Einführung in die Folge und Kontext der Evangelienberichte
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 111: Die Gefangennahme des Johannes
Heute verlassen wir die Samariter und folgen dem Herrn Jesus nach Galiläa. Zunächst schauen wir uns jedoch kurz an, wie Matthäus, Markus und Lukas ihr Material präsentieren.
Dabei stellen wir fest, dass im Anschluss an die Versuchung in der Wüste bei Matthäus heißt: Matthäus 4,12: "Als er aber gehört hatte, dass Johannes überliefert worden war, ging er weg nach Galiläa."
Markus schreibt in Markus 1,14-15: "Und nachdem Johannes überliefert war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes und sprach: ‚Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahegekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium.‘"
Auch Lukas schildert dasselbe Bild in Lukas 4,14: "Und Jesus kehrte in der Kraft des Geistes nach Galiläa zurück, und die Kunde von ihm ging hinaus durch die ganze Umgegend."
So überspringen die drei Synoptiker das Wirken Jesu in Judäa und kommen direkt von der Versuchung in der Wüste zu seinem Dienst in Galiläa.
Es ist wichtig, dass wir das verstehen: Die Schreiber der Evangelien sind keine Historiker, sondern Evangelisten. Sie benutzen Geschichte – reale, tatsächlich geschehene Ereignisse – aber sie verwenden sie, um Theologie zu transportieren.
Sie verändern nicht die Inhalte, doch sie präsentieren ihre Inhalte so, dass sie uns nicht nur mit dem Leben Jesu konfrontieren, sondern noch viel mehr mit dem Anspruch Jesu an unser Leben.
Die Absicht der Evangelien und die Bedeutung der Soteriologie
Die Evangelien ähneln zwar historischen Biografien, sind jedoch nicht dazu geschrieben, einfach nur über das Leben eines außergewöhnlichen Menschen zu informieren. Sie wollen natürlich informieren, aber noch viel mehr. Ihr Ziel ist es, Menschen dazu zu bringen, an den Jesus von Nazareth zu glauben.
Die Schreibabsicht der Evangelien ist in erster Linie soteriologisch. Für alle, die mit dem Begriff Soteriologie nicht vertraut sind: Soteriologie ist die Lehre von der „Errettung“. Sie beantwortet die Frage, wie ein Mensch ewiges Leben findet – nämlich durch einen Soter. Das ist ein griechisches Wort und bedeutet übersetzt „Retter“. Soteriologie handelt also von dem Retter. Genau das wollen die Evangelien tun: vom Retter sprechen.
Zurück zur Bibel. Die drei Synoptiker – Matthäus, Markus und Lukas – überspringen die Ereignisse, die Johannes aus Jerusalem überliefert hat. Dazu gehören die erste Reinigung des Tempels und das Gespräch mit Nikodemus, aber auch die Taufen, die Jesu Jünger in Judäa durchgeführt hatten.
In ihrem Bericht setzen sie direkt dort an, wo Jesus nach Galiläa zieht. Das ist ein Punkt, den sie deutlich hervorheben.
Der Grund für Jesu Umzug nach Galiläa
Das ist der Grund, der Jesus dazu veranlasst, den Süden, also Judäa, zu verlassen.
Matthäus 4,12: Als Jesus hörte, dass Johannes überliefert worden war, ging er weg nach Galiläa.
Markus 1,14: Nachdem Johannes überliefert war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes.
Johannes war überliefert worden, was nichts anderes bedeutet, als dass er gefangen genommen wurde und sich im Gefängnis befand. Die Frage ist: Warum?
Lukas schreibt dazu in 3,19-20: Herodes aber, der Vierfürst, der von Johannes zurechtgewiesen wurde wegen der Herodias, der Frau seines Bruders, und wegen allem Bösen, das Herodes getan hatte, fügte allem auch dies hinzu: Er schloss Johannes ins Gefängnis.
Herodes, der Vierfürst – vielleicht erinnert ihr euch noch an diesen Begriff. Wir hatten ihn schon einmal in der Episode zu Lukas 3,1 behandelt. Ein Vierfürst ist eine Bezeichnung für einen weniger bedeutenden König.
Herodes Antipas und die Gefangennahme Johannes des Täufers
Und Herodes – Achtung, nicht Herodes der Große aus der Weihnachtsgeschichte, sondern einer seiner Söhne, Herodes Antipas – ließ Johannes ins Gefängnis werfen.
Wenn man sich fragt, was Herodes getan hatte, dass Johannes ihn zurechtweisen musste, fasst Markus das so zusammen: In Markus 6,17-20 heißt es, dass Herodes Johannes hatte greifen und ins Gefängnis binden lassen, um der Herodias willen, der Frau seines Bruders Philippus, weil er sie geheiratet hatte.
Denn Johannes hatte zu Herodes gesagt, es sei ihm nicht erlaubt, die Frau seines Bruders zu haben. Die Herodias aber trug es ihm nach und wollte ihn töten, doch sie konnte es nicht. Denn Herodes fürchtete Johannes, da er wusste, dass dieser ein gerechter und heiliger Mann war. Er schützte ihn und wenn er ihn hörte, geriet er in große Verlegenheit. Außerdem hörte er ihn gern.
So sieht die Geschichte aus. Wir haben Herodes Antipas und Herodias, seine Frau. Das Problem ist: Bevor Herodias seine Frau wurde, war sie die Frau seines Halbbruders Herodes Boethos. Falls ihr bei den vielen Herodesen durcheinanderkommt – mir geht es übrigens genauso.
Zurück zu Herodes Antipas: Er war nämlich auch verheiratet, und zwar mit Prinzessin Phasaelis, deren Vater der König der Nabateer war. Die Nabateer lebten etwa dort, wo heute Jordanien liegt.
Ehebruch und biblische Rechtslage im Fall Herodes und Herodias
Herodias ist verheiratet, und auch Herodes Antipas hat eine Ehefrau. Dennoch verlieben sie sich ineinander und beschließen, jeweils ihren Ehepartner für den anderen zu verlassen. Genau das nennt die Bibel „Ehebruch“. Wir werden das noch sehen, wenn Jesus in der Bergpredigt darüber spricht und offenbar genau auf diesen Fall Bezug nimmt.
Die Sünde, die Johannes anspricht, ist jedoch noch offensichtlicher. Johannes sagt: „Es ist dir nicht erlaubt, die Frau deines Bruders zu haben.“ Damit spielt er auf 3. Mose 18,16 und 20,21 an. Grundsätzlich durfte man nämlich die Frau seines Bruders nicht heiraten.
Es gab jedoch eine Ausnahme, die sogenannte Leviratsehe. Stirbt ein Mann ohne Nachkommen, soll seine Witwe einen seiner Brüder heiraten. Diese Regel steckt hinter dem Begriff Leviratsehe. Die Heirat mit der Exfrau des Bruders ist also die Ausnahme von der Regel, die besagt: „Die Blöße der Frau deines Bruders sollst du nicht aufdecken, sie ist die Blöße deines Bruders“ (3. Mose 18,16).
In 3. Mose 20,21 heißt es weiter: „Wenn ein Mann die Frau seines Bruders nimmt, ist das eine Befleckung. Er hat die Blöße seines Bruders aufgedeckt; sie sollen kinderlos bleiben.“ Es ist also grundsätzlich verboten, die Frau seines Bruders zu heiraten.
Genau das aber hatten Herodes Antipas und Herodias getan – und zwar auf hinterhältige und ehebrecherische Weise. Johannes sprach diese und weitere schwere Vergehen an, was ihm am Königshof keine Sympathien einbrachte, sondern einen Haftbefehl.
Die Inhaftierung und das Schicksal Johannes des Täufers
Er wird ergriffen und in Machairus, einer Burg am Ostufer des Toten Meeres, eingekerkert. So steht es bei Josephus Flavius in den jüdischen Altertümern geschrieben. Herodes ließ Johannes in Ketten legen, nach Machairus bringen und dort hinrichten.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest das Wort Soteriologie einmal aufschreiben, damit es dir vertraut wird. Versuche heute, den Begriff in einem Gespräch jemandem zu erklären.
Das war es für heute. Übrigens kannst du auf frogwords.de unter der Rubrik Predigten auf ganz unterschiedliche Weise nach Predigten suchen. Probiere das doch einmal aus.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.