Begrüßung und Einleitung zur Freizeit auf der Steinbacher Höhe
Ich freue mich sehr, dass Sie diese Freizeit hier auf der langen Steinbacher Höhe nutzen. Ich finde es eine wunderbare Sache, wie das Werk geleitet wird und wie der Geist hier oben wirkt – jetzt ganz besonders in dieser herrlichen Frühlingswelt.
Natürlich ist es tragisch für die wunderbare Schöpfung Gottes, wenn der Regen ausbleibt. Man merkt, wie sich das bemerkbar macht. Es soll bis zum Sonntag keinen Tropfen Regen irgendwo in der Nähe geben. Das ist dramatisch. Trotzdem genießen wir diese Tage sehr, gerade in dieser schönen und herrlichen Natur.
Am allerschönsten ist jedoch die Atmosphäre der Liebe, die geistliche Tiefe und die biblische Grundlegung hier. Es ist auch für uns eine große Freude, Sie zu treffen und gemeinsam ein so herrliches Erlebnis zu haben.
Historische und aktuelle Herausforderungen der Christen in der Türkei
Ich lese diesen Abschnitt aus Epheser 3, von Vers 14 bis 21. Es ist sehr interessant, wenn man das heute liest, dass die Gemeinde von Ephesus damals völlig ausgelöscht war.
Noch 1923 waren 23 Prozent der Bevölkerung der Türkei Christen. Heute sind es unter einem Prozent. Ungeheuer viel Leid ist geschehen, besonders durch die Ermordung von anderthalb Millionen Armeniern.
Das Tragische ist, dass ich bei einer Reise mit unserer Gemeinde in die Türkei aus dem Prokaus-Lexikon einfach abgeschrieben habe, was dort über die Armenierverfolgung steht. Das Prokaus-Lexikon ist ja ein anerkanntes Nachschlagewerk. Ich habe auch ein kleines Heftchen über die biblischen Stätten gemacht. Unser Guide sagte dann, dass man heute in der Türkei eingesperrt wird, wenn man als Polizist sieht, was dort steht, denn niemand darf etwas über diese schrecklichen Untaten an den Armeniern sagen.
Deshalb wurde neulich auch ein Journalist ermordet, der diese Verbrechen veröffentlicht hatte. In Selçuk – so heißt der heutige Ort bei Ephesus – gibt es wieder eine kleine Bibelschule. Es ist ganz wichtig zu wissen, dass die dortigen Schwestern und Brüder unter großer Bedrängnis stehen.
Die Türkei hat zwar Religionsfreiheit in der Verfassung, doch in der Praxis wird sie nicht durchgeführt. Die Gemeinde darf sich weder nach dem Vereinsrecht organisieren, noch Geld besitzen oder Grundstücke haben. Es geht einfach nicht.
Die Gemeinde von Selçuk trifft sich in einem Laden. Immer wenn Gottesdienst ist, kommt die Polizei und schreibt alle Namen der Teilnehmer auf. Das ist für die Christen eine sehr schwere Belastung.
Nachdem nun dieser Mord geschehen ist, müssen wir ganz besonders für die Christen in der Türkei beten. Ephesus und Selçuk – es ist wichtig, dass wir das zur Kenntnis nehmen und wissen.
Das Wunder, dass es dort überhaupt wieder eine Gemeinde gibt, ist ein großes Wunder. Natürlich sind Staatskräfte daran interessiert, dass die Freiheit umgesetzt wird. So hat der Oberbürgermeister von Izmir oft gesagt: „Kommen Sie, Sie dürfen alle Vorlesungen über das Christentum halten, wir sind sehr interessiert.“ Doch dieses Interesse gilt vor allem dem Beitritt zur EU.
In der Bevölkerung ist die Lage jedoch sehr angespannt. Es gibt eine Vielzahl von Gruppen, die eine starke Ablehnung zeigen. Ich fürchte deshalb Schlimmes, was dort noch geschehen wird. Die Christen in der Türkei brauchen ganz besonders unsere Fürbitte.
Verfolgung von Christen in islamischen Ländern und Nigeria
In allen islamischen Ländern, in denen der Islam die Mehrheit stellt, gibt es für Christen keine Gleichberechtigung. Das sollten Sie wissen.
Im Norden Nigerias ist die Lage derzeit besonders schwierig. Dort sind bereits einige Tausend Menschen ums Leben gekommen, allein weil sie Christen sind. Unter den Opfern sind sogar Präsidenten von Kirchen, vor allem der Evangelical Churches von Westafrika. Diese sind sehr starke Bibelkirchen, da viele Muslime zum Glauben an Jesus finden. Der Widerstand gegen diese Christen ist groß, ebenso die Gewalt.
Es handelt sich dabei um Terrorgruppen. Das Schlimmste für die Christen ist, dass einige Missionare sagen, man solle zurückschlagen. Sie meinen, wenn die erste islamische Tankstelle brennt, würde der ganze Terror aufhören. Ähnlich verfahren ja auch die Israelis: Nach jedem Terroranschlag schlagen sie zurück. So könne man die Gewalt eindämmen.
Die Christen hingegen sagen, sie dürften nicht zurückschlagen, da sonst das Zeugnis der Liebe Jesu verloren gehe. Dieses Zeugnis der Liebe Jesu berührt viele Muslime, die selbst erschüttert sind. Auch bei uns sind die meisten Muslime über den Terror erschüttert und billigen ihn nicht. Sie wachen auf und fragen sich, wie die Christen diese Liebe leben.
Deshalb ist es besonders wichtig, für die nigerianischen Christen im Norden zu beten. Vor Kurzem fanden dort große Wahlen statt. Nigeria hatte einen christlichen Präsidenten, doch 13 Staaten im Norden haben sich der Scharia unterstellt. Dort herrscht keine allgemeine Ordnung mehr, sondern nur noch die muslimische Ordnung.
Gleichzeitig gibt es in diesen Regionen die größten Erweckungen und Aufbrüche im Norden Nigerias. Lesen Sie darüber, wo immer Sie Informationen finden. Suchen Sie im Internet nach Nachrichten zu diesem Thema.
Christenverfolgung und Gemeindeaufbau in Indonesien
Der zweite große Verfolgungsschwerpunkt, der derzeit besonders schlimm ist, liegt in Indonesien. Dort wächst die christliche Gemeinde stark. Jährlich bekehren sich Zehntausende auf Java zu Jesus und gehen dabei oft den Weg des Martyriums. Viele Muslime, die Jesus annehmen und erkennen, erleben diese Verfolgung bereitwillig.
Besonders schlimm ist die Lage auf den Molukkeninseln, zum Beispiel auf Ambon, Halmahera und Sulawesi. Dort kommt es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen. Diese sind eine sehr ernste Angelegenheit.
In Nigeria ereignete sich vor etwa 14 Tagen Folgendes: Eine Lehrerin wollte eine Klassenarbeit schreiben lassen. Drei Schüler waren unruhig, und als sie sich näherte, bemerkte sie, dass sie eine Tüte mit Büchern dabei hatten. Sie nahm ihnen die Tüte weg und legte die Bücher auf den Boden, um die Klassenarbeit durchzuführen.
Plötzlich erhob sich die ganze Klasse gegen die Lehrerin und beschuldigte sie, den Koran beleidigt zu haben. Es wurde behauptet, in der Tüte sei ein Koran gewesen, der unter den Büchern versteckt war. Daraufhin wurde die Lehrerin von der Klasse gelyncht und zu Tode getrampelt.
Diese Situation war eine Falle. Die Lehrerin konnte das gar nicht wissen und hatte nichts zerstört oder zerrissen. Man muss immer bedenken, dass der Dschihad oft inszeniert wird. Es wird gezielt ein Vorwand gesucht, ähnlich wie bei den Karikaturen. Für die jungen Christen dort ist es sehr schwierig, in der Liebe Jesu zu antworten.
Sie sagen auch in der Gemeinde: „Wir beten für unsere Verfolgung.“ Das soll hier erwähnt werden, bevor wir zu unserem nächsten Abschnitt kommen.
Bibeltext aus Epheser 3,14-21 und Gebet für Kraft und Liebe
Kapitel 3, Verse 14 bis 21
Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, der der rechte Vater ist über alles, was Kinder genannt werden, im Himmel und auf Erden.
Ich bete, dass er euch Kraft gebe, stark zu werden durch seinen Geist im inneren Menschen – und zwar nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit.
Damit Christus durch den Glauben in euren Herzen wohnt und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid. So könnt ihr mit allen Heiligen begreifen, wie breit, lang, hoch und tief die Liebe Christi ist.
Ihr sollt auch die Liebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet mit der ganzen Fülle Gottes.
Dem aber, der über alles hinaus tun kann, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit – von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Herausforderungen und Chancen christlichen Engagements in der Dritten Welt
Wenn wir heute von den Nöten in der Dritten Welt hören, sind wir alle tief berührt. Wer einmal nach Nairobi, Addis Abeba oder an einen anderen Ort reist und dort sieht, wie Behinderte und Verkrüppelte zwischen den Autos auf allen Vieren krabbeln und betteln, der wird das Elend hautnah erleben. Besonders betroffen macht einen das Schicksal der Aidswaisen. Allein in Malawi, einem nicht sehr großen Land im Süden Afrikas, gibt es heute 900 Kinder, die keine Eltern mehr haben, weil die Aids-Epidemie sie vernichtet hat.
Zudem gibt es heute eine Million Menschen, die niemals ein Glas sauberes Wasser trinken können. Wenn man all das sieht, möchte man helfen. Und tatsächlich gibt es immer wieder Aufrufe in den Briefkästen, die um Spenden bitten. Doch ich sage immer: Wir Christen müssen vorsichtig sein. Wenn Sie irgendwo spenden, geben Sie nur dort, wo Sie wissen, wer die Verantwortung trägt. Kennen Sie die Namen? Schauen Sie auf die Bilder und prüfen Sie, wohin Ihr Geld fließt. Sind das Menschen, die Sie kennen oder denen Sie vertrauen können?
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Missionsbefehl, den Jesus uns gegeben hat. Er fordert uns auf, Jünger zu machen. Das bedeutet, Menschen zu Jesus zu führen und Gemeinden zu bauen. Und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: Wenn Menschen Jesus finden, verändert sich etwas. Dann hört die Korruption auf, die Lüge verschwindet, Verantwortung wird übernommen. Die Menschen fangen an zu arbeiten und hören mit Alkoholismus auf. Das ist das Wunderbare an dieser Veränderung – die Veränderung des Herzens.
Fehlt diese Veränderung, ist jede Hilfe wie Wasser, das in ein Fass ohne Boden gegossen wird. Deshalb ist die beste Hilfe, die wir leisten können, die Unterstützung der gläubigen Christen vor Ort. Diese helfen auch Muslimen, aber sie tun es mit einem Zeugnis und geben die ganze Lebensfülle weiter. Die Gemeinde Jesu ist das strahlendste Leuchtzeichen in einer finsteren Welt.
Wenn man in Afrika sieht, wie plötzlich eine Gemeinde entsteht, ist das etwas Wunderschönes. Dort wird geholfen, und die Menschen fangen an, selbst zu opfern und sich um die Not anderer zu kümmern. Das ist die größte Veränderung. In der gesamten Weltgeschichte hat es keine sozial verändernde Kraft gegeben, die so stark ist wie das Evangelium.
Denken Sie nur daran, was aus den alten Germanen geworden ist. Das waren wilde Krieger. Heute haben wir in Deutschland eine Kultur mit Bach und Händel, mit Schulen und einer geordneten Gesellschaft. Durch den Glauben an Jesus hat sich etwas verändert, und die größte Veränderung geschieht durch das Evangelium.
Beispiel aus Südamerika: Mission und kulturelle Veränderung
Ganz im Süden von Südamerika, ganz unten bei Feuerland, gibt es Inseln, auf denen nur etwa einen Monat im Jahr Frühling und Herbst herrscht. Danach folgt wieder Eis. Diese Inseln nennt man die Pecheren.
Charles Darwin, den Naturforscher, kennen Sie sicherlich. Er kam durch die Pecheren und erlebte die Menschen dort. Darwin sagte, das seien keine richtigen Menschen, sondern Zwischenwesen. Diese Wesen seien so roh und grob, dass sie keiner Veredlung fähig seien. Das liege daran, dass sie so hart kämpfen müssten, um überhaupt zu überleben.
Dann kam der Missionar Gardiner dorthin. Er unternahm drei Versuche, die Mission zu beginnen. Doch das Schiff ging unter, die Menschen verhungerten, und erst später kamen andere Missionare, die das Evangelium den Pecheren brachten.
Darwin schrieb daraufhin einen berühmten Brief. Darin sagte er, dass er vermutlich nie geglaubt hätte, was aus den Pecheren geworden ist. Er wollte sogar Ehrenmitglied dieser Pecheren-Mission in Südamerika werden. Diese Ehre wurde ihm auch zuteil, und er nahm die Mitgliedschaft an.
Das war interessant, denn Darwin war beeindruckt von der Veränderung, die das Evangelium bewirkte. Der Mensch ist demnach nicht bloß ein Zufallsprodukt, das vom Affen abstammt, sondern er kann sich verändern.
Zeugnisse von Veränderung durch das Evangelium in Gefängnissen und Afrika
Wir haben heute Abend am Tisch über die Besuche im Gefängnis gesprochen. Das ist etwas, das mir sehr am Herzen liegt: die Justizvollzugsanstalt Heimsheim. Sie liegt im Wald, dort, wo man mit der Autobahn nach Stuttgart fährt.
Es ist immer wieder beeindruckend, wenn man sieht, was Jesus aus einem kaputten Leben macht. Zum Beispiel bei jungen russischen Mafia-Drogentransporteuren, die dort jahrelang einsitzen. Wenn plötzlich das Evangelium zu ihnen kommt, werden Menschen neu.
Ich habe erlebt, wie Ehen erneuert werden und wie grobe Menschen durch das Evangelium verändert werden. Das Evangelium ist eine verändernde Kraft. Die größte Kraft, die wir haben, ist das Evangelium von Jesus, weil Jesus neue Menschen schafft.
Deshalb helfen wir auch sozial, verstehen Sie? Ach, das wollte ich eigentlich noch mitbringen. Jetzt haben Sie aber unsere Blätter vergessen, falls Ulrich Weinhold sie nicht mitgebracht hat. Ich bringe sie morgen nochmal mit für alle, die sie noch nicht haben.
Es ist einfach schön, dass wir allen helfen – zum Beispiel Bruder Schmidt, der hinten in Assi und im Kinderdorf geholfen hat. Ganz wichtig ist aber, dass die Kinder von Jesus hören. Denn erst dann geschieht eine wirkliche Veränderung.
Mit Essen und Brot allein hat das keinen Wert. Das muss in den Gemeindebau eingebunden werden. Das größte Wunder ist, wenn eine Gemeinde entsteht.
Missionserfahrungen in Äthiopien und die Kraft des Wortes Gottes
Ich weiß nicht, ob Sie die schönen Geschichten überhaupt kennen. Ich habe ja heute Morgen schon erzählt, dass Ludwig Krapff in 25 Jahren keinen einzigen Menschen zu Jesus führen konnte. Er war ganz verzweifelt. Die Leute waren träge, lebten von Tag zu Tag und schienen nicht offen für das Evangelium. Krapff fragte sich, was er tun solle, denn das waren sehr lässige Leute, bei denen nichts zu passieren schien.
Doch dann begann das Evangelium Wurzeln zu schlagen. Die schönste Veränderung erlebte Bruder Hagen. Da lacht immer mein Herz, wenn ich so einen alten Hasen sehe. Im Südwesten Äthiopiens leben Nomadenstämme, viele davon sehr wild. Von der Regierung hat sich nie jemand dorthin getraut, weil diese Stämme grausam waren. Sie verstümmelten Menschen, besonders Fremde, die dorthin kamen. Der Missionar Bössler war einer der ersten, der dort hinkam und die ersten Bekehrten gewann. Man hielt den Atem an.
Ich habe es noch selbst miterlebt bei den Mursi. Sie tragen große Holzplatten in den Lippen. Als der Missionar dort ankam, habe ich das nicht gewagt zu fotografieren. Die Menschen laufen nackt herum, auch heute noch. Im Gottesdienst sitzen sie nackt da. Ja, ganz nackt. Jeder Mann trägt eine Kalaschnikow, eine Maschinenpistole, bei sich. Wenn man mit einem Fotoapparat kommt, ziehen sie plötzlich schnell ihr Tuch hoch. Das ist ganz interessant. Scham kennen sie auch; sie wollen nicht nackt fotografiert werden.
Doch das Evangelium wirkt Wunder. Diese Menschen haben sich früher gnadenlos gegenseitig mit ihren Kalaschnikows niedergemetzelt, nur um Vieh zu stehlen. Aber wo das Evangelium hinkommt, entsteht plötzlich Frieden, Liebe und eine tiefgreifende Umwandlung. Das Evangelium durchbricht den Ahnenkult und die Zauberei. Es besiegt Lüge, Ehebruch, Trunksucht und vieles mehr. Das Wunder kann nur das Evangelium bewirken.
Denn das Evangelium hat ein Geheimnis. Welches? Im Wort Gottes wirkt der Heilige Geist. Das Wort Gottes ist voller Heiligen Geistes, voller Kraft und Leben. Das ist ganz wichtig zu wissen: Das Wort Gottes ist von Gott eingegeben und trägt den Geist Gottes in sich. Darum wirkt es mächtig und wirksam, wie ein Samenkorn, das aufgehen muss. Man kann es manchmal niederdrücken, aber die Kraft liegt im Wort Gottes.
Wenn man die Geschichte in Äthiopien verfolgt, sieht man, wie die Kirche, in der Bruder Hagen wirkte, entstanden ist. Der erste Missionar dort war 1928 der Missionsarzt Doktor Lempi. Die Gemeinde erlebte die schreckliche Verfolgung während der Mussolini-Kriege, sie war nur eine ganz kleine Zahl von Christen. Später folgte die noch schlimmere Verfolgung durch das marxistische Militärregime.
Doch die Gemeinde wuchs, weil sie am Wort des Evangeliums festhielt. Ihr Wappen ist eine aufgeschlagene Bibel. Die Kirche heißt Wort-des-Lebens-Kirche, oder Karleiwert-Kirche. Sie ist die größte äthiopische Kirche, doppelt so groß wie die lutherische Mekani-Jesus-Kirche.
Was steht denn auf der aufgeschlagenen Bibel? Erinnern Sie sich? Ja, es ist eine Bibelstelle aus dem ersten Timotheusbrief. Eine aufgeschlagene Bibel zeigt die Wirksamkeit des Wortes Gottes. So ist Gemeinde entstanden. So entsteht Gemeinde, und so kommen Menschen zum Glauben.
Die Bedeutung des Wortes Gottes und Gebet für Erneuerung der Gemeinde
Es ist mir immer eine große Sorge in vielen Gemeinden bei uns, wenn man keine Bibel liest und keine Bibelstunde hat. Das Wort Gottes ist die Kraft, aus der wir leben. Ich weiß nicht, was da steht, wenn man es nicht durch Gebet versteht.
Ah ja, da vorne sehen Sie ein Wappen mit einer aufgeschlagenen Bibel. Das ist in jedem Land ganz interessant.
Das Wunder einer lebendigen Gemeinde – jetzt kommen wir ja oft aus Gemeinden und sagen: „Bei uns ist alles so tot.“ Das ist immer eine Gefahr. Mit jeder Generation besteht die Gefahr, dass alles erstarrt. Dann läuft es nur noch in ein paar Ritualen und Formen ab.
Jetzt ist es ganz wichtig: Wie kommt es denn wieder zum Leben? Wie macht Christus bei einzelnen Christen, jetzt bei Ihnen, neu Wohnung?
Für uns heute Abend ist das ganz wichtig: Erneuerung und lebendige Gemeinde kommen nur durch Gebet.
Kennen Sie noch die Geschichte von der ostafrikanischen Erweckungsbewegung? 1935 in Matana, im heutigen Ruanda, da war ein junger Evangelist. Er hat sich Sorgen gemacht, wie neues Leben in die erstarrte anglikanische Kirche kommen kann.
Es war alles nur noch so vertrottelt. Man ging in die Kirche und hörte das, was die nachfolgende Generation von den Vätern geerbt hatte. Dann war er wochenlang in der Stille und hat gebetet. Er sagte: „Herr, du musst doch neues Leben geben.“
Als er dann hinausging und die erste Evangelisationsveranstaltung hatte, brannte es so, dass ganz viele Leute Buße taten und umkehrten. Es war ein Feuer.
Dieser Bischof Festukiewenzscher hat es immer erzählt. Er war selbst Lehrer an einer Schule und nun dem Namen nach Christ. Aber da hat ein junger Schüler fünfundzwanzig Minuten gesprochen. Es war so totenstill, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können.
Das war eine Bibelauslegung, die plötzlich so voller Leben war. Da wirkte der Geist Gottes so mächtig.
Wie kriegen wir das bei uns wieder hin?
Paulus sagt: „Ich beuge meine Knie durch Gebet.“ Wir wollen beten, dass der Herr dieses Wunder tut. Ich bin immer traurig, wenn bei uns so viel über Stilfragen oder Formen diskutiert wird. Das ist doch gar nicht wichtig.
Wichtig ist, dass der Geist Gottes wieder in uns wirkt. Wir wollen um neues Leben bitten, damit wir es ganz frisch bei uns haben.
Paulus sagt: „Ich beuge meine Knie vor dem Vater, der der rechte Vater ist über alles, was Kinder heißt im Himmel und auf Erden.“
Gottes Geheimnis und die Einheit aller Völker in Christus
Die Verse davor sind interessant, denn Paulus sagt, Gott habe ihm ein Geheimnis offenbart. Welches Geheimnis ist das? Die Heiden gehören dazu. Es ist merkwürdig, dass die anderen Apostel das nicht verstanden haben.
Jesus hat gesagt, dass die Botschaft an alle Menschen gerichtet ist. Heute ist das oft umgekehrt: Viele Christen meinen, die Juden gehörten nicht dazu. Es ist seltsam, dass viele landeskirchliche Synoden sogar Judenmissionen betreiben.
Wir selbst machen keine Judenmission. Das übernehmen hauptsächlich christliche Juden, also jesusgläubige Juden. Diese sagen oft, die Juden sollten ruhig im Judentum bleiben. Das ist Unsinn, denn Jesus selbst war Jude, und Paulus war ebenfalls Jude.
Wie soll man Israel das Evangelium vorenthalten können? Ganz wichtig ist, dass Paulus sagt, ihm sei das Geheimnis Gottes offenbart worden: Gott will unter allen Völkern, Nationen und Sprachen der Welt eine Gemeinde von Jesus haben.
Jetzt stellt sich die Frage: Gibt es diese Gemeinde denn schon überall? Leider noch nicht unter allen Völkern. Ich glaube, es gibt noch etwa 1600 Völker, in denen es keine Jesusgemeinde gibt.
Das Schöne ist jedoch, dass es in allen Nationen der Welt bereits eine Jesusgemeinde gibt.
Erweckungen in Zentralasien und China als Zeichen der Hoffnung
Vor 15 Jahren gab es den größten Umbruch mit dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1992. Mein Freund Heinrich Voth war damals in Bischkek, Kirgisien, und ich war bei Licht im Osten. Heinrich Voth war ein Russlanddeutscher, der nicht ausgesiedelt war. Er sagte, er wolle den Kirgisen das Evangelium bringen, denn es gab damals kaum kirgisische Christen.
Heinrich Voth blieb dort. Als wir uns das erste Mal trafen, fragte er: „Glaubst du, es wird bald gläubige Kirgisen geben?“ Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits drei Gemeinden, und ich war begeistert und motiviert.
Beim nächsten Treffen fragte ich, wie es mit den drei Gemeinden stehe. Er antwortete: „Wir haben schon über hundert Gemeinden in Kirgisen.“ Das war wie ein Steppenbrand.
Ähnlich war es in Kasachstan, wo Franz Thiesen tätig war. Dort wurden 50 Neue Testamente an Muslime verteilt. Einige sagten: „Hupo, mach doch keinen Blödsinn! Das Papier wird nur verbrannt, kein einziger Muslim wird es annehmen. Sie sind nicht tiefgläubige Muslime.“
Ich lud Franz Thiesen zu unserer Konferenz der Baptisten in Almaty ein. Dort waren 450 Prediger aus Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan und Turkmenistan versammelt – alles einheimische Christen. Man betete kniend dafür, dass dort eine Gemeinde entsteht.
Lange Zeit hatte die russische Regierung die Türen für Mission verschlossen. Die russisch-orthodoxe Kirche hatte keine Missionsarbeit betrieben, weder unter der Zarenherrschaft noch in der kommunistischen Zeit. Doch jetzt öffneten sich die Türen, und das geschah durch Gebet.
Das größte Wunder, das wir heute erleben, ist China. 1970 hatte Mao im Triumph alle Kirchen geschlossen. Es gab in ganz China keine einzige Kirche mehr. Alle Kirchengeschichten und Bibeln wurden verbrannt oder von den Rotgardisten zerstört.
Heute schrieb das Magazin Fokus, dass es in China 130 Millionen bekennende Jesusnachfolger gibt. Verstehen Sie das überhaupt? Wie ich heute Morgen sagte: Bei uns kocht der Chef – also der Herr Jesus selbst treibt die Weltmission voran. Er ist der wahre Vater über alles und baut Gemeinde auf.
Man muss wissen: In China ist es heute noch sehr schwierig. Staatsbeamte dürfen kein Christ sein, und es gibt große Behinderungen. Aber das Evangelium ist eine mächtige Kraft.
Heute Mittag bin ich mit der Bahn gefahren. Gegenüber saß ein junges Mädchen und las „Heavenly Man“, das Buch über einen großen chinesischen Evangelisten. Es ist beeindruckend zu sehen, was Gott trotz aller Zerstörung durch ihn bewirkt hat.
Ich hätte nie für möglich gehalten, dass es vor der Wiederkunft Jesu in China noch einmal eine lebendige christliche Gemeinde geben würde. Gott will lebendige Gemeinde, und das ist auch für uns eine große Ermutigung, wenn wir solche Geschichten hören.
Verfolgte Gemeinden im Nahen Osten und Untergrundkirchen
Ich traf einmal einen Libanesen, der in Saudi-Arabien arbeitet. Er sagte: „Ach, ich würde so dafür beten, dass es in Saudi-Arabien, das ist ja ganz verwunden, eine Christengemeinde geben darf. Nach der Verfassung darf es dort nämlich gar keine Christengemeinde geben.“ Dann fügte er hinzu: „Kein Wort mehr darüber, sonst gibt es schreckliches Blutvergießen.“
Also hat Gott auch seine Leute irgendwo im Untergrund, zum Beispiel in Nordkorea. Wir haben Verbindung zu 50 Christen im Untergrund in Nordkorea.
Wenn Gott Gemeinde will, dann gibt es Gemeinde – und das ist ganz wunderbar. Mit Gemeinde meinen wir nicht Organisationen, auch nicht irgendwelche Pastoren oder Ordnungen. Was ist denn Gemeinde? Es sind Menschen, die sich unter dem Wort Gottes treffen, miteinander beten und einander stärken. Das ist das, wo Christus heute wirkt – durch eine Gemeinschaft, wie im Hauskreis.
Und das ist so herrlich, dass das möglich ist – durch Gebet, durch Gebet.
Gottes Vatergüte und die Bedeutung des rechten Vaters
Der rechte Vater – ein wunderbares Wort, der rechte Vater.
Manche sagen heute, sie seien durch ihre Psychologen ein wenig sensibilisiert und können das Wort „Vater“ kaum noch hören. Sie denken dabei immer an ihren eigenen Vater und sagen: „Ich hatte so einen schwierigen Vater.“ Viele glauben, jeder habe einen schwierigen Vater gehabt. Manche meinen, alle Väter seien komische Leute. Das darf ich als Mann sagen: Mütter sind da oft viel besser. Aber mit den Vätern ist es oft ein Problem. Väter haben auch viel Schuld an den Kindern.
Doch Gott ist nicht so wie wir, die wir manchmal komische Väter sind. Er ist der rechte Vater, das Urbild. Alles, was Vater ist, ist nur ein schwaches Abbild der göttlichen Vatergüte. Das ist ein herrliches Wort. Auch gegenüber unseren muslimischen Freunden dürfen wir die Geschichte vom verlorenen Sohn erzählen. Da ist der Vater, der seinen verlorenen Sohn sucht – wo gibt es so etwas? Jesus hat uns die Vatergüte Gottes so wunderbar gezeigt.
Das ist wirklich großartig. Und dieser Vater will Gemeinde. Darüber dürfen wir auch wieder in unsere Gemeinden zurückgehen und beten. Wir können gemeinsam sagen: Herr, gib doch neues Leben und fang bei mir mit dem neuen Leben an.
Stärkung des inneren Menschen durch den Geist Gottes
Wie sieht das neue Leben jetzt aus? Es bedeutet, stark zu werden durch seinen Geist im inwendigen Menschen.
Wenn man das so schnell liest, habe ich oft die Sorge, dass jemand sagt: „Ich verstehe das nicht.“ Das ist verständlich. Man muss wirklich genau darüber nachdenken und sich das auf der Zunge zergehen lassen: Durch die Kraft von Christus oder die Kraft Gottes werden wir im inwendigen Menschen stark.
Was ist denn der inwendige Mensch? Das kann ich ganz einfach erklären. Paulus hat es im 2. Korintherbrief, Kapitel 4, beschrieben. Dort sagt er, dass jeder Christ mit seinem Leben äußerlich immer mehr abbaut. Er wird älter, er wird kränker. Das können wir alle sehr gut erleben. Man denkt zurück und erinnert sich: Wie schön war das, als wir achtzehn Jahre alt waren und im Dauerlauf den Berg hochgerannt sind. Jetzt sind wir alt, die Zehen tun nicht mehr richtig, der Atem geht nicht mehr so leicht, und es gibt viele Probleme. Nachts liegt man wach und so weiter.
Aber das Schlimmste ist doch, dass wir den Schatz des neuen Lebens in irdenen Gefäßen haben. Und die irdenen Gefäße bekommen Risse, sie werden spröde. Unter uns gibt es auch sehr viel Krankheit. Es ist gut, dass Paulus das immer wieder betont hat: Wenn der äußere Mensch, also unser äußerer Körper, verfällt, bis wir schließlich heimgehen zur Herrlichkeit, wird manches an uns zerbrechen.
Das war mir immer wieder schwer in der Gemeinde. Ich erinnere mich an die Zuckerkranken, wenn plötzlich die Beine amputiert werden mussten. Sie lagen so kurz im Bett, und es hat mich immer sehr erschüttert. Das waren einst stolze Menschen. Der äußere Mensch verfällt, der äußere Mensch wird schwach. Doch der innere Mensch wird von Tag zu Tag erneuert.
Was ist der innere Mensch? Paulus sagt, es gibt einen äußeren Menschen, den man äußerlich sieht. Das ist der Mensch, der sich morgens Creme ins Gesicht schmiert, die Haare kämmt und die Zähne putzt. Daneben gibt es den inneren Menschen, das ist der Blick auf Jesus.
Und gerade umgekehrt: Wenn der äußere Mensch verfällt, will Christus den inneren Menschen umso mehr leuchten lassen. Das macht mich immer sprachlos. Es gibt nichts Schöneres als Krankenbesuche von gläubigen Menschen, wenn der Herr das schenkt. Da steht man oft daneben und empfindet Mitleid. Mir kommen manchmal die Tränen, denn ich bin da so labil gebaut, wenn ich miterlebe, wie jemand durch schwere Zeiten geht. Und dann sagt dieser Mensch: „Ich bin aber ganz fröhlich.“
Was ist das? Es ist ein Wunder, dass der Herr Jesus den inneren Menschen stark macht.
Dabei ist es so wichtig, dass in der Gemeinde unser innerer Mensch immer stärker wird. Der innere Mensch ist der, der Christus aufnimmt, in dem Christus Wohnung macht. Das ist so wichtig.
Paulus schreibt viel vom inneren Menschen.
Die Bedeutung des Dienstes älterer Christen und das Wirken in der Gemeinde
Deshalb ist es auch ganz wichtig: Ich war letzte Woche auf dem Seniorenkongress der Liebenzeller Gemeinschaft. Ich kann nur sagen, für viele Menschen ist der Schritt in die Ruhephase eine große Herausforderung. Es ist die schwierigste Klippe im Leben. Plötzlich fühlt man sich unnütz, glaubt, nicht mehr gebraucht zu werden, als würde man zum alten Eisen gehören – wie eine schwere, rostige Sense in der Ecke der Scheune. Man meint, man werde nicht mehr gebraucht.
Das stimmt aber gar nicht. Äußerlich mag das so erscheinen, doch der innere Mensch entdeckt so viel Neues. Ich habe immer wieder erlebt, dass, wenn Menschen das erkennen – zum Beispiel bei den Enkelkindern oder den Nachbarskindern, denen sie bei den Schulaufgaben helfen –, sie am Ende sagen können: „Es war die reichste Zeit meines Lebens.“ Es geht nicht mehr darum, viel Geld zu verdienen. Das ist nicht mehr wichtig, denn wir sind äußerlich versorgt. Aber die Zeit zu haben für das Wichtigste – für Fürbitte, für Gemeinschaft mit anderen, zum Ermutigen, für einen Krankenbesuch – das lässt den inneren Menschen umso mehr entfalten. Mensch, was ist das wunderbar!
Zuerst habe ich bei mir angerufen. Das waren alles 75-Jährige aus Rutesheim, hier in der Nähe. Sie fragten mich: „Gehst du mal mit uns in die Justizvollzugsanstalt?“ Da dachte ich zuerst, auf der Laahö habe ich bessere Zuhörer. Dort gibt es keine, aber im Gefängnis sind so viele. Natürlich habe ich das nur ironisch gesagt. Aber dann: Gefängnis? Ob ich mir das überhaupt zutraue? Es dauert ewig, bis die zehn Türen aufgeschlossen sind.
Doch so etwas Herrliches habe ich in meiner ganzen Amtszeit noch nie erlebt – wie mit diesen Menschen, Mördern und besonders mit Spielsüchtigen, die man angeblich nicht mehr therapieren kann. Es ist in unserem Volk ganz schlimm, dass Wettbüros wie Pilze aus dem Boden schießen. Wer einmal darin gefangen ist, wird so gut wie nie wieder frei. Es gibt keine psychotherapeutische Befreiung aus der Wettsucht, weil die Betroffenen immer wieder meinen: „Jetzt kommt das große Glück.“
Das ist hochinteressant. Und dass in einer Jesusgemeinde, die die Bibel liest, 30 bis 50 Männer ganz wunderbar zusammenkommen, ist beeindruckend. Ich wollte nur sagen: Der Herr hat so viele Aufgaben für den inneren Menschen. Da macht es gar nichts aus, wenn einem immer mehr Haare ausfallen oder man immer schwächer wird. Solange mich der Herr noch braucht, bin ich glücklich, dienen zu dürfen. Keiner ist unnütz. Der innere Mensch soll immer stärker werden – das, was Jesus in uns schafft.
„Dass ihr stark werdet, dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist im inneren Menschen.“ Ich kann nur sagen: In unserer Gemeinde war das ganz wunderbar zu erleben. Die alten, reifen Christen hatten so viel Gefühl dafür, die jungen Mitarbeiter zu stärken.
Ich hatte oft Sorge bei unseren Gemeindefreizeiten und sagte manchmal zu den Jungen: „Seid ihr nicht gestört, wenn die alten Leute da sind?“ Dann antwortete einer der jungen Leute: „Das ist das Allerschönste an der Freizeit, dass Alte dabei sind. In meiner ganzen Familie sind alle Alten gottlos, und hier treffe ich zum ersten Mal Alte, mit denen ich beten kann.“ Verstehen Sie? Plötzlich wird das ganz anders bewertet. Und es ist so wunderbar.
Der Herr braucht uns, gerade den Kindern gegenüber, in der Einsamkeit und in der Seelsorge. Nicht mehr im Spektakulären, nicht mehr im großen Geschrei, sondern in aller Stille geschieht es. Und so baut der Herr die Gemeinde. In der Ewigkeit wird es einmal ans Licht kommen, was hier durch diesen wichtigen Dienst geschehen ist.
„Dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist im inneren Menschen, dass Christus wohne.“ Dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohnt und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid. Wo wohnt Christus? In euren Herzen. Dort, wo sonst Eifersucht regiert, wo Neid herrscht und oft auch Schmutziges Platz greift, will er wohnen.
Er hat ja oft das Bild gemalt von der Tür, an der er klopft – wo das Innere die Klinke ist und man ihn einlassen muss. Wir sollen wissen, dass unser Leben ein Heiligtum für Christus werden will. Deshalb ist es so wunderbar. So fängt Erneuerung der Gemeinde an – nicht mit irgendwelchen modischen Veränderungen, sondern damit, dass Christus in unseren Herzen wohnt.
Jüngerschaft und die Bedeutung von gelebter Liebe in der Gemeinde
Jetzt beten sie auch für die Missionsgemeinden. Ich habe immer Sorge, besonders heute in Afrika, wo es so große Bekehrungszahlen gibt. Aber werden diese Menschen auch weiterhin in die Bibel eingeführt? Ein Leiter hat mir in Äthiopien sogar gesagt – ich darf es gar nicht laut aussprechen –, dass sie dafür beten, dass weniger Menschen zum Glauben kommen. Sie kommen einfach nicht mehr nach, alle in der Jüngerschaft zu schulen.
Es ist ganz wichtig, dass wir die Gläubigen richtig im Glauben unterweisen, damit sie Christus wirklich aufnehmen und mit ihm leben. Es hat doch keinen Wert, wenn unsere jungen Leute zwar Taufen durchlaufen, aber irgendwo in eheähnlichen Verhältnissen leben und die Ordnungen Gottes gar nicht kennen. Da kann der Heilige Geist doch nicht wohnen.
Wir wollen doch immer darauf achten, dass sie die ganze Freude eines Lebens mit Christus entdecken und dass der Heilige Geist nicht betrübt wird. Deshalb ist es so wichtig, dass Christus in ihnen wohnen kann. Wir sollen uns gegenseitig an diesen Punkten zurechthelfen, damit Christus wohnen kann.
Und ihr seid in der Liebe eingewurzelt und gegründet – das ist ganz wichtig. Das Wachstum geschieht zunächst dadurch, dass Christus in meinem Ich Platz greift und immer größer wird. Unser Ich ist heute sehr stark, besonders in unserer Zeit. Viele Menschen sind ichbewusst, selbstbewusst, wehleidig oder empfindlich. Doch Christus soll unser Ich umgestalten, sodass wir immer mehr Christus ähnlich werden – in unserem Innersten, in Denken und Fühlen. So wie Christus denken könnte, soll er uns prägen.
Das ist auch für den Gemeindebau ganz wichtig. Und ich wünsche mir, dass das immer weiter geschieht. Ihr sollt in der Liebe eingewurzelt und gegründet sein. Liebe – die wünschen wir uns immer. Oft denken wir: „Ach, mich hat niemand lieb.“ Aber wir sollen Liebe geben und weitergeben können.
Wie funktioniert das? Paulus sagt, die Liebe Gottes ist mit Eimern, mit Zubern in unser Herz ausgeschüttet. Das überschwappt richtig, wenn wir selbst sozusagen betrunken sind von der Liebe Christi. Dann sagen wir: „Wir haben so viel Liebe empfangen, dass wir sie gerade weitergeben müssen, weil wir überwältigt sind von der Liebe, die Christus uns schenkt.“
Das kann man immer wieder neu lernen, indem man unter dem Kreuz steht und sieht, was Jesus für uns getan hat. „Das tat ich für dich – was tust du für mich?“ Ich habe dich doch lieb. Nur so können wir auch die schwierigen Belastungen unseres Lebens überwinden, auch manchen Rempler, den wir bekommen, und manche Zurückweisung. Dann sagen wir: „Aber Christus hat mich doch lieb, und ich will seine Liebe weitergeben.“
Diese wunderbare Verwandlung geschieht ganz still, wenn Christus immer mehr Raum in uns gewinnt. Das ist eigentlich das Allerschönste: dass es so etwas gibt und dass Christen uns immer wieder begegnen, die uns tief geprägt haben.
Es wäre interessant, wenn Sie jetzt erzählen würden: „Ich hatte eine Tante, die war ganz toll, und sie hat mich so geprägt.“
Missionarische Arbeit in Ägypten und das Zeugnis der Liebe
Um Ihnen noch ein bisschen von der Mission zu erzählen: Wir haben bereits einen schönen Dienst in Ägypten, der sich um die Kinder in den Müllvierteln kümmert. Das sind die schlimmsten Plätze in Kairo. Die Kinder dort leben davon, den gesamten Müll der 18-Millionen-Stadt einzusammeln. Es gibt keine Müllabfuhr, deshalb sammeln sie den Müll ein, trennen das Papier vom Metall und verbrennen den Rest. Dabei entsteht ein beißender Gestank und dicke Rauchwolken ziehen darüber hinweg.
Die Kinder sind oft voller Krätze und Ausschlag – es sind die sogenannten Müllkinder.
Unter ihnen war eine Frau aus reichem Hause. Ihr Mann ist Professor an der Universität, und sie selbst ist eine koptische Christin: Maggie Gobran. Eines Tages starb ihre Tante. Maggie sagte, sie habe die Tante immer bewundert, denn diese hat viel Liebestätigkeit gelebt. Die Tante war eine Christin, die die Liebe von Christus weitergegeben hat.
Als sie am Grab stand, fragte sie sich: „Wer macht das jetzt eigentlich weiter?“ Da spürte sie ganz klar, dass Jesus zu ihr sagt: „Du machst das jetzt weiter.“
Sie legte allen Schmuck ab. Ihr Mann sagte, sie müsse wissen, was sie aufgegeben hat. Die Familie war sehr reich. In Ägypten gibt es viele reiche Familien. Ihr Bruder ist ein großer Architekt, der die dicksten Mercedes fährt. Sie selbst fährt ein ganz rostiges Auto und betreut 15 Müllkinder.
Wenn wir Maggie Gobran bei uns haben, trinkt sie nicht einmal beim Frühstück etwas anderes als Wasser. Sie will es ganz einfach halten und weitermachen. Doch wie sie die Kinder in den Armen hält – diese schmutzigen Kinder – bezeugt sie die Liebe Jesu.
Heute hat sie 50 solcher Kinderbetreuungsstätten geschaffen, in denen diese 15 Kinder zusammen mit vielen Mitarbeitern betreut werden. Dort lernen sie einen Beruf, erhalten Schulbildung und vieles mehr.
Das Erste, was sie den Kindern gibt, ist eine Bibel. Sie sollen die Liebe bei Jesus kennenlernen.
Sie macht das so überwältigend. Wenn man das erlebt, erinnert man sich vielleicht an Menschen, die man selbst erlebt hat – vielleicht bei der Großmutter, die so wunderbar Liebe gezeigt hat, oder in Kindergottesdiensten, wo man die Liebe eines Menschen erfahren hat. So wie bei einer Schwester heute in unserer Diakonie, wo man die Liebe Jesu erleben kann. Diese Liebe überschwappt in unser Leben – die Liebe von Jesus.
Wir bekommen hier in diesem Haus schon viel Liebe von den Mitarbeitern – ein ganz herrliches Zeugnis.
Dazu heißt es im Vers 19: „Ihr sollt die Liebe von Christus erkennen, die Christusliebe, die alle Erkenntnis übertrifft.“
Die Gefahr des Grübelns und die Kraft der Liebe Christi
Alles Grübeln im Glauben ist eine große Gefahr im Hauskreis, denn man kann darunter zerbrechen. Man kann über viele Probleme grübeln, doch oft findet man keine Lösung. Es gibt Menschen, die ständig grübeln wollen – solche „Grübler“ kennen Sie sicher auch. Das zerstört jede Diskussion.
Ich sage immer: Grübeln Sie mal darüber nach, warum Sie heute leben und nicht vor zweihundert Jahren. Warum sind Sie in Deutschland geboren und nicht in Afrika? Grübeln Sie, ich bekomme darauf keine Antwort. Genauso finden Sie keine Antwort auf viele Rätsel Ihres Lebens.
Grübeln ist möglich. Aber die Liebe Christi ist besser als jedes Grübeln und auch besser als jedes theoretische Theologisieren. Es ist eine große Gefahr, sich an diese theologischen Lehrsätze zu klammern, die oft so stumpf wirken, und dabei die Liebe Christi nicht zu erfassen.
Luther hat einmal übersetzt: „Christusliebhaben ist besser als alles Wissen.“ Das hat mir sehr gefallen. Wenn Sie nur wissen: Jesus hat mich lieb und ich kann aus seiner Hand nie herausfallen, dann haben Sie mehr begriffen als ein Theologieprofessor mit fünf Doktortiteln. Mehr begriffen als Thomas von Aquin.
Die größte Erkenntnis ist ohnehin: Jesus hat mich lieb, der ewige Gottessohn lässt mich nicht los. Ich bin ihm wichtig, und er hat sein Leben für mich geopfert. Was wollen Sie mehr?
Das ist das Zentrum meiner lebendigen Gemeinde.
Erfüllung mit Gottes Fülle und das Geheimnis der Weisheit in Christus
Und damit ihr erfüllt werdet mit aller Gottesfülle – mehr kann man von Gott in dieser Welt nicht empfangen als seine Liebe. Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart.
Es ist immer beeindruckend, wenn bei der Bundeswehr der Zapfenstreich gespielt wird und alle den Helm abnehmen zum Gebet. Ich bete an die Macht der Liebe und verstehe die Menschen manchmal gar nicht mehr. Auch für uns ist das immer etwas ganz Besonderes. Ja, Jesus hat mich lieb.
Hier steht noch Kolosser 2,2-3: „Damit eure Herzen gestärkt und zusammengefügt werden in der Liebe und ihr den ganzen Reichtum an Gewissheit und Verständnis erkennt, um das Geheimnis Gottes zu erkennen, das Christus ist. In ihm liegen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen.“
Mehr kann ich nicht verstehen: In Christus sind alle Schätze der Weisheit verborgen. Man kann Christus nicht mit dem Verstand erfassen. Komisch, dass man mit dem Verstand das nicht begreifen kann. Man kann auch die Dreieinigkeit nicht mit dem Kopf verstehen – das hat noch nie ein Mensch geschafft. Man kann es nicht verstehen. Man kann nur die Liebe Christi erfassen, und das genügt.
Bis dahin hat der Scheich am Kreuz alles vollbracht. Das ist der Höhepunkt des Glaubens.
Jetzt wünschen wir uns Gemeinden, die in der Liebe Jesu erfüllt sind und staunend davor stehen bleiben. „Hast du mich lieb?“ hat Jesus Petrus gefragt. „Ja, du weißt, dass ich dich lieb habe.“ Das genügt. Es ist ein Liebesverhältnis.
Begegnungen mit verfolgten Christen und Ermutigung zur ersten Liebe
Ich war noch in China, als es dort noch Hausgemeinden gab. Damals wusste man noch nicht so viel. Ein Chinese, der sich sehr um die verfolgten Christen kümmerte, ein berühmter Doktor namens Zhou aus Hongkong, brachte mich nach Shanghai. Das war damals noch ganz abenteuerlich. Er führte mich in die Hausgemeinde von Wang Mingtiao, einem Christen, der 23 Jahre im Straflager verbracht hatte. Wang Mingtiao war bereits über neunzig Jahre alt und blind. Trotzdem hielt er Hausgottesdienste ab.
Wir durften nur auf dem Boden sitzen. Ich machte ein paar Fotos, denn ich hatte hochempfindliche Filme dabei. Er erlaubte jedoch kein Blitzlicht. Ich war glücklich, weil ich so einen hochsensiblen Film hatte und eindrückliche Bilder machen konnte.
Wang Mingtiao predigte drei Stunden lang. Der Raum war bis auf den letzten Platz voll besetzt. Am Schluss fragte ich ihn: „Lieber Bruder, hast du für uns in Deutschland noch ein Wort?“ Er ist inzwischen schon lange beim Herrn.
Er antwortete fröhlich auf Englisch: „Ja, für euch Deutschen habe ich ein Wort.“ Er sagte: „Ihr habt viele Werke, aber ihr vergesst die Liebe zu Jesus.“ Dann fügte er hinzu: „Die erste Liebe.“ Er zitierte aus Offenbarung 2,4: „Ich habe wider dich, dass du die erste Liebe verlassen hast.“
Er betonte, dass es besser ist, Jesus zu lieben als alles andere. Das Leben in der Gemeinde und unser Wirken sind nur dann wirklich wertvoll, wenn wir in der Liebe Jesu leben. Dort sind wir geborgen, haben Frieden und können tätig sein. Das ist wunderbar und ermöglicht uns, mächtig zu wirken.
Schlussgebet und Bitte um Erneuerung und Liebe
Wir wollen beten, Herr, und dir danken, dass du uns durch dein Wort immer wieder dieses Geheimnis offenbarst: dass du lebendige Gemeinde schaffst.
Wir freuen uns auch darüber, wie wir das hier erleben dürfen. Aus ganz verschiedenen Gruppen, Kreisen und Landschaften kommen wir zusammen, und du bist die Mitte, die uns verbindet.
Wir bitten jetzt auch für die Gruppen, in die wir wieder zurückkehren zu Hause. Schaffe dort neues Leben und wirke lebendige Gemeinden.
Wir bitten aber auch für die Christen im Übersee. Lass sie von deiner Liebe getrieben sein, besonders unter dem Hass der Verfolgung, unter Druck und Feindschaft. Gib ihnen die Kraft, deine Liebe zu leben, damit Menschen durch deine Liebe überwunden werden und sie ihre Feinde in deinem Namen segnen können.
Und, Herr, mach das auch bei uns. Stärke uns im inneren Menschen, damit wir nicht wehleidig an unseren Verletzungen festhalten, sondern deine Liebe, die du uns so überwältigend gibst, weitergeben können.
Amen.
