noch etwas los sein, da muss doch noch etwas aufgefahren werden.

Richtig, als Belsazar richtig betrunken ist, fällt ihm ein besonderer Gag ein, ein Spezialvergnügen mit besonderem Nervenkitzel.

Das muss der Höhepunkt werden.

Jetzt bietet er eine Nummer, die seine Gäste trotz Gliederschwere von den Stühlen reißen muss.

Bezahl ist nämlich die wertvollen Weihegefäße auftragen, die sein Vater damals als Kriegsbeute aus Jerusalem, aus dem Tempel mitgebracht hat.

Und diese Kirchengeschirre machen nun bei diesen tausend Gewaltigen, bei Frauen und Nebenfrauen die Runde.

Wie auch? Es geht um nicht weniger als um die Verhöhnung Gottes.

So wie es Heinrich Heine meisterhaft zum Ausdruck gebracht hat.

Und der König ergriff mit frevlerischer Hand einen heiligen Becher, gefüllt bis zum Rand, und er leert ihn hastig bis auf den Grund und ruft laut mit schäumendem Mund: "Jehova, dir könnte ich auf ewig Hohn sprechen! Ich bin der König von Babylon!"

Das ist der Punkt: Ich bin der König, ich bin der King, ich mache das, was ich will, ich bestimme, was erlaubt ist, ich pfeife auf Gott und seine Gebote.

Und seine heiligen Gefäße sind mir gerade gut genug, um meinen Spaß damit zu haben.

Essen, Trinken, Frauen, Gotteslästerung – das ist eine teuflische Kettenreaktion.

Was für ein Gefälle!

Wenn Glaube… Ich heute wird kaum einer mehr unsere heiligen Gefäße herausnehmen, wenigstens nicht in unserer Zeit.

Unsere Vasa Sacra, die gut in einem eisernen Schrank abgeschlossen sind.

Keiner wird sich doch herausnehmen und dort seinen Spaß damit treiben.

Aber liebe Freunde, es gibt noch etwas anderes, ein anderes Gefäß, das Gott heilig ist und von vielen missbraucht und von vielen zum Spaß gebraucht wird.

Dieses Gefäß ist der menschliche Körper, unser Leib, den Gott geschaffen hat und uns gegeben.

Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Gottes ist? Ein Tempel, kein Tümpel, meine Freunde, ein Tempel, kein Tümpel.

Wer mit seinem Körper macht, was einem Spaß macht, verhöhnt Gott.

Es ist kein Zufall, dass auch Paulus später die Verhöhnung Gottes mit dem Loblied der goldenen, silbernen, ehernen, eisernen, hölzernen und steinernen Göttern ändert.

Ich behaupte nicht, dass man sich Götter aus Holz macht, aber wer auf seine Gebote pfeift, dann ist das genau dasselbe. Der ist genauso auf dem Holzweg.

Natürlich darf man auch ohne Gott leben, die Gebote übertreten, lügen, Ehebrechen, Kinder abtreiben, aber man darf nicht vergessen, dass die Bibel sagt: Gott lässt sich nicht spotten.

Als ich an dieser Stelle in meinen Überlegungen war, habe ich mich gefragt: Warum hat Gott eigentlich nicht eingegriffen? Warum hat er diesem lästerlichen Treiber nicht ein Ende gesetzt? Warum hat er nicht mit einem gewaltigen Schlag diese Saufgesellschaft zu Boden gestreckt?

Aber Freunde, Gott wartet. Gott kann warten.

Niemand damals bleibt der Trunkene der Druck im Hals stecken. Keiner wird auf der Stelle vom Schlag gerührt.

So groß ist Gottes Langmut und so groß ist Gottes Geduld.

Die Becher machen die Runde, lachende Gäste schließen eine auf den Mund des Königs.

"Lang lebe das Herrscherhaus", ein Präsident goldener, silberner und eiserner Götter.

Und der langmütige Gott zog nicht einen Schlussstrich.

Noch war es nicht so weit, noch hatte Belsazars Stunde nicht geschlagen, noch war Gnade über der Backsteinburg Babylon.

Und vielleicht fragen Sie sich manchmal auch: Warum ist heute noch nicht Gottes Stunde?

Da kann man am Treiben seiner eigenen Kinder den Zweifel in Fragen hören: Warum greift denn Gott nicht ein?

Und dann sehen wir hinein in unsere Stadt und unser Volk, und dann kann man sich fragen: Wenn es einen Gott gibt, der es noch ernst meint, wenn es noch diesen Gott gibt, warum macht er denn nicht endlich Schluss?

Ist denn Gott doch nur ein Gott aus Pappmaschee?

Liebe Freunde, warum ist heute noch nicht Gottes Stunde? Das frage ich mich auch manchmal und frage mich immer wieder: Warum ist denn heute noch nicht Gottes Stunde?

Es gibt nur eine einzige Antwort, nämlich die: Weil Gott uns noch stundet.

Deshalb ist noch Gottes Stunde.

Dass Jesus noch nicht erschienen ist und diesem lästerlichen Treiben seiner Geschöpfe auf dieser Erde kein Ende bereitet hat, ist keine Saumseligkeit, sondern Barmherzigkeit.

Gott hat Geduld mit Belsazar, mit uns. Er schreibt nicht gleich ab. Er will nicht, dass auch ein einziger verloren geht.

Er hat ein brennendes Interesse daran, dass Menschen umkehren, bevor es zu spät ist.

Einmal, ja, da kommt er. Einmal wird er unser Leben in seiner Hand nehmen. Einmal wird er uns fragen: Was ist so stark im Leben geworden?

Gott ruft noch, ruft dir zu.

Aber liebe Freunde, noch eins: Gott wartet nicht nur dort, wo sinnlose Trunkenheit beginnt und in der Bahn die letzten Schranken weggefegt sind.

Gott wird beleidigt, und sein Name wird missbraucht auch dort, wo es anständig zugeht.

Wissen Sie, Gottes Gefäße können auch dort beschmutzt werden, noch bevor eine Brücke aus dem Tempel stiehlt und noch bevor Belsazar seine Säufer-Tafel stellt.

Doch Gott muss Geduld haben mit denen, die zum Tempel gehen.

Gott muss Geduld haben mit denen, die hier herein zum Abendmahl gehen.

Gott muss Geduld haben mit denen, die sonntagmorgens das Abendmahl austeilen.

Auch Pfarrerhände und Priesterhände sind keine reinen Hände.

Ja, wo überhaupt eine Menschenhand wagt, nach Gottes Gefäßen zu greifen, und wo immer Menschenlippen den Rand solcher Gefäße berühren, da kann es sich um keine anderen als um unreine Hände und um unreine Lippen handeln.

Das heißt auch für den Star: Der Weg ist doch noch frei zum Abendmahl.

Welcher Pfarrer, welcher Bischof dürfte austeilen, und welches Gemeindeglied unter uns dürfte zum Tisch des Herrn treten?

Wenn ich Belsazar mit seinen tausend Kumpels und seinen Frauen plus Nebenfrauen den Ruf zum Tisch vernehmen durfte, dann gibt es gar keinen festen Menschen, es gibt keinen auch heute Abend, der nie an Belsazars Tisch saß.

Die Vergebung geht sogar so weit bis zu jener finsteren Nacht vor dem Judas.

Der Weg zum Tisch ist freigelegt worden, und wohl noch ein Judas, der Ruf zum Leben ergeht.

So tief im Abgrund suchte der Hirte seine Schafe.

Liebe Freunde, in dieser Woche ist ja die Zeit zwischen Ewigkeitssonntag und dem ersten Advent, diese letzte Woche des Kirchenjahres.

Sicher erinnert alles an Tod und dann sterben auch wir zum eigenen Ende.

Memento mori – gedenke, dass du sterben musst – so steht es doch immer wieder vor unseren Augen.

Das ist schon schlimm, vielleicht auch manchmal tröstend, dass nicht alles ewig im Kreise sich drehen wird.

Aber es ist schon schlimm und traurig, dass alles zu seinem Ende kommen muss.

Und trotzdem schlimmer, viel entsetzlicher, nicht auszuhalten ist der Gedanke, dass ich an Belsazars Tisch gesessen bin und diese Last mit mir herumschleppe.

Der Tod löscht diese Schuld nicht.

Diese Last schleppen wir bis zum ewigen Richter.

Ich, elender Mensch, wer wird mich erlösen?

Wie kann man eigentlich anders leben, weiterleben, jetzt nach Hause gehen als eben doch mit diesem Evangelium?

Freunde, Gott wartet.

Gott stundet.

Hier will er noch vergeben, bevor es zu spät ist.

Gott wartet noch auf mich.

Wer weiß wie lange?

Doch er erwartet. Amen.

Unterbrechung und Lied: Weicht, ihr Feinde

Lassen wir hier eine Pause in diesem Kapitel, an der wir in unserer nächsten Stunde weiterlesen werden.

Jetzt wollen wir aber noch einmal zwei Verse singen: "Weicht, ihr Feinde, weicht von mir! Gott erhört mein Beten."

Das ist das Lied, das wir eben aufgeschlagen hatten, Psalm 106, Verse 6 und 7.

Die Bedeutung der Handschrift – Ein Vergleich

Lehrlinge, wie es unter uns, aber auch Studenten oder erwachsene Personen kennen, kennen ja jenen Satz, den wir so lesen: Ein handgeschriebener Lebenslauf ist den Bewerbungsunterlagen beizufügen. Warum eigentlich? Warum, wenn man sich irgendwo bewirbt, wenn man eine Stelle bekommen will, wenn man sich vorstellen muss, warum ausgerechnet ein handschriftlicher Brief? Schreibmaschinenschrift wäre doch eindeutig lesbarer.

Mein Vater schenkte mir zum sechzehnten Geburtstag eine Schreibmaschine, auf der ich heute noch schreibe. Sie können sich also denken, welche Note ich im schönen Schreiben hatte. Wenn es schon heißt: Ein handgeschriebener Lebenslauf, dann geht es mir kalt den Buckel hinunter und hinauf. Warum eigentlich kein gedruckter Lebenslauf? Warum eben dieses Ungelesene? Welche Schrift? Doch einfach deshalb, weil eine Handschrift zeigt, wie ein Mensch wirklich ist, nicht wahr?

Ein Foto kann retuschiert werden, und wenn Sie schon bei einem richtigen Fotografen waren, dann wissen Sie, wie schön Sie sind. Ein Foto kann reduziert werden, ein Gesicht kann geschminkt werden, ein Charakter kann verändert werden, und ein Gesicht und eine Schwäche können immer wieder gut überspielt werden. Die Handschrift offenbart auch ohne so hintergründige Graphologie, die Handschrift offenbart herrisch oder liebevoll, ausgeglichen oder ruhelos, großzügig oder kleinkariert.

Wer sich einen Eindruck von jemandem verschaffen will, muss seine Handschrift lesen. Das sage ich auch besonders jungen Leuten. Sie meinen, mit Auto und Telefon sein Mädchen schon kennenzulernen. Es ist immer gut, wenn man einen handschriftlichen Brief bekommen hat.

Paulus weiß das auch, im Kolosserbrief im sechsten Kapitel. Das heißt am Schluss: Seht, mit wie großen Buchstaben ich euch schreibe, mit eigener Hand. Er hat am Schluss seiner Briefe, der ja bekanntlich diktiert hat, immer noch selber große Buchstaben selber gemalt, auf denen doch die Leute etwas von seinem eigentlichen Wesen und vielleicht auch Glauben ablesen konnten.

Also, wer sich eine Meinung bilden will, muss die Handschrift studieren. Und dieser Grundsatz gilt nicht nur für unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen und denen um uns herum, sondern auch für unser Verhältnis zu Gott.

Wer sich einen Eindruck von Gott verschaffen will – und ich rate jedem dazu –, muss sich keine Meinung über Gott bilden. Er muss seine Handschrift lesen.

Frommel Gefühle, die ja heute wieder ganz besonders gepflegt werden, Frauengefühle in der Brust, die sagen schon überhaupt nichts aus. Gefühle kommen und gehen.

Gottes Handschrift und die Realität des Todes

Fromme Gefühle, die helfen, überhaupt nicht weiter. Theologische Spekulationen im Kopf bringen es auch nicht. Die Theologien kommen und gehen wie die Gefühle.

Es braucht offene Augen für Gottes Schriftzüge, die Freundin. Sie brauchen offene Augen für Gottes Schriftzüge. Aber das ist ja doch die Frage, die man hier stellen muss: Hat Gott überhaupt eine Handschrift?

Dass der Tod eine hat, das wissen wir. Das wissen wir leider, wenn wir morgens die Zeitung aufschlagen. Und wenn Sie das heute Morgen auch getan haben, dann reicht es schon eine Seite – gar nicht mehr. Dann brauchte es anderthalb Seiten. Diese Blockschrift des Todes fällt einem ins Auge.

Der Tod schreibt eine schreckliche Handschrift. Und jedes Mal, wenn ich hinunterkomme ins Krematorium – neun von zehn Bestattungen in unserer Stadt sind ja im Krematorium – dann, wenn man diesen Vorraum, diese Sakristei, wenn man es so nennen kann, betritt, dann liegt dort immer der Tageszettel. Und jedes Mal stehe ich auch betroffen davor: zwanzig vier und zwanzig oder acht und zwanzig Namen an einem Tag. In dreißig Minuten Abstand werden sie dem Feuer übergeben. Nur zwanzig Minuten bleibt uns eine Beerdigungsfabrik.

Eine schreckliche Handschrift des Todes. Dass die Krankheit eine Handschrift schreibt, das wissen viele unter uns hier auch. Schmerzen prägen sich ganz tief in einem Leben ein, und das ist weit. Die Not und die Verzweiflung haben eine eigene Handschrift. Das wissen wir nur zu gut.

Aber schreibt Gott per Hand? Tut er sich in seinen Schriftzügen kund? Hat Gott eine Handschrift?

Zweifel an Gottes Existenz und die Suche nach seiner Handschrift

Wir, Freunde und drei Schüler des Bremer Gerhard-Rohlfs-Gymnasiums, schrieben folgende Anzeige an die Wand: „Glas in einer Zeitung“. Ich habe sie mir herausgeschrieben.

Nach langer Untätigkeit verschied Gott, Herr. Wie wir lesen, verhungern immer noch Menschen. Gleichzeitig sammeln Kirchengemeinden immer noch für einen neuen Anstrich des Friedhofzaunes.

Wie wir meinen, zwingt sich jedem, der redlich denkt, die Folgerung auf: Den Gott, der alles aufs Beste bestellt, gibt es nicht mehr. Er hat seine Arbeit niedergelegt. Seine Stelle ist offen und muss vertreten werden.

In stiller Trauer
Ingbert, Hermann und Wilfried

Jedoch konnte man dort schwarz auf weiß lesen: „Dieser Gott ist tot.“ Und seine Handschrift gibt es nicht. Jeder meint, es ja irgendwo in seinen eigenen vier Wänden auch ablesen zu können.

Die Handschrift Gottes habe ich noch einiges gefunden. Die Handschrift Gottes habe ich noch nicht gelesen, und deshalb habe ich auch die Handschrift Gottes noch gar nie entziffert.

Gottes Handschrift als Zeichen seiner Gegenwart

Ach, lass es anders sein: Der heruntergekommene Sohn eines glänzenden Königs – ihm gingen die Augen auf.

Die Gipswand im Ballsaal wurde zur Wandtafel des Himmels. Keiner konnte es mehr übersehen.

Gott schreibt ihm. Seine Finger versteifen nicht. Kein Griffel fällt ihm aus der Hand.

Gott schreibt ihn – wir können ihn nicht abschreiben.

Gott schreibt. Der Gott, der sieht, der hört, der redet, der spricht, der läuft – dieser Gott schreibt auch.

Der ausgelassene König musste erst lernen. Und wir tun gut daran, diese Schreibstunde, dieses Kapitel, mit wachen Sinnen zu erleben.

Übergang: Der Bruch zwischen Kapitel 4 und 5 – Daniel verschwindet

Das Erste, was hier sofort auffällt, ist, dass Gott plötzlich erwähnt wird. Zwischen Kapitel vier und ungefähr Kapitel fünf gibt es einen tiefen Einschnitt, einen tiefen Graben – einen Neuanfang.

Doch wo ist eigentlich Daniel geblieben? Was ist aus Daniel geworden? Wer meint, das Büchlein Daniel sei nur die Lebensgeschichte dieses Mannes, wird hier eines Besseren belehrt.

Die Frage nach Kapitel vier und dem Anfang von Kapitel fünf lautet: Wo ist denn eigentlich Daniel nun? Er ist abgesägt, abgeschossen, vor die Tür gesetzt worden. Wir wissen, dass er als Minister lange, teuer und gründlich ausgebildet war.

Doch nachts saß ein Neuer auf dem Thron. Und weil ein neuer König herrschte, musste auch der Minister weichen. Dieser neue König war, schlicht und bündig gesagt, eine Niete.

Der Niedergang des babylonischen Reiches unter Belsazar

Man sagt zwar, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, aber das stimmt eben nicht immer. Manchmal haben die größten Männer auch die größten Nieten als Söhne. So war es bei ihnen nie.

Bocad Nizza – was dieser alte Liebe Katha in dreiundvierzigjähriger Aufbauarbeit geleistet hat, zerfällt in ganz kurzer Zeit unter den Händen seiner Nachfolger. Wenn Sie die Buddenbrooks gelesen haben, dieses großartige Werk von Thomas Mann, dann sehen Sie, wie dort in wenigen Generationen eine Familientradition zerfällt und ein Familienreichtum zerschmilzt. Hier braucht es nicht einmal zwei oder drei Generationen, hier genügt schon die erste Generation und ein Sohn, der alles, aber auch alles durchbringt.

Lieber Gott, nicht wahr? Wir erinnern uns: Er hat auch dieses Weltreich geschaffen, das erste Weltreich überhaupt, das auf diesem Globus gegeben war. Nachdem er dieses Weltreich, der Bürgermeister, nach außen befestigt hatte, widmete er sich innenpolitisch dem Ausbau. Ja, er baute diese königliche Residenz Babel.

So wurde sie zur glänzenden Stadt der Welt, ein riesiger Tempel mit acht Stockwerken. Und seiner Frau baute er ein schmuckes Gärtchen mit allen Finessen. Eine gewaltige Terrassenanlage. Der Killesberg war ein erbärmliches Vorgärtchen dagegen.

Dieser Nebukadnezar war Bauherr, er war Feldherr, er war Sünder und er war größenwahnsinnig zugleich. Aber dieser Nebukadnezar hat das Größte vollbracht, was ein Mensch je vollbringen kann: Das Größte ist, dass er am Schluss seines Lebens Gott die Ehre gegeben hat. Erst dann ist einer groß, wenn er klein vor Gott ist. Und dann ist einer wirklich klein.

Die Bedeutung von Größe vor Gott

Menschen, die selbst groß sein wollen, sind oft diejenigen, die immer wieder versuchen, sich selbst zu erhöhen. Sie leiten ständig kleine Schritte ein und sichern sich immer wieder ab. Doch in ihrem Leben hat es nicht zu mehr gereicht. Sie sind nicht zu bekannten Persönlichkeiten geworden. Sie gehören zu denen, die unter „ferner liefen“ stehen – zu den Menschen, die nicht erst nach ihrem Tod vergessen werden, sondern heute schon vergessen sind. Niemand dreht sich um, wenn sie einen Raum betreten, und auch niemand beachtet sie, wenn sie ihn wieder verlassen. Sie sind unbedeutende, unbekannte kleine Nummern.

Liebe Freunde, wenn sie auch darunter leiden, vor diesem großen Gott klein zu sein, und ihm ihr kleines Bekenntnis geben, dann ist das etwas Wertvolles. Wenn sie sagen können: „Wie Nebukadnezar, dein Tun, Herr, ist recht, und deine Wege sind groß“, dann sind sie groß vor Gott und groß im Himmel.

Dann spielt es keine Rolle, was sie hier auf der Erde sind oder was sie hier werden. Wer groß vor Gott ist, wird Großes erleben – auch wenn er ganz klein ist. Dieser Nebel der Bedeutungslosigkeit kann nichts gegen sie ausrichten.

Erfuhr jemand am Ende seines Lebens diese späte Buße, diese späte Umkehr, so ist das nie zu spät. Es ist immer möglich, umzukehren und heimzukehren. Auch eine späte Buße ist möglich.

Der neue König Belsazar und seine Verfehlungen

Nicht aber ein Mann in jeder Hinsicht von Format. Aber wie gesagt, sein Sohn war eine ausgesprochene Mide.

Meine Frage lautet: Woran erkennt man denn eine Regierungsmacht, die ihre besten Leute in die Wüste schickt, wenn sie nicht nach ihrer Pfeife tanzen? Wenn sie die falsche Weltanschauung haben? Welche Seite hat auf deinem je gepfiffen, weil sie ideologisch nicht ins Konzept gepasst hat? Danke, sie gehörten einfach zur falschen Partei. Er hatte das verkehrte Parteiabzeichen.

Er glaubte an Gott, den einzigen Gott, den wahren Gott der Bibel. Unbill Saza und seine Leute glaubten an die vielen Götter. Und zwar nach Vers vier an die goldenen, silbernen, ehrnen, eisernen, hölzernen und steinernen Götter. Eine regelrechte Göttersammlung für jeden Fall den richtigen Gott. So wie es Menschen gibt, die eine ganz großartige Schallplattensammlung haben – für jeden Tag und jede Stimmung die richtige Musik: am Sonntag Klassik, am Mittwoch Country, am Freitag Pop und am Samstag Rock. Immer die richtige Platte zu dem Augenblick, so wie man sich fühlt.

Aber nicht nur die richtige Platte, sondern auch den richtigen Gott für die Situation, in der er gerade passt. Großartig ist das und sehr bequem. Man kann dann den Gott sehen, und gleichzeitig kann er einen nicht sehen. Es sind ja Holz-Götter. Sie haben Holzköpfe und keine Augen. Man sieht sie, aber diese Götter sehen einen nicht.

Demgegenüber ist in der Tat der Gott der Bibel sehr unbequem und unangenehm. Er sieht jeden, aber wir können ihn nicht sehen. Schon Abram hat von ihm gesagt: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Und im fünften Mose heißt es dann: „Deine Augen haben alles gesehen.“ Verstehen Sie diese unbequeme Aussage? Am Schluss eines einzigen Tages hat Gott alles gesehen, was an diesem Tage war. Er hat alles gesehen, was an diesem Tag Sie bewegte. Er kennt jeden einzelnen Gedanken und jeden Winkel Ihres Herzens. Ein unangenehmer Gott in der Tat.

Daniel wird entlassen – Der neue König Belsazar übernimmt

Ein Bürger, der mit einer solchen unsichtbaren Größe rechnet, ist politisch gesehen natürlich ein Unsicherheitsfaktor. Aus Sicherheitsgründen muss er schnell aus dem Staatsdienst entlassen werden.

So fliegt Daniel vor die Tür. Micha pfeift auf seine Ausbildung, seine Fähigkeiten und seine Verdienste. Weil er nicht an die goldenen, silbernen und andere Götter glaubt, muss er daran glauben.

Daniel packt den Koffer und verschwindet. Er muss froh sein, dass er mit dem Leben und mit heiler Haut überhaupt herauskommt.

Das Festmahl des Belsazar – Exzess und Gotteslästerung

Und als Besatzer hat Daniel das Sagen. Dann kommen Freunde, und erst dann geht es richtig los. Er baut und baut, genau wie sein Vater es auch getan hat. Er will ihm wohl nachmachen und sich ebenfalls groß machen. Doch das Einzige, was er in seinem ganzen Leben zustande bringt, ist eine riesige Kneipe.

Das ist es: eine riesige Kneipe. Die einzige Tat, die von ihm in der Geschichte überliefert wurde, ist dieser mächtige Bierkeller. Bei Ausgrabungen wurde er entdeckt: siebzehn Meter breit und zweiundfünfzig Meter lang. Ein heller Raum, verputzt an den meisten Wänden.

Was dort an Alkohol verzehrt worden ist, kann man sich nur schwer vorstellen. Platz für tausend Männer. So hart es klingt, aber die Bibel benutzt hier nicht das Wort „trinken“, sondern den Ausdruck „saufen“. Dieser Saufpalast, der hier entstanden ist, ist das Einzige, was er der Nachwelt hinterlassen hat.

Die Geschichte hätte ihn längst vergessen, wenn er nicht in der Bibel erwähnt worden wäre und Heinrich Heine nicht ein Gedicht über ihn geschrieben hätte. Eine der großen Balladen der deutschen Literatur, die früher jedes Schulkind auswendig lernen musste. Heute lernt man das Auswendiglernen nicht mehr so, aber vielleicht kennen Sie den Satz von Heine, sagen wir, jetzt angefangen.

Der Verlauf des Festmahls und die Enthemmung durch Alkohol

Die Mitternacht zog näher. Schon in stummer Ruh lag Babylon, nur oben im Königsschloss flackerte und lärmte der königliche Tross. Dort oben im Königssaal wollte König Belsazar sein Königsmahl halten.

Zunächst fing alles ganz harmlos an, so wie bei jeder Feier. Gott hat nichts gegen ein herrliches Mahl für seine Leute. Auch das muss heute einmal wieder und an dieser Stelle unterstrichen werden.

Hier beschreibt es das Reich Gottes nicht als Beerdigungsgesellschaft, bei der ein paar Menschen in schwarzen Anzügen und mit Tränen in den Augen zusammenkommen, um einen Toten zu beweinen. Manche meinen, wenn sie zum Gottesdienst oder zur Bibelstunde kommen, hätte das etwas mit einer Beerdigung zu tun.

Jesus vergleicht den Glauben immer mit einer Hochzeitsgesellschaft. Doch er spricht immer wieder vom Hochzeitsmahl. Gott hat nichts gegen ein herrliches Mahl, auch wenn dabei einmal zu viele Kalorien auf den Tisch kommen. Mit nur ein paar Körnchen und ein bisschen Joghurt ist das so nicht zu machen.

Gott hat nichts gegen ein herrliches Mahl. Aber Freunde, wissen wir: Nur essen macht keinen Spaß. Zum Essen gehört auch der Wein. Sagen wir es noch einmal: Gott hat im Grunde nichts gegen Wein.

 Johannes 2, die Hochzeit von Kana, steht nun einmal in der Bibel. Auch wenn manche sagen, es sei nicht sein bestes Stück gewesen – nein, es steht dort. Er hat nichts gegen Wein. Und wieso sagt Jesus sogar, dass er im Reich Gottes mit seinen Leuten Wein trinken werde?

Gott ist nicht grundsätzlich gegen Alkohol, aber er ist gegen übermäßiges Trinken. Und das war natürlich die Hauptsache bei Belsazar.

Die Folgen des Alkohols und die Verhöhnung Gottes

Erstmal ist das Gefährliche am Alkohol seine enthemmende Wirkung. Verkehrsunfälle, Verbrechen, Ehebrüche und Ehescheidungen – all das spielt heute eine Rolle im Zusammenhang mit Alkohol.

Die Besatzersuperfete ist ein Beispiel für die verheerende Wirkung des Alkohols. Schritt für Schritt fallen alle Hemmungen: Nur essen, nur trinken – das macht keinen Spaß. Frauen müssen her, Frauen essen und Mätressen, Frauen und Nebenfrauen. Sie müssen antanzen und vortanzen. Wein, Weib und Gesang – so nimmt die Fete ihren babylonischen Gang.

Die Orgie geht los, und wir können uns ausmalen, wie das weitergeht. Aber das macht alles auch nicht genug Spaß: Nur essen, nur trinken und nur Frauen – diese Leute langweilen sich schon wieder. Da muss doch noch etwas los sein, da muss doch noch etwas aufgefahren werden.

Richtig, als Bild: Saza, richtig betrunken, fällt ihm ein besonderer Plan ein – ein spezielles Vergnügen mit besonderem Nervenkitzel. Das muss der Höhepunkt werden. Jetzt bietet er eine Nummer, die seine Gäste trotz Gliederschwere von den Stühlen reißen muss.

Bezahlt ist nämlich, die wertvollen Weihegefäße aufzutragen, die sein Vater damals als Kriegsbeute aus Jerusalem, aus dem Tempel, mitgebracht hat. Und diese Kirchengefäße machen nun bei diesen tausend Gewaltigen, bei Frauen und Nebenfrauen, die Runde.

Es geht um nicht weniger als um die Verhöhnung Gottes – so wie es Heinrich Heine meisterhaft zum Ausdruck gebracht hat.

Gotteslästerung und die Konsequenzen

Und der König ergriff mit frevlerischer Hand einen heiligen Becher, gefüllt bis zum Rand. Er leerte ihn hastig bis auf den Grund und rief laut mit schäumendem Mund: Jehova, dir könnte ich auf ewig Hohn sprechen! Ich bin der König von Babylon – das ist der Punkt. Ich bin der König, ich bin der King. Ich mache, was ich will, und ich bestimme, was erlaubt ist.

Ich pfeife auf Gott und seine Gebote. Seine heiligen Gefäße sind mir gerade gut genug, um meinen Spaß damit zu haben: Essen, Trinken, Frauen, Gotteslästerung. Das ist eine teuflische Kettenreaktion. Was für ein Gefälle!

Heute wird kaum einer mehr unsere heiligen Gefäße herausnehmen – wenigstens nicht in unserer Zeit. Unsere Vasa Sacra, die gut in einem eisernen Schrank abgeschlossen sind. Keiner wird sich doch herausnehmen und dort seinen Spaß damit treiben.

Aber liebe Freunde, es gibt noch etwas anderes, ein anderes Gefäß, das Gott heilig ist und von vielen missbraucht und zum Spaß gebraucht wird. Dieses Gefäß ist der menschliche Körper, unser Leib, den Gott geschaffen hat und uns gegeben hat.

Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des heiligen Gottes ist? Ein Tempel, kein Tümpel, meine Freunde! Ein Tempel, kein Tümpel. Wer mit seinem Körper macht, was ihm Spaß macht, verhöhnt Gott.

Es ist kein Zufall, dass auch später die Verhöhnung Gottes mit dem Loblied der goldenen, silbernen, eisernen und hölzernen Götter endet. Ich behaupte nicht, dass man sich Götter aus Holz macht, aber wer auf seine Gebote pfeift, der ist genau auf demselben Holzweg.

Natürlich darf man auch ohne Gott leben, die Gebote übertreten, lügen, ehebrechen, Kinder abtreiben. Aber man darf nicht vergessen, dass die Bibel sagt: Gott lässt sich nicht spotten.

Gottes Geduld und das Warten auf Umkehr

Als ich an dieser Stelle in meinen Überlegungen war, habe ich mich gefragt: Warum hat Gott eigentlich nicht eingegriffen? Warum hat er diesem lästerlichen Treiber nicht ein Ende gesetzt? Warum hat er nicht mit einem gewaltigen Schlag diese sündhafte Gesellschaft zu Boden gestreckt?

Aber Freunde, Gott wartet. Gott kann warten. Keinem damals bleibt der Trunk der Druck im Hals stecken. Keiner wird auf der Stelle vom Schlag gerührt. So groß ist Gottes Langmut und so groß ist Gottes Geduld.

Die Becher machen die Runde, lachende Gäste schließen eine aufs Maul des Königs. Lang lebe das Herrscherhaus, ein Präsident, goldene, silberne und eiserne Gitter. Und der langmütige Gott zog nicht einen Schlussstrich.

Noch war es nicht so weit. Noch hatte die Pizza-Stunde nicht geschlagen. Noch war Gnade über der Backsteinburg Babylon.

SH

Die Frage nach Gottes Eingreifen heute

Und vielleicht fragen sie sich manchmal: Warum ist heute noch nicht Gottesstunde? Da kann man am Treiben seiner eigenen Kinder zweifeln und fragen: Warum greift Gott nicht ein?

Dann sehen wir hinein in unsere Stadt und unser Volk. Und da kann man sich fragen: Wenn es einen Gott gibt, der es ernst meint, wenn es diesen Gott wirklich gibt, warum macht er dann nicht endlich Schluss? Ist Gott denn nur ein Gott aus Pappmaché?

Liebe Freunde, warum ist heute noch nicht Gottesstunde? Das frage ich mich auch manchmal und immer wieder. Warum ist heute noch nicht Gottesstunde?

Es gibt nur eine einzige Antwort, nämlich diese: Weil Gott uns noch stundet. Deshalb ist noch Gottesstunde. Dass Jesus noch nicht erschienen ist und diesem lästerlichen Treiben seiner Geschöpfe auf dieser Erde kein Ende bereitet hat, ist keine Saumseligkeit, sondern Barmherzigkeit.

Gott hat Geduld mit uns. Er schreibt uns nicht gleich ab. Er will nicht, dass auch nur ein einziger verloren geht. Er hat ein brennendes Interesse daran, dass Menschen umkehren, bevor es zu spät ist.

Gottes Geduld und die Einladung zur Umkehr

Einmal wird er unser Leben in seine Hand nehmen. Einmal wird er uns fragen: Was ist so stark im Leben geworden? Gott ruft noch. Noch ruft er.

Liebe Freunde, noch eins: Gott wartet nicht nur dort, wo sinnlose Trunkenheit herrscht und wo in der Bahn die letzten Schranken weggefegt sind. Gott wird beleidigt, und sein Name wird missbraucht – auch dort, wo es eigentlich anständig zugehen sollte. Gottes Gefäße können auch dort beschmutzt werden.

Noch bevor eine Brückenphase aus dem Tempel stiehlt und noch bevor ein Bildsatz auf seine Säufer-Tafel gestellt wurde, muss Gott Geduld haben mit denen, die zum Tempel gehen. Gott muss Geduld haben mit denen, die hierher zum Abendmahl kommen. Gott muss Geduld haben mit denen, die Sonntagmorgens das Abendmahl austeilen.

Auch farbige Hände und Priesterhände sind keine reinen Hände. Ja, wo überhaupt Menschenhände wagen, nach Gottes Gefäßen zu greifen, und wo immer Menschenlippen den Rand solcher Gefäße berühren, da kann es sich um keine anderen als unreine Hände und unreine Lippen handeln.

Das heißt auch für den Star ist der Weg zum Abendmahl noch frei. Welcher Pfarrer, welcher Bischof dürfte austeilen? Und welches Gemeindeglied unter uns dürfte zum Tisch des Herrn treten, wenn ich Bildsatz mit seinen tausend Kumpels und seinen Frauen plus Nebenfrauen den Ruf zum Tisch vernehmen durfte?

Es gibt gar keinen festen Menschen, es gibt keinen, auch heute Abend, der nie ein Bildsatz-Tisch war. Die Vergebung geht sogar so weit bis zu jener finsteren Nacht vor dem Judas. Der Weg zum Tisch wurde freigelegt, und wohl noch ein Judas, der Ruf zum Leben ergeht. So tief im Abgrund suchte der Hirte seine Schafe.

Abschluss: Erinnerung an Vergänglichkeit und Hoffnung auf Erlösung

Liebe Freunde,

diese Woche ist die Zeit zwischen Ewigkeitssonntag und dem ersten Advent. Die letzte Woche des Kirchenjahres erinnert uns sicher an vieles. Wie schon gesagt, erinnert sie uns immer wieder an den Tod und unser eigenes Ende. Memento mori – gedenke, dass du sterben musst. So steht es immer wieder vor unseren Augen.

Das ist schon schlimm, vielleicht manchmal auch tröstend, weil nicht alles ewig im Kreis sich drehen wird. Aber es ist traurig, dass alles zu seinem Ende kommen muss. Noch schlimmer, viel entsetzlicher und kaum auszuhalten ist der Gedanke, dass ich mit dieser Last am Tisch sitze und sie mit mir herumschleppe.

Der Tod löscht diese Schuld nicht. Diese Last trage ich bis zum ewigen Richter. Ich, elender Mensch, wer wird mich erlösen? Wie kann man eigentlich anders leben, weiterleben, jetzt nach Hause gehen, als eben mit diesem Evangelium?

Freunde, Gott wartet. Gott stundet. Er will noch vergeben, bevor es zu spät ist. Gott wartet noch auf mich – wer weiß, wie lange. Doch er erwartet. Amen.