Lieber Bräutigam, vor der hier anwesenden Festgemeinde, vor euren Verwandten und Freunden und vor Gott persönlich frage ich dich nun: Hast du dich entschieden, deiner Braut die Treue zu halten und ihr immer zur Seite zu stehen? In guten ebenso wie in bösen Tagen, in Armut und in Reichtum, in Gesundheit und in Krankheit – und das bis der Tod euch voneinander trennt?
Ich frage nun auch dich, liebe Braut, vor deinem Schöpfer und Erlöser, vor der Gemeinde Gottes: Bist du bereit, deinen Mann, den Gott dir heute als Ehemann anvertraut, von ganzem Herzen zu lieben und ihm treu an seiner Seite zu stehen, bis der Tod euch scheidet?
Da sagt doch niemand Nein, oder? Und doch werden 149 Ehen im Jahr geschieden. Das ist zumindest die Zahl von 2019. Übrigens ist die Zahl in Deutschland erstmals seit 2012 wieder steigend.
Da stellt man sich die Frage: Warum scheitern die Ehen? Das kann natürlich ganz viele Gründe haben. Aber was ist denn mit dem Versprechen? Wissen wir heute noch, was es wirklich bedeutet, zu lieben – in guten ebenso wie in schlechten Zeiten?
Genau da sind wir beim heutigen Thema: Liebe fürs Leben. Ich begrüße euch ganz herzlich zum letzten Abend in unserer Hoheliedsserie. Schön, dass ihr wieder dabei seid.
Wir sind heute tatsächlich im Kapitel 8 angekommen, im letzten Kapitel. Dieses Kapitel hat es noch einmal so richtig in sich, weil es um die Besiegelung der Liebe geht. Ein wunderschöner Abschluss des Buchs Hohelied.
Ich bete dafür, dass ihr auch wirklich wieder einen sehr ermutigenden Abend zu zweit habt.
Wir möchten uns in diesem Vortrag fünf Aspekte einer Liebe anschauen, die ein Leben lang hält. Was macht diese Liebe aus?
Das erste Merkmal lautet: Die Liebe ist selbstbeherrscht.
In Kapitel 8, Vers 1 heißt es: „Und wärst du doch ein Bruder, der die Brust meiner Mutter gesogen, fände ich dich dann draußen, könnte ich dich küssen, dann dürfte man mich dennoch nicht verachten.“ Sulamit wünscht sich, ihren Geliebten zu küssen. Mit dem Wunsch nach einem Kuss beginnt das gesamte Hohelied, und auch am Ende steht wieder der Wunsch nach einem Kuss.
In der damaligen Gesellschaft war es nicht sittlich, dass sich Liebespaare öffentlich küssten. Geschwister hingegen küsste man zur Begrüßung oder Verabschiedung. Deshalb sagt Sulamit, es wäre schön, wenn er ihr Bruder wäre, dann könnte sie ihn öffentlich küssen. Das ist ihr Wunsch. Sie sehnt sich danach, ihn zu küssen.
Doch ihre Sehnsüchte gehen noch weiter. In den Versen 2 und 3 heißt es: „Ich würde dich führen, dich hineinbringen ins Haus meiner Mutter, die mich unterrichtete. Ich würde dir vom Würzwein zu trinken geben, vom Most meiner Granatäpfel. Seine linke läge unter meinem Kopf und seine rechte umfasste mich.“ Sie möchte ihren Geliebten am liebsten sofort zu sich nach Hause nehmen und ihn mit ihrer Liebe berauschen. Sie stellt sich vor, wie die beiden nebeneinander liegen, Zärtlichkeiten austauschen und wie er sie in seinen Armen hält.
Dann heißt es in Vers 4: „Plötzlich, ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, was wollt ihr wecken, was aufstören die Liebe, bevor es ihr selber gefällt?“ Mitten in ihren Tagträumen kommt Sulamit hier plötzlich wieder zur Vernunft. Auch wenn die Töchter Jerusalems angesprochen werden, ist dies letztlich eine Ermahnung, die sie sich selbst ausspricht. Sie weiß, dass es nicht im Sinne der Liebe ist, sich einfach gehen zu lassen und den Leidenschaften und Sehnsüchten nachzugeben. Liebe kann sich selbst beherrschen.
Liebe wartet auf den richtigen Zeitpunkt. Vermutlich sind die beiden hier noch nicht verheiratet. Das Buch Hohelied hat eine zyklische Struktur. Man spult immer wieder zurück, auch auf die Zeit vor der Hochzeit, und betrachtet die Liebesbeziehung aus verschiedenen Perspektiven. Hier findet das Ganze wahrscheinlich in einer Zeit statt, in der die beiden noch nicht verheiratet sind. Sulamit hat Sehnsüchte und möchte Zärtlichkeiten mit ihm austauschen. Doch mitten in diesen Sehnsüchten erinnert sie sich daran, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist.
Daraus ergibt sich das erste Merkmal einer Liebe, die wirklich ein Leben lang halten soll: Diese Liebe ist selbstbeherrscht. Sie zügelt ihre inneren Wünsche, Sehnsüchte und Emotionen.
Häufig wird uns in den Medien ein Bild von der Liebe vermittelt, das besagt, sie könne nicht anders. „Es kommt über mich, und ich muss so handeln.“ Das ist jedoch eine Lüge. Das Hohelied lehrt uns: Liebe kann warten, Liebe kann sich zurückstellen, Liebe ist selbstbeherrscht.
Genau dort, wo Menschen nicht selbstbeherrscht sind und es nicht gelernt haben, ihre Gefühle, Sehnsüchte und Wünsche zurückzustellen, scheitern Liebesbeziehungen.
Ich fand es sehr interessant, von einer amerikanischen Studie aus dem Jahr 2012 zu lesen. Sie analysierte den Zusammenhang von vorehelichem Geschlechtsverkehr und gescheiterten Ehen. Die Studie ist zwar nicht mehr ganz aktuell, aber auch nicht veraltet. Das Ergebnis lautet: 95 Prozent derjenigen, die als Jungfrauen in die Ehe gingen, blieben verheiratet.
Warum? Weil sie gelernt haben, selbstbeherrscht zu lieben.
Im Gegensatz dazu hatten 95,5 Prozent derjenigen, die sich scheiden ließen, vorehelichen Sex. Die Studie sagt nicht, dass jeder, der vorehelichen Sex hat, scheitert. Aber von denjenigen, die sich scheiden ließen, hatten 95,5 Prozent vorehelichen Sex.
Das lässt sich wohl so erklären: Sie haben vorher nicht gelernt, Wünsche und Sehnsüchte zu kontrollieren. Sie folgten immer ihren Sehnsüchten, Wünschen und vielleicht auch ihrem sexuellen Verlangen. Das rächt sich später in der Ehe, weil auch dort Wünsche entstehen können. Wenn man es nicht gelernt hat, sich selbst zu disziplinieren, kann das einer Ehe enorm schaden.
Ähnlich schreibt Walter Trobisch: Wenn er als Pastor zu einer Eheberatung in einer Krise hinzugezogen wird, findet er fast immer den Ursprung der Probleme in der Lebensweise, die Ehemann und Ehefrau vor ihrer Verheiratung führten. Ein junger Mann, der vor der Ehe keine Selbstkontrolle gelernt hat, wird sie auch in der Ehe nicht haben.
Die Liebe fürs Leben ist eine Liebe, die sich selbst beherrscht. Sie hat gelernt, schon in der Liebesbeziehung, auch vor der Hochzeit, sich selbst zu kontrollieren.
Nicht nur vor der Ehe – das wissen auch Verheiratete – können Sehnsüchte und Emotionen aufkommen, die nicht angebracht sind oder uns zur Sünde verführen wollen. Das Neue Testament nennt solche Begierden „Begierden, die in uns sind und uns zur Sünde verleiten wollen.“
Das Evangelium befreit uns davon. Das ist die gute Nachricht: Es befreit uns davon, Sklaven unserer Begierden zu sein. Als Christen haben wir den Heiligen Geist in uns, und mit Gottes Hilfe können wir unsere Begierden kreuzigen.
Eine Frucht des Geistes ist eben auch die Selbstbeherrschung. Das ist ein Merkmal einer Liebe, die ein Leben lang hält. Diese Liebe hat gelernt, sich selbst zu beherrschen, verschiedene Wünsche, Emotionen und Sehnsüchte zurückzustellen beziehungsweise zu kreuzigen.
Das war das erste Merkmal: Die Liebe ist selbstbeherrscht.
Was macht eine Liebe aus, die ein Leben lang hält? Zweitens: Die Liebe ist verbindlich.
Ich lese Vers fünf: „Wer ist sie, die da hervorkommt aus der Wüste, an ihren Geliebten gelehnt? Unter dem Apfelbaum habe ich dich geweckt, dort empfing dich deine Mutter, dort empfing sie dich, die dich gebar.“
Das bedeutet, die beiden sind hier Arm in Arm unterwegs. Sulamit schaut zurück auf das Leben ihres Geliebten, aber wahrscheinlich auch auf ihren gemeinsamen Anfang. Denn der Apfelbaum wird schon in Kapitel zwei erwähnt, dort, wo sie die ersten Gespräche miteinander hatten und die ersten Komplimente austauschten.
Dann äußert sie einen Wunsch, der ganz zentral für Kapitel acht ist. Dort heißt es in Vers sechs: „Leg mich wie ein Siegel an dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm.“
Wisst ihr, die Siegel hatten damals eine ganz wichtige Funktion im Geschäftsleben. Sie dienten dazu, Briefe und Verträge zu beglaubigen. Wer ein Siegel hatte, besaß auch die Macht. Ein Siegel war so etwas wie der damalige Personalausweis.
Deshalb wurde das Siegel auch geschützt. Man trug es nah am Körper, damit niemand dein Siegel klaut und in deinem Namen irgendwelche Verträge unterschreibt. So ist das zu verstehen.
Sulamit wünscht sich, bei ihm so nah zu sein wie ein Siegel. Indem sie das Siegel erwähnt, wünscht sie sich auch, im öffentlichen Leben unter seinem Namen bekannt zu sein. Das heißt, sie sagt: Jeder soll wissen, dass wir zusammengehören – und zwar auch rechtlich. Denn ein Siegel war immer auch etwas Rechtliches.
Daraus können wir schließen: Die Liebe bindet sich gerne an den anderen. Sie sagt: Ich wünsche mir, dass unsere Liebe wirklich besiegelt ist, wie mit einem Siegel, dass wir rechtlich und verbindlich zusammengehören.
Lieben – das ist ein Merkmal einer Liebe, die ein ganzes Leben lang hält. Diese Liebe will verbindlich sein, sie will rechtlich festgemacht werden. Liebe legt sich fest und will nichts offenlassen.
Heutzutage gibt es in unserer Gesellschaft durchaus das Konzept einer eheähnlichen Beziehung. Man lebt zusammen, als wäre man verheiratet, aber den rechtlichen Schritt hat man nicht vollzogen. Man ist faktisch nicht verheiratet.
Ich vermute, dass man sich dabei irgendwie etwas offenlassen will. Falls es doch nicht klappt, muss man sich nicht scheiden lassen, weil man auf dem Papier nie rechtlich zusammen Mann und Frau war. Vermutlich kann das der Grund sein. Man müsste mit den Personen sprechen, aber eigentlich ist es genau das, was wahre Liebe will: Liebe will sich festlegen – für immer und verbindlich.
Übrigens drückt sich auch Gottes Liebe so aus. Gott legt sich verbindlich fest. Gottes Liebe zeigt sich darin, dass er Bündnisse schließt.
Wenn wir uns das Alte Testament anschauen, sehen wir, dass Gott immer wieder die Beziehung zum Volk Israel oder zu anderen Personen auf eine rechtliche Grundlage gestellt hat. Er hat einen Bund geschlossen. Ein Bund ist nichts anderes als ein Vertrag. Das heißt, Gott hat sich an sein Volk gebunden. Er hat gesagt: Ich lege mich fest, ich verpflichte mich dazu. Meine Liebe zu euch ist wirklich verbindlich.
Und genau hier kommt auch die Ehe ins Spiel. Die Ehe ist ein Bund. Die Ehe ist etwas, womit wir uns rechtlich verbindlich festlegen, ein für alle Mal. Ich will mit dieser Person mein Leben führen, wir sollen eins sein, und unsere Liebe soll versiegelt sein – auch rechtlich auf dem Papier.
Als ich darüber nachgedacht habe, kam mir eine wunderbare Anwendung in den Sinn, weil ich weiß, dass die meisten von euch bereits verheiratet sind. Aber wisst ihr, Gott hat diesen Bund auch immer wieder erneuert mit seinem Volk.
Ja, er hat ihn einmal geschlossen, aber nach einiger Zeit hat er ihn wieder erneuert, um ihn aufzufrischen. Vielleicht sitzt ihr jetzt zu zweit auf dem Sofa und sagt: „Ja gut, wir haben uns ja für ein Leben lang gebunden.“
Ich möchte euch heute einen Gedanken mitgeben: Denkt mal darüber nach, euer Eheversprechen zu erneuern.
Gott hat es immer wieder gemacht. Er hat seinen Bund mit seinem Volk erneuert. Das sehen wir zum Beispiel in 1. Könige 8 bei der Tempelweihe und in 2. Chronik 34 unter Josia. Dort hat Gott den Bund noch einmal erneuert.
Ich möchte euch das einfach als Anregung mitgeben: Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, euch noch einmal neu zu versprechen? Das könnt ihr einfach zu zweit machen – einen romantischen Abend, an dem jeder noch einmal aufschreibt, was er dem anderen neu versprechen möchte.
Das könnt ihr sogar ganz offiziell machen. Wenn ein Ehepaar sagt: „Ja, wir hätten gern noch einmal den Pastor dabei, wir wollen uns noch einmal neu vor Gott versprechen und den Ehebund erneuern“, dann sprecht doch einfach mit eurem Pastor in eurer Gemeinde. Er kann noch einmal dazukommen und für euch beten.
Also, was unsere Gemeindemitglieder angeht: Wenn ihr den Wunsch habt, euch noch einmal neu zu versprechen – damit wir uns richtig verstehen: Das Eheversprechen vor dem Traualtar ist das Entscheidende.
Wenn ihr es euch noch einmal erneuern wollt und gerne einen Pastor dabei hättet, dann sollt ihr wissen: Ich komme gerne auch noch einmal zu euch ins Wohnzimmer, um mit euch zu beten. Ich finde es wunderschön, wenn man Versprechen noch einmal erneuert – vielleicht nach zehn oder zwanzig Jahren Ehe.
Ich will euch in jedem Fall ermutigen: Wenn Untreue oder Ehebruch eine Rolle gespielt hat, dann ist es umso wichtiger, das noch einmal neu zu versprechen. Ja, ich will mich binden, ich stehe immer noch dazu, ich will mit dir das ganze Leben lang zusammenleben – bis der Tod uns scheidet.
Das ist auch ein wunderbares Signal, wenn ihr Kinder habt. Vielleicht nehmt ihr die Kinder mit dazu. Beim ersten Eheversprechen waren die Kinder ja hoffentlich noch nicht dabei. Aber jetzt könnt ihr ihnen vorleben, dass ihr euch noch einmal neu verspricht: Wir wollen bis ans Lebensende mit Gottes Hilfe zusammenleben. Wir wollen uns gerne aneinander binden und die Versiegelung unserer Ehe noch einmal feiern.
Das war das zweite Merkmal: Die Liebe bindet sich gerne, sie ist verbindlich.
Das dritte Merkmal der Liebe ist, dass sie unüberwindbar ist. Ich lese jetzt die Verse 6 und 7: „Denn stark wie der Tod ist die Liebe, hart wie der Scheol die Leidenschaft.“
Der Vers beginnt mit „denn“, das heißt, wir müssen den vorherigen Vers betrachten: „Leg mich wie ein Siegel an dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm, denn stark wie der Tod ist die Liebe.“
Das bedeutet, die Motivation zu einer verbindlichen Liebe entsteht daraus, dass die Liebe eigentlich unüberwindbar ist. Wie sind die Aussagen hier zu verstehen, besonders im Hinblick auf Tod und Scheol?
Wir haben hier einen Parallelismus. Die Worte „Liebe“ und „Leidenschaft“ stehen parallel zueinander und drücken im Wesentlichen dasselbe aus. Ebenso stehen die Worte „Tod“ und „Scheol“ parallel zueinander.
Das heißt, wir müssen uns die Frage stellen: Was haben die Liebe und der Tod gemeinsam? Den Tod kannst du nicht überwinden. Der Tod ist eine Macht, die wir nicht besiegen können. Jesus hat ihn überwunden – Gott sei Dank –, er hat den Tod besiegt. Aber ein Mensch kann den Tod nicht besiegen. Genau das hat die Liebe mit dem Tod gemeinsam: Die Liebe ist unüberwindbar.
Dann wird die Liebe mit einem Feuer verglichen. Ihre Gluten sind wie Feuergluten, eine Flamme Jahs. „Jah“ – mit H geschrieben – ist hier die Kurzform für Yahweh. Die Schlachter-Übersetzung gibt „eine Flamme des Herrn“ an. Damit wird deutlich, dass am Ende des Buchs Hohelied Gott der Ursprung der Liebe ist.
„Gott ist Liebe.“ Ich finde es interessant, weil nur an dieser Stelle im Hohelied Gott erwähnt wird. Bisher wurde Gott überhaupt nicht erwähnt. Offenbar ist dies die Klimax des Buchs. Darauf läuft das Ganze hinaus: Uns wird eine menschliche Liebesgeschichte geschildert, und am Ende kommt eine Bewertung. Von dieser Bewertung müssen wir alles andere noch einmal neu bewerten.
Gott ist der Ursprung der Liebe. Er schenkt das, was wir in den ersten sieben Kapiteln des Buchs gesehen haben. Das heißt, Gott ist der Ausgangspunkt der Liebe zwischen Mann und Frau. Genau das sagt auch 1. Johannes 4,19: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“
Das bedeutet, seine Liebe befähigt uns zu lieben. Unsere Liebe an sich ist alles andere als perfekt, aber Gott befähigt uns, einander mit seiner göttlichen Liebe zu lieben. Er ist die Quelle unserer Liebe.
Das heißt aber auch, dass wir in unserer Ehe seine Liebe widerspiegeln sollen. Und das ist ein Feuer – diese Liebe kann man nicht auslöschen. Schaut selbst: Mächtige Wasser können es nicht.
Vers 7 sagt: „Mächtige Wasser sind nicht in der Lage, die Liebe auszulöschen, und Ströme schwemmen sie nicht fort.“ Wenn einer den ganzen Besitz seines Hauses für die Liebe geben wollte, würde man ihn nur verachten.
Weil die Liebe von Gott kommt, hat die Liebe kein Ende. Das soll ermutigen – dich und deinen Ehepartner –, einander bis zum Tod zu lieben, weil Gott euch fähig macht, einander zu lieben.
Er hat seine Liebe in unsere Herzen ausgegossen, und selbst die Macht des Wassers kann das Feuer der Liebe nicht zerstören – auch die Macht des Geldes nicht. Denn es heißt ja: Wenn einer den ganzen Besitz seines Hauses für die Liebe geben wollte, würde man ihn nur verachten.
Die Liebe wird nicht schwach, sie hat eine eigene Dynamik. Deshalb kann nichts die Liebe auslöschen, man kann sie auch nicht erkaufen.
Genau das ist es, was 1. Korinther 13 sagt: Die Liebe hört niemals auf. Gottes Liebe zu uns hört niemals auf.
In Römer 8 heißt es: „Denn ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Mächte, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns wird scheiden können von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“
Und genau das ist unsere Aufgabe: Gottes Liebe zu uns hört niemals auf. Unsere Ehen – das sagt auch der Epheserbrief Kapitel 5 – sollen Gottes Liebe widerspiegeln.
Das ist unsere Motivation, bis zum Lebensende zusammenzubleiben, bis der Tod uns scheidet. Denn wir repräsentieren damit Gottes Liebe. Seine Liebe hört niemals auf, und deswegen hört unsere Liebe niemals auf.
Wir lieben einander, weil wir die Aufgabe haben, Gottes Liebe widerzuspiegeln. Dazu möchte ich euch ermutigen: Die Liebe ist unüberwindbar.
Diese Liebe möchte Gott euch schenken. Wenn wir Christen sind, hat er sie bereits in unsere Herzen ausgegossen. Deshalb können wir einander bis zum Lebensende lieben.
Jetzt möchte ich noch einmal praktischer werden. Der vierte Aspekt einer Liebe, die ein Leben lang hält, ist: Die Liebe ist fokussiert.
Lese mal die Verse 8 bis 12. Dort heißt es: Jetzt sprechen die Brüder von Sulamit. Sie sagen: „Wir haben eine Schwester, die ist klein und hat noch keine Brüste. Was sollen wir mit unserer Schwester tun an dem Tag, da man um sie werben wird? Wenn sie eine Mauer ist, bauen wir auf ihr eine silberne Zinne. Wenn sie aber eine Tür ist, versperren wir sie mit einem Zedernbrett.“
Jetzt spricht Sulamit weiter: „Ich bin eine Mauer, und meine Brüste sind wie Türme. Nun aber bin ich vor ihm wie eine, die Frieden anbietet. Einen Weinberg hatte Salomo in Balhermon. Er übergab den Weinberg den Hütern. Jeder Mann würde für seine Frucht tausend Silberschäkel einnehmen. Meinen eigenen Weinberg habe ich vor mir, die tausend Silberschäkel gönne ich dir, Salomo, und zweihundert denen, die seine Frucht hüten.“
Der Text ist nicht ganz einfach zu verstehen, das gebe ich zu, und ich möchte hier auch nicht auf jedes Detail eingehen. Aber hier wird der Konflikt, den Sulamit mit ihren Brüdern hat, noch einmal aufgegriffen. Wenn ihr euch an den Vortrag aus Kapitel 1 erinnert, da hatten wir die ganze Thematik schon einmal. Diese Thematik mit den Brüdern rahmt in gewisser Weise das Hohelied ein.
Die Brüder haben die Auffassung, dass ihre Schwester noch zu jung für eine Liebesbeziehung ist. Sulamit ist da offensichtlich anderer Meinung. Aber aus Kapitel 1 wissen wir, was die Brüder unternommen haben, damit ihre Schwester nicht auf die Idee kommt, eine Liebesbeziehung einzugehen.
Da heißt es im Vers 6: Sulamit sagt von sich: „Seht mich nicht an, weil ich schwärzlich bin, weil die Sonne mich gebräunt hat. Meiner Mutter Söhne fauchten mich an, setzten mich als Hüterin der Weinberge ein. Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.“
Das heißt, hier passiert Folgendes: Die Brüder wollen nicht, dass Sulamit an Liebe denkt, an eine Liebesbeziehung. Sie lassen sie Weinberge hüten, also so mitten auf dem Land, Hauptsache fern von der Stadt, wo andere Männer sind. Sie wollten ihre Schwester damit behüten.
Sulamit sagt: „Ich habe meinen eigenen Weinberg nicht gehütet.“ Damit meint sie ihre Liebe. Sie hat sich nicht um eine Liebesbeziehung kümmern können, weil sie jetzt auf der Sachebene mit dem Weinberghüten im wörtlichen Sinne beschäftigt war.
Am Anfang des Buches sagt sie also: „Ich habe mich nicht um die Liebe gekümmert, ich habe meinen eigenen Weinberg nicht gehütet.“ Aber jetzt, am Ende des Buches, sagt sie hier: „Meinen eigenen Weinberg habe ich vor mir.“
Das heißt, sie sagt am Anfang: Ich habe mich ablenken lassen, ich habe auf meine Brüder gehört und mich nicht um meine Liebesbeziehung gekümmert. Aber am Ende des Buches, in Vers 8, sagt sie: Ich habe meine Liebesbeziehung vor Augen.
Deswegen lautet meine Anwendung: Die Liebe ist fokussiert. Die Liebe möchte nicht zulassen, dass die Liebesbeziehung vernachlässigt wird.
Paul David Tripp, ein Pastor und Seelsorger, den ich sehr schätze, hat einmal gesagt: „Die meisten Ehen scheitern nicht am Ehebruch.“ Die meisten Ehen scheitern nicht am Ehebruch, sondern an Vernachlässigung. Und ich glaube, er hat Recht.
Allzu schnell kann es passieren, dass wir mit so vielen anderen Dingen beschäftigt sind, dass wir unseren eigenen Eheweinberg nicht mehr vor Augen haben. Deswegen finde ich es so ermutigend, dass hier am Ende des Buchs Sulamit sagt: „Ich habe meinen Weinberg vor Augen.“
Das möchte ich dir weitergeben: Hab deinen Eheweinberg vor Augen! Wenn eure Liebesbeziehung ein Leben lang halten soll, sei fokussiert. Die Liebe möchte fokussiert sein.
Zu meiner Schande muss ich sagen, dass es in unserer Ehe oft Phasen gab, in denen ich meine Ehe vernachlässigt habe. Da war ich so viel mit anderen Dingen beschäftigt, auch mit Dingen, die an sich gut sind, wie Gemeindedienst. Ich habe mich total reingehängt und so weiter, aber dabei meine Ehe völlig schleifen lassen. Das ist mir einige Male passiert, und ich musste da auch Buße tun.
Aber ich möchte heute Abend auch mal die Frage stellen: Hast du deinen Eheweinberg vor Augen? Oder kümmerst du dich um all die anderen Dinge, die anfallen im Berufsleben, auf der Arbeit, in der Gemeinde? Hilfst du vielleicht allen anderen Menschen? Wenn du handwerklich begabt bist, hilfst du überall beim Häuserbauen und so weiter als Ehemann, aber du vernachlässigst deine Ehefrau? Du vernachlässigst deinen Weinberg.
Liebe, die ein Leben lang hält, ist eine Liebe, die fokussiert ist, die den Eheweinberg vor Augen hat.
Und jetzt kommen wir zum letzten Punkt einer Liebe, die ein ganzes Leben lang hält. Wie sieht eine Liebe fürs Leben noch aus? Die Liebe ist partnerschaftlich – so habe ich das mal formuliert. Ich weiß nicht, ob das das beste Wort ist, aber ich glaube, es trifft die Sache ganz gut. Die Liebe ist partnerschaftlich.
In Vers 13 heißt es, das spricht er jetzt: „Du wohnst in den Gärten, während die Gefährten deiner Stimme lauschen, lass mich hören.“ Am Ende des Buches äußert der Geliebte hier den Wunsch: „Ich möchte deine Stimme hören.“ Mit anderen Worten, er will mit ihr reden. Er will so gerne wieder mit ihr reden.
Wer die Gefährten hier im Text sind, ist schwer zu sagen. Jedenfalls scheinen sie auch irgendwie interessiert zu sein. Aber er will mit ihr Gemeinschaft haben, er will mit ihr reden.
Daraufhin antwortet sie in Vers 14: „Enteile, mein Geliebter, und tu es der Gazelle gleich oder dem jungen Hirsch auf den Balsambergen.“ Das ist vielleicht ein bisschen holprig übersetzt. Die Gute Nachricht trifft es gut auf den Punkt im Vers 14: „Komm schnell zu mir, mein Liebster, komm eile wie ein Hirsch, sei flink wie die Gazelle, die in den Bergen wohnt.“ Sie lädt ihn ein, zu ihr zu kommen, genauso wie sie das schon im Kapitel 2, Vers 17 gesagt hat. Er soll schnell zu ihr kommen. Das heißt, sie wünscht sich auch so gerne Gemeinschaft mit ihm.
Und mit dieser Einladung schließt das Buch.
Ich finde es interessant, dass das Buch auf diese Weise schließt. Vor allem finde ich es interessant, wenn man sich mal überlegt, was andere mögliche Schlussverse sein könnten. Nehmen wir mal an, das Buch Hohelied würde mit dem Vers schließen: „Stark wie der Tod ist die Liebe.“ Das wäre doch auch ein super Schluss, oder? So das Fazit am Ende. Oder: „Die Liebe ist eine Flamme des Herrn.“ Das wäre auch ein wunderbar theologischer Schluss.
Aber das Buch Hohelied beziehungsweise der Autor, durch den Heiligen Geist inspiriert, hat sich dazu entschieden, die größte Liebesromanze, die wir in der Bibel haben, mit der Einladung zu schließen: „Beeile dich und komm schnell zu mir.“
Wenn das ein Film wäre, stellt euch mal diese letzte Szene vor: Am Ende sehen wir noch die Frau, die ihrem Geliebten sagt: „Beeile dich bitte, komm schnell zu mir!“ Und dann kommt der Abspann. Mit diesem Eindruck, mit diesem Wunsch, mit dieser Einladung wird der Zuschauer des Films quasi entlassen.
Ich finde es nicht unwichtig, dass das Buch genau so schließt, denn Buchschlüsse sind wichtig. Im Buch Jona werden wir zum Beispiel mit einer Frage Gottes entlassen, sodass der Leser sich über diese Frage Gedanken macht.
Wenn wir jetzt das Buch Hohelied an einem Stück durchgelesen haben und sehr viele Aspekte für unsere Ehen mitgenommen haben, steht am Ende des Buches Hohelied, am Ende unserer Reihe hier, einfach eine Einladung: „Bitte, komm schnell zu mir! Ich will Zeit mit dir verbringen.“
Und ich finde das sehr bezeichnend. Denn bei all dem, was man theoretisch über die Liebe sagen kann, was man auch theologisch super auf den Punkt bringen kann, wie Liebe ist, geht es doch am Ende darum, das auch praktisch zu leben.
Und genau so entlässt uns das Buch Hohelied mit einem Verlangen: „Ich will so gerne Gemeinschaft mit dir haben.“
Ich wünsche es mir für euch beide, dass eure Ehe bis zum Lebensende hält. Aber nicht nur das, denn theoretisch kann sie einfach auf dem Papier formal nicht geschieden werden und bis zum Lebensende halten. Ich wünsche mir auch für euch, dass ihr wirklich eine partnerschaftliche Beziehung habt – bis zum Schluss.
Ich finde es immer wieder so ermutigend, ältere Ehepaare zu sehen und wie sehr sie noch Zeit miteinander verbringen. Dass das nicht nur so nebenher ist, sondern dass sie sich wirklich lieben.
Ich fand es so schön: Ich war eines Abends mal mit meiner Frau im Restaurant und traf einen Missionsleiter, der schon eher zu den älteren Semestern gehört, gemeinsam mit seiner Frau. Ich fand das einfach ein schönes Bild. Die beiden haben auch noch ihre Dates, auch wenn sie schon einige Jahrzehnte miteinander verheiratet sind. Denn das ist ein Merkmal einer Liebe, die ein Leben lang hält: Sie ist partnerschaftlich.
Das ist nicht nur ein Nebeneinander, sondern ein Miteinander, ein Füreinander.
Als Familie waren wir im Oktober im Urlaub in den Bergen wandern und haben dort auch ein echt süßes älteres Pärchen gesehen. Sie erzählten uns, dass sie schon weit über fünfzig Jahre verheiratet sind. Einfach zu sehen, wie die beiden immer noch so viel unternehmen. Sie führen wirklich eine Beziehung – nicht nur auf dem Papier, sondern eine Liebe, die partnerschaftlich ist.
Und genau damit, mit diesem Eindruck, mit dieser Wahrheit, möchte uns das Buch Hohelied verabschieden.
Und das wünsche ich mir für euch, dass ihr eure Ehe wirklich partnerschaftlich lebt.
Ich möchte gerne noch einmal zusammenfassen. Das Thema heute Abend war Liebe fürs Leben. Wir haben fünf Eigenschaften dieser Liebe festgehalten.
Erstens: Die Liebe ist selbstbeherrscht. Sie ist verbindlich, sie bindet sich gerne und legt sich fest.
Zweitens: Die Liebe ist unüberwindbar, weil sie von Gott ist. In Kombination mit 1. Korinther 13 hören wir, dass die Liebe niemals aufhört.
Drittens: Die Liebe ist auch fokussiert. Sie hat den eigenen Eheweinberg vor Augen und kümmert sich nicht nur um all die anderen Dinge, sondern bleibt konzentriert.
Viertens: Wir haben festgehalten, dass die Liebe partnerschaftlich ist.
Ja, ihr Lieben, wir sind damit zum Ende unserer Hohelied-Serie gekommen. Ich hoffe, dass die Vorträge für euch als Ehepaar hilfreich waren und dass ihr viel für eure Ehe mitnehmen konntet. Das ist unser Anliegen als Team und unser Gebet, dass ihr davon profitiert.
Ich möchte euch für den heutigen Abend drei Fragen mitgeben:
Erstens: Welches dieser fünf Merkmale der Liebe fürs Leben hat euch heute Abend am meisten ermutigt?
Zweitens: Wo seht ihr Handlungsbedarf? Wo habt ihr festgestellt, dass ihr etwas nicht ganz so umsetzt und darüber sprechen solltet? Gibt es eine Baustelle?
Drittens: Sprecht mal miteinander darüber, wie es wäre, euer Eheversprechen noch einmal zu erneuern.
In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen Austausch. Wir melden uns natürlich weiter im nächsten Jahr. „Liebevoll“ geht weiter, aber die Hohelied-Serie haben wir hiermit beendet.
Gerne könnt ihr uns euer Feedback zuschicken: Was war für euch hilfreich? Wo können wir unseren Dienst verbessern? Darüber würden wir uns freuen.
In diesem Sinne einen schönen Abend und bis Januar.