Die Rolle des Propheten und Fürbitters
Einen Propheten wie mich, wie Mose, zu verachten, auszustoßen und zu kritisieren – so, wie sie gegen Mose gemurrt haben – das war noch nichts im Vergleich zu Jesus, dem Allerverachtetsten.
Wie Gott sich zu dem einsamen Mose stellte und ihn mit seiner rechten Hand führte, so hat Gott erst recht den Allerverachtetsten aus dem Grab herausgeholt. Er hat ihn zum Herrn gemacht: Jesus Christus, Herr und König, einen Propheten wie mich.
Ich möchte heute Abend eine zweite Linie herausstellen: einen Fürbitter wie Mose. Was ist ein Fürbitter? Dazu müssen wir noch ein wenig Vorspruch machen.
In der katholischen Kirche sprechen sie von den Fürsprechern, von den Heiligen. Unsere katholischen Mitchristen sagen zum Beispiel: „Ich bin froh, dass Josef für mich bittet“ oder „Heilige Mutter Gottes, bitte für uns“. Sie meinen, die Heiligen verstehen uns besser. Maria ist Mutter, ob der Herr Jesus mich versteht? Gott ist weit weg, aber Maria versteht mich, oder Josef und der heilige Blasius – wer auch immer es ist, der versteht uns.
Wir wissen aus unserer Welt, wie gut es ist, wenn man irgendwo auf einem Ministerium einen Verwandten oder Bekannten hat. Dann hat man jemanden, der mit dem Minister sprechen kann. Da ist alles geregelt. Wenn jemand für uns eintritt – gerade der Dekan Weimer, der in seinem Leben erzählt hat, wie er für die Bauernverbände und Heimvolkshochschulen fast alles bei der Bundesregierung herausschlagen konnte – hat uns erzählt, wie er das erste Mal dem Fraktionsvorsitzenden Helmut Kohl begegnet ist. Er musste zu ihm hinaufgucken, denn das war personifizierte Macht. „Was will ich, kleines Würstlein?“ Aber Philipp Jenninger ist für ihn eingetreten. Er war mit Hohe Buch und der Bauernschule vertraut und hat sich dahinter geklemmt.
Es ist gut, wenn man einen Fürsprecher hat, einen, der für einen eintritt.
So dürfen wir auch im Gebet für Menschen beten. Wie viele sagen, wenn sie zur Operation kommen: „Geld denken wir nicht.“ Ist es bei Ihnen auch so, dass das die Stelle ist, an der wir sehr schnell sagen: „Ja, wenn mir nach vier Wochen einer von der Operation kommt, habe ich nicht einmal im Gebet daran gedacht.“ Was habe ich da versprochen?
Fürbitte ist eine Sache, bei der wir sehr schnell schuldig werden. Bei der Taufe unserer Patenkinder sagen wir, wir wollen für diese Kinder beten. Tun wir es denn wirklich? Treten wir vor Gott, beten wir für sie?
Auch in Formulierungen können wir schuldig werden. Ich war mal ganz stolz, als ich in Ulm ins Gebet aufgenommen habe, auch die Verantwortlichen der Wirtschaft. In Ulm gibt es große Betriebe. Ich habe gebetet: „Herr, gib denen, die Verantwortung tragen in der Volkswirtschaft, auch einen Sinn für Verantwortung.“
Ich sehe noch das Gesicht einer Unternehmerfrau vor mir, mit Tränen in den Augen. Sie sagte: „Mein Mann hat Verantwortung. Wenn er ein paar Betriebsangehörige entlassen muss, dann schläft er ein paar Nächte nicht.“ Warum haben Sie nicht für Kraft gebetet, für die, die Verantwortung tragen müssen, dass sie durchhalten können?
Haben Sie mal überlegt, wann ein Außenminister oder Kanzler eigentlich einmal einen freien Tag hat? Bei Wolfgang sehe ich nur eine Pressekonferenz und das Nottelefon. Wann haben die mal Freiheit? Sie sind dauernd unter Belastung. Wo sind die Christen, die für sie beten?
Als wir Pro Christ eröffneten in Schwäbisch Gmünd und in Schorndorf, haben die Oberbürgermeister jeweils einen fulminanten Empfang gegeben. Oberbürgermeister Rembold von Gmünd, ein katholischer Christ, sagte: „Wir brauchen die Christen, damit der geistliche Grundwasserspiegel wieder steigt in unserer Stadt.“ Oberbürgermeister Kübler von Schorndorf hat mich, als ich mich bedankt habe, am Schluss am Ärmel gepackt und gesagt: „Herr Schäffuch, beten Sie für mich, die Probleme sind so groß, dass wir sie nicht mehr lösen können.“
Das meint der Apostel Paulus: Jetzt bitte ich nur, dass man vor allem tut – bitte – Gebet, Fürbitte für die Regierenden, für die Könige und die Gewalt. Sie brauchen es. Sie haben vielleicht gar keine Zeit zur Besinnung, zum Gebet. Betet ihr für sie, damit sie durchhalten können.
Beten wir für die Richter und Richterinnen, für ihre schwierigen Entscheidungen mit den vielen unerledigten Fällen. Sie können Herzinfarkt bekommen von dem, was neu erledigt werden müsste.
Betet für Erzieherinnen und Lehrer. Ich darf manchmal für meinen Picasso und Vertretung Religionsunterricht machen. Vor zwanzig Jahren, als ich noch Religion gegeben habe, hat man am Anfang gesungen, dann abgehört, dann Geschichte erzählt, die Geschichte malen lassen und neue Aufgaben gegeben.
Heute ist das alles pädagogisch toll aufgebaut. Die Religionslehrer müssen sich stundenlang vorbereiten mit Stundenbildern und Folien. Dann haben sie Kinder vor sich, die bei den ersten Autoritäten, ihren Eltern, sehen, dass man ohne Gesangbuch, Glaube, Gebet, Kirche und Gottesdienst glänzend auskommt. Da können sie reden wie Billy Graham, sie werden nichts hinkriegen.
Ich habe eine Klasse in Großbach, da sind drei Kinder aus muslimischen Familien. Es ist ein ganz anderes Klima in der Klasse. Die drei ziehen die anderen mit, wenn es um Religion geht, auch wenn mal niemand mehr da ist.
Betet für die Lehrer! Ich bin beinahe verzweifelt mit all meiner pädagogischen Begabung. Dann kam große Pause, und ich habe eine der Lehrerinnen gefragt, wie es denn bei ihr gelaufen ist. Sie sagte: „Heute hätte ich jedes einzelne der Kinder erreichen können.“
Da wirkt sich aus, was am Vortag im Fernsehen war, wie das Klima ist – Hochtuch oder Tieftuch.
Betet doch um Liebe und Geduld für die Lehrerinnen und Lehrer, die drinstehen im Geschäft. Fürbitte!
Ich möchte überhaupt sagen: Wenn wir uns überlegen, welche Vorträge wir in den Gemeinden halten sollen – es werden keine besseren Vortragsthemen kommen als die Volkshochschule, alles ist abgeklappert.
Warum machen Sie nicht einmal im Monat in Ihren Gemeinden, am ersten Donnerstag, eine Versammlung von etwa einer halben Stunde? Dann lassen Sie einen Arzt vom Gesundheitsamt sprechen, eine Lehrerin, einen Abteilungsleiter vom Arbeitsamt und jemanden vom Straßenreinigungsamt.
Das sind Berufe, die wir sonst nicht kennen. Die sollen mal zwanzig Minuten erzählen, was ihnen in ihrem Beruf schlaflose Nächte macht. Sie müssen eine halbe Stunde stoppen. Dann beten drei oder vier aus der Gemeinde für diese Aufgabe.
Das würde unseren Horizont weiten und Menschen erreichen, die vielleicht keinen Kontakt mehr mit der Gemeinde haben. Da sind ein paar Leute, die für mich beten. Das wäre Evangelisation.
Also überlegen Sie sich, ob Sie nicht so etwas machen. Fürbitte ist heute dran – für andere Menschen beten.
Mose als Vorbild der Fürbitte
Aber jetzt sagen Sie: „Jetzt komm doch mal endlich zu deinem Mose!“ Oder: „Was willst du denn immer mit deinem Mose?“ Der Mose ist ein ganz großes Vorbild in der Fürbitte.
In meiner Jugend habe ich gern die Bilder von Schnorr von Carolsfeld angesehen. Denken Sie nur an das Bild, wie Aaron und Hur dem Mose die Hände stützen, während er fürs Volk Israel betend eintritt: „Herr, hilf du dem verlorenen Völklein gegen die Macht der Amalekiter!“ Solange Mose die Arme emporhob, siegte Israel. Wenn er sie sinken ließ, müde geworden, dann machten die Amalekiter einen Vorstoß und trieben Israel zurück. Schließlich hielten Aaron und Hur ihm die Hände.
Das ist mir von Jugend an im Gedächtnis geblieben: Mose hat für sein Volk gebetet. Er hat sogar für den Pharao gebetet. Der Pharao sagte: „Betet für mich, dass diese Plagen aufhören.“ Mose antwortete: „Wenn du unser Volk ziehen lässt, will ich für dich beten.“ Er trat ein und schrie zu Gott. Da nahm der Herr die Blattern, die Viehseuche und die Stechmücken zurück.
Sogar für den gottlosen, barbarischen Pharao hat Mose gebetet. Er hat gebetet, nachdem Miriam und Aaron den Aufstand gegen ihn probiert hatten. Was fühlte Mose? „Wir sind ja auch noch begabte Leute.“ Plötzlich wurde Miriam aussätzig, weiß wie Schnee, und Mose schrie zu Gott: „Nimm die Plage von ihr!“ Sie wissen, wie es unter Geschwistern ist, wenn sie selbst Geschwister oder Kinder haben. Da hätte Mose sagen können: „Ein Rechtgeschiedener, da sind wir eine Woche lang Beter für dich! Jetzt halte mal zuerst einen Aussatz, unverschämte Schwester!“ Nein, er schrie für sie zum Herrn. Es war ihm ein heiliges Anliegen: „Das darf doch nicht sein, meine Schwester, die uns den Lobgesang am Rotmeer angestimmt hat, heile sie!“
Mose, der große Fürbitter – so wird er zweimal in der Bibel genannt: beim Propheten Jesaja und dann in den Psalmen, zusammen mit Aaron und Samuel, unter denen, die zum Herrn schreien. Mose war schon in Israel ein Vorbild der Fürbitte. Aber jetzt kommt die wichtigste Stelle. Ich will alle anderen Stellen weglassen.
Sie haben Bibeln, herzlichen Dank, dass Sie sie mitgebracht oder mitgenommen haben. Zweiter Mose 32, also ziemlich weit vorne in der Bibel, ab Vers 7: Das Volk Israel hatte sich in der Abwesenheit des Mose ein Götzenbild gemacht, dieses Stierbild – das ist der Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat.
Vers 7: Und der Herr sprach zu Mose: „Geh hinab, denn dein Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast, hat sich schändlich benommen. Sie sind schnell von dem Weg gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht, haben es angebetet und ihm geopfert und gesagt: ‚Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat.‘“
Und der Herr sprach zu Mose: „Ich sehe, dass es ein halsstarriges Volk ist. Nun lass mich, dass mein Zorn über sie entbrenne und ich sie vertilge. Dafür will ich dich zum großen Volk machen.“ Stellvertretung: „Lass die...“ – ich fange noch einmal an, wie ich mit Abraham angefangen habe: „Ich mache dich zu einem großen Volk.“
Mose aber flehte vor dem Herrn, seinem Gott, und sprach: „Ach Herr, warum soll dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägyptenland geführt hast? Warum sollen die Ägypter sagen: ‚Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt, dass er sie umbrächte im Gebirge und vertilgte sie?‘ Kehre dich ab von deinem grimmigen Zorn und lass dich des Unheils gereuen, das du über dein Volk bringen willst. Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Jakob.“
Verstehen Sie? Es war ein Gebet. Wir könnten heute sagen: „Herr lieber Gott, lass doch unsere württembergische Kirche nicht kaputtgehen! Da ist so viel Segen gestiftet worden, es darf doch nicht wahr sein.“ Gerade war jemand bei mir, der sagte, die Gaststättenmission geht kaputt – 150 Jahre segensreicher Dienst unter Kellnern und Köchen. Es geht die Mitternachtsmission kaputt. „Ach lieber Gott, es darf doch nicht sein!“ Ist das ein Gebetsanliegen?
Mose hat für sein Volk gebetet: „Lieber Gott, du hast so viel Segen gestiftet, du darfst das doch nicht kaputtgehen lassen. Spür bitte!“ Jetzt schlagen Sie nur die Seite um, wenigstens in meiner Bibel, am nächsten Morgen, Vers 30:
Am nächsten Morgen sprach Mose zum Volk: „Ihr habt eine große Sünde getan. Nun will ich noch einmal hinaufsteigen zum Herrn, ob ich vielleicht Vergebung erwirken kann für eure Sünde.“
Als Mose wieder zum Herrn kam, sprach er: „Ach, das Volk hat eine große Sünde getan und sie haben sich einen Gott aus Gold gemacht. Vergib ihnen doch ihre Sünde! Wenn du sie ihnen nicht vergeben kannst, dann tilge mich aus deinem Buch, aus dem Lebensbuch, das du geschrieben hast.“
Machen Sie in Ihrer Bibel drei Ausrufezeichen hin! Lieber Gott, dann mach lieber mich kaputt, lass mich ewig verloren sein! Fällt Ihnen übrigens eine ähnliche Stelle ein? Der Apostel Paulus sagt im Römerbrief: „Ich möchte lieber verdammt sein, wenn ein paar von Israel gerettet werden könnten.“
Verstehen Sie das? Fürbitte! Sehen Sie den Evangelisten vor mir, der sagt: „Lieber Gott, lass mich scheitern, aber meinen Danny nicht verloren gehen!“ Fürbitte: „Lieber Gott, der Mensch ist mir so wichtig, lieber gehe ich in die Hölle, tilge mich aus deinem Buch, wenn du schon nicht vergeben kannst!“
Und der Herr sprach zu Mose: „Ich will den aus meinem Buch tilgen, der an mir sündigt. So geh nun hin und führe das Volk, wohin ich dir gesagt habe. Siehe, mein Engel soll vor dir hergehen. Ich werde aber ihre Sünde heimsuchen, wenn meine Zeit kommt.“
„Ich werde ihre Sünde heimsuchen, wenn die Zeit kommt.“ Das klingt so: „Haha, eines Tages werden sie schon sehen.“ Nein! Ein Prophet wie Mose wird der Herr erwecken, der sagt: „Lieber Gott, ich bin zwar dein Sohn, aber lieber lässt du mich ans Kreuz gehen und die ganze Sündenstrafe der Welt tragen, damit die frei werden.“
Hier ist ein Bogen, der hinübergeht zu Jesus, dem Fürbitter: „Lieber mich in die Hölle hinunter, wo es heißt: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?‘, als dass die Menschen die Sünde tragen müssen, die sie nicht tragen können.“
Großartig, das ist Fürbitte – ein Fürbitter wie Mose.
Jesus als Fürbitter und sein Gebetsdienst
Jetzt geht die Linie hinüber zu Jesus. Ich wollte mit Ihnen über Mose und Jesus sprechen. Verstehen Sie: Im Islam ist es wichtig, fünfmal am Tag zu beten. Das halten sie ein, und das beeindruckt. Wenn nachts um halb zwölf am Stuttgarter Hauptbahnhof Gleis 14 Menschen ihre Teppiche ausbreiten und beten, denkt man: So ernst nehmen wir es nicht.
Wie ist das mit der Fürbitte bei uns, mit dem Gebet? Ist das eine Pflicht, fünfmal am Tag? In Israel, wenn man die Synagogengottesdienste sieht, wie die Gläubigen ihren Gebetsschal über den Kopf legen und dann den Oberkörper bewegen, an der Klagemauer oder unter Synagogen beten – nehme ich das Gebet so ernst? Ist in Israel das richtige Beten? Ist bei den Muslimen das richtige Beten? Bei Propheten wie Mose? Wo wird dieses Gebet, so wie es Mose gemacht hat, wirklich geübt? Wird es bei Jesus geübt?
Ein paar Hinweise: Als Jesus sagte, er müsse hinauf nach Jerusalem und viel leiden, so wie es im Gotteswort vorhergesagt ist, und dass alle ihn verlassen würden, sagte Petrus: „Sie wissen es, wenn sich alle an dir ärgern, ich nicht. Du kannst dich auf mich verlassen. Ich werde da sein.“
Und Jesus antwortete nicht: „Haha, Petrus, du ahnst ja noch gar nicht, wie es bei dir aussieht. Du bist ein schwacher Mensch.“ Nein, Jesus sagte: „Der Satan hat begehrt, euch zu sichten wie den Weizen.“ Der Teufel ist nicht an der Spreu interessiert – die kriegt er sowieso –, sondern am Weizen. Er vergleicht Petrus mit wertvollem Weizen. Aber der Satan ist auf ihn aus. Petrus ahnt noch gar nicht, wie bedroht er ist. Doch Jesus sagt: „Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhört.“
Wenn wir einmal in die ewige Welt Gottes kommen, bin ich überzeugt, dass wir nur noch staunen können, wie oft der Herr Jesus für uns gebetet hat – für uns!
Passt doch auf: Lieber Vater, das Chefbuch, bewahre ihn doch vor seinen eigenen Dummheiten! Lieber Vater, jetzt siehst du, er steuert direkt auf die falsche Linie zu. Nimm das Wort aus seinem Mund, den Zorn, die Härte! Es ist nicht unsere Leistung, wenn wir mal Geduld aufbringen. Sondern: Ich habe doch schon längst für dich gebetet.
Wenn wir zum Glauben gekommen sind, hat der Herr Jesus doch für uns gebetet. Dass diese oder jene Evangelisation, diese oder jene Freizeit bei uns angeschlagen hat, dass wir zu Jesus beten, ist erst der zweite Schritt – wie ein Echo. Am Anfang steht, dass er für uns betet.
Und wenn Sie mal zu müde sind zu beten, dann spricht Jesus für Sie. Das ist meine Zuversicht. Nicht mein fünfmaliges Quälen, nicht meine Gebetssitten sind wichtig, sondern dass er für mich, den Verlorenen, vor Gott eintritt.
Jesus hat ein schönes Bild gebraucht: Wenn da ein unfruchtbarer Baum ist, sagt der Gärtner: „Herr, lass ihn noch diese Zeit, bis ich um ihn grabe und ihn dünge, ob er nicht doch Frucht bringt.“
Ich denke, der Herr Jesus hat bei mir so gebetet: „Lieber Gott, du kannst den Schaffruch noch nicht sterben lassen. Er ist noch nicht so weit, er muss auch ein bisschen zuerst Frucht bringen. Ich möchte noch ein bisschen um ihn graben und ihn düngen.“
In Jesaja 53, gestern war es uns wichtig: Der Jesus, der allerverachtetste und unwerteste, schließt damit, dass er die Starken zum Raube haben will, weil er für die Übeltäter gebetet hat – für die Henkersknechte, für den, der neben ihm ein Verbrecher war und sein Leben nicht mehr ändern konnte: „Mit mir in mein Reich.“
Jesu Fürbitte als Vorbild und Auftrag
Allerschönstes Gebet, schreiben Sie es sich auf, damit Sie es mitnehmen können. Johannes 17: Vater, es ist die Stunde, dass du mich verherrlichst. Ich habe ihnen dein Wort gegeben und sie bei mir bewahrt. Aber nun bleiben sie in der Welt. Ich komme zu dir, Vater.
Vater, ich bitte dich nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Und dass selbst die, die durch ihr schwaches Wort zum Glauben kommen, in dir bleiben, Herr!
Ach, was ist der Herr Jesus! Jedes kleine Jungschar-Grüppchen, jede Sonntagsschule hat er schon in sein Gebet eingeschlossen, sodass es einen Wert hat, dass durch ihr Wort Menschen zum Glauben kommen. Unsere Predigten als Pfarrer, als Diakone, die Arbeit eines Kirchenchors – Herr Jesus hat dafür gebetet. Sonst könnten wir es längst aufgeben, wenn nicht die große Fürbitte Jesu da wäre.
Es gehört zu unserem Glaubensbekenntnis: „Aufgefahren gen Himmel, sitzend zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters.“ Was macht er denn da? Ruht er sich aus von den Strapazen der Erdentage? Was macht der Herr Jesus im Himmel? Hat sich das auch schon mal jemand überlegt?
In Afrika hat uns Bischof Vistoke Vengere immer erzählt, dass ein kleines Kind gefragt hat: „Was macht eigentlich der Herr Jesus im Himmel?“ Und die Mutter wusste auch nicht, was sie antworten sollte. Dann hat das Kind selbst die Antwort gegeben: „I know, he is mending broken things.“ Er klebt wieder Zerbrochenes zusammen.
Schön, was in der Bibel steht, ist noch viel großartiger. Christus ist hier, der gestorben ist (Römer 8,24). Ja, viel mehr: Er ist auch auferweckt, sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein.
Es ist das Geschäft des erhöhten Jesus, dass er für die Christenleute in Nagold, im Bezirk Nagold, eintritt. Namentlich, Vater, denk an sie, heile sie, bringe sie zusammen. Das, was in Johannes 17 so wichtig ist: Hilf ihnen zur Einheit, zum Zusammenhalt.
1. Johannes 1, Übergang zu Kapitel 2: Und wenn wir sündigen – wenn wir sagen, wir haben keine Sünde – dann betrügen wir uns selbst. Aber wenn wir sündigen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünde vergibt und uns von aller Unreinigkeit und Untugend heilt.
Wir haben einen Fürsprecher beim Vater – nicht Sankt Blasius oder Joseph. Es ist eine Entehrung Jesu, diese ganze Galerie der Heiligen. Wir haben Jesus als unseren Fürsprecher.
Haben Sie ihn? Wenn Sie mich fragen, kann Ihre Frau sagen: Ja. Sind Sie ja Kinder, zwei Söhne, zwei Töchter – sind Sie eigentlich ja sieben? Haben Sie Jesus?
Wir haben einen Fürsprecher. Wir denken immer daran, dass Jesus einst Kranke geheilt hat. Aber was macht er eigentlich heute? Wenn Sie Jesus haben, wenn Sie sagen können: „Mein Jesus“, dann haben Sie einen Fürsprecher beim Vater. Jesus, der gerecht ist, tritt für Sie ein und sagt: „Was er heute wieder falsch gemacht hat, Vater, ich weiß es, aber ich stehe für ihn ein. Ich lasse ihn nicht los, Vater, den darfst du auch nicht loslassen.“
Jesu Fürbitte im Hebräerbrief
Jetzt schlagen Sie noch einmal auf, damit wir an der Übung bleiben: Hebräer 8. Das ist ein bisschen schwierig zu finden.
Hebräer 8 – über diese Stelle bin ich neulich gestolpert, vor etwa zwei Jahren, und sie hat mich beinahe umgehauen. Hebräer 8, Vers 1, ziemlich weit hinten in der Bibel: „Das ist nun die Hauptsache von dem, was wir reden.“
Unser Bischof Eichle – wissen Sie, dem überhaupt nur geben –, Bischof Erich Eichle hat immer gern gesagt und hatte so eine schöne Handbewegung dazu: Die Hauptsache ist eben, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt. Und mit der einen Handbewegung meinte er, dass man jeden Morgen gesund aufstehen kann. Man muss ja schon sagen, was die Hauptsache ist.
Was ist die Hauptsache unseres Glaubens? Sündenvergebung? Krankenheilung? Das Vorbild Jesu? Was ist die Hauptsache? Heute wird uns von so vielen Propheten in der Christenheit alles Mögliche gesagt, was Hauptsache sei: Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung, Erschöpfung. Die Hauptsache der Christenheit sei, dass wir mit Muslimen auskommen; die Hauptsache sei, dass wir keine Judenmission betreiben, um den Juden nicht auf die Füße zu treten.
Aber was steht da? Was ist die Hauptsache? „Die Hauptsache von dem, was wir reden“ – das ganze Kapitel. Wir haben einen Hohenpriester. Der Priester ist der, der für andere eintritt. Wir haben einen Hohenpriester, der da sitzt zur Rechten des Thrones der Majestät im Himmel, zur Rechten Gottes.
Was tut er da? Jetzt schlagen Sie mal ein paar Verse zurück im Kapitel 7. Die Kapiteleinteilung ist immer viel später gekommen. Die Apostel haben ja nicht gesagt: Vers 12, Vers 13 und jetzt kommt Kapitel 2. Das hat man später mal aufgeteilt, damit man es schneller findet – so wie heute Abend.
Ein paar Verse zurück, Kapitel 7, Vers 25: „Darum kann er auch für immer selig machen, die durch ihn zu Gott kommen; denn er lebt für immer und bietet für sie.“ Der Hohepriester.
Jetzt ein paar Verse danach, Kapitel 9, Vers 24: „Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heiligtum, das mit Händen gemacht ist, das ist nur ein Abbild des wahren Heiligtums.“ Ob Israel den dritten Tempel baute, ist doch vollständig nebensächlich. Es ist nur ein Abbild.
Sondern Jesus ist in den Himmel, in die Wohnung Gottes selbst gegangen, um jetzt vor dem Angesicht Gottes zu erscheinen. Was denn jetzt? Weglassen? Für uns? Und jetzt tragen Sie Ihren Namen ein – für mich.
Er erscheint vor dem Angesicht Gottes und sagt: „Jetzt brauche ich eine Spezialaudienz.“ Setzen Sie Ihren Namen ein. Er versteht Ihre Sorgen, was Sie bekümmert, was Sie belastet, was Ihnen als Last auf den Schultern liegt.
Als ich fröhlich ins Leben hineingestartet bin, hat man das nicht so gesehen. Jetzt, bei jeder Beerdigung, die ich mitmache – man macht ja, wenn man älter wird, bei so vielen Beerdigungen mit –, denkt man daran, wie vielen Menschen man schuldig geworden ist, schuldig geblieben ist, was man falsch gemacht hat.
Wir wissen es doch bei den eigenen Kindern nicht, bei der Erziehung, ob ich zu lax war oder zu streng. Aber garantiert habe ich unheimlich viel versäumt.
Er ist immer da vor Gott und tritt für uns vor dem Angesicht Gottes ein. Darin besteht unser Glaube: Er ist ein Fürbitter wie Mose.
Jetzt verstehen Sie, warum Mose gesagt hat: „Kommt einer wie ich.“ Der Herr ist wichtig. Mose hat Fürbitte getan, auf ganz großartige Weise: Lieber tilge mich aus! Jesus hat es auch gemacht: Lieber Vater, lieber zerstöre mich, mein Leben! Aber jetzt ist er beim Vater.
Seine Fürbitte trägt uns ewig. Dass mein Fürbitter für mich spricht, das ist meine Zuversicht.
Die Einladung zur eigenen Fürbitte
Ein letztes Wort
Zu Beginn habe ich einiges zur Fürbitte angedeutet. Wenn es stimmt, dass der Herr Jesus für uns eintritt, für die Seinen, dann kommt es nicht auf wohlgesetzte Formulierungen an. Sie dürfen einfach „Jesus“ sagen und dann die Namen der Patenkinder oder der Menschen nennen, um die Sie sich sorgen. Schreiben Sie ruhig eine Liste, eine Fürbitteliste mit Namen, und nennen Sie diese vor dem Vater.
Sie dürfen sich mit Ihrer Fürbitte in die große Fürbitte Jesu einschwingen. Jesus hat uns das Beten so leicht gemacht. Wir dürfen Namen nennen und Danke sagen – danke für das, was sich zum Guten verändert hat, oder für Situationen, die uns bewegen.
Römer 8 sagt, der Geist Gottes nimmt das Gebet auf und bringt es in die richtige grammatische Form. Er tritt für uns ein, und wir dürfen sozusagen mitschwingen.
Das Bild vom Mitschwingen ist mir in den letzten Jahren besonders wichtig geworden. Wir sind dreimal umgezogen in den letzten zwei Jahren. Dabei hat uns eine schöne alte Wanduhr der Großeltern begleitet, eine richtige Pendeluhr. Der Großvater hat sie immer sonntagmorgens aufgezogen. Nach dem Gottesdienst musste das genau sein.
Doch nach dem dritten Umzug schwang das Pendel immer weniger aus und blieb schließlich stehen. Wir konnten es anstoßen, wie wir wollten – es lief nicht mehr. Ich bin nicht so technisch begabt. Ich habe zwar die Wasserwaage bemüht und versucht, die Uhr richtig aufzuhängen, mit Unterlegscheiben, aber sie lief nicht weiter.
Dann kam unser Sohn, der noch technischer begabt ist als ich. Er schaute sich das schnell an und sagte: „Das Pendel ist gar nicht richtig eingehängt.“ Es hing zwar irgendwo in der Mitte, aber nicht auf dem schmalen Splint, wo die Zarge hineingehört. Er hängte es richtig ein, und seitdem läuft die Uhr – egal, ob man sonntags oder montags aufzieht. Es hängt an der richtigen Stelle.
So darf auch unsere Fürbitte an der richtigen Stelle „eingehängt“ sein, nämlich in die Fürbitte Gottes. Wir müssen den Himmel nicht stürmen – das macht der Herr Jesus für uns. Wir müssen uns nicht vor dem heiligen Angesicht Gottes rechtfertigen – das übernimmt Jesus für uns.
Wir dürfen einfach Namen sagen, Situationen nennen und Dank aussprechen. Das Beten ist so leicht gemacht, weil der große Fürbitter Jesus, ein Fürbitter wie Mose, mit uns betet.
Herr Jesus, wir danken dir, dass wir einfach so mit dir sprechen dürfen. Du bist vor dem Vater für uns da – schon heute Morgen, vor unserem ersten Gebet, vor dem ersten Lesen der Losung, wenn wir dazugekommen sind, hast du an uns gedacht. Du trägst uns durch all die Jahre unseres Lebens, trittst für uns vor dem Vater ein.
Wir werden einmal staunen, wie oft du uns bewahrt hast vor uns selbst, in schwierigen Situationen. Wie du mit deiner Fürbitte Mut und Weisheit abgerufen hast.
Jetzt bitten wir dich: Rufe auch für uns Liebe ab, Geduld mit unseren Mitchristen, Demut. Du warst von Herzen demütig, und wir brauchen das.
Wir danken dir, dass wir so mit dir reden können, dass du es vor den Vater bringst und dass wir ewig selig werden sollen – das ist deine Absicht.
Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhört. Herr, wir dürfen auch in dunkle Stunden hineingehen. Wir brauchen keine Angst mehr zu haben, auch wenn unser schwacher Glaube manchmal schwankt.
Du betest für uns und hast Interesse an uns. Lass den Glauben nicht aufhören. Lob sei dir! Amen!