
Hier geht es mir insbesondere darum, dass wir gemeinsam über geistliche Entmutigung, Enttäuschung und Frustration im Glauben nachdenken. Biblisch gesehen könnten wir auch von Anfechtung sprechen, in der wir uns befinden und die es uns schwer macht, mit Jesus zu leben. Darum soll es gehen.
Wir haben uns bereits in den letzten Morgenstunden etwas darüber unterhalten. Dabei könnten wir auch den Psalm 18, den wir heute Morgen kurz besprochen haben, in unseren Austausch über die stille Zeit einbinden. Als ich diesen Psalm gelesen habe, erinnerte er mich sofort an die Dichtung von Martin Luther. Er dichtet dort: „Ein feste Burg ist unser Gott, ein starker Wehr und Waffen.“ Dieses Lied zählt zu seinen bekanntesten Werken.
Martin Luther nimmt diesen Gedanken direkt aus dem Psalm heraus. Er sagt, dass die einzige Chance, in einer schwierigen Situation zu bestehen, darin besteht, sich zu Jesus zu flüchten. Wenn man von außen angegriffen wird oder es hart auf hart kommt, ist es wichtig, sich zurückziehen zu können und wieder Kraft zu sammeln. Das gilt sowohl für handgreifliche Auseinandersetzungen als auch für geistliche Kämpfe.
Heute Morgen möchte ich mit euch eine weitere Stelle lesen, diesmal nicht aus dem 2. Korintherbrief, sondern aus dem Matthäusevangelium. Ich lade euch ein, mit aufzuschlagen: Matthäus 8.
Ich habe den Eindruck, dass es bei dem Ereignis, das ich vorlesen möchte und das vielen von uns wohl bekannt ist, auch um die Frage geht, wie wir mit geistlichen Schwierigkeiten umgehen können.
Wenn wir Kapitel 8 lesen, fällt uns auf, dass Jesus viele wunderbare Heilungen vollbracht hat. Bereits ab Vers 1 wird von der Heilung eines Aussätzigen berichtet. Danach lesen wir von einem Hauptmann aus Kapernaum, dessen Knecht krank ist und von Jesus geheilt wird.
Weiterhin erfahren wir, dass Jesus die Schwiegermutter des Petrus sowie viele andere Menschen geheilt hat. Die Menschen, die Jesus nachlaufen, sind begeistert von den Wundertaten, die er vollbringt. Doch Jesus holt sie anschließend wieder etwas auf den Boden zurück. In Vers 18 spricht er von den Bedingungen der Nachfolge.
Dabei warnt er die Menschen, die ihm zu leichtfertig folgen, vor den möglichen Folgen. Er sagt, dass die Vögel des Himmels Nester haben und die Füchse Gruben, der Sohn des Menschen aber nichts hat, wo er sein Haupt hinlegen kann. Das bedeutet, dass die Nachfolge Jesu etwas fordert.
Indirekt weist er darauf hin, dass es im Leben mit Jesus nicht immer nur bergauf geht. Es kann auch schwierig werden. Er macht deutlich, dass man Sicherheiten loslassen muss, um Jesus nachzufolgen. Man muss sich ganz auf Gott einstellen, so wie Jesus es selbst vorlebt.
Zusammenfassend sehen wir also viele große Wunder, die Jesus zuvor vollbracht hat. Doch gleichzeitig warnt er davor, dass das christliche Leben nicht immer reibungslos verläuft. Wer Jesus nachfolgt, muss auch Verzicht üben.
Und dann kommt diese bekannte Geschichte, die ich jetzt vorlesen möchte: Matthäus 8,23. Jesus stillt den Sturm – die Sturmstillung. Diese Geschichte kennen wahrscheinlich viele von euch schon seit Jahrzehnten. Manche haben sie vielleicht schon in der Kinderstunde oder in der Kinderbibel gelesen oder gehört. Ich möchte sie trotzdem vorlesen, denn ich glaube, dass dieser Text uns auch nach all den Jahren, in denen er uns bekannt ist, noch einiges zu sagen hat.
„Und er, Jesus, trat in das Schiff, und seine Jünger folgten ihm nach. Und siehe, es erhob sich ein großer Sturm auf dem See, sodass das Schiff von den Wellen bedeckt wurde. Er aber schlief. Und seine Jünger traten zu ihm, weckten ihn auf und sprachen: ‚Herr, rette uns, wir kommen um!‘ Da sprach er zu ihnen: ‚Was seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen?‘ Dann stand er auf, befahl den Winden und dem See, und es entstand eine große Stille. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: ‚Wer ist dieser, dass ihm selbst die Winde und der See gehorsam sind?‘“
Im weiteren Verlauf des Matthäusevangeliums lesen wir von einer ähnlichen Situation, die später stattfindet. Die Jünger sind dann alleine auf dem See unterwegs, geraten in Seenot, und alles gerät durcheinander. Dann kommt Jesus zu ihnen, indem er über das Wasser läuft.
Und dann will ja Petrus sogar noch aussteigen. Ihr kennt das schon: Er steigt aus, und das ist etwas ganz Ähnliches. Aber hier wird zum ersten Mal davon berichtet. Hier, wie gesagt, ist Jesus mit dabei. Bei der anderen Erzählung ist Jesus nicht mit dabei, sondern am Ufer, während die Jünger alleine unterwegs sind.
Den Hintergrund können wir uns, glaube ich, gut vorstellen: Jesus hatte einen mehr als vollen Tag. Manche von uns kennen das ja, wenn es im Beruf mal stressig wird und richtig voll sein kann – so war es auch bei Jesus.
Wir sehen, wie die Menschen ihn umdrängten und bedrängten. Immer wieder kamen Leute zu ihm und wollten, dass er sich ihre Sorgen anhört. Dabei ging es nicht nur um Kleinigkeiten. Wie wir hier gesehen haben, ging es oft um Tod und Leben. Viele Menschen hatten jahrelang unter ihrer Krankheit gelitten. Jesus hörte ihnen zu, nahm sich ihrer an und heilte sie. Jetzt ist Jesus erschöpft.
Er zieht sich mit seinen Jüngern zurück. Auf dem See können die Leute nicht so gut nachkommen. Es steht nicht, dass sie unterwegs waren, um Fische zu fangen, sondern sie fahren scheinbar einfach herum. Jesus liegt im Boot und kann nicht einmal die schöne Schifffahrt genießen, sondern schläft gleich ein.
Währenddessen taucht ein Sturm auf. Hier steht nur, dass sie auf dem See sind – dem See Genezareth. Jesus ist zu diesem Zeitpunkt im Matthäusevangelium noch im Norden Israels unterwegs. Das ist die erste Phase seines Auftrags. Nachdem er in Nazareth angefangen hat zu predigen, zieht er schließlich nach Kapernaum um. Von dort aus zieht er durch ganz Galiläa, predigt an vielen Orten – in den Synagogen, auf den Plätzen oder bei der Bergpredigt im Freien. Er heilt die Leute und zeigt ihnen so die Ankunft des Reiches Gottes.
Hier sind sie unterwegs auf dem See Genezareth. Manche von uns denken vielleicht: Ein See, wie kann der so beängstigend sein? Da springt man halt ins Wasser und schwimmt ans Ufer, oder? Aber der See Genezareth ist schon ein bisschen größer und hat eine geografische Besonderheit.
In der direkten Umgebung gibt es die Gebirge des Hermon, die bis auf eine Höhe von 2800 Metern steigen. Der See Genezareth selbst liegt 200 Meter unter dem Meeresspiegel. Innerhalb von wenigen Kilometern gibt es also etwa 3000 Meter Steigung. Das ist eine ganze Menge.
Leute, die in der Nähe der Alpen wohnen, kennen das: Dort kann es Fallwinde oder Föhn geben. Es kann also richtig windig und unangenehm werden. Hier ist das noch verstärkt. Der See Genezareth ist damals wie heute bekannt für rasche Wetterumschwünge. Das Wetter konnte man nicht vorhersagen. Es gab auch richtig heftige Winde, die dazu führen konnten, dass solche Boote, Fischerboote, untergingen.
Die Angst der Jünger war nicht unbegründet. Es hat solche Situationen durchaus gegeben. Unter den Jüngern waren einige Fischer, die den See kannten. Sie wussten, wie sie mit den Schwierigkeiten umgehen mussten und konnten die Gefahr richtig einschätzen.
Wir sehen, dass die Jünger hier in einer schwierigen Situation sind. Darum soll es hier gehen. Ich habe gesagt, dass wir uns mit geistlichem Druck, geistlicher Enttäuschung und geistlicher Entmutigung auseinandersetzen. Ich habe den Eindruck, dass die Jünger hier in genau so einer Situation sind. Diese Situation ist nicht losgelöst von dem, was uns tagtäglich begegnet.
Geistliche Entmutigung hängt oft eng mit den realen Problemen zusammen, mit denen wir im Alltag zu kämpfen haben. Dabei sind wir nicht losgelöst von diesen Herausforderungen. Es gibt Situationen, in denen wir uns hinsetzen und sagen: „Jetzt habe ich ein Problem mit einer Bibelstelle.“ Solche Fälle gibt es durchaus.
Vielfach aber sind diese geistlichen Entmutigungen mit Dingen verbunden, die uns im Alltag begegnen. Es sind Probleme, mit denen wir nicht fertigwerden oder mit denen wir nicht richtig umgehen können. Diese setzen uns unter Druck. Ähnlich verhält es sich auch bei den Jüngern in diesem Text. Sie befinden sich in Todesangst und kämpfen real mit den Elementen – dem Wind und dem Wasser.
Ich möchte hier besonders eure Aufmerksamkeit auf drei Punkte lenken. Diese drei Punkte haben, so glaube ich, zu Problemen bei den Jüngern geführt. Es gibt also äußere Probleme, aber die Frage ist: Warum führt das auch zu einem innerlichen Scheitern bei den Jüngern? Warum gehen sie nicht geistlich reif damit um?
Meiner Einschätzung nach sind drei Aspekte hier besonders wichtig. Zuerst nenne ich die Frage des Zweifels. Der zweite Punkt betrifft die Frage der Person Jesu, und der dritte ist die Frage des Glaubens.
Das sei zunächst nur genannt, damit ihr mit dabei seid, wenn ich das jetzt weiter auslege.
Das Erste, was ich ansprechen möchte, ist ein Missverständnis bezüglich Anfechtung, geistlicher Krisen, Enttäuschung oder Entmutigung – ganz gleich, wie man es nennen möchte. Es gibt nämlich die Überzeugung, die ich als junger Christ selbst einmal hatte, dass man als junger Gläubiger mit Anfechtung und Problemen zu kämpfen hat. Man denkt an böse Gedanken oder daran, etwas Böses zu tun. Doch man hofft, irgendwann eine Hochebene des Glaubens zu erreichen, auf der alles glatt läuft. Dort stellt sich nicht mehr die Frage, ob man Gott vertraut oder nicht. Die Probleme berühren einen nicht mehr, sie prallen quasi ab. So ähnlich habe ich das damals gedacht, wenn auch nicht so ausformuliert.
Ich habe darauf gewartet und natürlich auch geglaubt, dass Christen, die schon seit Jahrzehnten gläubig sind, von Anfechtung, Enttäuschung oder Entmutigung nicht mehr berührt werden. Das gibt es für sie nicht mehr. Nun bin ich schon einige Jahre Christ und muss sagen, diese Hochebene habe ich immer noch nicht erreicht. Wenn ich in die Bibel schaue, vermute ich, dass wir diese Ebene erst im himmlischen Jerusalem erreichen werden. Für einige von uns dauert das noch eine Weile, andere sind vielleicht schneller dort. Das wissen wir im Voraus nicht. Aber vorher habe ich den Eindruck, dass es nicht so sein wird.
Wenn wir genauer in die Bibel schauen, merken wir, dass selbst Jesus mit Anfechtung, Versuchung und Entmutigung zu tun hatte. Er hat dem natürlich etwas entgegengesetzt. Jesus ist unser Vorbild. Er hat Entmutigung und Anfechtung bestanden. Ein bekanntes Beispiel ist die Anfechtung in der Wüste. Diese Erfahrung setzt ihn stark unter Druck. Er wusste als Allwissender, was auf ihn zukommt – Leiden und Verspottung.
Vierzig Tage lang hat er in der Wüste gefastet und gehungert. Die Hitze und die realen körperlichen Umstände brachten ihn an den Rand der Kapitulation. Dann kam noch die geistliche Anfechtung hinzu, als der Teufel versuchte, ihn unter Druck zu setzen. Danach lesen wir, dass der Teufel nur eine Zeit lang von ihm ließ. Wir müssen diese Situation richtig einordnen: Der Druck, dem wir ausgesetzt sind, ist in den meisten Fällen eine Aktion des Teufels.
Wenn wir die Bibel ernst nehmen, ist der Teufel nicht nur ein Schreckgespenst aus dem Mittelalter, das mit Hufen und Pferdeschwanz umherläuft – das ist alles nur Erfindung. Vielmehr ist er, wie die Bibel ihn beschreibt, wie ein brüllender Löwe, der sucht, wen er verschlingen kann. Besonders versucht er, diejenigen zu verschlingen, die Jesus nachfolgen. Diese Menschen will er wegbringen, entmutigen und zerstören.
Deshalb sollten wir damit rechnen, dass in unserem Leben immer wieder Anfechtungen und die Gefahr der Entmutigung auftreten. Ich sage „Gefahr“, weil Entmutigung eher das Endergebnis ist. Anfänglich können wir uns bemühen und einsetzen, aber wenn kein Ergebnis eintritt, kann Entmutigung entstehen. Oder wir denken, Gott werde alles regeln, und plötzlich treten Schwierigkeiten auf, die wir als Christen nicht verstehen. Dann sind wir enttäuscht und entmutigt.
Diese Schwierigkeiten führen jedoch nicht automatisch zu Entmutigung und Enttäuschung. Das passiert erst, wenn wir nicht richtig damit umgehen. Das Problem liegt also nicht bei Gott, denn er will uns nicht wegziehen. Ausgangspunkt ist der Teufel, der uns in Schwierigkeiten bringen will.
Es gibt aber auch erstaunliche Aussagen in der Bibel, zum Beispiel in Jakobus Kapitel 1: Dort heißt es, man solle sich freuen, wenn man in mancherlei Anfechtung gerät. Ich weiß nicht, ob ihr das so versteht, aber ich finde das erstaunlich. Es bedeutet, dass Anfechtung, Versuchung und die Gefahr der Enttäuschung nicht von vornherein nur negativ sind. Gott will sie gebrauchen – auch wenn sie nicht immer von ihm geschickt werden – um uns näher an sich heranzuziehen. Vielleicht will er damit zeigen, was in unserem Glauben wirklich feste Substanz ist und was nur äußerer Schein.
Das zeigt sich gerade in Notsituationen. Es ist leicht zu sagen: „Ich glaube an Gott und vertraue ihm in jeder Lebenslage.“ Das fällt so lange leicht, wie es nicht auf die Probe gestellt wird. Zum Beispiel kann ich sagen: „Ich liebe meine Frau über alles und werde sie ewig lieben.“ Das ist leicht, solange sie lieb und nett zu mir ist. Aber wehe, sie beginnt jeden Tag zu nörgeln: „Was hast du hier schon wieder gemacht? Das hast du noch nicht erledigt, und das ist auch schlecht.“ Dann muss sich zeigen, ob die Liebe wirklich echt ist.
Ich meine nicht, dass Frauen auf die Idee kommen sollten, ihre Männer zu testen, weil sie sie lieben. Jakobus sagt ja, wir sollen uns freuen, wenn wir in mancherlei Anfechtung fallen. Männer, freut euch also nicht, wenn ihr eure Frauen unter Druck setzt – das ist nicht gemeint. Solche Situationen kommen meistens ganz von selbst, ohne dass wir uns bemühen.
Und wie gesagt, Männer sind auch nicht ganz ohne – sie können ihre Frauen auch mal kräftig stressen. Aber dann wäre der Blickwinkel ein ganz anderer. Stellt euch vor, euer Mann hat euch richtig gestresst, genörgelt und gemeckert. Ihr seid verärgert und fragt: „Warum schimpfst du schon wieder?“ Und dann sagt ihr: „Danke, dass ich in Anfechtung gefallen bin, danke für die Probe meiner Liebe. Super, dass du mit mir geschimpft hast!“ Wahrscheinlich würde euer Ehepartner euch nur anschauen und denken: „Was ist denn jetzt los? Ist die Person total abgehoben?“ Aber genau das ist die Perspektive, in die uns Jesus hineinbringen will.
Ich lese euch die Stelle aus Jakobus 1 noch einmal vor, damit ihr seht, was dort steht: „Meine Brüder, achtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung geratet, da ihr ja wisst, dass die Bewährung eures Glaubens standhaftes Ausharren bewirkt. Das standhafte Ausharren aber soll ein vollkommenes Werk haben, damit ihr vollkommen und vollständig seid und es euch an nichts mangelt. Wenn aber jemand unter euch Weisheit mangelt, so erbitte er sie von Gott, der allen gerne gibt, ohne Vorwurf, so wird sie ihm gegeben werden.“
Hier sehen wir also den Hintergrund von Anfechtung und Entmutigung. Das Versprechen ist, dass ihr alle in solche Situationen kommen werdet. Ihr müsst nicht auf Gott sauer sein, dass er euch dorthin lässt. Das Ziel, das Gott zulässt, ist positiv, damit die geistlichen Früchte, die wir in der Bibel finden, auch bei uns wachsen können.
Die Früchte des Geistes sind Friede, Freude, Geduld und Langmut. Wie wollt ihr diese Früchte wachsen lassen, wenn sie nicht auf die Probe gestellt werden? Seid dankbar für eure Kinder, die euch nerven und bei denen ihr immer wieder Geduld lernen müsst. Das ist die beste Möglichkeit, Geduld und Ausdauer zu üben.
Ich sage das jetzt theoretisch, denn meistens ist es nicht so einfach. Aber wir brauchen diesen Perspektivwechsel: Nicht nur zu sehen, wie mühsam alles ist und am liebsten sofort aufhören sollte. Gott lässt zu, dass andere Menschen an uns arbeiten, ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht. So können wir diese geistlichen Früchte in unserem Leben entwickeln.
Denn zugegeben: Wie willst du Geduld, Langmut und Friedfertigkeit lernen, wenn sie nicht erprobt werden? Das ist ähnlich wie bei unserer Tochter. Heute Morgen habe ich sie gefragt, ob sie für ihren Englisch-Test gut gelernt hat. Sie meinte, sie könne das sowieso schon und brauche nicht zu lernen. Meistens sind die Ergebnisse aber nicht so, wie sie sein sollten. Wenn es keinen Test gäbe, würde sie vielleicht ihr Leben lang mit der Einschränkung leben: „Ich kann das alles.“ Erst durch den Test merkt sie, dass sie es doch nicht kann. Dann folgt oft das Erwachen: „Ich müsste vielleicht noch mehr tun.“
Genauso kann es für uns Christen sein: Unsere Vorstellung von unserem geistlichen Zustand entspricht vielleicht nicht der Realität. Gott fordert uns heraus und stellt uns auf die Probe. Ich habe den Eindruck, dass die Jünger das nicht ganz beachtet haben. Sie befanden sich in einer Situation der Anfechtung und bestanden sie nicht. Sie lösten sich in Angst auf.
Stattdessen befanden sie sich auf einem geistlichen Höhenflug: „Wow, seht mal, was Jesus alles tut, wie viele Menschen er heilt. Das läuft super.“ Solche Phasen erleben wir in unserem geistlichen Leben. Aber seid gewiss, früher oder später folgt auch eine Phase des Tiefflugs.
Dann müssen wir darauf vorbereitet sein, dass es für uns nicht zu hart wird. Wir müssen lernen, mit Situationen umzugehen, die sonst zu Enttäuschung, Entmutigung, Frustration und Glaubenszweifeln führen können, wenn wir nicht vorbereitet sind.
Die erste Sache ist also: Stellt euch darauf ein, dass Anfechtung, Versuchung oder Entmutigung in euer Leben kommen werden. Es gibt Gefahren und Probleme, in die ihr hineingeratet. Es ist gut, darauf vorbereitet zu sein. Es ist eher ein Zeichen von totem Christsein, wenn solche Probleme nicht auftreten. Wenn in eurem Leben immer alles glatt läuft, könnte man fragen, ob da nicht etwas im geistlichen Leben nicht stimmt.
Das heißt nicht, dass ihr euch Probleme machen sollt, das muss nicht sein. Aber wir können davon ausgehen, dass wir dort, wo wir geistlich wachsen sollen – und das haben wir ja auch gestern in der Predigt gehört – beschnitten werden wie Reben. Das tut erst einmal weh, wenn wir abgeschnitten werden. Schwierigkeiten sollen von Gott dazu dienen, dass wir in unserem geistlichen Leben weiterkommen.
Die erste Wahrheit über Anfechtung und Versuchung: Wenn wir sie nicht begreifen, kann es passieren, dass wir in solchen Situationen fallen. Wir bestehen sie nicht, sondern sie treiben uns weiter von Gott weg. Wir sind enttäuscht von Gott und fragen: „Warum hast du das zugelassen? Warum hast du nicht eingegriffen?“ Dann wird es eine Niederlage für uns.
Wenn wir das aber begriffen haben, könnten wir im Extremfall, wie Jakobus sagt, die Situation als Möglichkeit sehen, es zu bestehen: „Okay, Jesus, ich werde das mit dir durchstehen.“ Das ist natürlich ein Bild, das wir vor Augen haben, an das wir lange arbeiten müssen, bis wir dorthin kommen. Aber das wäre die richtige Auffassung von Anfechtung und Versuchung.
Das Zweite, was ich hier ansprechen möchte, ist die Person Jesu. Ich habe den Eindruck, dass die Jünger nicht ganz begriffen haben, wer Jesus wirklich ist. Intellektuell schon, aber nicht in ihrem Leben – und da gibt es einen Unterschied.
Wenn wir diese Geschichte anschauen, finden wir hier eine dogmatische Aussage versteckt: Jesus ist ganz Mensch und ganz Gott, so wie es die Dogmatik sagt. Ihr kennt das ja: Jesus ist ganz Mensch und ganz Gott. Hier gibt es einige Hinweise darauf, dass er ganz Mensch ist, zum Beispiel seine Müdigkeit. Er schläft scheinbar und bekommt nicht mehr mit, wie die Wellen rollen und die Jünger Angst bekommen. Er schläft dort.
Er ist auch müde, das könnten wir sagen. Von Gott lesen wir in der Bibel, dass er nicht schläft und schlummert. Denken wir zum Beispiel an Elija, wo die Baalspriester herumtanzen und Elija ihnen süffisant darauf aufmerksam macht, sie müssten kräftiger rufen, weil ihre Götter schlafen. Dort finden wir unseren Gott, der nicht schläft. Jesus ist doch Gott – warum schläft er dann?
Hier merken wir: Er ist ganz Mensch. Auf der anderen Seite zeigt sich seine Göttlichkeit, wenn am Ende die Menschen verwundert fragen: Wie kann das sein? Dem gehorcht der Wind, dem gehorcht das Wetter, den Wellen – das kann doch kein Mensch. Ihr könnt das ja mal ausprobieren: Falls heute Nachmittag ein Unwetter losbricht, stellt euch draußen vor den Ententeich, da ist auch ein bisschen Wasser. Dann versucht mal zu befehlen: „Wind, hör auf!“ oder „Wind, steh still!“ Vielleicht klappt es nicht, aber ich glaube, bei den meisten Menschen, die das probiert haben, klappt das nicht.
Daran merken wir den Unterschied: Wir sind nicht Gott, wir sind Menschen. Wir sind Kinder Gottes und haben den Reichtum, den Gott uns schenkt. Wenn es wirklich eine Notlage wäre, glaube ich, könnten wir beten, und der Wind würde still sein. Aber nicht einfach so aus dem Ärmel geschüttelt, weil wir es mal für uns beweisen wollen. Wir sind nicht Gott, wir sind von Gott abhängig. Er greift ein, wenn wir ihn darum bitten.
Hier aber ist Gott selbst, der aus eigener Autorität den Mächten der Natur befehlen kann. Eigentlich hätten die Jünger das wissen müssen. Denn vorher haben sie erlebt, wie Jesus Wunder tut, die kein anderer Mensch tun kann. Da hätten sie doch sehen müssen, dass Jesus Gott ist.
Manchmal ist es in unserem Leben ja auch so: Wenn ihr zurückschaut auf eure eigene Erfahrung als Christ, habt ihr vielleicht ganz tolle Sachen mit Jesus erlebt. Da habt ihr vielleicht im Moment gedacht: Das kann nur Gott sein, der da eingegriffen hat. Irgendetwas, worum ihr gebeten habt, eine Fügung eures Lebens, bei der ihr gemerkt habt, dass ihr lange darauf hingeplant habt, es aber nicht klappt. Und dann führt Gott es genau zu dem, was ihr eigentlich gebraucht habt. Ihr merkt, Gott steht dahinter, er stellt die Weichen des Lebens und bereitet uns vor für Situationen, in denen wir sonst vielleicht versagt hätten.
Aber dann vergessen wir das schnell wieder. So haben es auch die Jünger hier getan. Sie haben sich in dem Moment nicht daran erinnert. Hätten sie sich real daran erinnert, dass Jesus Gott ist, hätten sie keine Angst haben müssen. Sie hätten sagen können: „Oh, das ist ja wie im Vergnügungspark. Es geht auf und ab, das Wasser spritzt, aber das macht uns nichts.“ Denn könnt ihr euch vorstellen, dass Gott einfach im See untergeht? Zufällig? Ach, Jesus hat das nicht mehr eingeplant? Jetzt ist die Sünde vorbei, die Sündenvergebung vorbei? Tod am Kreuz gibt es nicht mehr? Pech gehabt, es war ein Sturm, alle sind untergegangen?
Das wäre gar nicht möglich gewesen, weil Gott seinen Plan hat. Genauso hat Gott auch einen Plan für dein Leben. Du wirst nicht vorher sterben, bevor Gott es nicht zulässt und will. Ebenso wird in deinem Leben nichts passieren, was Gott nicht zulässt.
Das sehen wir auch bei Jesu Aussagen über die Haare, die von unserem Haupt fallen. Er sagt – und das steht ja da – entweder glaubt man es oder nicht: Es wird kein Haar von deinem Haupt fallen, ohne dass Gott es weiß. Er sagt auch: „Schaut die Lilien auf dem Feld an, sie sehen nicht, sie ernten nicht, und doch versorgt euer himmlischer Vater sie.“ Das ist der Hintergrund.
So hätten die Jünger es vor Augen haben sollen: Hier ist Gott bei uns, also kann uns eigentlich nichts passieren. Die Wellen sind beängstigend, und wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen. Aber sie können uns letztlich nichts anhaben, weil Gott bei uns ist – Jesus, der dort liegt.
Tatsächlich bin ich überzeugt, dass nichts Schlimmes hätte passieren können. Das Problem der Jünger war, dass sie zu sehr auf die irdischen Probleme schauten. Sie ließen sich von ihnen so sehr gefangen nehmen, dass sie gar nicht mehr an die Gottheit Jesu dachten und nicht mehr an das, was sie mit Jesus erlebt hatten.
Ich glaube, das kann uns auch helfen: Wir sollten nicht so stark auf die Probleme unseres Alltags schauen, in denen wir stecken. Diese Probleme sind ja real. Ich meine nicht, dass wir eine Art Selbstsuggestion betreiben müssen, wie sie in manchen Psychotherapien vorkommt. Zum Beispiel: Du denkst, du bist hässlich, stellst dich vor den Spiegel, hörst eine Kassette mit Meditationsmusik, die immer sagt: „Du bist schön, du bist schön.“ Irgendwann schaust du dich an, siehst noch genauso aus, und sagst: „Ich bin schön.“ Da hat sich real nichts verändert, das hilft nicht wirklich.
Bei Jesus ist das ganz anders. Die realen Probleme sind da – ich meine jetzt nicht nur die Schönheit, sondern auch andere Dinge. Aber der Blickwinkel ist ein anderer: Ob ich zuerst auf die Probleme schaue, die da sind und die sich nicht von selbst lösen, oder ob ich zuerst darauf schaue, dass Jesus bei mir ist, der Große, dem nichts entgleiten kann. Selbst wenn ich an einer Sache sterbe, ist Jesus noch bei mir.
Für mich war das so, als ich vor einigen Jahren mit Krebs im Krankenhaus war. Ich hatte unter anderem in der Bibel gelesen, gebetet und all das, was dazugehört, sehr klar. Ich hatte wirklich Angst vor dem, was passieren würde: Operation, Schmerzen, Übelkeit durch Chemotherapie und all das. Das war nicht angenehm. Aber ein Vers aus der Bibel wurde mir in dieser Zeit ganz wichtig. Wir hatten ihn vor kurzem hier gelesen: „Deine Gnade ist mir wichtiger als Leben.“ Wenn ihr euch erinnert, hatten wir den vielleicht beim Einführungsabend gelesen.
Dieser Vers ist seitdem fest in meinem Kopf, weil ich ihn plötzlich ganz anders verstanden habe. Nicht nur einfach so gelesen, sondern wirklich begriffen. Ich dachte: Wenn ich jetzt sterbe – ich war damals noch nicht ganz dreißig Jahre alt –, dann ist das, was hier viel wichtiger ist, ob ich noch ein paar Jahre auf der Erde lebe oder nicht. Das ist nicht das Entscheidende. Viel entscheidender ist, dass ich die Gnade Gottes erfahren habe und in Ewigkeit bei Gott sein werde.
Das hat mir wirklich sehr geholfen. Denn die Angst vor dem Tod und die Lebenslänge begleiten uns, egal wie alt wir sind. Ich habe mit Leuten gesprochen, auch mit 70 Jahren, die denken noch nicht ans Sterben. Wenn ich dann sage: „Du wirst sterben“, ist das für sie oft genauso schwer.
Ich glaube nicht, dass die Lebenslänge entscheidend ist, sondern diese Perspektive: „Deine Gnade ist mir wichtiger als Leben.“ Das ist eine sehr wichtige Sache. Wenn wir das lernen können, werden uns manche äußeren Dinge nicht mehr so stark treffen.
Natürlich ist es immer noch hart, wenn wir Schmerzen haben und merken, dass das Ende naht. Aber der Perspektivwechsel ist ein anderer: Ich lasse mich nicht fixieren, nicht hypnotisieren von diesem Problem, sondern richte meinen Blick auf Jesus und seine Macht.
Ein anderes Beispiel, das mir dazu einfällt, sind die Jünger auf dem Tabor, als sie mit Jesus auf dem Berg der Verklärung sind. Da finde ich einen schönen Satz: Nachdem sie niedergekniet waren, schauten sie auf und sahen niemanden außer Jesus allein. Das finde ich eine tolle Sache.
Auch das kann uns helfen: Nicht so stark auf die Probleme zu schauen, die es gegeben hat oder hätte geben können, sondern den Blick auf Jesus und seine Möglichkeiten zu richten. Dann relativieren sich viele Dinge unseres Alltagslebens.
Ich weiß nicht, ob ihr das auch kennt: Wenn wir auf die Schwierigkeiten und Probleme schauen, die real da sind, können sie so groß werden, dass sie einen solchen Raum einnehmen, dass wir gar nicht mehr an Jesus denken können. Plötzlich verschwinden die Gedanken an ihn, wir sind so fixiert, drehen uns immer nur um die Sache. Das kann auch in geistliche Depressionen führen. Man dreht sich immer wieder um dieselbe Frage und kommt nicht heraus.
Dann hilft es manchmal nur, das zu durchbrechen und Jesus und seine Möglichkeiten vor Augen zu haben. Die anderen Dinge werden auf ihr richtiges Maß reduziert. Dieses richtige Maß heißt ja: Wir glauben daran, dass Gott der Herr der Welt ist, allmächtig, dass Jesus Gott ist, dass wir Kinder Gottes sind und dass Jesus uns liebt.
Das sind alles Dinge, die wir glauben. Und das müsste auch praktische Auswirkungen haben. Das ist, glaube ich, die zweite Sache, die die Jünger hier falsch machen: Sie haben ein falsches Bild von Jesus. Sie sehen ihn als Wunderheiler an, aber in dem Moment, wo sie selbst in Gefahr sind, fällt ihr ganzes dogmatisches Wissen und ihr Erlebnis plötzlich von ihnen ab.
Wir merken: Das Vertrauen darauf, dass er Gott ist, dass er ihnen beisteht, dass er da ist und sie liebt, ist nicht da. Sonst wären sie mit dieser Situation anders umgegangen. Sie wären nicht in Panik geraten, nicht so vollkommen außer Rand und Band in dieser Todesangst, in der sie denken: Jetzt können wir nichts mehr tun.
Dann kommen wir zum dritten Punkt, und das ist auch das, was Jesus hier sagt. Da fragt er: „Warum seid ihr so furchtsam?“
Sie hätten doch antworten können: „Jesus, du weißt doch, was hier los ist, das Boot geht gleich unter.“ Aber Jesus will gerade darauf hinweisen und sagen: „Ihr kennt mich doch, ihr wisst doch, dass nichts passieren kann, was ich nicht zulasse.“
Gerade vorher haben sie erfahren, wie Jesus Todkranke geheilt hat. Also warum seid ihr so furchtsam? Das ist eine Frage, die wir uns natürlich genauso stellen können und die ich mir auch immer wieder stelle.
Ich glaube, wir kommen im Leben nie ganz heraus aus solchen Situationen. Es gibt manche Momente, in denen ich merke, dass ich das Eingreifen Gottes erlebt habe. Dann komme ich in eine ähnliche Situation und werde wieder herausgefordert: Setze ich mein Vertrauen auf Gott?
Das kann sich auf finanzielle Dinge beziehen. Ich erinnere mich an Situationen, in denen ich gemerkt habe: „Oh, hier ist es finanziell wirklich ganz knapp, schaffen wir es mit dem Geld?“ Und dann habe ich erlebt, dass Gott zum richtigen Zeitpunkt das Geld geschickt hat, das wir brauchten. Das ist natürlich eine Befreiung, so ein Erlebnis zu haben.
Aber in der nächsten Situation, wenn es wieder knapp wird, kommt innerlich der Zweifel auf. Ich frage mich: „Darf das diesmal auch klappen?“ Oder wenn wir an der Bibelschule eine Zeit haben, irgendwann im Jahr, in der plötzlich wenig Geld da ist, dann hören wir das beim Mitarbeitergebet und beten darum. Manchmal denke ich mir: „Na ja, klar, Gott kann schon helfen, aber die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist schwierig, und wer weiß das schon?“ Es gibt ja viele Gründe, warum es aus menschlicher Sicht keine Sicherheit gibt.
Dann muss ich mich immer wieder selbst zur Ordnung rufen und mir sagen: „Gott hat dafür gesorgt, er hat es doch versprochen. Es kann nichts passieren, was nicht von ihm gewollt ist.“ Und dann versuche ich, dieses Vertrauen zu haben: „Ja, Gott wird auch hier sorgen.“
Das gibt es bei manchen anderen Dingen auch. Ich weiß nicht, ob ihr so etwas auch schon erfahren habt.
Und jetzt zur dritten Sache: Erstens, seid nicht furchtsam. Dann sagt Jesus: „Ihr Kleingläubigen.“
Aha! Ein Problem bei den Jüngern war nicht nur, dass sie Jesus nicht richtig eingeordnet haben. Sie haben auch nicht damit gerechnet, dass es Anfechtungen und Probleme im Glaubensleben geben kann. Außerdem haben sie den Glauben nicht richtig begriffen.
Es gibt auch manche Menschen, selbst Christen, die den Glauben nicht ganz verstanden haben. Sie gehen davon aus, Glaube sei eine Art Einbildung. Wenn ich mir etwas nur stark genug einbilde, dann sei mein Glaube groß. Das ist eine Art Selbstsuggestion.
Zum Beispiel: Ich lese in der Bibel etwas, habe Zweifel daran, weiß nicht, ob das wirklich so ist, und versuche dann, jeden Zweifel zu unterdrücken. Das sei Glaube.
Das ist aber kein echter Glaube, denn dabei bleiben wir auf einer intellektuellen Ebene. Das heißt, ich bin mir nicht ganz sicher. Zweifel sind intellektuell.
Das Intellektuelle ist in der Bibel etwas Untergeordnetes. Das Wort Glaube, „pistis“, lässt sich mit Vertrauen übersetzen. Es kommt also darauf an, wie ich handle, nicht darauf, ob ich innerlich intellektuell ganz sicher bin.
Das ist auch ein Problem bei manchen Menschen, die nicht zum Glauben kommen wollen oder können. Sie sagen: „Ich habe noch Zweifel, bin mir nicht ganz sicher, deshalb kann ich nicht Christ werden.“ Das ist ein Irrtum. Darum geht es nicht.
Wenn ihr zum Beispiel verliebt wart in eure Frau oder euren Mann, hättet ihr zweifeln können bis zu eurem Rentenalter, ob sie oder er euch wirklich liebt. Wenn ihr nur genau darauf achtet, findet ihr immer Punkte, die dagegen sprechen könnten.
Dann sagt ihr: „Das letzte Mal, als mein Mann morgens aufgestanden ist, hat er nicht den Tisch abgeräumt, deshalb kann er mich nicht lieben.“ Oder: „Er hat nicht seine Socken in den Wäschekorb getan.“
Oder der Mann sagt: „Das letzte Mal, als ich von der Arbeit nach Hause kam, hat meine Frau mir keinen Kuss gegeben, also liebt sie mich nicht.“
Wenn ihr wollt, kann ich euch genügend Zweifel geben, sodass ihr am Ende denkt, euer Ehepartner liebt euch nicht. Intellektuell können wir das immer in Frage stellen, und es gibt wirklich Gründe, die das unterstützen.
Aber das ist nicht das Entscheidende. Nicht das Intellektuelle ist entscheidend für Wahrheiten.
Wir stehen Gott gegenüber mit einer Haltung des Vertrauens. Wir können immer irgendwelche Zweifel haben, aber das ist nicht das Entscheidende. Der Lebensvollzug ist entscheidend.
Das lesen wir auch bei Jakobus. Wenn wir gerade noch mal hineingehen – ich glaube, es ist Jakobus 2,19:
„Du glaubst, dass es nur einen Gott gibt? Du tust wohl daran; auch die Dämonen glauben das und zittern. Willst du aber erkennen, du nichtiger Mensch, dass der Glaube ohne Werke tot ist?“
Hier ist von Werken die Rede. Es wird gesagt, dass es nicht reicht, nur intellektuell für wahrzuhalten, dass es einen Gott gibt. Das wird dich nicht vor der Hölle bewahren.
Das wird sehr deutlich gesagt: Der Teufel muss nicht einmal glauben, dass es einen Gott gibt. Er weiß, dass es einen Gott gibt. Der Teufel weiß, dass Jesus für unsere Sünden gestorben ist, weil er in der jenseitigen Welt mit Gott konfrontiert wird. Also sieht er das alles.
Ist er deshalb gerettet? Nein.
Wenn du auf der Erde fest überzeugt bist, dass es einen Gott gibt – so wie nach einer Umfrage 60 Prozent der Deutschen fest glauben, dass es einen Gott gibt – rettet das dich nicht für alle Ewigkeit.
Ein intellektuelles Festhalten rettet nicht. Entscheidend ist das Anwenden dessen, dessen man sich gewiss ist.
Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, die in Geschichten erzählt werden. Zum Beispiel: Jemand bietet dir viel Geld an. Ein reicher amerikanischer Onkel, von dem du nichts weißt, schickt dir plötzlich einen Brief vom Rechtsanwalt und sagt: „Du bist Urgroßenkel, und ich vermache dir eine Million.“
Jetzt kannst du das intellektuell für wahr halten. Das wird dein Leben aber nicht verändern, wenn du dich nicht darauf verlässt und nicht sagst: „Okay, ich fliege jetzt nach Amerika, ich nehme das Geld an.“ Sonst hilft dir das alles nichts.
Genauso ist es bei Gott: Zu wissen, dass Gott real ist, hilft uns erst einmal gar nichts. Das ist nur eine Voraussetzung. Es ist gut, wenn man das glaubt.
Richtig Christ zu werden hängt auch damit zusammen, dass ich das in Anspruch nehme. Ich gehe wirklich zu Jesus hin und sage: „Du bestimmst mein Leben. Ich will ein neues Leben mit dir anfangen.“
Im Gebet bekenne ich meine Sünden. Im ersten Johannesbrief lesen wir: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“
Aber nur wenn wir das tun, nicht nur wenn wir es wissen.
Wenn ich weiß, Jesus ist für meine Sünden gestorben, und ich stehe dazu, hilft mir das alles nichts, wenn ich nicht hingehe und es auch tue.
Das ist auch das Problem des Kleinglaubens der Jünger hier. Intellektuell waren sie möglicherweise sogar überzeugt: „Ja, wir sind auf der Sache mit Jesus, und das ist alles gut.“ Aber es hatte keine Auswirkungen auf ihr Leben.
Wir merken, dass ein bisschen Glaube ja doch noch da war. Sonst hätten sie Jesus wahrscheinlich gar nicht aufgeweckt. Sonst hätten sie gesagt: „Es hat alles nichts geholfen, wenn der noch mitschläft, hilft das auch nicht.“
Dann hätten sie sich vielleicht Schwimmwesten angelegt oder sind in ein Rettungsboot gestiegen.
Aber so ein bisschen Glauben war noch da. Deshalb sagt Jesus nicht: „Ihr Ungläubigen“, sondern „Ihr Kleingläubigen.“
Ein kleiner Glaube war noch da, und wir können dankbar sein. Manchmal antwortet Gott selbst auf Kleinglauben.
Dann sagt er: „Okay, du hast ja ein bisschen versagt, und eigentlich hättest du schon mehr im Glauben bewegen können. Du hättest mehr auf mich vertrauen können. Aber selbst das ist besser als kein Glaube.“
Lieber Kleinglaube als Keinglaube – und das ist auch für uns wichtig.
Sei nicht frustriert, wenn du merkst, dein Glaube ist so wenig, du hast nicht so großes Vertrauen auf Gott und bist in der Krise. Schaffe dich nicht noch mehr fertig.
Nimm die Jünger zum Vorbild. Sie haben auch Fehler gemacht. Sie haben nicht damit gerechnet, dass es so eine Krise geben könnte. Sie haben die Gottheit Jesu nicht ganz geglaubt, nur intellektuell davon gewusst.
Trotzdem hatten sie zumindest dieses kleine bisschen Glauben, in der Notlage Jesus als letzten Notnagel anzurufen und zu sagen: „Ich weiß wirklich nicht mehr weiter, es gibt nichts mehr, Jesus, du musst eingreifen.“
Das sollte natürlich nicht unser Ziel sein, dabei stehen zu bleiben. Wenn wir das nächste Mal in so einer Situation sind, dann sollten wir gleich von Anfang an mehr Vertrauen auf Jesus haben, damit unser Glaube wächst.
Bis er irgendwann so stark ist, dass Jesus sagt: „Wenn ihr nur so viel Glauben hättet wie ein Senfkorn, könntet ihr Berge versetzen.“
Das ist aber nicht eine Haltung, in der ich den Glauben für meine Zwecke einsetze, sondern eine, in der ich so sehr im Denken Jesu bin, dass das, was ich denke, fühle und bete, dem Denken und Fühlen Jesu entspricht.
Das ist eine Herausforderung, die die Jünger hier zumindest als Vorbilder für uns hatten: den kleinen Glauben.
Wir haben hier drei verschiedene Dinge gelernt, hoffentlich, oder zumindest möchte ich sie euch weitergeben. Woran sollten wir denken, wenn wir in geistliche Krisen kommen? Man kann auch von geistlicher Depression oder äußeren Schwierigkeiten sprechen. Wir haben gesehen, dass diese Schwierigkeiten real sind. Sie sind nicht nur eingebildet oder irgendwelche vorgestellten Gefahren, sondern handfeste Probleme.
Was machen viele falsch? Zum Ersten denken sie nicht daran, dass Anfechtung im geistlichen Leben normal ist. Auch Krisen sind normal. Wenn wir nicht darauf vorbereitet sind, überfallen sie uns. Dann sind wir viel stärker in der Gefahr, sie nicht wieder zu überwinden oder bewältigen zu können. Geistliche Krisen sind nicht nur eine Sache von Schwachgläubigen, sondern gerade diejenigen, die Jesus ganz nachfolgen wollen, müssen damit rechnen, dass sie auch Schwierigkeiten haben. Das ist der erste Fehler: Man ist nicht darauf eingerichtet, dass es Probleme geben kann.
Das Zweite, worauf viele nicht eingerichtet sind, sind dogmatische Dinge. Wir merken, dass auch die Dogmatik, also die Lehre der Bibel, wichtig für unser Glaubensleben ist. Es geht nicht nur um praktische Dinge, sondern auch um Glaubensüberzeugungen. Begreifen wir wirklich, dass Jesus nicht nur Mensch, sondern auch Gott ist? Wenn er bei uns ist, wenn er unser Herr ist, wenn er uns liebt, für uns gestorben ist und jetzt an unserer Seite steht, dann kann uns eigentlich nichts passieren, was uns von der Liebe Gottes trennt oder von der Fürsorge, die Gott uns geben will.
Dann haben wir gesehen, dass das Problem beim Glauben liegt. Der Glaube ist bei vielen nicht richtig ausgebildet. Das Vertrauen zu Gott ist nicht wirklich da. Wenn wir sie intellektuell gefragt hätten, ein paar Minuten später, ob sie an Gott glauben, hätten sie wahrscheinlich ja gesagt. Glauben sie, dass Jesus von Gott geschickt ist? Ja, auch das glauben sie. Aber in der Praxis ist das nicht vorhanden. Es gibt manche, die nie richtig zum Glauben gekommen sind, weil sie nur intellektuell an Wahrheiten festgehalten haben. Vielleicht sind sie nie wirklich Christen geworden, weil sie nie diesen Schritt gemacht haben, Jesus ihre Sünden bekannt zu haben und ein neues Leben mit ihm zu beginnen.
Andere meinen, dass der Glaube, den sie bei der Bekehrung hatten, schon ausreichend sei. Sie sind bei diesem Babyglauben stehen geblieben, ohne dass der Glaube gewachsen ist. Sie vertrauen Jesus nicht immer mehr ihr Leben an und rechnen nicht mit seinem Eingreifen im Alltag. Das hat ganz praktische Auswirkungen.
Ein paar Beispiele, die mir immer wieder vor Augen kommen, sind besonders spektakulär. Wahrscheinlich war es vor ein paar Jahren. Es ist für mich wie eine Lektion, die ich nicht vergesse. Wir waren im Urlaub in Frankreich mit unserem Auto unterwegs. Meine Autos sind immer alt, und auch dieses war alt. Wir hatten einen Wohnwagen dabei. Wir fuhren durch eine enge Gasse, es war Rats- und Volksfest in einer Stadt, und wir wollten zu meinen Schwiegereltern. Plötzlich blieb das Auto stehen. Ich versuchte es zu starten, aber es tat sich gar nichts.
Ich wurde nervös, die Kinder merkten das auch. Ich begann zu schimpfen: „Wie kommt das jetzt? Mist! Was ist da los?“ Ich wollte aussteigen, aber hinter mir hupten die Autos, weil sie nicht weiterkamen. Die Leute waren rechts und links von uns, und das alles in Frankreich, wo ich die Leute nicht mehr ansprechen oder erklären konnte. Ich war wirklich nervös.
Da sagte unsere Tochter Eva, die damals noch jünger war: „Papa, wir können nur beten.“ Da dachte ich: „Also, Bibelschullehrer und Christ, und ich habe nicht ans Beten gedacht in dieser Situation?“ Eigentlich hatte sie recht. Ich sagte: „Okay, machen wir.“ Ich hatte nicht wirklich daran geglaubt, nur kleingläubig. Also beteten wir im Auto, während die Leute rechts und links schon nicht mehr weiterkamen.
Dann startete das Auto, und es fuhr. Das war für mich wirklich überraschend und beschämend. Es fuhr genau bis zum Haus meiner Schwiegereltern. Dort sprang es nicht mehr an. Wir schoben es zu einer Werkstatt in der Nähe. Die untersuchten das Auto und sagten, dass ein Problem mit der Kupplung vorlag. Der Kupplungszylinder und andere Teile waren kaputt. Sie sagten, ich könne das nicht reparieren lassen, sondern es gäbe eine Spezialwerkstatt in Rennes, 200 Kilometer entfernt. Dorthin konnte ich nicht fahren, weil das Auto nicht fuhr.
Ich rief dort an, aber sie hatten frühestens in 14 Tagen einen Termin. Mein Urlaub endete jedoch in einer Woche. Das war schwierig. Wir beteten wieder und hatten den Eindruck, dass wir zurückfahren sollten, obwohl wir nicht wussten, wie das mit dem Auto funktionieren würde. Nach einer Woche packten wir alles ins Auto, beteten erneut, starteten das Auto und fuhren 1200 Kilometer zurück.
Jedes Mal, wenn ich schalten oder anhalten musste, betete ich neu. Wenn das Auto mit dem Gang lief, war alles in Ordnung. Aber beim Bremsen oder Anhalten an Ampeln war ich innerlich panisch. Trotzdem kamen wir heil zu Hause an. Die Fahrt dauerte etwa eineinhalb Tage, und ich war ziemlich müde. Am nächsten Morgen brachte ich das Auto in eine Werkstatt in Paderborn. Die sagten hinterher, sie wüssten nicht, wie ich mit dem Auto so weit gefahren sei. Eigentlich sei das gar nicht möglich gewesen. Sie bauten etwas aus und bauten neue Teile ein.
Für mich war das eine Lektion, die ich nicht mehr vergesse. Ich merke, dass Gott auch bei solchen Dingen eingreifen kann, obwohl ich menschlich denke: „Wenn am Auto etwas kaputt ist, muss es repariert werden.“ Aber Gott kann. In den Jahren habe ich viele solche Situationen erlebt, wo mein Glaube gewachsen ist. Doch immer, wenn ich neu in einer Situation bin, spüre ich wieder diesen Kleinglauben, diesen Unglauben. Dann erinnere ich mich daran, dass Gott Großes getan hat.
Zu Hause habe ich einige Dinge stehen, die für mich Denkmäler großer Taten Gottes sind. Nein, ich will sie nicht mehr hergeben, weil sie so von Gott geschützt sind. Momentan habe ich ein anderes Auto, das schon 15,5 Jahre alt ist, aber es fährt noch gut und nähert sich gerade der 300.000-Kilometer-Marke.
Ich habe sogar solche Denkmäler zu Hause. Wenn ihr zu mir kommt, könnte ich sie euch zeigen. Manche Gegenstände sind für andere vielleicht bedeutungslos. Zum Beispiel habe ich eine Flasche meiner letzten Chemotherapie bei mir im Schlafzimmer stehen. Die Krankenschwester schaute seltsam, als ich sie bat, die Flasche mitnehmen zu dürfen. Sie erinnert mich daran, dass Gott mir in dieser Phase der Krebserkrankung beigestanden hat. Das ist für mich ein Beispiel, um zu danken.
Manchmal helfen solche plastischen Dinge, um Kleinglauben zu überwinden. Vergesst nicht, wo Gott euch geholfen hat. Macht euch solche Denkmäler. Das brauchten sie schon im Alten Testament. Als Josua durch den Jordan zog, bauten sie als Erstes eine große Steinsäule. Sie sollte daran erinnern, dass sie mit Gott gesiegt hatten.
Solche Denkmäler gab es immer wieder im Alten und Neuen Testament. Sie können uns helfen, plastisch daran erinnert zu werden, dass Gott Gott ist, dass er eingegriffen hat und auch dieses Problem lösen kann.
Also diese drei Dinge: Erstens die Realität der Anfechtung und der Fragestellung. Zweitens die Gottheit Jesu – sehen wir wirklich, wer Jesus ist? Nicht nur intellektuell, sondern auch praktisch. Drittens: Haben wir den richtigen Glauben? Glauben ist nicht nur intellektuelles Festhalten an Wahrheiten oder nur die Vergebung der Sünde am Anfang des Glaubenslebens. Glaube ist ein realer Vollzug.
Glaube heißt hier ganz einfach, nicht mit eigener Kraft etwas verändern zu wollen, sondern zu sagen: „Jesus, ich kann nicht mehr. Jesus, ich weiß nicht mehr weiter. Jesus, ich kann nichts mehr lösen. Mach du das.“ Das ist eigentlich Glauben. Nicht stark zu sein und sich etwas einzubilden, sondern das ist wirklich Glauben.
Das ist es, was die Leute zu Jesus bringt. Jemand kommt zu Jesus und sagt: „Jesus, ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben!“ Jesus hätte allen Grund gehabt, zu sagen: „Lauf weg, überlege dir erst, ob du glaubst oder nicht.“ Aber er tut nichts, sondern selbst dieses Eingeständnis, dass ich nicht mal mehr den Glauben aufbringen kann, aber irgendwie doch zu dir komme, „hilf mir!“, das genügt.
Jesus sagt, das ist Glaube, auch wenn er nicht sehr vorbildlich ist – aber immerhin ist es Glaube.
Nun, damit möchte ich euch heute Morgen entlassen und gern noch mit euch beten.
Herr Jesus, vielen Dank für die Ereignisse, von denen wir lesen, die du damals mit den Jüngern erlebt hast. Vielen Dank, dass die Jünger auch in ihrem Versagen unser Vorbild und unsere Herausforderung sind.
Ich möchte dich bitten, dass wir alle – mich eingeschlossen – daraus lernen. Dass wir erkennen, dass Anfechtung und Schwierigkeiten in unserem Leben als Christen kein Katastrophenfall sind, keine Ausnahme und kein Zeichen dafür, dass wir mangelhafte Gläubige sind. Vielmehr lässt du uns das auf der Erde erfahren, um uns in unserer Beziehung zu dir voranzubringen.
Ich möchte dich auch bitten, dass du uns immer wieder vor Augen führst, wer du eigentlich bist, und dass wir dich in deiner Allmacht und Gottheit nicht aus dem Sinn verlieren.
Lehre uns, was Glaube wirklich bedeutet: dieses absolute, vorbehaltlose Vertrauen auf dich und deine Macht. Lass uns das gerade in den Schwierigkeiten erfahren, in denen einige von uns jetzt stecken oder in denen, die noch auf uns warten.
Amen.
Nun entlasse ich euch in den Morgen. Ihr wisst ja, heute steht ein großes Sportprogramm an. Falls ihr Volleyball spielt, seid ihr gleich eingebunden. Oder wenn ihr bei den Jungschalern zuschauen wollt, wie sie da im Schlamm oben auf der Wiese spielen, dann habt ihr auch etwas zu tun. Als Mütter müsst ihr hinterher wahrscheinlich die T-Shirts einsammeln und waschen.
Falls jemand Fragen hat, bleibe ich natürlich noch ein bisschen hier. Dann können wir auch noch weiter über den Bibeltext sprechen. Ansonsten bis zum Mittagessen.