Einführung in die Richterzeit und die ersten Richter
Einen gesegneten guten Abend! Wir sind in Richter 10,6.
Damit wir nicht vergessen, welche sechs Richter gemeint sind, müsst ihr jetzt wieder ganz gut aufpassen.
Der erste Richter – wie hieß er? Weiß das noch jemand von den Kindern? Der kann die Hand heben. Der erste Richter, das ist schon lange her. Ich gebe einen Hinweis: Er fängt mit O an. Ja, Othniel. Das war der mit der guten Frau, die wir nicht vergessen dürfen. In einer Zeit, als die Israeliten sich mit der Welt verheirateten und ungläubige Frauen heirateten, hatte er eine gute Frau. Sie hat ihn positiv motiviert und ihm geholfen.
Der zweite Richter – wie hieß er? Weiß das noch jemand? Das war der mit dem Dolch. Der zweite Richter hieß Ehud. Seine Stärke war, dass er ein kleines Schwert hatte, so wie wir die kleinen Bibelverse, die wir auswendig lernen, damit wir gut kämpfen können gegen das Fleisch.
Der dritte Richter waren zwei zusammen – eine Frau und ein Mann. Die Frau hieß Deborah, genau, dort hinten. Ja, Deborah und Barak. Deborah war die fleißige Biene, die auf das Wort Gottes geachtet hat, auch wenn es ein schwieriger Befehl war, vom Berg herunter in die Ebene zu gehen. Unten waren die Heiden mit dem klugen Kopf. Das endete dann mit einem Nagel durch den Kopf. Das heißt nicht, dass ihr einen Nagel mit in die Schule nehmen sollt oder jemanden verletzen sollt – natürlich nicht. Es geht hier um den Kampf gegen das heidnische Denken.
Den dritten Richter kennen wir gut. Nein, den vierten Richter kennen wir auch gut. Das war ganz außen Gideon. Gideon kümmerte sich darum, dass man genug zu essen hat und vor allem Gutes, damit man nicht aushungert. Das war seine Stärke: Vorsorge zu treffen, damit die Midianiter einen nicht aushungern konnten. Gleichzeitig war das auch seine Schwäche. Zum Schluss seines Lebens hatte er sich wahrscheinlich gedacht: „Wir wollen Vorsorge treffen“ und sammelte das ganze Gold ein. Er hatte 20 Kilo Gold und machte daraus ein Ephod aus Gold.
In Richter 8,27 lesen wir: „Gideon machte daraus ein Ephod und stellte es in seiner Stadt in Ophra auf. Und ganz Israel hurrte ihm dort nach.“ Das wurde Gideon aus seinem Haus zur Falle. Das heißt, sie trieben Götzendienst. Leider bereitete er durch diese Sache vor, dass das Volk wieder in den Götzendienst fiel.
Der fünfte Richter, den wir heute haben, heißt Jephtha. Ich habe vergessen zu fragen – also Jephtha war der Mann mit dem guten Mund. Er war gut im Reden, konnte gut sprechen. Gideon hatte dafür gesorgt, dass man genug zu essen hat. Deborah und Barak waren bereit, auf das Wort Gottes zu achten, auch wenn es ihnen nicht ganz klar war. Am Anfang fragten sie sich, ob sie Gott wirklich glauben sollten. Sie gehorchten Gott, auch wenn sie nicht alles sofort verstanden.
Ehud gebrauchte das Wort Gottes als Schwert. Othniel hatte die gute Frau. Jephtha hatte den guten Mund. Er versuchte zuerst, mit den Feinden zu diskutieren und zu reden – das war auch gut so. Er wollte die Sache friedlich schlichten. Seine Stärke war, dass er es auf diplomatischem Weg versuchte, das heißt, alles mit dem Mund auszureden.
Ähnlich war es bei Ehud. Ehud kam damals zu Eglon, dem dicken Mann. Es schien, als käme er als Diplomat, als jemand, der mit ihm sprechen wollte. Er hatte eine Botschaft für den König, aber die Botschaft war ein Gerichtswort Gottes an ihn. Ehud kam zweimal zum König mit einer Botschaft – einmal mit dem Geld und dann mit dem Schwert.
Bei Jephtha sehen wir Ähnliches: Er schickte zweimal eine Botschaft an den König. Bei Ehud sehen wir, dass er die Feinde an den Furten des Jordan, also an den seichten Stellen des Jordan, besiegte. Bei Jephtha sehen wir auch, dass er die Feinde an den Furten des Jordan besiegte – nur mit dem Unterschied, dass die Feinde dort eigene Israeliten waren. Im zweiten Teil seines Lebens kämpfte er gegen seine Brüder statt gegen die Feinde.
Die Feinde Israels und die Bedrängnis des Volkes
Nun schauen wir uns Jephtha etwas genauer an. Die Feinde bei Jephtha waren die Ammoniter. Diese waren verwandt mit den Moabitern, die wiederum mit Lot verwandt waren. Die Ammoniter lebten auf der anderen Seite des Jordans, im Ostjordanland.
Die Ammoniter verspotteten das Volk Gottes immer wieder. Sie verachteten die Israeliten und versuchten immer wieder, sie aus dem Land zu vertreiben und ihnen das Land zu nehmen – auch in dieser Geschichte. Solche Ammoniter gibt es auch heute noch. Es gibt Menschen, die dem Volk Gottes das Erbe wegnehmen wollen. Sie möchten das Volk Gottes vertreiben, es von der Bibel fernhalten, indem sie sagen: „Lest die Bibel nicht, sie ist sowieso falsch“ und Ähnliches. Es gibt immer wieder Menschen, die uns die Bibel stehlen wollen. Sie wollen uns auch die Heilsgewissheit nehmen und uns das Heil in Jesus Christus selbst wegnehmen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir richtig kämpfen – so wie Jephtha gekämpft hat. Übrigens gab es noch einen Ammoniter, der die Israeliten am Tempelbau hinderte. Als die Israeliten nach der Gefangenschaft zurückkamen, wollten sie einen neuen Tempel bauen. Doch ein Ammoniter verspottete sie, wie es die Ammoniter immer taten, und ließ sie nicht bauen. Dieser Ammoniter war Tobias, der ammonitische Knecht, wie im Buch Esra und im Buch Nehemia berichtet wird.
Kommen wir nun zur Geschichte von Jephtha. Wir lesen Kapitel 10, Vers 6:
„Die Söhne Israels taten weiter, was böse war in den Augen des Herrn. Sie dienten den Balim und den Astaroth und den Göttern Arams, Sidons, Moabs, den Göttern der Söhne Ammon und den Göttern der Philister. Sie verließen den Herrn und dienten ihm nicht. Da entbrannte der Zorn des Herrn gegen Israel, und er verkaufte sie in die Hand der Philister und der Söhne Ammons. Diese zerschmetterten und zerschlugen die Söhne Israels in jenem Jahr, und zwar achtzehn Jahre lang alle Söhne Israels, die jenseits des Jordans im Land der Amoriter, das in Gilead liegt. Die Söhne Ammons zogen über den Jordan, um auch gegen Juda, Benjamin und das Haus Ephraim zu kämpfen. So war Israel in großer Bedrängnis.“
Hier sehen wir eine große Drangsal, eine schwere Bedrückung Israels. Die Feinde kamen nicht nur auf der einen Seite des Jordans, sondern auch auf der anderen Seite. Die Söhne Israels schrien zu dem Herrn um Hilfe und sagten: „Wir haben gegen dich gesündigt, weil wir unseren Gott verlassen und den Balim gedient haben.“
Da sprach der Herr zu den Söhnen Israels: „Ist es nicht so? Von den Ägyptern, den Amoritern, den Söhnen Ammons, den Philistern, den Sidoniern, den Amalekitern und den Maonitern wurdet ihr geplagt. Als ihr zu mir schriet, habe ich euch aus ihrer Hand gerettet. Ihr aber habt mich verlassen und anderen Göttern gedient. Darum werde ich nicht weiter euch retten. Geht hin und schreit zu den Göttern um Hilfe, die ihr euch erwählt habt. Sollen sie euch doch retten in eurer Not!“
Hier klingt an, dass es zu spät ist. Es sieht so aus, als ob alles zu spät sei. Gott sagt: „So reicht es mir!“ Immer wieder hat er sie gerettet, doch sie sind immer wieder in die Sünde gefallen. Wir können kaum ermessen, wie ernst das ist, was der Herr hier sagt.
Gott ist zutiefst verletzt über sein Volk. Er beschwert sich und sagt: „Es ist genug jetzt! Ich bin doch euer Erbteil, euer wunderbares Erbteil. Ihr habt mich erwählt, ich habe euch erwählt – und dann habt ihr den Herrn verlassen.“
Israel ist bedrängt, weil man ihnen links und rechts das Erbteil wegnehmen will. Am Jordan, auf beiden Seiten, wollen die Ammoniter den Israeliten das Erbteil rauben. Sie rufen zu ihrem Gott und bitten um Hilfe. Aber was wollen sie eigentlich? Sie wollen nur, dass es ihnen besser geht, dass sie nicht mehr in Bedrängnis sind. Sie wollen nicht wirklich Gott als König haben.
Erinnern wir uns: Wir haben vom unsichtbaren König gesprochen. Gott ist der unsichtbare König. Der Christ muss lernen, mit einem unsichtbaren Gott, mit einem unsichtbaren König zu leben. Er muss immer darauf achten, dass der König den ersten Platz einnimmt.
Doch die Israeliten wollen Gott nicht als Oberhaupt anerkennen. Wenn Gott ihnen hilft und ihr Erbteil wieder schenkt, damit es ihnen gut geht im Land, dann bleiben sie nicht bei Gott. Sie sind nicht mehr an Gott interessiert. Sie gebrauchen Gott wie einen Zahnarzt: Man geht nur hin, wenn man Schmerzen hat, aber sonst kümmert man sich nicht um ihn.
Ich hatte einmal einen Physiotherapeuten, der meinen Rücken behandelte. Wenn ich Rückenschmerzen hatte, ging ich zu ihm. Er half mir, gab mir Anweisungen und massierte mich, damit es besser wurde. Einmal sagte ich zu ihm: „Ich komme nur zu Ihnen, wenn ich Schmerzen habe und Sie brauche. Sonst kümmere ich mich nicht um Sie.“ Er lachte darüber.
So ist es bei manchen Menschen mit Gott. Sie kommen nur zu ihm, wenn sie in Not sind, Schmerzen haben und den Herrn brauchen. Aber so kann man nicht mit Gott umgehen. Gott ist kein Zahnarzt, kein Notarzt und kein Physiotherapeut.
Diese Israeliten sind uninteressiert an Gott als ihrem Erbteil. Sie wollen Gott nicht wirklich, sondern nur, dass es ihnen gut geht. Das war ihr Problem. Deshalb sagt Gott hier harte Worte: „Ich will nicht mehr, dass ihr mich nur als Arzt benutzt.“
Der Gott der Liebe hat diese Behandlung satt. Er liebt sein Volk Israel von ganzem Herzen. Er hat alles für Israel getan: Sie aus Ägypten herausgeführt, sie auf dem Weg durch die Wüste begleitet, ihnen geholfen, durch den Jordan zu kommen, und ihre Feinde durch Josua besiegt.
Und nun sagt Gott: Holt euch einen anderen Gott! Ihr seid gar nicht an mir interessiert. Ruft zu euren Göttern, zu euren Götzen, die ihr euch erwählt habt.
In Vers 15 heißt es: „Die Söhne Israels sagten zum Herrn: ‚Wir haben gesündigt. Tue mit uns, was dir gut erscheint, aber rette uns bitte an diesem Tag!‘“
Sie tun wirklich Buße. Das ist eine schöne Haltung. Sie sagen: „Tu mit uns, wie du willst. Wir haben nichts verdient. Wir haben nicht verdient, dass es uns gut geht. Herr, wir haben kein Recht auf Wohlstand, aber mach mit uns, was du willst. Nur eines bitte: Rette uns aus der Hand unserer Feinde!“
Wir Menschen haben kein Recht darauf, dass es uns gut geht. Wir können nicht sagen: „Gott, ich verdiene es doch, gesund zu sein und keine Schmerzen zu haben.“ Womit hätten wir das verdient? Wir haben kein Recht darauf.
Wenn wir zu Gott kommen und sagen: „Herr, ich habe kein Recht, ich berufe mich nur auf deine Barmherzigkeit“, dann wird der Herr weich. Er sagt: „Siehst du, jetzt hast du es verstanden. Du hast nichts verdient. Ich schenke dir alles. Komm zu mir wie ein Bettler und sag: Herr, ich habe nichts verdient.“
Die Israeliten verbannten die fremden Götter aus ihrer Mitte und dienten dem Herrn als Zeichen ihrer Umkehr und guten, bußfertigen Gesinnung.
Als der Herr sah, wie sie Buße taten, konnte er sich nicht zurückhalten. Das ist so schön bei Gott: Wenn er sieht, dass jemand es ernst meint, dann kann er sich nicht zurückhalten. Er sagt: „Komm, komm!“
In Vers 16 steht: „Und ihm zog es die Seele zusammen.“ Haben Sie das gelesen? Es heißt, dass Gott innerlich so bewegt war, dass es ihm die Seele zusammenzog. Er wurde innerlich beengt. Man sieht einen armen Menschen, der leidet, und man kann nicht anders, als ihm helfen zu wollen.
So zog es Gott die Seele zusammen angesichts der Beschwernis und des Elends Israels.
Jetzt zeigt sich die Barmherzigkeit Gottes. Auch heute ist es so: Wenn wir dem Herrn zeigen, dass wir es ernst meinen, dann wird er innerlich bewegt.
In der Bibel lesen wir, dass es den Herrn Jesus „jammerte“. Andere Übersetzungen sagen, es ging ihm „in die Eingeweide“, es schmerzte ihn im Bauch. So tief ging es ihm zu Herzen.
Die Berufung Jephthas und seine Herkunft
Vers 17: Die Söhne Ammons wurden zusammengerufen und lagerten in Gilead. Nun kam ein großes Heer dorthin, in Gilead auf der anderen Seite des Jordan. Die Söhne Israels kamen zusammen und lagerten in Mizpa. Das Volk sagte zu den Obersten von Gilead: „Wer ist der Mann, der anfängt, gegen die Söhne Ammons zu kämpfen? Er soll allen Bewohnern Gileads zum Haupt sein.“
Also, wenn sie einen finden, der sie im Kampf anführt, machen sie ihn zum Oberhaupt. Es geht wieder um das Thema Herrschaft: Den machen wir zum Herrscher.
In Kapitel 11, Vers 1 heißt es: „Jephtha, der Gileaditer, war ein tapferer Held. Er war aber der Sohn einer Hure, und Gilead hatte Jephtha gezeugt.“ Das war damals ein ganz schlimmer Stand, denn er war ein uneheliches Kind. Heute gibt es viele uneheliche Kinder, und man denkt sich nichts dabei. Aber früher war das ein verschmähter Zustand.
Auch die Frau Gileads gebar ihm Söhne. Als diese Söhne groß geworden waren, vertrieben sie Jephtha und sagten zu ihm: „Du sollst nicht erben im Haus unseres Vaters, denn du bist der Sohn einer anderen Frau.“
Jephtha wird hier als tapferer Held beschrieben, ein Krieger, ein mutiger Mensch – nicht wie Gideon. Gideon war ein etwas zaghafter Mann. Gott hatte ihm zwar gesagt, er sei ein streitbarer Held, doch Gideon wusste: „Ich bin der Jüngste und der Kleinste.“ Er war sich bewusst, dass er nichts kann. Jephtha hingegen war ein Held, ein tapferer Mann, ein Krieger. Aber er war der Sohn einer Hure, aus einem unedlen Hause, und wurde von seinen eigenen Brüdern verworfen.
Gottes Mühlen mahlen langsam, aber sicher. Jephtha musste fliehen. In Vers 3 heißt es: „Jephtha floh vor seinen Brüdern und wohnte im Land Tob. Dort sammelten sich lose Leute zu Jephtha, und sie zogen mit ihm aus.“
Nach einiger Zeit kämpften die Söhne Ammons mit Israel. Als das geschah, gingen die Ältesten von Gilead hin, um Jephtha aus dem Land Tob zu holen. Sie erinnerten sich: „Da hatten wir doch einmal einen Bruder, den haben wir verstoßen. Komm, wir holen ihn zurück. Er konnte gut kämpfen.“
So holten sie Jephtha aus dem Land Tob zurück (Vers 6). Sie sagten zu ihm: „Komm und sei unser Anführer, dass wir gegen die Söhne Ammons kämpfen.“ Jetzt mussten sie sich an den Mann wenden, den sie vorher verstoßen hatten. „Komm, sei uns gnädig“, sagten sie zu ihm, „hab Erbarmen, hilf uns doch. Wir haben unsere Meinung geändert. Wenn du uns hilfst, machen wir dich zum Oberhaupt.“
Oh, hätten sie das doch zu Gott gesagt: „Herr, wenn du uns hilfst, machen wir dich zum Oberhaupt.“ Hätten sie das zu Gott gesagt! Das war ja gerade das Thema, das Gott ihnen beibringen wollte. Sie holen Jephtha nur, wenn sie einen Arzt brauchen, der ihnen aus der Patsche hilft. Aber wenn sie zu Gott kämen und sagten: „Herr, du sollst unser Oberhaupt sein“, dann wäre das anders.
Nun kommen sie zu Jephtha und sagen zu ihm: „Sei unser Oberhaupt.“ Jephtha antwortete den Ältesten von Gilead: „Seid ihr es nicht, die mich gehasst und aus dem Hause meines Vaters vertrieben haben? Warum kommt ihr jetzt zu mir, da ihr in Bedrängnis seid?“
Merken Sie etwas? Das klingt ähnlich wie das, was Gott vorher gesagt hat. Was Jephtha hier sagt, klingt wie Gottes Worte: „Ihr habt mich früher gehasst, mich vertrieben, euch nicht für mich interessiert. Jetzt aber, wo ihr in Not seid, holt ihr mich.“
Auch Gott fragte das Volk: „Warum kommt ihr jetzt zu mir?“ Jephtha fragt hier die Leute von Gilead: „Warum kommt ihr jetzt zu mir?“ Die Antwort des Volkes lautet: „Darum sind wir jetzt zu dir zurückgekehrt, damit du mit uns ziehst und gegen die Söhne Ammons kämpfst. Du sollst unser Oberhaupt sein für alle Bewohner Gileads.“
Also sagen sie: Wir brauchen ein Oberhaupt. Sie haben nicht „König“ gesagt, aber vielleicht hätten sie es gewagt. Doch sie haben es nicht ausgesprochen. Sie sagten nur, wir brauchen ein Oberhaupt.
Ach, hätten sie das doch zu Gott gesagt: „Herr, du sollst unser Haupt sein, wir wollen dich anerkennen.“
Jephtha sagte in Vers 9 zu den Ältesten von Gilead: „Wenn ihr mich zurückholt, um gegen die Söhne Ammons zu kämpfen, und der Herr sie vor mir dahingibt, werde ich dann wirklich euer Oberhaupt sein?“ Die Ältesten von Gilead antworteten: „Der Herr sei Zeuge zwischen uns, wenn wir nicht so tun, wie du geredet hast.“
Das bedeutet: Wenn wir nicht so handeln, dann sollen wir des Todes sein. Wir wollen es so tun. Der Herr sei Zeuge zwischen uns, wir wollen so handeln, wie du gesagt hast.
Jephtha ging mit den Ältesten von Gilead, und das Volk setzte ihn zum Oberhaupt und Anführer über sich. Jephtha sprach alle seine Worte vor dem Herrn in Mizpa.
Jetzt haben sie ihr Oberhaupt, ihren Richter. Wissen Sie, was Jephtha bedeutet? Jephtha heißt „der Öffner“, also „der, der auftut“. Und Jephtha war sehr gut darin: Sobald er seinen Mund öffnete, war er stark. Das war seine Stärke – sein Mund.
Jephthas diplomatischer Einsatz und die Verteidigung des Erbes
Und Jephtha sandte Boten zum König der Söhne Ammons und ließ ihm sagen: „Was haben wir miteinander zu schaffen, dass du gegen mich gekommen bist, um Krieg gegen mein Land zu führen?“
Der König der Söhne Ammons antwortete den Boten Jephthas: „Weil Israel mein Land weggenommen hat, als es aus Ägypten heraufzog, vom Arnon bis an den Jabok und bis an den Jordan. Und nun gib die Länder in Frieden zurück.“
Jephtha öffnete seinen Mund und schickte seine Boten erneut, doch sie sprachen nur das, was Jephtha ihnen aufgetragen hatte. Jephtha war ein ausgezeichneter Diplomat, der versuchte, den Konflikt auf friedlichem Wege zu lösen. Sein Mund war seine Stärke. Später werden wir jedoch sehen, dass sein Mund auch seine Schwäche sein konnte. Oft ist es so, dass eine Stärke gleichzeitig eine Schwäche sein kann. Wir müssen auf unseren Mund achten. Manche sind wortgewandt, doch gerade diese Gabe kann auch zur Gefahr werden. Wir werden das bei Jephtha noch näher betrachten.
Jephtha argumentierte mit den Ammonitern, denn die Israeliten hatten das Land der Ammoniter nie gestohlen. Das stimmt tatsächlich. Israel hatte die Grenzen Ammons immer respektiert. Stattdessen hatten die Ammoniter die Israeliten angegriffen. Sie waren die Angreifer, und Israel musste sich verteidigen. Nicht Israel hatte angegriffen, sie hatten keine andere Wahl. Als sie aus Ägypten auszogen, zogen sie durch die Wüste und dann am Ostjordanland hinauf. Dort lebten die Ammoniter, und Israel bat sie: „Dürfen wir durch euer Land ziehen? Wir tun euch nichts.“ Doch die Ammoniter verweigerten die Erlaubnis. Gleiches galt für die Moabiter, die mit den Ammonitern verwandt waren. Beide Völker stellten sich gegen Israel und griffen an. So musste Israel sich verteidigen.
Jephtha sagte: „Als wir um unser Leben kämpften, hat Gott uns dieses Land gegeben. Als wir uns verteidigten, gab uns Gott den Sieg.“ Dreihundert Jahre lang behielt Israel dieses Land. „Wir geben nicht einfach zurück, was Gott uns gegeben hat. Wir haben ein Erbteil von Gott bekommen, ein Erstgeburtsrecht, und wir lassen uns das nicht wegnehmen.“ Das war gut gesagt von Jephtha. Das war seine Stärke.
Lesen wir Vers 14: Da sandte Jephtha noch einmal Boten zum König der Söhne Ammons und sagte: „So spricht Jephtha: Israel hat nicht das Land Moabs und das Land der Söhne Ammons weggenommen. Als sie aus Ägypten heraufzogen, wanderte Israel durch die Wüste bis zum Schilfmeer und kam nach Kadesch. Israel sandte Boten zum König von Edom und bat: ‚Lass mich bitte durch dein Land ziehen.‘ Aber der König von Edom hörte nicht darauf. Auch zum König von Moab sandte Israel Boten, doch auch er wollte es nicht erlauben. So blieb Israel in Kadesch. Sie wanderten durch die Wüste und umgingen das Land Edom und das Land Moab. Sie kamen von Osten, von Sonnenaufgang her, zum Land Moab und lagerten jenseits des Flusses Arnon. Sie kamen nicht in das Gebiet Moabs, denn der Arnon ist die Grenze Moabs.“
In Vers 19 heißt es: „Israel sandte Boten zu Sihon, dem König der Amoriter, dem König von Hesbon, und bat ihn: ‚Lass uns bitte durch dein Land ziehen bis an meinen Ort.‘ Aber Sihon traute Israel nicht und ließ sie nicht durch sein Gebiet ziehen. Er versammelte sein ganzes Volk, lagerte sich in Jasa und kämpfte gegen Israel. Der Herr, der Gott Israels, gab Sihon und sein ganzes Volk in die Hand Israels, und sie schlugen sie. So nahm Israel das ganze Land der Amoriter, die jenes Land bewohnten, in Besitz. Sie nahmen das ganze Gebiet der Amoriter in Besitz, vom Arnon bis an den Jabok und von der Wüste bis an den Jordan. Der Herr, der Gott Israels, hatte die Amoriter vor seinem Volk Israel vertrieben. Und du willst uns vertreiben? Nimmst du nicht das in Besitz, was Chemosh, dein Steingott, dir zum Besitz gibt? Ebenso nehmen wir alles in Besitz, was der Herr, unser Gott, vor uns vertreibt.“
Jephtha fragte weiter: „Bist du etwa besser als Balak, der Sohn Zippors, der König von Moab? Hat er je mit Israel gerechtet und gegen sie gekämpft? Während Israel in Hesbon wohnte, in seinen Tochterstädten, in Aroer und seinen Tochterstädten und in allen Städten, die längs des Arnon liegen, dreihundert Jahre lang. Warum habt ihr sie damals nicht entrissen? Warum seid ihr in all den dreihundert Jahren nicht gekommen?“
Hier argumentiert der weise Jephtha mit seinen Feinden. Er möchte ihnen auf friedliche Weise sagen: „Es ist nicht recht, was ihr tut. Ihr habt kein Recht, uns anzugreifen.“
Wir können diese Geschichte auch auf unser Leben anwenden. Es gibt auch heute Situationen, in denen wir von der Geschichte her argumentieren müssen. Jephtha argumentiert von der Geschichte her und sagt: „Denkt an die Geschichte zurück, wie es damals war.“
Auch wir Christen müssen von der Geschichte her argumentieren, wenn uns jemand unser geistliches Erbe wegnehmen will, zum Beispiel die Bibel. Vielleicht meint man: „Uns will ja ohnehin niemand die Bibel wegnehmen.“ Das stimmt nicht. Es gibt Menschen, die wollen uns die Bibel wegnehmen. Sie diskutieren mit uns und sagen, die Bibel sei nicht Gottes Wort. „Was wollt ihr eigentlich mit eurer Bibel?“ Sie bringen ein falsches Evangelium.
Paulus hatte einmal einen Kampf gegen Menschen, die das Evangelium verfälschten und wegnehmen wollten. Das war im Galaterbrief, besonders in den Kapiteln 1 und 2. Dort argumentierte Paulus von der Geschichte her.
Im Galaterbrief ging es um die Frage, ob Christen sich vor dem Glauben beschneiden lassen müssen. Müssen sie das Gesetz Mose halten, um überhaupt Christen werden zu können? Müssen sie zuerst Juden werden, um Christen zu werden? Paulus schrieb in den Kapiteln 1 und 2 des Galaterbriefs, um das Erbteil, das Gott uns gegeben hat, zu bewahren, damit es uns niemand wegnimmt.
Die Galater wurden von falschen Lehrern bedrängt. Diese behaupteten, man müsse sich beschneiden lassen und das Gesetz Mose halten, um gerettet zu werden. So verfälschten sie das Evangelium. Paulus schrieb den Galaterbrief, um die Gläubigen vor dieser Verfälschung zu bewahren. Es waren Menschen, die den Galatern das Heil, das Erbe, wegnehmen wollten.
Paulus schreibt in Galater 5,4: „Wer aus Werken gerechtfertigt werden will, ist von der Gnade gefallen.“ Wenn ihr glaubt, eure falschen Lehrer hätten Recht und ihr müsstet Werke tun, um gerettet zu werden, dann seid ihr aus der Gnade gefallen. Man kann nicht beides haben: das Gesetz Mose und die Gnade gleichzeitig. Entweder Rechtfertigung aus Glauben oder Rechtfertigung durch Werke.
Vielleicht denken Sie: „Das ist nicht mein Problem.“ Aber für mich war es das. Ich komme aus der katholischen Kirche, und vielleicht sind manche von Ihnen auch damit konfrontiert. Die katholische Kirche lehrte, man müsse Werke tun, um gerettet zu werden. So wurde das Evangelium verfälscht und uns das Evangelium weggenommen. Man müsse Werke tun, um gerettet zu werden. Es war nicht das Evangelium der Gnade, sondern das Evangelium der Werke.
Viele Menschen haben im Laufe der Geschichte versucht, das Evangelium zu verfälschen. Einmal hatten wir eine Diskussion mit einem katholischen Pfarrer. Er sagte: „Ihr solltet dankbar sein, denn wir haben euch die Bibel gegeben.“ Ich dachte: Wie bitte? Die katholische Kirche hat uns die Bibel gegeben? Er sagte: „Ja, wir hatten die Bibel die ganze Zeit, und ihr habt sie jetzt wegen uns.“
Hat die katholische Kirche das Alte Testament geschrieben? Hat sie das Neue Testament geschrieben? Nein, das haben die Apostel geschrieben. Die Kirche hat uns das Evangelium nicht gegeben. Gott hat uns das Evangelium gegeben, so wie es im Neuen Testament aufgeschrieben ist.
Paulus diskutierte mit den Galatern und sagte: „Lasst euch das Evangelium nicht streitig machen, lasst euch nicht von der Gnade wegreißen.“ Er argumentierte von der Geschichte her: Als ich zum Glauben kam, hat Gott mir das Evangelium persönlich offenbart. Dann ging ich drei Jahre nach Arabien und war dort mit Gott allein. Später kam ich nach Jerusalem und sprach mit Petrus. Wir stellten fest, dass Petrus dasselbe Evangelium verkündete wie ich.
Paulus sagt: „Ich habe mein Evangelium nicht von Petrus bekommen.“ Die katholische Kirche behauptet, Petrus sei der Papst. Paulus hat sein Evangelium weder von Petrus noch von der katholischen Kirche erhalten. Paulus argumentiert von der Geschichte her: Lasst uns das Evangelium nicht wegnehmen.
Auch heute gibt es Leute, die sagen: „Die Bibel ist Menschenwort.“ Dem müssen wir widersprechen. Wir müssen von der Geschichte her argumentieren. Gott hat Paulus das Evangelium offenbart. Das Evangelium, das Paulus erhielt, ist dasselbe, das Petrus verkündete.
Sie einigten sich, dass Petrus bei den Juden und Paulus bei den Heiden predigen sollte. Das steht im Galaterbrief, den ersten beiden Kapiteln.
Jephtha war sehr weise im Umgang mit seinen Feinden. Er sprach und berief sich auf die Geschichte. Auch wir sollen uns auf die Geschichte berufen – die Geschichte des Apostels Paulus. Gott hat ihm das Evangelium offenbart, und das Evangelium, das wir glauben, haben wir nicht von Menschen erhalten. Paulus selbst sagt: „Das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, habe ich nicht von Menschen bekommen. Ich habe mich auch nicht mit Menschen besprochen. Das ist nicht menschlichen Ursprungs.“
Manche behaupten, Paulus habe das Evangelium von Menschen bekommen. Nein, er hat es direkt vom Herrn Jesus erhalten. Was Paulus vom Herrn Jesus empfangen hat, dürfen wir uns nicht wegnehmen lassen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Leute uns sagen, die Bibel sei nicht Gottes Wort.
Dafür müssen wir kämpfen. Das ist nur ein Beispiel. Jephtha kämpfte, damit das Erbe dem Volk Israel nicht weggenommen wird. Er argumentierte von der Geschichte her: „Gott hat uns dieses Land gegeben, Gott hat uns dieses Erbe geschenkt, und ihr habt kein Recht, es uns wegzunehmen.“
Jephthas Gelübde und die Begegnung mit seiner Tochter
Gut, wo waren wir gewesen? Vers 27: „Nicht ich habe gegen dich gesündigt“, sagt Jephtha, „nicht ich habe gegen dich gesündigt, sondern du, König der Ammoniter, du tust mir Unrecht, weil du gegen mich kämpfen willst. Der Herr, der Richter, richte heute zwischen den Söhnen Israels und den Söhnen Ammons.“
Mir gefällt dieser Satz: „Der Herr, der Richter, richte zwischen euch.“ Was hat Jephtha hier getan? Er hat nicht gesagt: „Ich bin der Richter Israels.“ Sondern: Der Herr ist der Richter Israels. Und der Herr soll eingreifen. Der Herr, der Richter Israels, richte heute zwischen den Söhnen Israels und den Söhnen Ammons.
Der Herr ist König. Jephtha rechnet noch mit dem unsichtbaren König, dem Herrn. Aber der König der Söhne Ammons hörte nicht auf die Worte Jephthas, die er zu ihm gesandt hatte. Und es kam der Geist des Herrn über Jephtha.
Er zog durch Gilead und Manasse und zog nach Mizpa in Gilead. Von Mizpa in Gilead zog er gegen die Söhne Ammons. Und Jephtha gelobte dem Herrn ein Gelübde und sagte: „Wenn du die Söhne Ammons wirklich in meine Hand gibst, dann soll der, wer es auch sei, der aus der Tür meines Hauses herauskommt, mir entgegen, wenn ich in Frieden von den Söhnen Ammons zurückkehre, dem Herrn gehören. Und ich werde ihn als Darbringungsopfer darbringen.“
Hier geht es jetzt an den Kampf. Bevor Jephtha kämpft, tut er seinen Mund auf – nicht gegen den Herrn, sondern zum Herrn hin. Er tut ein Gelübde, ein Versprechen. Er gelobte dem Herrn ein Gelübde mit seinem Mund. Und da hat er seinen Mund zu schnell aufgetan.
Also der gleiche, der seinen Mund gut aufgetan hat im Streit gegen die Ammoniter, der hat hier seinen Mund zu schnell aufgetan. Was war hier? Nun, lesen wir mal weiter:
„Und so zog Jephtha gegen die Söhne Ammons, um gegen sie zu kämpfen. Und der Herr gab sie in seine Hand. Er schlug sie von Aroer an bis nach Minid, zwanzig Städte bis nach Abel Keramim. Eine sehr große Niederlage unter ihnen, und die Söhne Ammons wurden gebeugt vor den Söhnen Israels.“
Ein wunderbarer Sieg! Der Herr hat gekämpft, der Herr hat sie in die Hand gegeben. Er hat die Feinde in die Hand Israels gegeben.
Vers 34: „Und als Jephtha nach Mizpa zu seinem Hause kam, siehe, da trat seine Tochter ihm entgegen mit Tamburinen und mit Reigen. Sie war die Einzige, und außer ihr hatte er weder Sohn noch Tochter.“
Als er sie sah, zerriss er seine Kleider und sagte: „Ach, meine Tochter, tief beugst du mich nieder, und du bist unter denen, die mich in Trübsal bringen. Denn ich habe meinen Mund gegen den Herrn aufgetan, und ich kann nicht zurück.“
Sie sagte zu ihm: „Mein Vater, hast du deinen Mund gegen den Herrn aufgetan? So tue mir, wie es aus deinem Mund hervorgegangen ist, nachdem der Herr dir Rache verschafft hat an deinen Feinden, den Söhnen Ammons.“
Sie bat ihren Vater: „Lass mich zwei Monate von dir weggehen, dass ich hingehe und auf die Berge hinabsteige und meine Jungfrauenschaft, oder meine Ehelosigkeit, beweine – ich und meine Freundinnen.“
Er sagte: „Gehe hin.“ Und er entließ sie für zwei Monate. Sie ging hin, sie und ihre Freundinnen, und beweinte ihre Jungfrauschaft, also ihre Ehelosigkeit, dort auf den Bergen.
Am Ende von zwei Monaten kehrte sie zu ihrem Vater zurück. Er vollzog an ihr das Gelübde, das er gelobt hatte. Sie erkannte keinen Mann, oder sie hatte keinen Mann erkannt.
Und es wurde Brauch in Israel: Jahr für Jahr gehen die Töchter Israels hin, um die Tochter Jephthas, des Gileaditas, im Wechselgesang zu besingen – vier Tage im Jahr.
Bedeutung des Gelübdes und die Haltung Jephthas Tochter
Worum geht es hier? Es handelt sich um ein Glaubensgelübde, das Jephtha dem Herrn aus Liebe zu Gott ablegt. Er möchte Gott das geben, was ihm gebührt. Es geht ihm um die Ehre Gottes. Jephtha will zeigen, dass Gott der Feldherr war, der ihm zum Sieg verholfen hat. Deshalb möchte er dem Herrn etwas zurückgeben.
Wenn man einen Sieg erringt, wird der Feldherr gefeiert, mit Reigen und Tanz empfangen. So kehrt auch Jephtha nach Hause zurück und sagt, dass derjenige, der ihm aus der Tür seines Hauses entgegenkommt, dem Herrn geweiht werden soll. Er will Gott mit etwas ehren, das ihm etwas kostet – etwas aus seinem Haus, das er Gott weihen möchte.
Jephtha denkt dabei nicht weiter darüber nach, wer ihm entgegenkommen könnte. Viele Menschen kommen einem Feldherrn entgegen, wenn er heimkehrt. Er möchte, dass es ihn etwas kostet, und sagt: Wer aus der Tür meines Hauses herauskommt, um mir bei meiner Rückkehr von den Söhnen Ammons zu begegnen, der soll dem Herrn geweiht werden. Im Text steht nicht, dass es der Erste oder der Erste sein muss, der herauskommt, sondern einfach derjenige, der herauskommt.
Natürlich denkt Jephtha an einen Menschen, nicht an seinen Hund oder an irgendwelche Tiere. Er erwartet, dass vielleicht seine Knechte oder seine besten Leute aus seinem Haushalt ihm entgegenkommen. Sie sollen dem Herrn geweiht werden und ihm gehören. Es geht also ganz sicher um Menschen, nicht um Tiere oder Schafe, die aus der Küche herauskommen und Gott geopfert werden sollen.
Er will dem Herrn Ehre bringen und überlässt Gott die Wahl, was er bekommen soll. Manche meinen, Jephtha hätte ein Menschenopfer bringen wollen. Das steht aber nicht im Text. Es steht nicht, dass er einen Menschen opfern wollte. Das wäre furchtbar gewesen. Die Ammoniter und Moabiter brachten ihren Dämonen Kinderopfer dar – ein schrecklicher Gräuel der Götzendiener im ganzen Land.
Gott hatte gesagt, dass man nicht so handeln soll wie diese Götzendiener, die sogar ihre Kinder opfern. Natürlich war es nicht Jephthas Wunsch, dem Herrn ein Menschenopfer zu bringen. Im griechischen Text steht, dass er ein Ganzopfer oder ein Darbringungsopfer dem Herrn weihen will. Für Jephtha und die Israeliten war klar, dass Gott kein Menschenopfer annimmt.
In 1. Mose 22 wird deutlich, dass seit der Geschichte mit Isaak für alle Zeit klar ist, dass Gott niemals Menschenopfer will. Er verabscheut das. Auch in 5. Mose 18,9-10 wird das ausdrücklich verboten. Gerade deshalb sollen die Ammoniter besiegt werden, weil sie das Land durch ihre schrecklichen Menschenopfer unrein machen.
Interessant ist ein Zusatz im Text: „Der soll dem Herrn gehören.“ Das bedeutet, dass das, was dem Herrn geweiht wird, in seinen Besitz übergeht. Wenn es ein Mensch wäre, musste man früher das, was dem Herrn gehört, mit Geld loskaufen. Jephtha wollte das aber nicht. Er wollte dem Herrn keine Geldsumme geben, sondern Menschen, vielleicht seine kostbarsten Diener, die ihm entgegenkommen. Diese sollten dem Herrn geweiht werden, sodass sie jetzt dem Herrn gehören.
Das bedeutet, sie dienen nicht mehr im Haushalt von Jephtha, sondern sind abgesondert für den Herrn. Er wollte sie nicht durch Geld loslösen, sondern sie sollten Gott ganz gehören. Er hatte also vor, einen Menschen Gott darzubringen, der lebenslang dem Herrn dienen sollte.
Als Jephtha nach Hause kommt, erschrickt er, denn es ist seine Tochter, die ihm entgegenkommt. Sie ist nicht nur seine einzige Tochter, sondern überhaupt sein einziges Kind. Was bedeutet das, wenn er sie dem Herrn weihen soll? Es bedeutet, dass sie nie heiraten wird. Für einen Israeliten, der nur ein Mädchen hat, ist das eine große Tragödie.
Die größte Hoffnung war, dass die Tochter heiratet und viele Nachkommen bekommt. Für jedes Mädchen in Israel war es eine große Ehre und ein Wunsch, viele Nachkommen zu haben, wie Gott es gesagt hat: „Seid fruchtbar und vermehrt euch.“ Doch Jephtha hat dem Herrn ein Gelübde abgelegt, dass dieses Mädchen dem Herrn geweiht wird – für den Dienst des Herrn ihr ganzes Leben lang.
Sie wird abgesondert sein und kein normales Leben führen dürfen. Sie wird kinderlos bleiben. Für Jephtha bedeutet das: Er wird keine Nachkommen haben, denn sie ist sein einziges Kind. Sie hatte noch keinen Mann gehabt und wird auch keinen Mann erkennen.
Jephtha erschrickt, weil ihm bewusst wird, dass sein Gelübde ihn kinderlos macht. Vielleicht denkt er auch daran, dass als Oberhaupt Israels seine Dynastie nun endet, weil er keine Nachkommen haben wird. Er hatte nie gedacht, dass es seine Tochter sein würde, die ihm entgegenkommt. Die unverheirateten Mädchen blieben normalerweise zuhause und traten nicht an die Öffentlichkeit.
Nun gilt seine Tochter für ihn wie tot. Sie muss in Absonderung leben für den Herrn. Jephtha merkt, was er getan hat – er hat ein schnelles Gelübde abgelegt, das er nicht hätte tun müssen. Seine Tochter klagt nicht und beweint nicht, als ob sie sterben müsste. Im Text steht nicht, dass sie sterben muss.
Was sie beweint, ist ihre Ehelosigkeit. Sie muss ihr ganzes Leben lang ehelos bleiben. Jung zu sterben wäre in Israel kein Problem gewesen, aber als junge Frau ehelos zu bleiben, war ein schweres Los.
Sie wird bis zu ihrem Tod Jungfrau bleiben, als einzige Tochter des Führers von Israel. Doch sie sagt: „Herr, Vater, wenn das so ist, wie du gelobt hast, dann mach es so, wie du gelobt hast. Aber gib mir Zeit. Ich möchte zuerst mit meinen Freundinnen in die Berge gehen und dort über meine Ehelosigkeit weinen, dass ich mein ganzes Leben lang ehelos bleiben werde.“
Jephthas Vermächtnis und der Bruderkrieg mit Ephraim
Zusammenfassend lässt sich sagen: Jephter war kein Molochdiener, sondern der Befreier Israels. Er war kein Dämonendiener, wie es die schändlichen Israeliten, die schändlichen Moabiter und Ammoniter taten, die ihre Kinder als Opfer darbrachten – nämlich als Menschenopfer. Hat Israel Menschenopfer gebracht? Nein, niemals. Auch nicht zur Zeit Ahabs oder während des schlimmsten Verfalls. Menschenopfer zogen die Todesstrafe nach sich. Wenn ein Israelit so etwas getan hätte, wäre er sofort getötet worden.
Auch die Priester hätten so etwas niemals zugelassen. Ein Menschenopfer müsste ja im Tempel dargebracht werden, denn dem Herrn werden Opfer nur im Tempel dargebracht. Kein Priester hätte jemals einen Menschen dem Herrn dargebracht. Das wäre ein Gräuel gewesen.
Vers 39 ist löblich ausgedrückt, also Vers 39 hier im Text: Er vollzog an ihr sein Gelübde, das er gelobt hatte, und es wurde zur Ordnung in Israel. Von Jahr zu Jahr gehen die Töchter Israels hin, um die Tochter Jephthas des Gileaditers vier Tage im Jahr zu besingen.
Brandopfer, also Ganzopfer, können unblutige Opfer sein. Das Wort, das hier verwendet wird, bedeutet eine Darbringung, bei der man Gott etwas darbringt, sodass es jetzt dem Herrn gehört. Es geht hier also nicht darum, wie manche meinten, dass Jephter seine eigene Tochter getötet hätte. Nein, Gott hätte in diesem Fall ein ernstes Wort gesprochen und hätte in der Bibel klar gesagt, welch eine Gräueltat das gewesen wäre. Aber zum Glück hat er das nicht getan. Stattdessen hat Jephter seine Tochter dem Herrn geweiht. Sie hatte noch keinen Mann erkannt und erkannte auch weiterhin keinen Mann.
Das Problem Israels zu jener Zeit war, dass sie Befreiung wollten, aber nicht das Oberhaupt des Herrn. Sie wollten nicht, dass der Herr König in Israel sei. Sie wollten ihre eigenen Wege gehen und den Herrn nicht als Haupt haben. Nun kommt Jephter und soll ihr Haupt sein.
Es kam so weit, dass Jephter seine Gedanken an eine Königsdynastie ganz sicher nicht zu Ende führen konnte. Auf diese Weise hat der Herr auch beibehalten, dass in Israel keiner König wurde.
Noch kurz ein paar Worte zu den Versen 1 bis 7 in Kapitel 12:
Die Männer von Ephraim wurden zusammengerufen und zogen hinüber nach Norden. Sie sagten zu Jephter: „Warum bist du hinübergezogen, um gegen die Söhne Ammons zu kämpfen, und hast uns nicht gerufen, damit wir mit dir gingen? Wir werden dein Haus über dir mit Feuer verbrennen.“ Die Ephraimiter waren beleidigt. Das war ähnlich wie bei Gideon in Kapitel 7 oder in Kapitel 8, Vers 1, wo die Ephraimiter ebenfalls beleidigt waren. Hier in Kapitel 12, Vers 1, sind sie noch einmal beleidigt, weil sie nicht mitkommen durften. Sie wollten gerne für den Herrn kämpfen, waren eifrig, aber schnell beleidigt.
Manche Christen sind auch so: Sie wollen für den Herrn dienen, und wenn man sie nicht sofort ruft, sind sie beleidigt. Gideon hat damals sehr weise geantwortet, aber Jephter ist mit seinem Mund wieder schnell. Hier sehen wir einen Fehler von Jephter: Er öffnet den Mund und spricht auf eine Weise, wie man das nicht tun darf.
Jephter sagte zu ihnen: „Einen heftigen Streit haben wir gehabt, ich und mein Volk, mit den Söhnen Ammons, und ich rief euch. Aber ihr habt mich nicht aus ihrer Hand gerettet. Als ich sah, dass ihr nicht helfen wolltet, setzte ich mein Leben aufs Spiel und zog gegen die Söhne Ammons. Der Herr gab sie in meine Hand. Warum seid ihr denn an diesem Tag gegen mich heraufgezogen, um gegen mich zu kämpfen?“
Jephter rechtfertigt sich und geht gleich zum Gegenangriff über. Er ist kein Diplomat, nicht friedlich, sondern scharf. „Warum seid ihr gekommen, um gegen mich zu kämpfen?“ Die Ephraimiter wollten nicht wirklich gegen Jephter kämpfen, sie drohten nur, sein Haus anzuzünden.
Natürlich war das nicht freundlich von den Ephraimitern. Aber verstehen wir: Jephter reagiert sehr scharf und gibt ihnen mit voller Wucht zurück. Ein Satz zu viel, oder? Manchmal passiert uns das auch. Es gibt Gespräche, und dann denkt man: „Jetzt habe ich einen Satz zu viel gesagt.“ Hätte ich das nicht gesagt, wäre kein Streit entstanden.
Vers 4: Jephter versammelte alle Männer von Gilead und kämpfte gegen Ephraim. Er fragte nicht lange, es gab keine weitere Unterhaltung. Er ging sofort zum Kampf gegen die Brüder, die Ephraimiter, also gegen Israeliten. Die Männer von Gilead schlugen Ephraim, denn sie hatten gesagt: „Flüchtlinge Ephraims seid ihr, Gilead mitten in Ephraim, mitten in Manasse.“
Jetzt hat Jephter sein diplomatisches Geschick völlig verloren. Sein Temperament geht mit ihm durch, und es geht ihm letztlich um seine eigene Ehre. Letztlich ist es Stolz, der zu Streit unter Christen führt. Ich frage mich oft: Was ist eigentlich der Grund? Es ist Stolz, eigene Ehre, man kämpft für den eigenen Ruhm.
Der Apostel Jakobus sagt: „Seid langsam zum Reden, langsam zum Zorn, haltet die Zunge im Zaum. Lieber nichts sagen, als etwas, was dem Herrn nicht gefällt und Streit erzeugt.“ Hier zeigt sich ein schlimmer Charakterfehler.
Jephter sagt: „Ihr benehmt euch ja nicht wie die Ammoniter, und doch wollt ihr gegen mich kämpfen.“ Aber das hatten die Ephraimiter gar nicht gesagt.
Wie hätte man richtig reagieren sollen? „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“, sagte Herr Jesus. Er hätte ruhig und demütig reden können, wie Gideon. Er hätte die Ephraimiter ermutigen können: „Wir sind doch ein Volk, wir kämpfen gegen die Feinde. Warum wollen wir miteinander streiten? Der Herr hat für euch auch einen Dienst. Es gibt noch genug zu kämpfen. Kommt, wir kämpfen gemeinsam, Schulter an Schulter.“
Das hat Jephter nicht getan, sondern Vorwurf gegen Vorwurf erhoben. Gibt es das auch bei uns Christen manchmal? Da kommt jemand mit einem Vorwurf, und man antwortet: „Wenn der mir so kommt, dann komme ich auch so.“ So hat es der Herr Jesus sicher nicht gemeint.
Jephter begann den Bruderkrieg, nicht die anderen. Die Ephraimiter hatten nur gespottet: „Flüchtlinge Ephraims seid ihr, Gilead!“ Sie waren auf der anderen Seite des Jordans geblieben, und dann begannen sie zu streiten. Aber das rechtfertigt keinen Krieg.
Die Ursache für Streit unter Glaubensgeschwistern ist oft Eigensinn, Selbstherrlichkeit, Hochmut oder Beleidigtsein.
Vers 5: Von Gilead nahm Ephraim die Jordanfurten ein. Wenn ein Flüchtling von Ephraim sagte: „Lass mich hinübergehen“, fragten die Männer von Gilead ihn: „Bist du ein Ephraimiter?“ Wenn er „Nein“ sagte, forderten sie ihn auf, „Schibboleth“ zu sagen. Die Ephraimiter konnten das „Sch“ nicht richtig aussprechen und sagten „Sibboleth“. So wurde er als Ephraimiter erkannt.
Wenn er „Sibulet“ sagte und es nicht richtig aussprach, ergriffen sie ihn und töteten ihn an den Furten des Jordan. In jener Zeit fielen von Ephraim 42.000 Menschen. Man mag es kaum glauben, wenn man diese Zahl liest – ein halber Stamm wurde von Brüdern ausgerottet. Brüder rotten Brüder aus.
Das war ein großer Fehler von Jephter. Ich bin froh, dass Gott im Hebräerbrief Kapitel 11 manche Dinge aus seinem Gedächtnis gelöscht hat. Jephter wird dort als Glaubensheld genannt. Ja, er ist ein Held des Glaubens. Er hat mit Gott einen Sieg gegen die Ammoniter errungen. Das, was mit den Ephraimitern geschah, hat Gott schnell vergessen. Jephter war der, der diesen Bruderkrieg begonnen hat.
Jephter richtete Israel sechs Jahre. Er starb und wurde in einer der Städte Gileads begraben.
Statt gemeinsam gegen die Feinde des Herrn zu kämpfen, kämpften sie gegeneinander. Gibt es das heute auch? Ich frage mich manchmal: Warum muss das sein? Da gibt es eine Nebenfrage, eine Endzeitfrage, und dann kämpfen die Christen gegeneinander und zerfleischen sich, während draußen die Menschen verloren gehen.
Wir dürfen einander nicht bekämpfen, nur weil wir nicht das richtige Schibboleth aussprechen können. Wir sagen Verschiedenes und meinen manchmal dasselbe.
Der Herr möge uns vor diesen Fehlern bewahren, die Jephter hier begangen hat.
Wir wollen an dieser Stelle abbrechen. Morgen werden wir den sechsten Richter, Simson, betrachten. Möge der Herr uns segnen.