Einführung: Wahrnehmung und Beurteilung von Menschen
Ich möchte mit Ihnen heute wieder einen Abschnitt aus dem Evangelium herausgreifen. Ich hoffe, es verwirrt Sie nicht, wenn wir dabei ein wenig durchs Neue Testament gehen. Es soll eine Art Schulung sein, die Ihnen auch Freude bereitet. So können Sie künftig in Ihrer Konkordanz – wissen Sie, was eine Konkordanz ist? – nachschlagen, um unter einem Begriff bestimmte biblische Inhalte zu finden.
Heute Abend möchte ich mit Ihnen genau das tun. Wenn Sie Menschen sehen, beurteilen Sie sie dann immer nach ihrem Äußeren? Ich habe einmal eine Frau gekannt, die immer gesagt hat, Franz Joseph Strauß sei ihr unsympathisch. Darauf habe ich ihr immer geantwortet: Liebe Frau, das ist nicht wichtig. Ob jemand sympathisch ist, ist nur beim Heiraten entscheidend. In der Politik hingegen ist wichtig, ob jemand gute Politik macht. Auch unsympathische Menschen können gute Politik machen.
Wenn ich eine Wurst oder Brot kaufe, ist es mir nicht wichtig, wie der Bäcker aussieht, sondern ob er gutes Brot macht. Und das ist interessant: Worauf achten wir eigentlich? Wir Menschen schauen sehr stark aufs Äußere. Wir werden stark davon beeinflusst, wie uns Menschen begegnen.
Jesus beurteilt nach dem Herzen
Und da fällt etwas auf, das ich heute Abend mit Ihnen besprechen möchte: Jesus hat die Menschen nie nach dem Äußeren beurteilt, sondern nach dem Herzen. Doch das Herz sieht man nicht. Wie macht man das?
Nehmen wir ein Beispiel. Wir gehen einfach biblische Geschichten entlang. Sie brauchen dazu nicht einmal die Bibel aufzuschlagen. In allen drei Evangelien – Matthäus, Markus und Lukas – kommt die Geschichte von dem Gichtbrüchigen vor.
Dieser Mann wurde von seinen Freunden auf einer Matratze getragen. Das Haus, in dem Jesus war, war so voll, dass der Kranke auf das Dach gebracht werden musste. Dort wurde er durch das Flachdach heruntergelassen – direkt vor die Füße Jesu.
Jesus sagt zu diesem kranken Mann: „Dir sind deine Sünden vergeben.“ Dann wendet er sich an die Menschen, die dort standen, und fragt: „Warum denkt ihr Arges in eurem Herzen?“
Woher wusste Jesus, was sie dachten? Es gibt altmodische Worte, die sagen, Jesus sei ein Herzenskündiger. Das ist treffend. Jesus kennt uns in der Tiefe unseres Herzens.
Ich erinnere mich, wie ich mich einmal wahnsinnig in ein Mädchen verliebt habe. Diese Liebe ist bis heute nicht nachgelassen. Für mich war es eine der größten Freuden, immer sagen zu können: „Du kennst mein Herz.“ Sonst wäre die Frau schon lange an mir verzweifelt, wenn ich ungeduldig oder ungerecht war.
Es ist ein großer Trost, wenn man sagen kann: „Du weißt, wie es in meinem Herzen aussieht.“ Bei uns Menschen ist das oft ein großer Gegensatz. Aber unter Liebenden kann es schön sein: „Du siehst in mein Herz hinein.“
Wie wunderbar ist es, zu wissen: Jesus kennt mein Herz. Er sieht hinein in das Herz. Für manche Menschen ist das ein erschreckender Gedanke, weil sich im Herzen allerhand verbirgt.
Das biblische Verständnis vom Herz
Jetzt müssen wir aufpassen, denn die Bibel hat ein anderes Verständnis vom Herz als wir heute. Wenn wir das Wort Herz gebrauchen, meinen wir meistens das Gefühl. Beispielsweise verstehen wir unter „herzliche Grüße“ eine mitfühlende Anteilnahme, bei der unser Gefühl mit dem anderen mitgeht.
In der Bibel steckt im Wort Herz jedoch noch viel mehr. Es umfasst den Verstand und sogar das Erkennen. Dort ist mit Herz das innere Ich eines Menschen gemeint. Jesus sieht den Personenkern, was ein bisschen philosophisch und abstrakt ist. Er kennt das Innerste eines Menschen.
Jesus hat die Menschen nie nach ihrem Äußeren beurteilt, nie nach dem, was die Augen sehen. Das geht zurück auf alle Gottesmänner in der Bibel. Ein Beispiel ist Samuel, als er einen König salben soll. Er kommt nach Bethlehem, besucht Isai und sagt, man wolle ein Opferfest feiern. Dann lässt er die Söhne vormarschieren und ist begeistert, als er den Ersten sieht, denn der war schön.
Doch als Abinad kommt, sagt Samuel, dass er ihn nicht salben soll. Der Herr sagt: „Stopp, das ist nicht der Richtige. Hast du nicht noch einen?“ Dann kommt der jüngste Sohn, David, und Samuel salbt ihn. Warum? Weil der Herr das Herz ansieht, während der Mensch nur das sieht, was vor den Augen ist. Der Herr aber sieht das Herz an.
Die Schönheit des Herzens im Alter
Und Sie wissen, dass das ein Geheimnis ist, wenn man das aus dem Neuen Testament auch einmal ganz menschlich versteht: Menschen neu zu betrachten, basierend auf dem, was das Herz ausmacht.
Am Sonntag habt ihr ein Wort für unsere Alten gesagt, wegen des 85-jährigen Kaleb. Jetzt möchte ich etwas dazu sagen: Wenn Sie ein Auge dafür haben, merken Sie, dass viele Menschen mit zunehmendem Alter immer schöner werden.
Wenn Sie genau hinschauen und sich fragen, was eigentlich die Schönheit eines Menschen ausmacht, dann sehen Sie, dass man im Alter zwar viele Falten hat und die Haut fleckig wird. Doch es gibt einen klaren, herrlichen Blick, der aus dem Herzen kommt und aus der Reife des Lebens erwächst.
Ich hätte gerne schon früher von vielen Alten erzählt, wenn ich all das miterlebt hätte, was die Frau Figur noch in der Ahornstraße mit ihren 96 Jahren erlebt hat. Oder wie viele Liebe und Freude sie gestiftet hat. Was da kommt, ist eine überschäumende Freude, wie bei unserer früheren Mesnerin zum Beispiel. Sie war so herrlich, und es ist so wohltuend, mit solchen Menschen zusammen zu sein. Denn sie haben eine Lebensfreude, die aus dem Herzen kommt. Es ist eine Harmonie da, die ein junger Mensch gar nicht haben kann.
Und genau das sieht Jesus.
Das Herz als Spiegel der inneren Wahrheit
Jetzt sollte er Sie nie bedrängen, denn wir sagen oft: In meinem Herzen gibt es ja auch unheimliche Dinge, die mich belasten. Es ist doch schön, wenn Jesus das weiß. Dann können Sie vor ihm die ganze Last ausleeren und ihn bitten, sie zu reinigen.
In der Bibel wird das Herz zuerst einmal mit Röntgenaugen aufgedeckt. So kommt das immer wieder vor. Jetzt schlagen Sie mal still auf – diese Stelle war mir völlig neu. Ich dachte, ich kenne das Neue Testament. Schauen Sie mal bei Lukas 16, Vers 15, ob Sie die Stelle kennen.
In Lukas 16,15 steht in der Mitte der Satz: Gott kennt eure Herzen. Diesen Satz habe ich nie beachtet; er war mir in der Vorbereitung neu. Gott kennt eure Herzen. Das fällt einem besonders auf, wenn man die Konkurrenz mit dem Stichwort „Herz“ durchsucht.
Gesprochen ist dieser Satz gegen die Selbstgerechtigkeit der Pharisäer. Ihr rechtfertigt euch vor den Menschen, aber das nützt doch gar nichts. Der Mensch spielt dauernd ein großes Theater, brüstet sich und sagt: „Ich bin doch ein toller Max, und Gott kennt doch mein Herz.“
Es ist so herrlich, dass unser Glaubensleben ganz simpel und einfach werden kann – auch unser Gebetsleben. „Herr Jesus, du kennst die ganze Not meines Lebens. Ich darf wie ein Kind einfach zu dir kommen. Du kennst mein Herz.“
Die Bedeutung des Herzens im Gebet und Glauben
Wenn man aus der Tiefe des Herzens kommt, braucht man nicht viele Worte. Deshalb hat Jesus im Gleichnis auch den Zöllner, der zu dieser „Mafiabande“ gehörte, gelobt. Dieser schrie nur: „Herr, sei mir Sünder gnädig!“ und schlug sich an die Brust – eine Haltung, die Jesus liebt.
Gott kennt eure Herzen. Das ist ein großer Trost. Gott kennt eure Herzen, so wie es Verliebte sagen: „Du kennst doch mein Herz.“ So dürfen auch sie sagen: „Jesus, du weißt, wie es mir geht. Ich bringe es gar nicht hin, aber du kennst mein Herz. Ich liebe dich.“
Jetzt denken sie wieder an die Beziehung einer Mutter zu ihren kleinen Kindern. Da kommt das Kind unglücklich, weil es wirklich nicht alles geschafft hat, was es wollte. Aber es weiß, dass es eine Herzensverbindung der Liebe gibt. An dieser Verbindung darf ich mich freuen.
Das träge Herz und seine Herausforderungen
Im Neuen Testament wird erwähnt, dass unser Herz ein sehr träges Organ ist. Wissen Sie das? Ein träges Organ.
Wo geschieht das? Nach der Auferstehung Jesu gehen zwei Jünger nach Emmaus. Jesus läuft mit ihnen und unterhält sich mit ihnen. Es ist schon überraschend, dass sie ihn nicht erkennen. Doch es ist dunkel, und der Mond leuchtet nicht hell genug.
Da sagt Jesus: „Ihr Toren und Trägen Herzens.“ An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass man vorsichtig mit seinem Herzen umgehen sollte. Man weiß, wie leicht man in Schwermut fallen kann. Dann sagt man einfach: „Es ist alles so schlimm, niemand versteht mich, und ich bin ganz allein.“ Das träge Herz lässt sich sehr leicht herunterziehen.
Dabei zieht es den ganzen Körper mit. Körperliche und seelische Leiden hängen zusammen. Alles geht vom trägen Herzen aus. Auch die Glaubensnöte liegen im trägen Herzen, das nicht will. Es will nicht.
Willst du wirklich zupacken oder nicht?
Die Reinheit des Herzens als zentrale Herausforderung
In der Bibel finden wir weitere wichtige Aussagen über unser Herz, die Jesus in seinem Wort klargelegt hat. Ein besonderes Beispiel ist Matthäus 15, das wir uns genauer ansehen sollten. Es geht um eine Frage, die viele Bibelleser immer wieder beschäftigt: Warum halten wir eigentlich die jüdischen koscheren Vorschriften nicht mehr?
Es ist beeindruckend, wie ein Rabbiner in jedem Hotel jeden Abend kontrolliert, ob die Töpfe sauber sind und ob beispielsweise der Milchtopf und der Fischtopf nicht vermischt werden. Auch das Spülwasser muss getrennt sein. Auf jedem Lebensmittelprodukt muss „koscher“ stehen, um sicherzugehen, dass es rein ist.
Jesus hat jedoch gesagt: „Lass den Blödsinn.“ Er hat diese Reinheitsgesetze außer Kraft gesetzt und zwar mit einer Begründung. Von außen macht dich nichts unrein. Oft sagen wir: „Aber von außen stimmt das doch nicht. Was kommt durch meinen Fernseher, meine Zeitung oder was hören meine Ohren – das verschmutzt doch.“ Jesus sagt dagegen: Nein, der Schmutz kommt durch dein Herz.
Das ist eine Diagnose, die in unserer Welt eigentlich erschütternd ist. Viele Christen sind immer sehr beeindruckt, wenn in Predigten oder Gemeindeblättern von böser Werbung, schlechtem Konsumverhalten oder dem Einfluss der Umwelt auf die Kinder die Rede ist. Man sagt dann oft, die Kinder würden erst durch diese äußeren Einflüsse schlecht. Das ist jedoch Quatsch. Die Kinder haben schon dieses böse Herz. Man sollte sich nichts vormachen, so niedlich sie auch sind.
Das, was im jugoslawischen Bürgerkrieg ans Licht kam, steckt in jedem Kinderherz – auch in meinem Herzen. Wenn man solche schrecklichen Berichte hört, ist das sehr ergreifend. Beim Kriegstribunal erzählte jemand, dass sie früher miteinander gespielt haben, im gleichen Ort. Doch dann hat dieser Mann ihn so grausam bis nahe an den Tod gequält. Sie waren Spielkameraden. Das zeigt, was im Menschenherzen steckt, auch bei Kriegsgefangenschaft und im Dritten Reich. Es ist ganz nah, dass die besten Freunde einen plötzlich verraten. Dieses Herz umgibt uns.
Jesus sagt das auf eine erschütternde Weise in Matthäus 15. Wenn man das immer wieder liest, wird klar: Die Reinheit von außen, dass keine Infekte kommen, ist gar nicht das Problem. Das Problem liegt im Herzen. Jesus sagt dort in Matthäus 15, Vers 8: „Dieses Volk ehrt mich mit seinen Lippen, aber ihr Herz ist fern von mir.“
Dabei meint Jesus nicht das Gefühl, sondern unser innerstes Ich. Deshalb sollten wir uns gegen einen formalistischen Gottesdienst wehren, gegen äußere Predigten oder praktische Gebetsbräuche. Wir wollen ganz bei der Sache sein. Das Herz sucht Gott.
Deshalb dürfen Sie ruhig mitbeten! Auch wenn es nur ein gestammeltes, schweres Gebet ist – herrlich, Gott sieht das Herz an! Es muss echt sein. Viele unserer wohlgesetzten Worte können wir abschminken. Ich bin mir bewusst, dass jedes Gebet, das ich spreche, nie die Schönheit eines gedruckten Liturgiegebetes hat. Aber vielleicht ist es wichtiger, dass es echt und von Herzen kommt.
Das Herz als Ursprung des Handelns
Und dann geht es weiter, in den Versen 18 und 19. Was aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen. Jesus sagt bereits in Vers 17: Was zum Mund hineingeht, das geht durch den Bauch und wird danach in die Grube ausgehen. Das ist schon eine drastische Aussage. Jesus hat sehr anschaulich gesprochen.
Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen. Das ist der Kern meiner Ausführungen: Was redest du? Wie sprichst du? Aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis und Lästerung. Das sind Dinge, die den Menschen unrein machen. Und jeder Mensch ist dazu fähig.
Jesus hat in der Bergpredigt noch einmal verdeutlicht, dass kein Mensch, der sich über einen Ehebrecher entrüstet, wirklich ohne Schuld ist. Denn in seinen Gedanken hat er vielleicht schon alles selbst durchlebt. Jesus geht also bis zur Wurzel: In deinem Herzen ist alles schon gewesen, vielleicht sogar mit einer typischen Sehnsucht.
Genauso ist es beim Hass. Jesus sagte, Hass ist wie Mord. Der eine ist tatsächlich böse und hat Mord begangen, der andere hat in seinem Herzen Hass gegen seinen Bruder. Jesus sagt: Wer seinen Bruder hasst, ist ein Totschläger.
Das Herz als innerstes Wesen des Menschen
Welche Bedeutung das Herz bei Jesus hat
Man muss immer daran denken, dass bei uns das Wort „Herz“ oft vom Gefühl her missverstanden wird. Es wird mit „herzlich“ und „lieb“ assoziiert und ist fast zu einem geschmacklichen Wort in der Sprache geworden. Doch bei den Christen meint das Herz, was Jesus eigentlich meint: mein innerstes Ich, mein Wesen, dort, wo ich als Mensch in der Tiefe meines Wesens bin. Ich würde sagen, es ist mein Gewissen.
Vielleicht meint das Herz in der Bibel viel mehr das Gewissen als das, was wir mit Gefühl verbinden. In der Tiefe meines Innersten – das heißt beim Judas: Der Teufel hatte schon Judas Ischariot ins Herz gegeben, dass er ihn verraten würde.
Alle unglücklichen Tatbestände meines Lebens sind keine bloßen Zufälle oder Versehrungen. Das stimmt gar nicht. Vielmehr beteiligen wir uns ganz aktiv an allen sündigen Dingen durch das Herz. Wir haben Freude daran und wollen es. Deshalb ist es so erschütternd – hoffentlich verwirre ich jetzt nicht – wenn wir uns die Untaten ansehen, die man im Fernsehen vom jugoslawischen Bürgerkrieg sieht. Die Menschen, die das tun, handeln mit einer Begeisterung, als ob sie Gutes täten. Das ist so schrecklich.
Wer das noch weiß, kennt das auch von allen Vergehen im Kommunismus oder im Dritten Reich. Das Herz hat sich falsch gepolt und an irgendwelchen Dingen festgemacht. Dann tut man etwas, weil man meint, es müsse getan werden, um des Guten willen – und ist völlig verrannt, weil das Herz falsch ist.
So war es auch bei Judas. Er meint, er müsse das tun. Er bekommt ja gar nicht viel dafür, es geht ihm nicht ums Geld. Er handelt, weil sein Herz eine Feindschaft gegen Jesus hat, und deshalb tut er es.
Man hat oft darüber gerätselt, wie jemand sich rächt. Oft kann man das gar nicht klären. Der Streit in einer Ehe – warum ist er entstanden? Das wissen die Beteiligten hinterher oft nicht mehr. Aber er kam vom Herzen. Das ist alles, was da abläuft.
Wir verkrampfen uns manchmal aus der Tiefe unseres Herzens an Dingen, die sehr böse sind. Das zeigt uns Jesus in einer schrecklichen Weise in Matthäus 15.
Jesus sieht in diese Tiefe hinein. Deshalb muss alles, was Jesus sagt, in die Tiefe des Herzens vordringen. Das ist kein oberflächlicher Wert. Erst wenn in der Tiefe des Herzens eine neue Kreatur geworden ist, hat es Sinn. Und genau darum geht es uns eigentlich.
Die Bildhaftigkeit Jesu und die Verhärtung des Herzens
Noch die zweite Stelle: Markus 8, Vers 17.
Jesus hat ja immer sehr anschaulich gesprochen. Es hätte mich auch einmal gereizt, einfach zu zeigen, wie Jesus in ungeheurer Bildhaftigkeit gesprochen hat. Wir Prediger sollten uns eigentlich alle nur von Jesus schulen lassen. Jesus hat nie Theorien erzählt, sondern immer Geschichten – Geschichte über Geschichte.
Dann sagt er: „Und trotzdem könnt ihr nicht verstehen.“ Er benutzt dafür das tolle Bild des Sauerteigs, wie der Teig aufgeht. Die Kinder sitzen ja gern vor dem Backofen in der Küche, besonders seitdem es dort eine schöne Glasscheibe gibt. Sie schauen zu, wie der Teig aufgeht. Das ist herrlich, der Kuchen geht auf. Jesus sagt: „Nehmt das Bild vom Sauerteig.“
Doch sie verstanden nicht. Sie hatten ein verhärtetes Herz. Wenn das Herz verhärtet ist, kann man nicht hören. Das liegt nicht an der Botschaft des Evangeliums.
Ebenso sagt Jesus auch beim Bild vom vierfachen Ackerfeld: Es liegt nicht am Korn, am Wort Gottes, dass das Wort Gottes nicht aufgehen kann. Wir meinen oft, das Wort Gottes sei vielleicht falsch gesät oder die Bibel heute so schwer verständlich. Nein, das Herz ist plattgetrampelt wie ein Weg, über den viele gehen. Deshalb kann das Korn keine Wurzeln schlagen.
An dem liegt es: am Boden, am verhärteten Herzen, dass das Wort nicht aufgehen kann.
Die Verstocktheit des Herzens und die Notwendigkeit der Neugeburt
Matthäus 13, Vers 15 enthält eine ähnliche Aussage. Direkt nach der Beschreibung des vierfachen Ackerfeldes fragen die Jünger: Warum redest du in so vielen Gleichnissen? Jesus antwortet darauf auf interessante Weise. Er sagt, dass er Gleichnisse verwendet, obwohl die Menschen sie oft trotzdem nicht hören oder verstehen.
Jesus erklärt nicht, dass er die Botschaft absichtlich verhüllen wolle. Stattdessen beschreibt er die Situation als tragisch. Er möchte den Menschen so klar und verständlich wie möglich sprechen, damit sie es sehen und hören können. Die Bilder sind vor ihren Augen, doch sie verstehen sie nicht, weil ihre Ohren verstopft sind.
In Vers 15 heißt es, dass ihr Herz verstockt ist. Damit ist gemeint, dass das Herz verschlossen oder blockiert ist. Oft wird darüber diskutiert, warum das Herz verstockt ist. Es wird häufig die Schuld bei den Betroffenen gesucht. Bei Pharao dachte man manchmal, es sei nicht seine Schuld, doch tatsächlich liegt die Verantwortung immer bei jedem selbst. Das Herz ist blockiert, und deshalb ist es nicht möglich, die Botschaft zu hören oder zu verstehen.
Es liegt nicht am Verkündiger, sondern an einem selbst, wenn das Herz zugemauert ist. Jesus hat diese Diagnose sehr klar gestellt. Danach kommt es bei ihm nicht mehr zu einer weiteren Erklärung. Im Gespräch mit Nikodemus sagt Jesus nur noch, dass man von neuem geboren werden muss. Eine Operation am Herzen wird nicht mehr erwähnt. Wie das genau geschehen soll, bleibt offen.
Jesus hat an einer anderen Stelle gewarnt, zum Beispiel in der Bergpredigt beim Erntedankfest, wo er sagt: „Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.“ (Matthäus 6,21). Das bedeutet, man kann sich selbst prüfen, wo das Herz wirklich ist – nämlich dort, wo das Wichtigste für einen liegt.
Die Übergabe des Herzens an Gott
Ich war Student und habe ein Büchlein gefunden, das völlig kaputt war, im Antiquariat von Zinzendorf. Es ist mir immer eine der liebsten Stellen. Dort hat er ein Kapitel geschrieben über evangelische Wahrheiten von der ganzen Übergabe des Herzens an den Heiland.
Ich weiß nicht, wie oft ich dieses Kapitel gelesen habe. Zinzendorf sagt, wenn man es einmal verstanden hat, weiß man, wo die Bekehrung ansetzen muss. Dieses träge, verstockte, schmutzige Herz – ich vergleiche es immer mit radioaktivem Abfall, der ständig strahlt – aus diesem Organ kommt immer Böses heraus. Das ist nicht die Pumpe, sondern mein innerstes Gewissen. Das muss geheilt werden, und das kann nur geschehen, wenn ich das Ganze in die Hand Jesu lege.
„Das Christentum ist lauter Herzenssache“, sagt Zinzendorf. Ein Gefühl, das die Leute verstehen, und das ist ein bewusstes, willentliches Sagen: „Ich will dem Heiland gehören.“ Ich mache eine Übergabe und will mich ganz ihm in die Hand geben. Warum, fragt Paulus, können die Juden das Evangelium nicht hören und nicht verstehen? Mich beeindruckt immer, wie viele Juden heute in Israel ein Neues Testament zu Hause haben und wie viele von ihnen es oft durchgelesen haben. Ich glaube, viele von ihnen haben es öfter gelesen als viele bibeltreue Christen.
Wir sind oft überrascht, dass unsere Guides, die Führer, das Neue Testament kennen, aber natürlich nicht daran glauben. Paulus sagt, dass eine Decke vor ihren Herzen liegt. Sie können es nicht sehen, aber das Herz ist zugedeckt. Deshalb muss eine neue, gründliche Veränderung im Herzen geschehen.
Wo ist diese Veränderung passiert? Sie kommt in der Apostelgeschichte, als Pfingsten geschehen war. Das interessiert uns immer wieder. Heute haben wir ja auch viele fanatische Pfingstvertreter. Man merkt oft, dass man zurückhaltend sein will, um keine neuen Gräben aufzureißen. Aber wenn man darüber reden kann, kann man immer sagen: Was war entscheidend bei der Wirkung des Heiligen Geistes? Wir dürfen die Reihenfolge nicht vertauschen.
Es bohrte sich etwas ins Herz, es ging etwas durchs Gewissen. So war es in Apostelgeschichte 2, Vers 39 bis 2. Das ist eine Pfingstgeschichte. Als Petrus predigte, hat der Geist Gottes das Herz überführt, und die Leute sagten: „Das ist wahr.“ Das ist die erste und allerwichtigste Wirkung des Heiligen Geistes durch das verkündigte Wort vom gekreuzigten Jesus, der meine Schuld trägt. Die Leute sagen: „Ja, das ist meine Schuld, die Jesus trägt.“ Normalerweise versteht man nicht, warum Jesus Schuld tragen soll.
Wenn dieses Wunder passiert, freuen wir uns immer, dass es auch in unserer Gemeinde geschieht. Unter Verkündigung ist eine Wirkung des Heiligen Geistes, die kein Mensch fertigbringen kann, auch nicht die tollsten Bilder. Es geht immer um das Bild. Es geht nie darum, zu beweisen, dass es einen Gott gibt oder dass die Schöpfungsgeschichte der Bibel stimmt. Sondern der Punkt ist, dass Menschen sehen: Jesus ist das Lamm Gottes, das die Weltschuld wegträgt.
Das ist in Apostelgeschichte 2 passiert. Das ist der Heilige Geist, der es hell macht. Er zeigt dem Herzen das, und das heißt, es bohrte sich wie ein Pfeil ins Herz. Dort geschieht die Neugeburt. Ein neues Herz heißt, ein völlig neues Denken zu haben von dem, was der Herr in mir wirken will.
Diese Erwartung wurde schon im Alten Bund eindeutig vorhergesagt. Kennen Sie die zwei großen prophetischen Weissagungen vom neuen Herzen? Wo stehen die? Hesekiel 36, Vers 26 und die zweite? Ja, das ist Hesekiel, und die andere? Das ist das schönste Kapitel im Jeremiabuch, behaupte ich immer, wo das Weinen Rahels kommt. Die Israeliten werden nach Jerusalem weinend über die Hügel von Juda laufen. Am Ende wird der Herr den rückkehrenden Israeliten ein neues Herz geben – Jeremia 31.
Jetzt lesen wir beide Stellen, die muss man sich anschauen. Hesekiel 36 ist immer eine Hilfe. Sie wundern sich vielleicht, wie man das macht. Es ist wie ein Geheimkult, wie wenn jemand seine PIN-Zahl bei der Kreditkarte kennt. Wenn man stille Momente hat, gibt es ein einfaches Mittel: Wenn Sie immer beim Losunglesen aufpassen und sich erinnern, wo es stand, dann können Sie Bibelstellen ein bisschen auswendig lernen.
Manchmal erkennt man sie immer wieder, zum Beispiel morgens in der Straße: „Wann war das gestern Abend?“ „Hesekiel 36.“ Dann findet man es schnell, wenn man es suchen will.
Ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben, und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.
Da denke ich immer an Wilhelm Hauff mit seinem kalten Herz, die schöne Geschichte. In Vers 37 werden die Totengebeine lebendig, in Vers 36 kehrt Israel zurück. Die Städte sollen wieder bewohnt und die Trümmer aufgebaut werden. Das steht noch aus, liebe Freunde, das ist noch nicht passiert in Israel. Wir warten auf die Stunde.
Die entscheidende Bestätigung dieser Verheißung kommt noch. Vers 25 heißt: Ich will reines Wasser über euch sprengen, damit ihr rein werdet. Zuvor heißt es, ich will euch aus den Heiden herausholen, euch aus allen Ländern sammeln und wieder in euer Land bringen. Das sind prophetische Verheißungen – so wahnsinnig! Sechshundert oder vierhundert vor Christus – das ist unglaublich! Und alles erfüllt sich in diesen Tagen.
Brigitte Schmid hat mir vorhin in der Kinderhilfe eine Karte gezeigt, von einer Judenmissionarin aus Paris, wie der Jude zum Glauben kommt. Das erleben wir jetzt. Das reine Wasser wird über sie gesprengt, und da wird das Herz geheilt.
Darum ist es ganz wichtig, noch einmal kurz für die Bibelkenner, hoffentlich kann man es in der Kürze machen: Beim Nikodemus sagt Jesus, es sei denn, dass du von neuem geboren wirst aus Wasser und Geist.
Viele sind nur wegen dieser Stelle zur Taufe gegangen. Ich habe dann alles ein bisschen böse kommentiert, wie ich sein kann – ich kann sogar ein bisschen arg böse sein – und habe immer gesagt, sie dürfen sich täglich siebenmal taufen lassen, wenn es ihnen hilft. Macht mir das Wasser nicht so wichtig, sondern es geht doch um dieses reine Wasser, das die Reinigung bedeutet.
Es geht nicht um die Taufe an sich, sondern hier: Ich will das reine Wasser geben. Da bekommt man das neue Herz. Das Wichtigste, was bei Nikodemus gesagt wird: Du musst ein neues Herz bekommen. Das kriegst du nicht durch Taufe. Sonst hätte Jesus das klar erklärt und Nikodemus auch getauft. Jesus hat Nikodemus gar nicht getauft, sondern gesagt: Du musst neu in deinem Herzen werden.
Das geht durch das reine Wasser, durch Vergebung, und durch den Geist Gottes, der Besitz von dir ergreift. Lasst euch die Tauffrage nicht hochjubeln, weil das immer wieder Kircheübertritt und alles mit sich bringt. Das ist nicht die Kernfrage. Die Kernfrage ist Vergebung und Glauben. Dort wird mein Leben neu.
Ich muss nicht jeden, der sich bekehrt, neu taufen. Das reine Wasser kommt durch die Reinigung von den Sünden, ganz einfach. Und den Geist Gottes nehme ich auf, indem ich gläubig werde und an Christus glaube. Dann habe ich das neue Herz.
Hier steht es, wenn ich das reine Wasser nur dazunehme: Jeremia 31. Es ist nicht ganz klar, aber wir nehmen uns noch Zeit, es zu erklären. Jeremia 31 ist ein wunderbares Kapitel. Wir haben schon öfter gelesen, wie die Rückkehrer auf die Höhen von Zion kommen und jauchzen, wie die Alten und die Jungfrauen in Jerusalem wieder auf den Plätzen und Straßen tanzen.
„Ich habe dich je und je geliebt, ich habe dich zu mir gezogen aus lauter Güte.“ Die Berge Samarias werden wieder grün sein – das ist die Westbank. Und dann kommt in Vers 33: Das soll der Bund sein, den ich schließen werde. Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben. Sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.
Es wird keiner den anderen noch einen Bruder lehren und sagen: „Erkenne den Herrn!“, sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß. Sie sehen, wie eng Jesu Wirken mit dem Alten Bund verknüpft ist und wie das hier in Jesus zur Erfüllung kommt.
Jetzt schauen wir uns noch ein paar Stellen an: Wie bekomme ich das reine Herz nur durch Vergebung? Keiner hat das reine Herz. Wir brauchen täglich die Reinigung Jesu, um das reine Herz zu haben.
Als die Pfingstbewegung am Anfang dieses Jahrhunderts viel Unruhe machte, gab es damals die sogenannte Berliner Erklärung. Damals stand eine Sache im Vordergrund, nicht so sehr ähnlich wie der Toronto-Segen, wo Leute umfallen, sondern eine andere Lehre, die damals Jonathan Paul sagte: Wer das reine Herz hat, kann das reine Herz nicht mehr verlieren.
Das gab damals unheimliche Unruhe. Der Kampf ging darum: Wir können rein sein, aber nur durch Vergebung. Wir haben das reine Herz nie als Besitz, weil es sonst verderblich wäre. Diese Lehre war viele Jahrzehnte still, ist im Moment nicht mehr da, aber ich fürchte, sie kommt jeden Moment wieder.
Wir werden rein, indem wir Vergebung haben. Wenn Sie heute Abend ins Bett gehen und sagen: „Herr Jesus, jetzt machen wir wieder einen reinen Tisch“, wunderbar! Alles, was heute falsch war und versäumt wurde, darf ich bei dir ablegen. Selig sind die, die reinen Herzens sind durch Vergebung.
Wo will nun der Herr regieren? „Der Friede Gottes regiere in euren Herzen.“ Christus will dort machtvoll wirken. Gerade wo seine Vergebung ist, gibt er uns auch den Frieden, damit ich nicht mehr hin- und hergewirbelt werde.
Wo ist die Liebe Gottes ausgeschüttet? Die Liebe Gottes ist ausgeschüttet in unser Herz. Weil wir diese Liebe Gottes schauen können, ist unser Herz erfüllt.
Wo will der Herr sein Gesetz hinschreiben? Ins Herz, haben wir gehört. Er will uns die Gebote in der Tiefe unseres innersten Gewissens einschreiben. Darum ist es so herrlich, wenn ich in der Tiefe ihm gehören darf.
Im 1. Korintherbrief heißt es: „Gib mir, mein Sohn, dein Herz!“ Zinzendorf sagt in diesem Kapitel: Zu keinem Planeten, zu keinem Baum und zu keinem Tier hat Gott je gesagt: „Gib mir dein Herz!“ Nur zum Menschen. Der Herr will mit uns Menschen in diese ganz innige Verbindung eintreten. Das ist ein Vorrecht ohnegleichen, das wir haben. Und da will er nichts Fremdes mehr dazwischen haben.
Man soll sich einfach freuen. Man soll nicht wieder neuen Zwang spüren, sondern es als Geschenk nehmen und sich daran freuen, dass dieses unheimliche Organ des innersten Gewissens entgiftet, überholt und neu wird. Es ist ein Wunder seines Geistes.
Man kann nur danken und sagen: „Lieber Herr, ich leide noch an mir, aber es ist wunderbar, dass du stärker bist.“ Dann geschieht das Wunder, dass der Herr unser Herz gebraucht, verändert und zum Segen setzt.
In der wunderbaren Vergebung kommt die Freude, und das Leben. Christus lebt in mir, und das Alte ist vergangen. Es ist alles neu geworden. Das ist die Veränderung.
Schluss: Jesus schaut ins Herz
Schön, heute haben wir uns den Abschnitt angesehen, in dem Jesus in die Herzen der Menschen blickt. Er schaut sie nicht nur äußerlich an. Die eigentliche Veränderung geschieht im Herzen.
Das ist das Herrlichste: Wenn er uns ein neues Herz schenkt. Sie dürfen sich heute Abend wieder daran erfreuen und dieses Geschenk annehmen.
