Erinnerungen an ein besonderes Fest
Dass ihr da seid. Ich glaube, ihr hört mich noch nicht. Nee, also ja, aber nicht über das Mikrofon. Jetzt klingt das besser, und ich muss nicht so laut reden, das freut mich.
Vor gut zwanzig Jahren – ich habe zufällig festgestellt, dass es wirklich zwanzig Jahre her ist – bekam ich Ende Juni, Anfang Juli eine spontane Einladung zu einer Hochzeit von einem jungen, damals verliebten, verlobten, aber noch nicht verheirateten Paar. Für alle, die im Gemeindekontext aufwachsen oder eine größere Familie haben, sind Hochzeiten und Hochzeitsfeiern wahrscheinlich etwas Alltägliches. Für mich war das damals eher etwas Besonderes, weil ich nicht so den Gemeindekontext hatte.
Das war die erste Hochzeit, bei der junge Leute in einem ähnlichen Alter heirateten. Der erste Weg nach der Einladung führte mich tatsächlich zum Anzugkauf. Ja, damals haben sich die Männer noch schick gemacht bei der Hochzeit, und die Hosen gingen auch über die Knöchel und so. Nein, ich will hier keine Modetrends diskutieren, keine Sorge, aber ich musste erst mal einen Anzug kaufen.
Die Feier fand, wenn ich es richtig habe, am 6. August 2005 statt. Ich habe die wunderschöne Erinnerung daran: Ich fand die Location super, das Essen toll und die Feier insgesamt sehr schön. So sehr, dass ich sieben Jahre später an demselben Ort geheiratet habe, weil ich dachte: „Das ist klasse.“ Eigentlich könnte man jetzt feiern, dass hier einige Paare zwanzig Jahre Ehe hinter sich haben. Leider sind sie nicht da. Aber damals waren es Imitabea, die mittlerweile ihren zwanzigsten Hochzeitstag hatten.
Warum erzähle ich euch das und erinnere an so ein Fest? Weil ich mich gern daran zurückerinnere. Es ist irgendwie noch eingebrannt als eine schöne Feier. Und weil ich gute Feste mag, vor allem, wenn es einen guten Grund gibt zu feiern. Ich liebe es, mit netten Menschen zusammen zu sein. Ich mag gutes Essen – der Grund, warum ich Sport mache, ist eigentlich nur, damit ich mehr essen kann. Ich mag gute Laune, wenn man zusammen ist, wenn man den Alltag hinter sich lassen kann. Und ich freue mich einfach darüber.
Es gibt nur ein Problem: So eine Feier ist irgendwann zu Ende. Das ist schon mal das größte Problem an allen Festen, die ich bisher erlebt habe. Irgendwann ist es vorbei. Man kann sich zwar zwanzig Jahre später noch freudig daran erinnern und sagen: „Ach, das war ein schöner Tag damals.“ Aber es ist vorbei.
Dann gibt es noch andere Dinge, die wir bei unserer eigenen Hochzeit erlebt haben. Wir hätten gerne die Trauung draußen gemacht. Am Tag vorher war super Wetter, am Tag danach auch, aber am Tag der Trauung selbst war das Wetter eher schlecht. Manchmal fällt ein Fest buchstäblich ins Wasser. Manchmal gibt es auch Leute, die auf so eine Feier kommen und die Stimmung ziemlich kaputt machen. Das habt ihr vielleicht auch schon erlebt. Darüber spricht man nicht so oft, aber ja, manchmal scheitert ein Fest an den Teilnehmern.
Manfred Siebert hat es schon gewusst: Wir Deutschen sind die Meckerer. Wir finden eigentlich immer etwas, worüber wir meckern können – warum ein Fest nicht perfekt ist, warum es nicht schön oder toll ist. Trotzdem suche ich irgendwie die wahre Festfreude, das perfekte Fest, bei dem man mit tollen Leuten zusammen ist, gutes Essen genießt und das am besten nie endet.
Vielleicht geht es dir ähnlich, vielleicht feierst du auch gern. Ich weiß, dass es auch einige Geburtstagmuffel, Hochzeitsmuffel und Ähnliches gibt, weil die nervige Verwandtschaft da ist, man hingehen muss, alle einladen soll, ein runder Geburtstag ansteht und man irgendwas organisieren muss. Aber ich bin überzeugt, dass jeder seinen eigenen Weg hat, wie er gerne feiert.
Vielleicht ist es eher so, dass du mit deinem Ehepartner, mit Geschwistern oder Freunden entspannt unterwegs bist und einen schönen Tag in der Natur genießt. Vielleicht ist das für dich schon Feiern. Oder vielleicht ist Feiern für dich ganz einfach, mal alleine irgendwo weg zu sein. Mit mehr Kindern und im Alter bekommt man gewisse Sympathien dafür, einfach mal einen Tag Auszeit zu nehmen.
Ich glaube, jeder von uns hat etwas, worüber er sich freut, wenn es darum geht zu feiern. Und wenn es nur der verdiente Feierabend ist – die Belohnung für die geleistete Arbeit und die erbrachte Leistung. Ich glaube, jeder von uns hat die Sehnsucht, aus dem Alltag auszubrechen und zu feiern.
Zwei Wege zur Festfreude
Wir wollen uns heute zwei Personen ansehen, die beide auf der Suche nach der perfekten Party waren – so nenne ich das mal. Dabei haben sie ganz unterschiedliche Wege ausprobiert, um dieses Ziel zu erreichen.
Der Höhepunkt der Geschichte ist, dass einer von ihnen das Fest – und ich nenne es wirklich Party – an einem Ort findet, an dem er es überhaupt nicht erwartet hatte. Der andere hingegen vielleicht nie.
Was wir auch sehen werden, und das wissen wir alle: Jede Feier steht und fällt mit ihrem Gastgeber. Ihr kennt bestimmt Leute, von denen ihr eine Einladung bekommt und dann nur denkt: „Na gut, gehen wir halt mal hin.“ Und ihr habt wahrscheinlich auch alle Leute, von denen ihr eine Einladung bekommt, über die ihr euch freut und gerne hingeht.
Ja, jede Feier hängt an demjenigen, der sie veranstaltet. Die gute Nachricht ist: Die Feier, über die wir heute sprechen und die wir uns anschauen, wird von jemandem veranstaltet, der der perfekte Gastgeber ist. Am Ende haben wir sogar noch einen Termin mit ihm, um ihn kennenzulernen.
Schlagt mit mir Lukas 15 auf, ein ganz bekanntes Gleichnis: Lukas 15,11-16.
Und ach ja, falls jemand Johannes erwartet hat, weil ich hier vorne stehe: Das ist eine Feriensonder-Edition. Dazu gibt es heute ein extra Thema.
Der jüngere Sohn und seine Rebellion
Lukas 15, ab Vers 11: Jesus fuhr fort: Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere sagte zu ihm: „Vater, gib mir den Anteil am Erbe, der mir zusteht.“ Da teilte der Vater das Vermögen unter die beiden auf.
Wenig später hatte der jüngere Sohn seinen ganzen Anteil verkauft und zog mit dem Erlös in ein fernes Land. Dort lebte er in Saus und Braus und brachte sein Vermögen durch. Weil er alles aufgebraucht hatte, wurde jenes Land von einer großen Hungersnot heimgesucht. Da geriet auch er in Schwierigkeiten.
In seiner Not wandte er sich an einen Bürger des Landes, und dieser schickte ihn zum Schweinehüten auf seine Felder. Er wäre froh gewesen, wenn er seinen Hunger mit den Schoten, die die Schweine fraßen, hätte stillen dürfen. Doch selbst davon wollte ihm keiner etwas geben.
Ihr kennt die Geschichte und deswegen lesen wir oft viel zu locker darüber hinweg, da bin ich mir sicher. Wir sehen gar nicht mehr den Skandal, der hier in den ersten Versen steckt. Denn was der jüngere Sohn hier will, ist das Erbe jetzt und sofort.
Der Punkt ist: Du erbst im Normalfall erst dann, wenn dein Vater stirbt. Das ist in der Regel der Zeitpunkt, an dem du erbst. Was der Junge hier zum Ausdruck bringt, ist etwas anderes. In der damaligen Zeit, viel mehr als heute, wurde ein Haus oder ein Geschäft erst überschrieben, wenn der Vater tot war und unter der Erde lag. Erst dann war es wirklich dein Eigentum, davor nicht.
Der Jüngere geht also her und sagt seinem Vater eigentlich: Am liebsten wäre mir, wenn du unter der Erde wärst, damit ich deine Kohle hätte, um das Leben zu genießen. Eigentlich ist das ein Schlag ins Gesicht jedes Vaters, was der Sohn hier tut. Der Vater ist ihm ziemlich wenig wert. Das, was ihm am Vater wert ist, ist das Vermögen, das er hat.
Wenn wir die Geschichte im Ganzen lesen, sehen wir, dass das wahrscheinlich wirklich ein wohlhabender Vater war. Der Junge ist schon froh, in der Familie zu sein, aber nicht wegen der Verwandtschaft, sondern wegen des Geldes, das sie besitzt. Und ja, das geht auch heute immer wieder so: Wer viel Geld hat, hat viele Leute, die gerne mit ihm befreundet sein wollen. Aber vielleicht nicht wegen ihm, sondern wegen dem Geld.
Der junge Mann ist auch recht schnell dabei, das Erbe zu Geld zu machen. Wahrscheinlich waren das eher Felder, Ländereien und Ähnliches. Er hat das Ganze nicht mehr als Investment gesehen, sondern als schnelles Geld, schnelles Verkaufen – vielleicht sogar zu einem schlechten Preis, um Party zu haben und das Leben genießen zu können.
Das ist eine offene Rebellion gegen alle Traditionen, gegen seinen Vater, gegen alles, was irgendwie Sinn macht. Und der Vater lässt sich darauf ein, er lässt ihn ziehen. Das ist eigentlich schon das erste Erstaunliche.
Die Zuhörer von Jesus hätten vielleicht erwartet, dass die Geschichte anders weitergeht. Der Jüngere hat um das Erbe gebeten, der Vater hätte groß ausgeholt und ihm eine geklatscht, dass er an die Wand geprallt wäre oder Ähnliches. Das wäre doch unsere gute biblische Reaktion.
Aber der Vater reagiert hier ganz anders. Er lässt ihn ziehen. Und ich kann mir gut vorstellen, dass er sehr traurig darüber war. Ich kann mir gut vorstellen, dass das vielleicht Schande mit sich brachte – „Oh, der hat seine Kinder nicht unter Kontrolle“ und Ähnliches.
Wir sind sehr schnell dabei, unser Urteil über den Sohn zu fällen, der hier das Erbe durchbringen will. Wir kennen die Hintergründe nicht, aber vielleicht sind die gar nicht so weit von unserer Zeit entfernt.
Unser Leben ist kurz, und morgen sind wir alle tot. Also lasst uns doch möglichst viel mitnehmen – das klingt schlüssig und ist das Lebensmotto vieler heute. Das muss nicht unbedingt ein Partyleben sein, wie bei dem jungen Mann, der es mit Huren und Sauferei durchbringt. Aber vielleicht zumindest schöne Urlaube und das Leben möglichst genießen.
Wir arbeiten, um zu leben, und leben nicht, um zu arbeiten. Das passt eigentlich gut in unsere Zeit. Wir wollen möglichst viel Genuss in unserem kurzen Leben haben, und wir rennen danach. Wir sind fast wie Hamster im Hamsterrad, um möglichst viel hinzubekommen, um möglichst viel zu erleben.
Und ja, der Plan für den jungen Mann geht erst einmal auf. Er hat Party bis zum Abwinken. Vielleicht ist er in Monaco oder wo auch immer gewesen, lebte das Jet-Set-Leben der damaligen Zeit, war auf einem schönen Boot unterwegs.
Ihr kennt diese Bilder, bei denen man alle Sehnsucht danach hat: „Boah, so ein Leben hätte ich auch gern!“ Wie die Hollywood-Millionäre und Ähnliches, liegen auf der Yacht, fünf hübsche Frauen im Arm. Das ist doch das, was viele sich wünschen.
Klar, ihr sitzt alle da und sagt: „Nein, natürlich nicht als Gemeinde.“ Aber warum funktioniert Instagram? Weil jeder Sehnsucht hat nach so einem Leben, weil jeder Sehnsucht hat nach der Sonnenseite des Lebens.
Jeder lebt sein ganzes Leben nur danach und rennt danach, solche Dinge zu haben und zu genießen. Wir sind viel näher bei dem jungen Mann, als wir es vielleicht zugeben wollen. Aber wir sind auch auf der Schattenseite oft viel näher bei ihm, als wir es uns vorstellen können.
Jesus lässt ihn so richtig tief reinlaufen: Schweinehirte! Etwas Entwürdigenderes gab es für einen Juden der damaligen Zeit nicht. Schweine waren die unreinen Tiere schlechthin. Da landet er, im Dreck, ganz unten.
Das ist so in etwa, als würdest du Kloputzer werden, um dich irgendwie durchzuschlagen – ganz unten. Die große Ernüchterung.
„Lasst uns feiern, morgen sind wir alle tot“ – nicht mal das Essen, das man den unreinsten Tieren, eben den Schweinen, gab, steht ihm zu. Er wird schlechter behandelt als die Tiere, mit denen keiner etwas zu tun haben will.
Ich bin mir sicher, der Kater, mit dem er aufgewacht ist, war ziemlich heftig. Er war ziemlich durch und lässt ihn leer und kalt zurück.
Und ja, ich weiß, hier sind nicht die großen Partytypen, die mit dickem Alkoholkater am nächsten Tag aufwachen. Aber wie viele deiner Urlaube haben dich am nächsten Tag oder am übernächsten Tag leer und kalt zurückgelassen?
Nicht, dass Urlaub schlecht ist, keine Sorge. Aber wie viel von dem besten und leckersten Essen, das du dir gönnst, ist nur ein kurzer Genuss und dann wieder vorbei?
Wie viel von deinen Partymomenten des Lebens hinterlassen am Ende trotzdem nur eine Leere? Wie viel von „Leben für mich“ bringt dich eigentlich ganz weit nach unten, wie den jungen Mann hier?
Die große Nüchterung tritt bei ihm ein. Und ich glaube, wer ehrlich oft auf sein Leben zurückschaut, wer auch mal hinter die Kulissen der Hollywood-Sternchen und Instagram-Stars schaut, wird ganz schnell feststellen, wie viel Leere oft da ist.
Wie viele haben Selbstmord begangen, ihr Leben beendet, obwohl sie alles hatten, wonach alle Sehnsucht hatten? Und trotzdem keine Erfüllung fanden, weil sie vielleicht auch abgestürzt sind.
Die Umkehr und die Liebe des Vaters
Der junge Mann bleibt nicht bei den Schweinen, sondern wir lesen in den Versen 17 bis 19, dass er zur Besinnung kommt. „Jetzt kam er zur Besinnung.“ Was bedeutet das? Es heißt, dass er plötzlich sein Leben realistisch betrachtet und erkannt hat, was eigentlich Sache ist – etwas, das er zuvor nicht wahrhaben wollte.
Er sagt sich: „Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, und alle haben mehr als genug zu essen. Ich dagegen sterbe hier vor Hunger. Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: 'Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden. Mach mich zu einem deiner Tagelöhner.'“
An diesem Punkt erkennt der junge Mann, dass das, wovon er sich die größte Erfüllung versprochen hat, ihn bei den Schweinen hat landen lassen. Er betrachtet sein Leben realistisch und sieht plötzlich, dass er eigentlich bei seinem Vater viel mehr hatte, als er jetzt besitzt. Das Leben, das er genießen wollte und in dem er Erfüllung suchte, hat ihn leer zurückgelassen.
Er sieht, dass selbst die Knechte seines Vaters, also die Angestellten, ein besseres Leben haben als er. Respekt für den jungen Mann: Er hat den Mut, umzukehren. Das erfordert Mut, denn es ist ein Eingeständnis, sich selbst zu sagen, dass man falsch gelebt hat und in die falsche Richtung unterwegs war. Er erkennt, dass er gegen seinen Vater und damit auch gegen Gott rebelliert hat. Offenbar war ihm klar, dass sein Verhalten eine Rebellion gegen den Vater war, und er bekennt das.
Hast du den Mut, wenn du merkst, dass dein Lebensweg, deine Lebensphilosophie oder deine Lebenspläne dich nicht erfüllen und glücklich machen? Wenn sie dich eher leer und enttäuscht zurücklassen? Hast du den Mut, die Notbremse zu ziehen, wie dieser junge Mann, und im wahrsten Sinne des Wortes umzukehren? Denn er geht dorthin zurück, wo er hergekommen ist.
Was erlebt der junge Mann, als er umkehrt? Man könnte erwarten, dass er ganz unten anfängt. Vielleicht denkt man, der Vater lässt ihn erst einmal die schlechtesten und einfachsten Dienerarbeiten verrichten. Ehrlich gesagt würden wir jemanden wie ihn wahrscheinlich vom Hof jagen und sagen: „Den will ich nie wiedersehen.“
Doch ganz anders reagiert der Vater. In Lukas 15,20-24 heißt es: „So machte er sich auf den Weg zu seinem Vater. Dieser sah ihn schon von weitem kommen, voller Mitleid lief er ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. ‚Vater‘, sagte der Sohn zu ihm, ‚ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden.‘ Doch der Vater befahl seinen Dienern: ‚Schnell, holt das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt ihm Sandalen. Holt das Mastkalb und schlachtet es! Wir wollen ein Fest feiern und fröhlich sein, denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.‘“
Ich weiß, dass fast jeder von euch die Geschichte kennt und sie schon oft gehört hat. Aber fällt euch auf, wie sehr dieser Vater seinen Sohn liebt? Den Sohn, der seine ganze Ehre beschmutzt hat und sich komplett gegen ihn gestellt hat? Der Vater läuft ihm entgegen. Das mag für uns heute alltäglich klingen, aber in der damaligen Zeit war es unüblich, dass ein Familienoberhaupt rannte. Das bedeutete nämlich, dass er seine Kleidung hochbinden musste, damit er überhaupt laufen konnte – etwas, das damals nicht üblich war.
Er rennt. Warum rennt er? Weil er seinen Sohn liebt. Nicht, weil der Sohn sich schon entschuldigt hat – das kommt erst danach. Er rennt, weil er seinen Sohn sieht, der nach Hause zurückkehrt. Er lässt den Sohn gar nicht erst mit seiner Entschuldigung fertigwerden, sondern macht von Anfang an klar, dass er ihn wieder aufnimmt.
Der Sohn beginnt mit einer langen Rede: „Ich habe gegen dich gesündigt“ und so weiter. Vielleicht wollte er noch weitersprechen und sagen: „Wenn du nett zu mir bist, könnte ich vielleicht bei den Dienern arbeiten.“ Doch der Vater sagt: „Nein! Diener hierher, beste Gewänder, Ring an den Finger und Sandalen!“
Ihr müsst wissen: Der Ring am Finger war damals ein Zeichen von Familienzugehörigkeit und Machtautorität, vielleicht eine Art Siegelring. Sandalen hatten die Diener damals nicht; sie waren ein Zeichen von Wohlstand. Das beste Gewand war normalerweise für den Hausherrn oder besondere Gäste reserviert. Man weiß nicht genau, ob es vielleicht die alte Kleidung des Sohnes war, die der Vater bewusst wieder herausholen ließ, um ihn als Sohn des Hausherrn sichtbar zu machen.
Kurz gesagt: Mit allem, was der Vater tut, macht er deutlich: „Das ist mein Sohn!“ Wie Vers 24 sagt: „Er war tot und lebt wieder.“ Er ist zurück, er ist zuhause, und der Vater nimmt ihn an, ohne mit der Wimper zu zucken, ohne lange Erklärungen, warum alles schiefgegangen ist, ohne dass der Sohn zwanzig Jahre lang Bußübungen machen müsste. Er wird einfach angenommen.
Der Sohn hatte Angst, dass der Vater ihn nur als Diener annimmt. Aber der Vater übertrifft seine kühnsten Erwartungen. Der Sohn wird wieder Sohn – er geht quasi vom Tod zum Leben, wie Vers 24 sagt.
Jesus will uns hier ganz sicher einen Blick in das Herz Gottes geben. Er zeigt, wie Gott reagiert, wenn jemand erkennt, dass die Dinge dieser Welt ihm keine Erfüllung geben; wenn jemand erkennt, dass nicht das Erbe des Vaters, sondern der Vater selbst das ist, was Erfüllung schenkt. Gott läuft demjenigen entgegen, der zu ihm zurückkommt und Sehnsucht nach ihm hat.
Wir dürfen dabei Johannes 1,9 im Hinterkopf behalten: Gott vergibt gerne denen, die sich ihm zuwenden. Es zeigt uns die Gnade Gottes. Gott kommt uns gerne entgegen. Es ist nicht so, dass er sich dazu zwingen muss oder dass wir ihn überreden müssten. Gott erwartet jeden von uns, der bereit ist, einzugestehen, dass sein Lebensweg nicht zum Ziel führt. Er liebt uns sehr.
Was der Sohn jetzt erlebt, ist eine totale Ironie der Geschichte. Der Sohn, der ausgezogen war, um Spaß, Erfüllung und Party zu finden, erlebt die größte Feier bei seinem Vater zuhause – an dem Ort, wo er dachte, dass die größte Spaßbremse sei. An dem Ort, wo er nie Glück und Erfüllung finden wollte.
Er erlebt echte Festfreude und lebt die Liebe des Vaters. Wisst ihr, warum ich glaube, dass diese Feier für ihn so besonders war? Anders als bei allen anderen war es nicht das Fest selbst, nicht das Mastkalb oder die besondere Kleidung, die ihm etwas bedeuteten. Vielmehr war es die Liebe seines Vaters, die er in jedem Moment spürte.
Ich bin überzeugt, dass sein ganzes Empfinden in diesem Moment von der Liebe seines Vaters geprägt war. Deshalb genoss er die Feier mehr als alles andere. Er fand beim Vater genau das, was er weit weg von ihm gesucht hatte: echte Freude und echtes Glück. Erst jetzt weiß er wirklich, was es bedeutet zu feiern und zu genießen.
Die Herausforderung des älteren Bruders
Christentum, Glaube und Gott stehen in unserer Gesellschaft und oft auch in unserem Denken sowie in unseren Gemeinden nicht gerade hoch im Kurs, wenn es darum geht, dort ein schönes Leben zu finden. Vielleicht war es ähnlich wie beim Sohn im Gleichnis, der anfangs auch nicht daran glaubte, dass er beim Vater und in der Familie Erfüllung und Freude finden würde.
Ich kann mir gut vorstellen, dass auch du mit Jesus vielleicht nicht immer Glück und Erfüllung verbindest. Doch Jesus möchte mit dem Gleichnis deutlich machen, wie ganz anders die Realität tatsächlich ist. Erst wenn wir zu Gott, unserem Schöpfer, umkehren und wirklich wieder in Beziehung mit ihm treten, finden wir wahre Freude und Erfüllung.
Dort ist der wahre Genuss zu finden – nicht in den schönen Dingen, die Gott uns vielleicht schenkt. Ja, das Erbe des Sohnes kam vom Vater, und vieles Gute in dieser Welt stammt von Gott. Aber wenn wir die Dinge nur um ihrer selbst willen genießen, werden wir sie ironischerweise nicht wirklich genießen. Wir genießen sie erst, wenn wir den Geber aller Gaben genießen.
Wer heimkehrt ins Haus des Vaters, wird genau das erleben: tiefe Festfreude. Jesus erklärt das einige Verse zuvor in Lukas 15,7: Dort heißt es, was im Himmel passiert, wenn einer umkehrt und nach Hause zum Vater kommt. Ich sage es mal provokant: Im Himmel wird gefeiert, es herrscht Freude über einen Sünder, der Buße tut – und zwar mehr als über neunundneunzig Gerechte.
Welche Provokation! Oder sagen wir es so: Da sind wir oft sehr locker. Geht das denn so? Ist das gerecht, was der Vater hier tut? So einem Lebemann das zuzugestehen, ihm so zu begegnen? Das bringt uns zum zweiten Teil der Geschichte, denn dort gibt es noch einen anderen, der gerne ignoriert wird – und um den geht es, glaube ich, eigentlich.
Da ist nämlich jemand, der ein Problem damit hat. Lukas 15,25-32 erzählt: Der ältere Sohn war auf dem Feld gewesen. Als er jetzt zurückkam, hörte er schon von Weitem den Lärm von Musik und Tanz. Er rief einen Knecht und erkundigte sich, was das zu bedeuten habe.
Die Antwort lautete: „Dein Bruder ist zurückgekommen, und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn wohlbehalten wieder hat.“ Der ältere Bruder wurde zornig und wollte nicht ins Haus hineingehen. Da kam sein Vater heraus und redete ihm gut zu.
Aber der ältere Sohn hielt seinem Vater vor: „So viele Jahre diene ich dir jetzt schon, und ich habe mich nie deinen Anordnungen widersetzt. Doch du hast mir nie auch nur einen Ziegenbock gegeben, damit ich mit meinen Freunden feiern konnte. Nun kommt dieser Mensch zurück, dein Sohn, der dein Vermögen mit Huren durchgebracht hat, und du lässt das Mastkalb für ihn schlachten!“
Der Vater antwortete ihm: „Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mir gehört, gehört auch dir. Aber jetzt mussten wir doch feiern und uns freuen, denn dieser hier, dein Bruder, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden.“
Du denkst dir vielleicht: So ein Pfosten! Der hätte sich doch einfach mitfreuen und feiern können. So lesen wir oft schnell darüber hinweg, weil wir ja nichts mit der Tatsache zu tun haben, dass der jüngere Sohn als Sohn wieder eingesetzt wird.
Das bedeutet aller Wahrscheinlichkeit nach, dass er auch als Erbe wieder eingesetzt wurde. Und hier sieht jemand seine eigenen Moneten davonlaufen. Hier sieht jemand große Ungerechtigkeit.
Und wisst ihr was? Ich kann ihn verstehen. Was soll das bitte? Derjenige, der buckelt, ackert und arbeitet, ist am Ende der Gestrafte. Der Lebemann, der alles in Saus und Braus verprasst hat, bekommt hier eine Feier bis zum Gehtnichtmehr.
Das ist ja genau das, was er dem Vater vorwirft. Er ist zornig und fordert den Vater heraus. Auch das war in der damaligen Kultur keine Selbstverständlichkeit, dass der Sohn den Vater herausfordert und ihn zum Gespräch bittet.
Das war alles andere als eine Ehrerbietung gegenüber dem Vater. Der Vater muss sich bewegen. Für den älteren Bruder ist das unzumutbar. Wo bleibt hier die Gerechtigkeit?
Zwei Lebensphilosophien und das Herz des Vaters
Ich glaube, dass uns in dem Gleichnis von Jesus zwei ganz klassische Lebensphilosophien aufgezeigt werden, die damals gegolten haben und heute noch gelten.
Die eine besagt: Jeder hat die Freiheit, seine eigenen Ziele zu verfolgen und diese zu verwirklichen, ungeachtet von Sitten und Traditionen. Sei ganz du selbst, das wird dir die größte Erfüllung bringen.
Die zweite Lebensphilosophie lautet: Die Maßstäbe der Gemeinschaft und Traditionen sind über der individuellen Lebenserfüllung zu stellen. Darin wirst du deine größte Erfüllung finden. Das gilt nicht unbedingt für unsere gesamte Kultur, manchmal aber für unsere Gemeindekultur.
Das Spannende ist: Beide Wege haben das Ziel, Erfüllung zu finden – in der Art, wie sie leben. Und sobald man sich von einem der beiden Wege distanziert, denkt jeder sofort, dass man den anderen gewählt hat. Dazu komme ich gleich noch, weil ich glaube, es gibt einen dritten Weg.
Was Jesus hier deutlich macht, ist, dass unsere Maßstäbe nicht immer passen. Vordergründig sehen wir hier zwei Söhne: der eine gut und anständig, der andere böse. So wäre doch unser Urteil, seien wir mal ehrlich.
Aber Jesus lässt beide weg sein vom Herzen des Vaters. Bei beiden geht es nicht um den Vater selbst, sondern um die Gaben des Vaters. Beide wollen das Erbe, die Moneten vom Papa, aber nicht den Papa.
Der eine ist auf dem Weg des Verprassens, der für uns direkt als der schlechte Weg erkennbar ist. Der andere buckelt, knabbert, dient und hofft, dass der Vater ihm das doch endlich gibt. Ja, das ist der moralisch vielleicht anständigere Weg. Aber beiden geht es um das Erbe des Vaters und nicht um den Vater selbst.
Das Schockierende an dem Gleichnis ist, dass Jesus den älteren Bruder in diesem entfremdeten und distanzierten Zustand vom Vater stehen lässt. Er beantwortet nicht, ob er hineingeht zu der Feier.
Der zweite Bruder hat nie die Festfreude und Liebe des Vaters erfahren. Warum? Weil der Vater es ihm nie gegeben hat? Nein. Er sagt ihm, das war die ganze Zeit da, du hast das die ganze Zeit gehabt.
Weil auch er immer nur noch mehr haben wollte, es sich verdienen wollte, aber nie in der Liebe zum Vater gefunden hat. Er findet die Festfreude des Vaters nicht, obwohl er so tugendhaft ist, sondern gerade weil er so tugendhaft ist. Gerade weil er so perfekt lebt und ackert.
Die Herzen der Brüder waren gleich. Beide wollten erben – auf ihrem jeweils ganz eigenen Weg. Der Reichtum und die Gaben des Vaters waren es, von denen sich beide Glück und Erfüllung erhofften, nicht seine Liebe und die Beziehung zu ihm.
Und das schockiert, weil es uns etwas über diesen älteren Bruder zeigt: Wir können die Gebote Gottes peinlich genau halten und trotzdem gegen Gott rebellieren. Du kannst eine Checkliste der zehn Gebote abhaken und noch ein paar mehr dazu – und trotzdem gegen Gott stehen.
Vielleicht passt das zu dem Gleichnis vom reichen Jüngling. Ich setze kurz voraus, dass ihr es vielleicht im Kopf habt: Jesus sagt nicht, dass er die Gebote nicht gehalten hat, ihm nicht widerspricht. Er hatte vielleicht überall einen Haken, aber sein Herz war weg von Gott und gegen ihn.
Wir können Jesus und Gott aus dem Weg gehen, indem wir alle seine Gesetze perfekt halten. Wir können versuchen, uns das Erbe, die Feier und das Recht darauf selbst zu erarbeiten und es uns nicht schenken zu lassen. Und wir können dadurch Jesus aus dem Weg gehen.
So wird Jesus vielleicht zu unserem Helfer, unserem Vorbild, aber eins davon kann er nie sein: unser Erlöser.
Der ältere Bruder wollte auch Kontrolle über seinen Vater – eben gerade durch Gehorsam. Ältere Brüder gehorchen Gott, um etwas dafür zu bekommen, aber nicht, um Gott selbst zu bekommen, nicht um ihm ähnlich zu werden, nicht um ihn zu lieben, nicht um ihn zu kennen und ihr ganzes Leben mit ihm zu teilen.
Und ja, so zeigt uns dieses Gleichnis diese zwei Wege, sein eigener Erlöser und Herr zu sein: einmal, indem man alle Regeln bricht, und einmal, indem man alle Regeln exakt befolgt.
Es ist der Stolz und die Ichbezogenheit des älteren Bruders. Sein Herz ist nicht auf die Liebe des Vaters angewiesen, sondern darauf, es verdient zu haben, dass man die Dinge bekommt – und sie nicht geschenkt zu bekommen.
Bist du manchmal so ein älterer Bruder?
Es geht nicht darum, dass Gebote halten schlecht wäre. Im Gegenteil, ich bin überzeugt davon, dass der jüngere Sohn dem Vater von ganzem Herzen jetzt nachgeeifert hat. Er war so begeistert von dem, wie sein Vater ist, dass er wahrscheinlich intensiv versucht hat, von ihm zu lernen.
Aber hältst du die Gebote, um von Gott etwas geschenkt zu bekommen? Erwartest du dadurch mehr Segen für dein Leben, mehr Anerkennung, mehr Erfolg? Erwartest du dadurch, in Gottes Augen besser zu sein als dein Bruder?
Dient das Gebotehalten am Ende vielleicht dazu, dass du dich abgrenzen kannst von den anderen Christen um dich herum, weil du besser bist, weil du die Sache besser hinbekommst, weil du es nicht so in den Sand setzt?
Und geht es dir beim Gebotehalten mehr darum, als der moralisch Bessere dazustehen, oder liebst du Jesus und den Vater wirklich?
Ist es die Liebe von ihm, um die es dir geht, die dein Leben prägt und die dich dazu bringt, nach seinen Maßstäben zu leben? Weil du ihn kennengelernt hast, weil du die Liebe dieses Vaters erfahren hast und weil du überzeugt bist davon, dass es nichts Besseres gibt, als dein Leben nach ihm auszurichten?
Hast du vielleicht am Ende gar keine Freude am Halten der Gebote, dann ist es letztendlich nur aus Furcht und Unterwürfigkeit.
Ist dein Gehorsam reine Pflichterfüllung, oder entspringt er dieser tiefen Liebe? Weil du jemanden kennengelernt hast, bei dem du sagst: Es gibt nichts Besseres, als so zu sein wie er, so zu werden wie er?
Und verstehst du manchmal nicht, wie Gott solche Leute wieder zu seinen Erben machen kann? Verstehst du manchmal nicht, wie Gott Leute, die viel schlechter sind in der Art und Weise, wie sie ihren Glauben leben, trotzdem segnet?
Wird dein Herz von Neid aufgefressen, ohne dass du es Neid nennen würdest, gerne getarnt als religiöse Empörung, wie man denn so leben könnte – und zwar dann, wenn Gott Sündern gnädig ist?
Stehst du da wie der Pharisäer beim Beten? Natürlich nicht öffentlich, aber in deinem Herzen: Danke, dass ich nicht so bin wie der XY.
Kannst du mal rechts und links gucken und dich fragen, ob dir diese Gedanken schon durch den Kopf gegangen sind?
Die Einladung des Vaters und die Rolle Jesu
Aber damit will ich nicht stehen bleiben. Wir wollen noch einen Blick auf den Gastgeber werfen, denn beide dieser Brüder sind vom Vater geliebt – gleichermassen von tiefstem Herzen. Er wünscht sich nichts sehnlicher, als dass beide zu ihm an die Festtafel kommen.
Beide sind zum Erben ernannt. Er möchte beiden Festfreude schenken, denn er liebt sie beide. Und er wünscht sich nichts mehr, als dass beide zu ihm kommen. Das Evangelium ruft den jüngeren Bruder aus seiner Sünde und seinem Luxusleben heraus, aus dem Dreck, in dem er steht. Aber es ruft genauso den älteren Bruder aus seiner Ichbezogenheit und seinem Stolz heraus.
Dabei geht es nicht darum – und ich glaube, das ist manchmal falsch – dass im Zentrum der Umkehr das Abarbeiten von deiner Verfehlungsliste steht. Sondern es geht darum, zu kapitulieren und die Sünde der Sünden in unserem Leben in Ordnung zu bringen. Nämlich die Missachtung, Missbilligung und Rebellion gegenüber unserem Vater. Den Vater, der sich ausstreckt, uns mit tiefster Liebe zu lieben, und wir ihm ins Gesicht schlagen, von ihm weglaufen und nur sein Erbe haben wollen.
Der Vater will mit beiden eine tiefe Liebesbeziehung führen. Er will sie ihnen schenken. Und der Vater geht heute heraus – egal ob du ein jüngerer oder älterer Bruder bist – und lädt dich ein, an diese Tafel zu kommen. Er lädt dich ein, mitzukommen.
So endet Jesus das Gleichnis mit der Einladung des Vaters an den älteren Bruder, doch mit hereinzukommen und sich mitzufreuen dort, wo jemand umkehrt zum Vater und die Liebe des Vaters wieder ganz neu erfährt.
Vielleicht fühlst du dich angegriffen oder es fällt dir schwer, das zuzugeben, dass du auf einer dieser Seiten stehst. Dann möchte ich dir Mut machen, ehrlich zu sein und dich einladen zu lassen, zu diesem Festmahl mit deinem Bruder reinzukommen, weil der Vater euch liebt.
Was wäre die eigentliche Aufgabe des älteren Bruders in so einer Situation gewesen? Es wäre sein Job gewesen, nach dem jüngeren Bruder zu sehen, zu schauen, wo er gelandet ist, und ihn nach Hause zu bringen.
Es wäre sein Job gewesen, als älterer Bruder sich auf den Weg zu machen und sich um ihn zu kümmern. In der damaligen Kultur war das eine viel größere Verantwortung als heute. Selbst wir haben heute das Empfinden, dass es eine Verantwortung unter Geschwistern ist, sich um den anderen zu kümmern, wenn einer in Not ist.
Das Tolle ist: Wir haben genau diesen älteren Bruder, denn Jesus hat nichts anderes getan, als den Vater zu verlassen, sich auf den Weg zu machen und jeden seiner jüngeren Brüder zu suchen, zu finden und nach Hause zu bringen.
2. Korinther 8,9 sagt: „Ihr wisst ja, woran sich die Gnade von Jesus Christus, unserem Herrn, gezeigt hat: Er, der reich war, wurde arm, damit ihr durch seine Armut reich werdet.“ Jesus hat alles verlassen, um dich reichzumachen.
Er ist der wahre ältere Bruder, der dem tief liebenden Herzen des Vaters entspricht und so handelt wie er. Er lässt alles stehen und liegen, um seine Geschwister nach Hause zu bringen. Er teilt sein Erbe mit dir und mir, um dich an die Festtafel des Vaters zu bringen, damit du und ich wieder eingesetzt sein können – in unserer Stellung als Kinder Gottes.
Jesus ist seit zweitausend Jahren in dieser Welt unterwegs, um seine Geschwister nach Hause zum Vater zu bringen. Vielleicht steht er gerade heute vor deiner Tür und lädt dich ein, nach Hause zu kommen – zu der Feier schlechthin.
Was für ein älterer Bruder! Ganz anders als der, der uns in dem Gleichnis gezeigt wird. Es muss ein Preis bezahlt werden, damit der jüngere Sohn wieder Sohn und Erbe sein kann. Der ältere Bruder musste von seinem Erbe abtreten, und genau das tut Jesus für dich.
Jesus hat alles aufgegeben, damit du und ich wieder an die Festtafel kommen. Er hat den Weg freigemacht. Und solange wir nicht in dieser Liebe und dem Werk des Bruders, der von der Vaterliebe geprägt ist, Ruhe finden, werden wir immer älterer oder jüngerer Bruder sein.
Wir suchen unseren Frieden, unsere Freude und Erfüllung entweder in dem Luxusleben dieser Welt oder im Moralleben dieser Welt. Wir rennen wie in einem Hamsterrad und finden nie Erfüllung. Wir werden nie zur Ruhe kommen.
Aber in dem Werk des einen älteren Bruders, der dich einlädt, nach Hause zu kommen, ist wirklich Ruhe.
Wenn du auf der Suche nach Freude, Glück und Erfüllung im Leben bist und dafür schon alles Mögliche ausprobiert hast, dann lass dich einladen, alles dort zu finden, wo du es nie erwarten würdest.
Es geht nicht darum, dass alles schlecht ist, was an guten Gaben in dieser Welt ist. Aber sind wir als Christen nicht auch manchmal so unterwegs, dass wir denken: Mein Genuss am Wochenende findet am Sonntagnachmittag statt – nicht in der Zeit, die ich mit Gott verbringe?
Und es ist eher ein Abhandeln der Zeit mit Gott, wie beim älteren Bruder, in der Hoffnung, danach mehr geschenkt zu bekommen.
Vielleicht musst du ganz bewusst umkehren zu dem Bankettmeister in Perfektion, zu dem Gastgeber schlechthin, zum Vater, der dich liebt. Denn bei ihm findest du Erfüllung.
Vielleicht dürftest du viel mehr Erwartungshaltung haben, bei Gott wirklich erfüllt und mit Freude gesegnet zu werden – eine Festfreude, die alle deine Erwartungen übersteigt.
Kehr um, wenn du falsch unterwegs bist, und kehre zurück in diese liebenden Vaterarme. Und auch wenn du alles richtig machst, aber eigentlich nur auf deine Vorteile aus bist, lass dich einladen von dem Vater.
Er will einfach seine Liebe zeigen. Er wünscht sich nichts mehr, als dass du nach Hause kommst und Ruhe findest.
Jesus wird manchmal angeklagt, weil er die ganze Zeit eigentlich am Essen und Feiern mit den Leuten ist. In der Bibel finden wir unheimlich viel vom Feiern. Jesaja beschreibt es, Matthäus beschreibt es, dass Abraham einmal zu Tisch liegen wird mit einer großen Familie beim Festmahl Gottes.
Und die Offenbarung fiebert alle auf eine große Hochzeit hin. Gott will der perfekte Gastgeber des perfekten Festes sein – und du bist dazu eingeladen.
Das Einzige, was du tun musst, ist die Einladung anzunehmen und zu ihm zu gehen.
Ich weiß nicht, wie du dir den Himmel vorstellst. Viele sehen ihn als einen Ort, wo man auf einer Wolke schwebt. Wenn du eine Hochzeitsfeier vor Augen hast, liegst du wahrscheinlich nicht allzu falsch.
Eine Hochzeit, die ich am Anfang geschildert hatte, ging damit zu Ende, dass ein Bräutigam ziemlich nervös vorne etwas länger auf seine Braut warten musste.
Jesus steht heute da und wartet auf seine Braut. Er wartet darauf, dass die Feier beginnen kann – bis seine Braut kommt. Du!
Du bist seine Braut. Du bist eingeladen zu dieser Feier schlechthin. Du bist eingeladen, an seiner Festtafel Erfüllung, Freude, Frieden und Ruhe zu finden, die du an keinem anderen Ort finden wirst.
Komm an die Tafel! Amen!