Der zweite Timotheusbrief – Vers für Vers – Gottes Wort für dich.
Ich brauche eine Auszeit. Deshalb bekommt ihr in den nächsten Wochen eine ganz neue Reihe von mir zum zweiten Timotheusbrief.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Ich wünsche euch beim Zuhören Gottes Segen und viele hilfreiche geistliche Impulse für euer Leben.
Die Bewahrung des Glaubens und der Zuversicht auf den Siegeskranz
Da stellt sich nun die Frage bei diesen drei Dingen: Was ist hier gemeint? Das ist eine gute Frage. Wenn Paulus sagt: „Ich habe den Glauben bewahrt“, meint er damit auf jeden Fall die Beziehung. Aber gerade vor diesem Brief, in dem so viel von Irrlehre die Rede ist, habe ich persönlich den Eindruck, dass Paulus auch ganz stark meint: Ich habe auch die Glaubensinhalte bewahrt. Diese sind die Grundlage für die Beziehung und auch die Basis für den Glaubensakt, den ich einmal mit Gott eingegangen bin. Ich bin dran geblieben und habe mich nicht abbringen lassen.
Ich wünsche euch das von ganzem Herzen. Denn wenn wir das sagen können, so wie Paulus es hier tut, dann können wir mit der gleichen Zuversicht, mit der er jetzt sterben wird, sagen: „Fortan liegt mir bereit der Siegeskranz der Gerechtigkeit.“ Ich würde hier übersetzen: Der Siegeskranz, nämlich die Gerechtigkeit. Die Gerechtigkeit, die abschließende, umfassende, vollendete Gerechtigkeit, die Gott uns schenken möchte, wenn wir bei ihm sind.
„Fortan liegt mir bereit der Siegeskranz der Gerechtigkeit, den der Herr, der gerechte Richter, mir als Belohnung geben wird an jenem Tag.“ Jener Tag ist der Tag, an dem wir Jesus gegenüberstehen. Und ihr merkt hier: Man darf in diesem Leben schon ein bisschen stolz sein auf das, was man erreicht hat. Man darf schon mal sagen: Ja, wenn ich so mein Leben anschaue, habe ich mich mit meinen Gaben an der richtigen Stelle investiert. Das hat sich gelohnt, ich sehe da schon etwas, und ich weiß, wenn ich vor dem Herrn Jesus stehen werde, dann wird er das genauso beurteilen – ich habe das gut gemacht.
Was Paulus hier sagt, richtet sich nicht allein an ihn, sondern auch an alle, die sein Erscheinen liebgewonnen haben. „Liebgewonnen haben“ ist hier eine Zeitform, die ausdrückt, dass ich etwas besitze, um es immer weiter zu haben. Hier ist ein Hoffen enthalten. Die, die die Erscheinung liebgewonnen haben, sind diejenigen, die sich nach dieser Erscheinung ausstrecken. Sie sagen: Ich habe da etwas liebgewonnen, das ich unbedingt erreichen möchte. Das ist ein Teil meiner Hoffnung.
Persönliche Mitteilungen und praktische Hinweise am Ende des Briefes
Und damit kommen wir zum letzten Abschnitt dieses Briefes, den Versen 9 bis 22, den persönlichen Mitteilungen am Ende. Das geht jetzt relativ schnell, denn die genannten Personen sind uns nicht bekannt.
Da heißt es: „Beeile dich bald, zu mir zu kommen.“ Hier möchte ich nur anmerken, dass niemand von euch sich heute auf den Weg machen muss. Das ist ein Brief, und er wurde nicht an euch geschrieben. In Brieftexten gibt es immer wieder Anweisungen, die für dich persönlich nicht gelten.
Ein Beispiel ist dieses Gebot: „Beeile dich bald, zu mir zu kommen.“ Niemand von euch muss also Google Maps herausholen und überlegen, wie man jetzt nach Rom kommt. Das ist nicht euer Job. Aber grundsätzlich sollte man im Blick behalten, dass Brieftexte situativ sind. Man muss sich bei Briefen genau überlegen, wann etwas für einen selbst gilt und wann es nur für den Empfänger gilt.
Hier ist ein gutes Beispiel dafür: „Beeile dich bald, zu mir zu kommen.“ Die Begründung dafür lautet: „Denn Demas hat mich verlassen, da er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen hat.“
Demas ist ein Christ, den wir aus dem Kolosserbrief und dem Philemonbrief kennen. Damals war er noch Mitarbeiter des Paulus, das hat sich aber geändert. Demas ist nicht mehr dabei. Wie hier steht, hat er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen.
Du kannst dir jetzt überlegen – wir hatten das in der Austauschrunde mit der Frage, ob man vom Glauben abfallen kann oder nicht – dass hier zumindest jemand genannt wird, der früher Mitarbeiter war und jetzt mit dem ganzen Christsein nichts mehr anfangen kann.
Wenn du ihn jetzt fragen würdest: „Wofür lebst du?“, dann würde er wahrscheinlich antworten: „Für Karriere, für Gesundheit, für meine Familie, für mein Hobby“ – irgendetwas, was der Zeitgeist ihm vorgibt. Darum geht es hier: Er hat den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen.
Das hat bei ihm dazu geführt, dass er nach Thessalonich gegangen ist und gesagt hat: „Weißt du, Paulus, mit dir will ich nichts mehr zu tun haben.“
Dann geht es hier weiter: Kreszenz, jemand anders, ist nach Galatien gegangen, Titus nach Dalmatien, und Lukas ist alleine bei mir.
Herausforderungen und Ermutigungen für Leitungsverantwortliche
An dieser Stelle möchte ich eine Sache für die Leiter ansprechen. Das betrifft ausnahmsweise nur Älteste, solche, die es werden wollen, oder sich in Leitungsverantwortung befinden. Ich darf euch in eurem Dienst eines garantieren: Menschen werden euch enttäuschen. Es tut mir leid, wenn ich das so direkt sagen muss.
Wenn mich jemand fragt, was Leiterqualitäten sind – ich werde demnächst einen Vortrag dazu halten – dann steht ganz vorne: Du brauchst eine ganz persönliche Gottesbeziehung, um die Enttäuschungen, die Menschen dir durch ihre Untreue und ihren oft asozialen Umgang zumuten, wegzustecken. Das ist eine absolute, zwingende Voraussetzung, wenn du Leiter in einer Gemeinde sein möchtest.
Paulus ist mein Vorbild. Immer, wenn ich ganz unten bin, weil wieder jemand etwas tut, das mich enttäuscht, denke ich an ihn. In der Bibel steht, dass man Älteste ganz besonders in Liebe achten soll. Wenn aber genau das Gegenteil passiert, erinnere ich mich an Paulus. Da sitzt jemand im Gefängnis, der sein ganzes Leben investiert hat, damit andere das Evangelium hören, sich bekehren und eine tiefe Gottesbeziehung finden können. Und wenn es darauf ankommt – wenn er zu Recht sagen kann, dass er nun auch mal das Recht hat, von anderen besucht zu werden und etwas zurückzubekommen von dem, was er in sie investiert hat – dann verlässt ihn Demas und sagt: „Weißt du was, Paulus, wenn du im Gefängnis bist, dann schmeiß ich das alles hin.“
Deshalb, wenn jemand sich für Leitungsaufgaben in Gemeinden interessiert, sollte er diesen Punkt unbedingt mitnehmen: Du musst dich innerlich darauf vorbereiten, dass Menschen dich massiv enttäuschen. Wenn dein Glaube davon abhängt, wie Menschen mit dir umgehen, dann lass es lieber sein. Aber wenn du sagst: Nein, mein Glaube hängt an Jesus, und ich kann mich an Jesus freuen, egal was passiert, dann hast du eine Chance. Denn das ist eine Realität: Menschen werden dich enttäuschen.
Ich weiß, das ist ein sehr negativer Schluss, aber es muss einfach gesagt werden. Wenn du dich in Leitungsverantwortung begibst oder eine Gemeinde gründest, wirst du oft denken: Warum macht derjenige das? Was soll das? Das ist doch gegen alles, was er gesagt hat, gegen alles, was wir ausgemacht haben. Das ist einfach enttäuschend.
In solchen Momenten musst du eine Beziehung zu Gott haben und sagen: Ich mache das nicht, weil der andere an meiner Seite steht, sondern ich mache es für Gott und in Gott. Und ich kann das aus einer persönlichen Gottesbeziehung heraus tun. Ich mache meine Gottesbeziehung nicht abhängig vom Leben meiner Geschwister, egal ob sie gerade mit mir sind oder gegen mich.
Grundsätzlich wünsche ich jedem in Gemeinden diese Einstellung: Du machst deine Gottesbeziehung nicht fest an der Gemeinde. Du bekehrst dich nicht zur Gemeinde, zur Jugendgruppe, zur Frauenstunde oder zum Hauskreis. Sondern wir bekehren uns zu Gott. Und weil wir Bekehrte sind, erlauben wir uns, Gemeinschaft zu leben, die losgelöst ist von der Idee: Ich muss hier jetzt etwas für mich kriegen.
Das ist ein Abfallprodukt. Ich freue mich, wenn es passiert, aber zuerst einmal bin ich in meiner Gemeinde, weil Gott mich dort hingestellt hat, und ich diene Gott. Wenn die Geschwister lieb sind, freue ich mich. Und wenn sie nicht so lieb sind, gehe ich in den Wald, bete und bekomme das schon wieder auf die Reihe.
Ermutigung durch das Beispiel von Lukas und Markus
Vers elf: Lukas ist alleine bei mir. Also, es gibt noch einen. Dann ganz schön: Nimm Markus, das ist Johannes Markus, der am Anfang der zweiten Missionsreise zu Spannungen zwischen Barnabas und Paulus führte. Es kam zu einem Bruch dieser Missionstruppe, und plötzlich entstanden zwei Missionsteams.
Da merkte man: Paulus und Johannes Markus passen nicht zusammen. Paulus war sehr zurückhaltend, diesen jungen Mann noch einmal mitzunehmen. Er hielt ihn nicht für tough genug. Aber hier an dieser Stelle hat sich das geändert. Johannes Markus ist jetzt in den Augen von Paulus ein toller Mitarbeiter.
Paulus sagt dann auch an Timotheus: Nimm Markus und bring ihn mit dir, denn er ist mir nützlich zum Dienst. Das ist ganz schön, weil das bedeutet: Derjenige, der in der ersten Missionsreise mittendrin abgebrochen hat, weil ihm alles zu viel wurde und der in den Augen des Apostels eher ein Verlierer war, hat hier in den Augen desselben Apostels einen ganz wertvollen Platz.
Das heißt, wenn du irgendwann mal im geistlichen Leben einen Durchhänger hast und etwas falsch machst, ist das nicht das Ende. Du kannst immer wieder neu anfangen – so wie Johannes Markus. Du hast es einmal nicht geschafft, warst einmal untreu im Dienst, ja, okay, es passiert. Strich drunter, von vorne anfangen. Das ist ganz wichtig, und Johannes Markus ist da einfach ein gutes Beispiel.
Das war's für heute. In der nächsten Episode wird diese Reihe fortgesetzt. Mit dem regulären Podcast geht es am 14. November 2022 weiter. Viele alte Episoden findest du auch in der App und in den meisten Podcastplayern.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
