Die Herausforderung des Bibellesens und das Leiden in der Welt
Es ist gut, wenn jemand beim Bibellesen sagt: „Das verstehe ich nicht.“ Denn beim Bibellesen wird unser Denken immer wieder herausgefordert. Alles, was in der Bibel steht, entspricht nicht dem üblichen Weltverständnis. Besonders beim Thema Leiden zeigt sich das deutlich. Die Welt kann Leiden nur als Unsinn ansehen.
Für einen Weltmenschen, der ungläubig ist, stellt sich die Frage: Wozu das alles? Was soll das? Leiden erscheint sinnlos und ist ein großes Ärgernis. Es ist immer wieder erschütternd, wenn man das erlebt oder beobachtet.
Mich hat das sehr beeindruckt. Mein ganzes Leben lang war ich begleitet von dem Playboy Gunter Sachs. Als er die Schwäche des Alters spürte, nahm er sich das Leben mit einer Pistole. In seinem Leben konnte der gottlose Mensch mit dem Leiden nichts anfangen. Er sagte, er wolle der Allgemeinheit nicht zur Last fallen. Solche Aussagen lassen sich mit blöden Sprüchen abtun, doch sie sind dummes Zeug.
Die Frau Kübler-Ross, die Sterbeforscherin, hat immer gesagt, Sterben sei wunderbar. Sie verglich es mit dem Schmetterling und dem Kokon. Sie hielt überall Vorträge und war eine Bestsellerautorin. Doch der Spiegel berichtete, wie sie in Arizona gestorben ist: halbseitig gelähmt, hat sie Gott um die Welt verflucht und konnte mit ihrer Leidenszeit nichts anfangen.
Deshalb verstehe ich, dass auch wir Christen sehr angefochten sind. Gott hat für uns auch im Alter manches bereitgestellt, das uns herausfordert.
Das Leiden als Teil des Lebens und der Gemeinde
Der Grieche Sophokles, ein bedeutender Denker, hat gesagt, dass das Beste im Leben sei, früh zu sterben, denn sonst komme das Leiden.
Als Senioren stehen wir ja genau mittendrin. Wenn wir selbst nicht leiden, dann haben wir viele liebe Menschen um uns herum, mit denen wir mitleiden.
Ich habe Ihnen bereits erzählt, dass Dr. Adschid Fernando, Leiter von Jugend für Christus in Sri Lanka, ein großartiger Mann und weltweiter Evangelist sowie Bibelausleger, sagt, dass das Leiden der weiße Fleck bei den westlichen Kirchen ist. Sie wissen kaum noch etwas vom Leiden.
Das ist eigentlich tragisch, denn es gibt viele gute Bücher über das Leiden. Erich Schick hat ein sehr gutes Buch darüber geschrieben, und wir können noch viele weitere nennen.
Wir haben viel erlebt im Dritten Reich, zum Beispiel Paul Schneider und viele andere, die gelitten haben. Ich war lange Zeit in der Verantwortung bei Licht im Osten. Es war mir wichtig, ein Buch über Christen unter Hammer und Sichel zu schreiben.
Ich habe in jedem Kapitel darunter geschrieben, dass es eine Geschichte des Reiches Gottes ist. Leiden gehört dazu, weil Gott es seiner Gemeinde zugemessen hat. Nicht jeden gleich und nicht alle leiden, aber es ist wichtig, dass wir es im Neuen Testament erkennen.
Jesus hat es gesagt und zieht uns in die Nachfolge seines Leidens hinein.
Paulus und das Leiden für die Gemeinde
Und deshalb lesen wir diesen Abschnitt aus dem Kolosserbrief.
Wir waren einmal auf einer Gemeindereise in der Türkei und haben nach Kolosse gesucht. Die Stadt ist noch nicht ausgegraben. Dort steht nur noch der Hügel, der sogenannte Tell. Unser Guide konnte ihn kaum finden, weil kaum jemand nach Kolosse sucht. Mich hat das sehr bewegt: Die Gemeinde, um die Paulus so gerungen hat, die gegründet wurde und in Christus gegründet ist, liegt dort wie vom Sand der Zeit bedeckt. Ach, wenn das bei uns auch so wäre!
Die Welt ist darüber hinweggegangen und hat die erste Liebe verloren, den Glaubenseifer. Man kommt ja oft nach Kolosse, es liegt nahe beim Lykostal, wo auch andere Gemeinden sind.
Paulus schreibt: „Nun freue ich mich in den Leiden, die ich für euch leide.“ Tatsächlich leidet Paulus für die Gemeinde in Kolosse. Er sagt, er erstatte an seinem Körper, was an den Leiden von Christus noch fehlt – und zwar für seinen Leib, das ist die Gemeinde. Die Gemeinde braucht Leiden, sonst verflacht sie.
Das Erschütternde erleben wir heute: Unsere Gemeinden sind machtlos, weil sie nur noch in der Welt anerkannt werden und von der Presse gelobt. Wir brauchen Stars, Star-Prediger, Geld und Hochglanz-Prospekte. Aber wir brauchen keinen leidenden Christus mehr.
Paulus sagt: „Ich bin der Gemeinde-Diener geworden durch das Amt, das Gott mir gegeben hat, damit ich euch sein Wort reichlich predigen soll.“ Das ist Paulus’ Dienst. Er ist der Diener der Gemeinde, der Diakon, der Aufwärter, der Steward, der den Gästen die Getränke an den Platz bringt. Er ist derjenige, der die Menschen mit dem Wort Gottes bedient.
Paulus verwendet ein schönes Wort: Stewardship, der Steward-Dienst. Er predigt reichlich, nämlich das Mysterium, das Geheimnis, das verborgen war seit ewigen Zeiten und Geschlechtern. Nun aber ist es offenbart seinen Heiligen – das sind wir, die Gläubigen. Gott wollte uns kundtun, was der herrliche Reichtum dieses Geheimnisses unter den Heiden ist: nämlich Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit.
Das verkündigen wir und ermahnen alle Menschen und lehren sie in aller Weisheit, damit wir jeden Menschen in Christus vollkommen machen. Dafür mühe ich mich ab und ringe in der Kraft dessen, der in mir kräftig wirkt.
Leiden als notwendiger Bestandteil des Glaubenslebens
Ganz klar: Leiden hat Paulus auch keinen Spaß gemacht. Leiden macht keinen Spaß. Doch wir leben in einer Spaßgesellschaft, in der immer gefragt wird: Wie macht das Spaß? Wie fühle ich mich dabei? Paulus sagt jedoch, Leiden ist notwendig, weil es uns gründlich macht und uns nicht verflachen lässt.
Jetzt müssen wir noch einmal nachdenken. Paulus ist durch die römische Welt gereist. In der römischen Welt galt nur der große Glanz des Sieges. Wenn die Legionen ihre Triumphzüge feierten und in Rom einmarschierten, war das ein großer Glanz in der gesamten antiken Welt. Denken Sie an die herrlichen Baudenkmäler.
Doch der Apostel Paulus war krank. Da machte er doch keinen Eindruck. Man brauchte einen Strahlemann, jemanden, von dem die anderen sagen: „Bah, da kommt einer!“ Zum Beispiel in Stuttgart am Charlottenplatz vor dem Baugericht, wo heute immer so ein großes Werbeplakat hängt. Darauf ist der neueste Mercedes abgebildet, und darüber steht „Wow“ – ein modernes Wort aus dem Englischen. So: „Wow, wenn die Christen kommen, dann wird die Welt vor uns in die Knie sinken und sagen: Ihr Christen seid tolle Leute!“
Paulus aber war angeschlagen, schwach, und die Gründer nahmen ihn gar nicht ernst. Sie hatten sogar falsche Propheten, Lehrer und Irrlehrer, die sagten: „Die haben was. Paulus ist mickrig, seine Erscheinung ist dürftig. Die Briefe sind zwar interessant, aber sonst macht er keinen Eindruck. Er verbreitet das Evangelium in ganz schlechten Gefäßen.“
Ich sage immer: Das ist wie, wenn man eine Pralinenschachtel in schmutziges Zeitungspapier verpackt. Das herrliche Evangelium, den kostbaren Schatz – das schreibt Paulus im 2. Korintherbrief – haben wir in irdenen Gefäßen. Die herrlichste Sache, die größte Botschaft der Welt, Gottes Liebe für die Verlorenen, Rettung für die Welt, verpackt in Gefäße, die ein klägliches Bild abgeben.
Geschichte des Reiches Gottes und das Leiden der Christen
Wenn man sich die gesamte Reichsgeschichte anschaut, gab es auch Zeiten, in denen die Kirche triumphal war und den Vatikan errichtete. Gregor VII. ging sogar so weit, dass er die Kaiser einsetzen konnte und sich als höher als die Kaiser betrachtete. Das war die größte Irrlehre und der größte Verfall der Gemeinde Gottes, weil die Kirche Macht und Einfluss in der Welt suchte.
Wenn man dann auf die Christenheit blickt, wie war das, als die Waldenser verfolgt wurden und ihre Heimat verloren? Oder die Hugenotten? In solchen Zeiten leuchtet etwas vom Glanz des Evangeliums auf. Man müsste all die Geschichten erzählen, etwa von den Hussitenkriegen und wie Comenius, der große Pädagoge, fliehen musste. Die gesamte Geschichte des Reiches Gottes ist doch so gewaltig!
Ich kann es immer ganz schlicht sagen: Mir war es eine große Ehre, an der Ludwig-Hofacker-Kirche in Stuttgart wirken zu dürfen. Ludwig Hofacker selbst hat dort nie gepredigt. Die Kirche wurde erst später in Erinnerung an ihn gebaut, in der Nachbarkirche, der Leonhard-Kirche. Dort wirkte die Gemeinde nur kurze Zeit. Dann hat der Oberkirchenrat in Stuttgart die Kirche wieder aufgelöst. Danach wurde ich nach Rielingshausen versetzt, wo ich nur kurz tätig war. Ein gebrochener Mann!
Doch keiner hat Württemberg so sehr mit dem Evangelium bewegt wie Ludwig Hofacker. Heute habe ich meinen Urenglichen besucht. Dort in der Nähe ist ein Mann, ein treuer EC-Leiter. Er wünschte sich eine Biografie von Ludwig Hofacker, die er gelesen hatte und die ihn sehr erfüllte. Er sagte, er wolle mir ein Predigtband schenken, was ich heute überbracht habe.
Ich frage mich, wenn junge Leute Ludwig Hofacker lesen – gibt es etwas Besseres? Sie sind so erfüllt. Ich hatte eine Ausgabe mit besserem Druck, nicht in Fraktur, und das ist wirklich toll. Der EC-Leiter erzählte mir, dass er im Erziehungswesen tätig ist und mit einer Kollegin sprach, die so gepackt war, dass er ihr die Biografie von Ludwig Hofacker ausgeliehen hat. Das ist doch nicht nur eine einzelne Geschichte.
Missionare und das Leiden als Grundlage des Reiches Gottes
Gucken Sie mal, wie war das? Der erste Missionspionier in Afrika war Ludwig Krapff, ein Bauernsohn aus Derendingen. Als er dort am Hafen von Kenia war, starb seine Frau.
Schon wieder durch Äthiopien gezogen, saß sie an die Karawane angeschlossen. Die Frau hat in der Nacht entbunden, und morgens ist die Karawane weitergezogen. Es blieb nicht einmal Zeit, das Kind richtig zu beerdigen. Es war bei der Geburt gestorben, und man legte nur ein paar Steine darüber, damit die Hyänen es nicht fressen.
Warum weinen die Afrikaner, wenn man sie besucht und sie über das Wunder der Erweckung sprechen? Warum ist Gemeinde entstanden? Dann führen sie einen immerhin und zeigen: Dort sind die Gräber – die der Ehefrau, des Missionars und der Kinder, ganz vieler Kinder. Was das war!
Ludwig Krapff war so schwach an Malaria erkrankt, als seine Frau starb, dass er nicht zur Beerdigung mitgehen konnte. Er schrieb nur heim und teilte mit, dass er der Erste war, der dort überhaupt Mission betrieben hat. Er schrieb an das Komitee, dass an der ostafrikanischen Küste ein Missionsgrab liegt, das die Christen an die Aufgabe erinnert, die in Afrika noch gewonnen werden muss.
Die Siege Jesu werden über den Gräbern ihrer Streiter errungen. So ist das Reich Gottes gebaut worden. Und die Geschichte des Reiches Gottes ist keine Glanzgeschichte. Heute machen wir eine große Geschichte daraus, aber bekehrt sich auch niemand mehr.
In den Missionszeitschriften unserer Kirchen steht heute oft: Wir wollen keine Muslime bekehren. Ich habe sie schon längst aufgegeben. Das ist tragisch, wenn man die Not einfach so sieht.
In Bobengrün gibt es an Pfingsten ein tolles Jugendtreffen, das bei Coburg stattfindet, und viele Tausend junge Leute kommen zusammen – eine große Sache. Wie hat das angefangen? Da war ein alter Bäckermeister, der niedergekniet auf der Wiese, wo heute das Treffen ist, gebetet hat.
Die ersten jungen Leute versammelten sich am Krankenbett eines jungen Mannes, der vom Kirschbaum gefallen war, gelähmt war und eine Sehnsucht hatte, dass das Reich Gottes wächst und Gemeinde entsteht. Sie nahmen sich um sein Krankenbett zusammen. Er war damals sehr arm.
Da hat Gott gewirkt. Und das merken sie immer wieder: Nie darf die Sache von Jesus mit dem Ruhm von Menschen vermischt werden.
Warnung vor Ruhmsucht und das Zeugnis des leidenden Christus
Das erleben wir heute immer wieder. Bei Kongressen christlicher Führungskräfte ist es häufig vorgekommen, dass der Hauptredner in eine Affäre verwickelt war und seinen Ruf verlor – manchmal drei Tage vorher oder zwei Tage danach.
Wir wollen doch nicht mit dem angeben, was wir alles Tolles können. Zum Beispiel war Guttenberg einmal Hauptredner. Man kann einfach so auftreten und die Gnade preisen, die uns heilgebracht hat. Das wollen wir vor der Welt tun. Wenn sie es vor der Welt bekennen, dann wird die Welt sie auslachen. Doch es ist die Saat der Hoffnung und das Wort, das aufgeht.
Paulus hat sich seiner Leiden nicht geschämt, sondern sie offen getragen. Warum? Die Jahreslosung sagt es: „Denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“, weil die Kraft Gottes sich in der Schwachheit seines Leibes zeigt.
Jetzt könnten Sie die Geschichte weiterspinnen. Das haben Sie in Ihrem Leben ganz oft erfahren: unscheinbare Menschen, die andere zu Jesus geführt haben, die in ihrem Dienst gewirkt haben, ohne große Ehrentitel oder bekannte Namen zu brauchen. Sie haben gewirkt, und Gott hat sie gebraucht – besonders im Leiden.
Denken wir an Joni Erickson. Was hat ihr Beispiel für uns bedeutet? Ich weiß, wie viele junge Leute bei uns den Film über sie gesehen haben. Dieser junge Mann, der keine Arme und keine Füße hat, ist ein fröhlicher Jesuszeuge. Das bedeutet heute sehr viel für viele junge Menschen bei uns.
Leiden als Antrieb für Mission und Zeugnis
Ich habe ja immer wieder gesagt, eines der größten Ereignisse der Weltmission war der Tod der Oka-Missionare. Kein Ereignis im zwanzigsten Jahrhundert hat so viele Leute in die Mission gerufen wie dieser sinnlose Tod. Und viele Menschen sagen: „Ich möchte dahin.“ Wenn sie irgendwo spüren, dass dort eine Lücke ist, dann denken sie: „Da muss ich hin.“
Dann könnte ich Ihnen von all den großen Persönlichkeiten erzählen. Aber vielleicht darf ich es hier auf der Lachhöhe einfach sagen: Ich habe mich auch gefreut über die vielen Lieder vom Leiden, die hier drin sind, besonders von Adolf Heller, ganz toll im Blauen Buch. Es geht um das Leiden in unserem Leben, in unserem christlichen Stand.
Ein Beispiel ist Doktor Paul Müller, ein junger Mann und Naturwissenschaftler, der keine dreißig Jahre alt wurde. Er hatte Multiple Sklerose. Er war der Evangelist der jungen Leute in Walldorf beim CVÖDM. Wir haben ihn noch in der Hofhackerkonferenz im Rollstuhl gesehen. Er ist hochgefahren worden, und wir sagten zu ihm: „Paul, sag nur was.“ Und dann hat er den versammelten Männern gesagt, was Leiden bedeutet.
Er sagte, es gibt eine dunkle Seite der Schöpfung. Aber bei Gott ist nichts sinnlos. Er hat davon gesprochen. Lesen Sie mal das Buch seiner Krankenandachten. Die sind im Geier Verlag erschienen. Es gibt sie dort noch, ich glaube, man findet sie auch im Buchhandel. Das ist doch so tiefgründig, überhaupt sein Lebensbild und was er ausgestrahlt hat.
Wissen Sie, es hätte nie eine Hofhacker-Konferenz in Württemberg gegeben, wenn nicht Paul Müller sie getragen hätte. Bei ihm hat man sie im Hochwagenkreis immer versammelt, weil er nicht weg konnte. Er konnte ja gar nicht mehr gehen, er war auf den Rollstuhl angewiesen. Es war alles kompliziert, sein Haus war völlig ungünstig für seine Krankheit. Trotzdem hat Gott gewirkt.
Schauen Sie mal: Gott ist ein schlechter Geschäftsmann, sage ich immer. Denn er schafft mit den untauglichsten Leuten die größte Frucht. Darum ist es töricht, wenn wir meinen, wir müssten die Welt kopieren – die Effizienz und die Wirksamkeit der Bilanzen.
Der Direktor vom Porsche-Werk hat 80 Millionen in einem Jahr verdient. Dabei ist die ganze Porsche AG zum VW-Konzern gekommen. So funktioniert die Welt: Wenn es nur einen Gewinn für mich gibt, dann reichen 80 Millionen. Jetzt steht dieser Mann vor dem Staatsanwalt.
Verstehen Sie? Wir wollen doch wissen: „Halt mal, ich will Frucht sehen – biblische Frucht. Wie sieht sie im Reich Gottes aus?“
Erweckung und Verfolgung als Zeichen des Reiches Gottes
Und da können wir fortfahren. Schauen Sie sich all die großen Biografien in der Missionsgeschichte an, wie es auch jetzt in China mit der Erweckung geschieht. Lange bevor wir wussten, was in China aufgebrochen ist, war ich bei einem Besuch in Hongkong in der größten Radiomission, die noch größer ist als Transworld Radio, Fais Broadcasting.
Dort zeigte man mir die Hörerpost aus China. Ein Brief berichtete, dass nur noch drei alte Frauen übrig waren. Es gab keine Christen mehr. Doch sie versammelten sich jeden Abend zum Gebet. Heute sind daraus 17 Gemeinden entstanden und 200 junge Leute beteiligen sich daran. In China ist das immer verboten für unter 18-Jährige. Das hat Gott aus dem Zeugnis einiger schwacher Leute gemacht.
Das hat mich bei den Liechten im Osten immer fasziniert. Sie kennen doch die Russlanddeutschen – altmodisch, sagen manche, oder stur. Aber die Regierung, die Sputnik hochgeschickt hat, hatte Angst vor diesen schlichten Gemeinden.
Und jetzt sagt mir Paulus: Warum freut er sich an seinen Leiden nicht? Nicht weil Leiden schön sind, Leiden sind sehr schwer. Dabei denke ich auch an unseren unvergesslichen Doktor Meiergerber und was er für dieses Werk bedeutet hat. Was er mit den Finanzen und seinen lieben Frauen gegeben hat – alles im Leiden gedient und ein Zeugnis abgelegt. Und all das, was wir hier genießen dürfen, geht darauf zurück, durch alle Schmerzen und Schweren hindurch, aber mit Frucht.
Deshalb sagt er: Ich erstatte etwas für die Gemeinde, und die Gemeinde muss lernen, wie Gemeinde gebaut wird. Gemeinde wird gebaut – und das sagt er deutlich – durchs Wort. Ich teile das Wort aus wie ein Stab. Und das Wichtigste, was wir heute Morgen schon einmal gehört haben: Das Wort des Evangeliums wirkt.
Und ihr Lieben, wo seid ihr selbst in der Anfechtung der Leiden? Ihr braucht das Wort. Wir wollen lebendiger werden. Es ist heute wunderbar, ob es über einen Tonträger ist mit herrlichen Liedern, die euch Kraft zusprechen in den Schwachheiten.
Meine Frau hat mal mit unserem Chor so schöne Heilslieder aufgenommen. Das hat sie mir auf den Reisen mitgegeben. Ich habe mir das Tonband mit allen herrlichen Heilsliedern. Das ist so ein Trost, den wir da haben – dem zugesungenen Wort Gottes, aber auch dem zugesprochenen Wort Gottes. Ich bin der Diener durch das Amt, das Gott mir gegeben hat.
Das Geheimnis des Glaubens und die zentrale Rolle Christi
Paulus hat sich ganz konzentriert. Er konnte kein Allotria mehr machen, kein Nebenprogramm für die Gemeinde. Er sagte, das Wort solle reichlich gepredigt werden, damit man es reichlich aufnehmen kann.
Dann spricht er vom Geheimnis. Hier müssen wir genau aufpassen, was damit gemeint ist. Das Geheimnis war verborgen, verborgen für alle Seiten. Geheimnis heißt, dass etwas im Dunkeln liegt, ein Mysterium, das nie verstanden wurde. Erst bei Paulus wurde dieses Geheimnis richtig sichtbar: Dass alle Heidenvölker die Chance haben, dass Jesus zu ihnen kommt und ihr Leben verändert. Dass das Evangelium auch die Heiden erreicht, ohne dass sie sich zuerst dem Sabbat unterwerfen oder sich beschneiden lassen müssen. Sondern dass die Gnade da ist, wie es im Römerbrief beschrieben wird.
Das Geheimnis ist vielen Christen bis heute noch nicht klar. Ihnen ist das Geheimnis verschlossen, dass eine Gemeinde nur dazu da ist, dass Christus in uns Raum gewinnt.
In der Islinger Stadtkirche wurde 1822 ein Jude namens Peter Goldstein mit seiner Familie getauft. Das war ein großes Ereignis in Esslingen. Die ganze Kirche war rappelvoll – die große Kirche mit den zwei Türmen, wer Esslingen kennt, weiß das. Es herrschte damals schon eine große Sehnsucht, dass Israel den Heiland findet.
Peter Goldstein stammte aus Neuwied. Seine Lebensgeschichte ist interessant. Er kam durch einen Judenmissionar namens Kittmann aus Holland zum Glauben. Zuvor hatte er immer gesagt: „Ich habe die Judenmissionare alle verachtet, die Juden sind ein stolzes Volk.“ Aber Kittmann erzählte ihm so herrlich von Jesus, dass Jesus die Mitte des Lebens ist, dass er zugreifen musste.
Peter Goldstein wollte sich eigentlich in Basel taufen lassen. Doch der Rat von Basel hatte Angst, sie müssten ihm dann auch die Altersrente bezahlen. Darum wurde ihm die Taufe verweigert. Das war 1820. Esslingen hat es dann gewagt und ihn getauft.
Bei der Taufe war auch die Dekanstochter anwesend. Das ist alles in unserem Büchlein über die Frauenlieder dokumentiert. Sie war schwer erkrankt und wurde nur 25 Jahre alt. Sie hatte ein körperliches Leiden. Sie dichtete das herrliche Lied „Durch Judenbekehrung Wasserströme will ich gießen“ über das Jesaja-Wort, dass Israel zum Glauben findet. Für sie war das ein Angeld.
Es ist bemerkenswert, dass Jesus eine behinderte Frau benutzt hat. Wir müssen diese Lieder nicht singen, aber sie standen bis zum letzten württembergischen Gesangbuch in der Sammlung. Ich habe sie nicht singen lassen, aber es bewegt mich, wie Menschen gemerkt haben, dass, wenn Gott seinen Geist fließen lässt, Israel wach werden wird.
Heute bewegt uns das besonders, weil wir wissen, wie die messianischen Gemeinden in Israel wachsen. Das ist großartig. Gott hat behinderte Menschen benutzt, um das Reich Gottes zu bauen. Schon Jakob war angeschlagen, hinkte sogar. Gott hat das immer wieder so gemacht, damit sich niemand überhebt.
Paulus sagt ja: Was sind wir denn? Wir Angebertypen, die alles machen, die Besten sind und die meisten Akademiker in der Gemeinde haben? Das ist immer das Angeben der Gemeinde. Darum hat Gott seinen Ruhm hineingelegt.
In der Missionsgeschichte hat nie ein Missionar den Riesenerfolg seiner Arbeit erlebt. Sie starben alle früh, waren oft krank. Henri Martin, der die Bibel ins Persische übersetzte, wurde gerade 30 Jahre alt, als Gott ihn auf dem Heimweg in der Türkei heimrief. Ein kurzes Leben, aber eine bleibende Frucht geschaffen.
Das gilt bis in ihre Orte hinein. Es gab oft Niederlagen und Enttäuschungen. Auch bei unseren lieben Schwestern vom Friedenshorzsee. Dort gab es Unfälle mit der Mühle, bei denen Menschen ums Leben kamen.
Wenn man die Biografien liest: Der erste Missionar, Bischof Hennington, der nach Uganda ging, kam gar nicht an seinen Einsatzort. Die Bagandas überfielen ihn. Er lebte noch eine Woche, hinterließ Blätter und sang „Sicheren Jesu Armen“. Mit jungen Jahren starb er.
Heute erinnert ein Grabstein in Kampala an Bischof Hennington, an diesen mutigen Mann, der sein Leben gab. Das ist für die Afrikaner der Grund – der Preis des Evangeliums.
Zeugnis weitergeben und Jesus im Alltag bezeugen
Und jetzt möchte ich Ihnen sagen: Sie haben auch nicht mehr viel Kraft und denken vielleicht, ich kann gar nicht mehr tun. Geben Sie das den jungen Leuten so schlicht weiter. Sagen Sie ihnen einfach: Du brauchst Jesus, das ist alles. Das ist für junge Menschen ganz wichtig.
Sagen Sie: Ich kann nur sagen, ich war töricht und habe mein Leben vergeudet, weil ich ohne ihn gelebt habe. Sagen Sie das Ihren Altersgenossen. Paulus sagt: Das ist doch das Geheimnis, das verborgen war seit ewigen Zeiten und Geschlechtern. Nun aber ist es offenbart seinen Heiligen, denen Gott kundtun wollte, was der herrliche Reichtum dieses Geheimnisses unter den Heiden ist, nämlich Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit (Kol 1,27).
Das Tollste ist, dass Jesus in dir wohnt. Wenn man das ganze Leben betrachtet, und wer das nicht erkennt, der ist der ärmste Tropf. Das ist so gewaltig!
Warum gehört das Leiden dazu? Vielleicht hätte Paulus sonst allerlei Unfug getrieben. Er war durch seine körperliche Schwäche so geprägt, dass er nichts unter euch wusste als Jesus, und zwar den Gekreuzigten. Ich kann ihn euch nur vor die Augen malen. Es blieb gar keine Zeit mehr übrig.
Man kann schon sagen: In der Gemeinde von Jesus ist es schade um alle Worte, die nicht auf Jesus zielen. Das darf man ruhig so hart sagen. Schon ein Geschäftsmann in Jerusalem hat mir gesagt, mit einem Büchlein von dem Rabbinersohn Adolf Safir: Das ganze Alte Testament weist auf Jesus hin. Wenn das ein Jude erkannt hat, dann weiß er alles.
Darum geht es. Darum unterhalten wir uns nicht über irgendwelche Randdinge der Bibel. Heute, so schön mit Conny Stroop am Tisch, wenn die einen noch ihre Taufragen klären, ob es um fließendes Wasser gehen muss oder ob man ein Kopftuch aufsetzen muss – uns geht es doch um Jesus. Und dann dürfen wir an anderen Sachen Freiheit haben.
Aber das ist es: Wie Christus in uns wohnt und sein Geist uns erfüllt. Das ist das Geheimnis. Und das durfte Paulus erleben. In seiner kurzen Wirkungszeit lief das Evangelium, lief, lief, lief durch das ganze Römerreich.
Am Ende von Paulus’ Leben, ich sage mal so ganz grob, gab es keine größere Stadt im Römerreich, in der es keine Christengemeinde gab. Christus in uns.
Wenn Sie mich heute fragen, was das Geheimnis der wachsenden Gemeinde ist, dann werden große Kongresse abgehalten. Ich kann da nie mitmischen, weil die vielen Theorien, die dort diskutiert werden, kann ich gar nicht alle lesen und verstehen.
Ich kann es nur aus der Missionserfahrung in Afrika sagen, aber auch in Asien: Immer dort, wo Christus im Mittelpunkt der Verkündigung steht und sein Wort unverkürzt gepredigt wird, gibt es Erweckung. Je größer die Verfolgung, desto größer die Erweckung.
In Laos, in Kambodscha, in Nordkorea, in China, in Usbekistan – wir können all diese Länder durchgehen. Im Iran, in all den Ländern, in Colombo, wo unser Bruder sein Buch über das Leiden geschrieben hat, Adschid Fernando, und überall. In Kuba und wo immer Christen allein und zwar mit Ausschließlichkeit, mit Fröhlichkeit und gerade im Leiden leben.
Da fragen Sie sich vielleicht: Die wollen doch nicht für Kirchen- und Konfessionsstreit sterben oder ins Gefängnis kommen. So war es doch schon in Russland bei der Verfolgung.
Vor ein paar Tagen hat mir jemand das Büchlein von Georgi Wiens gegeben. Ich kann das nicht oft lesen. Es ist von der Bruderhand herausgegeben worden, die Friedenstimme. Die Friedenstimme ist erst 2010 auf Deutsch erschienen. Darin liest man, wie Georgi Wiens in seiner Gefangenschaft nur eine Sehnsucht hatte: dass das Evangelium gepredigt wird.
Mein Vater ist davor schon gestorben. Er war der große Leiter der Evangeliumschristen, Baptisten. Es war so beeindruckend. Das haben Sie uns damals aus Russland mitgebracht. Durch das Leiden, durch den Kampf der Verfolgung waren sie so konzentriert, dass sie sagten: Das ist alles.
Sie haben sich ganz stark dagegen gewehrt, wollten politisch nichts tun. Sie standen nicht für politische Programme. Sie haben sogar ihre Richter höflich begrüßt und auch die Polizei, und sagten: Hohes Gericht, wir beten für euch. Aber wir können nichts gegen die Wahrheit von Jesus tun.
Lesen Sie noch einmal die Berichte. Sie entstanden nicht wegen politischer Auseinandersetzungen mit dem Kommunismus. Der kommunistische Staat hat das nicht geduldet, genauso wie bei den ersten Christen im Römerreich. Kaiser Domitian sagte: Ich bin Gott, und ich will nicht, dass die Christen zu irgendeinem Christus beten, den es gar nicht gibt.
Sie wissen auch: Der ganze Hass, den Sie erleben, auch in der Familie – Sie kennen das. Wie oft ist es so in der Familie mit ungläubigen Leuten: „Ah, der geht in die Kirche“, und das ist nicht der Kirchgang, sie hassen Jesus. Jesus ist der gehasste Name in der Welt von denen, die ihm nicht folgen.
Darum scheitert alles an Jesus. Das ist so erschütternd, dass so viele Verkündigende gar nichts mehr von Jesus wissen. Da sind Sie auch ein Zeuge.
Sagen Sie in Schlichtheit und ohne Umschweife: Wissen Sie, Sie sollten einmal Jesus kennen. Sagen Sie es einfach so schlicht. Das ist das größte Zeugnis, das Sie geben können – auch wenn die Menschen weglaufen.
Zeugnis im Alltag und die Bedeutung von Jesus im Leben
Mein Bruder Kurt, der aus Weinheim stammt und in der Geschäftswelt tätig war, entwickelt im Alter immer wieder eine besondere Leidenschaft. Wir sollten uns eigentlich ständig treffen und einander erzählen, wie es uns ergangen ist. Dabei geht es nicht um lange Diskussionen über Gott oder darüber, was die Leute an der Bibel nicht verstehen, oder über die Schöpfung. Denn die Menschen sagen einfach: Jesus lebt, und er liebt sie.
Manchmal wartet man ab, ob sich daraus vielleicht doch ein Gespräch ergibt. Kurt geht sogar so weit, dass er sagt: Wir sollten darauf achten, wenn jemand vor uns an der Kasse bei Lidl steht, ihn vielleicht ansprechen. Nicht aufdringlich, sondern einfach sagen: Wissen Sie, das erfüllt mich, und ich möchte es Ihnen einfach sagen.
Es ist auch ganz toll, wenn man sich erzählt, wie viele Möglichkeiten es auf dem Friedhof gibt. Dort sind so viele Menschen, und man kann fragen: Wann ist Ihr Mann gestorben? Das ist gleich ein Thema, um zu sagen: Ich bin so froh, dass Jesus den Tod besiegt hat. Ich frage dann: Glauben Sie wirklich an Jesus? Er lebt.
So muss man nicht lange um das Thema Mission herumschweifen. Man braucht auch keine Bücher zu verteilen. Mit dem eigenen Mund und der eigenen Persönlichkeit gelingt das am besten. Und wenn man sagt: Ich kann das nicht so gut, dann wirkt es umso echter.
Man muss immer wissen: Das Geheimnis ist, dass Christus in sündigen Menschen Wohnung nimmt, sie heiligt und rein macht. Das ist das Mysterium, das ganze Geheimnis der Gemeinde.
Wo war das denn zum Beispiel bei den Dayak auf Sumatra? Die Kopfjäger, die früher Menschen töteten und stolz darauf waren, sind heute Friedensboten. Was hat Jesus in ihnen bewirkt?
Ich habe Ähnliches im Nagaland erlebt. Dort gab es auch Kopfjäger, und niemand wagte sich dorthin. Der Erste, der es tat, war Dr. Klagen aus Amerika. Die Botschaft des Evangeliums lautet: Jesus in euch – das ist es!
Es geht nicht nur darum, zu glauben, dass es Jesus gibt, sondern dass Jesus in mein Leben kommt. Das ist das Entscheidende.
Ich hätte jetzt Lust, noch über das zweite Kapitel zu sprechen, aber keine Angst. Darin heißt es, dass in ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt. Ich brauche keine andere Fülle des Heiligen Geistes. In Christus ist die ganze Fülle Gottes da.
Mit ihm seid ihr begraben und auferstanden. Christus macht euer Leben neu. Das ist eure neue Mitte. Ihr seid in ihm verwurzelt, gegründet und fest im Glauben – und das ist das Leben.
Die Herausforderung der Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation
Ach, die Not, dass an dieser Stelle unsere große Schwachheit beginnt: Wir können es von Generation zu Generation nicht weitergeben. Eine neue Generation wächst heran, die vielleicht noch ästhetisch in der Religion bleibt.
Der Bruder Kling hat vor mir erzählt – du darfst es doch erzählen, Bruder Kling – von einer Geschichte. Da war ein Verwandter von ihm, der sagt, er sei noch nie so richtig zu Jesus durchgebrochen. Er ist in der Religion steckengeblieben. Er hat Geburtstag und Goldene Hochzeit gefeiert und ist mit uns die Donau hinuntergeschippert.
Nun hat es ihn natürlich ein bisschen gepuspert, seinen Vetter zu fragen: „Vetter, wie war es denn auf der Reise?“ Und er hat gesagt: „Hat der Windrich das Chefbuch? Der schwätzt auch wie du immer: Du brauchst Jesus.“ Da freut man sich, wenn wir uns da hineinversetzen, wenn er es noch einmal gehört hat, bevor er ihn daheim holt.
Das soll doch unser monotoner Ruf sein, wenn jemand sagt: „Habe ich nicht genug Religiosität? Mal an Weihnachten in die Kirche gehen oder was man sonst hat, ich tue recht und scheue niemand.“ Dann sagen wir: „Du brauchst Jesus.“
Und das ist so wichtig, wenn wir das miteinander wieder als Zeugnis haben. Toll, wenn man es bei Rashif hat und das begriffen hat. Ein bisschen unwirsch hat er es gesagt, aber er war ganz ehrlich. Ich habe ihn für einen ganz dankbaren frommen Piet gehalten, so lieb war er dabei und hat die Lieder mitgesungen. Also super!
Tun wir das doch wieder in der Gemeinde, dass das Mysterium darin liegt – das Wort Mysterium ist vielleicht ungewohnt, aber es hat damals eine große Rolle gespielt. Der Knackpunkt des Glaubens in der Gemeinde ist, dass Menschen Christus annehmen und den Glauben leben: die Konfirmanden, die Brautpaare und die Senioren.
Kaffeele in Ehren und Kuchestückle in Ehren – meist vertragen sie nicht mehr wegen des Zuckers – aber das Wichtigste ist, dass man das Evangelium nicht nur verwässert, sondern dass sie ein klares Jesuszeugnis aus eurem Mund hören.
Deshalb sagen wir: Herr, den verkündigen wir und ermahnen alle Menschen und lehren alle Menschen in aller Weisheit. Das heißt, wir bemühen uns, es auch geschickt zu tun, damit wir jeden Menschen in Christus vollkommen machen. Dafür mühe ich mich ab und ringe in der Kraft dessen, der in mir kräftig wird.
Die Bedeutung einer klaren und einfachen Verkündigung
Es ist immer schön, wenn man... Aber ich höre dann auf, keine Sorge. Der große Prediger Charles Haddon Spurgeon war als junger Mann mit sechzehn Jahren ein Suchender. Er ging in verschiedene Kirchen, in denen alles sehr theologisch und ausführlich erklärt wurde. Doch die Not, die ihm auf der Seele lag, wurde von niemandem gelöst.
In seiner Autobiografie erzählt er, dass er schließlich in eine Kapelle der Primitivmethodisten ging. Schon der Name zeigt es: In England nennt man sie so, weil sie die einfachen Methodisten sind. Wir lieben ja bei den Methodisten die klare Bekehrung und alles, was mit Wesley zu tun hat. Freunde warnten ihn: „Geh nicht hin, die singen so laut, da bekommst du Kopfschmerzen.“ Spurgeon antwortete: „Kopfschmerzen hin oder her, ich habe Frieden gesucht.“
Vor dem Predigerpult stand ein Männlein, keine imponierende Erscheinung. Es waren auch nicht viele Leute da. Er predigte über das Wort, im Deutschen heißt es: „Alle Welt, seht auf ihn!“ Und im Englischen sagt man: „Look unto Jesus.“ Spurgeon legte großen Wert darauf: „Blicke, blicke, blicke auf Jesus.“
Das Vermächtnis Spurgeons sind seine vierzig Predigtbände. Was ist darin ein Schatz? Dass Jesus für uns gestorben ist und die Rechnung bezahlt hat. Paulus verbindet das mit dem Leiden. Er sagt, dass wir durch das Leiden eine Konzentration aufs Wesentliche bekommen. So zerrinnt unsere Seele nicht in den Bildern dieser Welt.
Ach, was ist das nur mit dem Fernseher und dem Zeitunglesen? Wir müssen aufpassen, dass wir auch im Alter das Wesentliche wieder in der Mitte haben.
Persönliche Glaubensgeschichte und das Beispiel Zinzendorfs
Zinzendorf ist bereits bei seiner Großmutter aufgewachsen, weil sein Vater bei seiner Geburt gestorben ist. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise stirbt die Mutter. In seinem Fall starb der Vater im Wochenbett, da er krank war. Die Mutter heiratete daraufhin erneut, und zwar den preußischen Generalfeldmarschall.
Da die Mutter nicht mehr in der Lage war, den Sohn zu erziehen, wuchs er bei seiner Großmutter, der Freifrau von Gerstorf, auf. Sie hat ihn sehr im Glauben erzogen. Die fromme Frau unterstützte ihn auch später: Als er sein Abitur hatte und die entsprechende Bildung genoss, gab sie ihm eine Kutsche und das nötige Kleingeld mit, damit er eineinhalb Jahre durch Europa reisen konnte – begleitet von Dienerschaft.
Zinzendorf war ein ganz hoher Herr. Ich glaube, keiner von Ihnen hatte eine so hohe Kinderstube wie er. Er sagte immer, dass er bis zum sechsten Lebensjahr auf keinem Gartenweg laufen durfte. Er wurde stets von Dienern in der Sänfte getragen. Man muss wissen, wie es im Adelshaus war.
Seine Großmutter korrespondierte mit Leibniz, einer großen Geistesgröße. Sie war aber auch eine Jesusjüngerin. In Düsseldorf sah er ein Bild von Dominico Feti: den gekreuzigten Jesus mit der Dornenkrone. Darunter stand: „Das tat ich für dich, was tust du für mich?“
Das führte nicht zu seiner Bekehrung, denn er war schon lange bekehrt. In seinem Tagebuch schrieb er später etwas sehr Wichtiges: „Ich bat den Heiland, mich notfalls auch mit Gewalt in die Gemeinschaft seiner Leiden hineinzureißen.“ Der junge Mann sagte also: „Herr, ich bin bereit, für dich zu leiden.“ Und das tat er auch.
Was hat er gelitten, als er zu seinen Missionaren hinausging? Auf dem Segelschiff hatte er eine primitive Kabine, die er einem jüdischen Ehepaar überließ, während er selbst auf dem Boden schlief. Oft stolperte er über seine eigenen Beine, weil er keinen Sattel zum Reiten hatte.
Er war der Verachtete, über den man lachte, weil er vom Heiland, von Jesus, sprach. Das sollte uns heute nicht mehr wichtig sein, wenn man uns verspottet. In Stuttgart zum Beispiel gab es Ingenieure bei Bosch, die spöttisch fragten, wo man in Stuttgart in die Gemeinde geht. Manche sprachen in der Kantine abfällig über die Ludwig-Hofacker-Gemeinde. Da wusste man genau, wohin man gehörte.
Ähnlich kann es bei Ihnen sein, dass man über Stundeleute oder Methodisten schlecht redet, besonders wegen der Missionsarbeit. Wir brauchen aber nicht den Ruhm und die Ehre der Welt. Wenn wir die Ehre der Welt suchen, haben wir Jesus verleugnet. Und wenn wir die Lust der Welt suchen, dann haben wir Jesus erst recht verleugnet.
Wir wollen mit ihm den Weg suchen, auch im Alter. Dann wollen wir sagen: „Herr, auch für die Schwierigkeiten, die wir zu tragen haben, möchte ich dir keine Schande machen und dir keine Not bereiten. Wenn es irgendwie geht, möchte ich dich verherrlichen und groß machen. Und wenn du es schenkst, möchte ich noch die Freude erleben, dass sich jemand zu dir führen darf.“
Dienst am Nächsten und Zeugnis im Alter
Es war so schön, dass Sie es heute Mittag erzählt haben. Wir haben am Radio mitgehört. Es ist wunderbar, was man bei Krankenbesuchen tun kann. Überall, bei solchen Gelegenheiten und unter den Alten, liegt das größte Missionsfeld.
Viele von ihnen erlauben nicht einmal, dass man vom Sterben spricht. Sie leben wie blind von Tag zu Tag. Umso schöner ist es, wenn man eine fröhliche Jesuszeugin ist. Auch als Vermächtnis für die Jungen ist das wertvoll. Später sagen sie: „Das vergesse ich nie, wie meine Oma oder meine Tante uns damals noch etwas mitgegeben hat.“
Dann sagen sie einfach: „Es ist lieb, dass du mich besuchst, aber ich möchte dir noch etwas mitgeben. Ich will mit dir beten und dich segnen.“ Das ist etwas ganz Wunderbares, was Ältere auch im Leiden tun können. Ein paar Worte sagen, die wichtig sind.
Weißt du, das ist nicht das Wichtigste im Leben, das vergeht. Wichtig ist, ob du einen Heiland hast. Dass die Ewigkeit offensteht und du der Macht des Teufels entronnen bist – seinen Versuchungen entkommen bist. Gib dieses herrliche Zeugnis weiter!
Und dieses Zeugnis muss die ganze Welt hören. Das sagt Paulus. Es muss überall verkündet werden.
(1. Korinther 5,3-12)Die Gefahr der Organisationen und die wahre Heimat der Christen
Ich bin oft ein bisschen traurig, weil ich den Eindruck habe, es geht immer nur um den Aufbau von Organisationen. Organisationen, Konfessionen, Vereine – all das brauchen wir in unserer Welt. Unsere Welt besteht daraus.
Aber wir müssen auch die nötige Freiheit haben, um sagen zu können: Wo ein Jesusjünger ist, da ist Heimatluft. Wir gehören zur Gemeinde von Jesus aus allen Nationen und Völkern. Das ist unsere Heimatgemeinde. Sie zeigt sich an verschiedenen Orten unterschiedlich, aber mit der nötigen Flexibilität. Wo jemand auf Jesus hört und auf sein Wort, da gehören wir hin. Das ist die weltweite Gemeinde. So wird es auch in der Ewigkeit sein. Dort fragt niemand mehr: Wo kommst du her? Und das soll uns antreiben.
Was uns große Not bereitet, ist, dass so viele Menschen um uns herum Kirchensteuer zahlen – und das oft sehr viel – und trotzdem nichts von Jesus haben. Wenn wir Straßeneinsätze gemacht haben, sagen manche: „Das ist Sekte.“ Oder: „Schauen Sie mal, meine schöne Krawatte konnte ich kaufen, weil ich so gute Kirchensteuer zahle.“ Ich bin Pfarrer, aber was haben Sie eigentlich von Ihrer Kirchensteuer? Das Wichtigste, was Ihnen fehlt, ist Jesus. Wenn Sie ihn nicht haben, ist es egal, wie sehr Sie in der Kirche sind. Das ist zwar schön, aber Sie müssen das finden, wofür sich das Geld wirklich lohnt: das Evangelium.
Manche wollen mir das nicht glauben machen, aber es geht nicht um Feierlichkeiten oder irgendwelche Rituale. Paulus hatte das Amt, dass das Evangelium in der ganzen Welt gepredigt wird und alle Menschen es verstehen. Egal, ob sie Muslime sind – Christus müssen sie entdecken. Uns geht es um eine Vereinigung der Religionen: Christus müssen sie kennenlernen.
Es gibt nur einen Jesus Christus, der gekommen ist. Er ist das Licht der Welt, er ist das Leben, er ist die Auferstehung. Alles ist in ihm. Ohne ihn hat man nichts und ist leer. Und er gibt uns alles. Wie wunderbar, dass Sie ein Zeuge sein dürfen!
Abschluss: Der Schatz in schwachen Gefäßen und der Dienst im Glauben
Jetzt haben wir das Thema behandelt: den Schatz in irrenden Gefäßen. Stören Sie sich nicht daran, stören Sie sich nicht an dieser schwachen Gestalt, an der schlechten Verpackung. Verstehen Sie: So wie Sie sind, so machen Sie es. Es kommt gar nicht darauf an, denn Christus ist entscheidend, und der Geist Gottes wirkt gewaltig.
Wir wollen noch beten: Herr, vielen Dank, dass du uns in deinen Dienst gerufen hast und dass wir dieses Geheimnis kennenlernen durften. Armut und Reichtum der Jesusleute – ach ja, uns drückt das auch immer schwer, wenn unser irdischer Leib zerfällt. Denn du hast ihn so schön geschaffen, und das ist eine Not. Auch das Sterben ist eine Not, wenn all das, was so schön war, zerfällt – auch das, was wir in der Trauer empfinden.
Aber es ist so wunderbar, dass du etwas ganz Neues schaffst. Den inneren Menschen erneuerst du, und du schaffst, dass durch unser Zeugnis, durch unser schlichtes Zeugnis, Menschen deine Herrlichkeit sehen. Darum bitten wir dich, dass wir das noch tun dürfen. Segne uns alle in diesem Dienst.
Ganz herzlichen Dank auch für diese Städte der Laahö, die einfach durch dein Wort wirken wollen in all diesen Aufgaben. Wir danken dir für den treuen Dienst der vielen Mitarbeiter, auch der Verantwortlichen hier, die das ermöglichen und sich mühen. Aber gib doch du viel Frucht, auch durch die Gemeinde, auch durch die Ausstrahlung der Gottesdienste, damit Menschen zum Glauben kommen, dass du im Herzen der Menschen wohnst, dass Menschen sich bekehren.
So lebe nun nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir – dass dieses Wichtigste geschieht. Amen.