Fortsetzung im Kolosserbrief: Jesus als Zentrum des Lebens
Wir stehen mitten im Kolosserbrief, und ich möchte jetzt an Kolosser 2, Vers 6 weitermachen. Paulus hat den Kolossern vor Augen gehalten, dass Jesus die Nummer eins in der Schöpfung ist, die Nummer eins in der Gemeinde, die Nummer eins in seinem eigenen Leben und Dienst. In Christus und nur in Christus sind alle Weisheit und alles geistliche Verständnis zu finden.
Er hat sie davor gewarnt, dass andere kommen könnten, die mit überredenden Worten dafür sorgen, dass sie das vergessen. Deshalb heißt es: „Lasst euch niemand verführen durch überredende Worte.“
Deswegen betrachten wir jetzt Kolosser 2, Verse 6 bis 23 – Christus als Anfang und Ziel meines Lebens. Wir müssen uns mit der Frage auseinandersetzen: Kann es wirklich sein, dass, wenn ich Jesus habe und Jesus allein, das wirklich ausreicht? Die Antwort lautet: Ja.
Lebenswandel im Glauben an Christus
Kapitel 2, Vers 6: Wie ihr nun den Christus, Jesus, den Herrn, empfangen habt, so wandelt in ihm.
Das bedeutet, unser Lebensstil und unser Lebenswandel sollen der Botschaft des Evangeliums entsprechen. Die Art und Weise, wie wir leben, soll zu unserer Berufung passen. So wie ihr ihn empfangen habt – nämlich durch das Evangelium – so sollt ihr auch wandeln.
Wenn ich ganz an den Anfang des Christseins zurückgehe, dann ist das eine gute Lektion. Es ist hilfreich, immer wieder einmal zu überlegen, wie es am Anfang war. Wenn man eine Weile lebt, wird vieles komplexer, und manche Dinge ändern sich. Deshalb lohnt es sich, kurz innezuhalten und zu überlegen: Wie war es am Anfang?
Das gilt in jeder Beziehung. Wie begann die Beziehung zwischen mir und Jesus? Sie begann ganz einfach. Sie war unverdorben und ganz simpel. Ich ging auf die Knie, faltete die Hände und sagte: Herr Jesus.
Wie ihr Christus, den Herrn, habe ich verstanden, dass es einen Gott und einen Herrn gibt, der in mein Leben kommen möchte. Er ist der König, der sagt: Kommt her zu mir und lernt von mir. Er zeigt mir, wohin ich gehen kann, und sagt: Ich möchte dir beibringen, wie das Leben funktioniert.
Verwurzelung und Aufbau im Glauben
Wir sind in Christus verwurzelt und auferbaut. Er ist unser Fundament und unser Mörtel. In ihm sind wir befestigt im Glauben, wie ihr auch gelehrt worden seid. Darin überströmen wir mit Danksagung.
Die Gefahr für die Kolosser besteht darin, dass sie ihr ursprüngliches Fundament, ihren ursprünglichen Bezug zu Jesus, verlieren. An die Stelle dieses ursprünglichen Bezugs setzen sie etwas anderes. Sie sind nicht mehr verwurzelt, auferbaut und befestigt im Glauben in Christus, sondern es kommt etwas Neues hinzu. Sie sagen, wir brauchen noch etwas anderes, damit unser Glaubensleben den richtigen Pepp bekommt. Erst dann sind wir fertig. Das ist absoluter Quatsch.
Wenn man sich die Frage stellt, was man neben dem Verwurzeltsein in Christus, dem Auferbautsein und dem Befestigtsein im Glauben noch braucht für einen richtigen Lebenswandel, dann ahnt man schon, dass wieder die Danksagung kommt. Hier haben wir es: darin überströmen wir mit Danksagung.
Wenn du ein Christ bist, der reif ist, wenn du ein Christ bist, der für andere ein Vorbild sein muss und eine gewisse Stabilität in Christus hat, dann kannst du das an der Qualität deiner Danksagung erkennen. Ein reifes christliches Leben ist ein Leben, das überströmt in der Danksagung.
Warum? Weil es verstanden hat, wer Jesus ist, weil es verstanden hat, was ich in Jesus bin, welcher Segen aus dieser Beziehung in mein Leben hineinfließt und wie unglaublich gut es Gott mit mir meint. Und weil das so ist, weil wir Beschenkte sind, weil es eigentlich keinen Grund gibt, auf diesem Grund Christus noch irgendetwas anderes Blödes zu bauen, steht in Vers 8:
Seht zu, dass euch niemand einfange durch die Philosophie.
Warnung vor falschen Lehren und Zeitgeist
Der Begriff Philosophie kann eine riesige Bandbreite geistiger Strömungen abdecken. Bei Josephus zum Beispiel werden die Pharisäer, die Sadduzäer und die Essener als Philosophien bezeichnet. Es geht dabei um Denkströmungen. Also, egal woher das kommt: Denkt bitte nicht nur an Platon und Aristoteles oder das, was man vielleicht mal von den Griechen gehört hat. Es geht viel breiter. Es ist ein gewisser Zeitgeist, der unterwegs ist.
Paulus sagt: Seht zu, dass niemand euch einfange durch diese Philosophie, durch diesen Zeitgeist und leeren Betrug. Ein übles Wort, „leerer Betrug“ – das ist irgendwie doppelt böse: Betrug und leer. Es sieht so aus, als wäre es etwas Wertvolles, aber eigentlich ist es hohl und betrügerisch. Du denkst, du hast etwas, aber du hast nichts – leerer Betrug. Und das, obwohl es nach der Überlieferung der Menschen kommt. Das heißt, es gibt Menschen, die dafür einstehen, Menschen, die mit ihrem Leben dafür einstehen.
Du kannst nach Berlin kommen, kurz vorm Ernst-Reuter-Platz entlangfahren. Dort steht ein riesiges Gebäude, die Scientology-Kirche. Die meinen es ernst. Man muss sich das vorstellen: Sie haben diese große Hütte hingebaut, richtig fett und groß, weil sie wirklich dazu stehen. Scientology ist leerer Betrug, völliger Nonsens. Aber sie meinen es ernst. Es sind Menschen, die dahinterstehen.
Es sind nie abstrakte Philosophien, mit denen wir es zu tun haben. Wir werden immer mit den Menschen konfrontiert, die diese Philosophien verkaufen. Trotzdem bleibt es leerer Betrug nach der Überlieferung der Menschen. Dann heißt es hier: „nach den Elementen der Welt“. Dieser Begriff „Elemente“ bezieht sich auf die Dinge, von denen man meint, dass sie hinter dem Weltgeschehen stehen.
Die Elemente der Welt sind das, was man glaubt, dass es die Welt voranbringt. Für manche Leute ist das das Schicksal, im Griechentum wären das zum Beispiel Geisterwesen, Elementargeister. Es spielt keine Rolle, womit wir das füllen. Wir müssen nur begreifen, dass jede Zeit eine Idee hat, was hinter der Zeit steht, wovon man glaubt, dass die Zeit geprägt wird.
Wir haben im Moment den Gedanken der Evolution, der ist ganz tief überall drin. Alles muss sich entwickeln – das ist natürlich Quatsch. Es entwickelt sich zumindest nicht nach oben, aber trotzdem steckt dieser Gedanke überall drin. Und mit diesen Gedanken kommen Denksysteme daher.
Warum geht in den letzten Jahren niemand wegen Abtreibung auf die Straße? Warum wart ihr in den letzten Jahren nicht wegen Abtreibung auf der Straße? Vielleicht warst du einmal. Aber in den letzten drei Jahren sind ungefähr eine halbe Million Deutsche abgetrieben worden. Und wir Christen machen nichts, absolut nichts.
Warum? Weil es uns nicht berührt. Warum berührt es uns nicht? Weil wir schon lange „die Pille geschluckt“ haben, dass das irgendwie gut sein muss. Das tut uns nicht mehr weh. Ich weiß nicht, was da drin ist. Ich merke nur, dass eine Werteverschiebung stattgefunden hat in einem Bereich, in dem wir Christen einfach mitmachen – was eigentlich nicht geht.
Ich merke, es lässt mich zunehmend weniger kalt, dass hier Tag für Tag Kinder getötet werden. Es lässt mich zunehmend weniger kalt. Aber hier sind es die Elemente, das, was hinter dieser Welt steckt, an Prinzipien und Regeln, wo wir glauben, dass das so sein muss. Und beides, ob durch den Zeitgeist oder durch irgendwelche Philosophien befürwortet, ist nicht Christus-gemäß.
Seht zu, dass euch davon niemand einfange. Ihr werdet euch im Kopf machen müssen. Ihr werdet nicht drum herumkommen, darüber nachzudenken: Wo denke ich, wie diese Welt denkt? Wo habe ich schon lange den Köder geschluckt? Am Punkt Abtreibung bin ich mir ganz sicher: Haben wir den Köder geschluckt? Gut, dann sage ich es ganz allgemein und lasse es bei dir völlig frei.
In diesem Jahr waren 1000 Leute in Berlin bei einer Abtreibungsdemo, die gesagt haben, sie sind dagegen. Wie viele Christen haben wir? Wie groß ist dieses Unrecht vor Gott? Ich frage nur mich. Ich sage: Ich habe diesen Köder geschluckt. Okay, ich lasse es bei mir, lass du es bei dir sein.
Ich habe den Köder geschluckt, dass es irgendwie okay sein muss, in einem Land zu leben, in dem jedes Jahr eine halbe Million Kinder getötet werden. Ich habe den Köder geschluckt. Und ich merke, ich komme damit nicht mehr klar. Ich merke, dass da ein Denken, ein Selbstverständlichkeitsdenken herrscht: Es ist einfach nichts dabei, dass 50 Millionen Kinder im Jahr auf dieser Welt abgetrieben werden.
Es ist einfach okay. Und weil es so okay ist, muss ich auch nicht mehr die Stimme erheben – überhaupt nicht mehr. Aber ich denke, du wirst mir zustimmen, dass dieses Thema auch in unseren Kreisen unterbelichtet ist. Dass wir nicht mehr in jeder Gebetsstunde darüber weinen, richtig?
Ich kenne zu wenige Gebetsstunden, in denen mit Tränen in den Augen für die toten Kinder gebetet wurde. Ich kenne nicht einmal bei der Evangelischen Allianz viele Gebetsstunden, in denen das getan wurde. Sorry, das ist nur meine Erfahrung. Ich will jetzt auch nicht weiter polarisieren – das ist eine Gefahr. Nach dem Mittagessen ist das sowieso immer so eine Sache.
Insofern Entschuldigung, wenn ich irgendjemandem auf den Schlips getreten bin. Mir geht es um etwas anderes. Mir geht es darum: Wir leben in einer Gesellschaft. Ob wir wollen oder nicht, wir werden in die Denkmuster dieser Gesellschaft hineingezogen.
Wir hören uns ihre Werte an, werden jeden Tag mit Medien zugeschüttet, die uns sagen: „Du brauchst das noch, du darfst das noch, das darf man nicht mehr, das ist gerade trendy und das nicht.“ Die Gefahr ist, dass wir das zulassen, unreflektiert mitgehen und vergessen, dass diese Dinge uns von Gott wegziehen.
Diese Dinge können uns sogar in die Gemeinde hineinwirken.
Christus als die ganze Fülle Gottes
Ich komme jetzt wieder auf die Gesellschaftsrelevanz zurück, da diese im Kolosserbrief thematisiert wird. Ich finde es sehr schön, dass ihr das angesprochen habt, und ich bin euch beiden dafür sehr dankbar. Vielen Dank.
Paulus formuliert, dass bestimmte Dinge nicht christusgemäß sind. In Vers 9 begründet er, warum das so ist. Dabei geht es weniger um Abtreibung, sondern mehr um die Frage: Wo hat der Zeitgeist einen direkten Einfluss auf meinen Umgang mit Christus? Wo habe ich mein geistliches Leben und meine Erwartungen von ungeistlichen Strömungen prägen lassen?
Dazu sagt Paulus: „Denn in ihm, in Christus, wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.“ Das bedeutet, wenn ich den Eindruck habe, ich brauche mehr als Jesus, um ein erfülltes christliches Leben zu führen, dann würde Paulus dem widersprechen. Er macht uns das deutlich.
In Vers 10 heißt es weiter: „Und ihr seid in ihm zur Fülle gebracht.“ Der Begriff „Fülle“ wird hier nicht weiter erläutert, was die Sache etwas schwierig macht. Was Paulus ausdrücken möchte, ist: Wenn du nach der Fülle geistlichen Lebens strebst und dein Christsein in aller Tiefe leben möchtest, dann hast du allein dadurch, dass du Jesus kennst und mit ihm in einer persönlichen Beziehung stehst, alles, was du brauchst.
Falls du denkst, du müsstest andere Erfahrungen einbinden – bei den Kolossern geht es zum Beispiel um Fragen wie: Muss ich Erfahrungen mit geistlichen Nächten machen? Engel sind ein Thema. Muss ich Erfahrungen mit Askese oder Ekstase sammeln? Brauche ich bestimmte Techniken, Methoden oder Wissen? – dann würde Paulus sagen: Nein.
Denn in Vers 10 heißt es weiter: „Christus ist das Haupt jeder Gewalt und jeder Macht.“ Er ist die Nummer eins. Was du nicht hast, wenn du ihn hast, gibt es nicht. Du bekommst mit ihm alles. Er steht ganz oben. Es gibt keine Mächte, die über ihm stehen und dir noch etwas geben könnten, was Jesus dir nicht geben kann.
Geistliches Leben als Prozess der Fülle und Beschneidung
Im Hintergrund steckt ein Denken, das uns völlig fremd ist – ein Denken mit abgestuften geistlichen Mächten. Man muss irgendwie eine übergeordnete geistliche Macht haben. Das kennen wir so nicht, deshalb müssen wir das ein Stück weit abstrahieren.
Was wir kennen, ist, dass Leute sagen: „Ja, Jesus ist schon gut, aber du musst bestimmte Erfahrungen machen. Du musst dich einem bestimmten Lager zuordnen lassen. Du darfst bestimmte Dinge nicht tun.“ Ein Christ macht halt dies und jenes nicht. Nur wenn du bestimmte Dinge unterlässt, bist du ein guter Christ – und so weiter. Wo solche Vorstellungen auftreten, ist Vorsicht geboten!
Paulus bringt nun eine Argumentation, die über diese Begriffe hinausgeht. Ich glaube, ich habe das auch in eurem Skript festgehalten. Dort sind einige Worte fett gedruckt: „zur Fülle gebracht“, „beschnitten“, „mit auferweckt“ und „mit lebendig gemacht“. Diese Worte sind wichtig, weil sie sprachlich dieselbe Art von Begriff darstellen. Es handelt sich nämlich um Partizipien, die hier als Strukturmerkmale dienen.
Paulus geht diese Begriffe durch und fragt: Was heißt es, Christ zu sein? Erstens: Wir sind zur Fülle gebracht. Du hast die Fülle. Vielleicht lebst du sie noch nicht vollständig aus, das kann sein. Du bist vielleicht noch in einer Entwicklung. Aber zu sagen, du hättest nicht genug, ist einfach Quatsch. Du bist zur Fülle gebracht, du bist in Christus quasi am Puls göttlichen Lebens angekommen. Du lebst im Zentrum dieses „Nuklearreaktors“, von dem alle Energie ausgeht.
Es kann sein, dass es dir momentan schwerfällt, diese Kraft anzuzapfen. Aber das liegt nicht daran, dass du nicht genug von Gott hast. Dass das so ist, merken wir an drei großen Schritten im geistlichen Leben.
Die Beschneidung des Herzens als Zeichen des neuen Bundes
Das Erste: In ihm seid ihr auch beschnitten worden – mit einer Beschneidung, die nicht mit Händen geschieht. Ein ganz interessanter Begriff: „nicht mit Händen geschehen“. Das bedeutet, es ist nicht von dieser Welt.
Hebräer 9,11 erklärt, dass es sich hierbei um eine Beschneidung handelt, die von Gott herkommt. Nun stellt sich die Frage: Welche Beschneidung kommt von Gott? Wo sind wir beschnitten? Wo seid ihr beschnitten? Am Herzen.
Was bedeutet es, am Herzen beschnitten zu sein? Das heißt, meine Wünsche und meine Ziele sind ausgerichtet oder werden von Jesus bestimmt. Meine Wünsche und Ziele werden von Jesus oder von Christus gelenkt.
Wie wird ein Mensch beschnitten? Oder wie wird das Herz eines Menschen beschnitten? Indem ich das Exzentrische, das Egozentrische ablege. Aber wie kommt ein Mensch, biblisch betrachtet, an den Punkt, dass sein Herz – und damit sein Wollen, Denken und Sinnen – beschnitten wird?
Das geschieht durch die Wiedergeburt, beziehungsweise durch Umkehr, Buße und Glauben. Diese Linie zieht sich durch das Alte Testament: Der Mensch braucht ein beschnittenes Herz.
Paulus geht in Römer 2 sogar so weit zu sagen, dass ein wahrer Israelit nicht der ist, der äußerlich beschnitten ist, sondern der, der am Herzen beschnitten ist.
Das ist das Kennzeichen des neuen Bundes: Wir haben ein beschnittenes Herz. Das ist ein Herz, das Gott dienen will. An anderer Stelle wird es als ein fleischernes Herz bezeichnet, das empfindsam für die Gedanken Gottes ist.
Diese Beschneidung des Herzens findet im Moment der Wiedergeburt statt. Das heißt, der Mensch begegnet Gott mit Buße und Glauben. Anders gesagt: Er hängt die weiße Fahne raus und sagt, ich gebe auf.
In diesem Moment sagt Gott: „Super, mehr kannst du nicht tun. Jetzt fangen wir an“ und schenkt uns ein neues Herz.
Wenn du wissen möchtest, ob du gläubig bist, brauchst du nur in dein Herz hineinzuhorchen: Was möchtest du eigentlich? Möchtest du für Gott leben? Ja. Möchtest du ihm gefallen? Ja. Möchtest du seine Gebote kennen? Ja. Möchtest du, auch wenn es dich jeden Tag zu Boden wirft, wieder aufstehen und weiterlaufen? Ja.
Dann hast du ein neues Herz. Denn so etwas kannst du nicht aus eigener Kraft tun. Es ist völlig übernatürlich, dass du deinen Egoismus hinter dir lässt und die Kraft hast, ohne diesen Egoismus weiterzuleben.
An dieser Stelle haben wir die Beschneidung erfahren, die nicht mit Händen geschieht.
Neues Leben durch Taufe und Auferweckung
Eine Beschneidung im Ausziehen des fleischlichen Leibes bedeutet, dass wir Nein sagen zu den Impulsen, die aus uns herauskommen. Es ist ein Kampf, wie er in Römer 7 beschrieben wird, ein Kampf, in dem wir noch Dinge tun, über die wir uns ärgern. Doch trotz dieses Kampfes besteht die Gewissheit, dass wir anders leben wollen. Diese Beschneidung ist die, die Christus an uns vornimmt.
Äußerlich haben wir dies durch die Taufe sichtbar gemacht. Mit der Taufe sind wir mit ihm begraben. Warum lasse ich mich taufen? Was will die Taufe ausdrücken? Die Taufe bringt zum Ausdruck, dass es ein Vorher gibt, in dem ich mein altes Leben geführt habe, und dass ich dann ins Wasser gehe, untergetaucht werde und begraben werde. Danach kommt ein neuer Mensch heraus. Es gibt ein Vorher und ein Nachher. Es gibt ein Ich, das mein eigenes Leben lebt, und jetzt gibt es ein Ich, das sein Leben lebt.
In Kolosser 2,12 heißt es: "In ihm seid ihr auch mit auferweckt worden durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes, der ihn aus den Toten auferweckt hat. Und euch, die ihr tot wart in den Vergehungen und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, hat er mitlebendig gemacht." Ich fasse die beiden Begriffe zusammen mit "auferweckt". Es gibt tatsächlich in meinem Leben ein Vorher und ein Nachher. Jetzt bin ich ein Mitlebendig Gemachter.
Warum brauche ich, wenn ich Jesus habe, nichts anderes mehr? Weil in diesem Prozess, in dem mein Herz beschnitten wird und mein alter toter Mensch auferweckt wird, mir quasi neues Leben eingehaucht wird, ich ein neues Leben führe. Ich kann mich einfach umdrehen und sagen: Okay, was habe ich in den letzten drei Jahren anders gemacht? An dieser und jener Stelle habe ich mein Leben verändert. So kann ich erleben, wie Gott zu mir spricht und wie sich Dinge verändert haben.
Klar wünsche ich mir auch, dass ich mit drei Sätzen so heilig bin, dass ich für den Himmel tauglich bin. Aber das passiert nicht sofort. Es geht Schritt für Schritt, und dieser Prozess braucht seine Zeit. Trotzdem ist da in uns Lebendigkeit. Wir sind mitlebendig gemacht. Wir teilen das Leben Jesu, er lebt sein Leben durch uns. Wir haben ein neues Herz und ein neues Leben.
Diese Realität muss in unserem Leben sichtbar werden. Eine Realität, die sich Tag für Tag zeigt, in der wirklich neues Leben gelebt wird.
Herausforderung des geistlichen Wachstums im Alltag
An dieser Stelle möchte ich meine eigene Erfahrung teilen: Wir neigen oft dazu, gerade wenn wir schon eine Weile mit Gott unterwegs sind – sagen wir mal zehn, zwanzig Jahre –, irgendwann zu denken: „So, jetzt bin ich eigentlich heilig genug.“
Man muss sich aber nüchtern eingestehen, dass dieses ständige Heiligkeitsding – also dieses ständige Achten darauf, was man gerade falsch macht – einem irgendwann einfach auf die Nerven geht. Du betest das Vaterunser, und immer wenn du an die Stelle kommst „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“, macht es irgendwann keinen Spaß mehr, das zu beten. Immer wieder darüber nachzudenken, was man jetzt wieder falsch gemacht hat, ermüdet.
Die Gefahr besteht darin, dass man sich ein Stück zurückzieht. Man hat ja einen gewissen Stand erreicht, geht in die Gemeinde, hat eine gewisse Menge Bibel verstanden und weiß auch, wie man sich grob verhält. Die großen Fehler macht man nur noch ab und zu. Also läuft es irgendwie. Und irgendwann kommt der Punkt, an dem man sagt: „Eigentlich weiß ich nicht, ob ich noch weiter möchte.“
Jetzt kommt Paulus ins Spiel. Er sagt, dass er euch mitlebendig gemacht hat. Ihr seid dazu berufen, lebendig zu sein – nicht irgendwann wieder halbtot, wie komatöse Christen. An dieser Stelle finde ich es spannend, neu darüber nachzudenken: Wo stehe ich? Bin ich wirklich lebendig? Lasse ich den Gedanken an mich heran, dass etwas nicht stimmen könnte?
Oder anders ausgedrückt: Kannst du die letzten drei Punkte aufzählen, wo Gott in dein Leben hineingesprochen und dir Dinge gezeigt hat, die nicht in Ordnung sind?
Denn das, was wir heute hier machen, könnt ihr euch auch auf CD anhören. Die Frage ist nicht, wie viele Vorträge vom SBS du gehört hast. Die Frage ist:
Und jetzt mache ich euch das einmal vor – manche kennen das vielleicht schon: Wir wünschen uns geistliche Veränderung, die so läuft – mit großen, weiten Sätzen.
Jetzt zeige ich euch die Realität. Die Realität sieht so aus: Ich lese meine Bibel und frage mich: „Gott, was hast du mir heute zu sagen?“ Und Gott sagt: „Na, wenn du so fragst, hier wäre eine Idee für dein Leben.“ Gut. Und ich mache einen kleinen Schritt.
Ja, das ist die Realität. Ich lese meine Bibel und frage mich, was Gott mir zu sagen hat. Vielleicht sagt Gott mir: „Bete doch mal für die Gemeindeliste.“ Nehmen wir das als Beispiel. Am Montagmorgen fängst du mit der Gemeindeliste an und betest für die ersten zehn Personen. Am Dienstag bittest du wieder für zehn Leute. Schritt für Schritt.
Und du denkst dir: „Mann, ist das Christsein.“ Du machst jeden Tag einen kleinen Schritt – das ist geistliches Leben. Es wirkt manchmal so, als würde man auf der Stelle treten. Manchmal ist das auch so, aber es wirkt nur so. Ich weiß, dass das so ist.
Ich weiß auch, dass man als junger Christ tolle Erfahrungen macht. Zum Beispiel: „Ey, ich habe als Erstes die Sachen zurückgegeben, die mir nicht gehörten.“ Mann, das war eine Erfahrung! Erst mal Klauen sein lassen – super, da kann man wenigstens richtig was machen! Ja, das habe ich nicht mehr.
Diese großen Erfahrungen sind vorbei. Jetzt habe ich meine kleinen Schrittchen, wo ich mich von Anwendung zu Anwendung pople. Deshalb solltet ihr fünf Anwendungen machen, damit ihr fünf kleine Schrittchen macht. So bist du fünf kleine Schrittchen weiter und drehst dich um und denkst: „Man ist noch nicht wirklich weit gekommen.“
Der Clou ist: Geistliches Leben entsteht dadurch, dass wir Schritt für Schritt oder Schrittchen für Schrittchen gehen – und dass wir nicht irgendwann aufhören.
Die Gefahr reifer Christen besteht genau darin, dass wir die Bibel nicht mehr mit der Erwartung lesen, dass Gott noch zu uns spricht. Wir sind eigentlich ganz zufrieden mit dem, was wir haben.
Aber hier steht: Wir sind mitlebendig gemacht. Wir sind dazu berufen zu leben, nicht einfach nur zu vegetieren. Wir sind dazu berufen, ein Leben lang die Bibel so zu lesen mit der Frage: „Gott, was hast du mir zu sagen?“
Wir haben nämlich ein Fundament. Und dieses Fundament ist das Allergrößte, was man sich nur vorstellen kann. Ich lese euch das mal vor aus Vers 14.
Freiheit durch Vergebung und Sieg am Kreuz
Indem er uns alle Vergehungen vergeben hat.
Überleg mal: Warum soll ich geistlich lebendig werden? Weil Gott mir so unendlich vergeben hat. Er hat den Schuldschein gegen uns gelöscht, den Entsatzungen bestehenden, der gegen uns war, und ihn aus unserer Mitte fortgeschafft, indem er ihn ans Kreuz nagelte.
Du hattest deinen Schuldschein. Der Teufel konnte sagen: „Der gehört mir, hier hat er unterschrieben, den will ich haben.“ Und Jesus sagt: „Gib mal her, den nehme ich mit.“ Er nimmt diesen Schuldschein, der gegen uns ausgestellt war, auf dem stand „einmal Hölle gratis“, und pinnt ihn an ein Kreuz. Er lässt sich für uns erschlagen.
Das ist unsere Grundlage, warum wir nicht aufhören, weiter zu wachsen. Es wäre einfach fatal, das nicht mehr zu begreifen, dass wir zum Lebendigsein berufen sind. Er hat den Schuldschein gegen uns gelöscht, den in Satzungen bestehenden, der gegen uns war, und ihn aus unserer Mitte fortgeschafft. Er ist weg, er ist richtig weg, indem er ihn ans Kreuz nagelte. Er ist mit dran genagelt worden. Du bist frei!
Und er hat die Gewalten und Mächte – hier sind die dämonischen Mächte gemeint – völlig entwaffnet und sie öffentlich zur Schau gestellt. In ihm hat er den Triumph über sie gehalten. Am Kreuz passiert etwas Phantastisches: Jeder kann sehen, dass der Teufel entmachtet ist. Am Kreuz geschieht Gericht über den Teufel. Am Kreuz hält Jesus seinen Sieg.
Wenn wir das glauben, dass wir wirklich frei sind, dass Jesus uns ein neues Herz und ein komplett neues Leben geschenkt hat, wirklich alles, was gegen uns stand, weggenommen und alles, was für uns sein könnte, mit sich geschenkt hat, dann müssen wir aufpassen, dass wir uns an bestimmten Stellen nicht einfangen lassen.
Und das machen wir nach der Kaffeepause.