Wir kommen heute zur letzten Predigt in unserer Predigtserie, die sich mit den einführenden ersten neun Kapiteln im Buch der Sprüche beschäftigt. Unser Predigttext ist das neunte Kapitel, und ich denke, es ist ein sehr passender Abschluss dieser langen Einführung in das, was dann folgt: die Sprüche Salomos.
Am Anfang und am Ende dieses Kapitels lesen wir von zwei konkurrierenden Einladungen. Wir treffen auf die zwei Frauen, die uns in den letzten Kapiteln immer wieder begegnet sind: Frau Weisheit und Frau Torheit. Beide laden uns zu sich ein. Dabei wird deutlich, dass die Entscheidung, welche Einladung wir annehmen, für den Ausgang unseres Lebens von zentraler, von alles entscheidender Bedeutung ist.
Ich glaube, das macht auch Sinn und ist gut verständlich: Auf welchem Weg ich gehe, bestimmt, welches Ziel ich erreiche. Frau Torheit will uns in die eine Richtung rufen, Frau Weisheit in die andere. Doch ihre Stimmen klingen teilweise zum Verwechseln ähnlich.
Deshalb helfen uns die sechs Verse dazwischen, ein bisschen mehr zu erkennen, auf welchem Weg wir gerade unterwegs sind. So können wir, wenn nötig, eine Kurskorrektur vornehmen, vom falschen Weg umkehren und auf den richtigen Weg gehen. Das ist meine Hoffnung für uns heute.
Ich möchte uns daher den Predigttext aus Sprüche 9 vorlesen, die Verse 1 bis 18, also das ganze neunte Kapitel. Ihr findet diesen Text in der Bibel auf Seite 637. Das ist heute hilfreich, weil ihr am Gottesdienstplatz sehen werdet, dass der Text dort ein wenig anders angeordnet ist. Dazu gleich mehr.
Die Weisheit hat ihr Haus gebaut und ihre sieben Säulen behauen. Sie hat ihr Vieh geschlachtet, ihren Wein gemischt und ihren Tisch bereitet. Dann sandte sie ihre Märkte aus, um zu rufen, oben auf den Höhen der Stadt: Wer noch unverständlich ist, der kehre hier ein! Und zum Toren spricht sie: Kommt, esst von meinem Brot und trinkt von dem Wein, den ich gemischt habe!
Verlasst die Torheit, so werdet ihr Leben haben, und geht auf dem Wege der Klugheit. Wer den Spötter belehrt, der trägt Schande davon, und wer den Gottlosen zurechtweist, holt sich Schmach. Rüge nicht den Spötter, damit er dich nicht hasse, sondern rüge den Weisen, der wird dich lieben. Gib dem Weisen, so wird er noch weiser werden; lehre den Gerechten, so wird er in der Lehre zunehmen.
Der Weisheit Anfang ist die Furcht des Herrn, und den Heiligen Erkennen ist Verstand. Denn durch mich werden deine Tage viel werden und die Jahre deines Lebens sich mehren. Bist du weise, so bist du es dir zugute; bist du ein Spötter, so musst du es allein tragen.
Frau Torheit ist ein unbändiges Weib, verführerisch und weiß nichts von Scham. Sie sitzt vor der Tür ihres Hauses, auf einem Thron auf den Höhen der Stadt, und lädt alle ein, die vorübergehen und richtig auf ihrem Wege wandeln. Wer noch unverständlich ist, der kehre hier ein! Und zum Toren spricht sie: Gestohlenes Wasser ist süß, und heimliches Brot schmeckt fein. Er weiß aber nicht, dass dort nur die Schatten wohnen, dass ihre Gäste in der Tiefe des Todes hausen.
Soweit der Predigttext, den ich mit uns auf eine etwas ungewöhnliche Art und Weise betrachten möchte. Diese Herangehensweise macht meines Erachtens sehr viel Sinn und wird auch der poetischen Natur dieses Kapitels gerecht. Wir wollen nämlich zuerst die beiden Einladungen hören, die am Anfang und am Ende stehen – die ersten sechs Verse und die letzten sechs Verse. Wir wollen diese beiden konkurrierenden Einladungen wahrnehmen. Danach wenden wir uns den mittleren sechs Versen zu und bedenken dabei, auf welchem Weg wir eigentlich gerade unterwegs sind.
Bevor wir das tun, bete ich mit uns:
Himmlischer Vater, wir wollen dir danken für dein Wort, das uns Wegweisung gibt. Herr, wir hören so viele Stimmen jeden Tag. Diese Welt und die Torheit der Welt wirbt um uns, um unsere Herzen, um unsere Aufmerksamkeit. Herr, wir tun uns oft so schwer, deine Stimme zu hören, still zu werden vor dir und dir unsere ganze Aufmerksamkeit zu schenken.
Herr, mein Gebet für uns heute ist, dass du uns dazu befähigst, dass du unsere Herzen still werden lässt und uns bereit machst, Acht zu haben auf das, was du uns heute zu sagen hast. Schenk uns Ohren zum Hören und mach uns bereit, dein Wort anzunehmen und danach zu leben, auf dass wir selig werden. Amen.
Zu Beginn lesen wir von der Einladung der Weisheit in den ersten sechs Versen. Die ersten drei Verse stellen Frau Weisheit vor. Schon im ersten Vers wird deutlich, dass die Weisheit prächtig und bedeutsam ist. Es heißt, die Weisheit habe ihr Haus gebaut und ihre sieben Säulen behauen. Die Weisheit wohnt also prachtvoll. Die Säulen sind ein Ausdruck dafür, dass es sich nicht um eine kleine Hütte handelt. Ich weiß nicht, wer von euch behauene Säulen an seinem Haus hat, aber ich wäre gerne einmal eingeladen. Das ist ein Prachtbau.
In Vers zwei sehen wir, dass sie ein prächtiges Festmahl bereitet hat. Sie hat ihr Vieh geschlachtet, ihren Wein gemischt und ihren Tisch gedeckt. Ein Mahl mit Fleisch, mit geschlachtetem Vieh, also Steak – das war damals noch viel seltener und kostbarer als heute. Es ist also eine Einladung zu einem Festmahl mit Steak und Wein. Die Einladung wird über Märkte ausgesandt, die sie aussendet. Sie ruft oben auf den Höhen der Stadt, dort, wo man gut hören kann, laut und lädt ein.
Ab Vers vier hören wir tatsächlich die Stimme von Frau Weisheit, wie sie einlädt. Sie ruft die Unverständigen und sagt: „Wer noch unverständlich ist, kehre hier ein!“ Zum Toren spricht sie: „Kommt, esst von meinem Brot, trinkt von dem Wein, den ich gemischt habe!“ Die Einladung wird weit gestreut, jeder ist eingeladen: „Kommt, kommt her!“ Sie will uns geben, was wir brauchen, und uns mit Segen beschenken. Aber dazu müssen wir von falschen Wegen umkehren – das sehen wir in Vers sechs.
Dort ruft sie: „Verlasst die Torheit! So werdet ihr leben und geht auf dem Wege der Klugheit!“ Das ist ein klarer Ruf zur Umkehr, von falschen Wegen abzurücken und den guten Weg, den Weg der Weisheit, zu gehen.
In den letzten Wochen haben wir immer wieder darüber nachgedacht, dass Weisheit ein Wesensmerkmal Gottes ist. Gott allein ist vollkommen weise. Wenn hier die Weisheit ruft, wissen wir, dass letztendlich die Stimme Gottes dahintersteht. Gott ruft. Und das hat Gott immer wieder getan. Was wir hier sehen, ist nicht nur an dieser einen Stelle in der Bibel zu finden. Im ganzen Alten Testament sehen wir immer wieder, wie Gott Menschen beruft und zu sich zurückruft, weil sie sich von ihm abwenden. Immer wieder erklingt derselbe Ruf: „Kehret um zu mir, kommt zu mir und findet bei mir Segen! Kommt an meinen Tisch, findet bei mir das, was ihr wirklich braucht! Kommt, und ihr werdet leben!“
Dieser Ruf der Frau Weisheit ist der Ruf Gottes, den wir immer wieder hören, wenn wir Gottes Wort lesen. Im Neuen Testament wird dieser Ruf noch deutlicher: Gott ruft durch seinen ewigen Sohn Jesus Christus. Er lädt Menschen ein und tut genau das, was wir hier bei Frau Weisheit sehen. Jesus sagt: „Kommt her, alle, kommt zu mir!“ Er richtet sich an die, die erkennen, dass sie ein Problem haben.
Nicht wie Frau Weisheit die Unverständigen und Toren ruft und sagt, sie wolle ihnen geben, was sie brauchen, erklärt Jesus selbst, dass er als Arzt gekommen sei. Er sagte, die Gesunden brauchten keinen Arzt, sondern die Kranken. Jesus ist gekommen, um Sünder zur Buße zu rufen – also diejenigen, die Not haben. Gott ruft die, die auf falschen Wegen sind. Der Weg der Torheit ist der Weg der Sünde. Gott ruft: „Kommt, kehrt um!“
Dieser Ruf zur Umkehr, den wir in Vers sechs lesen, ist auch der Ruf, den wir in Vollendung bei Jesus hören. Das ist kein Wunder, denn Jesus ist die Vollendung der Offenbarung Gottes. Was wir durch die ganze Bibel hindurch sehen, erkennen wir in seiner Person am klarsten und deutlichsten.
Jesus begann sein Predigtamt mit den Worten: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Tut Buße, kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ Das ist eine Einladung, eine Einladung zu einem Festmahl. Denn am Ende aller Einladungen steht das große Hochzeitsfest des Lammes. Jesus lädt ein, Gott lädt ein: „Kommt zu mir, werdet weise, findet Segen und Leben!“
Es ist vielleicht kein Zufall, dass hier, nachdem vom geschlachteten Vieh und vom gemischten Wein die Rede ist, dann zu Brot und Wein eingeladen wird. Das erinnert uns an die Einladung, die Jesus an seinen Tisch ausspricht: Brot und Wein als Wegzehrung, bis zu dem Tag, an dem wir wieder mit ihm essen werden – an seinem Tisch, im Reich seines Vaters, beim großen Festmahl.
Das ist die große Einladung. Wir sehen, wie Märkte ausgesandt werden, um Menschen einzuladen. Zuvor haben wir das Gleichnis gehört, das Jesus in Lukas 15 sprach. Auch dort werden Knechte ausgesandt, um einzuladen.
Ich verstehe meine Aufgabe hier als ein Knecht des Herrn, euch einzuladen: Kommt zu Frau Weisheit, kommt zu Gott, kommt zu Jesus Christus. Ich hoffe, diese Einladung ist bei dir angekommen und dass du sie heute wieder hörst. Wir müssen nicht nur einmal kommen, sondern immer wieder. Wir sind immer eingeladen, egal was gerade in unserem Leben passiert. Die Einladung gilt: Kommt!
Es ist wichtig, zu kommen, denn es gibt eine konkurrierende Einladung – eine ähnliche, aber doch ganz andere Einladung von Frau Torheit. Über sie lesen wir in den letzten sechs Versen unseres Predigttextes.
Ganz ähnlich aufgebaut: Ihr habt im Gottesdienstblatt diese beiden Abschnitte direkt nebeneinander gedruckt, sodass ihr wirklich sehen könnt, wie ähnlich sie sind. Die ersten drei Verse sind eine Beschreibung. Ein Erzähler beschreibt Frau Torheit, so wie er vorher Frau Weisheit beschrieben hat, und schildert, was hier geschieht.
Wir sehen das in den Versen 13 bis 15: Frau Torheit ist ein unbändiges Weib, verführerisch und weiß nichts von Scham. Sie sitzt vor der Tür ihres Hauses auf einem Thron, auf den Höhen der Stadt, und lädt alle ein, die vorübergehen und richtig auf ihrem Wege wandeln.
Manches klingt hier sehr ähnlich. Wiederum lädt Frau Weisheit auf den Höhen der Stadt ein. Hier ist nichts von einem Prachthaus beschrieben, auch kein vorbereitetes Festmahl, sondern eine allgemeine Einladung, die an viele, an alle Menschen ergeht. Allerdings hat Frau Weisheit nicht diese Erhabenheit, die Frau Torheit hier zeigt.
Frau Torheit ist ganz anders. Sie ist, wie es hier heißt, ein unbändiges Weib. Aber sie ist verführerisch – das hören wir deutlich heraus. Die Einladung, die von ihr ausgeht, ist wiederum eine Einladung zu einem Mahl, das verlockend ist, wenngleich es kein Steak und Wein ist. Bei ihr gibt es nur Wasser und Brot. Doch sie weiß es gut zu verkaufen.
Schaut, was wir hier lesen, Vers 16: „Gestohlenes Wasser ist süß, und heimliches Brot schmeckt fein.“ Was Frau Torheit also tut, ist, sie appelliert an unsere Sündennatur. Sie spricht das an, was in uns nach dem Verbotenen strebt, nach dem, was geheimnisvoll und süß ist.
Ganz ehrlich: Ich glaube, wir tun gut daran, anzuerkennen, dass das, was sie uns anbietet, uns alle irgendwie anspricht. Lieber Chris, denk nicht, dass du der Einzige bist, den es anspricht, wenn er von einer unbändigen, verführerischen Frau hört. Wir tun gut daran, zu gestehen, dass uns etwas lockt, wenn wir hören, dass hier etwas geheimnisvoll und süß ist.
Nur die Worte sind so geschrieben, dass sie wahrscheinlich vor allem Männer ansprechen. Aber ich werde mich jetzt nicht als Frauenversteher aufspielen – das geht bestimmt schief. Ihr Frauen wisst selbst, wie ihr verlockt werdet, was euch verführt, was euch anzieht und reizt.
So ist Frau Torheit. Sie will uns gerne einreden, dass das, wozu sie einlädt, das, was sie zu bieten hat, ja eigentlich gar nicht schlecht ist, dass es gar nicht so falsch und schädlich ist. Sie sagt: „Das ist gut, kommt zu mir.“
Dankenswerterweise haben wir in Vers 18 den Sprecher, wirklich den Vater, der seinem Sohn erklärt: „Pass auf, was die anbietet, das ist sehr schädlich, das ist sehr schlecht. Halte dich davon fern!“ Er sagt über den Mann, der da hingeht: „Er weiß aber nicht, dass dort nur die Schatten wohnen, dass ihre Gäste in der Tiefe des Todes hausen.“
Genau darauf zielt Frau Torheit ab. So verführerisch sie ist, sie will uns gefangen nehmen. Sie hat nicht dein Bestes zum Ziel. Das ist immer wieder das, was uns die Sünder einreden wollen: „Ich habe etwas Gutes für dich, etwas, was dir gut tut.“ Aber das Gegenteil ist der Fall.
Sie will uns schaden, denn hinter Frau Torheit steht auch jemand, der uns in der Bibel immer wieder begegnet: der große Verführer, Satan. Von Anfang an hatte er nichts anderes im Sinn, als Menschen von Gott wegzulocken und sie mit sich ins Verderben zu reißen.
Er wird versuchen, uns mit seinen Worten zu verlocken. Teil seiner teuflischen Strategie ist, dass seine Worte manchmal ganz ähnlich klingen wie das, was gut und ehrenwert ist. Das haben wir hier gesehen, wie die Verse 4 und 16 identisch sind – der Ruf, der an die Menschen ergeht. Sie ruft: „Wer noch unverständlich ist, der kehre hier ein.“
Genau der gleiche Ruf, zwei Stimmen: „Komm her, komm her!“ Wir sind so leicht verwirrt, weil das, was süß und verführerisch ist, im Ersten vielleicht besser aussieht als das, was uns bei der anderen nur versprochen wird.
Aber natürlich ist es nicht schwer, die beiden Frauen zu unterscheiden, diese beiden Wege zu unterscheiden. Wir müssen nur wirklich hinschauen und darüber nachdenken. Dazu müssen wir aber auch bereit sein, widerstehen wollen und den richtigen Weg gehen wollen.
Und das ist die wirklich entscheidende Frage für dich heute: Welche Einladung wirst du annehmen? Zu wem wirst du gehen? Zur ehrenwerten Frau Weisheit oder zur verführerischen Frau Torheit?
Sonntagmorgen, ihr seid im Gottesdienst, und der Pastor stellt eine Frage. Das klingt sehr nach einer rhetorischen Frage. Wir sind alle sehr darauf bedacht, so auszusehen, als sei die Sache für uns natürlich klar. Vielleicht ist ja jemand hier, der sich diese Frage wirklich mal stellen muss, aber eigentlich haben wir es ja alle klar sortiert. Mein Gebet ist, dass das so ist.
Aber mir ist auch klar, wie leicht es für uns ist, anderen und auch uns selbst etwas vorzumachen. Und ich weiß, dass Gott das noch viel besser weiß. Deshalb gibt er uns in unserem Predigttext mitten zwischen diesen beiden Einladungen eine Beschreibung der wahrhaft Weisen und der tatsächlich Törichten, sodass wir uns selbst noch einmal hinterfragen und prüfen können. Das ist zu unserem Besten, einfach nur, um ganz sicher zu sein, dass wir eben nicht zu schnell genickt haben, weil wir zur Weisheit gehen.
Damit kommen wir zu den Versen 7 bis 12, wirklich dem Zentrum dieses Textes. Und wie gesagt, ich glaube, dass das im Zentrum steht, weil das alles ist, worauf es uns hinführt. Deswegen predige ich das nicht auf Hebräisch, und ich wüsste auch nicht genau, wie ich das machen sollte. Stattdessen predige ich es einfach so, wie wir Deutschen das machen: ordentlich, mit Einladung, Einladung und dem alles Entscheidenden danach – den Versen 7 bis 12.
In den Versen 7 bis 9 sehen wir wirklich einen Kontrast der beiden Gruppen: derer, die töricht sind, die Spötter, und derer, die wirklich weise sind. Ich lese uns diese drei Verse noch einmal vor:
"Wer den Spötter belehrt, der trägt Schande davon, und wer den Gottlosen zurechtweist, holt sich Schmach. Rüge nicht den Spötter, damit er dich nicht hasst. Rüge den Weisen, der wird dich lieben. Gib dem Weisen, so wird er noch weiser werden; lehre den Gerechten, so wird er in der Lehre zunehmen."
Hier ist oberflächlich betrachtet erst einmal jemand, dem einfach gesagt wird, zu wem er gehen soll und wen er meiden sollte. Aber wir sehen, es geht um diese beiden Gruppen: die Weisen und die Törichten. Was hier deutlich wird, ist, dass an der Reaktion auf Belehrung, auf Zurechtweisung, auf Rüge erkennbar wird, ob jemand weise ist oder ein Spötter.
Der Spötter hat nichts übrig für Zurechtweisung oder Belehrung. Er wird auf Rüge nicht hören, er wird sich nichts sagen lassen. Im Gegenteil, er wird diejenigen bekämpfen, die ihm versuchen, ins Leben zu sprechen, die ihm den Weg weisen wollen hin zu einem gottgefälligen Leben.
Weise Menschen hingegen nehmen Belehrung und auch Korrektur dankbar an, denn sie wissen, dass sie das brauchen und dass es ihnen nützt.
Mit diesen beiden Kategorien vor dir: Wo stehst du? Wie gehst du mit Belehrung, mit Kritik, mit Ermahnung um? Bist du bereit, dich belehren zu lassen? Oder weißt du sowieso immer alles besser? Bist du bereit, dir ins Leben sprechen zu lassen, auch wenn es mal wehtut? Bist du dankbar dafür, wenn jemand den Mut hat, dich zu korrigieren, dich zu ermahnen?
Mir ist klar, es gibt Menschen, die uns ständig mit Kritik ins Leben sprechen wollen. Die gibt es auch. Die ewigen Nörgler und Kritiker finden immer ein Haar in der Suppe, über das sie klagen und meckern können. Um solche Menschen geht es mir hier gerade nicht. Solche Menschen brauchen selbst Ermahnung.
Mir geht es hier um Menschen, die dein Bestes im Sinn haben. Die durchaus bereit sind, dich auch zu loben, Worte der Ermutigung zu sprechen, Menschen, die auch einmal über etwas hinwegsehen können – mit viel Geduld und Gnade –, die aber eben auch den Mut haben, mal etwas anzusprechen, das wirklich angesprochen werden müsste.
Was ist deine Reaktion auf solche Menschen, die mahnen, belehren, korrigieren? Bist du jemand, der, wenn er belehrt, korrigiert oder ermahnt wird, instinktiv erst einmal dagegenhält?
Wenn du dich fragst, wie ich überhaupt auf so eine Idee komme: Ich habe in den Spiegel geschaut. Ich weiß, wie mein Herz tickt. Wenn jemand zu mir kommt und anfängt, mich belehren, korrigieren oder zurechtweisen zu wollen, dann war meine erste Reaktion die meines sündigen Herzens: instinktiv dagegenhalten. "Das geht ja gar nicht!"
Vielleicht ist dir das ganz fremd. Dann möchte ich dich gerne mit deinem eigenen Herzen bekannt machen. Das steckt in uns drin, das steckt in uns drin.
Aber die Frage ist: Geben wir dem Raum oder fangen wir das auf? Lässt du zu, dass in dir Ärger oder Ablehnung hochkommt, wenn dich jemand ermahnt? Das sind Warnsignale, die wir ernst nehmen sollten.
Meine Hoffnung und mein Gebet sind, dass wir bereit sind – wirklich bereit –, uns belehren, ermahnen und korrigieren zu lassen. Denn wenn wir das nicht sind, werden Menschen irgendwann aufhören, es auch nur zu versuchen. Sie werden dich aufgeben und sagen: "Es hat eh keinen Sinn mit ihm."
Das lehrt uns der Text hier. Das ist ja genau der Auftrag: Irgendwann, wenn klar ist, der ist töricht, der ist spöttisch, der hört eh nicht zu, dann werden Menschen dich links liegen lassen. Sie werden einfach sagen, es hat keinen Sinn. Und das wird dir zum großen Schaden werden.
Wirklich weise Menschen freuen sich über Korrektur, sie nehmen sie dankbar an. Wer wirklich zur Weisheit gegangen ist, der wird dankbar sein, wenn Menschen den Mut haben, ihm oder ihr ins Leben zu sprechen.
Bist du so ein Mensch? Ein Mensch, der dankbar ist, korrigiert zu werden? Ein Mensch, der diejenigen, die dich korrigieren, liebt? Das mag im ersten Moment ein bisschen seltsam klingen: Liebe für die, die mich korrigieren, ermahnen und rügen. Aber es macht so viel Sinn.
Es macht vor allem dann so viel Sinn, wenn wir bedenken, was wir in den Versen 10 bis 11 lesen:
"Der Weisheit Anfang ist die Furcht des Herrn, und den Heiligen erkennen, das ist Verstand. Denn durch mich werden deine Tage viel werden und die Jahre deines Lebens sich mehren."
Wenn wir zu einer angemessenen Gottesfurcht kommen, dann werden wir über das Urteil eines Menschen, der meint, uns rügen zu müssen, nicht mehr so viel denken. Es wird uns nicht mehr in unserem Ego erschüttern, weil für uns nicht mehr alles entscheidend ist, was andere Menschen von uns denken.
Das alles Entscheidende wird sein, dass Gott richtig von uns denkt, dass er gut von uns denkt, dass wir ihm gefallen. Und wenn ein Mensch mir ins Leben spricht, damit ich diesem Gott, der wirklich zu fürchten ist und dessen Urteil alles entscheidend ist, gefalle, dann nehme ich alles, was dem dient, dankbar an.
Wenn ich anfange, Gott wirklich zu erkennen, den Heiligen zu erkennen, dann wird das, was ich hier auf Erden höre und sehe und wie Menschen über mich denken, nebensächlich. Aber es wird wertvoll, weil ich erkenne, dass Gott heilig ist, und ich erkenne, dass ich nicht heilig bin.
Wenn Menschen mir den Spiegel vorhalten und mich rufen, von falschen Wegen weg hin zum richtigen Weg, damit ich für Gott annehmbar werde, damit ich bei ihm Annahme finde, dann sage ich: Danke, danke, ich hatte mich verlaufen, danke, dass du mir das sagst.
So sind wir doch oft unterwegs: Wir verlaufen uns und merken es nicht. Wir denken alle: "Super, ich bin gut unterwegs." Und dann kommt einer und sagt: "Übrigens, du willst da hin, aber du gehst gerade da hin."
Man kann natürlich dann die instinktive Reaktion meines Herzens haben: "So ein Blödsinn, ich weiß genau, wo ich hingehe!" Und geht weiter in die falsche Richtung.
Aber wenn du den Heiligen mehr erkennst, der wirklich da ist und auf den hinweist, dann sage ich: Danke, danke, danke, dass du mir ins Leben gesprochen hast, danke, dass du mir gezeigt hast, dass ich auf falschen Wegen war.
Es ist so wichtig, wie Gott das tut, wie er uns hilft, lange zu leben, gut zu leben, auf dem richtigen Weg unterwegs zu sein: Er sendet uns Menschen ins Leben, die uns ins Leben sprechen. Menschen, die nicht ihre eigenen Weisheiten kundtun und ihre eigenen Wege proklamieren, sondern Menschen, die als Mägde und Knechte Gottes kommen, uns einladen hin zu Gott und uns zurückrufen zur Buße, zum Glauben, zum Weg des Glaubens.
Verstehst du, dass solche Menschen ein Geschenk Gottes an dich sind? Verstehst du, wie gut es ist, dass Gott Mägde und Knechte sendet, um dich zur Sicht zu rufen?
Deswegen brauchen wir Gemeinschaft. Deswegen haben wir es nötig, immer wieder unter Gottes Wort zu kommen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir in die Gemeinschaft der Glaubenden kommen, weil genau dort die Mägde und Knechte des Herrn sind. Und die müssen uns sehen, um uns ins Leben sprechen zu können.
Das funktioniert nur sehr bedingt, wenn ich jetzt hier im Livestream predige. Aber es funktioniert, wenn ich dir in die Augen schaue, wenn ich dich sehe, wie du lebst, wenn ich dich vor und nach dem Gottesdienst sehe, wenn ich dich unter der Woche sehe, wenn ich im Hauskreis höre, was dich bewegt und was für Dinge dich so zornig machen.
Das geschieht, wenn ich mit Menschen lebe. Deswegen brauchen wir mehr als den Sonntagmorgen. So gut und richtig es ist, sich als Gemeinde zu versammeln, um auf Gottes Wort zu hören – und hoffentlich steht da vorne ein treuer Knecht, der uns Gottes Wort predigt. Betet für die Knechte, die hier predigen, dass sie das treu tun. Das ist wichtig und gut.
Aber wir brauchen mehr davon. Wir brauchen Menschen im Leben und nicht nur für anderthalb Stunden am Sonntagmorgen. Da sind wir alle gut darin, so auszusehen, als wenn wir alle auf dem richtigen Weg unterwegs sind. Wir brauchen Menschen, die mit uns leben. Wir brauchen Gemeinschaft durch die Woche hindurch.
Geistliche Gemeinschaft in Kleingruppen, in Zweierschaften, in Ehen, wo wir miteinander auf Gottes Wort hören, in Familien, wo Gottes Wort Raum einnimmt.
Wer weise ist, der geht zur Weisheit und meidet die Torheit. Wer weise ist, hört auf die Knechte und Mägde des Herrn, wenn sie ihm ins Leben sprechen.
In gewisser Weise stehen wir immer wieder an Weggabelungen. Immer wieder kommen wir an Punkte, an denen es zwei Stimmen gibt, konkurrierende Stimmen, die aus der Ferne sehr ähnlich klingen. Wir sehen aus der Distanz zwei Häuser und hören zwei Stimmen: die ehrenwerte Stimme der Frau Weisheit, die uns zu einem Festmahl einlädt, und die Stimme der Torheit, die uns locken will.
Unser Text führt uns in Vers 12 dahin, dass er uns zeigt, auf welche Stimme wir hören. Das hat echte und letztendlich ewige Konsequenzen. Denn das eine Haus mag aus der Ferne vielleicht sehr ähnlich aussehen wie das andere, doch das eine Haus ist das Haus des Herrn. Dort ist es paradiesisch, ein Ort ewiger Freude. Das andere Haus ist die Hölle, ein Ort ewigen Leidens. Jeder ist hier gefordert, sich zu positionieren. Wir alle werden danach gerichtet werden, ganz persönlich, wohin wir gehen.
Vers 12 zeigt uns diese sehr persönliche, diese individualistische Dimension. Für uns ist das vielleicht gar nicht so auffallend, was wir hier lesen. Aber für jemanden, der das Alte Testament liest, wird deutlich, dass dort ganz oft im Plural angesprochen wird. Die typische Ansprache war damals nicht so individualistisch, sondern viel gemeinschaftlicher. Hier aber wird klar: Du persönlich, jeder persönlich wird gerichtet werden. Bist du weise, so ist das zu deinem Vorteil. Bist du ein Spötter, musst du es alleine tragen. Jeder wird die Konsequenzen seiner Entscheidung tragen.
Wir sind herausgefordert, uns zu positionieren. Ich möchte mich für einen Moment an die Kinder der Gemeinde wenden, speziell an die Jugendlichen, die hier sind. Ich hoffe, dir ist bewusst, dass du wirklich herausgefordert bist, deinen eigenen Weg zu finden und dich selbst zu positionieren. Es ist gut, wenn du im christlichen Elternhaus aufwächst und deine Eltern dich mit zum Gottesdienst nehmen. Aber das heißt noch lange nicht, dass du allein dadurch am Ziel ankommen wirst. Ihr müsst selbst entscheiden, welchen Weg ihr gehen wollt. Diese Entscheidung beginnt ihr jetzt zu üben und zu treffen.
Irgendwann werdet ihr euren Weg alleine gehen. Und ihr wisst alle, dass es diese andere Stimme gibt, die Stimme der Verführung. Sie ist laut und appelliert an alles, was euch gerade besonders anspricht. Frau Torheit weiß, dass gerade Jugendliche besonders anfällig sind, Opfer für sie zu werden. Unsere ganze Kultur ist darauf abgestimmt. Die ganze Werbung, YouTube, Instagram – alles ist darauf ausgelegt, euch zu locken.
Lass dich nicht täuschen und folge nicht diesem falschen Ruf. Lass dir sagen, dass es Konsequenzen hat, wohin du gehst. Sei kein Tor oder, in unserer Sprache, sei nicht dumm. Letztendlich gilt das doch für uns alle – auch für uns Erwachsene, auch für uns Senioren, falls ihr welche seid. Wir sind alle aufgerufen, immer wieder der Torheit abzusagen und zur Weisheit zu kommen.
Das beginnt damit, dass wir grundsätzlich die Einladung von Frau Weisheit annehmen. Wir haben eingangs darüber nachgedacht, dass der Weg zur Weisheit damit beginnt, dass wir umkehren und anerkennen, dass wir von Natur aus nicht weise sind. Interessanterweise spricht ja selbst Frau Torheit die Unverständigen an. Auf gut Deutsch: Alle sind unverständlich. Die Frage ist nur, ob wir es anerkennen.
Wir alle gehen aufgrund unserer Herzen, die falsch ticken, falsch fühlen und das Falsche wollen, von Natur aus den Weg der Torheit. Seht ihr, zwischen diesem Weg der Torheit und dem Weg der Weisheit ist ein tiefer Graben. Es gibt keine Chance für die, die den Weg der Torheit gegangen sind, zum Weg der Weisheit zurückzukehren. Wir wären verloren, weil der Graben zu tief ist.
Genau deswegen sendet Gott seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus. Er ist gekommen, damit Menschen, die auf dem falschen Weg unterwegs sind, zum Weg der Weisheit überwechseln können. Jesus ist nicht nur auf die Welt gekommen, um uns zu zeigen, wie das richtige, weise Leben aussieht – ein Leben voller Liebe und Gehorsam. Er ist vor allem auch gekommen, um die gerechte Strafe, die uns am Ende des Weges erwartet, für uns zu tragen.
Er ist den Weg vor uns hergegangen und hat die gerechte Strafe am Ende des Weges der Torheit auf sich genommen. Er hat das Gericht Gottes ertragen, das jeder verdient, der diesen Weg geht. Und dann hat er das Erstaunlichste überhaupt getan: Er hat den Graben überwunden, diesen tiefen Graben, der für uns unüberwindbar ist – den Graben vom Tod zum Leben.
Er ist am dritten Tag auferstanden. Er konnte den Tod allein überwinden und ruft uns nun zu. Er reicht uns die Hand, um uns hinüberzuziehen, um uns zu retten – hinein in das Haus, in dem ewiges Leben ist.
Ich hoffe, du hast diesen Ruf gehört. Ich hoffe, du erkennst, wie sehr du das brauchst. Wir alle brauchen das. Verlass deine eigenen Wege, die dir vielleicht weise und gut erscheinen mögen, aber letztendlich töricht sind und ins Verderben führen. Folge der Einladung von Frau Weisheit, folge letztendlich der Einladung Jesu, die er dir in seinem Wort offenbart.
Wenn du Fragen hast, wie du das tun kannst, was nötig ist, um dorthin zu gelangen, dann sprich mich gerne an. Ich stehe hier an der Tür. Sprich mit dem, der dich hierher eingeladen hat. Wir wollen dir gerne helfen, diesen Weg zu gehen – hin zum Segen, zum ewigen Leben.
Und wir alle anderen, die diesen Weg schon gegangen sind, die wir zur Weisheit gekommen sind, die umgekehrt sind und Rettung erlebt haben aufgrund der großen Gnade Gottes, uns muss klar sein: Wir sind trotzdem noch auf dem Weg. Wir sollten versuchen, diesen Weg konsequent weiterzugehen.
Seht ihr, die Predigtserie durch das Buch der Sprüche ist geschafft. Ich bin in den letzten zwei Minuten dieser Predigt, und die Predigtserie ist damit erst einmal vorbei. Aber ich hoffe, die Botschaft ist klar. Ich hoffe, du hast sie klar und deutlich verstanden. Wir brauchen alle Weisheit dringend. Wir brauchen Weisheit, um den Weg mit Gott jeden Tag zu gehen.
Wir alle haben es nötig, belehrt zu werden, wir alle haben es nötig, korrigiert zu werden. Wir alle brauchen das Sprechen Gottes in unser Leben – jeden Tag, immer wieder –, damit wir jeden Tag neu die richtigen Entscheidungen treffen und die falschen Wege meiden. So werden wir das gute Ziel erreichen.
Ich möchte dich einfach fragen, am Ende dieser Predigtserie: Was willst du tun? Was willst du tun, um weiser zu werden, um in Weisheit zu wachsen, um in deinem Leben immer häufiger und konsequenter der richtigen Einladung zu folgen und der falschen aus dem Weg zu gehen?
Ich möchte uns einen Moment der Stille geben, einen Moment, in dem du dir vielleicht ein, zwei oder drei Dinge ganz konkret vornehmen kannst, die du tun willst, um weiser zu werden. Und dann bete ich mit uns.
Gib uns einen Moment der Stille.
Himmlischer Vater, wir wollen dir danken, dass du ein gnädiger und geduldiger Gott bist. Danke, dass du uns nicht in unserer Verlorenheit belassen hast. Danke für dein lautes und klares Rufen hin zu dir. Und danke, dass du durch Jesus Christus einen Weg bereitet hast, damit wir von aller Schuld befreit und versöhnt mit dir leben können.
Ja, und danke, dass du uns deine Knechte und Mägde ins Leben stellst, dass du uns hineinrufst in die Gemeinschaft von lokalen Gemeinden, wo wir erleben dürfen, wie du zu uns sprichst, wie du uns belehrst, wie du uns korrigierst und wie du uns zu jedem guten Werk ausrüstest.
Herr, ich bete, dass du durch dein Wort einige neu motiviert hast, die Gemeinschaft der Gemeinde wirklich zu suchen. Ich bete, dass andere sich Kleingruppen suchen, in denen sie mehr Gemeinschaft leben können, oder Zweierschaften, in denen sie intensiver einander ins Leben sprechen können.
Ich bitte, dass du uns begieriger machst, dein Wort nicht nur oberflächlich zu lesen, sondern es wirklich zu uns sprechen zu lassen. Ich bitte, dass du uns den Blick auf dich schärfst, damit wir dir folgen.
Herr, deshalb bitte ich für mich, deshalb bitte ich uns als Gemeinde, und das erbitte ich für die, die heute als Gäste hier dabei sind: Schenke uns, dass wir so den guten Weg gehen – heute und für alle Ewigkeit, bis wir bei dir ankommen. Amen.