Einführung in die Dreieinigkeit des Menschen
Wir haben gestern kurz für diejenigen, die nicht dabei waren, darüber gesprochen, was Körper, Seele und Geist sind. Die Bibel beschreibt diese Dreieinigkeit des Menschen: Körper, Seele und Geist. Darüber haben wir uns gestern ein wenig unterhalten.
Im 1. Thessalonicher 5,23 schreibt Paulus: Er betet, dass Gott euch heilige. Das Wort „heilen“ bedeutet auch „heilen“ im Sinne von Körper, Seele und Geist. Paulus wünscht, dass ihr bewahrt bleibt als ganze Menschen. Das heißt, wenn man die Bibel liest, erkennt man, dass es Gottes Anliegen ist, dass wir als Menschen heil, geheilt und gesund werden. Das ist, was Gott mit uns vorhat. Das ist auf jeder Seite der Bibel eigentlich nicht zu übersehen.
Wer die Evangelien kennt und gelesen hat, wird feststellen, dass fast auf jeder Seite berichtet wird, wie Jesus Christus einen Menschen heilt, der körperlich krank ist. Im Neuen Testament finden sich hunderte spektakuläre Heilungen, wie man sie heute kaum noch sieht.
Wir lesen aber auch, dass Jesus Menschen geheilt hat, die seelisch krank waren. Zum Beispiel die Frau am Brunnen, die Samariterin: Sie war körperlich, soweit wir wissen, gesund, aber ihre Seele war krank. Jesus hat sie geheilt.
Außerdem lernen wir von anderen Menschen, die sowohl körperlich als auch seelisch gesund sind, deren Geist aber krank ist – zum Beispiel Nikodemus. Jesus kam zu ihm und heilte seinen Geist, er gab ihm den Geist. Er sagte ihm, ohne den Heiligen Geist hast du kein Leben.
Das heißt, wenn wir über Gott als Heiler sprechen, dann geht es nicht nur um körperliche Heilung, den Soma, sondern um den ganzheitlichen Menschen. Das ist Gottes Anliegen, und das ist ziemlich klar.
Persönliche Erfahrungen mit Heilung und Glauben
Ich bin sehr dankbar, dass ich in meinem eigenen Leben, wenn ich jetzt zurückblicke, alle Bereiche erfahren durfte.
Als ich 15 Jahre alt war, wohnte ich noch im Haus, in dem ich geboren wurde, in der Ramsau. Dieses Haus habe ich später geerbt. Es ist eine Frühstückspension, die von Hannelore geführt wird. Dort bin ich immer zur Jugendstunde gegangen, die in unserer evangelischen Kirche in der Ramsau stattfand.
Es gab einen Jugendleiter, der Gott liebte. Jeden Samstag erzählte er uns im Reikersaal von Jesus. Ich ging ein, zwei Jahre lang dorthin – aus verschiedenen Gründen. Die Mädchen sahen gut aus, die Burschen waren auch cool. Aber ich habe immer zugehört.
Als ich etwa 15 Jahre alt war, traf ich bewusst die Entscheidung, Jesus nachzufolgen. Das Interessante ist: Manchmal fragen mich Leute, warum ich wusste, dass das wahr ist. Das muss ich ehrlich sagen: Ich wusste es nicht. Ich konnte es nicht erklären. Aber ich wusste, dass es wahr ist.
Das ist das Interessante: Wenn ein Mensch von Gott berührt wird, dann weiß er, dass Gott Realität ist. Als 15-Jähriger konnte ich nicht ergründen, ob es nun Islam, Buddhismus oder Christentum ist. Ich konnte nicht wissenschaftlich oder historisch alles belegen. Inzwischen habe ich viel davon gemacht, aber damals als 15-Jähriger nicht.
Und doch wusste ich damals schon, dass das, was gesagt wurde, wahr war. So kann ich sagen: Das ist die Zeit, in der ich gläubig wurde, in der Gottes Leben in mein Leben kam – wie wir gestern gehört haben. Es ist die Zeit, in der Gott den Geist einhaucht und du eine lebendige Seele wirst, ein Mensch, der mit Gott kommuniziert.
Heilung der Seele und des Geistes
Dann hatte ich als junger Mann, so mit 18, 19, 20 Jahren, einen extremen Minderwertigkeitskomplex – und zwar einen, der alles andere als witzig war. Es gibt ja junge Leute, die machen Lausbubenstreiche. Das finde ich super und auch ein bisschen Blödsinn, aber das können alle jungen Leute tun.
Ich hingegen habe Dinge getan, die peinlich waren und für die man sich schämt – einfach nur, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Das erzähle ich euch jetzt nicht im Detail, aber das ist auch egal. Rückblickend betrachtet hat das mein Leben damals schon stark beeinflusst. Wenn man mittendrin steckt, merkt man das ja gar nicht so. Aber wenn man später zurückblickt, denkt man sich: Was warst du für ein Heini? Was hast du alles getrieben?
Ich kann mich erinnern, vor etwa zehn Jahren oder länger war ich in Brisbane, Australien, wo ich auf einer Konferenz gepredigt habe. Dort war ein Freund von mir, Charles Price, der Pfarrer in Toronto ist. Wir beide waren die Sprecher der Veranstaltung. Abends haben wir einen Kaffee getrunken, und Charles erzählte mir, dass er als junger Mann, so mit etwa sechzehn Jahren, ziemlich starke Minderwertigkeitskomplexe hatte.
Da sagte ich zu Charles: Das ist interessant, denn das merkt man dir überhaupt nicht an. Du bist überhaupt kein Mensch, der Minderwertigkeitskomplexe zu haben scheint. Gott ist übrigens auch wunderbar, Charles wird von Gott so gebraucht. Er predigt jeden Sonntag vor Millionen von Menschen – in ganz Kanada, den USA, Indien, Vietnam und überall im Fernsehen. Das ist wirklich beeindruckend.
Auf jeden Fall erzählte ich ihm dann meine Geschichte. Charles sagte daraufhin: „Aber Hans-Peter, bei dir sehe ich auch nicht viele Minderwertigkeitskomplexe, wenn ich dich so anschaue.“ Da wurde mir zum ersten Mal bewusst: Ja, stimmt, über die Jahre habe ich diese Komplexe tatsächlich nicht mehr. Ich kämpfe nicht mehr damit.
Und das, obwohl ich keine Selbsterfahrungskurse besucht habe oder ähnliches. Über all die Jahre habe ich mich einfach mit Gott und seinem Wort auseinandergesetzt. Rückblickend kann ich sagen: Meine Seele hat Heilung erfahren.
Übrigens glaube ich, dass jeder von uns Minderwertigkeitskomplexe auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Bereichen hat. Ganz loswerden werden wir sie wohl nie in diesem Leben. Aber wir müssen uns nicht von ihnen bestimmen lassen – und das ist das Schöne daran.
Körperliche Heilung und Gottes Wirken
Früher war ich hauptberuflich neun Jahre lang Bergführer und Skilehrer. Gesundheitlich hatte ich mit meiner Haut nie Probleme. Damals war ich auch im Ausbildungsteam für die österreichischen Skiführer. Während dieser Zeit verbrachte ich mehrere Wochen bei Kursen am Gletscher.
Plötzlich konnte meine Haut die Sonne nicht mehr ertragen. Das war extrem – ich konnte überhaupt nicht mehr in die Sonne gehen. Das Problem zog sich über zwei Jahre hin. Ich bin von einem Arzt zum nächsten gelaufen. Verschiedene Ärzte sagten alle: „Es ist keine Sonnenallergie, aber du verträgst die Sonne nicht mehr. Du kannst nicht mehr in die Sonne gehen.“
Ich habe zwei Jahre lang jeden Tag Kortison auf die Haut geschmiert. Das linderte ein wenig, heilte aber natürlich nicht, wie wir wissen. Es wurde so schlimm, dass ich einen Winter lang unser Haus nur mit Gesichtsmaske verlassen konnte – sonst gar nicht. Ich hatte viel Wasser unter der Haut, es juckte extrem und war rot. Die Bilder von damals zeigen, wie schlimm es aussah.
Nach zwei Jahren habe ich dann den Jakobusbrief öfter gelesen. Dort steht in Jakobus 5: „Ist jemand unter euch krank, der rufe die Ältesten, dann bekennt euch einander die Sünden, salbt den Kranken, betet für ihn, und Gott wird ihn aufrichten.“
Da dachte ich mir, das probiere ich jetzt. Ich rief ein paar Freunde an. Wir bekannten uns gegenseitig die Sünden, sie salbten mich mit Babyöl und beteten für mich. Zwei Tage später war die Hautkrankheit weg. Ich durfte eine körperliche Heilung erfahren, wofür ich sehr dankbar bin.
Wir haben auch für meine Frau gebetet, die etwas Ähnliches hatte. Dort hat es nicht funktioniert. Sie ist erst vor drei Jahren gestorben. Das Schöne ist aber: Die Bibel sagt nicht, dass Gott den Kranken unbedingt heilt. Jakobus sagt, Gott wird ihn aufrichten.
Auch meine Frau wurde aufgerichtet. Sie konnte besser damit leben, und es war eine gute Erfahrung. Wir haben schon öfter für Kranke gebetet. Einige wurden tatsächlich geheilt, andere nicht. Aber alle wurden aufgerichtet. Das ist etwas Wunderschönes.
So darf ich sagen, dass ich Gott an meinem Geist, an meiner Seele und an meinem Leib erfahren habe. In der ganzen Bibel wird deutlich, dass es Gottes Anliegen ist, seine Kinder gesund zu machen.
Gott als Arzt und Retter
Im 2. Mose 15,26 stellt sich Gott seinem Volk vor und sagt: „Ich bin der Herr, dein Arzt“, Jehova Raffa. So stellt sich Gott Israel vor: als der Herr, der Arzt ist (2. Mose 15,26).
Als Jesus geboren wird, verkündet der Engel in Lukas 2,10-11 große Freude: „Euch ist heute der Retter geboren.“ Der Retter – das heißt, Gott stellt sich uns vor als unser Arzt und als unser Retter.
Nun ist das absolut richtig, aber viele von uns, die meisten von uns haben schon Lebenserfahrung. Über die Jahrzehnte haben wir erfahren, besonders wenn du in Gemeinden zu Hause bist, dass es liebe Menschen gibt, die krank sind. Für sie wurde gebetet, sie gingen zu Ärzten, und doch wurden sie nicht gesund. Man fragt sich: Warum nicht?
Denk immer an eine liebe Schwester hier in Schladming, die Gerti heißt. Sie sitzt seit achtzehn Jahren im Rollstuhl – achtzehn Jahre. Nicht nur das, sie hat jeden Tag Schmerzen. Manchmal kommt sie zu unseren Versammlungen. Dann wird sie im Rollstuhl hereingebracht. Es ist schön, wenn sie da ist, aber oft auch unangenehm, denn dann schreit sie drei Minuten lang vor Schmerzen.
Für sie haben wir gebetet, alles Mögliche versucht – und sie ist immer noch krank. Eine liebe, gläubige Frau. Da fragt man sich: Wenn Gott Retter und Arzt ist, warum heilt er dann nicht? Für Gott, der das Universum geschaffen hat, wäre das kein Problem. Er könnte es jederzeit tun.
Aus diesem Grund wenden sich übrigens auch einige Menschen von Gott ab. Sie sagen: „Wenn das ein Gott der Liebe ist, der so etwas zulässt, dann will ich mit diesem Gott nichts zu tun haben.“ Ich verstehe die emotionale Seite solcher Menschen.
Allerdings – und das ist meine Antwort – gerade weil ich in dieser Welt den Widerspruch sehe zwischen Gottes Versprechen und den Konsequenzen einer sündhaften Welt, wie wir sie erleben, glaube ich an den Gott der Bibel. Denn ich weiß, dass die Bibel keine vollkommen Welt beschreibt. Ganz im Gegenteil: Die Welt, die die Bibel beschreibt, ist eine trauernde, leidende und schmerzensvolle Welt.
Das wird in der Bibel deutlich beschrieben. Wenn ich die Bibel lese und das Geschehen in der Welt betrachte, sehe ich, dass beides eins zu eins zusammenpasst. Deshalb glaube ich an den Gott der Bibel.
Wir müssen nur lesen, dann erkennen wir, welcher Gott sich uns in der Bibel vorstellt. Das ist wichtig, denn zum Beispiel schreibt der Apostel Paulus in Römer 8,22: „Die ganze Schöpfung seufzt und sehnt sich nach Erlösung.“ Ich nehme an, einige von euch kennen das nur zu gut – entweder ihr selbst oder liebe Menschen in eurem Umfeld seufzen und leiden.
Das ist die Beschreibung der Bibel über diese Welt.
Warum beschreibt sich Gott als unser Arzt in der Bibel? Aus einem ganz einfachen Grund: Weil wir krank sind. Wenn niemand von uns krank wäre, bräuchten wir keinen Arzt.
Warum beschreibt sich Gott als unser Retter? Ganz einfach, weil wir verloren sind. Ich bin im Bergrettungsdienst, auch im Höhlenrettungsdienst tätig. Wisst ihr, warum es einen Bergrettungsdienst gibt? Weil es am Berg ab und zu Verlorene gibt. Gäbe es keinen einzigen Verlorenen in den Bergen, gäbe es keinen Bergrettungsdienst.
Warum ist Jesus unser Retter? Weil wir verloren sind. Sonst bräuchten wir keinen Retter, dann könnte er ja im Himmel bleiben. Darum kam er.
Gott begegnet uns in dieser Welt in seinem Sohn als unser Retter und als unser Arzt.
Die Tragik der Sünde und die Hoffnung auf Heilung
Und das ist die Geschichte der Menschheit – eine Geschichte der Tragik und der Sünde. Einerseits hat sich der Mensch von Gott abgewandt und ist deshalb in die Tragik der Sünde gefallen. Das hat Gott von Anfang an gesagt.
Gott hat gesagt: Mensch, wenn du von dieser Frucht isst, wirst du des Todes sterben. Es wird tragisch sein. Das ist keine Drohung. Wenn du deinem Kind sagst: Wenn du vom zweiten Stock springst, wirst du schwer verletzt oder sogar tot sein, dann ist das keine Drohung. Es ist eine Feststellung, eine Warnung: Tu es nicht.
Gott hat den Menschen gewarnt, aber der Mensch ging trotzdem hinein. Und das ist die Tragik der Sünde, die wir einerseits erleben. Andererseits sehen wir, wie Gott jetzt in unser Leben hineinkommt – als unser Retter und Arzt. Wir erleben Heilung und Gesundung. Diese Spannung sehen wir in diesem Leben.
Ein wunderschönes Beispiel für diese Realität des Lebens – das Leid einerseits und die Rettung andererseits – finden wir in Johannes 5. Bitte schlagt alle die Bibel auf, denn dort ist eine fantastische Geschichte zu finden.
Begegnung mit dem langjährigen Kranken am Teich Bethesda
In Johannes 5 begegnet Jesus einem Mann, und diese Geschichte möchte ich euch kurz ans Herz legen. Johannes Kapitel 5: Ich lese ein paar Verse vor.
Danach war ein Fest der Juden, und Jesus ging hinauf nach Jerusalem. Jerusalem liegt ungefähr so hoch wie Schladming, sogar ein bisschen höher. Wenn man jedoch vom Toten Meer aufsteigt, das einige hundert Meter unter dem Meeresspiegel liegt, steigt man etwa tausend Höhenmeter. Das sind also ganz schöne Strecken, und es ist dort noch wärmer als hier.
Jesus ging also hinauf nach Jerusalem. In Jerusalem befindet sich beim Schaftor ein Teich, der auf Hebräisch Betesda genannt wird und der fünf Säulenhallen hat. In diesem Teich lag eine Menge Kranker, Blinder, Lahmer und Dürrer. Einige alte Manuskripte fügen hinzu: Diese Lahmen, die Dürren, die Kranken. Wenn sich das Wasser bewegte, kam ein Engel des Herrn zu bestimmter Zeit an den Teich, bewegte das Wasser, und wer zuerst in den Teich hineinkam, wurde geheilt. Diese Ergänzung findet sich aber nur in manchen Handschriften und ist deshalb in der Bibel meist nicht enthalten.
Dann lesen wir in Vers 5: Es war aber ein Mensch dort, der achtunddreißig Jahre mit seiner Krankheit behaftet war. Hier zeigt sich die Tragik des Lebens. Ein Mann lag achtunddreißig Jahre lang krank. Das war seine Realität. Achtunddreißig Jahre sind eine sehr lange Zeit – einige von euch sind nicht einmal so alt, andere schon. So lange war dieser Mann krank. Das ist eine ewig lange Zeit. Damals wurden die Menschen nicht so alt wie heute. Achtunddreißig Jahre waren etwa die Hälfte eines Lebens und somit lag der Mann bereits die Hälfte seines Lebens krank.
Man fragt sich manchmal, so wie bei diesem Mann, der 38 Jahre lang als Grüppel gelähmt in dieser Säulenhalle lag: Woher nahm er überhaupt noch den Mut, für einen weiteren Tag zu leben? Ich frage mich das auch bei Leuten, die ich kenne, hier in der Umgebung. Ich kenne einige Menschen, die sind so negativ und kritisch, dass alles nur noch schlecht ist. Manchmal frage ich mich, warum wollen diese Menschen überhaupt noch einen Tag leben? Das Leben scheint für sie nur noch schlecht zu sein. Warum nehmen sie sich nicht das Leben?
Es ist interessant: Wir sind immer schockiert, wenn ein Mensch sich das Leben nimmt – und das sollten wir auch sein. Aber wissen Sie, was mich noch mehr überrascht? Warum nehmen sich viele Menschen nicht das Leben? Manchmal überrascht mich das, weil ich Menschen kenne, bei denen nichts mehr da ist – nur noch eine Existenz, aber kein Leben.
Dieser Mann war 38 Jahre krank, und man fragt sich, was ihn am Leben hält. Es kann eigentlich nicht nur ein Wort sein: die Hoffnung. Irgendwie muss er doch noch gehofft haben, dass es einen Tag geben wird, an dem er als Erster ins Wasser fällt und geheilt wird. Wenn man das nach 38 Jahren immer noch glaubt – allerhand! Eine reale Hoffnung ist das eigentlich nicht mehr.
Übrigens gibt es einen bemerkenswerten Vers im Römerbrief Kapitel 4 über Abraham. Dort steht, dass Abraham „gegen Hoffnung auf Hoffnung“ geglaubt hat. Das ist ein interessanter Satz. Gegen Hoffnung auf Hoffnung. Es ging darum, dass Abraham und seine Frau Sarah noch ein Kind bekommen sollten, obwohl Abraham schon hundert und Sarah neunzig Jahre alt war. Das schien hoffnungslos. Abraham schaute Sarah an und dachte, bei dir sieht es nicht gut aus. Sie schaute ihn an und dachte, bei dir ist es noch hoffnungsloser. Gegen jede Hoffnung haben sie dennoch geglaubt – und sie wurde schwanger. Genau diese Hoffnung muss auch bei diesem Mann gewesen sein.
Die Frage Jesu und die Antwort des Kranken
Und dann lesen wir im Vers 6, und das ist ein interessanter Satz: Als Jesus diesen Mann daliegen sah und wusste, dass er schon lange Zeit so mit ihm steht, spricht er zu ihm: Willst du gesund werden?
Ich muss ganz ehrlich sagen, früher habe ich mir gedacht, das ist keine intelligente Frage. Ehrlich, da liegt einer 38 Jahre krank, Jesus weiß das, er weiß alles. Und er tritt zu ihm und sagt: Willst du unter Umständen gesund werden? Das habe ich nie kapiert, aber langsam verstehe ich es.
Das hat damit zu tun, dass das Altwerden ja nicht nur schlecht ist, weil man viel mehr Lebenserfahrung hat und Gespräche mit Menschen führt. Fast jede Woche habe ich Seelsorgegespräche mit Leuten. Und wisst ihr, was ich bei Menschen feststelle? Ich habe schon mit Menschen geredet, da merkst du nach zehn Minuten, da ist Bitterkeit, da ist Zorn, Selbstmitleid.
Man hört zu und dann frage ich sie: Willst du eigentlich deinen Zorn und deine Bitterkeit loswerden? Ich habe festgestellt, manche wollen es nicht. Die wollen krank bleiben. Die Frage „Willst du gesund werden?“ stelle ich manchmal Leuten wirklich: Willst du überhaupt? Warum kommst du zu mir? Willst du überhaupt gesund werden? Und manchmal ist die Antwort eigentlich nein. Dann sage ich: Dann ist mir lieber, wir machen sonst was, das ist Zeitverschwendung.
„Willst du gesund werden?“, fragt Jesus diesen Mann. Jesus fragt: Was ist dein Problem? Was willst du, dass ich heile?
Und der nächste Satz ist so fantastisch, so gewaltig, da kann man echt nur schlucken. Der Kranke antwortete ihm: „Herr, ich habe keinen Menschen.“ Herr, ich habe keinen Menschen. Das war sein Problem. Seine tiefste Not war nicht seine körperliche Krankheit, es war seine Einsamkeit. Ich habe niemanden.
Seht ihr, Jesus spricht diesen Kranken hier in seiner Einsamkeit an, bei dem die meisten einfach nur vorübergehen. Und Jesus fragt ihn: Willst du gesund werden? Und der Kranke antwortet ihm: Ja, Herr, ich habe keinen Menschen. Und dann sagt er noch dazu: Ich habe keinen Menschen, der mich, wenn das Wasser bewegt worden ist, in den Teich werfe, während ich aber komme, steigt ein anderer vor mir hinein.
Er sagt: Ja, in dieser Säulenhalle gibt es viele andere Grüppchen und Kranke, und wir sind eine gewisse Gemeinschaft. Aber jeder schaut nur auf sich selbst. Niemand steht wirklich zu mir. Es gibt keinen, der mich hineintragen würde.
Übrigens eine Frage an dich ganz persönlich: Hast du eigentlich einen Menschen, von dem du hundertprozentig sicher sagen kannst, dass er dich liebt? Der sagt: Der steht zu mir. Den kann ich hundertprozentig vertrauen? Das ist gar nicht selbstverständlich. Es gibt viele Menschen, die könnten keinen einzigen aufzählen, für den das stimmt.
Da ist immer konditionierte Liebe. Die beginnt oft bei den Kindern: Wenn du brav bist, dann habe ich dich lieb, so ähnlich. Es ist immer konditioniert.
Heilung und Verantwortung durch Jesus
Und dann lesen wir weiter. Jesus heilt diesen Menschen im Vers 8. Jesus spricht zu ihm: "Steh auf, nimm dein Bett auf und geh umher." Das ist ein Wunder, das hier geschieht. Jesus sagt zu ihm: "Steh auf, nimm dein Bett und geh."
Was mir hier besonders gefällt, ist, dass Jesus keinen Appell macht. Er sagt nicht zu ihm: "Reiß dich halt ein bisschen zusammen, drück dich hoch und tu mal ein bisschen was, dann wird das schon wieder." Solche Appelle hören wir ja sehr oft: "Reiß dich zusammen, streng dich halt ein bisschen mehr an."
Wisst ihr, was bei diesem Mann war? Er war 38 Jahre krank, hatte keine Muskeln mehr und konnte nicht aufstehen. Und das ist das Schöne. Darum bin ich gerne Christ: Wenn Jesus zu dir sagt, "Steh auf, nimm dein Bett und geh", dann kannst du tatsächlich aufstehen, dein Bett nehmen und gehen.
Das ist das Herrliche am Christentum. Es ist die Kraft des Heiligen Geistes. Es ist keine Psychologie, kein Einreden à la "Ich muss mich halt mehr anstrengen und diese christliche Psychologie hilft mir dabei." Da hilft dir eine andere Psychologie genauso gut. Sondern wenn Jesus sagt: "Steh auf, nimm dein Bett und geh", dann können wir das tun, weil er uns die Kraft dazu gibt.
Übrigens ein Missverständnis, dem ich jahrelang aufgesessen bin: Ich habe das in Predigten öfter gehört – und ich weiß nicht, ob ich es selbst nicht auch gepredigt habe – dass man im Leben als Christ Prioritäten braucht. Die erste Priorität ist immer Gott. Die zweite Priorität deine Frau, dann die Kinder, dann die Arbeit und schließlich Sport und Hobby usw.
Wisst ihr, was das bei mir getan hat? Ich habe das geglaubt. So stehst du morgens auf und denkst: "Okay, jetzt bin ich munter, was ist die erste Priorität? Ah ja, mit Gott muss ich zuerst mal reden, stille Zeit." Okay, stille Zeit gemacht, fünf Minuten oder, wenn es gut lief, zehn Minuten. So, Gott ist abgehakt, passt.
Zweite Priorität: "Ah ja, meine Frau." Genau, die Frau setzt sich zu mir, ich schaue ihr in die Augen, jetzt reden wir, weil du die Nächste dran bist. Abgehakt, passt. An die Kinder, ein Kuss, tschüss bis zum Abend, auch abgehakt. Und dann in die Arbeit. So läuft das ab.
Aber wisst ihr was? Das ist eine Katastrophe. Und ich habe Neuigkeiten: Gott hat null Interesse, in deinem Leben Priorität Nummer fünf zu sein, und er hat genauso wenig Interesse, deine Priorität Nummer eins zu sein.
Das, was Jesus in deinem Leben will, ist: Er will deine Kraft sein, wenn du mit deiner Frau redest. Er will dir die Liebe geben, wenn du mit deinen Kindern bist. Er will dir die Liebe sein, wenn du in der Arbeit bist. Er will in jedem Bereich dein Herr und dein Retter sein.
Und das ist so entspannend. Gott ist nicht jemand, den ich zufriedenstellen muss, damit er happy ist. Wenn ich ihn zufriedengestellt habe, kann ich zum Nächsten gehen. Sondern Gott ist die Kraft, die es mir ermöglicht zu leben.
Und das ist der große Unterschied. Das habe ich lange nicht gewusst. Darum bin ich gerne Christ. Ich muss nicht die Kraft haben, um mein Leben zu meistern.
Die Quelle lebendigen Wassers
Es hat mir im Winter sehr gefallen, weil ich öfter Fragestunden mache. So können wir auch heute von mir aus noch zehn Minuten oder so weitermachen.
Da sagte ein Mann, der schon lange dabei ist – schon 20 Jahre –, zu mir: „Hans-Peter, können wir ruhig die Tür da hinten ein bisschen zumachen? Dann ist es ja genau richtig.“
Er fragte mich: „Ich bin jetzt schon fast 25 Jahre hier. Sag, Hans-Peter, wie schaffst du das, dass du immer noch genauso frisch und fröhlich dieselbe Botschaft predigst wie vor 25 Jahren?“
Dann stand eine ältere Frau auf, die auch schon lange kommt, und beantwortete die Frage für mich. Sie sagte: „Da gibt es eine Geschichte. Ein Mann ging in die Stadt, und dort gab es einen Stadtbrunnen. Der Stadtbrunnen sprudelte Jahr für Jahr, Tag und Nacht Wasser – jahrzehntelang.
Der Mann fragte den Stadtbrunnen: ‚Wie kann es sein, dass du Tag und Nacht, Jahr um Jahr Wasser sprudelst?‘
Der Brunnen antwortete: ‚Ich bin nur der Brunnen, ich bin nicht die Quelle.‘“
Dann wusste der Mann das Geheimnis. Du und ich, wir sind nur der Brunnen. Wir müssen die Kraft nicht selbst erzeugen. Ich bin nicht die Quelle – das ist Jesus Christus. Er ist die Quelle.
Und er ist derselbe gestern, heute und in alle Ewigkeit.
Und wisst ihr, wenn ihr Samstag nach Hause fahrt, die Quelle fährt mit euch. Sie ist nicht hier im Dauernhof, sie ist in euch.
„Wer an mich glaubt“, sagt Jesus, „dessen Leben wird in ihm eine Quelle lebendigen Wassers werden, die nie versiegt.“
Darum bin ich gerne Christ.
Verantwortung und Freiheit im Glauben
Und auf jeden Fall sagt Jesus zu diesem Mann: „Steh auf, nimm dein Bett und geh!“
Übrigens war dieses Bett keine Isomatte, wie man sie beim Campen oder Zelten benutzt und die man zusammenrollen kann. So etwas gab es damals noch nicht. Es handelte sich um eine Trage, eine Holztrage. Das war ein richtiges Bett, das schon ein paar Kilo wog.
Jesus sagte also zu diesem Mann: „Jetzt stehst du auf, nimm dein Bett und geh nach Hause.“ Er macht ihn gesund, und der Mann darf nun eigenverantwortlich leben. Früher haben andere ihn getragen, jetzt trägt er selbst sein Bett nach Hause.
Denn wisst ihr, manchmal ist es so, dass wenn man völlig abhängig ist und andere alles für einen tun, das Leben zwar ein bisschen stumpf, aber bequem ist. Ich kenne Alkoholiker, die völlig abhängig sind – von ihrer Frau oder anderen, die sie unterstützen. Sie führen zwar ein furchtbares Leben, aber es ist bequem, weil sie selbst nichts tun müssen.
Jesus heilt diesen Mann und sagt: „Okay, jetzt stehst du auf, nimm das Bett, mit dem sie dich hergetragen haben, und trage es selbst nach Hause. Übernimm Verantwortung für dein Leben!“
Es ist auch ganz interessant, dass Jesus das öfter macht. Darum fragt er den Mann: „Willst du gesund werden? Oder willst du lieber abhängig bleiben?“ Denn wenn du gesund wirst, kannst du dich um andere Menschen kümmern, die krank sind.
Konflikt mit der religiösen Ordnung
Und zum Abschluss, dann bin ich gleich fertig: Als der Mann geheilt war, war es Schabbat, der Feiertag der Juden, also Samstag. Für uns Christen ist es der Sonntag. Am Schabbat arbeitet man nicht.
Im Vers 9 lesen wir: Sofort wurde der Mensch gesund, nahm sein Bett auf und ging umher. Es war aber an jenem Tag Sabbat. Die religiösen Juden von damals sagten zu dem Geheilten: „Es ist Sabbat, es ist dir nicht erlaubt, das Bett zu tragen.“
Wisst ihr was? Religion befasst sich oft mit Dingen, mit denen sich Gott überhaupt nicht befasst. Vor ein paar Monaten war ich in Deutschland und habe auf einer Konferenz gepredigt. Es war Sonntag, ein hoher Feiertag. Da ziehe ich immer mein schönes österreichisches Outfit an. Eine Krawatte brauche ich nie, denn das verzeiht man mir immer – das Österreichische ist gut genug.
Am Montag, als kein Feiertag mehr war, habe ich auch gepredigt. Da habe ich mich etwas legerer angezogen. Meine liebe Frau kam und sagte: „Wo ist das schöne Outfit von gestern? Das, was Sie heute tragen, ist nicht ganz passend für diesen Anlass.“ Ich antwortete: „Ja, das Leben ist hart.“
Aber diese Frau war mehr damit beschäftigt, welche Kleidung ich trage, als mit der Botschaft, die ich bringe. Das ist Religion. Religion kümmert sich um Äußerlichkeiten, die Gott überhaupt nicht interessieren.
Toni Campolo, den ich nicht persönlich kenne, aber von dem ich einiges gelesen habe, ist auch ein Prediger. Er engagiert sich sehr für Kinder in Afrika und hat eine große Mission, die sich um Tausende verhungernde Kinder kümmert. Er sagte einmal während eines Gottesdienstes: „Während ich jetzt in den zwanzig Minuten predige, sterben etwa tausend Kinder an Hungerstod. Und es ist jedem von euch egal.“
Dann fügte er hinzu: „Noch tragischer ist, dass ihr euch jetzt mehr darüber aufregt, dass ich das Wort ‚Scheiße‘ gesagt habe, als darüber, dass tausend Kinder gerade sterben.“
Religion kümmert sich ständig um Dinge, die Gott überhaupt nicht interessieren. Für Religion würde ich mich nie nach vorne stellen, sondern nur für Jesus. Verwechselt niemals Religion mit Jesus.
Die Identität Jesu als Heiler
Und dann sagt der Mann zu diesen religiösen Juden – und das ist für mich eines der Highlights, Vers 11: Er antwortet ihnen: „Der mich gesund gemacht hat, der hat zu mir gesagt: Nimm dein Bett auf und geh heim.“
Sie fragten ihn: „Wer ist der Mensch, der zu dir sagte: Nimm dein Bett auf und geh umher?“ Der Geheilte wusste es nicht. Er hatte keine Ahnung, wer das war. Dass es Jesus war, kannte er nicht. Er kannte nur – und das ist einer der schönsten Namen für Jesus – „den Mann, der mich gesund gemacht hat.“
Freunde, egal ob ihr den Namen Jesus kennt oder nicht: Wenn ihr wisst, dass Jesus der ist, der euch gesund gemacht hat, dann ist das alles, was ihr wissen müsst. Einer der schönsten Namen für Jesus ist: Der Mann, der mich gesund gemacht hat. Das darf ich bezeugen.
Darum tun wir, was wir tun – und das mit Freude. Das wünsche ich euch.
Denkt über die Frage nach: Willst du gesund werden? Gesund in Körper, Seele und Geist? Willst du das Leben Gottes? Willst du gesund werden? Bewegt diese Frage in euch.
