Einführung und Gleichniserzählung
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist. Episode 577 vom klugen Verwalter, Teil 2.
Hören wir uns zuerst noch einmal das Gleichnis an: Lukas 16, die Verse 1 bis 7.
Er sprach aber auch zu den Jüngern: Es war ein reicher Mann, der einen Verwalter hatte. Dieser wurde bei ihm angeklagt, weil er sein Vermögen verschwendet hatte.
Und er rief ihn und sprach zu ihm: „Was ist das, was ich von dir höre? Lege die Rechnung deiner Verwaltung ab, denn du wirst nicht mehr Verwalter sein können.“
Der Verwalter aber sprach bei sich selbst: „Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir die Verwaltung weg. Graben kann ich nicht, und zu betteln schäme ich mich. Ich weiß, was ich tun werde, damit sie mich, wenn ich der Verwaltung enthoben bin, in ihre Häuser aufnehmen.“
Und er rief jeden einzelnen der Schuldner seines Herrn herbei und sprach zu dem Ersten: „Wie viel bist du meinem Herrn schuldig?“
Der aber sprach: „Hundert Maß Öl.“ Und er sprach zu ihm: „Nimm deinen Schuldbrief und setze dich schnell hin und schreibe fünfzig.“
Danach sprach er zu einem anderen: „Du aber, wie viel bist du schuldig?“
Der aber sprach: „Hundert Kor Weizen.“ Und er sprach zu ihm: „Nimm deinen Schuldbrief und schreibe achtzig.“
Die Bedeutung und Wirkung von Gleichnissen
Bevor wir mit dem Gleichnis weitermachen, stellt sich eine andere Frage: Welche Vorteile hat es eigentlich, ein Gleichnis zu erzählen?
Aus meiner Sicht gibt es im Wesentlichen drei Gründe, die Gleichnisse so wertvoll machen. Erstens lassen sich Beispielgeschichten leichter merken und viel einfacher weitergeben als bloße Theorien. Menschen mögen Geschichten.
Zweitens regen Gleichnisse zum Nach- und Mitdenken an. Man könnte sogar sagen, sie wollen bewusst ein wenig provozieren. Das ist auch bei unserem Gleichnis nicht anders. Wie kann man etwa die Schlitzohrigkeit dieses Verwalters als nachahmenswertes Vorbild für artige Christen präsentieren?
Drittens – und das haben wir schon an anderer Stelle betrachtet – lassen sich Gleichnisse oft nicht sofort verstehen. Jesus erzählt sie, um die wirklich interessierten Zuhörer von den Mitläufern zu unterscheiden. Die wirklich Interessierten fragen nach und bemühen sich, das Gehörte zu begreifen, auch wenn sie am Anfang vielleicht nur Bahnhof verstehen.
Der Höhepunkt des Gleichnisses: Klugheit als Leitmotiv
Aber kommen wir zu unserem Gleichnis zurück, denn jetzt wird es spannend.
Lukas 16,8: „Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte; denn die Söhne dieser Welt sind klüger als die Söhne des Lichts gegen ihr eigenes Geschlecht.“
Das ist also der Höhepunkt oder Vergleichspunkt des Gleichnisses. Und dieser hat mit Klugheit zu tun. Der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte.
Natürlich ist es didaktisch provokativ, wie hier ein egoistischer, ungerechter Verwalter zum Vorbild gemacht wird.
Frage: Wie kann Jesus so ein Gleichnis erzählen?
Antwort: Weil sich alle seine Zuhörer, auch die Jünger, in der Rolle eines ungerechten Verwalters befinden.
Auch wenn wir das womöglich nicht gern zugeben, gleichen wir als Jünger Jesu dem ungerechten Verwalter viel mehr, als uns lieb ist. Oder lasst es mich so ausdrücken: Klugheit hat nichts damit zu tun, dass wir immer alles richtig machen.
Aber Achtung, dieser Aspekt ist nicht der Vergleichspunkt. Es geht dem Herrn Jesus nicht um die Ungerechtigkeit des Verwalters, sondern um dessen Klugheit. Und nur diesen Punkt gilt es zu übertragen.
Die Identität des "Herrn" und die Auslegung des Lobes
Lukas 16,8: „Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte.“
Hier stellt sich die Frage, wer mit „Herr“ gemeint ist. Ist dieser Vers der Abschluss des Gleichnisses? Dann wäre der Herr der reiche Mann, also der Chef des ungerechten Verwalters. Diese Auslegung ist möglich und auch irgendwie naheliegend.
Allerdings gibt es zwei Probleme dabei. Erstens ein inhaltliches: Warum sollte jemand die Klugheit eines Angestellten feiern, der gerade einen Schaden von hunderttausend Euro angerichtet hat? Natürlich könnte man hier an Sarkasmus denken, doch die Klugheit des Angestellten scheint in diesem Fall nichts zu sein, was ein Herr wirklich feiern würde.
Zweitens geht Lukas 16,8 weiter: „Denn die Söhne dieser Welt sind klüger als die Söhne des Lichts gegen ihr eigenes Geschlecht.“ Das ist eine Begründung für das Lob und definitiv nicht mehr aus der Perspektive des reichen Mannes aus dem Gleichnis gesprochen, sondern hier spricht Jesus.
Man kann in Lukas 16,8 am Anfang den Chef des ungerechten Verwalters hineinlesen. Das ist möglich, auch wenn eine Formulierung wie „sein Herr“ oder „der reiche Mann“ eindeutiger gewesen wäre.
Wir können das Gleichnis aber auch mit Lukas 16,7 enden lassen und bei „Herr“ an den Herrn Jesus denken. Auch das ist möglich und insofern sinnvoll, weil jetzt die Anwendung folgt. Vielleicht formuliert Lukas hier bewusst ein wenig doppeldeutig.
Die Antwort auf die Frage, wer genau sich hinter dem „Herrn“ verbirgt, können wir offenlassen. Zum Glück spielt sie für die Auslegung keine entscheidende Rolle. Egal, ob der reiche Mann oder Jesus selbst mit „Herr“ gemeint ist – der Vergleichspunkt ist eindeutig: die Klugheit des ungerechten Verwalters.
Dass wir unsere Klugheit natürlich nicht zum Bösen verwenden sollen, ist ohnehin klar, oder?
Klugheit in biblischer Perspektive: Weisheit und Ethik
Matthäus 10,16: Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe. So seid nun klug wie die Schlangen und einfältig wie die Tauben.
Klugheit und Aufrichtigkeit gehören zusammen. Warum ist das wichtig? Weil wir uns von der Klugheit der Welt nicht zum Bösen verführen lassen dürfen. Weisheit, wie Jesus sie sich für uns wünscht, ist immer zum Guten.
Römer 16,19: Ich will aber, dass ihr weise seid zum Guten, doch einfältig zum Bösen.
Das ethische Profil echter Weisheit sieht folgendermaßen aus: Jakobus 3,17: Die Weisheit von oben aber ist erstens rein, sodann friedvoll, milde, folgsam, voller Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch und ungeheuchelt.
Wo vermeintliche Weisheit zur Sünde, zum Streit, zum Ungehorsam, zur Parteilichkeit, zur Heuchelei oder zur Unbarmherzigkeit führt, da handelt es sich nicht mehr um Weisheit von oben. Also nicht mehr um Klugheit von Gott.
Es gibt Klugheit, der es nur um sich selbst geht. Im Gleichnis vom klugen Verwalter haben wir es mit genau dieser Art von Klugheit zu tun. Es ist ein bisschen herausfordernd, den ethischen Aspekt seines Handelns – besser gesagt den unethischen Aspekt – auszublenden. Aber ich bin mir sicher, wir bekommen das hin.
Die Herausforderung und Anwendung der Klugheit im Glaubensleben
Dass der Herr Jesus uns hier einen ungewöhnlichen Protagonisten vorstellt, hängt damit zusammen, dass dieser das Konzept der Klugheit gut repräsentiert. Warum ist das so? Ganz einfach: Heiden sind im Umgang miteinander oft klüger, vorausschauender und gewiefter.
In Lukas 16,8 heißt es: „Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte.“ Denn „die Söhne dieser Welt sind klüger als die Söhne des Lichts gegen ihr eigenes Geschlecht.“
Was könntest du jetzt tun? Überlege, ob es in deinem Leben vermeintlich kluge Verhaltensweisen gibt, die im Licht von Jakobus 3,10 nicht mehr klug sind.
Das war es für heute. Vielleicht hast du es noch nie getan – dann fang doch heute damit an: Lies deine Bibel von vorne bis hinten.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
