Die Unvermeidlichkeit des Bekümmertseins und die Bedeutung der Adventserwartung
Um ganz ehrlich zu sein: Das mit dem Bekümmern lässt sich nicht so einfach regulieren.
Bei vielen Dingen in der modernen Welt, die gesteuert und programmiert werden können, ist es beim Bekümmern anders. Bei Ihnen, bei mir natürlich auch, kommt es einfach über uns, wenn Sorgen und Ängste auftauchen. Wenn Unheilsnachrichten das Telefon klingeln lassen, wenn der Arzt einen anschaut und schlimme Nachrichten übermittelt oder sagt, dass er nicht viel tun kann, und wenn man selbst merkt, was los ist – dann ist das alles Grund zur Bekümmernis.
Aber das hat seinen Sinn. Wenn wir heute die Augen öffnen und sogar symbolisch immer wieder die Ängste der Menschen in unsere Adventsfeier hineinsprechen lassen, dann verstehen wir erst die Adventserwartung richtig.
Ich möchte Ihnen ein Adventswort besonders groß und wichtig machen, das Sie gut kennen und oft gehört haben: Wir sollen die Tore und Türen weit und hoch machen.
Was hat es für einen Sinn, die Türen weit und die Tore hoch zu machen? Es bedeutet, dass der König der Ehren einziehen kann.
Kindheitserinnerungen und die Symbolik offener Türen
Diejenigen, die in die Jakobsschule gegangen sind, hatten neben den großen, besonderen Vergnügungen, die das Schulleben so alltäglich zu bieten hat, noch eine ganz spezielle Freude und Genugtuung: Direkt bei der Schule befindet sich die Feuerwache.
Das ist der Traum eines jeden Kindes. Wenn es mitten in der Pause laut tönt und die großen Tore geöffnet werden, ist das ein besonderes Erlebnis. Ich kenne sonst keine großen Tore, und diese waren sauber geputzt. Die feierlichen Feuerwehrmänner mit ihren Helmen treten hinaus. Das sind große, offene Türen.
Aber sagen Sie, was haben diese Türen in der Welt zu bedeuten? Warum sollen wir die Türen so weit aufmachen und so hoch aufziehen? Was ist damit gemeint? Das Lied, das wir singen, können wir sicher auswendig. Doch was damit gemeint ist, ist genau Folgendes: Unser Herr Jesus Christus will in die Dunkelheit der Welt einziehen.
Er soll doch kommen, sagen Sie. Na bitteschön, er kann doch kommen. Es kommen ja allerhand Leute. Warum ist er dann noch nicht da?
Die verbarrikadierten Mauern der Welt gegen Gott
Zunächst muss ich sagen: Die Mauern dieser Welt sind verbarrikadiert. Mauern sind gegen Gott aufgerichtet in dieser Welt. Wissen Sie das? Gott kann gar nicht kommen! Dicke Mauern, unüberwindliche Wälle – Generationen haben daran gebaut. Hören Sie sich doch mal um: Es ist doch gar keine christliche Welt, in der wir leben. Es ist eine gottlose Welt!
Die Mauern sind aufgebaut. Und dann heißt es bei denen, die oben auf der Mauer stehen: „Du brauchst gar nicht zu uns reinzukommen, Gott. Wir machen es ohne Dich. Wir werden mit allem fertig.“ Dann drehen sie sich um und sagen: „Probier, was du willst, wir lassen dich nicht rein in unser Leben, unsere Welt. Hier bestimmen wir. Wir haben unsere Ordnungen und unsere Gesetze, und wir lassen uns nicht in die Karten schauen.“
„Kümmer du dich um deinen Himmel, aber hier in dieser Welt haben wir das Sagen.“ So leben Generationen seit Jahrhunderten, ja Jahrtausenden, und versperren Gott den Weg. Es ist die Feindschaft der Welt, die Gott abblitzen lässt.
Es ist doch unsere Welt, in der wir leben, in der wir aufgewachsen sind, in der wir arbeiten, in der wir zuhause sind – eine Welt ohne Gott.
Das Beispiel des Jaffa Tores und die Bedeutung von Mauern
Wenn Sie einmal nach Jerusalem kommen, sollten Sie beim Jaffa-Tor die Stelle sehen, an der 1898 der damalige türkische Sultan die Mauer aufbrechen ließ. Er bekam großen Besuch: Unseren Kaiser Wilhelm II.
Damals wurde die Mauer abgebrochen, damit der Kaiser hindurchreiten konnte. Wenn Sie sich das ansehen, werden Sie sagen, das war völlig unnötig. Selbst wenn er noch seine Pickelhaube auf dem Kopf gehabt hätte, hätte er den Bogen des Tores nicht berührt. Wahrscheinlich war es für den Sultan eine Geste der Ehre gegenüber dem preußischen Gast, dass er die Mauer abbrechen ließ.
Zu jener Zeit hatte die Mauer ohnehin keine Bedeutung mehr. Wozu hätte man auch noch eine Mauer gebraucht? Mauern dienen zur Verteidigung, zur Abwehr, damit der Feind nicht eindringen kann.
Verstehen Sie, was es bedeutet, wenn die Mauern aufgebrochen werden? Wenn die Mauern geöffnet werden, lassen wir in dieser Welt verschiedene Herren und Mächte einmarschieren. Wir öffnen die Tore bereitwillig.
Mich erschreckt immer wieder, wie in unserem Leben Streit und Gewalt Einzug halten dürfen, wie böse Worte, Hass und unreine Gedanken sich ausbreiten. In der heutigen Zeit erleben wir, wie selbst abergläubische Mächte wieder in unsere Welt Einzug halten. Die Menschen öffnen ihnen die Türen.
Das geschieht durch das, was wir täglich aufnehmen: die Bilder, die wir sehen, in Zeitungen, Fernsehen, Illustrierten und Filmen – all das, was auf uns einströmt. Wir öffnen die Mauern und sagen: Alles darf herein, nur einer soll nicht eintreten – der lebendige Gott.
Wir wollen unsere Festung verteidigen.
Der Augenblick des Mauerdurchbruchs und die Einladung an Jesus
Darum das Zweite: Es ist ein großer Augenblick, wenn jetzt jemand die Mauern aufbricht – und nicht nur die Türen öffnet, sondern die Tore richtig aufbricht.
Ich habe das noch erlebt in Versammlungen, als ich Kind war. Wenn es dort ganz überfüllt war, hat man die Türen ausgehängt. Heute, bei unserer Kirche, hilft das nicht mehr viel, wenn man hinten Türen aushängt. Aber für mich war das immer ein aufregender Moment, wenn man merkte: Jetzt ist es so voll, jetzt muss man die Türen aushängen.
Dann waren noch ein paar Leute im Vorraum, die ebenfalls in der Versammlung dabei sein wollten. Aber hier geht es nicht nur um das Aushängen der Türen, sondern darum, die Mauer aufzubrechen – die Mauer dieser Welt, damit der König der Ehren Einzug halten kann.
Darum geht es in diesen Adventstagen. Ich möchte Sie heute Abend an dieser Stelle einfach zur Besinnung nötigen: Es genügt nicht, dass wir jetzt einen Augenblick in dieser Feier innehalten und über die Lichter der Kerzen träumen.
Kann Jesus als der König der Ehren in Ihr Leben einziehen, in Ihre Welt, in Ihre Arbeit? Ist er der Herr Ihrer Gedanken? Haben Sie die Türen aufgebrochen und sagen: Ich setze dir keine Widerstände mehr entgegen?
Es kann jahrelang so gehen, dass wir uns mit Jesus nur über die Mauern unterhalten. Wir hören ab und zu seine Worte, wir werfen ihm ein paar fröhliche Gedanken zu – aber das genügt doch nicht.
Wir wollen sagen: Das soll nichts mehr zwischen dir und uns sein. Wir räumen die Mauern weg.
Die Mauern des Unglaubens und die Aufforderung zum Öffnen der Türen
Und was sind das für Mauern, die uns da trennen? Das ist der Unglaube, der Zweifel und die Skepsis, die Gott nicht trauen. Es ist das Nein des Ungehorsams und das Misstrauen gegen Gott, ob er uns wirklich den Weg führt, der für uns gut ist.
Das sind die bösen Gedanken, die uns gegen Gott beeinflussen und uns immer wieder gefangen halten. Sie machen die Tore weit und die Türen in der Welt hoch.
Ich wollte in diesen Tagen viele Türen aufbrechen. Ich möchte Sie bitten: Wo Sie in diesen Tagen zu traurigen Menschen kommen, reißen Sie die Türen auf, brechen Sie die Mauern ein und sagen Sie den Menschen, dass bei ihnen Jesus, der König der Ehren, Einzug halten will.
Darum ist ja von alters her die Adventszeit eine Vorbereitungszeit auf das Fest. Da muss noch einiges bei uns weggeräumt werden, was im Weg liegt. Es sind nicht bloß einige ungestimmte Felsbrocken, solche Barrieren oder ein paar Prügel, die uns hindern, sondern dicke, schwere Mauern, die Jesus daran hindern, Einzug zu halten.
Jesus durchbricht Mauern bei offenem Herzen
Ich muss daran denken, wie Jesus selbst durch die dicksten Mauern kommt, wenn nur einer ruft und sagt: Komm doch und kehre bei mir ein.
Das möchte ich all denen sagen, die plötzlich bekümmert sind und denken: Geht Jesus nicht bei mir vorbei, wird es bei mir diesmal ein frohes Fest werden? Ich bin so bekümmert, so depressiv, so verzweifelt, so ohne Hoffnung.
Sie brauchen nur einen Spalt aufzumachen, dann kommt er. Das ist doch die große Botschaft: Jesus hält Einzug in der billigsten Kaschemme von Bethlehem, geht zu den Hirten, bleibt am Haus des Zacchaeus, dieses windigen Betrügers, stehen, nur weil dieser ein bisschen Sehnsucht hat.
Und das darf ich Ihnen verkündigen: Wenn Sie zurückgehen in Ihre Häuser und Wohnungen, wo es traurig sein kann, wo Sie allein sind und niemand nach Ihnen schaut, dann will er, der König der Ehren, bei Ihnen Einzug halten.
Darum reißen Sie doch die Mauern ein, reißen Sie die Widerstände weg, machen Sie die Tore weit und die Türen in der Welt auf. Sie sind jetzt dran: Machen Sie die Tür auf! Ganz weit! Machen Sie sie so weit auf, dass er Einzug halten kann!
Hoffnung für die moderne Welt durch Jesus
Wir haben vorhin dieses Stück gesehen, das uns die jungen Leute andeutungsweise vorgespielt haben. Es trägt den zynischen Titel „Schöne neue Welt“.
Wir wollen nicht in das klare Lied einstimmen, das heutzutage alle brüllen: Wohin geht die Welt? Wohin geht diese dunkle Welt? Für uns ist sie keine dunkle Welt.
Auch die moderne Welt des Jahres 2000 fürchten wir nicht, wenn Jesus Einzug halten kann. Wenn er der Herr ist, wenn er in den Laboratorien die Menschen leitet – bei den Erfindern und Forschern. Dann kann man sich der Technik zuwenden, dann darf man die Wissenschaft erforschen und seinen Geist anstrengen.
Wenn Jesus der Herr ist, dann lass ihn doch eintreten. Christen warten fröhlich auf die Zukunft. Wichtig ist, dass das Gottesreich anfängt.
Macht die Tore weit und die Türen in der Welt hoch! Wo die Türen aufgemacht sind, da fängt der Himmel an – das Himmelreich, von dem Jesus so viel sprach.
Da fängt der Himmel an bei ihnen: im Trauerhaus, in der Krankenschwester auf der Intensivstation, da, wo jemand sorgenvoll dasitzt und nicht mehr weiterweiß, und im Pflegeheim, wo alte Menschen auf ihr letztes Stündlein warten.
Da bricht der Himmel an, wo der König Jesus einzieht.
Der Jubel der Ankunft und die Einladung zum Öffnen des Herzens
Wir wollen in diesen Adventstagen noch viel mehr hören. Dann wollen wir den einstimmigen Jubel einer Maria erleben, die so fröhlich singend ihr Herz erhebt zum Herrn. Sie sagt: „Ich habe das gefunden, was mein Leben groß macht.“ Ich bin fest davon überzeugt, dass genau das unser Leben groß macht – mein Herr!
Wie Zacharias singt und bewundernd dasteht, dürfen auch Sie danebenstehen und sagen: „Ich will die Türen aufbrechen, ich will die Mauern einreißen. Komm, o mein Heiland, Jesus Christus, meines Herzens Tür, die offen ist.“
