Ich bin der wahre Weinstock!
Reihe: Selbstoffenbarungen von Jesus (6/7)
Johannes 15,1.5
Einleitende Gedanken
Nach dem Passamahl und der ersten Abendmahlsfeier der Geschichte, lief Jesus mit seinen Jüngern Richtung Gethsemane. In wenigen Stunden wird Jesus verhört, verspottet, verhöhnt, geschlagen, gedemütigt, verurteilt und am Kreuz hingerichtet werden. Für Jesus und die Jünger begann eine unglaublich schwere Zeit. Seit einigen Stunden sprach Jesus mit seinen Jüngern, um sie auf die bevorstehende Zeit vorzubereiten – eine Zeit, in der er nicht mehr mit ihnen unterwegs sein wird. So richten sich die letzten beiden Ich-bin-Worte von Jesus ausschliesslich an seine Jünger. Jetzt geht es einzig und allein um seine Jünger und um seine Nachfolger. Was Jesus den Jüngern sagte, das betrifft uns heute genau so, wenn wir Jesus nachfolgen wollen. Der Weg nach Gethsemane führte durch Weinberge. Da bleibt Jesus stehen, schaut auf einen Weinstock voller Reben und sagt: „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weinbauer. Jede Rebe an mir, die nicht Frucht trägt, schneidet er ab; eine Rebe aber, die Frucht trägt, schneidet er zurück; so reinigt er sie, damit sie noch mehr Frucht hervorbringt. Ihr seid schon rein; ihr seid es aufgrund des Wortes, das ich euch verkündet habe. Bleibt in mir, und ich werde in euch bleiben. Eine Rebe kann nicht aus sich selbst heraus Frucht hervorbringen; sie muss am Weinstock bleiben. Genauso wenig könnt ihr Frucht hervorbringen, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, und ihr seid die Reben. Wenn jemand in mir bleibt und ich in ihm bleibe, trägt er reiche Frucht; ohne mich könnt ihr nichts tun. Wenn jemand nicht in mir bleibt, geht es ihm wie der unfruchtbaren Rebe: Er wird weggeworfen und verdorrt. Die verdorrten Reben werden zusammengelesen und ins Feuer geworfen, wo sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, könnt ihr bitten, um was ihr wollt: Eure Bitte wird erfüllt werden. Dadurch, dass ihr reiche Frucht tragt und euch als meine Jünger erweist, wird die Herrlichkeit meines Vaters offenbart.“ Joh.15,1-8.
I. Wie Frucht entsteht
Zuerst macht Jesus den Vergleich: „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weinbauer.“ Joh.15,1. Jesus hebt sich von anderen Weinstöcken ab. Er ist nicht irgendein Weinstock, sondern er ist der wahre Weinstock. Oder anders gesagt: Er ist der einzige Weinstock, an dem gute Früchte wachsen und der von Gott dem Vater gepflegt und gehegt wird. Dieser Vergleich mit dem Weinstock und dem Weinbauer war in Israel bekannt. Im Alten Testament vergleicht Gott Israel mit einem Weinberg und Gott selbst vergleicht sich mit dem Weinbauer. Doch Gott war über den Erfolg, den er mit seinem Weinberg hatte, sehr enttäuscht. Das Problem des Misserfolgs lag nicht bei Gott, denn er pflegte den Weinberg optimal. Das Problem lag bei den widerspenstigen Weinstöcken und Reben. Im Weinberglied beklagt sich Gott über diese Entwicklung. Durch den Propheten Jesaja lässt er sagen: „Auf fruchtbarem Hügel, da liegt mein Stück Land, dort hackt ich den Boden mit eigener Hand, ich mühte mich ab und las Felsbrocken auf, baute Wachtturm und Kelter, setzte Reben darauf. Und süsse Trauben erhofft ich zu Recht, doch was dann im Herbst wuchs, war sauer und schlecht. Jerusalems Bürger, ihr Leute von Juda, was sagt ihr zum Weinberg, was tätet denn ihr da? Die Trauben sind sauer – entscheidet doch ihr: War die Pflege zu schlecht? Liegt die Schuld denn bei mir? Ich sage euch, Leute, das tue ich jetzt: Weg reiss ich die Hecke, als Schutz einst gesetzt; zum Weiden solln Schafe und Rinder hinein! Und die Mauer ringsum – die reisse ich ein! Zertrampelnden Füssen geb ich ihn preis, schlecht lohnte mein Weinberg mir Arbeit und Schweiss! Ich will nicht mehr hacken, das Unkraut soll spriessen! Der Himmel soll ihm den Regen verschliessen! Der Weinberg des Herrn seid ihr Israeliten! Sein Lieblingsgarten, Juda, seid ihr! Gott hoffte auf Rechtsspruch – und erntete Rechtsbruch, statt Liebe und Treue nur Hilfeschreie!“ Jes.5,1-7. Dieser Weinberg gab keine Früchte, obwohl er die allerbeste Pflege erhalten hatte! Auch durch den Propheten Hosea lässt Gott sagen: „Israel war wie ein üppiger Weinstock, der reiche Frucht trägt. Doch je reicher die Leute von Israel wurden, desto reichere Opfer brachten sie auf die Altäre. Je mehr der Wohlstand im Land wuchs, umso prächtiger schmückten sie die geweihten Steinmale.“ Hos.10,1. Je besser es dem Volk Israel ging, desto schneller verliessen sie ihren Gott und verehrten andere Götter. Israel war kein Weinstock, an dem gute Früchte wachsen konnten. Aber Jesus ist der wahre Weinstock. An diesem Weinstock wachsen gute Früchte, die von Gott selbst gepflegt und gehegt werden. Jede Rebe bekommt Gottes Aufmerksamkeit, wie Jesus sagt. „Jede Rebe an mir, die nicht Frucht trägt, schneidet er ab; eine Rebe aber, die Frucht trägt, schneidet er zurück; so reinigt er sie, damit sie noch mehr Frucht hervorbringt.“ Joh.15,2. Gott selbst pflegt diesen Weinstock. Er sorgt dafür, dass die Reben sich gut entwickeln können. Was das Wachstum der einzelnen Rebe behindert könnte, schneidet er ab. Reben die keine Frucht tragen, müssen abgeschnitten werden, sonst behindern sie das Wachstum der gesunden Reben. Die gesunden Reben müssen ebenfalls gepflegt werden. Alles, was das Wachstum behindert, muss beseitigt werden. Vielleicht fragten sich die Jünger, was Jesus ihnen damit sagen wollte. Gehören sie zu den Reben, die abgeschnitten werden, oder gehören sie zu den Reben die Frucht tragen? Jesus beruhigt ihre Gemüter. Sie gehören zu den fruchtbaren Reben. „Ihr seid schon rein; ihr seid es aufgrund des Wortes, das ich euch verkündet habe.“ Joh.15,3. Sie sind rein aufgrund der Verkündigung von Jesus. Rein sind sie, weil die Worte von Jesus ihr Leben bestimmte. Sie hörten auf Jesus und waren bereit aufgrund dessen ihr Leben zu ändern. Als Jesus sie aufforderte ihm nachzufolgen, dachten sie nicht darüber nach, was das wohl bedeuten könnte. Sie taten einfach, was er sagte. Sie verliessen ihre Arbeit, ihre Familien und folgten Jesus nach. Sie vertrauten Jesus selbst dann, wenn sie nicht alles verstanden. Sie vertrauten seinen Worten, wie es Jesus einmal sagt: „Wer auf mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben. Auf ihn kommt keine Verurteilung mehr zu; er hat den Schritt vom Tod ins Leben getan.“ Joh.5,24. So wurden diese Jünger Teil dieses wahren Weinstocks. Sie vertrauten Jesus und die Frucht wuchs und reifte. Es waren keine grossen Taten, die diese Jünger vollbrachten. Aber Jesus sagte ihnen, dass sie rein seien, gesunde Früchte. Das hat bis heute Gültigkeit. Wer Jesus vertraut und ihm nachfolgt, der wird in diesen wahren Weinstock eingepfropft und wird viel Frucht tragen. Die Frage, die sich jedem von uns stellt ist, ob wir an diesem wahren Weinstock hängen, ob wir eingepfropft wurden. Oder anders gesagt, ob wir auf Jesus reagiert und ihm unser Vertrauen geschenkt haben. Petrus spricht über diesen Prozess von einer Wiedergeburt, den Christen sagt er: „Ihr seid von neuem geboren, und dieses neue Leben hat seinen Ursprung nicht in einem vergänglichen Samen, sondern in einem unvergänglichen, in dem lebendigen Wort Gottes, das für immer Bestand hat.“ 1.Petr.1,23. Wer diese Wiedergeburt erlebt hat, der hängt am wahren Weinstock und wird vom Weinbauer gehegt und gepflegt.
II. Wie Frucht wächst
Die fruchtbaren Reben müssen nun dafür sorgen, dass sich die Früchte gesund entwickeln können. Die Reben werden von Gott gepflegt. Das bedeutet aber nicht, dass die ganze Verantwortung für eine gesunde Entwicklung bei Gott liegt. Wie wir bereits im Alten Testament gesehen haben, bekommen die Reben ein Eigenleben. Sie sind nicht einfach passiv. Die Rebe muss ihren Beitrag leisten. Damit sprengt Jesus entgegen unseren Erwartungen das Bild vom Weinstock. Die Reben bekommen eine Verantwortung. Sie müssen aktiv werden, damit sie sich gut entwickeln können. Jesus fordert diese Reben auf, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen: „Bleibt in mir, und ich werde in euch bleiben. Eine Rebe kann nicht aus sich selbst heraus Frucht hervorbringen; sie muss am Weinstock bleiben. Genauso wenig könnt ihr Frucht hervorbringen, wenn ihr nicht in mir bleibt.“ Joh.15,4. Die Jünger müssen sich nicht um die Rebe kümmern. Sie müssen einzig dafür sorgen, dass sie am Weinstock bleiben. Um die Frucht kümmert sich Gott, er ist und bleibt der Weinbauer. Die Jünger müssen sich nur um die Schnittstelle zwischen dem Weinstock und der Rebe kümmern. Wenn diese Schnittstelle verstopft wird, dann kann keine Rebe Frucht hervorbringen – unmöglich! Jesus sagt damit den Jünger, dass sie eigenständige Persönlichkeiten sind und bleiben werden. Sie werden in Zukunft entscheiden müssen, ob sie mit Jesus verbunden bleiben wollen. In diesen acht Versen im Johannesevangelium wird das Wort „bleiben“ neun mal verwendet. Das zeigt eindeutig, um was es Jesus hier geht. Er will seinen Jüngern und damit auch uns sagen, dass es unsere Aufgabe ist, dass wir ganz nah bei ihm bleiben. Jesus weiss, was auf die Christen zukommen wird. Er wird gleich den Jüngern erklären, dass sie bald verachtet und verfolgt würden. Trotzdem, sollen sie bei Jesus bleiben. Auf diesen einen Punkt sollen sie sich konzentrieren, denn die Versuchung ist gross, sich von Jesus zu lösen. Deshalb fasst Johannes sein Anliegen, das er den Christen in seinem ersten Brief weitergibt in einem klaren Appell zusammen: „Meine lieben Kinder, nehmt euch in Acht vor den falschen Göttern!“ 1.Joh.5,21. Das ist die grosse Bedrohung unseres Glaubens. Nicht, dass wir keine Frucht bringen, denn das ist nicht primär unsere Aufgabe. Die grosse Gefahr ist, dass wir uns unmerklich von Jesus entfernen. Aber Jesus ist und bleibt die Quelle des Lebens – er sagt: „Ich bin der Weinstock, und ihr seid die Reben. Wenn jemand in mir bleibt und ich in ihm bleibe, trägt er reiche Frucht; ohne mich könnt ihr nichts tun.“ Joh.15,5. Wir sagen das oft so leicht dahin: Ohne Jesus können wir nichts tun.“ Glauben wir das wirklich? Wir können doch sehr viel ohne Jesus tun. Jede Sünde, die wir tun, tun wir ohne Jesus. Wir können sogar gute Werke ohne Jesus tun. Die grossartigsten Evangelisationen können geplant und durchgeführt werden – ohne Jesus. Eindrucksvolle und hilfreiche Sozialwerke können ohne Jesus aufgebaut werden. Wir können sogar eine beeindruckende Kirche sein und das geht auch ohne Jesus. Laodizea gehörte in der Antike zu einer der angesehensten Kirchen. Nicht ohne Stolz sagten sich von sich: „Ich bin reich und habe alles im Überfluss, es fehlt mir an nichts!“ Offb.3,17. Doch Jesus sah das anders, denn er hatte in dieser reichen Kirche keinen Platz mehr. Er wurde – vermutlich unmerklich – hinausgedrängt. So steht Jesus schlussendlich vor der Kirche und bittet um Einlass. Er sagt: „Merkst du nicht, dass ich vor der Tür stehe und anklopfe? Wer meine Stimme hört und mir öffnet, zu dem werde ich hineingehen, und wir werden miteinander essen – ich mit ihm und er mit mir.“ Offb.3,20. Faszinierend, wie stark die Liebe von Jesus gegenüber Christen ist, die ihn aus dem Leben verdrängten. Gerne möchte er in unsere Herzen zurückkehren, wenn wir das zulassen. Wer ihn nicht hineinlässt, wer sich Jesus gegenüber verschliesst und die Schnittstelle zwischen Weinstock und Rebe kappt, der macht den grössten Fehler seines Lebens. Jesus sagt nämlich: „Wenn jemand nicht in mir bleibt, geht es ihm wie der unfruchtbaren Rebe: Er wird weggeworfen und verdorrt. Die verdorrten Reben werden zusammengelesen und ins Feuer geworfen, wo sie verbrennen.“ Joh.15,6. Ein hartes Wort, das Jesus hier sagt. Judas, der ihn verraten hatte, ist diesen Weg gegangen. Viel besser ist es, bei Jesus zu bleiben. Und dazu will Jesus seine Jünger und uns motivieren und ermutigen: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, könnt ihr bitten, um was ihr wollt: Eure Bitte wird erfüllt werden.“ Joh.15,7. Jesus zeigt, welchen Reichtum wir haben, wenn wir mit ihm verbunden bleiben. Wir können mit unseren Anliegen zu ihm kommen und er erfüllt unsere Bitten. Jesus deutet darauf hin, wie das konkret funktioniert, damit die Schnittstelle zwischen ihm und uns intakt bleibt: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben.“ Joh.15,7. Wir bleiben in Jesus, wenn sein Wort bei uns auf fruchtbaren Boden fällt. Und dort, wo das geschieht, ist die Liebe zwischen Jesus und mir intakt und dort, wo das geschieht, bleibt Gott in mir und ich in Gott. Jesus sagte das einmal so: „Wenn jemand mich liebt, wird er sich nach meinem Wort richten. Mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.“ Joh.14,23. Die Beziehung mit Jesus halten wir also aufrecht, wenn wir auf ihn hören und wenn wir seinen Worten vertrauen. Das kann heute ganz einfach geschehen, indem wir uns mit der Bibel beschäftigen, so wir das gerade jetzt tun und uns von der Bibel den Willen Gottes aufzeigen lassen. Es geschieht, indem wir das tun, was wir verstanden haben. Wer so lebt, dessen Vertrauen zu Gott wird wachsen und genauso funktioniert geistliches Wachstum. Jesus sagt einmal: „Wenn jemand bereit ist, Gottes Willen zu erfüllen, wird er erkennen, ob das, was ich lehre, von Gott ist oder ob ich aus mir selbst heraus rede.“ Joh.7,17. Indem wir das tun, was Gott gefällt, werden wir die Kraft Gottes erfahren. Wir werden in unserem Glauben gestärkt und gefestigt. Nicht allein durch Wissen werden wir im Glauben wachsen, denn Glaube ist eben nicht eine Wissenschaft, sondern eine Täterschaft. Paulus sagte das einmal so: „Lasst uns daher nicht müde werden, das zu tun, was gut und richtig ist. Denn wenn wir nicht aufgeben, werden wir zu der von Gott bestimmten Zeit die Ernte einbringen.“ Gal.6,9.
Schlussgedanke
„Bleiben“ ist das Schlüsselwort in diesem Abschnitt. Jesus will den Jüngern und somit auch uns sagen, dass wir nicht primär für die Früchte verantwortlich sind. Unsere Hauptaufmerksamkeit soll darauf gerichtet sein, mit Jesus in Verbindung zu bleiben. Alles andere kommt wie von selbst. Bleiben wir mit Jesus in Verbindung, dann wird die Frucht automatisch wachsen und reifen. Wenn die Frucht gedeiht, dann geschieht das allerwichtigste, was im Leben eines Christen geschehen sollte: Gott wird geehrt und seine Herrlichkeit wird sichtbar. „Dadurch, dass ihr reiche Frucht tragt und euch als meine Jünger erweist, wird die Herrlichkeit meines Vaters offenbart.“ Joh.15,8. Hören wir noch auf einen Gedanken, den Paulus den Christen in Ephesus schreibt: „Was wir sind, ist Gottes Werk; er hat uns durch Jesus Christus dazu geschaffen, das zu tun, was gut und richtig ist. Gott hat alles, was wir tun sollen, vorbereitet; an uns ist es nun, das Vorbereitete auszuführen.“ Eph.2,10. Der Schlüssel zu diesem Leben, liegt einzig darin, dass wir darauf achten, mit dem Weinstock verbunden zu bleiben!