Wir haben heute das Thema unserer Predigt: Was sollen wir tun, wenn wir im Strom mitschwimmen müssen?
Als Grundlage dient uns die Apostelgeschichte 4,5-22.
Begegnung mit Widerstand und Freimut im Glauben
Petrus und Johannes hatten an der Pforte des Tempels einen Kranken im Namen Jesu geheilt. Daraufhin entstand Unruhe, und nach der Predigt des Petrus gab es viel Widerspruch.
Als der Morgen kam, versammelten sich die Obersten, Ältesten und Schriftgelehrten in Jerusalem. Unter ihnen waren Hannas, der Hohepriester, Kaiphas, Johannes, Alexander und viele andere aus dem Hohen Priestergeschlecht. Sie stellten Petrus und Johannes vor sich und fragten sie: „Aus welcher Kraft oder in welchem Namen habt ihr das getan?“
Petrus, erfüllt vom Heiligen Geist, sprach zu ihnen: „Ihr Obersten des Volkes und ihr Ältesten, wenn wir heute verhört werden wegen dieser Wohltat an dem kranken Menschen, durch die er gesund geworden ist, so sei euch und dem ganzen Volk Israel kundgetan: In dem Namen Jesu Christi von Nazaret, den ihr gekreuzigt habt, den Gott von den Toten auferweckt hat, steht dieser hier vor euch gesund. Das ist der Stein, den ihr Bauleute verworfen habt, der zum Eckstein geworden ist. In keinem anderen ist das Heil, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir selig werden sollen.“
Sie sahen den Freimut, den Petrus und Johannes zeigten. In der Lutherbibel steht an dieser Stelle das Wort „Freidigkeit“. Manche meinen, das bedeute Freudigkeit, also Fröhlichkeit, bei der man gemeinsam lacht. Doch das ist nicht richtig. Freimut bedeutet vielmehr, ohne Furcht und offen zu sprechen. Man muss nicht lächeln oder lachen, wenn man das Wort Gottes verkündet und weitergibt.
Die Anwesenden wunderten sich über den Freimut der beiden, denn sie wussten, dass Petrus und Johannes ungelehrte und einfache Leute waren. Sie wussten auch, dass sie mit Jesus gewesen waren. Außerdem sahen sie den Menschen, der gesund geworden war, bei ihnen stehen, konnten aber nichts dagegen sagen.
Daraufhin ließen sie die beiden aus dem Hohen Rat hinausgehen und berieten miteinander: „Was wollen wir mit diesen Menschen tun? Denn es ist ein offenkundiges Zeichen durch sie geschehen, das allen in Jerusalem bekannt ist. Wir können es nicht leugnen. Aber damit es sich nicht weiter unter dem Volk verbreitet, lasst uns sie ernstlich bedrohen, damit sie in Zukunft in diesem Namen zu keinem Menschen mehr reden.“
Sie riefen Petrus und Johannes zurück und geboten ihnen, dass sie keinesfalls im Namen Jesu reden oder lehren sollten. Über den Namen Jesu zu sprechen war erlaubt, aber im Namen Jesu vollmächtig zu gebieten, war verboten.
Petrus und Johannes antworteten: „Richtet selbst, ob es recht ist vor Gott, euch mehr zu gehorchen als Gott. Wir können nicht anders, als von dem zu reden, was wir gehört und gesehen haben.“
Daraufhin drohten sie ihnen nochmals, ließen sie aber gehen, weil sie keinen Weg fanden, sie wegen des Volkes zu bestrafen. Denn alle lobten Gott über das, was geschehen war. Der Mensch, an dem das Zeichen der Heilung geschehen war, war über vierzig Jahre alt.
Herr, zeige uns, wo wir gegen den Strom schwimmen müssen. Amen!
Die Vergänglichkeit des Lebens und das Ringen um Sinn
Angesichts dessen merke ich an mir selbst, dass man schon in ein Alter kommt, in dem man manchmal denkt: Ein großer Teil deines Lebens ist bereits vergangen. Ob man überhaupt noch einmal die Hälfte davon erleben wird, ist fraglich. Es gibt nur wenige Augenblicke in unserem Leben, in denen man innehält. Und plötzlich merkt man, dass das Leben in großen Schritten voranschreitet und in Windeseile vergeht. Nur in solchen Momenten erinnert man sich daran.
Mir passiert das immer wieder am Bahnhof. Man sitzt in einem Zug und schaut auf das Nachbargleis, wo ein anderer Zug steht. Dann denkt man, jetzt fährt der andere Zug ab. Erst nach einer Weile merkt man, dass man sich getäuscht hat. Wieder die alte Geschichte: Der eigene Zug fährt ab, und der andere steht.
Es geht hier nicht nur darum, über die Vergänglichkeit zu sprechen oder zu beobachten, wie alt man wird und wie die Zeit vergeht. Es ist doch mein eigenes Leben, das in dieser großen Eile vorübergeht. Mose, der Mann Gottes, sagt im 90. Psalm: „Das macht dein Zorn, Gott, dass wir so dahin müssen, dass es keine Beständigkeit gibt. Unser Leben vergeht wie ein Geschwätz, und wir bringen unsere Jahre so zu; unsere Tage fliegen schnell dahin, als flögen wir davon.“
Darf ich zuerst einmal darüber sprechen, wenn wir vom Strom der Zeit sprechen müssen? Von dieser unheimlichen Vergänglichkeit unseres Lebens. Ob man es erträgt, darüber zu reden, weiß ich nicht. Vielleicht schalten Sie jetzt schon ab und sagen: „Hör doch endlich auf, ich kann das nicht hören.“ Denn das will man nicht hören, und das kann man auch nicht ertragen. Viel lieber flüchten wir uns heute in irgendwelche Narkotika, die uns betrügen und uns das Vergessen ermöglichen.
Eines dieser Mittel, um die Vergänglichkeit zu vergessen, ist das Träumen von der Zukunft. Dieses Reden vom Fortschrittlichen, von dem, was wir noch Großes erreichen wollen. Da sagt jemand: „Du bist pessimistisch.“ Ich bin bestimmt keiner, Sie kennen mich. Aber wir wollen doch ehrlich sein: Mein Leben ist doch schon vorprogrammiert. Wann will ich denn das große Neue noch schaffen, wenn ich nicht einmal die angefangenen Aufgaben beenden kann? Das ist doch die Frage.
Ich bin doch schon gehetzt und gejagt von allen Terminen. Und mit 77 Jahren bei Ihnen steht doch schon alles fest, was Sie müssen. Sie können doch gar nichts Neues mehr beginnen. Wann wollen Sie das tun? Der Mensch betrügt sich, indem er ständig von dem Großen redet, das noch kommen soll.
Es gibt noch ein anderes Mittel, um sich zu berauschen und die Vergänglichkeit zu vergessen: die Lust. Warum wird denn in unseren Tagen die Sinneslust so großgeschrieben? Warum sucht der Mensch gerade hier seine Erfüllung? Doch nur, weil er hier etwas entdeckt, um Ewigkeit zu finden.
Günter Grass hat den Satz geprägt: Man soll den Augenblick mit einer Teigrolle auswalzen. Dahinter steckt die Vorstellung, diese kurzen Momente des Glücks auszubreiten wie mit einer Teigrolle. Bisschen poetischer hat es Hölderlin ausgedrückt: „Unter Schwur und Kuss vergessen wir die träge Flut der Zeit, und die Seele naht vermessen deiner Lust Unendlichkeit.“
Tiefe, tiefe Ewigkeit will man in Momenten des Glücks finden und will nicht wahrhaben, dass all das nur eine träge Flut der Zeit ist. Man spricht nicht darüber. Und wenn man dann einmal erwacht, ist die Ernüchterung umso erschütternder und grausamer, wenn man zurückgeholt wird in diese träge Flut der Vergänglichkeit.
Hier liegt die Not von uns Menschen heute: Wir müssen in diesem Strom der Zeit leben und können nicht gegen den Strom schwimmen. Das Ausbrechen in diese mit der Teigrolle ausgewalzten Augenblicke, in diese Lustgefühle, macht nicht satt. Denn es ist nur ein Traum, und es ist nicht die Wahrheit.
Jesus Christus als Fels inmitten des Zeitstroms
Aber ich bin heute nicht hier, um Sie zu ernüchtern. Ich bin nicht da, um Ihnen eine Vorlesung über die Vergänglichkeit zu halten. Ich wollte Ihnen eine Freudennachricht bringen, das Evangelium, die Frohbotschaft. Und damit möchte ich jetzt beginnen.
Erstens: In diesem Strom steht ein Felsen. Ich habe so weit ausgeholt, weil ich einen Menschen zu diesem Gottesdienst eingeladen habe. Manchmal lassen einen solche Gespräche nicht mehr los. Ich kenne seinen Namen nicht und weiß nicht, ob er unter uns ist. Ich habe dann das Thema des Gottesdienstes genannt und gesagt: Das nehme ich keinem ab, dass man das kann. Sie müssen heute überall auf der Welt mitmachen. Sie können doch nicht Außenseiter sein. Wo wollen Sie sich denn dagegen stellen?
Dann musste ich plötzlich erkennen, dass es hier nicht um eine Unterordnung unter einen Chef oder um das Mitmachen in einer Moral dieser Welt geht. Es geht um diesen Strom der Zeit, um ein kurzes Leben, das zwischen Geburt und Sterben mitgerissen wird. Da gibt es nur einen Felsen in der Mitte dieses Stroms: Jesus Christus, gestern, heute und derselbe auch in alle Ewigkeit.
Es gab Leute, die wollten Jesus Christus modisch anpassen, der Zeit entsprechend. Doch er blieb immer derselbe, und sein Wort ist immer dasselbe, das sich nicht durch die Jahrtausende wandelt. Die Leute denken, das kann doch nicht sein, wenn sich Jesus nicht unserer Generation anpasst. Sie haben gar nie begriffen, dass genau das die Mitte der Welt und der Weltgeschichte ist.
Dieser Strom erhält durch Jesus Christus plötzlich einen Standpunkt, einen Halt. Wer ihn glaubt, hat den Augenblick erkannt, kann leben und entdeckt das Heute. Er träumt nicht mehr vom Übermorgen, sondern weiß: Heute ist mein Leben angebrochen. Heute habe ich grenzenloses, ewiges Leben. Ich habe Jesus gefunden.
Ich muss Ihnen das noch erklären: Gerade bei Jesus war es so groß, dass er als Sohn Gottes in diese Begrenzung dieser Welt hereinkommt. Keiner von uns würde es sich für eine große Aufgabe genügen lassen, nur drei Jahre dafür zu nehmen. Ich bin schon bald sechs Jahre hier in dieser Gemeinde, aber Jesus hat diese drei Jahre ausgewalzt und jeden Augenblick mit Ewigkeit gefüllt.
Durchbricht Jesus diese Vergänglichkeit! Ein großer Wohltäter der Menschheit, einer der Großen unserer Zeit, ein Humanist, hat Jesus zum Gescheiterten erklärt. Er hat ein ganz packendes Bild für Jesus gewählt und gesagt: Die Weltgeschichte dreht sich wie ein unheimliches Rad immer weiter und weiter. Jesus hat sich in die Speichen der Weltgeschichte hineingestemmt und wurde zerrissen und zerfetzt. „Seht euch den Leichnam an“, sagt er.
Dieser berühmte Mann, den Sie alle kennen, hat die Konsequenz dieses Lebens gezogen. Er hat gesagt: Es ist doch umsonst, man hält die Weltgeschichte nicht auf, nicht den Strom der Zeit. Er hat sein Leben genauso in eine Sinnlosigkeit gegeben, in eine Aufgabe des Guten, die letztlich keine Frucht trägt und die Welt nicht verändert.
Aber dieses Bild bleibt: Ist Jesus nicht jemand, der sich dagegen stemmt, gegen dieses Rad, und doch darin zerfetzt wird? Das kann nur jemand sagen, der einen entscheidenden Punkt aus dem Leben Jesu ausradiert hat: das aufgesprengte Grab am Ostermorgen. Das ist die Grundfrage meines Glaubens.
Hat Jesus diesen Weltstrom der Vergänglichkeit, in dem ich selbst stehe, wirklich an einer Stelle real durchbrochen? Ich will keine Sprüche, keine Märchen, keine Gedanken und keine Träume. Ich möchte wissen, ob Jesus das durchbrochen hat, so wie er vor seinen Jüngern stand und ihnen zusprach: „Ich lebe, ihr sollt auch leben.“ Als der gestern, heute und in alle Ewigkeit ist.
So kann ich heute heraustreten aus der Vergänglichkeit, seine Hand fassen und plötzlich ist mir die Ewigkeit geöffnet. Viele Menschen um uns herum lachen uns wegen unseres Glaubens aus. Sie sagen, das seien Phantastereien, Träume, denen man sich verschrieben hat. Aber darum geht es jetzt in meinem Leben. Und da muss ich Klarheit haben.
Stehe ich mit meinem Leben auf dem Felsengrund, oder bin ich nur einer, der im großen Strom mitgerissen wird und nicht weiß, wo der Anfang und wo das Ende ist? Wo ist das Ende meines Lebens? Woher komme ich, wohin gehe ich? Lebe ich heute und weiß, Jesus ist bei mir? Er hält mich, und von ihm her bekommt die Minute, die Stunde und das Jahr ihren Sinn.
Wenn er mir noch ein Jahr schenkt, hat auch die Zukunft und die Ewigkeit ihren Sinn. Die Vergangenheit wird geklärt, weil ich in der Mitte der Zeit Grund unter die Füße bekommen habe. Das hat Jesus zugesprochen. Sie müssen nur die vielen Worte im Evangelium daraufhin untersuchen: Wer an mich glaubt, der ist heute vom Tod zum Leben hinübergegangen, der hat heute die Ewigkeit gewonnen.
Der Schritt, einmal zu sterben und beerdigt zu werden, ist ein kleines Problem des Glaubens. Viel größer ist geschehen: Er ist ausgestiegen aus diesem Todesstrom. Wer Jesus glaubt, wandelt nicht in der Finsternis, sondern ist herausgekommen aus dem Rätselhaften dieser Weltzeit und hat das Licht des Lebens.
Das können Sie bei Paulus in seinen Briefen lesen. Er sagt, bisher wurdet ihr hingetrieben und geführt mit eurem Leben. Ihr wart willenlos und außen gesteuert. Nun ist das Neue in eurem Leben eingetreten: Ihr könnt plötzlich vom heutigen Tag an euer Leben neu begreifen, durch Jesus. Ihr habt mitten im Strom einen Felsen, auf dem er steht.
Mut zum Widerstand durch festen Glauben
Wenn jemand fragt, wie das überhaupt möglich sein kann, musste ich so weit ausholen, damit niemand sagt: „Halt mal, wie soll ich das denn können? Wie soll ich meinen Beruf aufgeben, alles riskieren und gegen den Strom schwimmen?“ Das kann nur derjenige, der Jesus kennt und auf dem Felsen steht.
Da sind wir beim Zweiten: Jetzt kann man dem Terror dieser Welt trotzen. Ich habe sehr oft über diesen Abschnitt gepredigt, aber noch nie in dieser Kirche. Dieser Abschnitt ist mir sehr lieb, weil er mit meiner Arbeit zusammenhängt, nämlich der Betreuung verfolgter Christen in Ostländern.
Als ich diesen Text auswählte und die Predigtreihe festlegte, dachte ich nur daran, Ihnen all das zu sagen, was in diesem so anschaulichen Abschnitt steht. Dort sind Menschen beschrieben, die sich nicht drücken lassen, sondern ihren Kopf hochheben und sagen: „Wir können es nicht lassen, wir müssen vom Wort des Lebens reden.“
Heute wäre ein besonderer Anlass, denn in Peking ist Mao aufgetaucht, jene apokalyptische Figur, an die wir nur mit Schaudern denken können. In einem Volk von 600 Millionen sind heute nur zwei Kirchen geöffnet – und diese sind praktisch nur für Ausländer zugänglich. Ein Chinese muss vier Wochen vorher eine Genehmigung einholen, wenn er eine Kirche besuchen will. Wer will das noch? Was ist aus der Christenheit Chinas unter diesem unheimlichen System der Perfektion geworden?
Die Menschen haben genug zu essen, und Wohlstand fällt jedem in den Schoß. Doch jeder Gedanke an Ewigkeit wird mit unheimlichem Terror aus den Köpfen der Menschen radiert. Schon der Gedanke an die Ewigkeit gilt als Verbrechen und Vergehen gegen die Ideologie.
Ich möchte heute nicht näher darauf eingehen, obwohl es nahe liegt und mit unserem Abschnitt zusammenhängt. Denn dann würden Sie sagen: „Ach, wie ist das da drüben?“ Und wir würden Zuschauer von Vorgängen, die sechstausend oder zehntausend Kilometer entfernt sind. Dabei begreifen wir gar nicht, dass überall, wo ich heute in diesem Strom lebe, der Terror auf mich eindringt.
Plötzlich sehen wir die Fronten immer klarer, und deshalb muss ich anders reden: Wer an Jesus glaubt, ist in dem Augenblick für seine Mitmenschen und seine ganze Umgebung ein völlig verrückter Außenseiter. Er kann gar nicht mehr verstanden werden.
Solange man ein halber Christ ist, fällt das gar nicht auf. Aber wenn man alle seine Angelegenheiten – Berufspläne, Geldfragen, Ehewahl und Familienleben – mit Jesus regelt, wenn man den Schein der Ewigkeit in dieses Leben hineinfallen lassen möchte, dann schütteln die Menschen den Kopf. Denn man kommt zu völlig anderen Ergebnissen und Entscheidungen.
Es ist schwer, seinen Mitmenschen und seiner Umgebung zu trotzen. Umso besser, dass im Evangelium von einem Apostel berichtet wird, der ganz klar für Jesus Zeugnis ablegen wollte. Er sagte: „Herr Jesus, du wirst sehen, ich will mich für dich einsetzen und meiner Umwelt trotzen. Ich werde in der Nacht des Verrats für dich da sein.“
Dann kam eine junge Frau, vielleicht sogar ein Mädchen, und sagte: „Du bist doch auch irgendwie mit Jesus verbunden.“ Doch er leugnete und trotze nicht, sondern sagte nein und stritt ab.
Wenn es bei uns so ist, dass man gar nicht trotzen kann, dass es uns so schwerfällt, wenn wir gleich Angst haben und keine Außenseiter sein wollen, dann liegt das daran, dass wir keinen festen Grund unter den Füßen haben. Oft geht es um viel wichtigere Dinge: Beförderung im Beruf, ob man mitlügt, ob man seine Lebensprinzipien im Wirtschaftsleben Jesus unterordnet oder der Welt, ob man sagt: „In diesem Bereich kann ich Jesus eben nicht dienen.“
Dann wird unser schwacher Glaube weggedrängt, und wir sagen: „Ich kann das doch gar nicht. Ich brauche das doch schließlich.“ Derselbe Petrus, der verleugnet hat, schrieb in seinem Brief, dass es die Umwelt befremdet, wenn wir nicht mehr mit ihr in dasselbe wilde, unordentliche Wesen laufen.
Wenn ein Schüler in seiner Klasse anfängt, klare Konsequenzen seines Glaubens zu leben, dann beginnt der Widerspruch. Wenn jemand in seinem Beruf sagt: „Das kann ich jetzt nicht mehr machen, ich glaube an Jesus“, dann wissen Sie noch gar nicht, welcher Terror plötzlich losgeht, wenn die praktische Konsequenz der Herrschaft Jesu sichtbar wird.
Achten Sie noch einmal auf den Anlass für die Verhaftung und den Gerichtsprozess in dieser Geschichte. Petrus hatte einen Lahmen im Namen Jesu gesund gemacht. Wäre das im Krankenhaus geschehen, hätte sich niemand aufgeregt. Passiert es beim Psychologen auf der Couch, spricht kaum jemand darüber. Wenn es ein Heilpraktiker macht, gibt es vielleicht eine Notiz in der Boulevardpresse, aber niemand käme auf die Idee, den „Wunderdoktor“ ins Gefängnis zu sperren. Es wäre doch eine Wohltat gewesen.
Warum erträgt die Welt nicht, wenn Christen sagen: „Jesus wirkt volles Heil“? Die Welt akzeptiert noch, dass man sagt: „Er bringt Heil für die Seele.“ Aber wenn Christen sagen: „Er bringt Heil fürs ganze Leben“, dann passt das nicht mehr. Gesundheit allein macht das Leben nicht erfüllt, soziale Sicherung nicht, Geld nicht. Es gibt kein anderes Heil, sagt Petrus, als allein im Leben und im Sterben mit Jesus auf dem Felsen zu stehen und alle Lebensbereiche – Geldgeschäfte, Finanzprobleme, Familienprobleme, Eheschwierigkeiten und alles andere – mit ihm und vor ihm zu regeln.
Darin liegt das Heil. Und das reicht hinein bis in weltliche Entscheidungen, berufliche Fragen und sogar bis ins Körperliche. Das bestimmt den Umgang mit dem eigenen Körper. Darin liegt das Heil, wenn ein Mensch merkt: Nur von der Ewigkeit und vom ewigen Sohn Gottes her kann ich mein Leben regulieren.
Dann kommt der Terror der Welt, und es heißt: Nein, nein! Petrus steht da und kann dem Terror der Welt trotzen, weil er vom Heil weiß und vom erfüllten und glücklichen Leben. Er redet vom Glücklichsein, vom fröhlichen und reichen Leben.
Achten Sie noch einmal darauf, warum man dem Terror trotzen kann – gerade dann, wenn man weiß, wer das Leben reich und erfüllt macht.
Die Kraft des Glaubens gegen den Zeitgeist
Und noch ein letzter Punkt: Sie haben wohl noch im Ohr „Mitten im Strom steht ein Felsen“.
Zweitens: Jetzt kann man dem Terror trotzen – dem Zeitgeist, der Mode, dem Geschwätz, das heute herrscht. Wer sein Leben in der Hand Jesu ewig geborgen hat, dem kann nichts aus seiner Hand reißen. So jemand kann dann auch dastehen und sagen: Ja, es ist wirklich so, in der Welt gibt es nichts, was mit dem neuen Leben zu vergleichen wäre. Das ist mein dritter Punkt.
Der Richter, ich meine fast, er musste sich zusammennehmen, damit er nicht auf den Tisch springt. Sicher dachte er: Das sieht dann wieder lächerlich aus mit der Robe und der Barette auf dem Kopf. Trotzdem muss er irgendwie Eindruck machen und brüllt dann. Tatsächlich steht der Richter an der Grenze, wo er unsicher und wankend wird.
Das sehe ich ganz deutlich im Geschehen der Christen im Osten. Ich nehme das nie aus einer panischen Angst heraus, als ob man den Christen das Licht ausblasen wollte. Vielmehr ist es ein solches System des Marxismus, das viele junge Leute erfüllt. Dieses System zittert, wenn ein paar Bauern und einfache Arbeiter in Russland ihr Jesuszeugnis in der Öffentlichkeit ablegen. Plötzlich ist die ganze Würde dahin.
Wenn man das aus dieser Perspektive sieht, versucht der Richter, die Christen einzuschüchtern und sagt: Das darf nicht sein! Dieses Verhalten greift weiter um sich. Der Hohe Rat hat beschlossen: Es ist wie bei einer Seuche – wenn einer anfängt, dann packt es alle. Die Christen denken das gar nicht, aber die Feinde der Christen denken so. So mächtig ist dieses Wort.
Sie merken, dass alles unsicher ist, was sie als Lebensglück in der Hand haben. Und wir nehmen das viel zu ernst. Das vergesse ich nie: Diese Zwiesprache mit einem Mann, der lange in einem Ostland gelebt hat, der sagte: Ihr nehmt das alles viel zu ernst. Die Leute wissen doch um die Hohlheit ihres Systems.
Wissen Sie das, wenn Sie mit anderen sprechen, die sich stolz Atheisten nennen? Im Grunde wissen sie doch, dass das hohl ist. Sie reden nur so laut wie dieser Richter, weil sie es nicht zugeben wollen. Weil sie sagen: Das greift ja um sich, und morgen packt es mich und meine Kinder, und wir hängen auch noch in der Seuche drin. Und sie glauben das auch noch – die Angst, dass es einen packen könnte.
Trotzdem ist es furchtbar, dass Menschen gegen Jesus trotzen, die die Bibel unterm Arm tragen. Fromme Leute, Leute, die in der Kirche sitzen, sperren sich gegen dieses Jesuszeugnis vom Leben. Das ist eine Not. Wir selbst sind so geprägt vom Strom der Zeit und von der Mode, dass wir kaum merken, wo Jesus, der ewige Heute, sein Wort richtet.
Dann wird einem schier schlecht, wenn man merkt: Das ist wortwörtlich das, was sich in unseren Tagen vielfach ereignet. Plötzlich spielen jene hohen Herren das aus und sagen: Die dürfen ja gar nicht reden, das sind ja Ungelehrte, das sind Laien. Da fehlt dieses schreckliche Wort, das in Glaubensdingen doch keine Bedeutung hat: „Ungelehrte“, „Laie“, „Unkundiger“. Als ob das entscheidend wäre, wo es um das Wort des Lebens geht.
Und dann wollen sie sich damit freischaukeln und das wegschieben von sich. Sie meinen, sie seien Sachwalter Gottes. Ihre Augen sind blind für das, was geschieht. So kann man sein. So können wir blind sein. Wir können fromme Lieder singen, Chöre haben und beten – und blind sein für das, was in unserer Mitte wirkt.
Aber die Sache dieses Herrn geht weiter. Der Terror hat keinen Wert. Da sind ein paar Leute, die gegen den Strom schwimmen. Sie sind in ihrer Zeit verkannt und werden nicht einmal von ihren Volksgenossen oder Kirchenfreunden verstanden. Sie schwimmen gegen den Strom.
Das Einzige, was sie haben, ist der Herr Jesus. Auf dem Felsen stehen sie. Von ihm lassen sie ihr Leben prägen, ihm unterwerfen sie sich ganz und ihm folgen sie. Dann sagen sie: Wir müssen Gott mehr gehorchen als den Menschen, wir müssen Gott mehr gehorchen. Ja, was müssen sie denn? Muss man?
Sie müssen doch nicht Gott gehorchen. Aber sie sagen: Wir können gar nicht anders in unserem Leben, in jedem Bereich, in jeder Minute nur noch mit diesem Herrn rechnen. Selbst in dem Augenblick, wo es um die Wahl geht, als der Richter vor ihnen steht – das war ein Moment, wo man nicht mehr spaßen kann. Man weiß: Jetzt geht es um Tod und Leben. Sie können zupacken und dein Leben auslöschen. In deren Hand bist du.
Und dann sagen sie: Ich kann auch hier nicht anders, als Gott zu gehorchen. Ich würde mich ja selbst aufgeben. Mein Leben besteht nur noch aus dem Reichtum, den er mir gegeben hat – dass er mein Herr ist, dass er mich liebt und trägt.
Dann denkt Petrus an all die lockenden, lohnenden Ziele. Was will ich denn haben? Hätten sie Petrus gefragt: Möchtest du nicht – mit Günter Grass den Augenblick auswalzen, Liebesaffäre, ewiges Glück genießen, mit Hölderlin in die Unendlichkeit der Lust eintauchen? Petrus sagt: Die Frage stand schon oft bei ihm. Schon als Jesus sagt: Möchtest du nicht weggehen? War es der gleiche Petrus, der antwortete: Herr, wohin?
Du hast Worte des ewigen Lebens, und dieses „ewig“ heißt doch immer wieder: Dein Wort, das ist nicht der Mode, nicht der Zeit unterworfen. Es gehört nicht in diese relative Einordnung dieser Welt, sondern dein Wort geht weit darüber hinaus.
Bei dir stehe ich auch noch im Jahr 1976. Ich bin noch ein Kind meiner Zeit, und doch sind meine Gedanken und Planungen letztlich viel weiter ausgebreitet – bis in die Ewigkeit hinein.
Wer ihn hat, hat das Leben. Amen.
Gebet um Standhaftigkeit und Zeugnis
Herr Jesus Christus, wir bringen Dir jetzt unser ganzes Leben mit seinen vielen faulen Kompromissen, die wir eingegangen sind. In tausend Einzelentscheidungen haben wir Dich verleugnet und Deine Herrschaft nicht anerkannt. Wir haben Dir nicht vertraut und Deinem Wort nicht geglaubt. Stattdessen haben wir uns zurückgezogen und sind dadurch in viel Not und Elend geraten.
Herr, wir wollen nun auf Deinem Felsen stehen, auf der Zusage, dass Du Deine Hand über uns hältst. Dann kann uns nichts mehr geschehen und nichts mehr gefährden. Gib uns den ungebeugten Zeugenmut des Petrus, der sein eigenes Leben nicht mehr achtet und doch so reich ist. Er ist eine Persönlichkeit geworden, an der sich alle orientieren können.
Herr, lass uns in unserer Zeit Menschen werden, die wie Positionslichter für andere scheinen. Uns erscheint das, was wir hier erbitten, zu groß. Doch Du willst es in Deiner Güte wirken. Dazu hast Du uns gerufen. Mach uns das Erkommene noch ganz groß, damit wir im Glauben mutige Schritte wagen können und doch nicht verloren sind, weil Du bei uns bist. Das ist der einzige Grund, auf dem man sicher stehen kann.
Herr, wir wollen auch Fürbitte tun für Deine Gemeinde weltweit. Lass sie Deinen Namen vor der Welt bekennen. Zeige auch uns, wo wir heute in unserer Gemeinde, in unseren Bezirken und in unseren Häusern Dich bekennen müssen und Deinen Namen laut verkündigen sollen. Gib, dass wir es nicht lassen können. Halte Du die Übermacht.
Lass uns gemeinsam das Gebet des Herrn beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name,
Dein Reich komme,
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen,
denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit!
Amen.
