Einführung in den Epheserbrief und seine Bedeutung
Wir beginnen heute mit dem Epheserbrief. Ich möchte Sie nicht mit Bemerkungen über das Äußere des Briefes aufhalten. Darauf werden wir später noch eingehen, zum Beispiel, wo Paulus den Brief geschrieben hat. Das ist jetzt nicht so wichtig.
Eigentlich wollte ich heute Abend nur die ersten beiden Verse behandeln. Lange habe ich überlegt, ob wir bis Vers 14 gehen sollen. Dann dachte ich, es ist vielleicht besser, im Epheserbrief langsam voranzugehen, um einzelne Stellen genauer zu betrachten.
Paulus schreibt: „Paul ist ein Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes an die Heiligen in Ephesus, die Gläubigen in Christus Jesus. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“
Der Epheserbrief hat ein zentrales Thema: das Wunder der Gemeinde. Dieses Thema werden wir in vielen Bibelabenden immer wieder entdecken.
Heute ist es oft schwierig, wenn man von Kirche spricht. Viele denken dabei an eine Organisation, an eine Denomination, an Steuerfragen oder an parochiale Abgrenzungen. Man sagt zum Beispiel: Ich gehöre zur Pauluskirche, zur Rosenbergkirche oder zur Sillenbucherkirche oder Ludwighoferkirche.
Wir verwenden deshalb lieber das Wort Gemeinde, weil es ausdrückt, dass wir eine Gemeinschaft von Christen sind. Aber auch bei diesem Wort Gemeinde haben viele von uns Schwierigkeiten, weil es oft nur als eine Organisation verstanden wird.
Die wahre Bedeutung von Gemeinde und Gemeinschaft
Was bedeutet es heute Abend für Sie, hier unter anderen Menschen zu sitzen?
Oft denkt man noch ein wenig verächtlich darüber, wenn man sagt: Kümmern Sie sich, sprechen Sie mit anderen – als wäre es eine soziale Pflicht, wie man im Wirtshaus sagt. Sie verstehen immer noch nicht, dass eine Gemeinde der Wohnplatz Gottes in der Welt ist. Eine Gemeinde, die natürlich alle Mängel hat und aus den unterschiedlichsten Menschen besteht.
Ich habe auf meinem Zettel notiert: Gemeinde ist Gottes Gegenwart in schmutzigen Kleidern. Sehen Sie, Gott hat sich einen Platz in der Welt gesucht, an dem er gefunden wird. Das ist ein Tempel in diesen Menschen.
Natürlich können Sie in eine Gemeinde kommen und sagen, dass Sie dort nichts von der Gegenwart Gottes erleben. Ich wünsche Ihnen aber, dass Sie heute Abend spüren, dass es nicht nur darum geht, das Wort zu hören und sich dann isoliert hinzusetzen. Das ist eine große Gefahr: das Solochristentum.
Sie berauben sich dadurch eines großen Schatzes und einer großen Gabe, die Sie durch die Mitchristen erhalten. Vielleicht haben Sie es schon einmal erlebt, wenn jemand zu Ihnen kam, Sie völlig verzweifelt waren und sagte: „Ich bete mit dir.“
Haben Sie schon einmal erlebt, was Gemeinde wirklich ist? Zwei oder drei Menschen reichen aus, es müssen nicht viele sein. Ein Mensch, der Sie im Herzen trägt, der Sie liebt und Ihnen Gottes Gegenwart vermittelt.
Sie können sich diese Erfahrung nämlich nicht immer selbst machen.
Persönliche Erfahrungen mit Gemeinde und Gottes Gegenwart
Ich habe in meinem Leben schon sehr viel bekommen. Schon als ich ein Kind war, mit drei Jahren, gab es eine stark gehbehinderte Frau. Ich sehe sie noch vor mir, vor dem Johannesgemeindehaus. Sie hat mir die ersten Geschichten von Jesus erzählt.
Damals gab es eine Gemeinde, in der sogenannten Lämmergruppe, wie man früher die Sonntagsschule nannte. Dort war viel los, in Schülergottesdiensten und Kindergottesdiensten. Unvergesslich sind die Eindrücke, die wir dort mitbekommen haben. Man vergisst das manchmal, aber es bleibt in Erinnerung.
Auch in einem Hauskreis durfte ich durch die Liebe von Menschen viel erfahren. Das ist etwas Heiliges und Kostbares, was eine Gemeinde geben kann. Natürlich gibt es in einer Gemeinde auch manchmal Spannungen und Ärgernisse. Doch das stört nicht das, was Gott hineinlegt.
Über dieses Thema spricht Paulus im Epheserbrief an die Gemeinde in Ephesus.
Die Bedeutung von Gemeinschaft und Opferbereitschaft
Jetzt müssen wir Zeit finden, um die schönen Gesangbuchlieder einmal wieder durchzugehen. Oh, wie liebe ich, Herr, die Deinen, die dich suchen, die dich meinen! Oh, wie köstlich sind sie mir!
Meine Frau und ich haben das einmal in Rumänien erlebt, wo wir eine Versammlung hatten. Danach sind wir zweihundert Kilometer gefahren, um eine andere Versammlung zu besuchen. Zwei junge Leute sind damals die ganze Nacht durchgefahren, nur weil sie wieder Gemeinschaft gesucht haben. Sie waren in den kalten Zügen unterwegs, damals in den Siebzigerjahren, Rumänen, die sagten: „Ich will noch einmal dabei sein.“
Dass einem Gemeinschaft so kostbar werden kann, haben besonders die erlebt, die in der Gefangenschaft waren. Einer dieser russischen Menschen schrieb darüber. Ich habe das damals in meinem Russland-Sammelband mit Dokumenten der verfolgten Kirche festgehalten. Dort schrieb einer von den Deutschen: „Wenn ich doch nur noch einmal das erleben dürfte, dass Glocken läuten und dass ich in der Versammlung derer sitze, die da fröhlich die Lieder singen.“
Er war abgeschnitten, saß irgendwo in Zentralasien und schrieb diesen verzweifelten Brief. Ich habe niemanden. Wang Mingtao hat mir gesagt, dass er in 21 Jahren Straflager in China keinen einzigen Christen an seiner Seite hatte. Das ist das allerschwerste Martyrium: ganz allein zu sein und niemanden mehr zu haben.
Heute kann man oft aus der Kirche rauslaufen und sagen: „Ich brauche doch niemanden, das ist irgendein Firlefanz.“ Aber dabei berauben wir uns der Gemeinschaft. Gemeinschaft ist eine Gottesgabe.
Das Wunder ist doch, dass Gott in diesen komischen Organisationen leben will.
Verschiedene Gemeindeformen und ihre Herausforderungen
Wir können schon lange sagen: Ich verstehe die Volkskirche nicht, aber sie können wählen, was sie wollen. Ich kenne mich ein wenig aus und kenne auch freikirchliche Strukturen. Dennoch darf ich wirklich sagen, es ist gar nicht so wichtig, in welcher Struktur sie sind – alle haben ihre Mängel.
Unsere Volkskirche hat eine viel größere Freiheit, deshalb liebe ich sie so. Der Unglaube bricht in allen Gemeinden durch. Nach der ersten Generation der Gründerväter folgt sofort das Namenschristentum. Das kann man nicht durch Organisationen abdecken. Wenn sie immer wieder Sekten treffen, die sagen: „Jetzt haben wir das ganze Heil gefunden“, ist das doch nicht wahr. Da menschelt es erst recht.
Aber es ist wunderbar, dass Gott wohnen will und dass Gott dort anfängt. Interessant ist, wenn nur ein paar glaubende Menschen das suchen und beginnen, werden sie erleben, dass Gott sich dazu bekennt. Ich habe das entdeckt: Wenn junge Christen irgendwo in eine tote Gemeinde gegangen sind, einen Hauskreis begonnen haben, Bibel gelesen und gebetet haben, wo klar und unverkürzt das Wort Gottes gepredigt wurde, gab es Aufbruch, Leben und Gottesgegenwart war spürbar. Er hat Menschen mitgerissen.
Es ist umgekehrt, und es kam zum neuen Leben.
Das Wesen der Gemeinde im Neuen Testament
Im Neuen Testament wird die Gemeinde immer als Ekklesia bezeichnet. Dieses Wort drückt aus, dass es sich um eine Gemeinschaft handelt, die unter dem Ruf Gottes steht. Das ist von großer Bedeutung.
In der Gemeinde sollten wir alles vermeiden, was diesem Prinzip widerspricht. Leider ist dies auch der Grund für den Niedergang der Volkskirchen: Die Ämter spielen oft eine viel zu große Rolle. Die traditionellen Kirchen sind an ihren Ämtern zugrunde gegangen, besonders durch die Entartung eines unbiblischen Priesterverständnisses. Die Bibel lehrt jedoch das Priestertum aller Gläubigen.
Bitte beteiligen Sie sich nicht an einer falschen Betonung des Pfarramts. Das ist gut gemeint, aber wir müssen vorsichtig sein. Der Pfarrer ist ein Bruder unter Brüdern. Seine Aufgabe ist es, zu predigen, aber er steht genauso unter der Gemeinschaft der Brüder. Der Ruf kommt von Gott, und die entscheidende Frage ist immer: Redet Gott durch diese Person? Das sollte uns bewegen. Wie spricht Gott zu den verschiedenen Menschen?
Es hängt nicht vom Pfarrer allein ab. In der Jugendarbeit erlebt man oft die Willkür menschlicher Tyrannen, die die Gemeinde für ihre Eitelkeiten missbrauchen. Das ist das Schlimmste. Wir müssen darüber wachen, dass die Gemeinde unter dem Reden Gottes bleibt. Es geht einzig und allein darum, dass Gott unverkürzt zu uns sprechen kann.
Das Bild, das hinter dem Wort Ekklesia steht, ist die Gemeinde, die durch die Wüste zieht – das alttestamentliche Gottesvolk. Von der Feuer- und der Wolkensäule geleitet, zieht die Pilgerschar der Ewigkeit entgegen. Dieses Bild ist im Neuen Testament gemeint: Die Gemeinde wird vom lebendigen Gott geführt und geleitet auf ihrer Pilgerreise.
Wie wir es am Sonntag immer wieder bei Abraham hören, zieht auch er durch diese Welt, unter dem Ruf Gottes und wartet auf die Erfüllung, die Gott ihm schenkt. Wir sind noch nicht im Himmel, wir sind noch nicht im Schauen. Die Gemeinde durchlebt mancherlei Not, Anfechtung und Leiden, aber sie hat die Gegenwart Gottes.
Das ist immer wieder erhebend, wenn man das erlebt: Gott war unter uns, Gott hat uns gestärkt. Und das geschieht nicht nur im Gottesdienst, sondern auch in allen verschiedenen Gruppen und Kreisen, in denen man zusammenkommt.
Vielfalt der Gemeindeverfassungen und ihre Bedeutung
Die Gemeinde ist also kein Menschenwerk, keine Menschenorganisation. Das sind alles Dinge, die man nachordnen kann. Deshalb bin ich da so locker, damit Sie mich verstehen: Das ist keine Schlamperei. Man kann die Dinge der Gemeinde ganz verschieden ordnen.
Ich habe in Äthiopien erlebt, wie dort die größte evangelische Kirche eine presbyterianische Gemeinde ist. Sie hat im Grunde überhaupt keine Kirchenleitung. Dort gibt es etwa eine Million Gläubige, aber sie haben nur einen Kirchensekretär, der mit dem Moped herumfährt. Sie brauchen gar keine Zentralgewalt. Jeder Kirchengemeinderat, die Ältesten, sind stark und bilden eine Synode im Bezirk. Dort wird alles entschieden. Die Gemeinde opfert – wozu braucht man da einen Oberkirchenrat?
Es gibt aber genauso eine andere Verfassung, wie die Anglikaner. Denken Sie an Festukie Wentscher, die alles auf der bischöflichen Verfassung organisiert haben. Es gibt so viele Modelle: baptistische Modelle, kongregationale Modelle, darbistische Modelle. Wir denken an die Heilsarmee.
Wir sollten uns nicht lange streiten. Wir dürfen uns auch entscheiden für die eine oder andere Organisationsform. Aber das ist gar nicht so wichtig, weil Gott selbst seine Gemeinde baut. Wenn Sie an die Verheißung denken, die Jesus bei Petrus gesagt hat: „Auf diesem Grund will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle können sie nicht überwältigen.“ Wenn das geschieht, sind oft die äußeren Organisationsformen nicht so wichtig.
Darum bin ich mit Freuden ein Mann der Evangelischen Allianz. Wir sagen: Lasst uns doch aus unseren verschiedenen Gebilden zusammenkommen und wissen, dass die eine Gemeinde schon immer da war. Für Jesus gibt es die Trennung nicht. Es gibt immer nur eine Gemeinde, die Jesus anbetet.
So wie es im Himmel keine Schranken und keine farblichen Plätze gibt, um die Denominationen zu scheiden, wird die wahre Schar der Anbeter Jesu heute dort erlebt, wo wir uns in den Gebetsversammlungen treffen.
Wir können dies auch einfach nicht überspringen, denn wir leben in einer Welterspaltung, im Erbe Babels – des babylonischen Trennungstrichs aus den verschiedenen Sprachen. Wir werden immer wieder auf menschliche Schranken stoßen. Darunter müssen wir uns beugen. Aber es ist immer wieder erhebend, wenn wir die Bruderschaft wahrnehmen.
Ich weiß nicht einmal, welche Konfession mein lieber Bruder Paul Gupta hat, ob er Baptist ist oder Presbyterianer oder welcher Richtung er angehört. Das ist auch nicht wichtig. Ob wir Lutheraner sind oder doch halbe Reformierte oder schweizgeprägt – das spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass wir Jesusjünger sind, Jesusjünger, die ihn lieben, dort, wo Jesus seine Gemeinde in unseren Tagen baut.
Der apostolische Grund der Gemeinde
Und nun sehen wir hier, wie Paulus den Grund legt: Die Gemeinde wird immer auf dem Fundament der Apostel gebaut. Was bedeutet das? Apostolisch bezieht sich hier auf die Bibelkenntnis.
Im neuen Brockhaus-Lexikon, einem schönen, dreibändigen und teuren Nachschlagewerk, habe ich zum Beispiel den Artikel über „Senden“ und „Apostel“ geschrieben. Deshalb interessiert mich dieses Thema besonders.
Es gab also zwölf Apostel. Für Judas wurde ein zwölfter Apostel nachgewählt. Danach wurden jedoch keine Apostel mehr nachberufen. In der Bibel ist das manchmal etwas missverständlich, weil dort sogar bis zu 500 Personen als Apostel bezeichnet werden. Dabei ist mit „Apostel“ oft nur ein Gesandter oder Missionar gemeint, denn das Wort bedeutet übersetzt „Gesandter“.
Der wahre Apostel, so wie es im biblischen Sinn gemeint ist, wurde jedoch nicht ersetzt, wenn jemand starb. Man sieht das zum Beispiel daran, dass Timotheus, der gelehrige Schüler des Paulus, dem Paulus sehr viel Liebe entgegenbrachte, nie das Apostelamt übernommen hat, obwohl er dem Paulus so nahestand.
Das ist der beste Beweis: Wenn es so wäre, wie die Neuapostolischen behaupten – dass das Apostelamt weitergegeben werden müsse – dann wäre Timotheus ein Nachfolgeapostel geworden. Nein, die Apostel waren die ersten Zeugen, die dem Auferstandenen begegnet sind und den Grund der Gemeinde gelegt haben.
Auf diesem Fundament, dem Zeugnis der Apostel, ist die Gemeinde gebaut. Es kann keine neue Lehre geben. Wir werden uns gegen alles wehren, was nicht von den zwölf Aposteln stammt. Wir wollen keine neuen Apostel, denn genau dort liegt das Zeugnis der Apostel.
Paulus sagt, er sei ein Apostel Jesu Christi, ein Zeuge Jesu Christi, ein Bekenner Jesu, einer, der Jesus groß macht – das ist der Dienst der Gemeinde. Dieser Dienst geschieht durch den Willen Gottes. Man kann diesen Dienst nicht selbst wählen oder ausüben, wie Bruder Gupta, der manches erzählt. Es ist der Wille Gottes, der uns sendet.
Gott hat Paulus in das Amt gesetzt und ihn beauftragt. Es ist gut, dass das nicht von Menschen organisiert wird. Evangelisation ist kein Hirngespinst von ein paar verrückten Leuten, sondern der Wille Gottes, dass dieser Dienst in unseren Tagen weitergeht, dass die Gemeinde aufgebaut wird und das geschieht.
Die Bedeutung des göttlichen Willens für den Dienst
Ich kann mich noch nicht der Meinung anschließen, als ob Gott seine Hand von unserem Land abgezogen hätte.
Beten Sie auch täglich für den Evangelisationskongress, damit noch einmal ein Impuls in unserem Land ausgeht. Menschen sollen, getrieben durch den Willen Gottes, andere zu Jesus rufen und Gemeinden bauen.
Das ist ein weites Feld. Denken Sie nur an den Dienst, der in Krankenhäusern, Haftanstalten oder bei der Bundeswehr geschieht. Durch den Willen Gottes könnte selbst ein so eifriger Paulus keine Gemeinde bauen, wenn nicht Gottes Wille dahinterstünde.
Gott will es, und deshalb muss man das immer beim Besuchsdienst betonen. Ehrlich gesagt würde auch meine Zähigkeit gern ermüden, wenn ich nicht sagen könnte, dass Gott auch in den verschlossenen Herzen dieser Menschen seine Gemeinde bauen will.
Er will noch einige Herzen rufen, die heute verschlossen sind – durch den Willen Gottes. Es ist schön, dass er Paulus gleich sagt: Das ist mein Amt, mein Apostelamt.
Darum wurde Paulus nicht müde und nicht matt, sondern hat auch in Hindernissen ausgehalten.
Die Heiligen in Ephesus und das Leben in Christus
Und er schreibt an die Heiligen in Ephesus. Darf ich heute darauf verzichten, Ihnen die Geschichte von Ephesus noch einmal zu erzählen? Vielleicht kommen wir gelegentlich darauf zurück, wenn wir mehr Zeit haben. Lesen Sie dann noch einmal, wie das Evangelium nach Ephesus kam.
Es gab dort eine große Auseinandersetzung mit den okkulten, magischen Amuletten des Diana-Tempels – alles wurde in Ephesus ausgegraben. Dort fand man furchtbar viel obszönen Dreck, was die schreckliche Not des Heidentums zeigt.
In Ephesus spricht Paulus von den Heiligen. Das sind Menschen, sündige Menschen, die durch das Blut Jesu Christi Vergebung empfangen haben. Es sind Menschen, die ihr Leben im Licht Jesu geheiligt haben. Unser Leben wird ja immer wieder von der Sünde angefochten und beschädigt.
Doch das Schöne ist: Wenn wir durch Christus geheiligt sind und sagen, wir legen uns heute Abend geheiligt und von Christus ganz gereinigt schlafen, dann gilt das. Wir wollen eine Gemeinde der Heiligen sein, an die wir glauben. Das bedeutet nicht, dass hier fehlerlose Menschen versammelt sind, sondern Leute, die sehr wohl täglich ihre Sünde sehen, aber die die Vergebung Jesu in Anspruch nehmen und sich heiligen lassen.
Heiligung ist also die Wirkung des Blutes Jesu. Verstehen Sie das: Paulus meint mit dem Wort nicht etwas Äußerliches, sondern etwas, das ich in Anspruch nehme. Und das andere sind dann die Gläubigen in Christus Jesus, die mit Jesus verbunden sind.
Wir hatten ja am Sonntag auch in der Predigt noch einmal darauf hingewiesen, dass das Wort „Glauben“ bei uns oft zu farblos wird, weil wir beim Glauben unterschlagen, was Paulus immer mitmeint.
Glaube als Gehorsam und Lebensweg
Im Neuen Testament ist der Glaube, wenn man das Wort genau liest, niemals nur ein Gefühl. Er ist immer auch Gehorsam, ein wirkliches Gehen auf dem Weg, den Gott einem jetzt sendet.
Mit diesen Gläubigen meint er die Gemeinde – Menschen, die das Blut Jesu erfahren haben, die sich von ihren Sünden gereinigt haben, die mit Jesus verbunden sind und seinen Willen tun. Sie vertrauen ihm.
Er wünscht ihnen heute Abend, dass sie den reichen Segen erfahren. Es hat sich gerade gelohnt, diese zwei Verse zu betrachten: „Gnade sei mit euch.“
Sie wissen, wie oft ich das sage und wie sehr ich darunter leide, dass das Wort „Gnade“ oft abgegriffen ist. Gnade bedeutet doch, dass Gott sich ganz tief zu uns herunterbeugt, in die Tiefe des Wünschers der Gemeinde. Gott begegnet ihnen mit seinem grenzenlosen Erbarmen.
Wir sind ein ganzes Leben lang auf die Erbarmung und die Gnade Gottes angewiesen. Es ist der größte Wunsch des Herrn, dass er dir gnädig sei und sich deiner erbarme.
Die Notwendigkeit der Gnade und Demut
Liebe Freunde,
am Montag hatten wir die Losung im Losungsbüchlein. Gestern ging es um die Demut, insbesondere darum, dass sich der Pharao nicht vor Gott demütigt. Das ist eine sehr wichtige Sache.
Ich weiß, wie viele von Ihnen darunter leiden und sich fragen: Warum bin ich eigentlich so oft traurig? Leiden Sie nicht darunter, sondern freuen Sie sich, wenn Sie traurig sein können. Das Allerschlimmste ist, wenn Sie stolz sind und meinen, im Christentum bereits perfekt zu sein. Es ist furchtbar, wenn man auf perfekte Christen trifft, die keine Gnade mehr brauchen.
Es ist eigentlich ein schönes Kennzeichen, wenn das Thema Gnade bei uns präsent ist – auch in den Hauskreisen sprechen wir darüber. Wir brauchen täglich die Gnade Jesu. Wir kommen nie ohne seine große Liebe und sein Erbarmen aus.
Ich wünsche Ihnen den Frieden von Gott. Das bedeutet, dass Gott immer wieder Mauern wegräumt und den Weg frei macht, damit er in unserem Leben wirken und bei uns sein kann.
Gnade und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.
Abschlussgedanken: Woher kommt neues Leben?
Lassen Sie mich heute mit einem Gedanken abschließen. Paulus spricht in den ersten Versen davon, woher ein neues Leben kommt. Ganz praktisch ausgedrückt verstehen wir es immer besser, wenn wir nicht von der Bibel ausgehen, sondern von außen betrachten.
In vielen Gemeinden hört man heute, dass man wieder etwas aktivieren muss, dass ein neues Leben entstehen soll. Dann wird alles Mögliche organisiert: Es werden Zettel gedruckt, Veranstaltungen geplant, Leute eingeladen, die Kirche neu renoviert und neue Ordnungen beschlossen. Eines Tages bekommen die Pfarrer vielleicht sogar bunte Flickentalare, weil man meint, das sieht viel netter aus als das schwarze Gewand.
Man kann alles schön gestalten, aber es entsteht kein Leben. Was haben Sie in den letzten dreißig Jahren erlebt? Ich erinnere mich noch gut daran, wie es war, als Kurt Rommel in Cannstatt mit dem Kinogottesdienst begann und man dachte, jetzt kommt neues Leben. Doch es war der Ausverkauf der Kirche; die Letzten wurden hinausgetrieben.
Wo hat es wirklich neues Leben gegeben? Wenn neue Gesangbücher erscheinen oder wir wieder nach dem alten Gölz die reformatorischen Klänge singen – die Sprache versteht doch heute kaum noch jemand. Also haben diese äußeren Dinge kein neues Leben gebracht.
Neues Leben kommt nur durch den Sinn des apostolischen Zeugnisses: von Gott dem Vater, von Jesus Christus, von seiner Heiligung und von dem Frieden, den er gibt. Dorther kommt das neue Leben. Das erleben wir immer wieder.
Dort möchte ich Ihnen Mut machen: Wenn Sie dieses Leben wollen, müssen Sie Gemeinschaft suchen. Dort erleben Sie auch Gemeinde. Natürlich wandert man gerne mal, oder geht schwimmen, um Gemeinde zu leben. Aber wirklich erlebt man sie dort, wo man Gemeinschaft mit Christus hat, wo man miteinander das Glaubensleben bespricht – zum Beispiel auf dem Nachhauseweg – und wo man jemanden findet, der einen im Glauben stärkt und ermutigt.