Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Amen!
Ein unerwartetes Erlebnis in New York als Bild für göttliche Führung
Spätnachmittags, Hauptverkehrszeit in New York: endlose Autoschlangen, Menschen hasten wie Ameisen durch die Straßen. In einem der vielen Taxis, die sich durch das Gewühl zum Flughafen kämpfen, sitzt eine deutsche Reisegruppe zusammen mit ihrem Pastor. Sie haben eine vierzehntägige Amerika-Reise hinter sich.
Sie lassen sich vom Taxifahrer am Flughafen aussetzen. Kaum hat er sie rausgelassen, ist das Taxi auch schon wieder im Trubel der anderen Fahrzeuge verschwunden und untergetaucht. Die Reisegruppe geht zum Schalter, und plötzlich merkt einer von ihnen: Ich habe meine Tasche liegen lassen – mit sämtlichen Papieren.
Sie finden einen Polizisten und erzählen ihm aufgeregt das Missgeschick. Doch der lächelt nur und sagt: Das ist hoffnungslos. Ein Taxifahrer in New York? Die Tasche können Sie abschreiben, die sehen Sie nie wieder. Was soll man tun? Die andere Reisegruppe muss die Maschine nehmen, sie haben die Tickets gebucht. Aber der Mann ohne Tasche und ohne Ausweis muss warten, er darf nicht mitfliegen, er muss allein zurückbleiben.
Immerhin erinnert sich der Pastor daran, dass er einen koreanischen Pfarrer mal kennengelernt hat, der in New York wohnt. Er hat noch eine Adresse und Telefonnummer von ihm, die er dem Mann geben kann. Doch den erreichen sie auch nicht gleich, und so verbringt dieser Mann die Nacht im Flughafen auf einer Bank.
Am nächsten Morgen ruft er den koreanischen Pfarrer an. Der sagt: Tut mir leid, ich muss auch dringend verreisen. Aber kommen Sie wenigstens in mein Büro. Hier habe ich ein großes Telefonbuch, und dann können Sie ja nach und nach die ganzen New Yorker Polizeistationen durchtelefonieren.
Er geht dorthin, doch es ist völlig hoffnungslos – zahlreiche Polizeistationen, was soll er tun? Halb entmutigt wählt er einfach mal eine Nummer. Kaum hat er die ersten Sätze gesagt, da sagt die Stimme am anderen Ende der Leitung: Sind Sie nicht der Unlücksrabe, der gestern Abend seine Tasche im Taxi liegen gelassen hat? Ich bin der Polizist, dem Sie das gestern Abend erzählten!
Stellen Sie sich vor: Der Taxifahrer hat seine Tasche tatsächlich abgegeben – und zufälligerweise noch in unserer Polizeistation. Haben Sie ein Glück! Dann fügt der Polizist hinzu, dass der Mann unter den vielen Telefonnummern gerade bei ihm gelandet ist. Das ist einfach nicht zu glauben.
Der Mann bekam seine Tasche, setzte sich fröhlich ins nächste Flugzeug. Als er dann am nächsten Tag zu Hause war und den Jetlag noch spürte, rief er seinen Pastor in Berlin an und sagte: Du, Gott kennt sogar die Polizeistationen in New York.
Es waren viele Menschen an dieser Aktion beteiligt: der koreanische Pfarrer, der Polizist, der Taxifahrer, der Taschenbesitzer – sie alle waren beteiligt. Aber das Entscheidende konnte man mit den Augen nicht sehen. Das geschah von oben, um es bildlich auszudrücken.
Gemeinde als Werk göttlicher Souveränität
Die wahre Bedeutung dieses Ereignisses, also das, was hier wirklich passiert ist, kann nur der verstehen, der bereit ist, nach oben zu blicken. Genau darum, liebe Gemeinde, geht es auch bei der Gemeinde Jesu Christi.
Viele Menschen sind beteiligt, viele Hände fassen mit an, wenn es gut läuft. Doch das Entscheidende kann man mit unseren normalen Augen nicht sehen. Die souveräne Regie, die alles zusammenfügen muss, damit Leben in einer Gemeinde wachsen kann, muss von Gott kommen.
Das eigentliche Geheimnis der Gemeinde Jesu ist daher darin zu sehen, dass wir Gemeinde von oben sind. Gemeinde von oben – das ist unser Thema heute. Und ich denke, gerade bei der Einführung eines Pastors ist das entscheidend: dass wir gemeinsam den Blick nach oben richten. Wir sollen nicht so sehr auf Menschen schauen und auch nicht zu viel von Menschen erwarten, sondern wissen, dass wir gut beraten sind, wenn wir gemeinsam nach oben schauen und das Entscheidende allein von Gott erwarten.
Was könnte uns dabei besser helfen als jener spezielle Brief im Neuen Testament, der allgemein als Klassiker zum Thema Gemeinde gilt, nämlich der Epheserbrief? Wir wollen es wagen, diesen in den nächsten Wochen und Monaten gewissermaßen in Fortsetzung zu behandeln – in einer Predigtreihe. Zwischendurch werden wir auch immer wieder andere Bibeltexte studieren, doch wir werden immer wieder zum Epheserbrief zurückkehren.
Heute, gerade am Pfingstsonntag, wollen wir damit einsteigen. Es gibt dafür eigentlich keinen passenderen Termin im Kirchenjahr als ausgerechnet Pfingsten. Pfingsten blickt ja zurück auf den Geburtstag der Gemeinde, auf jenen Tag, als die Kirche Jesu Christi mit einem Paukenschlag begann.
Doch Gottes Wort sagt uns nicht nur, wie alles anfing. Und Gottes Wort fordert uns schon gar nicht dazu auf, das zu wiederholen, also immer mal wieder ein neues Pfingsten von Zeit zu Zeit zu kopieren, was damals geschah. Dazu werden wir in der Bibel nicht aufgefordert. Stattdessen sagt uns Gottes Wort, wie es heute weitergehen soll. Es gibt uns die entscheidenden Informationen, wie wir heute als Gemeinde leben sollen.
Dabei spielt der Epheserbrief, liebe Gemeinde, eine Rolle, die man überhaupt nicht überschätzen kann. An diesen wollen wir uns deshalb heranwagen.
Der Blick nach oben als Ausgangspunkt für Gemeinde
Wenn wir heute mit dem ersten Kapitel beginnen, muss man sagen: Der Epheserbrief, das erste Kapitel, lässt sich mit einem kurzen Motto zusammenfassen. Und das Motto lautet: Fang oben an, fang oben an oder blicke nach oben. Das ist schon für sich genommen eine spannende Entdeckung.
Der Hauptbrief zum Thema Gemeinde beginnt nicht mit praktischen Anleitungen zum Gemeindebau. Diese kommen später noch ausführlich. Er beginnt auch nicht damit, dass man etwas über die Ämter, die Aufgaben und die Ausbildung von Mitarbeitern hört. Auch das wird später noch ausführlich behandelt. Ebenso beginnt der Hauptbrief über Gemeinde nicht damit, gleich am Anfang eine missionarische Strategie zu entwerfen, wie nun Menschen für die Gemeinde neu gewonnen werden könnten. Auch das wird noch eine Rolle spielen.
Nein, der Epheserbrief blickt zuerst nach oben, er blickt zu Gott. Und das heißt: Was immer sonst noch über Gemeinde zu sagen sein wird, Gemeinde ist zuerst Gemeinde von oben. Das müssen wir festhalten, auch in unserem Gemeindebau.
Martin Lloyd-Jones hat lange Jahre über den Epheserbrief gepredigt. Ich kann Ihnen versprechen, so lange werden wir nicht über den Epheserbrief predigen. Er hat allein über das erste Kapitel ein ganzes Buch veröffentlicht. Insgesamt sind acht solcher Bücher allein zum Epheserbrief erschienen. Sie können sich vorstellen, wie lange er gepredigt hat. Er hatte auch eine sehr geduldige Gemeinde dort in London. Ich bin überzeugt, unsere Gemeinde ist auch sehr geduldig. Aber ich verspreche Ihnen: Ganz so viele Predigten werden es nicht werden. Dennoch wollen wir es wagen, uns diesen Epheserbrief genauer anzuschauen.
Martin Lloyd-Jones hat gesagt: Unser Denken muss immer mit Gott beginnen. Viele Nöte der Kirche kommen von der Tatsache, dass wir so subjektiv sind, nur an uns selbst interessiert und so egozentrisch. Dieser Brief aber sagt uns durch und durch, dass wir nicht bei uns selbst anfangen sollen, wenn wir an das Thema Gemeinde herangehen und dann zu Gott aufsteigen. Nein, wir müssen bei der Souveränität Gottes anfangen, bei Gott vor allem. Erst dann müssen wir auf uns selbst zu sprechen kommen. Das ist die Linie des Epheserbriefs.
So öffnet uns der Epheserbrief ein großes Fenster. Er schenkt uns einen weiten Blick. Wenn wir dieses Fenster aufmachen, dann kommt sehr viel Luft in unser oft so muffiges und provinzielles Denken hinein. Darum freue ich mich richtig auf dieses Abenteuer dieser Predigtreihe. Es ist meine Hoffnung, dass wir dabei den heiligen Gott besser kennenlernen, immer wieder zu diesem Buch, zu diesem Text zurückkehren und dabei neu über Gott staunen lernen.
Außerdem werden wir viel über uns selbst erfahren, über unsere Situation als Gemeinde und als Einzelne. Ich denke, wir werden uns manchmal wundern, wie kleinkariert wir oft noch denken und wie dringend wir diese Horizonterweiterung brauchen, die der Epheserbrief uns schenken will.
Der Einstieg in den Epheserbrief: Autorität und Herkunft der Gemeinde
Heute betrachten wir nur die ersten drei Verse – die ersten drei Verse bilden gewissermaßen das Eingangstor zum Epheserbrief. Man könnte auch sagen, es ist der Auftakt, mit dem der Brief beginnt.
Auf den ersten Blick könnte man die Einleitung fast übergehen, denn es handelt sich um ein typisch griechisches Briefformular: Absender, Adressat, Eingangsgruß. Doch bei genauerem Hinsehen – und das wollen wir jetzt tun – finden wir hier bereits sehr wichtige Aussagen. Lesen wir gemeinsam:
Epheser 1,1-3: Paulus, ein Apostel Christi Jesu, durch den Willen Gottes an die Heiligen in Ephesus, die Gläubigen in Christus Jesus: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus.
So weit. Gleich am Anfang klärt Paulus die Autoritätsfrage. Er macht deutlich, warum es sich lohnt, weiterzulesen und genau hinzuschauen. Paulus stellt seine doppelte Autorität heraus: Er ist Apostel Jesu Christi und fügt hinzu „durch den Willen Gottes“ – also von höchster Stelle beauftragt.
Das ist Paulus. Und jedem, der das liest und ernst nimmt, wird klar: Dieser Brief ist nicht nur ein Gesprächsbeitrag für den weiteren Weg der Gemeinde. Es ist nicht einfach ein guter Ratschlag, was jetzt kommt. Sondern es ist verbindliche Wahrheit, verbindliche Weisung. Es ist ein Brief von oben, ein Brief von Jesus Christus selbst.
Damit erinnert Paulus die Gemeinde an ihre Grundlage, an ihre Grundfesten. Er macht deutlich: Ihr seid eine apostolische Gemeinde. Was war ein Apostel? Ein Apostel war ein bevollmächtigter Abgesandter, der in der Autorität dessen sprach, der ihn schickte. Die Leute aus dem Judentum kannten dieses Amt des Schaliach. Sie wussten um den Satz: „Der Schaliach ist wie sein Herr.“ Was der Schaliach sagt, hat die gleiche Autorität wie der, der ihm den Auftrag gegeben hat.
In dieser Autorität spricht Paulus. Er sagt: Durch mich spricht Christus. Deshalb müsst ihr jetzt zuhören.
Wir wissen, die Apostel hatten zwei Aufgaben. Erstens: Sie sollten die Bibel zum Abschluss bringen, Gottes Wort aufschreiben und die Offenbarung vollenden. Das haben sie getan – zusammen mit einigen wenigen ihrer engsten Mitarbeiter wie Markus und Lukas.
Zweitens: Sie hatten die Aufgabe, den Grundstein für die Gemeinde zu legen – für die Gemeinde aller Zeiten. Im Kapitel 2 des Epheserbriefes wird Paulus sagen: „Ihr seid erbaut auf dem Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist“ (Epheser 2,20).
Mit diesen Worten erinnert Paulus die Gemeinde daran, wo sie herkommt. Er sagt: Ihr seid eine apostolische Gemeinde, gegründet von Jesus Christus selbst – nicht weniger.
Das ist das Erste, was Paulus uns heute ins Stammbuch schreibt, wenn wir mitschreiben wollen: Gemeinde von oben bedeutet erstens eine exklusive Herkunft.
Die Gemeinde Jesu Christi hat eine ganz exklusive Herkunft. Sie geht niemals darauf zurück, dass sich ein paar Leute zusammentun und sagen: „Ach, wir wollen mal eine Gemeinde gründen. Das ist ja ganz nett, wir haben ein paar Leute, die können Musik machen, und ein paar, die können predigen, und wir finden schon einen Raum. Jetzt gründen wir mal eine Gemeinde.“
Eine echte Gemeinde ist anders. So wie wir hoffen und gewiss sind: Auch unsere bekannte evangelische Gemeinde hier in Hannover ist eine apostolische Gemeinde. Das heißt, sie ist gegründet auf dem Grund der Apostel und Propheten.
Als Paulus das schrieb, war die Bibel, wie wir wissen, noch nicht abgeschlossen. Deshalb hat Gott in einzelnen Situationen auch noch Propheten geschickt, die direkt sein Wort ausrichteten – neben den Aposteln.
Als die Bibel dann abgeschlossen war, war das Amt des Propheten nicht mehr nötig. Und irgendwann sind auch die Apostel gestorben. Damit war der Grund ein für allemal gelegt.
Die Apostel waren gewissermaßen der Kanal, durch den Jesus verbindlich sein Wort weitergegeben hat. Solange Jesus auf der Erde war, hat er die Gemeinde angekündigt und die Kerntruppe der Christen gesammelt. Aber die Gemeinde selbst hat er erst am Pfingsttag gegründet.
An diesem Tag gab es einen großen Paukenschlag – und wer stand im Fokus? Die Apostel! Sie begannen plötzlich, in vielen verschiedenen Sprachen zu reden und die Ehre Gottes zu verkündigen.
Die Menschen, die das hörten – Juden und Nichtjuden – sagten: „Mensch, Gott spricht nicht nur Hebräisch, er wendet sich jetzt an alle Völker.“ In all den verschiedenen Sprachen, die im Pfingstbericht genannt werden, macht Gott das durch diese Propheten und Apostel.
Diese konnten plötzlich all diese Sprachen sprechen, obwohl sie sie vorher nicht gelernt hatten. Das war das Wunder in diesem Augenblick. So machte Gott unwiderruflich klar: Diese Leute sind mein Sprachrohr. Durch sie schicke ich meine Wahrheit.
Dann predigten sie dort. Es wurde deutlich: Die Apostel sind zwar das Sprachrohr, aber sie handeln nicht aus eigener Vollmacht. Paulus sagt: Apostel Jesu Christi, durch den Willen Gottes.
Darum – und das wollen wir als erstes festhalten und uns darüber freuen – kommt die Gemeinde, die an Pfingsten gegründet wird, direkt von Gott. Wir haben eine exklusive Herkunft.
Wir müssen festhalten: Die Apostel der ersten Stunde sind auch unsere Apostel. Paulus ist auch unser Apostel, Petrus ist auch unser Apostel, Johannes ist auch unser Apostel.
Die Apostel hatten eine absolute Sonderstellung für alle Zeiten. Sie mussten bestimmte strenge Bedingungen erfüllen. Zum Beispiel mussten sie dem auferstandenen Jesus begegnet sein und ihn leibhaftig gesehen haben.
Deshalb hatte Paulus eine Ausnahmestellung, weil er Jesus nach dessen Himmelfahrt noch gesehen hat. Jesus ist ihm bei einer ganz besonderen, außergewöhnlichen Begegnung erschienen – extra Paulus, damit er Jesus sehen konnte und damit die Bedingung erfüllte, die ein Apostel erfüllen musste.
Paulus ist also ein echter Apostel. Unsere Gemeinde geht direkt auf die Apostel zurück und damit direkt auf Jesus. Die Apostel reden durch das Wort, und so stehen wir hier auf dem Fundament der Apostel.
Das ist unsere Stellung als Gemeinde, und das bestimmt unsere exklusive Herkunft – die exklusive Herkunft jeder christlichen Gemeinde. Das wollen wir erst einmal festhalten.
Zwischeninstanzen und die exklusive Herkunft der Gemeinde
Nun ist die Kirchengeschichte voll von Versuchen, zusätzliche Instanzen gewissermaßen zwischen die Apostel und die Gemeinde dazwischenzuschieben. Man kann diese als eine zusätzliche Instanz betrachten, sodass die Gemeinde nicht mehr auf dem Grund der Apostel steht, sondern auf dem Boden einer Zwischeninstanz.
Das bekannteste Beispiel für eine solche Zwischeninstanz ist die römisch-katholische Kirche, die ein ganzes System von Zwischeninstanzen entwickelt hat. An der Spitze steht der Papst. Der Papst nennt sich selbst Stellvertreter Jesu Christi und bezeichnet sich als der Fels der Kirche. Somit steht man nicht auf dem Boden der Apostel, sondern letztlich auf dem Boden des päpstlichen Wortes und all der eingefügten Zwischeninstanzen.
Dies erklärt auch einen Teil des Personenkults, der um das Ableben des alten und die Berufung des neuen Papstes entstanden ist. Die Gemeinde nach dem Neuen Testament hat jedoch eine exklusivere Herkunft: Wir stehen direkt auf dem Boden der Apostel.
Es gibt weitere Versuche, Zwischeninstanzen einzufügen. Ein Beispiel dafür ist die Neuapostolische Kirche, von der Sie sicherlich gehört haben. Während wir uns heute in Hannover treffen, findet in Stuttgart eine große, europaweit ausgestrahlte Versammlung der Neuapostolischen Kirche statt. Dort wird der oberste Apostel, der sogenannte Stammapostel, verabschiedet. Auch wir haben eine Einführung, allerdings anders als bei uns. Dort wird demnächst der neue Stammapostel für Europa eingeführt.
Die Neuapostolische Kirche lehrt, dass dieser Stammapostel unverzichtbar ist, da er den Heiligen Geist spendet. Hier wird also wieder eine Zwischeninstanz eingefügt, sodass die Gemeinde nicht exklusiv auf dem Boden der Apostel steht, sondern auf einer anderen Instanz.
Eine weitere interessante Zwischeninstanz ist die Bibelkritik. Sie behauptet, dass man die biblischen Texte nicht richtig verstehen könne, was damals eigentlich passiert ist und was die Bibel will. Stattdessen müsse der Bibeltext erst durch eine Art „Wurstmaschine“ – die historisch-kritische Methode – hindurchgeführt werden. Erst dann verstehe man andeutungsweise, was damit vielleicht gemeint gewesen sein könnte.
Die Heilige Schrift sagt jedoch: Die Gemeinde Jesu hat eine exklusive Herkunft. Wir stehen direkt auf dem Boden der Apostel.
Die einen berufen sich auf den Papst, die anderen auf ihren Stammapostel, die dritten auf ihren Theologieprofessor. Aber die eine wirkliche Gemeinde Jesu Christi, die es in der ganzen Welt gibt, hat eine exklusivere Herkunft: Sie ist Gemeinde der Apostel, Gemeinde von oben.
Deshalb denkt Gemeinde auch nicht in politischen Kategorien. Klar, jeder einzelne Christ soll als Staatsbürger seine politische Verantwortung wahrnehmen und sollte das unbedingt tun. Aber im Hinblick auf Gemeinde müssen wir sagen: Wir sind nicht von rechts, wir sind nicht von links, wir sind von oben.
Das ist die exklusive Herkunft der Gemeinde Jesu Christi. Und gebe Gott, dass das auch die entscheidende Wahrheit über unsere bekennende evangelische Gemeinde hier in Hannover ist. Dass es unsere Ehre ist, Gemeinde von oben zu sein, aber auch unsere Verpflichtung.
Schon am Pfingsttag hieß es, wir blieben von jetzt an beständig in der Lehre der Apostel. Sie blieben auf diesem Fundament stehen. Und das wolle Gott uns schenken, dass wir uns nicht von der Lehre der Apostel entfernen, dass wir nicht irgendwelche neuen Zwischeninstanzen plötzlich einführen, die uns wegtreiben von dem eigentlichen Grund, auf dem allein wir sicher stehen.
Exklusive Mitgliedschaft als zweites Kennzeichen der Gemeinde
Das ist das erste exklusive Merkmal der Herkunft. Paulus blickt zunächst zurück, wendet seinen Blick dann aber sofort auf die Gegenwart. Denn nun stellt sich die Frage: Wer gehört eigentlich dazu? Wer gehört wirklich zur Gemeinde?
Damit kommen wir zum zweiten Kennzeichen echter Gemeinde: Sie hat nicht nur eine exklusive Herkunft, sondern auch eine exklusive Mitgliedschaft.
Zweitens also: exklusive Mitgliedschaft. Paulus sagt hier: „Durch den Willen Gottes an die Heiligen in Ephesus, die Gläubigen in Christus Jesus.“ An die Heiligen in Ephesus, die Gläubigen in Christus Jesus. Sie werden gleich sehen, dass die Mitgliedschaft in der Gemeinde Jesu viel exklusiver ist als in jedem Tennisverein oder Golfclub.
Warum? Von welchen Leuten redet Paulus hier? Schon damals war dieser Brief nicht nur für die Gemeinde in Ephesus bestimmt, sondern eine Art Rundschreiben, das sich auch an viele andere Gemeinden in dieser Region richtete. Darauf werden wir in den nächsten Wochen noch einmal zurückkommen.
Paulus sitzt im Gefängnis. Er hört, dass schwierige Tendenzen in die Gemeinden dieser Region eingebrochen sind. Er muss reagieren und schreibt einen Brief, in dem er die Leute daran erinnert, was sie sind. Er sagt, dieser Brief richtet sich an die Heiligen und Gläubigen in Christus Jesus.
Die Grammatik macht deutlich, dass es sich um ein und dieselbe Personengruppe handelt. Es heißt also nicht: an die Heiligen und dann auch noch an die Gläubigen, sondern an die Heiligen, die die Gläubigen sind. Das ist hier gemeint.
Nun müssen wir fragen: Was ist ein Heiliger?
Zurzeit gibt es Diskussionen darüber, dass in der katholischen Kirche das Seligsprechungsverfahren für den verstorbenen Papst eingeleitet wird. Man muss erst selig gesprochen werden, bevor man heilig gesprochen werden kann. Im gültigen Katechismus der römisch-katholischen Kirche ist genau beschrieben, was ein Heiliger ist und sein muss.
Dort heißt es zum Beispiel unter Punkt 828: Die Kirche stärkt die Hoffnung der Gläubigen, indem sie ihnen die Heiligen als Vorbilder und Fürsprecher gibt. Die Heiligen sind also Fürsprecher für die Gläubigen. Weiter heißt es: Die Heiligen hören nicht auf, beim Vater für uns einzutreten, indem sie die Verdienste darbringen, die sie durch den Mittler Jesus Christus auf Erden erworben haben.
Die Heiligen haben also mit der Hilfe von Jesus Verdienste erworben. Mit diesen Verdiensten treten sie nun vor Gott, den Vater, und setzen sich als Fürsprecher für uns ein. Deshalb lohnt es sich aus katholischer Sicht, die Heiligen als Fürsprecher anzurufen. Das ist die katholische Definition und das katholische Verständnis eines Heiligen.
Aber was ist ein Heiliger nach der Bibel?
Zunächst ist offensichtlich, dass Paulus sich an Lebende wendet, wenn er hier die Heiligen und Gläubigen anspricht. An die Heiligen, von denen der Katechismus spricht, schreibt man keine Briefe mehr. Es müssen also andere Menschen gemeint sein.
Was ist also ein Heiliger? Wörtlich bedeutet das „ein Herausgenommener“ oder „ein Abgesonderter“. Woher ist er herausgenommen? Er ist in gewisser Hinsicht herausgenommen aus dieser normalen Welt.
Die Gemeinde ist eine Sammlung von Heiligen, eine Gruppe von Menschen, die mehr zu Gott gehören als zu dieser Welt. Das ist die Gemeinde.
Natürlich sind im Gottesdienst immer auch Nichtchristen willkommen. Aber sie sind keine exklusiven Mitglieder der Gemeinde – das sind nur die Heiligen.
Der Normalfall in der Welt ist, dass Menschen keine Verbindung mit Gott haben. Sie suchen Gott vielleicht in der Natur oder bemühen sich um gute Taten und ein anständiges Leben. Sie glauben, auf diese Weise könnten sie irgendwie mit Gott in Verbindung kommen. Der normale Mensch ist kein Heiliger und weiß das auch irgendwie. Aber es stört ihn nicht so sehr.
Paulus wendet sich nur an die Heiligen. Das macht er ganz deutlich. Nur sie gehören zur Gemeinde.
Man kann nicht Christ sein, ohne heiliger zu sein. Und man kann nicht heiliger sein, ohne Christ zu sein.
Verstehen Sie, worauf Paulus hier gleich zu Beginn den Finger legt? Er sagt, Christen sollen nicht so sehr darauf achten, weltoffen genug zu sein oder sich nicht zu sehr von der Welt zu unterscheiden. Das ist nicht das Hauptproblem.
Vielmehr sollen wir erst einmal darauf achten, ganz bei Gott zu sein, ganz auf seiner Seite zu stehen und ganz zu ihm zu gehören. Von dort aus sollen wir dann auch wieder auf die Welt zugehen, sie ansprechen und in die Welt hineingehen.
Aber unser erster Blick soll nach oben gehen.
Das gilt für den Einzelnen genauso wie für uns als ganze Gemeinde. Wir sollten uns immer wieder fragen: Sind wir ganz bei Gott? Stehen wir eng an seinem Wort? Spielt er wirklich die entscheidende Rolle in unserem Leben und Denken?
Das meint Paulus mit dieser exklusiven Mitgliedschaft: Ein Heiliger gehört ganz zu Gott.
Wie wird man heilig? Die Bedeutung von Vergebung und Glauben
Jetzt müssen wir noch einmal genauer fragen: Wie kommt man auf die Seite Gottes? Wodurch wird man heilig?
Heiligkeit ist nicht menschliche Tugendhaftigkeit – so, wie Mutter Teresa oft als moderne Heilige bezeichnet wurde. Und von dem damaligen amerikanischen Präsidenten Clinton sagte man, ein Politiker müsse kein Heiliger sein, weil er einen entsprechenden Lebenswandel führte. Das ist hier nicht gemeint.
Es geht nicht um Tugendhaftigkeit. Heilig bedeutet, dass das verschwinden muss, was mich von Gott trennt. Es muss das beseitigt werden, was mich daran hindert, ganz auf Gottes Seite zu stehen. Und was ist das? Was hindert mich, ganz auf Gottes Seite zu stehen? Die Bibel sagt ganz klar: Das ist meine Schuld, das ist meine Sünde.
Heilig bedeutet, meine Schuld ist vergeben. Heilig bedeutet, ich bin von den Konsequenzen meiner Schuld freigesprochen. Deshalb ist heilig keine Wesensbeschreibung. Man ist nicht heilig, weil man sich bestimmte Eigenschaften zugelegt hat. Verstehen Sie: Heilig ist eine Rechtsstellung.
Heilige haben eine ganz besondere Rechtsstellung vor Gott. Sie sind schlichtweg freigesprochen von ihrer Schuld. Sie sind angenommen als Gotteskinder – egal, welcher Lebenswandel hinter ihnen liegt, egal wie lang die Liste ihrer Vorstrafen ist, egal wie viele Fehler sie sich jetzt noch leisten. Heilig ist ein Rechtstitel. Das bedeutet: Ich darf zu Gott gehören, weil meine Schuld vergeben ist.
Und jetzt wird auch deutlich, warum Paulus sagt: den Heiligen und den Gläubigen. Denn wie bekomme ich Vergebung meiner Schuld? Die bekomme ich nur durch den Glauben. Die bekomme ich nur durch den Glauben an Jesus Christus, indem ich sage: Herr Jesus, ich gebe zu, dass ich verloren bin und ohne dich von Gott getrennt, aber bitte vergib mir meine Sünde.
Wer so zu Gott kommt, der ist von der ersten Minute an ein Heiliger – ein Heiliger und ein Gläubiger. Wir können das jetzt nicht weiter ausführen, aber dieser Mensch hat dann auch Frieden mit Gott. Er steht nicht mehr unter dem Zorn Gottes, muss sich vor Gott nicht mehr fürchten. Für ihn ist die letzte Abrechnung, die irgendwann mal kommen könnte, kein Damoklesschwert mehr, das über seinem Haupt schwebt.
Er weiß das. Deswegen sagt Paulus im nächsten Vers auch: Gnade sei mit euch und Friede von Gott. Derjenige weiß: Mein Verhältnis zu dem lebendigen Gott ist bereinigt, ich bin mit ihm versöhnt, meine Schuld ist vergeben, ich gehöre zu ihm. Ich gehöre zu den Heiligen, weil ich zu den Gläubigen gehöre, an Christus Jesus.
Und er schenkt mir das – das meint Gnade. Er gibt mir das, obwohl ich es nicht verdient habe. Und er gibt mir Frieden mit Gott. Das ist es. Das bedeutet exklusive Mitgliedschaft.
Wer das von sich sagen kann, wer sich mit dieser getrösteten Verzweiflung an Jesus wendet und sagt: Ich brauche deine Vergebung, der ist ein Heiliger. Und der hat Anteil an dieser exklusiven Mitgliedschaft der Gemeinde Jesu Christi in der ganzen Welt.
An dem wird Gott dann auch arbeiten. Den wird Gott Schritt für Schritt verändern. Und dem wird er helfen, auch in seinem Lebensvollzug immer mehr in das hineinzuwachsen, was Jesus vorgelebt hat.
Wissen Sie, viele Christen oder viele Menschen, die gern Christen werden würden, die gern zur Gemeinde dazukommen würden, haben oft Angst. Sie sagen: Ob ich das alles schaffe? Ob mich das nicht moralisch überfordert? Ob ich von meiner Persönlichkeit und von meiner Charakterstruktur her überhaupt in der Lage bin, das annähernd hinzukriegen?
Wenn Sie diese Frage stellen, können Sie sie vergessen. Sie ist nicht wichtig. Es kommt nicht darauf an, dass Sie irgendetwas schaffen, sondern darauf, dass Sie sich an Jesus wenden und ihn um Hilfe bitten. Und sich ihm anvertrauen. Dann wird er in Ihrem Leben die entscheidenden Veränderungen Schritt für Schritt herbeiführen. Er wird das tun.
Auch damals in Ephesus und der Umgebung gab es offenkundig Christen, die nicht mit ihrem Leben fertig wurden und immer wieder merkten: Wir schaffen dies nicht und wir schaffen jenes nicht. Weshalb macht Paulus das hier noch einmal deutlich?
Er sagt: Ihr seid nicht nur Gemeinde von oben. Das heißt, ihr seid nicht nur exklusiv in eurer Herkunft, ihr seid nicht nur exklusiv in eurer Mitgliedschaft, sondern ihr seid drittens auch ausgestattet mit einer exklusiven Grundausstattung.
Exklusive Ausstattung als drittes Kennzeichen der Gemeinde
Also, das ist das Dritte: Wenn Sie noch mitschreiben, Gemeinde von oben bedeutet drittens exklusive Ausstattung. Diese exklusive Ausstattung wird hier im dritten Vers beschrieben. Paulus sagt: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus.“
Was meint das? Eigentlich ganz einfach. Paulus sagt, wen Gott zum Mitglied in seiner Gemeinde macht, dem gibt er auch ein sattes Vermögen mit. Das beschreibt er hier mit dem Begriff „Segen“ – mit allem geistlichen Segen im Himmel.
Vor vielen Jahren berichteten Zeitungen in Los Angeles von einem alten Ehepaar, das tot in seiner Wohnung gefunden wurde. Die Autopsie ergab, dass beide an schwerer Unterernährung litten und letztlich daran gestorben sind. Die besondere Tragik zeigte sich, als man die Wohnung aufräumte. Wissen Sie, was man dort fand? Einen Schrank, in dem eingewickelt in Papiertaschen Geldscheine im Wert von 40 Dollar lagen.
Dieses Ehepaar hatte alles zur Verfügung, sie hatten alles, was sie brauchten, sie waren überreichlich ausgestattet, aber sie haben es nicht genutzt. Ähnlich machen es manche Christen. Sie ahnen gar nicht, was sie gewissermaßen geistlich im Schrank haben. Sie ahnen nicht, welche große Ausstattung Gott für sie bereithält und ihnen eigentlich schon anvertraut hat. Sie ahnen nicht, wie reich und erfüllt ihr Leben sein könnte.
Sie leiden an geistlicher Unterernährung, weil sie den Reichtum, den Gott seinen Leuten schenkt, nicht nutzen. Paulus schreibt für diese Leute den Epheserbrief und macht ihnen deutlich – und wir werden das in den nächsten Wochen sehen –, dass Gott ein Gott unermesslichen Reichtums ist, den er für seine Gemeinde bereithält.
Der ganze Epheserbrief ist voll davon, dass Paulus diesen Reichtum beschreibt, damit die Christen sich an diesem Reichtum freuen können, ihn besser verstehen und auch in ihrem Leben nutzen. Zu Recht haben die Christen dem Epheserbrief immer wieder liebevolle Namen gegeben.
So wurde der Epheserbrief zum Beispiel „die Bank des Gläubigen“ genannt – also nicht die Bank, auf die er sich setzt, sondern von der er abhebt. Oder „das Scheckbuch des Christen“. Man hat den Epheserbrief auch „die Schatzkammer der Bibel“ genannt. Hier ist der ganze Reichtum Gottes deponiert, hier ist er aufgehoben, und hier kann man sich bedienen.
Darum ist es für uns als Gemeinde so wichtig, dass wir diese Schatzkammer öffnen, von diesem Scheckbuch abheben. Dass wir uns diesen Epheserbrief im wahrsten Sinne des Wortes zu eigen machen, ihn immer besser verstehen und immer mehr kapieren, was Gott eigentlich in unser Leben hineingelegt hat und was er uns schenken will.
In diesem dritten Vers fasst Paulus das alles gewissermaßen vorab schon einmal zusammen, worin dieser Segen besteht. Er sagt: Gott hat uns gesegnet mit allem geistlichen Segen, wörtlich „in dem Himmlischen“. Was heißt das?
Das heißt also nicht, dass ein Segen im Himmel liegt und wir jetzt auf der Erde sind und deswegen nicht daran kommen. Das ist damit nicht gemeint. „In dem Himmlischen“ bedeutet einmal den Ursprung dieses Segens, dieses Geschenks: Es kommt aus dem Himmel. Es bedeutet aber noch mehr.
Wenn man es wörtlich übersetzt, könnte man sagen „in den himmlischen Dimensionen“ oder „in den himmlischen Regionen“. Man könnte also sagen: Gott gibt uns einen Segen, der wirksam ist in der für uns noch unsichtbaren geistlichen Wirklichkeit. Wir werden das gleich noch konkreter sehen.
Die Bibel sagt, wir leben nicht nur in dieser Welt der Tische, Stühle und Bänke, in dem, was wir sehen, sondern wir leben in einer viel größeren, für uns aber noch unsichtbaren geistlichen Realität. Gott kann uns anreden, er kann unsere Gebete hören, und in dieser Realität hat Gott uns schon mit ganz viel Segen gesegnet.
Das heißt nicht, dass Gott uns nicht auch in dieser Welt der Tische, Stühle, Bänke, Flugzeuge und verlorenen Taschen hilft – das tut er natürlich auch. Haben wir ja gesehen, wie das in New York am Anfang gelaufen ist. Aber Paulus sagt, das Entscheidende ist, was in der unsichtbaren Welt geschieht, was in geistlicher Hinsicht geschieht. Das ist noch viel wichtiger.
Nun könnte man sagen: Nun gut, das ist auf den ersten Blick nicht sehr werbewirksam. Wenn wir als Gemeinde wie der Rattenfänger von Hameln hergehen und sagen würden: „Liebe Leute, wer zu uns kommt, der wird seine Krankheiten los, hat keine Finanzprobleme mehr, bekommt übermorgen den Arbeitsplatz wieder, den er verloren hat, wird immer reich, glücklich und wunderschön mit Gesundheit ausgestattet sein“, dann hätten wir es leicht. Dann würden die Leute uns die Bude einrennen. Dann könnten wir sagen, das ist eine werbewirksame Botschaft, die genau den Bedürfnissen der Menschen entspricht.
Aber Paulus sagt, das ist nicht unser Hauptpunkt. „In den Himmlischen“ sagt er, in dieser unsichtbaren geistlichen Wirklichkeit. Das ist auf den ersten Blick nicht werbewirksam, aber auf den zweiten Blick: Was sind das für Geschenke?
Das bedeutet – und wir werden das in den nächsten Wochen deutlicher sehen –, wir dürfen in Gottes Nähe leben, wir dürfen beten und wissen, dass da einer ist, der wirklich hört. Wir bekommen Vergebung unserer Schuld und ein wieder friedliches Gewissen. Wir bekommen das Versprechen, dass der lebendige Gott im Leben seiner Leute alles zum Guten führt und dass wir nicht unter der Fügung irgendeines blinden Schicksals stehen, das morgen ganz grausam zuschlagen kann. Sondern wir sind in der Hand dessen, der uns geschaffen hat.
Zu diesem Segen im himmlischen Bereich gehört auch die Gewissheit, dass Gott dafür sorgen wird, dass wir im Himmel ankommen. Er wird dafür sorgen, dass wir Tag für Tag, egal was auf uns einstürmen mag, nicht verloren gehen und nicht scheitern.
Ist das nichts? Die Geschenke von Gott kommen aus dem Himmel und zielen auch wieder auf den Himmel. Wir können hier auf der Erde schon einiges erfahren, und wir werden dadurch gestärkt und getröstet. Wir bekommen ein ganz anderes Standing für unser Leben hier. Das Größte wird aber erst noch kommen.
Jetzt dürfen wir in Gottes Nähe leben, aber dann werden wir ihn sehen. Jetzt dürfen wir unter seinem Schutz stehen, aber dann werden wir überhaupt keine Gefährdung mehr erleben, wenn wir bei ihm sind. Jetzt dürfen wir täglich seine Vergebung in Anspruch nehmen, aber dann werden wir sündlos sein.
Jetzt merken wir, wie er unser Leben schrittweise verändert, bei allen Rückschlägen, die es gibt. Aber dann werden wir vollkommen und ohne Sünde sein, wenn wir bei ihm sind. Jetzt führt er uns sicher durch all die Klippen unseres Lebens, aber dann wird es keine Klippen mehr geben, und wir werden auf ewig bei ihm zu Hause sein.
Das ist das Ziel, die Zielrichtung, in die dieser Segen hinreist und hinführt: eine exklusive Ausstattung von oben, die uns als Gemeinde und als Christen schon jetzt zur Verfügung steht.
Aber – und das macht Paulus am Schluss deutlich – es gibt nur einen einzigen Kanal, durch den wir an diese bereitstehenden Geschenke wirklich herankommen. Es gibt nur einen einzigen Kanal, durch den diese Ausstattung auch wirklich unser eigenes persönliches Eigentum wird. Das sind die letzten beiden Wörter in diesem Text: „Durch Christus“.
Es geht nur durch Christus. Es kann nicht durch irgendeine andere Zwischeninstanz vermittelt werden – nicht durch eine Kirche, nicht durch eine Gemeinde, nicht durch einen Ritus, nicht durch irgendwelche Tugenden, die wir erwerben. Es geht einzig und allein durch Christus selbst, der uns das schenken will, an den wir uns wenden dürfen und der sagt: „Jawohl, ich bin verantwortlich für die exklusive Herkunft eurer Gemeinde. Ich bin verantwortlich dafür, dass ihr zu dieser exklusiven Mitgliedschaft dazugehören könnt, dass ihr Heilige werdet, wenn ihr an mich glaubt. Und ich sorge auch für diese exklusive Ausstattung, dass euch nichts fehlt, was ihr braucht. Und egal, wie turbulent es drunter und drüber gehen mag in eurem praktischen Leben: Ich bin da, und ich bringe euch auch durch.“
Ermutigung zum Vertrauen auf Christus und Ausblick auf die Predigtreihe
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas sagen: Manchmal merken wir nichts von dieser exklusiven Ausstattung, von diesem Reichtum. Manchmal fühlen wir uns als Christen und als Gemeinde ganz arm. Da sehen wir keinen Funken von dem, was Paulus hier schreibt.
Paulus hat das auch selbst erlebt. Doch er zeigt uns hier den Weg, wie wir wieder daran gelangen können, wie wir das wieder erkennen und spüren können. Und das heißt immer wieder: Durch Christus. Er ist da, seine Versprechen veralten nicht, und er ist derselbe zu allen Zeiten. Auf ihn können wir uns verlassen.
Ich komme zum Schluss, liebe Gemeinde. Lassen Sie uns nie vergessen, was für ein Vorrecht es bedeutet, zur Gemeinde Jesu Christi dazugehören zu dürfen. Lassen Sie uns das bitte nie vergessen und dankbar sein für diesen Epheserbrief. Er leistet uns diesen Dienst, indem er dieses großartige Geschenk, das Jesus uns macht, Schritt für Schritt, Vers für Vers vor unseren staunenden Augen entfaltet.
Ich hoffe, Sie werden mit dabei sein, zumindest sofern Sie nicht von allzu weit herkommen. Gemeinsam werden wir immer tiefer in diesen Text eintauchen. Wir werden beispielsweise sehen, dass der Vers, der danach beginnt, Vers 4, Paulus so begeistert von dem, was er schreibt, dass er einen einzigen bandwurmähnlichen Satz von Vers 4 bis Vers 14 schreibt – ein Schrecken für jeden Griechisch- und Deutschlehrer.
Von Vers 4 bis 14 fügt er immer wieder ein Adjektiv, einen Einschub oder einen Nebensatz hinzu und schildert Reichtum um Reichtum, weil ihn das einfach so bewegt und so freut. Wir werden diesen langen Satz in einzelne Abschnitte aufteilen, damit wir die einzelnen Reichtümer wirklich verstehen und begreifen können.
All das geschieht nicht, damit wir stolz und arrogant werden. Man könnte ja sagen: exklusive Gemeinde – dann sind wir arrogant. Und es geschieht schon gar nicht, damit wir uns abschotten. Das ist ja auch etwas, das mit dem Begriff „exklusiv“ manchmal mitschwingt: Wir sind so exklusiv, dass kein anderer mehr reinkommt, dass wir uns selbst genügen, uns abschotten und sagen: Ja, wir sind exklusive Gemeinde, und alle anderen sind draußen.
Nein, je besser wir verstehen, was wir in Christus haben, desto brennender wünschen wir, dass auch andere ihn finden. Darum, liebe Mitchristen, lasst uns gemeinsam nach oben sehen. Dann werden wir umso mutiger auch nach draußen gehen, um andere hineinzurufen in die Gemeinde Jesu Christi und sie zu Jesus Christus selbst zu führen.
Amen.
