Ich bin aus Hünfeld bei Fulda gekommen. Die Gemeinde, die Brüder, haben mich eingeladen, im nächsten Jahr, wenn Gott will, Anfang März 2002 zu einer Evangelisation zu kommen. Das ist schon bald, denn die Zeit vergeht sehr schnell.
Ich habe es mir zur Regel gemacht, wenn ich irgendwo zum ersten Mal in einer Gemeinde bin, dass es gut ist, sich vorher an einem Wochenende ein bisschen kennenzulernen. So haben wir es an diesem Wochenende versucht.
Gestern fand eine Schulung, ein Seminar für persönliche Evangelisation statt. Eine ganze Reihe von euch hat daran teilgenommen. Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wir die Menschen unserer Zeit, unsere Generation, unsere Zeitgenossen, für das Evangelium gewinnen können. Das war unser Programm gestern, und ich denke, wir hatten eine schöne und gesegnete Zeit zusammen.
Heute Morgen möchte ich in diesem Gottesdienst gerne eine Vorbereitungsbotschaft an die ganze Gemeinde weitergeben. Damit sind wir alle gemeint und angesprochen. Gestern war nur ein Teil dabei, vielleicht 35 Geschwister. Heute Morgen richtet sich die Botschaft an jeden Einzelnen der ganzen Gemeinde hier – und auch an mich selbst.
Ich möchte über die Voraussetzungen für eine fruchtbare Evangelisation sprechen. Wir wollen nämlich nicht nur eine Evangelisation durchführen, damit sie mal wieder stattgefunden hat, so alle Jahre wieder. Das ist zu wenig. Wir wollen das nicht nur abhaken. Wenn wir es tun, dann wollen wir es mit aller Ernsthaftigkeit, mit aller Freude und mit der gebührenden Vorbereitung durchführen.
Grundlegende Gedanken zur Evangelisation
Ich lese zu Beginn zwei Schriftstellen, die wir, denke ich, aus dem Alten Testament gut kennen: Jesaja 52,11. Dort heißt es: "Reinigt euch, die ihr die Geräte des Herrn tragt, reinigt euch, die ihr des Herrn Geräte tragt." Ein wichtiges Wort aus dem Alten Testament.
Dazu ergänzend aus dem Neuen Testament, 1. Korinther 15,58: Da schreibt der Apostel Paulus: "Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unerschütterlich, allezeit überströmend in dem Werk des Herrn, da ihr wisst, dass eure Mühe im Herrn nicht vergeblich ist." Wenn wir uns im Herrn mühen, dann wird unsere Mühe nicht vergeblich sein.
Liebe Brüder und Schwestern, liebe Freunde, wir haben für das nächste Jahr eine Evangelisation geplant. Eine Evangelisation ist keine Lehrwoche. Es ist wichtig, dass eine Gemeinde auch Lehrwochen oder Bibelwochen hat, in denen das Wort Gottes in besonderem Maße gelehrt und ausgelegt wird. So können wir im Glauben wachsen und vertieft werden. Das ist sehr wichtig.
Aber eine Evangelisation ist keine Lehrwoche. Wir haben auch keine Rüstwoche geplant und keine Heiligungswoche. Wir haben eine Evangelisation geplant. Bei einer solchen Woche geht es nicht in erster Linie um uns, die wir schon gläubig sind. Sondern es soll vor allem um Verlorene gehen, um solche, die noch draußen stehen, die noch in der Welt sind und auf dem breiten Weg in falscher Richtung unterwegs sind.
Um diese Menschen soll es in erster Linie bei unserer Evangelisation gehen. Aber alle, die schon gerettet sind – und ich denke, dazu gehören viele, die heute Morgen hier in diesem Raum sind – alle Jünger Jesu dürfen Mitarbeiter bei einer Evangelisation sein. Es ist viel zu wenig, nur einen Evangelisten einzuladen, der dann die Vorträge hält. Natürlich braucht man das auch, aber der Segen steht und fällt nicht allein damit.
Es kommt darauf an, dass viele in der Gemeinde aktiv mitarbeiten, gut vorbereitet sind und sich wirklich mit hineinnehmen lassen bei diesem Dienst. Ich möchte aber gleich hinzufügen: Obwohl es in erster Linie um die Verlorenen gehen wird, kann die Evangelisation trotzdem für die ganze Gemeinde ein großer Segen werden.
Wenn das Evangelium verkündigt wird, dann werden unsere Herzen froh, dann gehen unsere Herzen auf. Wenn der Weg der Rettung erklärt wird, wenn noch einmal ganz deutlich gesagt wird, wie Menschen errettet werden können, wenn das Evangelium Jesu Christi großgemacht wird, wenn auch klar über Sünde gesprochen wird und über Verlorenheit, dann ist das ein Segen. Es wird auch über fromme Sünden gesprochen, und es wird auch die Botschaft der Heiligung bei der Evangelisation mit dabei sein. Das ist ein Segen für die ganze Gemeinde.
Also noch einmal: Es soll nicht in erster Linie um die Geretteten gehen, sondern um die Verlorenen, die noch draußen sind. Trotzdem wird erwartet, dass jeder Gläubige, der kommen kann und nicht aus beruflichen, familiären oder gesundheitlichen Gründen verhindert ist, an den Abenden bei der Evangelisation da ist.
Denn wer soll denn die anderen Leute mitbringen, wenn die Gläubigen nicht kommen? Wer soll denn beten für die Abende und an den Abenden? Wer soll hier die Atmosphäre gestalten? Wer soll die Leute begrüßen? Wer soll freundlich mit ihnen reden, vor und nach der Veranstaltung? Wer soll die Lieder singen? Wer soll Zeugnis geben, wenn die Gläubigen nicht da sind?
Der Evangelist alleine kann das doch nicht. Es wird also erwartet, dass alle, die kommen können, an den Abenden der Evangelisation da sind. Es wird immer einen Grund geben, warum man verhindert ist: Der eine hat Nachtschicht, der andere hat ein krankes Kind zu Hause. Solche Gründe gibt es, das wissen wir alle.
Aber die, die nicht verhindert sind, denen wäre es jammerschade, wenn sie zu Hause sitzen und irgendwelche nebensächlichen, zweitrangigen oder sogar dummen Sachen tun würden, während hier gerungen wird, dass Menschen aus der Finsternis ins Licht kommen.
Die Bedeutung der Evangelisation für die Gemeinde
Es gibt einen weiteren Grund, warum die veranstaltende Gemeinde bei einer Evangelisation sehr gesegnet werden kann. Jede Gemeinde auf der Erde hat nicht nur einen Kern, sondern auch einen Rand.
Es kann gut sein, dass der Rand der Gemeinde mit dem Evangelium erreicht wird – vielleicht Menschen, die noch nicht wirklich zum Frieden mit Gott durchgedrungen sind. Sie kommen zwar als Besucher oder Zuhörer, sind aber noch nicht wiedergeboren. In den Reihen der Gemeinde gibt es auch Kinder und Jugendliche, die sich vielleicht noch bekehren müssen. Vielleicht sind sie schon bekehrt, aber einzelne müssen sich noch bekehren.
Darüber hinaus gibt es erweckte Menschen, die angesprochen sind, aber noch nicht ganz beim Herrn sind. Es gibt Halbbekehrte, Laugewordene, solche, die die erste Liebe verlassen haben, und Menschen, die die Welt wieder liebgewonnen haben. All das gibt es, und ich fürchte, in jeder Gemeinde auf dieser Erde existiert sowohl ein Kern als auch ein Rand.
Die Menschen, die am Rand stehen, können durch eine Evangelisation zum Kern hindurchdringen. Sie können wirklich vorwärtskommen und zurechtgebracht werden. Darüber sollten wir uns freuen, denn das wäre ein großer Segen für die veranstaltende Gemeinde.
Vielleicht gibt es auch Geschwister, die fragen: Warum machen wir denn extra eine Evangelisation? Bei uns wird doch jeden Sonntag das Evangelium verkündet – im Jugendkreis, in den Kinderstunden und bei vielen anderen Gelegenheiten. Warum also noch eine besondere, extra Evangelisationswoche?
Ich möchte mit einem Zitat eines Evangelisten antworten, der im letzten Jahrhundert in Deutschland und auch in der Schweiz großen Segen gewirkt hat. Er hieß Samuel Keller. Er hat es treffend gesagt und ein Bild aus Ägypten benutzt.
Er sagte: Schaut, Ägypten hat den Nil, und der Nil fließt das ganze Jahr über durch Ägypten. Dennoch braucht es immer wieder eine Überschwemmung des Nils, damit die Flut hoch hinaus auf die Felder kommt, die sonst nie etwas getragen haben.
Haben wir das Bild verstanden? Der Nil fließt das ganze Jahr durch Ägypten, immer in seinem Flussbett. Aber ab und zu, wenn der Nil überschwemmt, geht das Wasser bis hoch an die Felder. Dort gibt es dann auch Frucht.
Versteht ihr, liebe Geschwister, es braucht auch einmal eine Überschwemmung des Nils. Es muss auch einmal in besonderer Weise evangelisiert werden. Es ist ein Segen, wenn einmal eine ganze Woche oder fünf, sechs Tage lang das Evangelium konzentriert verkündigt wird – erwecklich, mit dem Ruf zu Umkehr und Glauben.
Das ist die Überschwemmung des Nils. Dann steigt das Wasser des Lebens, im Bild gesprochen, auch zu solchen Menschen hin, die noch nicht errettet sind, auch am Rand der Gemeinde.
Es ist also berechtigt, wenn wir das tun. Wir wollen das ganze Jahr über evangelisieren und jede Gelegenheit nutzen – auch im persönlichen Zeugnis gegenüber Nachbarn, Freunden, Arbeitskollegen und Verwandten. Wir wollen immer evangelisieren, wo wir Gelegenheit haben. Kassetten weitergeben, Bücher, Schriften, Traktate und dergleichen mehr, zu Veranstaltungen einladen.
Und doch ist es berechtigt, einmal in besonderer Weise eine Evangelisation durchzuführen.
Drei Voraussetzungen für eine fruchtbare Evangelisation
Nun habe ich eine sehr lange Einleitung gemacht, das weiß ich. Manche sind jetzt schon müde nach der Einleitung. Aber ich kann sagen: Wir haben noch drei Punkte vor uns. Drei kurze, einfache und klare Punkte, die ich einmal von dem Evangelisten Wilhelm Pahls gelernt habe.
Er ist sicher vielen bekannt, entweder persönlich oder zumindest vom Namen. Diese Punkte sind ganz einfach und kann sich heute jeder merken: Ordnen, Beten, Arbeiten.
Wir sprechen über Voraussetzungen für eine gesegnete, für eine fruchtbare Evangelisation. Diese drei Punkte möchte ich jetzt entfalten: Ordnen, nämlich unser Leben ordnen, Beten und Arbeiten.
1. Das Leben in Ordnung bringen
Erstens ordnen: Nach diesem ersten Punkt dürfen die Kinder in ihre Gruppen gehen. Wir werden euch hier rechtzeitig entlassen.
Auf der Insel an der Nordsee stand ein Leuchtturm. Er war weithin sichtbar. Eines Tages kam eine Reisegruppe auf die Insel und erhielt eine Führung. Die ganze Insel wurde erklärt, und schließlich erreichte die Gruppe auch den Leuchtturm. Alle staunten über den gewaltigen Bau. Doch dann sagte der Führer einen wichtigen Satz: „Richtung gibt das Licht, nicht der gewaltige Bau.“ Wenn das Licht oben ausgeht, ist der Leuchtturm genauso gefährlich wie der Felsen, auf dem er steht. Richtung gibt das Licht.
Dieses Bild kann uns zu einer Predigt werden. Unser Herr Jesus sagt in Matthäus 5: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Die bekehrten Christen, die Wiedergeborenen, haben eine große Verantwortung. Wir sind die einzige Bibel, die von den Weltmenschen gelesen wird. Die lesen leider die Bibel selbst nicht. Aber sie sehen das Leben von uns Christen. Ihr wisst, wie genau sie uns beobachten – manchmal sind es Arbeitskollegen oder Nachbarn – sie beobachten, wie wir leben.
Wir sind die einzige Bibel, die von Weltmenschen gelesen wird. Wir sind das Licht der Welt, und das ist eine große Verantwortung. Darum wollen wir wachsam sein. Es kann uns nichts Besseres passieren, als wenn der treue Herr seinen Finger vielleicht auch auf die eine oder andere wunde Stelle in unserem Leben legt. So können wir wieder in vollem Gehorsam, voller Freude und Segen unseren Weg gehen.
Wenn man eine Evangelisation plant, kommt als Erstes die Frage nach einem Evangelisten auf. Ich will also bei mir beginnen. Wir wollen uns heute Morgen alle ins Licht stellen lassen. Es kommt die Frage nach dem Evangelisten: Welcher Bruder kann diesen Dienst tun? Man macht sich Gedanken. Man hatte schon diesen Bruder und jenen Bruder, aber man will nicht immer dieselben hören. Man möchte auch mal einen neuen Evangelisten einladen, weil jeder auf seine Art predigt und andere Menschen anspricht.
So überlegt man, ob es vielleicht einen Bruder gibt, den Gott schon gesegnet hat, der schon gebraucht wurde und Erfahrungen mitbringt. Das ist alles richtig, wenn man so denkt. Aber ich darf an dieser Stelle sagen: Bei Gott zählt kein Diplom. Bei Gott zählt kein Diplom.
Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Der junge Moody, der spätere, gesegnete und vollmächtige Evangelist, machte als junger Mann in Chicago in den USA Jugendarbeit. Dann planten sie eine Evangelisation und luden einen damals berühmten Evangelisten zu einem Vorbereitungsdienst ein, um ihn kennenzulernen. Als dieser bekannte Evangelist in der Gemeinde predigte, stieß Moody seinen Freund an und sagte: „Den wollen wir nicht, der hat die Salbung verloren.“ Wisst ihr, was er meinte? Der redet nicht mehr in der Kraft des Heiligen Geistes, vielleicht früher mal, aber jetzt hat er die Salbung verloren.
Merkt ihr, bei Gott zählt kein Diplom und kein berühmter Name – und nicht, was vor zwanzig Jahren war. Wir müssen heute im Segen Gottes stehen und im Gehorsam leben. Da kann einer heißen, wie er will, er kann in der Vergangenheit großen Segen gewirkt haben. Aber wenn er heute nicht in der Heiligung seines Lebens lebt, wenn er nicht bei dem Herrn bleibt, wenn er nicht demütig und klein in seinen eigenen Augen bleibt, sondern stolz wird, dann kann Gott ihn nicht mehr gebrauchen. Er kann auch auf andere Wege kommen.
Darum ist im Blick auf den Evangelisten wichtig: Steht er vor dem Herrn? Sind seine Lippen sauber? Lebt er in Heiligung? Hat er eine klare Verkündigung? Predigt er unerschrocken das Evangelium von Gericht und Gnade? Nimmt er Sünde beim Namen, sodass sich Gott dazu bekennen kann? Predigt er Buße und Glauben? Das ist die erste Frage, die an den Evangelisten gestellt wird.
Ich will euch bekennen: Ihr kennt mich kaum oder gar nicht. Ich bin natürlich kein vollkommener Mensch, sondern ein begnadigter Sünder. Ich mache leider noch viele Fehler. Manchmal vergesse ich meinen Anzug, und manchmal sind es noch schlimmere Fehler. Aber ich möchte von ganzem Herzen sagen, dass ich bemüht bin, in der Heiligung meines Lebens zu leben. Ich dulde keine erkannte Sünde in meinem Leben. Wenn sie geschieht, bringe ich sie so bald wie möglich vor Gott und Menschen in Ordnung. Das ist mein Anliegen, das kann ich bezeugen.
Trotzdem kann eine Evangelisation, auch wenn der Evangelist im Segen Gottes lebt und dient, fruchtlos bleiben oder nur wenig Segen bringen, wenn es im Trägerkreis, also bei der veranstaltenden Gemeinde, nicht stimmt.
Nun kommen wir zum zweiten Bereich: dem Veranstalter, der Gemeinde, die die Evangelisation durchführen will – und das seid ihr, liebe Geschwister. Jemand hat einmal gesagt, und das ist ein sehr hartes Wort: Eine tote Mutter kann keine lebendigen Kinder bekommen. Das stimmt, oder? Eine tote Mutter kann keine lebendigen Kinder bekommen. Die Medizin kann heute schon viel, aber das kriegen sie immer noch nicht hin.
So ist es auch im Geistlichen: Eine tote Gemeinde, eine geistlich nicht lebendige Gemeinde, wird wahrscheinlich wenig Frucht hervorbringen. Gott wird einer solchen Gemeinde keine Neubekehrten anvertrauen. Er gibt einer toten Mutter keine lebendigen Kinder – jedenfalls im übertragenen Sinn.
Das heißt: Wenn bei den Gläubigen das Leben nicht aufgeräumt ist, wenn es bei den Eheleuten in der Ehe nicht stimmt – man lässt sich nicht scheiden, aber man lebt nebeneinander oder gegeneinander –, wenn Jugendliche in offenkundiger Sünde leben, Dinge vorwegnehmen, die in die Ehe gehören, wenn Geschäftsleute krumme Sachen machen und nicht korrekt vor dem Herrn sind, in Buchführung und Steuererklärung, und wenn Gläubige Sünde nicht ernst nehmen, wie soll der Herr dann segnen?
Ich weiß, Gott ist souverän und segnet manchmal auch, wenn nicht alles vollkommen ist. In welcher Gemeinde auf dieser Erde ist schon alles vollkommen? Wenn Gott nur dann segnen wollte, könnte er überhaupt nicht mehr segnen. Aber trotzdem gilt die Regel: Gott ist sein Name zu heilig, als dass er sich mit unserem bewussten Unrecht verbindet.
Wenn wir als Christen und als Gemeinde in bewusster Sünde leben, wird Gottes Name verunehrt. Dann wird er sich sicherlich nicht in dem Maße verherrlichen können, wie wenn unser Leben aufgeräumt wäre. Gott ist ein heiliger Gott, und er hat gesagt, dass wir Christen heilig leben sollen.
Ihr Lieben, ich will das deutlich sagen: Wenn an diesen Abenden im März irgendwelche Nichtchristen kommen, die in allen Sünden leben – die betrügen, stehlen, Ehe brechen, trinken, rauchen, fluchen und lästern –, vor denen haben wir keine Angst, oder? Sie sollen kommen, das Evangelium hören und erfahren, dass sie umkehren müssen.
Aber wenn hier an den Abenden Geschwister sitzen, die nicht mehr miteinander reden oder sich nicht mehr grüßen, weil irgendwann etwas vorgefallen ist, das nie geistlich bereinigt und vergeben wurde, dann ist mir bange um den Verlauf der Evangelisation. Dann ist mir bange, wenn es da nicht stimmt.
Unversöhnlichkeit ist etwas ganz Schlimmes. Das zeigt uns die Bibel schon im Alten Testament. Im Volk Israel war es nicht das Problem, ob die Feinde Philister, Midianiter oder Amalekiter hießen. Gott hatte gesagt: „Einer von euch Israeliten schafft tausend von den Feinden.“ Aber wenn es innen bei Israel nicht stimmte, wenn es bei Gottes Volk nicht stimmte, gab es Niederlagen.
Dann können wir lange auf dem Boden liegen wie Josua. Gott wird sagen: „Steh auf! Du brauchst gar nicht weiter zu beten, es ist Bangut in eurer Mitte.“ Damals waren es ein Mantel und eine Stange Gold, die gestohlen wurden. Heute sind es manchmal andere Dinge, die den Herrn hindern zu segnen – verborgene Sünden in den Reihen der Gläubigen.
Mein lieber Bruder, meine liebe Schwester, ich muss dich an dieser Stelle fragen: Vor dem Angesicht Gottes, willst du bei dieser Evangelisation im Wege stehen? Willst du ein Achan sein wie im Alten Testament im Volk Israel?
Es geht nicht darum, dass wir in Schwachheit Fehler machen, dass wir hier und da versagen, dass uns mal ein böses, heftiges oder liebloses Wort über die Lippen kommt. Das passiert uns allen. Darum geht es nicht.
Es geht darum, wenn bewusste, konkrete Sünde in unserem Leben ist, wenn wir wissen, dass es Gott nicht gefällt. Wenn wir seine Gebote übertreten haben und es nicht bereinigen, nicht ordnen, sondern mit Schuld leben, mit krummen Sachen, an die wir uns gewöhnt haben – das darf nicht sein.
Darum bitte ich jeden, sich in der Stille vor Gott zu prüfen. Es kann uns nichts Besseres passieren. Wir haben uns eben an die Wiederkunft Jesu erinnert. Vielleicht erleben wir die Evangelisation im März gar nicht mehr, denn der Herr kann schon vorher wiederkommen. Wir wollen bereit sein, ihm zu begegnen.
Wir wollen unser Leben nicht nur ordnen, weil eine Evangelisation bevorsteht. Unser Leben soll immer geordnet sein, denn wir leben besser, wenn wir ganz in Frieden mit unserem Herrn sind. Dann sind wir auch bereit für sein Kommen.
Lasst uns mit jeder erkannten Sünde brechen. Lasst uns, wenn es sein muss, auch in die Aussprache gehen und die Dinge ordnen. Lasst uns Seelsorge suchen. Lasst uns aufeinander zugehen, wenn wir uns verletzt haben oder gegenseitig schuldig geblieben sind. Lasst uns nicht stolz sein.
Was sind wir oft für stolze Leute! Wie wenig schaffen wir es, einander um Vergebung zu bitten. Aber wenn wir das tun, wird der Herr das sehr segnen, und es wird Folgen haben, auch im Verborgenen.
Darum bitte ich dich: Wenn du betroffen bist, schreib den Brief, tätige den Anruf, ruf den an, bei dem du meinst, es muss noch etwas geklärt werden. Versöhne dich, lass los, wen du gebunden hast, und gehorche dem Herrn neu.
„Pflügt ein Neues!“, ruft Gott seinem Volk zu. Und ich bitte an Christi Statt, dass niemand – auch ich nicht – dem Wirken des Herrn im Wege stehen möchte bei dem, was wir vorhaben.
Vor der Pause will ich nur noch das eine sagen: Ich mache viele Erfahrungen im Blick auf Evangelisationen. Ich bin seit mehr als zwanzig Jahren in diesem Dienst unterwegs, landauf, landab. Manchmal auch in anderen Ländern, aber meistens hier in Deutschland.
Seit sechs, sieben Jahren komme ich auch in Russlanddeutsche Gemeinden ganz verschiedener Prägung in unserem Land. Und ich stelle überall dasselbe fest: Wenn evangelisiert wird und die Evangelisationswoche beginnt, kommen an den ersten Abenden fast immer die Gläubigen in die Aussprache und bekennen ihre Sünden. Das ist gut, wenn die Gläubigen kommen.
Aber dann frage ich mich: Warum kommen sie erst jetzt, wo die Evangelisation begonnen hat? Warum haben sie ihr Leben nicht vorher geordnet? Warum kommen sie erst jetzt, wenn sich Menschen von draußen bekehren sollen? Warum haben sie ihr Leben nicht vorher geordnet, liebe Brüder und Schwestern?
Und was da manchmal für Dinge kommen! Mir macht keiner mehr etwas vor. Ich habe Hunderte, wahrscheinlich Tausende Gespräche geführt mit Menschen, die ihre Sünden bekannt haben. Mir macht niemand mehr etwas vor.
Es kommen überall in den Gemeinden dieselben Sünden vor, ob bei russlanddeutschen Gemeinden oder bei hiesigen Gemeinden. Es sind immer dieselben Sünden, weil unser Herz genauso böse und verzweifelt, abgrundtief vergiftet ist wie alle anderen Herzen auch.
Und da macht mir niemand mehr etwas vor. Die Gemeinde kann von außen am Sonntagmorgen wie aus dem Ei gepellt dasitzen, der Chor singt wunderbar, alles ist herrlich – und im Verborgenen gibt es Dinge, die dem Herrn nicht gefallen.
Ordnet es bitte vorher, ordnet es jetzt, ordnet es heute. Wartet nicht, bis die Evangelisation begonnen hat. Es steht geistlich im Weg, glaubt es mir bitte.
Darum reden wir heute Morgen darüber. Wenn ihr sagt: „Was fällt dem ein? Der kommt hier zum ersten Mal in unsere Gemeinde und hält uns so eine Predigt und mutet uns so etwas zu.“ Wenn ihr sagt: „Den wollen wir nicht, der kann daheim bleiben,“ dann werden die Brüder das untereinander besprechen, und es wird nicht zu der Evangelisation kommen. Dann ladet ihr einen anderen Evangelisten ein.
Aber es ist besser, ihr ordnet euer Leben, wenn ihr betroffen seid, und ich ordne meins, wenn ich betroffen bin. So gehen wir in diese Woche, und der Herr wird viele segnen. Das wäre doch viel, viel besser.
Jetzt will ich bei diesem Punkt „ordnen“ noch den Besuch an den Abenden ansprechen. In der Schweiz, in einer sehr katholischen Gegend, stand ein kleines Missionszelt. Dort war eine kleine, junge Gemeinde, die eine Evangelisation, eine Zeltmission, wagte. Die Gemeinde hatte damals zwanzig Glieder, das war nicht viel, aber sie wagten eine Zeltmission.
Sie hatten ein kleines Zelt aufgestellt, das fünfzig Personen fasste – ein Mini-Zelt. Sie hatten einen Evangelisten eingeladen, und er kam. Am ersten Abend waren sieben Gläubige im Zelt – von zwanzig.
Könnt ihr euch vorstellen, was das für den Evangelisten für eine Enttäuschung war? Sieben waren da, von zwanzig. Ich weiß selbst von anderen Evangelisationen, dass am ersten Abend manchmal nur ein Drittel der Gemeinde da war oder weniger.
Erst langsam kamen auch andere dazu. An den ersten Abenden sind es meistens die Treuen, die einfach immer da sind, wenn das Wort Gottes verkündigt wird – die Beter. Aber viele andere Gemeindeglieder waren nicht da.
Ich habe einmal eine Woche in Berlin gehalten. Da waren jeden Abend viele Stühle leer. Ich dachte schon: Warum hat diese Gemeinde einen so großen Saal? Warum stehen da so viele Stühle? Nur ein Drittel oder höchstens die Hälfte war besetzt.
Dann kam der Sonntagmorgen, der letzte Tag dieser Veranstaltungswoche, und ich traute meinen Augen nicht: Die Plätze reichten nicht, man musste noch Stühle zusätzlich aufstellen. Endlich war die ganze Gemeinde da am Sonntagmorgen.
Ich sage noch einmal: Ich weiß, es wird immer Gründe geben, die uns verhindern, mit gutem Gewissen zu Hause zu bleiben. Aber insgesamt möchte ich sagen: Gott erwartet von euch, dass ihr an den Abenden so oft wie möglich da seid.
Es wird Gründe geben, aber niemand sollte aus Trägheit und Lauheit zu Hause bleiben wollen. Es ist eure Gegend, in der wir hier leben und diese Woche durchführen. Es ist eure Umgebung. Eure Verwandten leben vielleicht hier, eure Nachbarn, Bekannten, Arbeitskollegen.
Es ist eure Gelegenheit. Darum bitte ich euch: Verschiebt doch den Gartenzaun um eine Woche. Der kann noch so lange warten. Da muss man nicht ausgerechnet in dieser Woche den Gartenzaun streichen.
Strickt den Pullover später, ihr lieben Schwestern. Lasst euch davon nicht abhalten. Macht nicht unbedingt eine Hausschlachtung gerade in dieser Woche. Schlachtet das Schwein früher oder später, versteht ihr?
Legt die Dinge, die nicht sein müssen, nicht ausgerechnet in diese Woche. Wenn jemand Geburtstag hat, feiert ihn früher oder später. Wenn man ein geistliches Anliegen hat, dann kümmert man sich darum. Lasst nicht zu, dass man unnötig von der Evangelisation abgehalten wird.
Schiebt es auf. Der Herr Jesus sagt: „Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“ Unser Vater im Himmel will Seelen zu seinem Sohn ziehen in dieser Woche. Da müssen wir auch sein, da, wo meines Vaters ist, sagt der Herr Jesus.
Dort, wo Gott Menschen retten will, gehören wir hin. Da müssen wir dabei sein als Beter und als solche, die mit den Leuten sprechen, die sie einladen und mitbringen. Nicht nur als Statisten.
Es geht nicht darum, dass hier Stühle besetzt sind, sondern darum, innerlich ganz dabei zu sein. Dann wird es auch ein Segen für uns sein.
2. Die Kraft des Gebets
Wir sprechen über die Voraussetzungen für eine fruchtbare Evangelisation. Als Erstes haben wir gesagt: Ordnen – unser Leben ordnen. Zweitens: Beten. Nun folgt noch einmal ein harter Satz, den ich auch von Wilhelm Pahls gehört habe. Jemand sagte: Eine Gemeinde ohne Gebetsversammlung ist ein geistliches Leichenhaus. Und ein Gemeindeglied, das nicht in irgendeiner Form an einer Gebetsgemeinschaft teilnimmt, ist wie ein Totengräber seiner Gemeinde. Das sind sehr harte Worte, aber manchmal brauchen wir solche deutlichen Aussagen, die uns aufrütteln.
Wie steht es um unser Gebetsleben? Sowohl als Einzelne als auch als Gemeinde? Gemeinden, in denen nicht mehr gebetet wird, erleben oft, dass sich schnell alles andere in den Mittelpunkt schiebt. Ich fürchte, dass der Herr selbst bald nicht mehr im Mittelpunkt steht. Gemeinden nach dem Herzen Gottes sind betende Gemeinden mit betenden Gliedern. So wollen wir ein Gebetsleben führen, und auch unsere Gemeinden sollen Stätten des Gebetes sein.
Das gilt natürlich das ganze Jahr über, aber besonders in besonderer Weise vor einer evangelistischen Veranstaltung. Es wäre auch gut, wenn wir uns vor jedem Abend zum Gebet treffen könnten. Ich weiß noch nicht, wann die Abende beginnen, aber es wäre sinnvoll, wenn man sich eine Stunde vorher zum Gebet trifft. Diejenigen, die abkömmlich sind, also die, die nicht andere abholen oder mitbringen müssen, sollten die Gelegenheit nutzen, zum Gebet zu kommen.
Manchmal erlebe ich auch, dass während der Verkündigung, während des Abends, eine Schar von treuen Betern – es müssen nicht immer dieselben sein, das kann auch abwechselnd sein – für den Abend, für die Zuhörer, für den Evangelisten und für alles, was geschieht, betet. Solche Evangelisationen sind immer besonders gesegnet, wenn in besonderer Weise gebetet wird.
Ich weiß, da kann man lamentieren und sagen: Gott ist souverän, Gott ist groß, er ist nicht auf unser Gebet angewiesen. Watchman Nee, ein chinesischer Christ, hat einmal gesagt: Gott hat nur so viel Macht auf Erden, wie er Kanäle hat, durch die gebetet wird. Gott bindet sich also ein Stück weit an unsere Gebete. Er will gebeten sein, erwartet unser Gebet.
Es hat mich sehr traurig gemacht, als ich von einer Großumfrage unter englischen Gläubigen las. Christen in England wurden unter anderem nach ihrem Gebetsleben gefragt. Viele gaben ehrlich an, wie viel Zeit sie täglich im Gebet verbringen. Der Durchschnitt lag bei insgesamt fünf Minuten täglich – und da waren sogar die Tischgebete mit eingeschlossen.
Fünf Minuten täglich bei Christen, nicht bei Namenschristen, sondern bei Christen in England. Ich möchte kein schlechtes Licht auf England werfen, aber ich fürchte, die sind gar nicht schlechter als deutsche, französische, amerikanische Christen oder andere. Wenn diese Umfrage stimmt – ich kann es nicht nachprüfen, aber wenn die Tendenz stimmt –, dann ist das natürlich viel zu wenig. Fünf oder zehn Minuten sind kein Gebetsleben.
Wenn Menschen in Deutschland durchschnittlich 2,5 Stunden täglich vor dem Fernseher sitzen können – und ich fürchte, viele Christen gehören auch dazu –, dann haben sie aber nur fünf oder zehn Minuten Zeit zum Gebet. Das ist doch etwas Ungehöriges, etwas, das eigentlich nicht sein darf. Wo sind die treuen Beter? Wo sind die, die eine Gebetsliste in ihrer Bibel liegen haben und täglich namentlich für Menschen beten? Für die Kinder und Enkelkinder selbstverständlich, aber auch für Nachbarn, Arbeitskollegen und Verwandte. Das gehört zu meiner täglichen Gebetsliste. Das ist wichtig für uns alle.
Gebet ist keine Frage der Zeit, sondern eine Frage der Liebe zu unserem Herrn und zu den Menschen.
Vielleicht habt ihr schon von Susanna Wesley gehört, der Mutter von John Wesley und Charles Wesley, den Gründern der Methodistenkirche. Susanna Wesley hatte neunzehn leibliche Kinder. Selbst Russlanddeutsche Familien kommen selten auf so viele Kinder. Dennoch nahm sie sich jeden Tag zur Mittagszeit eine Stunde Zeit zum Gebet, jeden Mittag. Sie schloss die Tür hinter sich ab. Draußen zankten die Kinder oder klopften an die Tür und schauten durch das Schlüsselloch, um zu sehen, wann sie endlich fertig ist. Und sie war auf den Knien und betete: „Herr, mach etwas aus John. Mach etwas aus Charles.“ So betete sie ihre Kinder durch.
Ich glaube, Gott hat ihr Gebet erhört. Wenn man das Leben von John Wesley sieht, der die Methodistenkirche gründete – damals natürlich noch anders als heute, leider –, dann sieht man, dass dort etwas bewegt wurde. In den Landstrichen Englands, wo er predigte, mussten überall die Gasthäuser schließen, weil keine Leute mehr kamen, um sich zu betrinken. Die Gefängnisse wurden leer, weil sich viele Gefangene bekehrten.
Eine solche Erweckung schenkte Gott damals in Wales und Südengland. Das war wirklich eine Erweckung, von der wir heute nur träumen können. Dort waren Beter am Werk, Menschen, die gebetet haben – wie Susanna Wesley und andere.
Ihr Lieben, ich bitte euch: Betet konkret für Menschen in eurer Verwandtschaft, Bekanntschaft und für Arbeitskollegen. Betet täglich für sie und bringt sie namentlich vor den Herrn. Ihr werdet sehen, vielleicht bringt der Herr den einen oder anderen zur Evangelisation, und vielleicht wird sogar der eine oder andere errettet.
Wie groß wird dann die Freude sein, wenn Menschen ihre Knie vor dem Herrn beugen!
Ich erlebe manchmal auch in Gemeinden eine gute Fantasie in dieser Hinsicht. Zum Beispiel in einer russlanddeutschen Gemeinde in Gummersbach. Dort fand ich es sehr beeindruckend, dass sie sich vor der Evangelisation zum Gebet treffen. Eine Schar von Menschen, so viele wie hier, versammelt sich vorher zum Gebet.
Dann werden Namen auf Zettel geschrieben – von solchen, die noch nicht bekehrt sind, oder von ausgeschlossenen Gliedern, die eigene Wege gehen. Jeder, der kommt, nimmt sich zwei oder drei Zettel mit Namen und betet namentlich für diese Menschen. Wir haben erlebt, dass einige von ihnen zurechtkamen vor dem Herrn oder sich bekehrten. Wie groß war die Freude der Beter!
So kann man es machen, man muss es nicht so machen, aber ich fand es eine sehr gute Idee und Praxis.
Die Bibel sagt: Das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich gemeint ist. Wie können wir dem Herrn zeigen, dass wir es ernst meinen? Doch nicht, indem wir einmal etwas sagen und dann nie mehr daran denken, sondern indem wir es immer und immer wieder vor ihn bringen. Und vielleicht auch, indem wir einmal ein Opfer bringen für unser Gebet.
Manche Gemeinden machen es so, dass sie einen Fastentag vor der Evangelisation einlegen – einen Gebets- und Fastentag. Alle Geschwister, die es gesundheitlich können, werden ermutigt zu fasten. Zuckerkranke oder andere, die nicht fasten können, sind selbstverständlich ausgenommen.
Wir haben auch schon wiederholt erlebt, dass das Abendessen ausfällt oder verschoben wird bis nach der Evangelisation. Statt am Abendbrottisch zu sitzen, wird in dieser Zeit miteinander gebetet.
Das sind alles Möglichkeiten, die nicht verboten sind, sondern eine gute geistliche Regel darstellen. Unsere Väter haben das mehr praktiziert als wir heute, die wir vielleicht schon von manchen Wohlstandskrankheiten infiziert sind.
Beten – lasst uns Beter sein, in besonderer Weise jetzt vor der Evangelisation. Es sind ja noch drei Monate Zeit, eine lange Zeit, in der noch viel gebetet werden kann.
3. Aktiv werden und einladen
Drittens und letztens: Arbeiten, ordnen, beten, arbeiten.
Im Matthäusevangelium lesen wir am Ende den Missionsbefehl, und dort steht: „Geht hin, geht hin!“ Wir sollen zu den Menschen hingehen und sie einladen. Es werden keine Engel vom Himmel kommen, um Einladungszettel in Almasbach, Heudensbach und Umgebung zu verteilen. Das müssen wir tun. Wir sind Gottes Hände und Gottes Füße – bildlich gesprochen. Wir dürfen zu den Menschen hingehen und sie einladen.
Gott ist nämlich kein Laufbursche. Manchmal höre ich in Gebetsversammlungen das Gebet: „Ach Herr, gehe du doch selber durch die Straßen und lade die Menschen ein.“ Ich weiß, wie das gemeint ist, nämlich dass er es durch seinen Heiligen Geist tun möchte. Aber im buchstäblichen Sinn wird Gott nicht selbst durch die Straßen laufen. Gott ist kein Laufbursche. Wir haben Hände, einen Mund und Füße, und wir dürfen hingehen und die Menschen einladen.
Und wenn wir am zweiten Abend hier sitzen – oder vielleicht schon am ersten – und jemanden sehen, den wir eingeladen haben, der versprochen hat zu kommen, aber nicht da ist, was machen wir dann? Gehen wir einfach abends nach Hause? Nein! Dann rufen wir ihn an und fragen: „Wo warst du denn heute Abend? Du hast doch versprochen zu kommen! Wo warst du, wenn du den Chor hättest singen hören, das Zeugnis gehört hättest? Vielleicht war auch die Predigt hilfreich, ja? Wo warst du denn? Du hast etwas Wichtiges versäumt.“ Dann sagen wir: „Komm morgen Abend, ich hole dich ab. Um sieben Uhr bin ich bei dir – oder um 18:30, wann es auch immer ist – und ich nehme dich mit.“
Da müssen wir wachsam sein. Nicht denken: Den Leuten einmal einen Zettel geben, so nach dem Motto „Vogel friss oder stirb“, entweder kommst du oder nicht, ist mir egal. So wird natürlich wenig passieren. Wir laden herzlich ein, freundlich. Wir haken nach, rufen an oder bieten an, sie abzuholen, wenn es daran scheitert. In der Phantasie der Liebe gehen wir hin, lassen uns etwas einfallen, um Menschen einzuladen, und lassen uns nicht von kleinen Hindernissen abhalten. Das wollen wir nicht.
Bei einer Evangelisation kam eine Frau zur Aussprache. Sie war Mitte dreißig, modern gekleidet, offensichtlich wohlhabend. Sie war Ärztin, wie sich herausstellte, und ihr Mann war Internist, ebenfalls Arzt. Sie weinte bei dem Evangelisten, der ihr den Weg zu Jesus Christus zeigen durfte.
Dann sagte die Frau etwas sehr Nachdenkliches und Nachdenkenswertes: „Mein ganzes Leben lang laufe ich wie an einer unsichtbaren Mauer entlang. Ich wusste, auf der anderen Seite gibt es etwas, ein sinnerfülltes Leben, aber ich fand die Tür nicht, ich fand die Tür nicht.“
Der Evangelist erklärte ihr dann, dass der Herr Jesus selbst gesagt hat: „Ich bin die Tür; wer durch mich eingeht, der wird Weide finden.“ Sie ging durch diese Tür hindurch und wurde an diesem Tag ein Kind Gottes.
Der Evangelist, Richard Griese, fragte sie: „Wie sind Sie eigentlich hierher zur Evangelisation gekommen?“ Sie antwortete: „Ach, wissen Sie, meine Sprechstundenhilfe ist eine strahlende Christin.“
Seht ihr, ihr Lieben, darauf kommt es an: dass wir an unserem Platz, an dem wir stehen, Zeugnis sind – nicht fehlerlos, nicht perfekt, das kann niemand von uns leisten. Niemand! Aber wir brauchen auch nicht perfekt zu sein, wir sollen nur echt sein – aufrichtig und ehrlich.
Einen geistlichen Menschen erkennt man nämlich nicht daran, dass er nie Fehler macht, sondern daran, dass er zu seinen Fehlern stehen kann. Haben wir das schon gelernt? Zu unseren Fehlern stehen zu können? Sind hier Ehemänner, die zu ihren Fehlern stehen können und auch mal zu ihrer Frau sagen können: „Du, bitte vergib mir, ich war eben nicht lieb zu dir. Ich habe eine grobe Antwort gegeben.“ Haben wir das gelernt? Wir Männer? Haben das die Frauen gelernt? Haben das die Kinder gelernt, sich bei den Eltern zu entschuldigen? Und manchmal sogar die Eltern bei den Kindern?
Wir brauchen nicht perfekt zu sein, wir sollen nur zu unseren Fehlern stehen können – daran erkennt man Christen.
Schaut: Mit dieser Ärztin hätte man sicher lange über Evolution, viele naturwissenschaftliche und philosophische Themen diskutieren können. Aber das hätte alles nicht geholfen. Da war eine strahlende Christin in ihrem Sprechzimmer, eine Taschenausgabe des Evangeliums – diese junge gläubige Frau. Und das genügte. Die Ärztin wurde interessiert, und sie fand an der unsichtbaren Mauer entlang den Durchgang zum Leben. Sie fand unseren Herrn Jesus Christus.
Darum ist es schön, wenn hier junge und ältere strahlende Christen sind, die an ihrem Platz – in der Schule, am Ausbildungsplatz, an der Universität, am Arbeitsplatz, im Büro, an der Werkbank, zu Hause, in der Nachbarschaft, im Verein oder wo auch immer – Zeugnis sind für Jesus Christus.
Ich staune immer wieder, wenn ich in Büchern über die ersten Christen aus dem ersten Jahrhundert lese. Da kann man nur staunen. Wisst ihr, wie der römische Geschichtsschreiber Aristides die Christen im ersten Jahrhundert im römischen Reich beschrieben hat? In einem Brief an den römischen Kaiser schreibt er Folgendes:
„Die Christen kennen Gott und vertrauen ihm. Sie vergeben denen, die sie unterdrücken, und machen sie zu ihren Freunden. Sie tun ihren Feinden Gutes, ihre Frauen sind rein und ihre Töchter sittsam, ihre Männer gehen keine unrechtmäßigen Ehen ein und enthalten sich aller Unreinheit. Sie lieben einander, sie retten die Weisen von denen, die ihnen Gewalt antun. Sie weigern sich nicht, den Witwen zu helfen. Sie nehmen einen Fremden auf und freuen sich über ihn wie über einen wirklichen Bruder. Jeden Morgen und zu jeder Stunde loben sie Gott für seine Güte, aber sie reden nicht öffentlich von ihren guten Taten, sondern achten sogar darauf, dass sie dabei von niemandem bemerkt werden.“
„Das ist in der Tat ein neues Volk“, schreibt Aristides, „und es ist etwas Göttliches an ihnen.“
Oh, ist das ein Zeugnis! Das war die Visitenkarte der ersten Christen, und da müssten wir wieder hinkommen.
Da schenke uns der Herr, dass wir einfach durch ein echtes, durch ein authentisches Leben – man sagt heute „durch ein vorbildliches Leben“ – unseren Herrn groß machen können, ihn ausstrahlen können. Auch die Freude, den Halt und die Geborgenheit, die wir in ihm haben, sollen wir zeigen, damit wir auf diese Weise etwas für unsere Mitmenschen sein dürfen.
Dann werden sie auch kommen und fragen oder sie werden kommen, wenn wir sie einladen. Wenn sie an unserem Leben sehen, dass wir etwas haben, was sie nicht kennen.
Sie haben vielleicht ein tolles Haus, ein großes Auto, einen Swimmingpool, einen Perserteppich, aber innen fehlt ihnen der Friede mit Gott. Sie haben keine letzte Antwort auf die Sinnfrage, keine Vergebung ihrer Schuld. Es sind arme Menschen.
Hier in der Gegend gibt es Millionäre, mit denen ich nicht tauschen möchte. Das sind ganz arme Tropfen, weil sie innerlich so leer sind, so hohl, manchmal ausgebrannt wie ein Bombenkrater.
Darum wollen wir arbeiten, ihr Lieben. Darum wollen wir uns aufmachen und einladen. Wir wollen Beziehungen aufbauen, wie wir es gestern in unserem Seminar gehört haben. Wir wollen nicht erst drei Tage vor der Evangelisation einen Überfall mit ein paar Einladungszetteln machen und sie dem Nachbarn in die Hand drücken oder dem Arbeitskollegen, wenn er uns das ganze Jahr lang egal war, wenn wir nicht mit ihm geredet haben, ihn kaum beachtet haben, und dann soll er kommen, nur weil wir ihm einen Zettel geben? Das wird nicht funktionieren.
Wir müssen Beziehungen aufbauen, womöglich sogar freundschaftliche Beziehungen, auch zu den Einheimischen hier, zu den Schwaben, die hier leben. Beziehungen aufbauen und sie einladen – dann werden auch einige kommen.
Und bitte nicht denken: „Ich bin vielleicht nicht würdig genug, ich bin vielleicht nicht immer ein so gutes Zeugnis gewesen, ich habe Fehler gemacht.“ Ja, dann wollen wir zu unseren Fehlern stehen und trotzdem einladen, beten und die Leute mitbringen. Der Herr kann sie bringen.
Lasst uns beten. Wir wollen nicht nur für eine erfolgreiche Evangelisation beten. Wir wollen uns nicht damit zufrieden geben, dass mal ein paar Abende lang hier der Saal vielleicht ganz voll ist. Das ist nicht genug.
Wir wollen beten für eine fruchtbare Evangelisation. Was ist der Unterschied zwischen erfolgreich und fruchtbar? Erfolg kann man machen, Frucht ist ein Geschenk.
Darum wollen wir beten um eine fruchtbare Evangelisation. Es wäre so schön, es wäre so wichtig, dass nach diesen Abenden hier in der Gemeinde Gesichter zu sehen sind, die heute hier noch nicht zu sehen sind – neue Menschen. Dass Menschen sich von Herzen zu Gott bekehren und Gott die Ehre geben.
Dass lauwarme Gläubige wieder ernstlich dem Herrn nachfolgen und mit neuer Freude.
Dass Menschen vom Rand der Gemeinde gerettet werden, ins Zentrum vorstoßen, zu Christus hin – auch aus unseren Familien, die Kinder, die noch nicht errettet sind, die Enkelkinder.
Dass Menschen aus der Welt, die bisher vielleicht gar keinen Bezug zur Bibel, zu Gott und zum Christentum haben, auch solche kann der Herr in diesen Tagen erretten. Denn er ist ein Gott, der Wunder tut.
Wollen wir es ihm zutrauen und ihm nicht im Wege stehen, sondern, wie wir gehört haben: ordnen, beten und arbeiten.
Abschluss und Ermutigung
Ich muss zum Schluss kommen und möchte wiederum mit einem Bild schließen. Wir haben jetzt lange und intensiv über die Verantwortung gesprochen, die wir Christen im Blick auf die Evangelisation haben – ich als Evangelist, ihr als die veranstaltende Gemeinde.
Wir haben uns hinterfragt, geprüft und vielleicht denken einige: Wenn du so betonst, dass wir diese Voraussetzungen für eine fruchtbare Evangelisation erfüllen sollen, klingt das so, als könnten wir das einfach machen. Wir müssten nur richtig Buße tun, viel beten und viele Leute einladen, dann würde es eine fruchtbare Evangelisation geben. Doch es ist doch Gottes Wirken, oder? Es ist das Wirken des Heiligen Geistes, wenn das alles geschieht.
Ja, das ist richtig. Aber es ist kein Entweder-oder. Ich möchte es an einem letzten Bild zeigen: Wenn auf dem Meer ein Segelschiff liegt und die Segel sind heruntergelassen, steht nur der blanke Mast ohne Segel da. Dann kann Wind sein oder sogar Sturm, aber das Schiff wird sich nicht viel fortbewegen. Wenn die Segel unten sind und nur der Mast steht, wird es nicht weit kommen, sondern eher vor sich hindümpeln.
Wenn jedoch die Segel aufgezogen sind und dann Wind kommt – oder gar Sturm –, dann wird das Schiff Fahrt aufnehmen. Das kann zwar auch gefährlich sein, doch wenn guter Wind kommt, wird das Schiff bald sein Ziel erreichen.
Dieses Bild übertragen wir jetzt auf uns und unsere Situation: Der Herr möchte die aufgezogenen Segel in unserem Leben und in der Gemeinde sehen. Er möchte, dass wir uns alle vorbereiten und das ernst nehmen – im Gebet, in unserem ganzen Leben und mit unserem Wirken. Jeder von uns soll möglichst dahinterstehen, auch die Jugendlichen, vielleicht schon die Kinder. Wenn wir als Ganzes die Segel aufziehen, dann möchte der Herr das sehen.
Den Wind kann nur er schenken. Wir können den Wind nicht geben. Nur er kann den geistlichen Wind wehen lassen, wo er will. Das ist Gottes Sache. Aber er will die aufgezogenen Segel sehen. Er wird doch keinen Wind geben, wenn nur der blanke Mast da steht. Das wird er nicht tun.
So gehört das zusammen: Er will die aufgezogenen Segel sehen und dann wird er für den Wind sorgen. Wir können uns also nicht herausreden. Wir sind ganz mit hineingenommen in die Verantwortung.
Darum lasst uns beten, lasst uns wirken, lasst uns einladen und unser Leben ordnen – so, als würde es ganz an uns liegen, als wäre es allein unsere Verantwortung. Gleichzeitig wollen wir im Hinterkopf behalten, dass ohne Gottes Wirken und seinen Geist alles vergeblich wäre. Er ist es, der Menschen zum Sohn zieht, der ihnen die Wiedergeburt schenkt und den Glauben.
In dieser Haltung wünsche ich uns allen, dass wir diese Woche im März, wenn sie stattfinden wird – oder stattfinden soll – so gehen. Wenn wir zusammen diesen Dienst tun sollen, werden die Brüder noch beraten. Wenn sie es so beschließen, bin ich gerne bereit zu kommen. Dann wollen wir uns alle miteinander gebrauchen lassen für diesen Dienst.
Wollen wir nun gemeinsam zum Gebet aufstehen?
Herr, unser Gott und Vater, wir wollen uns jetzt ganz bewusst in dein Licht stellen. Wir stehen bereits in deinem Licht, denn du hast zu uns durch dein Wort gesprochen. Wir danken dir, dass du es gut mit uns meinst und dass du uns liebst. Du hast es tausendfach bewiesen, indem du uns durch Jesus Christus errettet hast. Du hast ihn für uns ans furchtbare Kreuz gegeben.
Wir dürfen die Erlösung erfassen und hier in der Gemeinde sein. Herr, du hast uns einen Wunsch ins Herz gelegt – ein Brennen, ein Verlangen, dass noch viele andere Menschen dich finden und das Heil, das in Jesus Christus verborgen liegt.
Wir bitten dich: Wenn wir jetzt auf diese Evangelisation zugehen dürfen – wenn du es uns so schenkst – hilf uns, unser Leben zu ordnen. Hilf uns, im Licht zu wandeln und in Reinheit zu leben – mit unseren Gedanken, Worten und unserem ganzen Leben. Hilf uns, keine erkannte Sünde in unserem Leben zu dulden, denn dein Heiliger Geist macht mit keiner Sünde Frieden.
Hilf uns, wo nötig, uns zu versöhnen, Dinge in Ordnung zu bringen und wieder gutzumachen, was einfach dran ist in unserem Leben.
Ich möchte dich bitten, Herr, dass sowohl ich als Evangelist als auch die Gemeinde hier als Veranstalter von dir gebraucht werden können und nicht im Wege stehen.
Hilf uns auch, treu im Gebetsdienst zu sein. Segne die Beter in der Gemeinde und lass möglichst viele Gemeindeglieder sich an den Gebetstunden und Gebetskreisen beteiligen. Lass viel gebetet werden für diese Evangelisation.
Hilf uns, Herr, dass wir arbeiten und dass viele Glieder ihre Gaben zur Verfügung stellen – die Sänger, die Menschen, die einladen, hingehen, Zettel verteilen und Gespräche führen. Jeden, den du gebrauchen willst – im Bereich Musik, Zeugnis oder Seelsorge – schenke vielen die Bereitschaft, damit zu helfen.
Herr, lass uns zusammen das Netz des Evangeliums auswerfen und sorge du für die Fische. Sorge du dafür, dass Menschen zum lebendigen Glauben kommen und deiner Gemeinde hinzugefügt werden.
Das bitten wir im Namen Jesu. Amen.
